Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Mai 2010, Az. 4b O 308/08
Rechtsmittelinstanz: 2 U 74/10
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger ist Inhaber des Europäischen Patents EP 1648XXX B1 (im Folgenden: Klagepatent; Anlage K2). Die Verfahrenssprache ist deutsch. Das Klagepatent wurde am 21. Juli 2004 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 29. Juli 2003 (DE 10334XXX) angemeldet. Die Anmeldung wurde am 26. April 2006 veröffentlicht und das Patent am 3. Oktober 2007 u.a. auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt. Das Patent steht in Kraft.
Das Klagepatent betrifft eine Topfmaschine zum Eintopfen von Blumentöpfen. Die vom Kläger in Kombination geltend gemachten Patentansprüche 1 und 13 lauten wie folgt:
„Topfmaschine (1) zum Eintopfen von Blumentöpfen (2), mit einer eine Mehrzahl von Topfaufnahmen (4) für jeweils einen Blumentopf (2) aufweisenden Fördereinrichtung (3), mit einem die Fördereinrichtung (3) umgebenden Gehäusekranz (5) gekennzeichnet durch eine Etikettiereinrichtung (11) zum Etikettieren der Blumentöpfe (2), wobei die Etikettiereinrichtung (11) eine Spendezunge (12) zum Abstreifen von Etiketten (13) auf die Blumentöpfe (2) aufweist, wobei mit der Etikettiereinrichtung (11) eine ein Gelenk (23) aufweisende Anstelleinrichtung (22) mit einem Anstellarm (24) zum Verschwenken der Etikettiereinrichtung (11) und Anstellen der Spendezunge (12) an die Blumentöpfe (2) verbunden ist.“
(Anspruch 1)
„Topfmaschine, nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Etikettiereinrichtung (11) um die Längsachse (Z) des Anstellarms (24) oder des weiteren Anstellarms (26) oder eine dazu parallele Achse über ein weiteres Gelenk (29) verschwenkbar ist.“
(Anspruch 13)
Nachfolgend abgebildet sind zwei zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt eine schematische Draufsicht einer erfindungsgemäßen Topfmaschine. Figur 5 ist die perspektive Ansicht eines Teils der Topfmaschine einer anderen Ausführungsform.
Die Beklagte zu 1 stellte auf der Fachmesse A – im Februar 2008 eine Topfmaschine mit Etikettiereinrichtung (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) aus und bot diese an.
Der Kläger mahnte die Beklagten mit Schreiben vom 18. November 2008 ab und forderte sie auf eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung bis zum 28. November 2008 abzugeben. Die Beklagten gaben eine solche Erklärung nicht ab. Die Beklagte zu 1) erwiderte vielmehr, dass sie die angegriffene Ausführungsform lediglich auf der A 2008 angeboten habe, diese aber nicht verkauft worden sei. Die Beklagte zu 2) berief sich auf ein „Gentlemen’s Agreement“ zwischen den Parteien.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent in wortsinngemäßer, zumindest aber in äquivalenter Weise verletze. Hierzu verweist er insbesondere auf die Abbildungen in Anlage K5 und K9.
Er behauptet, dass der Stand auf der Messe von den Beklagten gemeinsam betrieben und die angegriffene Ausführungsform von ihnen gemeinsam ausgestellt worden sei.
Bei einem Treffen Ende November 2005 seien Verhandlungen über eine mögliche Lizenzierung gescheitert. Der als Zeuge benannte Herr B – ein Vertragshändler der Beklagten zu 1) – habe dem Kläger zwar Namen der Abnehmer der Beklagten zu 1) weitergeleitet. Dies sei aber in keinem Zusammenhang zum Klagepatent erfolgt.
Ursprünglich hat der Kläger den Unterlassungsanspruch auf die Kombination des Patentanspruchs 1 und eine äquivalente Verletzung des Unteranspruchs 13 gestützt und auch die Unterlassung der Herstellung gefordert. Der beantragte Auskunftsanspruch hat sich auch auf Herstellungsmengen und –zeiten bezogen. Der Kläger hat ferner die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner beantragt. Zudem hat der Kläger den Antrag zu Ziffer III. mit 6.904,00 € und den Antrag zu Ziffer IV. mit 5.988,40 € beziffert.
Der Kläger beantragt nunmehr,
I.
die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu zwei Monaten, im Wiederholungsfalle bis insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft gegen die Beklagten an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
– Topfmaschinen zum Eintopfen von Blumentöpfen mit einer eine Mehrzahl von Topfaufnahmen für jeweils einen Blumentopf aufweisenden Fördereinrichtung, mit einem die Fördereinrichtung umgebenden Gehäusekranz
– in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen oder von der Bundesrepublik Deutschland aus im Ausland anzubieten oder in Verkehr zu bringen,
– wenn dabei eine Etikettiereinrichtung zum Etikettieren der Blumentöpfe vorgesehen ist, wobei die Etikettiereinrichtung eine Spendezunge zum Abstreifen von Etiketten auf die Blumentöpfe aufweist, wobei mit der Etikettiereinrichtung eine wenigstens ein Gelenk aufweisende Anstelleinrichtung mit einem Anstellarm zum Verschwenken der Etikettiereinrichtung und Anstellen der Spendezunge an die Blumentöpfe verbunden ist und die Etikettiereinrichtung um die Längsachse des Anstellarms oder des weiteren Anstellarms oder eine dazu parallele Achse über ein weiteres Gelenk verschwenkbar ist,
hilfsweise,
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu zwei Monaten, im Wiederholungsfalle bis insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft gegen die Beklagten an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
– Topfmaschinen zum Eintopfen von Blumentöpfen mit einer eine Mehrzahl von Topfaufnahmen für jeweils einen Blumentopf aufweisenden Fördereinrichtung, mit einem die Fördereinrichtung umgebenden Gehäusekranz
– in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen oder von der Bundesrepublik Deutschland aus im Ausland anzubieten oder in Verkehr zu bringen,
– wenn dabei eine Etikettiereinrichtung zum Etikettieren der Blumentöpfe vorgesehen ist, wobei die Etikettiereinrichtung eine Spendezunge zum Abstreifen von Etiketten auf die Blumentöpfe aufweist, wobei mit der Etikettiereinrichtung eine wenigstens ein Gelenk aufweisende Anstelleinrichtung mit einem Anstellarm zum Verschwenken der Etikettiereinrichtung und Anstellen der Spendezunge an die Blumentöpfe verbunden ist und die Etikettiereinrichtung über ein weiteres Gelenk verschwenkbar ist, um die Etikettiereinrichtung und damit die Spendezunge an die Konizität der Blumentöpfe anzupassen.
2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die vorstehend zu Ziffer I bezeichneten Handlungen seit dem 4. Juni 2005 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und gegebenenfalls Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Lieferorte und Baustellen bzw. Projekte, für die die Lieferungen bestimmt waren,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
und dabei die entsprechenden Belege (Rechnungen) vorzulegen, wobei die Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und bezüglich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt sein können.
II.
festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die in I.1. bezeichneten, seit dem 4. Juni 2005 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird,
III.
die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an den Kläger 3.472,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. November 2008 zu zahlen.
IV.
die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an den Kläger 3.472,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Dezember 2008 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2) behauptet, dass die Beklagte zu 1) auf der A 2008 einen gemeinsamen Messestand mit der Fa. C. gehabt habe. Dabei handele es sich aber trotz des ähnlichen Namens nicht um die Beklagte zu 2).
Die Beklagten meinen, dass die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent weder wortsinngemäß noch in äquivalenter Weise verletze. Insbesondere weise die Anstelleinrichtung bei der angegriffenen Ausführungsform kein Gelenk auf. Zudem liege auch kein weiteres Gelenk vor, wodurch die Etikettiereinrichtung um die Längsachse des Anstellarms bzw. eines weiteren Anstellarms oder eine dazu parallele Achse verschwenkbar sei.
Die Beklagte zu 1) meint, dass sie zudem aufgrund eines privaten Vorbenutzungsrechts das Klagepatent nicht verletze, sondern zur Benutzung des Erfindungsgegenstandes berechtigt sei.
Schließlich gebe es zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) eine Vereinbarung, durch die die Beklagte zu 1) vom Kläger ermächtigt worden sei, Etikettiervorrichtungen zusammen mit Topfmaschinen zu vertreiben. Im Gegenzug sei die Beklagte zu 1) verpflichtet, dem Kläger die Namen der Abnehmer zu nennen. Zu dieser Vereinbarung sei es nach Gesprächen am 14. und 25. November 2005 und Ende November/Anfang Dezember 2005 gekommen. Diese Vereinbarung sei auch in der Folgezeit eingehalten worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Insoweit der Kläger nunmehr keine Unterlassung und Auskunft wegen der Herstellung der angegriffenen Ausführungsform verlangt und den Erstattungsanspruch wegen der Abmahnkosten von 6.904,00 € auf 3.472,00 € gegen die Beklagte zu 1) und von 5.988,40 € auf ebenfalls 3.472,00 € gegen die Beklagte zu 2) gesenkt hat, hat der Kläger die Klage teilweise zurückgenommen. Die Beklagten haben in die Klagerücknahme eingewilligt. Die Beklagte zu 1) hat ausdrücklich in ihrem Schriftsatz vom 31. März 2010 ihre Einwilligung erklärt. Die Beklagte zu 2) hat konkludent ihre Einwilligung zum Ausdruck gebracht, indem sie auf die Kostenlast des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO verwiesen hat.
Indem der Kläger den ursprünglichen Hauptantrag nunmehr als Hilfsantrag geltend macht und die Klage hauptsächlich auf eine wortsinngemäße Verletzung der in Kombination geltend gemachten Ansprüche 1 und 13 stützt, hat der Kläger den Klagegegenstand ergänzt, ohne dabei den Klagegrund geändert zu haben. Eine solche Ergänzung ist daher nach § 264 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung einzustufen. Zumindest haben sich die Beklagten auf die neu gestellten Anträge eingelassen und haben so konkludent ihre Einwilligung gemäß § 263 ZPO erteilt. Dasselbe gilt für die nunmehr beantragte jeweilige alleinige Haftung auf Schadensersatz der Beklagten.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten aus Art. 64 EPU in Verbindung mit §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, 242, 259 BGB.
Die angegriffene Ausführungsform verletzt das Klagepatent weder in wortsinngemäßer noch in äquivalenter Weise. Sie macht keinen Gebrauch von dem in Kombination mit dem Unteranspruch 13 geltend gemachten Patentanspruch 1.
1.
Das Klagepatent betrifft eine Topfmaschine zum Eintopfen von Blumentöpfen, mit einer eine Mehrzahl von Topfaufnahmen für jeweils einen Blumentopf aufweisenden Fördereinrichtung und mit einem die Fördereinrichtung umgebenden Gehäusekranz.
Aus dem Stand der Technik sind solche Topfmaschinen bekannt. Die in der DE-U-201220804 beschriebene Topfmaschine weist eine während des Eintopfbetriebes umlaufende Fördereinrichtung auf, bei der es sich in der Regel um eine Art Karussell handelt. Die Fördereinrichtung weist eine Mehrzahl von Topfaufnahmen auf, auf denen jeweils Blumentöpfe angeordnet werden. Sie wird von einem Gehäusekranz nach außen hin umgrenzt. Zunächst wird bei einer solchen Topfmaschine, die im Endlosbetrieb läuft, der einzutopfende Blumentopf aus einem Stapel entnommen und auf eine freie Topfaufnahme der Fördereinrichtung gesetzt. Im nächsten Verfahrensschritt wird der Blumentopf mit Erde gefüllt. Anschließend wird in die in den Topf eingefüllte Erde ein Loch eingebracht, sodass im nächsten Verfahrensschritt eine einzutopfende Pflanze eingesetzt werden kann. Schließlich wird der Blumentopf von der Fördereinrichtung entnommen und über ein Abführband zur weiteren Verwendung abgeführt. In der Praxis werden vorab bereits etikettierte Blumentöpfe an das Eintopfunternehmen geliefert, sodass bereits etikettierte Blumentöpfe der Topfmaschine zugeführt werden.
An dem Stand der Technik kritisiert das Klagepatent, dass die Vorabetikettierung hohe Anforderungen an die Logistik, insbesondere die Lagerhaltung stellt, da stets die entsprechenden Mengen von vorab etikettierten Blumentöpfen bereit gehalten werden müssen. Zudem kann es beim Eintopfen zu einer Verschmutzung, Beschädigung oder sogar zum Abreißen der vorab auf die Blumentöpfe aufgebrachten Etiketten kommen.
Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund das Problem zugrunde, diese Nachteile zu verhindern und schlägt zur Lösung des Problems eine Topfmaschine mit einer ihr zugeordneten Etikettiereinrichtung zum Etikettieren der Blumentöpfe auf.
Demgemäß weist die Erfindung gemäß dem Klagepatent folgende Merkmale auf:
1. Topfmaschine (1) zum Eintopfen von Blumemtöpfen (2) mit
a) einer Fördereinrichtung (3)
b) einer Anstelleinrichtung (22)
c) einer Etikettiereinrichtung (11)
2. Die Fördereinrichtung (3)
a) weist eine Mehrzahl von Topfaufnahmen (4) für jeweils einen Blumentopf (2) auf
b) ist von einem Gehäusekranz (5) umgeben
3. Die Anstelleinrichtung (22)
a) ist mit der Etikettiereinrichtung (11) verbunden
b) dient dem Verschwenken der Etikettiereinrichtung (11) und Anstellen der Spendezunge (12) an die Blumentöpfe (2)
c) weist ein Gelenk (23) auf
d) weist einen Anstellarm (24) auf
4. Die Etikettiereinrichtung (11)
a) dient dem Etikettieren der Blumentöpfe (2)
b) weist eine Spendezunge (12) zum Abstreifen von Etiketten (13) auf die Blumentöpfe (2) auf
c) ist um die Längsachse (Z) des Anstellarms (24) oder des weiteren Anstellarms (26) oder eine dazu parallele Achse über ein weiteres Gelenk (29) verschwenkbar.
2.
Eine Verwirklichung der technischen Lehre der Ansprüche 1 und 13 des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform lässt sich nicht feststellen. Es fehlt jedenfalls an der Verwirklichung des Merkmals 4c sowohl in wortsinngemäßer als auch in äquivalenter Weise. Gemäß Merkmal 4c muss die Etikettiereinrichtung um die Längsachse (Z) des Anstellarms (24) oder des weiteren Anstellarms (26) oder einer dazu parallelen Achse über ein weiteres Gelenk (29) verschwenkbar sein.
a.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht das Merkmal 4c nicht wortsinngemäß.
Der Kläger meint, dass die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 4c verwirkliche, insbesondere die Verschwenkbarkeit um die Längsachse des Anstellarms oder eines weiteren Anstellarms gegeben sei, und bezieht sich auf die in Anlage K9 mit Bezugsziffern versehenen Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform (insbesondere Bild 10 und 14). Er ist der Auffassung, dass durch das Element (F), welches sich aus den beiden Vierkantprofilen (R und S) zusammensetzt, sowie das Gehäuse (I) insgesamt ein T-förmiger Anstellarm ausgebildet werde und eine Verschwenkbarkeit um die Achse (X1) möglich sei. Diese Achse sei die Längsachse des Gehäuses (I) und damit eine der beiden möglichen Längsachsen des T-förmigen Anstellarms.
Die Beklagten argumentieren, dass das Gehäuse (I) nicht Teil des Anstellarms sei. Außerdem streiten die Parteien, ob durch die Verschwenkbarkeit um die Längsachse eine Anpassung an die Konizität der Blumentöpfe erreicht werden soll und dies auch durch die angegriffene Ausführungsform erreicht werde.
Durch die Verschwenkung um die Achse (X1) ist kein Verschwenken im Sinne des Merkmals 4c gegeben.
Gemäß des Merkmals 4c muss das Verschwenken über die Längsachse (Z) des Anstellarms erfolgen. Dies erfolgt, um die Etikettereinrichtung und damit die Spendezunge an die Konizität der Blumentöpfe anzupassen [vgl. 0014]. Es soll damit erreicht werden, dass die Spendezunge, mit deren Hilfe die Etiketten auf die Blumentöpfe angebracht wurden, an die konische Form der Blumentöpfe angepasst werden kann, mithin schräg an die Blumentöpfe anliegen kann. Dies ist nur dann gewährleistet, wenn durch das Verschwenken um die Längsachse des Anstellarms eine entsprechende schräge Position der Spendezunge hergestellt werden kann. Dies ergibt eine gebotene funktionsorientierte Auslegung des Merkmals 4c. Dieses Verständnis ergibt sich aber nicht nur bei funktionsorientierter Betrachtung, sondern auch aus dem Patentanspruch 1. So heißt es im Merkmal 4b, dass die Etikettiereinrichtung eine Spendezunge zum Abstreifen von Etiketten auf die Blumentöpfe aufweist. Die Funktion der Etikettiereinrichtung ist das Etikettieren der Blumentöpfe (Merkmal 4a), sodass diese Funktion der Fachmann in die vom Patentanspruch vorgegebene Ausgestaltung der Etikettiereinrichtung hineinliest. Die Verschwenkbarkeit um die Längsachse des Anstellarms bzw. eines weiteren Anstellarms dient daher auch der Etikettierung der Blumentöpfe, indem sie die Anpassung an die Konizität ermöglicht.
Ein Verschwenken um die Längsachse (X1) führt bei der angegriffenen Ausführungsform lediglich zu einer Höhenverstellbarkeit der Spendezunge, da diese nach oben bzw. unten geschwenkt würde. Entgegen der Auffassung des Klägers findet so aber keine Anpassung an die Konizität statt. Dies ergibt sich auch nicht aus der Skizze in der Anlage K11, wonach die Spendezunge frontal an die Blumentöpfe herangeführt wird. Der Kläger führt aus, dass bei frontaler Anführung der Spendezunge an die Blumentöpfe die Verschwenkbarkeit nach oben bzw. nach unten auch zur Anpassung an die Konizität der Blumentöpfe führe. Dies trifft nicht zu. Zwar führt das Verschwenken der Spendezungen nach oben bzw. nach unten auch zu einer anderen Position der Spendezunge. Beim Verschwenken nach unten oder nach oben weist die Spendezunge aufgrund der diagonalen Ausrichtung einen größeren Abstand zum Blumentopf auf, als bei horizontaler Ausrichtung. Da die Blumentöpfe aber nach unten zusammenlaufen, wird die Spendezunge beim Verschwenken nach unten von den Blumentöpfen weggeführt, sodass gerade keine Anpassung an die Konizität der Blumentöpfe stattfindet. Durch das Verschwenken nach oben bzw. unten kann allenfalls eine Anpassung an verschiedene Größen von Blumentöpfen erreicht werden. Dies gilt auch bei einem sehr kleinen Neigungswinkel, der bei Blumentöpfen üblich ist.
Zudem gibt der Kläger selbst vor, dass die von ihm beschriebene Funktionsweise nur bei einer frontalen Anführung der Spendezunge an die Blumentöpfe möglich sei. Aus den Abbildungen der Anlage K9 ist aber ersichtlich, dass die Spendezunge der angegriffenen Ausführungsform, die Etiketten seitlich an die Blumentöpfe anbringt (vgl. Bild 8 der Anlage K9). Die Abstreifvorrichtung (B) wird gerade nicht frontal an die Blumentöpfe angeführt.
b.
Das nicht wortsinngemäß erfüllte Merkmal 4c verwirklicht die angegriffene Ausführungsform auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.
Der Klageantrag enthält bereits keine Angabe des gleichwirkenden Mittels. Bei der Geltendmachung einer äquivalenten Benutzung müssen – unter Berücksichtigung der dem Patentanspruch eigenen Abstraktionsebene – diejenigen technischen Merkmale angegeben werden, die unter Äquivalenzgesichtspunkten die Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsform in den Schutzbereich des Klagepatents rechtfertigen (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn. 616). Der Klageantrag enthält hier die Funktion der geltend gemachten äquivalenten Benutzung, mithin die Anpassung der Etikettiereinrichtung an die Konizität der Blumentöpfe. Wie dieses Ziel im Wege der Äquivalenz erreicht wird, ist dem Klageantrag nicht zu entnehmen. Hierauf wurde der Kläger in der mündlichen Verhandlung von der Kammer hingewiesen. Eine Anpassung des Antrags erfolgte nicht.
Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende Problem mit abgewandelten, aber objektiv im Wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst (Gleichwirkung) und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im Wesentlichen gleichwirkend aufzufinden (Naheliegen), wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Schutzanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (Gleichwertigkeit; zu allen Voraussetzungen: BGH, GRUR 2002, 511 (512) – Kunstoffrohrteil; BGH, GRUR 2002, 515 (518) – Schneidmesser I; BGH, GRUR 2002, 519 (521) – Schneidmesser II; BGH, GRUR 2002, 527 (529) – Custodiol II; BGH, GRUR 2007, 410 (415 f.) – Kettenradanordnung; BGH, GRUR 2004, 758 (760) – Flügelradzähler; BGH, GRUR 2007, 959 (961) – Pumpeinrichtung; BGH, GRUR 2007, 1059 (1063) – Zerfallzeitmessgerät).
Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen hier nicht vor. Es fehlt bereits an der Gleichwirkung.
Der Kläger trägt vor, dass, soweit das Gehäuse (I) nicht als Anstellarm gesehen werden könne und daher keine Verschwenkbarkeit um die Längsachse gegeben sei, eine Verschwenkbarkeit um eine Querachse des Anstellarms objektiv dieselbe Wirkung habe. Unerheblich sei auch, ob die Etiketten seitlich oder frontal auf die Blumentöpfe aufgebracht werden. Wie bereits dargestellt, führt aber die Verschwenkung um die Achse (X1) nicht zu einer gleichen Wirkung, da keine Anpassung an die Konizität der Blumentöpfe erreicht wird. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Achse (X1) um eine Querachse zu einem erfindungsgemäßen Anstellarm handelt.
Die Entscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage in §§ 91, 269 Abs. 3, 709 ZPO.