4b O 46/09 – Fluidflusssimulation

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1423

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Juni 2010, Az. 4b O 46/09

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene und allein verfügungsberechtigte Inhaberin des Europäischen Patents EP 0 968 XXX B1 (Anlage K 1, im Folgenden: Klagepatent), das unter Inanspruchnahme einer australischen Priorität vom 20. März 1997 (PO574XXX) sowie einer US-amerikanischen Priorität vom 17. September 1997 (932XXX) am 27. Februar 1998 als internationale Anmeldung in englischer Sprache angemeldet und als solche am 1. Oktober 1998 sowie in deutscher Übersetzung durch das europäische Patent- und Markenamt am 5. April 2001 veröffentlicht wurde. Die Patenterteilung wurde am 20. April 2005 veröffentlicht. Eine deutschsprachige Übersetzung des in englischer Verfahrenssprache abgefassten Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 698 29 XXX T2 (Anlage K 2) geführt. Nachdem der französische Mutterkonzern der Beklagten, die Fa. A, das Klagepatent durch Erhebung des Einspruchs angegriffen hatte, wurde das Klagepatent durch Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 17. Dezember 2008 (Anlage K 3, in deutscher Übersetzung als Anlage K 3d zur Gerichtsakte gereicht) unter Zurückweisung des Einspruchs in vollem Umfang aufrechterhalten. Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Modellieren von dreidimensionalen Objekten und zur Simulation von Flüssigkeitsströmung.

Ansprüche 1, 35 und 36 des Klagepatents lauten in deutscher Übersetzung:

„1. Ein computeranimiertes Verfahren zum Erzeugen von Simulationen eines Fluidflusses in einem dreidimensionalen Objekt, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:
Festlegen einer ersten und einer zweiten Oberfläche des Objekts, die einander allgemein gegenüberliegen,
Abstimmen von Paaren von Elementen der ersten und der zweiten Oberfläche, zwischen denen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann,
Festlegen eines Fluidinjektionspunktes und
Durchführung einer Flussanalyse, wodurch sich ergebene Flussfronten entlang der ersten und der zweiten Oberfläche synchronisiert werden.

35. Ein Computerprogrammprodukt, das auf einem computerlesbaren Medium gespeichert ist, das ausgelegt ist, einen Computer zu veranlassen, die Schritte des Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 bis 34 durchzuführen.“

36. Ein computerlesbares Medium, auf dem ein Programm aufgezeichnet ist, wobei das Programm darin besteht, einen Computer zu veranlassen, ein Verfahren auszuführen, das in einem der Ansprüche 1 bis 34 definiert ist.“

Nachstehend verkleinert wiedergegebene Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und erläutern dessen technische Lehre anhand vorzugswürdiger Ausführungsbeispiele:

Figur 7b ist eine Ansicht eines Maschenwerks, das nach der technischen Lehre des Klagepatents für eine flache Platte erzeugt wurde. Figur 12 zeigt ein Objekt mit sich schneidenden Platten, für das klagepatentgemäß ein Maschenwerk erzeugt und ein Injektionspunkt ausgewählt wurde, Figur 13 zeigt einen vergrößerten Ausschnitt daraus.

Die Beklagte vertreibt eine Software unter der Bezeichnung „B“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Eine durch die Beklagte im Internet bereit gestellte Produktinformation (Anlage K 5, in deutscher Übersetzung als Anlage K 5d zur Gerichtsakte gereicht) beschreibt die angegriffene Ausführungsform. Die ebenfalls von der Beklagten im Internet unter der Bezeichnung „C“ bereitgestellte Testversion der angegriffenen Ausführungsform wird durch eine Kurzanleitung der Beklagten (Anlage K 7 in deutscher Übersetzung als Anlage K 7d zur Gerichtsakte gereicht) beschrieben. Details zur angegriffenen Ausführungsform werden in einem am 1. Mai 2006 veröffentlichten englischsprachigen Zeitungsartikel „D“ (Anlage K 6 in deutscher Übersetzung als Anlage K 6d zur Gerichtsakte gereicht) erläutert. Das von der angegriffenen Ausführungsform ausgeführte Verfahren läuft folgendermaßen ab: Auf der Grundlage eines dreidimensionalen Modells des zu analysierenden Objekts – beispielsweise von einem CAD-Programm bereitgestellt – wird das Objekt mit einem Maschengenerator oberflächenvernetzt, so dass ein Maschenwerk auf der Oberfläche erzeugt wird. In Bereichen des Objekts, in denen sich die Oberflächen einander gegenüberliegen, wird für eine Oberfläche der Fluss des Fluids simuliert. Das so erzielte Ergebnis wird für die andere Oberfläche übernommen. Im Zuge des von der angegriffenen Ausführungsform ausgeführten Verfahrens ist es möglich, das Maschenwerk auf der einen Oberfläche des Objekts deutlich gröber auszubilden, als auf der anderen Oberfläche, und gleichwohl den Fluidfluss im Objekt zu simulieren.

Die Klägerin ist der Auffassung, der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform verletze Hauptanspruch 1 des Klagepatents mittelbar. Das Verfahren, zu dessen Ausführung die angegriffene Ausführungsform einen Computer veranlasse, umfasse insbesondere den Verfahrensschritt, Paare von Elementen der beiden Oberflächen eines zu simulierenden Objekts so abzustimmen, dass zwischen den Elementen eine sinnvolle Dicke definiert werden könne. Hierfür sei es nach dem Klagepatent nicht erforderlich, dass jedes Element der einen Oberfläche nur einem einzigen Element der anderen Oberfläche zugeordnet werde. Klagepatentgemäß könne vielmehr dasselbe Element mit mehreren Elementen der gegenüberliegenden Oberfläche gepaart werden.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

1. ein computerimplementiertes Verfahren zum Erzeugen von Simulationen eines Fluidflusses in einem dreidimensionalen Objekt zur Anwendung im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetztes anzubieten, welches folgende Schritte umfasst:

a) Festlegen einer ersten und einer zweiten Oberfläche des Objekts, die einander allgemein gegenüberliegen;

b) Abstimmen von Paaren von Elementen der ersten und der zweiten Oberfläche, zwischen denen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann;

c) Festlegen eines Fluidinjektionspunktes;

d) Durchführung einer Flussanalyse, wodurch sich ergebene Flussfronten entlang der ersten und der zweiten Oberfläche synchronisiert werden.

2. ein computerlesbares Medium, auf dem ein Programm aufgezeichnet ist, wobei das Programm darin besteht, einen Computer zu veranlassen, die Schritte des Verfahrens nach den Merkmalen 1.a) bis d) auszuführen,

und/oder ein Computerprogrammprodukt, das auf einem computerlesbarem Medium gespeichert ist, das ausgelegt ist, einen Computer zu veranlassen, die Schritte nach den Merkmal 1.a) bis d) durchzuführen;

im Geltungsbereich des deutschen Patentgesetzes anzubieten, in den Verkehr zu bringen, oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen;

3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffern I.1) und 2) bezeichneten Handlungen seit dem 5. April 2001 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen und Bestellungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Stückzahlen, Liefer- und Bestellmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter nichtgewerblicher Abnehmer in der Rechnungslegung enthalten ist,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernimmt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Herstellungs- und Verbreitungsauflage, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) sowie für die seit dem 20. April 2005 begangenen Handlungen unter Angabe der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagte hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und b) die entsprechenden Rechnungen in Kopie vorzulegen hat;

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

a) der Klägerin für die vorstehend unter Ziffern I.1) und 2) bezeichneten, in der Zeit vom 5. April 2001 bis zum 20. April 2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

b) der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der durch die Handlungen gemäß Ziffern I 1) und 2) seit dem 20. April 2005 entstanden ist und in Zukunft entstehen wird;

II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Besichtigung der Quellcodes ihrer Software „B“ zu ermöglichen mit der Maßgabe, dass – im Interesse der Wahrung etwaiger Betriebsergebnisse der Beklagten, die bei der Begutachtung zutage treten könnten – Einsicht in diese Informationen zunächst nur dem Gericht, einem vom Gericht zu bestellenden und zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen, sowie den – auch gegenüber der Klägerin zur Verschwiegenheit verpflichteten Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Verfügung gestellt wird;

wobei die Beklagte für die Begutachtung

a) die Software und einen Datenträger mit dem vollständigen Quellcode ihrer Software „B“ zur Verfügung zu stellen haben,

b) die zum Quellcode ihrer Software „B“ gehörende Dokumentation, soweit sie zur Bestimmung der Programmstruktur notwendig ist, zur Verfügung zu stellen;

c) die entsprechenden Benutzerkennungen, Passwörter sowie sonstige, zum uneingeschränkten Zugang zum Quellcode gemäß a) notwendigen Codes unter Einräumung höchster Zugriffsprivilegien zur Verfügung zu stellen;

d) mitzuteilen, in welcher Programmiersprache der Quellcode ihrer Software „B“ erstellt wurde und welche Entwicklungsumgebung bei der Erstellung verwendet wurde;

wobei nach Durchführung der Begutachtung durch den Sachverständigen die Beklagten Gelegenheit erhalten, zu etwaigen Geheimhaltungsinteressen, die auf ihrer Seite bestehen, Stellung zu nehmen und die Kammer erst danach darüber entscheidet, ob der Klägerin bzw. zu welchem Umfang der Klägerin die Begutachtung und die von der Beklagten zur Verfügung gestellte Dokumentation zur Kenntnis gebracht wird.

hilfsweise zu I. und II. für den Fall, dass Entscheidungsreife im Hinblick auf die Ansprüche zu I. nicht feststehen sollte und dass die Kammer „den zu Ziffer 1.b des klägerischen Schriftsatzes vom 3. Mai 2010 beschriebenen prozessualen Weg nicht gehen wird“: die Beklagte im Rahmen einer Stufenklage zu verurteilen, nämlich die Beklagte zunächst gemäß obigem Antrag zu II. und sodann gemäß obigem Antrag zu I. zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

Die Beklagte ist der Auffassung, die auf die Verletzung des Klagepatents gerichteten Klageanträge seien nicht hinreichend bestimmt. Da der Hauptanspruch 1 des Klagepatents aus sich heraus kaum verständlich sei, genüge ein Klageantrag, der sich auf die Wiedergabe des Anspruchswortlauts beschränkt, nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Eine entsprechende Verurteilung wäre nicht vollstreckbar.

Ferner bestreitet die Beklagte, das Klagepatent zu verletzen. Bei dem von der angegriffenen Ausführungsform ausgeführten Verfahren sei eine Abstimmung der Elemente auf den beiden Oberflächen nicht nötig. Da die Simulation des Fluidflusses – unstreitig – nur auf einer Oberfläche durchgeführt wird, diene das Maschenwerk auf der anderen Oberfläche lediglich dazu, das Ergebnis der Simulation auch für diese andere Oberfläche zu nutzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in ihrem Hauptantrag unbegründet, in ihrem Hilfsantrag unzulässig, jedenfalls unbegründet.

A.

Die Klage ist in ihrem Hauptantrag zulässig. Es steht der hinreichenden Bestimmtheit der mit dem Hauptantrag geltend gemachten Verletzungsansprüche nicht entgegen, dass insoweit der Wortlaut des Hauptanspruchs 1 des Klagepatents wiedergegeben wird. Wird, wie im vorliegenden Rechtsstreit, eine wortsinngemäße Patentverletzung geltend gemacht, ist es hinreichend bestimmt, den Klageantrag hinsichtlich der Patentverletzung nach dem Wortlaut des als verletzt geltend gemachten Patentanspruchs zu formulieren. Die in höchstrichterlicher Rechtsprechung im Hinblick auf einen Einzelfall insoweit geäußerten Bedenken (vgl. BGH GRUR 2005, 569 – Blasfolienherstellung) vermag die Kammer nicht zu teilen. Dem Erfordernis, einen vollstreckbaren Wortlaut des Titels zu schaffen, wird die Orientierung am Anspruchswortlaut im Ergebnis besser gerecht, als etwaige Bemühungen, die angegriffene Ausführungsform konkret zu beschreiben: Eine etwaiges Unterlassungsgebot bezöge sich nicht nur auf die im Erkenntnisverfahren konkret streitgegenständliche und angegriffene Ausführungsform, sondern darüber hinaus auch auf solche Ausführungsformen, welche den Kern des Unterlassungsgebots treffen; auch wegen solcher „kerngleicher“ Ausführungsformen wäre aus dem Titel zu vollstrecken. Eine praxisgerechte Abgrenzung der Reichweite des Unterlassungsgebots wird dabei allein durch den Rückbezug auf den Anspruchswortlaut erreicht, denn der umfasst diejenigen Merkmale, welche die technische Lehre des Klagepatents ausmachen und schließt solche Merkmale aus, die außerhalb der Erfindungsmerkmale stehen und deshalb – würden sie in den Verbotstenor aufgenommen – die Reichweite des Unterlassungstitels in ungerechtfertigter Weise einschränken würden. Da die Prüfung, ob eine im Vollstreckungsverfahren angegriffene Ausführungsform dem Anspruchswortlaut unterfällt, gemäß § 890 Abs. 1 ZPO dem Prozessgericht obliegt, kann der dem Anspruchswortlaut folgende Tenor anhand der Entscheidungsgründe ausgelegt werden (Kühnen / Geschke, Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Aufl. Rn. 615; Kühnen, GRUR 2006, 180). Der Einwand der Beklagten, der Anspruchswortlaut sei kaum verständlich, kann vor diesem Hintergrund nicht durchgreifen. Da die Beklagte nicht geltend macht, der Gegenstand der Erfindung des Klagepatents sei unzureichend offenbart (und das Klagepatent deswegen nicht rechtsbeständig), ist auch nach der Auffassung der Beklagten davon auszugehen, dass unter Anwendung des fachmännischen Verständnisses die Ansprüche des Klagepatents und damit die Klageanträge hinreichend konkret ausgelegt werden können.

Ebenfalls keinen Zulässigkeitsbedenken begegnet es, dass die Klägerin neben den Ansprüchen auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht einen Anspruch auf Besichtigung der angegriffenen Ausführungsform klageweise geltend macht. Auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 29. April 2010 (Bl. 103f. GA) hat die Klägerin klargestellt, dass sie den Besichtigungsantrag im Wege der objektiven Klagehäufung neben den anderen Anträgen stellt. Die parallele Geltendmachung aller dieser Ansprüche mag aus Sicht des Anspruchsinhabers im Hinblick auf ein etwaiges Überraschungsmoment bei der Besichtigung unzweckmäßig sein, unzulässig ist diese Vorgehensweise nicht. Möglich ist beispielsweise eine Entscheidung über den Besichtigungsanspruch in einem Teilurteil und über die weiteren Verletzungsansprüche in einem Schlussurteil (Schulte / Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 140c Rn. 45 unter Verweis auf BGH GRUR 2002, 1046, 1047 – Faxkarte).

B.

Die Klage ist jedoch in ihrem Hauptantrag unbegründet. Die Klägerin hat, da sich der objektive Tatbestand einer Verletzung des Klagepatents nicht feststellen lässt, nicht die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht aus Art. 64 EPÜ, §§ 9, 139 Abs. 1 und 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB, Art. II § 1 Abs. 1 IntPatÜG gegen die Beklagte. Auch der im Hauptantrag kumulativ zu diesen Ansprüchen geltend gemachte Anspruch auf Besichtigung der angegriffenen Ausführungsform aus Art. 64 EPÜ, § 140c PatG besteht nicht.

I.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zum Modellieren von Feststoffobjekten, insbesondere ein solches Verfahren, das bei der Simulierung eines Fluidflusses verwendet wird.

Wie das Klagepatent in seinen einleitenden Passagen ausführt, wird das Modellieren von Feststoffobjekten auf verschiedenen Gebieten, beispielsweise bei der Simulation des Spritzgießens verwendet. Spritzgießen ist einerseits ein hervorragend geeigneter Prozess zum Herstellen großer Anzahlen von Objekten und Teilen mit komplizierter Geometrie. Spritzgegossene Komponenten zeichnen sich dadurch aus, dass die Dicke der Wand im Allgemeinen einen Bruchteil der Gesamtlänge der Komponente ausmacht, was angesichts der niedrigen Wärmeleitfähigkeit spritzgegossener Kunststoffe wesentlich ist, um kurze Zykluszeiten der Herstellung zu erzielen. Andererseits ist bekannt, dass die Füll- und Packphasen des Spritzgießens bedeutende Auswirkungen auf die visuellen und mechanischen Eigenschaften des gegossenen Objekts haben. Daher ist eine Simulation erforderlich, mit der vorgeschlagene Gestaltungen und Injektionspunkte im Hinblick auf die abschließende Qualität des zu gießenden Artikels analysiert werden können. Der wirtschaftliche Vorteil einer Simulation liegt demnach darin, dass vor der tatsächlichen Herstellung der Form Probleme vorausgesagt und Lösungen getestet werden können, was eine kostenspielige Nachbearbeitung vermeidet und die Zeitspanne bis zur Produktion des Objekt verkürzt.

Aus dem Stand der Technik ist als taugliche Methode der Simulation eine Technologie bekannt, die allgemein Techniken der Finiten Elemente bzw. der Finiten Differenzen verwendet, um Gleichung zum Fluidfluss und zur Wärmeübertragung zu lösen. Dabei wird, um die für die Analyse erforderliche Zeit und damit die erforderlichen Computerressourcen zu minimieren, die sogenannte Hele-Shaw-Annäherung verwendet, um die maßgeblichen Gleichungen zu vereinfachen. Diese geht davon aus, dass der Fluss geschmolzener Masse in einer Spritzgussform durch bekannte Erhaltungssätze der Strömungsmechanik bestimmt wird. Deswegen und wegen der im Spritzguss charakteristischen dünnen Wände gegossener Komponenten können sinnvolle Annahmen getroffen werden, die zu einer Vereinfachung der maßgeblichen Gleichungen führen, so dass unter Verwendung der genannten geeigneten numerischen Techniken auch Gleichungen in komplexen Geometrien gelöst werden können. Beim Entwurf von in Spritzguss herzustellenden Kunststoffteilen wird verbreitet die Technologie rechnergestützten Zeichnens (CAD) verwendet. Die Simulation eines mit CAD entworfenen Objekts mit der genannten Technologie unter Verwendung der Hele-Shaw-Annäherung macht indes die Verwendung eines Oberflächenmodells erforderlich, das die Mittelebene der tatsächlichen Komponente darstellt, und die mit dreieckigen oder viereckigen Elementen vermascht wird, denen geeignete Dicken zugeschrieben werden. Hieran kritisiert das Klagepatent es als nachteilig, dass das Herstellen eines Maschenwerks beträchtliche Zeit in Anspruch nimmt und eine beträchtliche Eingabe durch den Benutzer erfordert. Außerdem muss die entsprechende Erstellung eines Modells interaktiv erfolgen und ist daher mit höheren Kosten als beim Betrieb eines Computerprogramms verbunden.

Ferner ist aus der zum Stand der Technik zählenden Veröffentlichung „Optimizing injection-moded parts“ von Dan Deitz (Mechanical Engineering, 118 (10) (1996) 89-90) ein automatisierter Prozess zur Darstellung eines Maschenwerks für die Mittelebene eines dreidimensionalen Objekts bekannt. Das Klagepatent erkennt es insofern als Nachteil, dass dieser Lösungsansätze in den meisten Fällen erfolgreich ist, in manchen Fällen die dargestellte Mittelebene jedoch eine Verbesserung durch manuelle Manipulation erfordert.

Schließlich ist es aus dem Stand der Technik bekannt, die Unzulänglichkeiten bei der Verwendung der Hele-Shaw-Annäherung und der entsprechenden Gleichungen dadurch zu überwinden, dass die Gleichungen in ihrer ganzen Allgemeinheit gelöst werden. Für eine entsprechende Analyse dünnwandiger spritzgegossener Objekte ist es erforderlich, die den Gusshohlraum darstellende Region in kleine, als Elemente bezeichnete Teilbereiche zu unterteilen, wobei diese Elemente üblicherweise tetraedrische oder hexaedrische Gestalt haben. Die EP 0 698 467 etwa offenbart ein dreidimensionales Modell eines von einem Fluid durchflossenen Hohlraums, der in eine Mehrzahl kleiner dreidimensionaler Elemente unterteilt wird. In diesem vorbekannten Modell wird der Flussleitwert an jedem Element als kleiner Wert ermittelt, wenn es sich nahe bei der Hohlraumwand befindet, hingegen wird der Flussleitwert als großer Wert ermittelt, wenn das Element von der Hohlraumwand weit entfernt ist. Ferner wird der Druck des Fluids an jedem Element auf der Basis der so ermittelten Flussleitwerte bestimmt und anschließend das Modell zum Analysieren eines Fluidflussprozess wie beispielsweise beim Spritzgießen verwendet. Das Klagepatent kritisiert an diesem Modell, dass aufgrund der komplizierten Gestalt vieler spritzgegossener Objekte der Hohlraum nicht mit hexaedrischen, sondern nur mit tetraedrischen Elementen vermascht werden kann, und dass die Dünnwandigkeit solcher Objekte und der dementsprechend riesige Wärmegradient es erfordert, durch die Dicke hindurch ein Maschenwerk aus Hunderttausend oder sogar Millionen von Elementen darzustellen. Diese hohe Anzahl von Elementen führt dazu, dass das Problem nur auf schnellen Supercomputern gut zu handhaben ist, der Kauf und Unterhalt solcher Supercomputer jedoch extrem kostspielig ist, so dass die dreidimensionale Simulierung keine praktische Lösung liefert.

Das Klagepatent stellt sich vor diesem technischen Hintergrund die Aufgabe, ein Verfahren zur Simulation eines Flusses in einem dreidimensionalen Objekt zu liefern, das derartige Simulationen im Wesentlichen automatisch erzeugen kann, ohne dass die Lösung der maßgeblichen Gleichungen in ihrer ganzen Allgemeinheit erforderlich ist. Ferner stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, einen Computer zur Verfügung zu stellen, welcher mit einem auf einem Computerspeichermedium gespeicherten Computerprogramm versehen ist oder ein solches Computerprogramm betreibt, welches den Computer veranlasst, das genannte Verfahren zum Simulieren eines Fluidflusses auszuführen.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem Hauptanspruch 1 ein Verfahren mit den folgenden Merkmalen vor:

Ein computerimplementiertes Verfahren zum Erzeugen von Simulationen eines Fluidflusses in einem dreidimensionalen Objekt, wobei das Verfahren folgende Schritte umfasst:

a) Bestimmen einer ersten und einer zweiten Oberfläche des dreidimensionalen Objekts, welche einander allgemein gegenüber liegen;

b) Abstimmen von Paaren von Elementen der ersten und zweiten Oberfläche, zwischen denen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann;

c) Festlegen eines Fluidinjektionspunkts;

d) Durchführen einer Flussanalyse, wodurch sich ergebende Flussfronten entlang der ersten und zweiten Oberfläche synchronisiert sind.

Ferner schlägt das Klagepatent im abhängigen Unteranspruch 35 ein Computerprogrammprodukt mit folgenden Merkmalen vor:

Computerprogrammprodukt,

a) das auf einem computerlesbaren Medium gespeichert ist,

b) das ausgelegt ist,
aa) einen Computer zu veranlassen,
bb) die Schritte des Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1 bis 34 durchzuführen.

II.

Es lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform einen Computer dazu veranlasst, ein Verfahren auszuführen, welches von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht.

1.

Jedenfalls die Verwirklichung von Merkmal b), gemäß dem das erfindungsgemäße Verfahren das Abstimmten von Paaren von Elementen der ersten und zweiten Oberfläche umfasst, zwischen denen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann, ist auf Grundlage des zwischen Parteien unstreitigen Sachverhalts nicht feststellbar. Dieses Merkmal ist aus fachmännischer Sicht in der Weise zu verstehen, dass für die Zwecke der Simulation gegenüberliegende Oberflächen des zu simulierenden Objekts in geometrische Elemente unterteilt und sodann Paare aus je einem Element der einen und der anderen Oberfläche gebildet werden, wobei die Paarbildung eineindeutig in dem Sinne ist, dass jedes Element der einen Oberfläche mit nur einem einzigen Element der anderen Oberfläche und umgekehrt abgestimmt wird.

a)

Dieses Verständnis folgt zunächst aus dem Anspruchswortlaut. Da der Fachmann bei der Auslegung des Patentanspruchs diesen immer in seinem Gesamtzusammenhang in den Blick nimmt (BGH GRUR 2004, 845, 846 – Drehzahlermittlung; Benkard / Scharen, PatG, 10. Aufl., § 14 Rn. 13) und daher im Hinblick auf ein einzelnes Merkmal auch die mit diesem im sinnhaften Zusammenhang stehenden anderen Merkmale zu berücksichtigen sind, ist vorliegend für die Auslegung des Merkmals b) auch das Merkmal a) zu berücksichtigen, gemäß dem das Bestimmen einer ersten und einer zweiten Oberfläche des dreidimensionalen Objekts, welche einander allgemein gegenüber liegen, zum erfindungsgemäßen Verfahren gehört. Dem entnimmt der Fachmann das räumliche Verhältnis von erster und zweiter Oberfläche zueinander, dass sie sich nämlich am zu simulierenden dreidimensionalen Objekt im Allgemeinen gegenüberliegen. Dies sieht der Fachmann im Zusammenhang mit der Angabe in Merkmal b), dass aus Elementen der einander gegenüberliegenden Oberflächen Paare gebildet werden, also je ein Element einem anderen Element zugeordnet wird. Ferner ist dem Merkmal b) zu entnehmen, dass die Elemente aufeinander abzustimmen, also so auszuwählen sind, dass zwischen ihnen eine sinnvolle Dicke definiert werden kann.

Zwar schließt der Anspruchswortlaut es nicht aus, dass ein Element auf einer Oberfläche mit mehreren Elementen auf der anderen Oberfläche zu einem Paar verbunden und auf diese Weise abgestimmt wird. Dass diese fehlende Eineindeutigkeit nicht vom Schutzbereich des Klagepatents umfasst ist, ergibt sich für den Fachmann indes aus der gebotenen funktionsorientierten Auslegung, also der Deutung der Merkmale und Begriffe des Patentanspruchs dahingehend, wie dies angesichts der ihnen nach der offenbarten Erfindung zugedachten technischen Funktion angemessen ist (BGH GRUR 2001, 232, 233 – Brieflocher; OLG Düsseldorf GRUR 2000, 599, 601 – Staubsaugerfilter). Mit Blick hierauf erkennt der Fachmann, dass die Paarbildung gemäß der technischen Lehre des Klagepatents in eineindeutiger Weise geschehen muss. Nach dem technischen Sinn und Zweck muss bei Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens die zwischen den Elementen eines Paares liegende Dicke des Objekts ermittelt und die so ermittele Dicke dem Element zugewiesen werden.

Unter welchen Voraussetzungen zwischen den Elementen eines Paares eine Dicke gemäß Merkmal b) sinnvoll ermittelt werden kann, erfährt der Fachmann aus der Beschreibung in Verbindung mit den nachstehend verkleinert wiedergegebenen Figuren 8, 9 und 10 des Klagepatents:

Hiernach (Anlage K 2, Abschnitte [0103f.]) ist ein Abstimmen der Elemente, also die Bestimmung einer sinnvollen Dicke zwischen ihnen möglich, wenn die Elemente entweder parallel zueinander liegen oder ihre Abweichung von der Parallelität nur gering ist. So sind in Figur 8 die parallelen Oberflächen abcd und efgh aufeinander abstimmbar, weil zwischen ihnen das Material die Dicke t hat. In Figur 9 sind die wiederum parallelen Linien aj und ed auf bc ebenso abgestimmt sowie die Linie fg auf hi. Die beiden gekrümmten Linien ij und ef sind indes nicht aufeinander abgestimmt, weil die Krümmung zu stark von der Parallelität abweicht. In Figur 10 schließlich sind die Linien fg und hi zwar nicht parallel zueinander, die Verjüngung weicht jedoch in so geringem Maße von der Parallelität ab, dass gleichwohl noch sinnvoll eine Dicke zwischen den Elementen bestimmt werden kann.

Diese Angaben im Klagepatent enthalten die Beschreibung der allgemeinen erfindungsgemäßen technischen Lehre und nicht lediglich die Erläuterung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Sie sind daher geeignet, den Schutzbereich des Klagepatents zu bestimmen. Zwar wird durch die genannten Passagen der Patentbeschreibung eine konkrete Ausführung der technischen Lehre des Klagepatents erläutert, wobei nicht verkannt werden darf, dass derlei erläuterte und dargestellte Ausführungsbeispiele grundsätzlich und regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs erlauben, da eine Auslegung eines Patents „unter seinen Anspruchswortlaut“ nicht statthaft ist (BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; BGH GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit). Da es jedoch gemäß Art. 69 EPÜ, § 14 PatG stets geboten ist, die Beschreibung und die Zeichnungen eines Patents für die Auslegung der den Schutzbereich bestimmenden Ansprüche heranzuziehen, kann sich hieraus ein engeres Verständnis der Ansprüche ergeben, als es deren Wortlaut an sich nahelegen (BGH GRUR 1999, 909, 911f. – Spannschraube). Ergibt diese Auslegung unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll, dann ist der Schutzbereich des Patents auf eben diese technische Lehre beschränkt (BGH GRUR 2008, 779, 783 Rn. 37 – Mehrgangnabe). Das in dieser Weise erläuterte Ausführungsbeispiel trägt dann zur Bestimmung des Schutzbereiches bei.

So liegt es bei den genannten Beschreibungspassagen und Zeichnungen des Klagepatents. Der Fachmann erhält aus dem Klagepatent keine von diesen Erläuterungen abweichenden Angaben dazu, wie er in erfindungsgemäßer Weise Paare bilden kann, zwischen denen sich eine sinnvolle Dicke definieren lässt. Erst diese Erläuterungen geben ihm Aufschluss darüber, wie er die im Patentanspruch gemachte, allgemein gehaltene und aus sich heraus für eine Ausführung des Verfahrens nicht verständliche Vorgabe tatsächlich umsetzen kann. Alleine durch die Beachtung dieser Erläuterungen steht dem Fachmann die technische Lehre des Klagepatents in der Weise zur Verfügung, dass er das erfindungsgemäße Verfahren unter Einhaltung der erfindungsgemäßen Verfahrensschritte ausführen kann.

Auch die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 9. Februar 2009, durch welche das Klagepatent aufrechterhalten wurde, und die eine bei der Bestimmung des Schutzbereichs durch das Verletzungsgericht zu berücksichtigende sachverständige Äußerung darstellt (BGH GRUR 1998, 895, 896 – Regenbecken; Benkard / Scharen, a.a.O., § 14 Rn. 34), belegt das genannte Verständnis von der technischen Lehre des Klagepatents und die Bedeutung der genannten erläuternden Passagen in der Beschreibung. Die Einspruchsabteilung hat die hinreichende Offenbarung des Merkmals b) unter Hinweis darauf bejaht, dass der Fachmann aufgrund seines allgemeinen Fachwissens in Ansehung der Figuren 8 und 10 verstehe, unter welchen Voraussetzungen zwischen gegenüberliegenden Oberflächen eine sinnvolle Dicke bestimmt werden kann, wenn sich nämlich der zwischen den Oberflächen liegende Zwischenraum bestimmen lässt (Anlage K 3d, Seite 8, unter 3.6.2).

Hiervon ausgehend nimmt der Fachmann für ein Abstimmen gemäß Merkmal b) mithin parallele oder im genannten Sinne nahezu parallele Elemente in den Blick. Den hieran anschließenden weiteren Angaben (Anlage K 2, Abschnitt [0105]) entnimmt der Fachmann, dass die zwischen zwei Elementen eines abgestimmten Paares ermittelte Dicke, also die ermittelte Entfernung der Elemente voneinander, dem Element zugewiesen wird. Auch diese Angaben erläutern zwar ein Ausführungsbeispiel, wiederum kann aber nur bei Befolgung dieser Angaben der mit den im Patentanspruch allgemein bezeichneten Mitteln zu erreichende technische Erfolg überhaupt erzielt werden. Auch diese Angaben definieren und beschränken somit den auf Grundlage der Patentansprüche und unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen zu bestimmenden Schutzbereich des Klagepatents. Der Fachmann erkennt daher, dass die Zuweisung der (Material-)Dicke des Objekts zwischen zwei abgestimmten Elementen erfindungsgemäß eine eineindeutige Paarbildung voraussetzt. Wäre die Paarbildung nicht eineindeutig, würde ein Element der einen Oberfläche mit mehreren Elementen der anderen Oberfläche abgestimmt, wäre auch die ermittelte Dicke nicht eindeutig und dem Element müsste dieses Ergebnis in nicht eindeutiger Weise zugewiesen werden. Dies aber würde nicht nur dazu führen, dass die in Merkmal d) gelehrte Flussanalyse nicht durchgeführt werden kann (weil die ermittelten Dicken nicht in eindeutiger Weise bestimmt wären), sondern auch dazu, dass schon keine Prüfung darauf möglich ist, ob die Bestimmung der Dicke in sinnvoller Weise geschehen kann. Der Abstand zwischen dem Element einer Oberfläche und einem bestimmten Element der anderen Oberfläche muss, da die Elemente jeweils nicht identisch sind, ein anderer sein als derjenige zwischen dem selben Element der einen Oberfläche und einem anderen Element der anderen Oberfläche: Die räumliche Distanz muss zwischen den beiden Elementepaaren, die jeweils dasselbe Element der einen Oberfläche umfassen, eine jeweils andere sein. Demnach ist nach dem technischen Sinn und Zweck eine eineindeutige Zuordnung der Elemente zu Paaren Voraussetzung für das Abstimmen gemäß Merkmal b).

Die Bedeutung der eineindeutigen Paarbildung für die auf dieser Grundlage durchzuführende Flussanalyse wird aus fachmännischer Sicht belegt durch die Darstellung der einzelnen Schritte der Flussanalyse (Abschnitt [0113], Seite 11, li. Sp., Zeilen 15 bis 25), die durch die nachstehend verkleinert wiedergegeben Figur 14 illustriert wird:

Auch diese Erläuterungen eines Ausführungsbeispiels bestimmen den Schutzbereich des Klagepatents in abschließender Weise, da auch sie Bestandteil der Verfahrensabfolge sind, die allein dazu geeignet ist, den technischen Erfolg zu erzielen, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll. Hiernach wird der Fluidfluss anhand einer Flussfront simuliert, wobei die zu den Elementen gehörenden Knoten jeweils als leer, teilweise gefüllt oder gefüllt betrachtet werden. Die Simulation wird in Zeitschritte unterteilt und in jedem Zeitschritt überprüft, ob alle zu einem Element gehörenden Knoten gefüllt sind. Sobald dies eintritt, wird eine Linie vom Massepunkt dieses Elements zu seinem abgestimmten Element gezogen. Damit also die Flussanalyse erfindungsgemäß durchgeführt werden kann, darf jedem Element einer Oberfläche nur ein einziges Element der anderen Oberfläche zugeordnet werden. Es ließe sich sonst nicht ausmachen, zu welchem von mehreren abgestimmten Elementen die genannte Prüflinie vom gefüllten Element aus gezogen werden soll.

Die Ausführungen des Klagepatents hinsichtlich der Behandlung von Elementen, die nicht abgestimmt werden können, zwischen denen also eine sinnvolle Definition der Dicke nicht möglich ist (Anlage K 2, Abschnitte [0028 ff.]), zeigen keinen anderen, von den in den genannten Erläuterungen eines Ausführungsbeispiels abweichender Weg zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens. Das Klagepatent schlägt vielmehr ergänzend und um der erhöhten Genauigkeit der Simulation willen vor, für nicht abstimmbare Elemente auf den Durchschnitt derjenigen Werte für die Dicke zurückzugreifen, die für benachbarte abgestimmte Elemente ermittelt wurden. Dieses Beispiel zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist ein bloßes bevorzugtes Ausführungsbeispiel, das auf das Ergebnis des erfindungsgemäßen Abstimmens von Elementenpaaren aufbaut, dieses also voraussetzt, so dass insoweit nur eine vorzugswürdige Verbesserung des Simulationsergebnisses offenbart wird (Anlage K 2, Abschnitt [0029]). Dies bedeutet umgekehrt, dass die entsprechende Beschreibungspassage gerade keinen Hinweis dafür bietet, dass das erfindungsgemäße Verfahren alleine durch die Zuweisung von Durchschnittswerten der Dicke bei benachbarten Elementen ausgeführt werden kann.

2.

Demnach wird Merkmal b) durch das Verfahren, zu dessen Ausführung die angegriffene Ausführungsform veranlasst, nicht verwirklicht.

a)

In dem von der Klägerin zum Beleg des Verletzungsvorwurfs herangezogenen Artikel „A sets its sights on mainstream moulding“ heißt es (Anlage K 6, in Anlage K 6d Seite 3, Zeilen 17 bis 21), dass bei der Anwendung einer Vernetzungstechnik die Maschen nicht übereinstimmen müssen, sondern durch die Zuordnung zwischen Knoten verbunden werden. Das lässt gerade nicht erkennen, dass einer Masche – in der Terminologie des Klagepatents: einem Element – auf der einen Oberfläche eine einzige Masche auf der gegenüberliegenden Oberfläche in eineindeutiger Weise zugeordnet wird. Auch nach dem Vorbringen der Klägerin im Übrigen umfasst das Verfahren der angegriffenen Ausführungsform keine eineindeutige Paarbildung. Vielmehr ist es unstreitig möglich, das Verfahren in der Weise auszuführen, dass auf der einen Oberfläche ein viel feinmaschigeres Netz mit einer viel größeren Anzahl von Maschen, also Elementen, gebildet werden kann, als auf der gegenüberliegenden Oberfläche. Da mithin auf der einen Oberfläche eine um ein Mehrfaches größere Anzahl an Elementen vorhanden sein kann als auf der gegenüberliegenden Oberfläche, und das Verfahren der angegriffenen Ausführungsform gleichwohl ausgeführt werden kann, kann dieses Verfahren nicht die erfindungsgemäße eineindeutige Paarbildung zwischen Elementen gegenüberliegender Oberflächen umfassen.

b)

Der Einwand der Klägerin, eine eineindeutige Paarbildung sei auch möglich, wenn auf einer der beiden Oberflächen eine viel größere Zahl von Maschen vorhanden ist als auf der anderen, schließlich müssten die „überschießenden“ Maschen der Oberfläche mit der höheren Anzahl von Maschen nicht abgestimmt werden, greift im Ergebnis nicht durch.

Zum einen erkennt der Fachmann, dass diejenigen Elemente, zwischen denen sich eine sinnvolle Dicke definieren lässt, die also abgestimmt werden können, auch tatsächlich abgestimmt werden. Dies ergibt sich aus dem Anspruchswortlaut, gemäß dem die in eben dieser Weise abstimmbaren Paare von Elementen abgestimmt werden. Nach dem Anspruchswortlaut ist es erfindungsgemäß nicht möglich, die als abstimmbar erkannten Elemente nicht abzustimmen.

Zum anderen ist insoweit der Zusammenhang zwischen Merkmal b) und Merkmal d) zu beachten, gemäß dem eine Flussanalyse durchzuführen ist, wodurch sich ergebende Flussfronten entlang der ersten und zweiten Oberfläche synchronisiert sind. Wie oben unter 1. bereits ausgeführt, umfasst die erfindungsgemäße Synchronisierung der Flussanalysen – wie in Abschnitt [0113] erläutert (Anlage K 2, li. Sp., Zeilen 18 bis 26) – die Bestimmung einer Prüflinie. Diese Prüflinie wird (vgl. Figur 14 des Klagepatents) vom Massepunkt eines gerade gefüllten Elements aus gezogen zu seinem abgestimmten Element hin. Ohne das vorherige Abstimmen von Paaren von Elementen kann auch die Flussanalyse nicht synchronisiert werden, da andernfalls kein abgestimmtes Element bestimmt wäre, zu dem hin die Prüflinie konstruiert werden könnte. Dass die synchronisierte Analyse gemäß Merkmal d) auf das Abstimmen gemäß Merkmal b) inhaltlich aufbaut, folgt auch daraus, dass die beiden entsprechenden Verfahrensschritte aufeinander folgen. Das erfindungsgemäße Simulationsverfahren umfasst als Abfolge der Verfahrensschritte (vgl. Abschnitt [0085]) zunächst die Herstellung einer Geometrie, sodann die Auswahl von Injektionspunkten und schließlich eine Analyse. Die Notwendigkeit, diese Reihenfolge der Verfahrensschritte einzuhalten, folgt bereits aus dem Anspruchswortlaut. Das Klagepatent lehrt, dass durch das Durchführen einer Flussanalyse die Flussfronten entlang der ersten und zweiten Oberfläche synchronisiert sind. Da der Fachmann erkennt, dass das Synchronisieren auch nach dem weitesten Verständnis das Herstellen einer zeitlichen Beziehung bedeutet, setzt die Synchronisation zweier Simulationen voraus, dass beide Simulationen auch durchgeführt werden, andernfalls keine (synchronisierende) Beziehung zwischen ihnen hergestellt werden könnte.

Gleiches ergibt sich wiederum aus der gebotenen funktionsorientierten Auslegung: Der Fachmann erfährt aus der Erläuterung der gesamten Verfahrensabfolge (Abschnitt [0102], Seite 9, re. Sp., Zeilen 4 bis 23), dass die Synchronisation der Flussfronten, in der das Material auf beiden Seiten der Oberfläche fließt, erforderlich ist, um die Simulation den realen physikalischen Bedingungen anzupassen. Während in der Realität beim Einspritzen von Material in die Mitte eines Objekts das Material von dort aus bis an die Grenze des Objekts fließt, wird nach dem erfindungsgemäßen Verfahren ein hiervon abweichender Fluss simuliert, bei dem das Material zunächst zur Außenkante, dann über diese Kante hinweg und anschließend unter eine der beiden Oberflächen fließt. Diese Simulation muss, um sich nicht zu weit von der Wirklichkeit zu entfernen, eingeschränkt werden, indem der Fluss auf beiden Oberflächen miteinander synchronisiert wird. Das bedeutet, dass der für eine Oberfläche simulierte Fluss in eine realitätsnahe zeitliche Beziehung zu dem für die andere Oberfläche simulierten Fluss gesetzt werden muss. Auch dies setzt logisch voraus, dass zuvor für beide Oberflächen ein Fluss simuliert wurde.

Entsprechendes folgt im Übrigen aus dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten des Professor E vom 30. April 2010 (Anlage K 10). Dort führt der Privatgutachter aus, dass die im erfindungsgemäßen Verfahren angewandte Simulationsmethode zwar von einer aus dem Stand der Technik bekannten Hele-Shaw-Annäherung ausgeht, dass aber, um ein realitätsgerechtes Simulationsergebnis zu erhalten, die Ergebnisse aus der Hele-Shaw-Annäherung auf beiden Oberflächen aufeinander abgestimmt werden müssen (in der deutschsprachigen Übersetzung in Anlage K 10 ab Seite 9, mittlerer Absatz). Diese Abstimmung der Simulationsergebnisse aufeinander ist auch nach Auffassung des Privatgutachters die klagepatentgemäß Synchronisation der Flussfronten (Anlage K 10, deutsche Übersetzung, Seite 10, letzter Absatz). Demnach ist auch nach Auffassung des Privatgutachters, welche sich die Klägerin als eigenen Vortrag zu eigen macht, für die Synchronisation gemäß Merkmal d) denklogisch die Simulation auf zwei aufeinander abgestimmten Oberflächen Voraussetzung der technischen Lehre des Klagepatents.

Wenn aber ein Fluss für beide Oberflächen des Objekts simuliert werden muss, dann muss für die jeweilige Oberfläche jedes abstimmbare Element in eineindeutiger Weise mit einem Element der anderen Oberfläche zu einem Paar verbunden werden. Kein abstimmbares Element darf unabgestimmt bleiben, soll die Flusssimulation auf beiden Oberflächen und die Synchronisation der Simulationen miteinander erfindungsgemäß durchgeführt werden.

3.

Hiernach kann es dahinstehen, ob hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform eine Beweislastumkehr gemäß § 139 Abs. 3 PatG eingreift. Dass die angegriffene Ausführungsform die technische Lehre des Klagepatents nicht verwirklicht folgt aus dem unstreitigen Parteivorbringen. Selbst wenn die Beweislast der Beklagten obläge, hätte sie aufgrund der oben unter 1. und 2. ausgeführten Erwägungen jedenfalls dargetan, dass die angegriffene Ausführungsform einen Computer nicht dazu veranlasst, ein erfindungsgemäßes Verfahren auszuführen. Zwischen den Parteien steht die Funktionsweise der angegriffenen Ausführungsform, wie sie sich aus dem von der Klägerin vorgelegten Artikel „A sets its sights on mainstream moulding“ (Anlage K 6, in deutscher Fassung als Anlage K 6d) sowie aus den von der Beklagten schriftsätzlich eingeführten Abbildungen ergibt (Bl. 59 GA), außer Streit. Streitig ist allein die – rechtliche – Frage, ob diese Funktionsweise in den Schutzbereich des Klagepatents fällt. Dies ist auf Grundlage des unstreitigen Sachverhalts aus den dargelegten Gründen zu verneinen.
4.
Da sich die Verwirklichung von Merkmal b) des Anspruchs 1 somit nicht feststellen lässt, ist auch eine Verwirklichung von Merkmal b)aa) des rückbezogenen Vorrichtungsanspruchs 35 nicht festzustellen: das Verfahren, dessen Durchführung die angegriffene Ausführungsform veranlasst, macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

III.

Auch der – im Hauptantrag kumulativ neben den weiteren Ansprüchen geltend gemachte – Besichtigungsanspruch gemäß Art. 64 EPÜ, § 140c PatG steht der Klägerin gegen die Beklagte in Ansehung der angegriffenen Ausführungsform nicht zu.

Zum einen fehlt es an der hierfür gemäß § 140c Abs. 1 Satz 1 PatG erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Klagepatents. Die Klägerin legt keine Wahrscheinlichkeit dafür dar, dass das Verfahren, dessen Durchführung die angegriffene Ausführungsform veranlasst, sämtliche Merkmale des Klagepatents erfüllt. Vielmehr behauptet die Klägerin selber, dass im Zuge dieses Verfahrens Elemente auf gegenüberliegenden Oberflächen in nicht eineindeutiger Weise einander paarweise zugeordnet werden. Demnach ist das von der angegriffenen Ausführungsform veranlasste Verfahren aus den oben unter II. dargelegten Gründen nicht erfindungsgemäß. Die Klägerin befindet sich daher nach ihrem eigenen Vorbringen nicht in der Situation, dass sie sich über die Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsform und die Art des Verfahrens, wie es auf Veranlassung der angegriffenen Ausführungsform ausgeführt wird, im Unklaren sei. Vielmehr legt sie die Eigenschaften dieses Verfahrens dar und subsumiert dies – aus den dargelegten Gründen im Ergebnis unzutreffend – als Gebrauchmachen von der technischen Lehre des Klagepatents. Etwaige Erkenntnisse aus einer Besichtigung der angegriffenen Ausführungsform würden daher der Klägerin nicht zur Darlegung einer Verletzung verhelfen können.

Zum anderen hat die Beklagte nicht dargetan, dass eine Besichtigung der angegriffenen Ausführungsform erforderlich ist. Es ist unstreitig geblieben, dass die angegriffene Ausführungsform frei erhältlich ist und deshalb von der Klägerin erworben und untersucht werden könnte. Auch auf den in der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2010 erteilten Hinweis der Kammer (Bl. 133 GA) hat die Klägerin keine konkreten Umstände dargetan (auch nicht in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 22. Mai 2010, Bl. 135 ff. GA), die erkennen ließen, warum ihr eine Untersuchung eines frei erwerbbaren Exemplars der angegriffenen Ausführungsform auf die Verwirklichung der technischen Lehre des Klagepatents nicht möglich sei. Diese Möglichkeit des Erkenntnisgewinns steht aber der Annahme der Erforderlichkeit entgegen (Schulte / Kühnen, a.a.O. § 140c Rn. 19). Ebenso wenig hat die Klägerin Umstände dafür dargetan, warum der ihr grundsätzlich mögliche Erwerb eines Musters der angegriffenen Ausführungsform aus anderen Gründen unzumutbar wäre.

C.

Der gestellte Hilfsantrag ist unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Die Klägerin hat die Erhebung der Klage insoweit unter eine nicht statthafte Bedingung gestellt. Grundsätzlich ist die Klageerhebung eine bedingungsfeindliche Prozesshandlung, als Ausnahme hiervon ist die Stellung eines Hilfsantrags nur unter der Voraussetzung zulässig, dass die Klageerhebung insoweit von dem Ergebnis einer Sachentscheidung des Gerichts über einen anderen Anspruch abhängig gemacht wird (Zöller / Greger, ZPO, 27. Aufl., § 253 Rn. 1, m.w.N.). Die Sachentscheidung, die als Bedingung für den Hilfsantrag formuliert wird, kann auch darin bestehen, dass das Gericht einen Anspruch bzw. einen Anspruchsteil für noch nicht entscheidungsreif hält, so dass auch für diesen Fall ein Antrag hilfsweise gestellt werden kann (BGH NJW 1996, 3147, 3150 unter 4.). Vorliegend hat die Klägerin den Hilfsantrag aber nicht nur unter die Bedingung gestellt, dass das angerufene Gericht die Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz noch nicht für entscheidungsreif hält, sondern auch unter die weitere Bedingung, dass das Gericht eine bestimmte prozessuale Vorgehensweise wählen will, nämlich im Hinblick auf den Hauptantrag zunächst durch Teilurteil über den Besichtigungsantrag und sodann durch Schlussurteil über die übrigen Anträge zu entscheiden. Das ist keine Sachentscheidung des Gerichts und damit keine statthafte Bedingung für einen Hilfsantrag.

Der Hilfsantrag ist aber auch deshalb unzulässig, weil der Besichtigungsanspruch einerseits und die übrigen Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatents andererseits nicht im Wege der Stufenklage gemäß § 254 ZPO geltend gemacht werden können. Die Erhebung einer Stufenklage als Sonderfall der objektiven Klagehäufung setzt voraus, dass der auf zweiter Stufe geltend gemachte Anspruch nur dann in zulässiger Weise (im Regelfall: in bezifferter Höhe) klageweise geltend gemacht werden kann, wenn der Kläger die auf erster Stufe geltend gemachte Information (im Regelfall: durch Auskunftserteilung) erhält. So liegt es hier nicht: Die Klägerin will mit ihrem Hilfsantrag auf erster Stufe eine Information durch Besichtigung der angegriffenen Ausführungsform gemäß § 140c PatG erlangen. Auch ohne die aus einer Besichtigung zu erlangende Information könnte sie freilich schon von Anfang an die auf zweiter Stufe geltend gemachten weiteren Ansprüche wegen Verletzung des Klagepatents in prozessual zulässiger Weise geltend machen. Ihr Mangel an Information führt höchstens dazu, dass sich – wie oben unter A. II. ausgeführt – eine Patentverletzung nicht feststellen lässt, weil sie dies nicht hinreichend darlegen kann. Das ist aber keine Frage der Zulässigkeit der auf zweiter Stufe geltend gemachten Klageanträge, sondern eine Frage, die insoweit die Begründetheit dieser Anträge betrifft.

Ferner kann die Klage im Hilfsantrag nicht durchdringen, weil die Bedingung, unter die er gestellt wurde, nicht eingetreten ist. Das angerufene Gericht hält, wie sich aus den Ausführungen oben unter A.II. ergibt, die Klage auch hinsichtlich der im Hauptantrag geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht für entscheidungsreif, nämlich für abweisungsreif.

Im Übrigen ist aus den oben unter B.III. ausgeführten Gründen der Hilfsantrag jedenfalls unbegründet: weder ist die für den Anspruch aus § 140c PatG vorausgesetzte hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Klagepatents feststellbar, noch hat die Klägerin die Erforderlichkeit einer Besichtigung dargetan.

D.

Der nicht nachgelassene klägerische Schriftsatz vom 22. Mai 2010 sowie der ebenfalls nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 17. Juni 2010 geben jeweils keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO wiederzueröffnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.