4b O 266/08 – Navigationssystem (2)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1475

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. Juli 2010, Az. 4b O 266/08

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie in der Zeit vom 17.8.1997 bis zum 23.2.2009
plangestützte Ortungs- und Navigationssysteme für Landfahrzeuge mit einer Eingabevorrichtung zur Eingabe einer Fahrtroute oder jeweils eines Start- und Zielpunktes, einem Datenspeicher mit gespeicherten Knotenpunkten eines Straßenplanes und einer Fahrtinformationsausgabe, wobei die Fahrtroute durch in ihrer Nähe befindliche, in dem Datenspeicher gespeicherte Knotenpunkte bestimmt ist und wobei diese Knotenpunkte als fortlaufender Polygonzug der Fahrtroute ausgebbar sind,
in der Bundesrepublik Deutschland angeboten, in Verkehr gebracht, gebraucht oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen hat,

die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Knotenpunkte mit einem Fangbereich ausgebildet sind und dass das Ortungs- und Navigationssystem derart ausgebildet ist, dass für die Eingabe der ausgewählten Fahrtroute der Fangbereich der vorgegebenen Knotenpunkte anwählbar ist,

und zwar unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
1. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. bezeichneten, in der Zeit vom 1.1.2006 bis zum 23.2.2009 begangenen Handlungen entstanden ist,
2. der Klägerin dasjenige herauszugeben, was sie in der Zeit vom 17.8.1997 bis zum 31.12.2005 durch die unter I. genannten Handlungen auf Kosten der Klägerin erlangt hat.

III.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

IV.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5 zu tragen.

V.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 150.000 sowie für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

VI.
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
– bis zum 3.8.2009: EUR 1.000.000;
– vom 4.8.2009 bis zum 25.2.2010: EUR 3.000.000 aufgrund der Klageerweiterung auf 13 weitere Ausführungsformen;
– danach: EUR 750.000 zuzüglich der bis dahin angefallenen Kosten für den Unterlassungsantrag (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Auflage, § 3 Rn 16 unter „Einseitige Teilerledigterklärung“).

Tatbestand

Die Klägerin ist alleinige, eingetragene Inhaberin des Deutschen Patents DE 39 05 XXX C2 (im Folgenden: „Klagepatent“, Anlage K3). Die Anmeldung des Klagepatents erfolgte am 23.2.1989. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Klagepatents erfolgte am 17.7.1997.

Die Beklagte reichte gegen das Klagepatent die aus Anlage B2 ersichtliche Nichtigkeitsklage ein, über die bislang nicht entschieden ist.

Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet ohne Bezugszeichen:

„Plangestütztes Ortungs- und Navigationssystem für Landfahrzeuge mit einer Eingabevorrichtung zur Eingabe einer Fahrtroute oder jeweils eines Start- und Zielpunktes, einem Datenspeicher mit gespeicherten Knotenpunkten eines Straßenplanes und einer Fahrtinformationsausgabe, wobei die Fahrtroute durch in ihrer Nähe befindliche, in dem Datenspeicher gespeicherte Knotenpunkte bestimmt ist und wobei diese Knotenpunkte als fortlaufender Polygonzug der Fahrtroute ausgebbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Knotenpunkte mit einem Fangbereich ausgebildet sind und dass das Ortungs- und Navigationssystem derart ausgebildet ist, dass für die Eingabe der ausgewählten Fahrtroute der Fangbereich der vorgegebenen Knotenpunkte anwählbar ist.“

Nachfolgend wird die Figur 2 des Klagepatents eingeblendet, welche einen Ausschnitt aus einem Straßenplan eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der technischen Lehre des Klagepatents zeigt.

Die Klägerin schloss im Jahre 1992 nach verschiedenen Vorgängervereinbarungen mit dem Unternehmen A, Inc. („A“) ein „European Licence Agreement“ (Anlage B4, „ELA“). Im Jahre 1996 wurde A an B veräußert; in diesem Zusammenhang schlossen die Klägerin und B den aus der Anlage B 5 ersichtlichen Vertrag („B-Vertrag“).
Zwischen A und der Klägerin ist ein Schiedsverfahren bei der ICC (Az.: 16XXX/JHN) anhängig. Dort begehrt A unter anderem die Feststellung, dass – neben weiteren Patenten – das von der hiesigen Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachte Klagepatent von einer Lizenz umfasst sei, welche die Klägerin A gewährt habe, und dass die Geltendmachung der hiesigen Klageansprüche die sich aus dieser Lizenz ergebenden Rechte verletze. Ferner begehrt A von der Klägerin, unter anderem von der vorliegenden Klage abzusehen. Wegen der Einzelheiten der Schiedsklage wird auf die aus Anlage B3 ersichtliche Begründung As verwiesen.
Die Beklagte bietet an und liefert Navigationssysteme mit den nachfolgenden Modellbezeichnungen („angegriffene Ausführungsformen“), zu denen die Klägerin in Anlage K 8 die jeweiligen Handbücher vorgelegt hat: C (Modell vorgelegt als Anlage K7), D, E, F, G, H, I, J, K, L, M, N (auch als O bezeichnet), P sowie Q (auch als R bezeichnet). Die angegriffenen Ausführungsformen werden in der Regel binnen drei Monaten, nachdem sie in den Handel gelangt sind, abverkauft.
Die Klägerin meint, die angegriffenen Ausführungsformen hätten in der Zeit vor Ablauf des Klagepatents von der technischen Lehre des Anspruchs 1 Gebrauch gemacht: Die Fahrtroute sei bei diesen durch in ihrer Nähe befindliche, in dem Datenspeicher gespeicherte Knotenpunkte bestimmt. Die Knotenpunkte seien auch als fortlaufender Polygonzug der Fahrtroute ausgebbar und mit einem Fangbereich ausgebildet. Zudem sei der Fangbereich der vorgegebenen Knotenpunkte für die Eingabe der ausgewählten Fahrtroute anwählbar.

Ursprünglich hat die Klägerin mit Schriftsätzen vom 3.11.2008 und vom 27.2.2009 eine Verurteilung der Beklagten auch zur Unterlassung begehrt. Mit Schriftsatz vom 25.2.2010 hat die Klägerin – im Hinblick auf das am 23.2.2009 eingetretene Erlöschen des Klagepatents wegen Zeitablaufs – den Unterlassungsanspruch und teilweise die Ansprüche auf Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen sowie auf Vernichtung für erledigt erklärt; die Beklagte hat sich dieser Teilerledigungserklärung nicht angeschlossen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

wie zu Ziffer I. und II. des Tenors erkannt, wobei sie darüber hinaus Ansprüche auf Vernichtung, Rückruf/Entfernung sowie Urteilsveröffentlichung geltend macht und ferner die Feststellung begehrt, dass sich die Hauptsache im Hinblick auf das Unterlassungsbegehren vollständig und im Hinblick auf die Anträge auf Vernichtung und Rückruf/Entfernung insoweit erledigt hat, als sie Ortungs- und Navigationssysteme betreffen, die sich nicht bereits vor Ablauf des Klagepatents im Besitz und/oder Eigentum der Beklagten befunden haben bzw. an Abnehmer geliefert worden sind, sowie Rechnungslegung auch zu direkter Werbung begehrt,
hilfsweise, ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Beklagten abzuwenden.

Die Beklagten beantragen,

1. die Klage abzuweisen;
2. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung in dem Schiedsgerichtsverfahren der ICC zwischen der A, Inc. und der Klägerin (Az: ICC Case Number 16XXX/JHN ) auszusetzen;
3. weiter hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über die gegen das Klagepatent erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen;
4. weiter hilfsweise, ihr zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden.

Die Beklagte stellt die Verletzung des Klagepatents im Wesentlichen wie folgt in Abrede: Bei den angegriffenen Ausführungsformen sei die Fahrtroute nicht durch als Knotenpunkte ausgestaltete Start- und Zielpunkte bestimmt; als Anfangs- und Endpunkte könnten auch beliebige Punkte auf einer Straße ausgewählt werden. Die angegriffenen Ausführungsformen seien nicht in der Lage, eine vom Fahrer durch eine Serie von Knotenpunkten definierte Route anzunehmen. Anders als das Klagepatent es verlange, hebe das Display der angegriffenen Ausführungsformen keine Punkte der Kartendatenbank hervor; es sei „purer Zufall“, wenn ein Nutzer bei Eingabe der Fahrtroute einen Punkt der Kartendatenbank treffe. Die in den Datenbanken der angegriffenen Ausführungsformen vorhandenen Punkte wiesen keine „Fangbereiche“ im Sinne des Klagepatents auf; vielmehr bedienten sich die angegriffenen Ausführungsformen eines Steuerungsverfahrens (sog. „Lot-System“), um ausgehend von einem konkret angewählten Punkt einen Startpunkt auf der nächstliegenden Straße bzw. dem nächstliegenden Linienabschnitt anzusteuern. Anders verhalte es sich – insoweit unstreitig – nur hinsichtlich einer begrenzten Anzahl von Punkten, und zwar innerhalb von Kreuzungsbereichen; die betreffenden Bereiche seien aber so klein, dass es für den Nutzer unmöglich sei, diese zuverlässig mit dem Finger auszuwählen.
Jedenfalls stehe ihr eine Unterlizenz am Klagepatent zu. A habe im Hinblick auf Art. 3.4 ELA von der Klägerin eine zeitlich unbegrenzte, nicht übertragbare einfache, weltweite Lizenz an sämtlichen Veränderungen und Verbesserungen, welche die Klägerin vor und während der Laufzeit des ELA in den Bereichen Routenplanung, Positionsbestimmung, DB & S Technologie und Digitalisierungstechnologie erarbeitet hatte bzw. erarbeitete. Die Rechtseinräumung habe gem. Art. 3.4 ELA auch das Recht der Vergabe von Unterlizenzen in Bezug auf den Bereich der „handheld“ Geräte umfasst. Da das vorliegende Klagepatent die „Routenplanung“ in diesem Sinne betreffe, sei es von der Rechtseinräumung gem. Art. 3.4 ELA erfasst. Das Benutzungsrecht sei auch nicht gem. Ziffer 2 Abs. 12 des B-Vertrages erloschen; diese Regelung habe nach dem Willen der beteiligten Vertragsparteien nur die Artt. 3.1 bis 3.3 ELA, nicht jedoch die Ziffer 3.4 ELA erfassen sollen. Die A habe ihr auch eine Unterlizenz eingeräumt; hierzu verweist die Beklagte unter anderem auf das Schreiben vom 13.11./14.12.2008 (Anlage B 7). Die Fragen nach einer Lizenzvergabe der Klägerin an A mit dem Recht, eine Unterlizenz zu vergeben, und nach einer Verpflichtung der Klägerin gegenüber A, deren Lizenznehmer nicht aus lizenzierten Patenten in Anspruch zu nehmen, stelle für den hiesigen Rechtsstreit eine Vorfrage dar, welche geklärt werden müsse, bevor über die Frage der Patentverletzung entschieden werden könne. Die Entscheidung im Schiedsverfahren sei für die Kammer im Hinblick auf die zwischen der Klägerin und A vereinbarte Schiedsklausel auch im vorliegenden Rechtsstreit rechtlich verbindlich. Insofern müsse die Kammer den Rechtsstreit im Hinblick auf das betreffende Schiedsverfahren zwingend aussetzen.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung, soweit sich die Ansprüche der Klägerin auf Benutzungshandlungen vor dem 1.1.2006 beziehen. Aus den als Anlage K 20 vorgelegten Schreiben ergebe sich, dass die Klägerin seit Juli 2005 Kenntnis von den angegriffenen Benutzungshandlungen gehabt habe.
Ihren hilfsweise gestellten Aussetzungsantrag wegen des beim Bundespatentgericht anhängigen Nichtigkeitsverfahrens begründet die Beklagte damit, dass die technische Lehre des Klagepatents nicht neu sei, jedenfalls aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Der Beklagten ist die Klageschrift – und zwar lediglich in ihrer geänderten Fassung gemäß Schriftsatz vom 27.2.2009 – am 29.5.2009 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet. Der Klägerin stehen lediglich Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzverpflichtung zu.

I.
Das Klagepatent betrifft ein Ortungs- und Navigationssystem für Landfahrzeuge.
Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents waren bereits Ortungs- und Navigationssysteme für Kraftfahrzeuge bekannt, bei denen mit Hilfe von auf Compact-Disketten gespeicherten Stadtplänen die momentane Position eines Kraftfahrzeugs mitgekoppelt und auf einem Monitor angezeigt wird. Die Speicherung detaillierter Stadtpläne erfordere – so das Klagepatent – jedoch große Speicherkapazitäten. Hinzu komme, dass bei Eingabe einer bestimmten Fahrtroute in den auf einem Monitor dargestellten Stadtplan ein ebenfalls erheblicher Aufwand erforderlich sei, da die Fahrtroute punktweise eingegeben werden müsse.
Als weiteren Stand der Technik erwähnt das Klagepatent die OS 38 06 842, in der zwecks Vereinfachung des Eingabeverfahrens vorgeschlagen wird, die Eingabe einer Fahrtroute mittels eines Digitalisierungstableaus durchzuführen. Dabei wird ein Stadtplan unter das durchsichtige Tableau gelegt und die gewünschte Fahrtroute mit einem Digitalisierstift abgefahren und so punktweise in einen Datenspeicher übertragen. Auch insoweit kritisiert das Klagepatent die Notwendigkeit eines großen Speicherbedarfs, insbesondere bei langen Fahrtstrecken. Zudem bewirke die gespeicherte Datenmenge, dass bei Umschalten eines Stadtplans oder Änderung des Abbildungsmaßstabes die Rechenzeiten unerwünscht groß würden.
Schließlich kritisiert das Klagepatent vorbekannte Systeme dahingehend, dass es bei der Ausgabe an der Darstellung eines Straßenplanes mit der eingetragenen und deutlich erkennbaren Fahrtroute, die dem Fahrer die Orientierung im Stadtplan erleichtere, fehle.

Vor diesem technischen Hintergrund bezeichnet das Klagepatent es als seine Aufgabe, ein plangestütztes Ortungs- und Navigationssystem für Landfahrzeuge derart weiterzubilden, dass die Eingabe einer Fahrtroute oder eines Zielpunktes möglichst einfach durchgeführt wird.
Zwecks Lösung dieses technischen Problems schlägt der Anspruch 1 des Klagepatents ein entsprechendes System mit folgenden Merkmalen vor:

1. Plangestütztes Ortungs- und Navigationssystem für Landfahrzeuge mit
1.1 einer Eingabevorrichtung (12) zur Eingabe einer Fahrtroute (7) oder jeweils eines Start- und Zielpunktes,
1.2 einem Datenspeicher (14) mit gespeicherten Knotenpunkten (1-6) eines Straßenplanes (8),
1.3 einer Fahrtinformationsausgabe (13).
2. Die Fahrtroute (7) ist durch in ihrer Nähe befindliche, in dem Datenspeicher (14) gespeicherte Knotenpunkte (1-6) bestimmt.
3. Die Knotenpunkte (1-4) sind als fortlaufender Polygonzug der Fahrtroute (7) ausgebbar.
4. Die Knotenpunkte (1-6) sind mit einem Fangbereich ausgebildet.
5. Das Ortungs- und Navigationssystem ist derart ausgebildet, dass für die Eingabe der ausgewählten Fahrtroute (7) der Fangbereich der vorgegebenen Knotenpunkte (1-6) anwählbar ist.

Als Vorteile dieser Lösung hebt das Klagepatent hervor (Spalte 1, Zeilen 53 ff.): Da kein detaillierter Straßenplan einzugeben sei, sei der Speicherbedarf erheblich kleiner. Zur Eingabe eines Straßenplans genüge die Eingabe von Knotenpunkten, die mit dem bekannten Digitalisierungstableau eingegeben werden können. Da nur eine begrenzte Anzahl von Knotenpunkten eingegeben werden müsse, sei die Eingabe der gewünschten Fahrtroute vereinfacht. Für die Eingabe genüge zudem, dass eine Auswahl von Knotenpunkten eingegeben werde, die der gewünschten Fahrtroute am nächsten liegen. Das gelehrte Ortungs- und Navigationssystem könne durch Verbindung der Knotenpunkte die gewünschte Fahrtroute erkennen und diese dem Fahrer zur Anzeige bringen.

II.
Die angegriffenen Ausführungsformen haben vor dem durch Zeitablauf eingetretenen Erlöschen des Klagepatents von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents in wortsinngemäßer Weise Gebrauch gemacht. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Merkmale 2, 3, 4 und 5, deren Verwirklichung die Beklagte in Abrede stellt.

1)
Bei den angegriffenen Ausführungsformen ist die Fahrtroute durch in ihrer Nähe befindliche, in dem Datenspeicher gespeicherte Knotenpunkte bestimmt (Merkmal 2).

Entgegen dem – insoweit auch teilweise in sich selbst widersprüchlichen – Vorbringen der Beklagten verfügen die angegriffenen Ausführungsformen über im Datenspeicher gespeicherte Knotenpunkte. Nach der Definition des Klagepatents sind Knotenpunkte solche Punkte, welche für die Navigation von Bedeutung sind (vgl. Sp. 3, Z. 52 ff. des Klagepatents): Bei natürlichen Straßen stellen beispielsweise Straßenkreuzungen oder markante Bauwerke Knotenpunkte dar. Wie die Parteien übereinstimmend vorgebracht haben, handelt es sich bei den Knotenpunkten um in der „realen Welt“ exakt vermessene Punkte mit entsprechenden Koordinaten, die als Basis der Straßenkarte dienen. Durch Verbindung der Knotenpunkte (vgl. Sp. 4, Z. 3 – 14) wird die Fahrtroute festgelegt, indem die Route ausgehend vom Startpunkt über ggf. weitere Knotenpunkte bis zum Zielpunkt geführt wird. Der Fachmann erkennt, dass die Bestimmung der Route anhand Knotenpunkten zu einer Reduzierung des gegenüber dem Stand der Technik benötigten Speicherbedarfs dient, und dass durch die Eingabe einer begrenzten Anzahl von Knotenpunkten die Eingabe der gewünschten Fahrtroute vereinfacht wird.

Unter Zugrundelegung des eigenen tatsächlichen Vorbringens der Beklagten sind im Datenspeicher der angegriffenen Ausführungsformen derartige Knotenpunkte vorhanden. Wie die Beklagte auf Seite 9, Ziffer 1 ihrer Klageerwiderung ausführt, enthält die Kartendatenbank der angegriffenen Ausführungsformen Punkte, welche durch zwei Koordinaten bestimmt sind (Längen- und Breitengrad). Die Datenbank besteht aus Linienabschnitten („line segments“) und den Punkten, die den Anfang und das Ende des Linienabschnitts bestimmen, wobei ein Linienabschnitt die Verbindung zwischen den Punkten darstellt. Enthält ein Linienabschnitt keine gerade Linie, benötigen die angegriffenen Ausführungsformen Formpunkte („shape points“), um den wirklichen Straßenverlauf wiederzugeben. Sodann räumen die Beklagten auf Seite 13, letzter Absatz ausdrücklich ein, dass es Punkte der Kartendatenbank gibt, bei welchen es sich in der „realen Welt“ um eine Kreuzung handelt und welche für die Routenberechnung verwendbar sind. Insofern sind in deren Datenspeichern jedenfalls auch Knotenpunkte im Sinne des Klagepatents gespeichert.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der Einwand der Beklagten, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen nicht ausschließlich Punkte der Kartendatenbank, sondern (auch) ganz beliebige Punkte auf einem Linienabschnitt zwischen Punkten der Kartendatenbank ausgewählt werden können. Dies steht der wortsinngemäßen Verwirklichung des Merkmals 2 nicht entgegen, weil dieses nicht vorgibt, dass jede Fahrtroute ausschließlich anhand von Knotenpunkten bestimmt werden dürfe. Zwar würden durch eine solche Ausführung die vom Klagepatent intendierten Vorteile in besonders wirksamer Weise erzielt. Allerdings kommt es für die Bejahung einer wortsinngemäßen Patentverletzung gerade nicht darauf an, ob die patentgemäßen Vorteile überhaupt oder vollständig eintreten (BGH GRUR 1991, 436, 441 f.). Ebenso wenig ist es erforderlich, dass die angegriffenen Ausführungsformen regelmäßig in einer Weise benutzt werden, dass die objektiv möglichen Vorteile tatsächlich erreicht werden (BGH GRUR 2006, 399 – Rangierkatze). Vor diesem Hintergrund ist das von der Beklagten angeführte Beispiel auf Seite 10 f. der Klageerwiderung, bei welchem ein nicht auf einer realen Straße liegender Punkt bei der Routenerstellung ausgewählt wird, im Ergebnis nicht geeignet, die Berechtigung des Verletzungsvorwurfs zu entkräften.
Schließlich setzt das Merkmal 2 auch nicht voraus, dass die Fahrtroute anhand einer Vielzahl von Knotenpunkten bestimmt wird. Das ergibt sich bereits aus dem systematischen Zusammenhang mit dem Merkmal 1.1, wonach die Eingabevorrichtung der Eingabe einer Fahrroute oder jeweils eines Start- und Zielpunktes dient. Ebenso heißt es in Sp. 4, Z. 3 ff., dass im Einzelfall bereits die Eingabe von lediglich zwei Knotenpunkten genügen kann. Nach der Vorstellung des Klagepatents kann also bereits allein durch die Eingabe eines Start- und Zielpunktes die Fahrtroute durch den Nutzer bestimmt werden. Dass die sich an die Knotenpunkteingabe anschließende Routenberechnung anhand eines computergestützten Algorithmus erfolgt, ändert nichts daran, dass der Nutzer selbst die Route bereits durch die Eingabe der Knotenpunkte bestimmt. Der Anspruch lässt es offen, auf welche konkrete technische Art und Weise die Fahrtroute nach der Vorgabe von Start- und Zielpunkt ermittelt wird.

2)
Bei den angegriffenen Ausführungsformen sind die Knotenpunkte auch als fortlaufender Polygonzug ausgebbar (Merkmal 3).

Der Fachmann versteht dieses Merkmal nicht in der Weise, dass dem Nutzer die Punkte der Kartendatenbank angezeigt werden müssten. Vielmehr erkennt er anhand der Beschreibung in Sp. 1, Z. 64 ff., dass es in diesem Zusammenhang darum geht, dass das Ortungs- und Navigationssystem durch Verbindung der Knotenpunkte die gewünschte Fahrtroute erkennt und diese dem Fahrer zur Anzeige bringt. Unwidersprochen hat die Klägerin vorgetragen, dass das Klagepatent ausgehend von dem allgemeinen Verständnis des Begriffs „Polygonzug“ die Spur eines Weges meint, der sich aus endlich vielen Geradenstücken zusammensetzt. Bei den angegriffenen Ausführungsformen kann sich – jedenfalls in Kreuzungsbereichen – die Fahrtroute aus einzelnen Verbindungsgeraden zwischen Knotenpunkten (Straßenkreuzungen) ergeben. Insoweit müssen die Knotenpunkte weder bei deren Eingabe noch bei der anschließenden Anzeige der Fahrtroute auf dem Display eigens hervorgehoben sein, sondern es genügt, dass die als Polygonzug ausgestaltete Fahrtroute als solche dargestellt wird.
Etwas Gegenteiliges entnimmt der Fachmann auch nicht der oben wiedergegebenen Figur 2 des Klagepatents: Bei dieser handelt es sich nämlich nur um die Darstellung eines bloßen Ausführungsbeispiels, auf welche die allgemeine technische Lehre des Klagepatents nicht beschränkt ist. Vielmehr spricht der auf Anspruch 1 rückbezogene Unteranspruch 4 des Klagepatents dafür, dass die allgemeine Lehre des Klagepatents diesbezüglich weit zu verstehen ist; denn erst der Unteranspruch 4 lehrt, dass die die Fahrtroute bestimmenden Knotenpunkte durch Kennzeichen – vorzugsweise alphanumerische Zeichen – bestimmbar sind. Schließlich spricht für dieses Verständnis auch der auf Anspruch 1 rückbezogene Unteranspruch 5, welcher bei der Eingabe der Fahrtroute eine fortlaufende Kontrollausgabe der Knotenpunkte auf der Fahrtinformationsausgabe vorsieht; im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass der allgemeiner gefasste Anspruch 1 bei der Eingabe gerade nicht zwingend eine Hervorhebung der Knotenpunkte als solche verlangt.
Vor diesem Hintergrund steht es der Verwirklichung des Merkmals 3 durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht entgegen, dass die Punkte der Kartendatenbank dem Nutzer nicht anzeigbar sind und bei der Verwendung der Funktion „Punkt auf der Karte“ auf dem Display keine Punkte der Kartendatenbank hervorgehoben werden. Zu widersprechen ist der Beklagten insbesondere darin, es sei „purer Zufall“, wenn der Nutzer einen Knotenpunkt treffe: Jedenfalls in Fällen, in denen er eine Kreuzung als Start- oder Zielpunkt verwenden möchte, ist ihm bei den angegriffenen Ausführungsformen deren Anwahl kraft einer bewussten Entscheidung möglich, weil er diese auf dem Display ohne Weiteres erkennen kann.

3)
Bei den angegriffenen Ausführungsformen sind auch Knotenpunkte mit einem Fangbereich ausgebildet, so dass das Merkmal 4 verwirklicht ist. Ebenso ist für die Eingabe der Fahrtroute der Fangbereich der vorgegebenen Knotenpunkte anwählbar. Da sich die Argumente der Beklagten zu diesen beiden Merkmalen überschneiden, werden dies nachfolgend im Zusammenhang erörtert.

Das Merkmal 4 steht in engem systematischen Zusammenhang mit dem Merkmal 2, nach welchem die Fahrtroute durch die in ihrer Nähe befindlichen, in dem Datenspeicher gespeicherten Knotenpunkte bestimmt ist. Der Fachmann erkennt, dass die Ausbildung der Knotenpunkte mit einem Fangbereich der einfacheren Eingabe der Knotenpunkte dient, indem die ausgewählte Fahrtroute nur in die Nähe der fest vorgegebenen Knotenpunkte zu legen ist (vgl. Sp. 4, Z. 14 – 18). Wählt der Nutzer einen Punkt aus, der sich in der Nähe eines Knotenpunktes befindet, so wird dieser sozusagen von dem Knotenpunkt „gefangen“, so dass der Nutzer zwecks Auswahl eines Knotenpunktes denselben nicht exakt treffen muss. Die Art und Weise der technischen Ausgestaltung des Fangbereichs gibt das Klagepatent nicht vor. Insbesondere setzt das Klagepatent keine bestimmte Mindestgröße des Fangbereichs voraus; der Fachmann sieht, dass der Fangbereich seiner Funktion entsprechend lediglich größer sein muss als der Knotenpunkt, zu dessen vereinfachter Eingabe er dient.
Ebenso wenig verlangt das Klagepatent, dass der Fangbereich auf der Fahrtinformationsausgabe dargestellt wird; es ist namentlich nicht notwendig, dass der Nutzer den Knotenpunkt exakt trifft – bestimmungsgemäß reicht es gerade aus, dass seine Umgebung angewählt wird.
Die Beklagte hat auf Seite 13 der Klageerwiderung vorgetragen, dass für Punkte der Kartendatenbank, bei welchen es sich um eine Kreuzung zwischen Straßen handelt, ein kleiner Bereich innerhalb der Kreuzung existiert, in welchem die Software sich dafür entscheidet, den Kreuzungspunkt als solchen für die Routenberechnung zu verwenden. Da nach dem Klagepatent – wie oben ausgeführt – unter anderem Kreuzungsbereiche Knotenpunkte darstellen, verfügen die angegriffenen Ausführungsformen über mit einem Fangbereich ausgebildete Knotenpunkte: Da der von der Beklagten angesprochene „kleine Bereich“ jedenfalls größer ist als der referenzierte Kreuzungspunkt selbst, kommt es auf die absolute Größe dieses Bereichs, innerhalb dessen die Software auf den Kreuzungspunkt zurückgreift, nicht an; entscheidend ist allein, dass der Nutzer den Knotenpunkt nicht exakt treffen muss, so dass dessen Anwahl nicht durch das genaue Treffen von dessen Koordinaten bedingt ist. Ebenso ist es unerheblich, dass der Nutzer für die Auswahl dieses Bereichs einen Stift benötige, weil eine Kreuzung mit dem bloßen Finger nicht getroffen werden könne, die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen jedoch nicht mit einem Stift ausstatte; denn das Klagepatent ist ersichtlich nicht auf ein bestimmtes Auswahlmedium – beispielsweise einen Finger des Nutzers – beschränkt.
Der Verwirklichung des Merkmals 4 steht es auch nicht entgegen, dass der Fangbereich dem Nutzer nicht angezeigt wird. Eine derartige Anforderung stellt der Anspruch 1 nicht an den Fangbereich. Hinsichtlich des Fangbereichs sieht das Klagepatent lediglich vor, dass Knotenpunkte mit einem solchen ausgebildet sind und dass der Fangbereich bei Eingabe der Fahrtroute anwählbar ist. Soweit die Beklagte auch in diesem Zusammenhang für ihre gegenteilige Auslegung die Figur 2 bemüht, ist wiederum darauf zu verweisen, dass diese bloß ein Ausführungsbeispiel betrifft; zudem heißt es in Sp. 4, Z. 12 – 14 in diesem Zusammenhang, dass die „Kreise den Fangbereich lediglich andeuten“.
Ebenso wenig setzt die technische Lehre des Klagepatents eine Speicherung des Fangbereichs voraus. Dieses Erfordernis besteht klagepatentgemäß lediglich hinsichtlich der Knotenpunkte. Es erstreckt sich auch nicht etwa deshalb auf den Fangbereich, weil die Knotenpunkte mit einem solchen „ausgebildet“ sind. Denn das Klagepatent gibt nicht zwingend vor, wie diese Ausbildung technisch auszugestalten ist, so dass eine gleichzeitige Speicherung auch des Fangbereichs gerade nicht notwendig ist.
Schließlich ist das Argument der Beklagten, es fehle den angegriffenen Ausführungsformen deshalb an der Ausbildung eines Fangbereichs, weil bei diesen die sog. Lot-Technik zur Ermittlung eines Start- und Zielpunktes eingesetzt werde, im Ergebnis nicht geeignet, eine Verletzung des Klagepatents zu verneinen. Beim Lot-System wird von einem vom Nutzer ausgewählten Punkt auf die nächstliegende Straße ein „Lot“ gefällt und sodann auf den dortigen Punkt der Straße bzw. des Linienabschnitts referenziert. Allerdings hat die Beklagte auf Seite 13 der Klageerwiderung ausdrücklich zugestanden, dass hinsichtlich Straßenkreuzungen ein kleiner Bereich im Kreuzungsgebiet existiere, in dem die Software der angegriffenen Ausführungsformen sich stets dafür entscheide, den Kreuzungspunkt als solchen für die Routenberechnung zu verwenden. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang argumentiert, dass der dem Nutzer angezeigte Bereich so klein sei, dass der Nutzer zur Auswahl einen Stift benötige, ist das aus den zuvor genannten Gründen unerheblich. Ebenso wenig steht es der Verletzung entgegen, dass der relevante Bereich lediglich sechs Meter bzw.- wie von der Beklagten im Haupttermin behauptet – nur drei Meter betrage. Entscheidend ist allein, dass ein Kreuzungspunkt auch dann als Start- bzw. Zielpunkt ausgewählt wird, wenn – wie die Beispiele gem. Anlagen K 16 und K 17 verdeutlichen – der Nutzer beispielsweise rechts bzw. links vom Kreuzungspunkt liegende Punkte anwählt, welche andere Koordinaten als der Kreuzungspunkt selbst haben. Unbehelflich ist das Argument, die angegriffenen Ausführungsformen bedienten sich auch in Kreuzungsbereichen des Lotverfahrens, wobei hier zusätzliche Berechnungen durchgeführt würden, um festzustellen, ob der Abstand zwischen dem ermittelten Linienpunkt und dem Start- bzw. Zielpunkt unter oder über einem bestimmten Schwellenwert liege (nur im ersteren Falle erfolge dann eine Auswahl des Linienabschnitts). Zum einen verdeutlicht dies, dass in Kreuzungsbereichen gerade kein reines Lotverfahren zur Anwendung kommt. Zum anderen steht es der Annahme eines Fangbereichs nicht entgegen, dass die Software derartige Berechnungen durchführen muss, weil das Klagepatent die technische Umsetzung eines Fangbereichs völlig offen lässt. Zwar vertritt die Klägerin im Nichtigkeitsverfahren die Auffassung, ein Abstandberechnungsverfahren könne die Lehre des Klagepatents insoweit nicht vorwegnehmen; indes teilt die Kammer diese Auslegung nicht.
Der Anspruch 1 schreibt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vor, dass jeder Knotenpunkt einen Fangbereich aufweisen müsse. Es heißt gerade nicht, dass „alle“ Knotenpunkte mit einem solchen ausgestattet werden müssten. Dass die Aufgabe des Klagepatents besser gelöst würde, wenn dies der Fall wäre, ist für die Frage der wortsinngemäßen Patentverletzung irrelevant. Hier gilt das zur Frage, ob ausschließlich Knotenpunkte für die Eingabe der Fahrtroute zu verwenden sind, Ausgeführte entsprechend.
4)
Auch die Voraussetzungen des Merkmals 5 sind erfüllt. Insoweit haben die Beklagten keine anderen als die unter 3) abgehandelten Argumente zum „Fangbereich“ vorgebracht.

III.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, aufgrund einer durch A erteilten Unterlizenz zur Benutzung der technischen Lehre des Klagepatents berechtigt gewesen zu sein. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob sich aus Art. 3.4 ELA die Gewährung einer Lizenz am Klagepatent zugunsten A ergab und ob A der Beklagten in wirksamer Weise eine Unterlizenz erteilte.
Denn aufgrund Ziffer 2 Abs. 12 des B-Vertrages aus dem Jahre 1996 wurde die Klägerin jedenfalls für die Zukunft von dieser etwaigen Verpflichtung zur Lizenzgewährung befreit. Die betreffende Bestimmung lautet im Original:

„Either party shall be discharged of any further obligations under article 3 as of the Expiration date“.

Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Regelung sollten die Parteien von ihren sämtlichen Verpflichtungen gemäß Art. 3 ELA befreit werden, und zwar zum Ablaufdatum, welches gemäß Ziffer 2 Abs 2 des B-Vertrages das Datum der Übernahme ETAKs durch B bzw. dessen Tochterunternehmen ist. Unstreitig wurde ETAK am 31.5.1996 von B übernommen, so dass unter diesem Datum die Rechtsfolge gem. Ziffer 2 Abs. 12 B-Vertrag eintrat. Dementsprechend bestanden jedenfalls seit diesem Zeitpunkt keine Lizenzverpflichtungen mehr aus Art. 3.4 ELA und ETAK/A bzw. B konnte zumindest seitdem keine wirksamen Unterlizenzen am Klagepatent mehr vergeben.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die – nicht unterzeichnete – handschriftliche Notiz (Anlage B 6), die nach Behauptung der Beklagten von Frau E (General Counsel von ETAK/A) stammen soll, verweist, wonach entgegen dem Wortlaut der Ziffer 2 Abs. 12 des B-Vertrages die Rechte gemäß Ziffer 3.4 bestehen bleiben sollten, gibt das keinen Anlass für eine anderweitige Vertragsauslegung. Es geht nicht an, eine eindeutige schriftliche Vertragsregelung unter Berufung auf das womöglich individuelle Verständnis einer Person, die nicht einmal zu den Unterzeichnern des Vertrages gehörte, umzudeuten. Dies gilt hier umso mehr, als dass der Vertragstext im Übrigen belegt, dass die Vertragsparteien insbesondere im Rahmen der in Ziffer 2 des B-Vertrages vorgenommenen Änderungen gegenüber dem ELA eine gründliche und strikte Differenzierung nach jeweiligen Ziffern und Artikeln vornahmen; beispielhaft kann insoweit auf Art. 2 Abs. 15 verwiesen werden, der nur Art. 11 Abs. 1 – 3 ELA, nicht aber dessen Abs. 4 betrifft. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte für ein Redaktionsversehen.
Auch der Hinweis der Beklagten auf die Regelung in Ziffer 2 Abs. 17 des B-Vertrages verfängt insoweit nicht. Richtig ist zwar, dass die letztgenannte Ziffer allein eine Änderung des Art. 13 Satz 1 ELA enthält, während sie sich nicht zu Art. 13 S. 2 ELA verhält, wonach die Art. 3.4 ELA ursprünglich eine Beendigung des ELA überleben sollte. Im Hinblick darauf, dass aber bereits Art 2 Abs. 12 die Befreiung von Verpflichtungen aus Art. 3.4 ELA ab dem Ablaufdatum bestimmt, bedurfte es keiner gesonderten Regelung mehr zur ursprünglich in Art. 13 S. 2 ELA geregelten Laufzeit der Verpflichtungen gem. Art. 3.4 ELA. Die in Art. 2 Abs. 17 hinsichtlich Art. 13 S. 1 ELA getroffene Sonderregelung lässt sich ohne Weiteres so erklären, dass die Parteien des B-Vertrages die von Art. 13 S. 1 ELA betroffenen Verpflichtungen – eben anders als jene gem. Art. 3.4 ELA – noch bis zum 31.12.2009 fortgelten lassen wollten und diesen also ein anderes Ablaufdatum zuweisen wollten.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang insbesondere auf Abschnitte 120 – 147 der Schiedsklage (Anlage B 3) verweist und geltend macht, das hier vertretene Verständnis der Parteien von der Regelung in Ziffer 2 Abs. 12 des B-Vertrages widerspreche „erkennbar den wirtschaftlichen Interessen der Parteien“, verfängt auch dies nicht. Es lässt sich nicht feststellen, dass das Lizensierungsrecht gem. Art. 3.4 ELA weiterhin dazu habe dienen sollen, ETAKs/As Entwicklungsmöglichkeiten in jenem Bereich zu sichern, in welchem B tätig werden sollte. Ein derartiger vermeintlicher wirtschaftlicher Hintergrund des B-Vertrages ist zwischen den hiesigen Parteien (und auch jenen des Schiedsverfahrens) gerade streitig. Die Kammer hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.6.2010 darauf hingewiesen, dass ein pauschaler Verweis auf in der Schiedsklage – und nicht entsprechend der ZPO – aufgeführte Beweismittel keinen zulässigen Beweisantritt darstelle. Daraufhin hat die Beklagte erklärt, im vorliegenden Rechtsstreit keine entsprechenden Beweisangebote unterbreiten zu wollen.
Schließlich ist der Verweis der Beklagten darauf, dass in Ziffer 2 Abs. 12 des B-Vertrages von „further obligations“ die Rede ist, im Ergebnis unerheblich. Mit dem Wort „further“ wird klargestellt, dass die Lizensierungspflicht gem. Art. 3.4 ELA mit Wirkung ex nunc vom Ablaufdatum an entfallen sollte. Da die Klägerin ihre Ansprüche nur auf Benutzungshandlungen stützt, welche in der Zeit ab dem 17.8.1997 begangen wurden, ist hier ein Zeitraum betroffen, der vollumfänglich nach dem Ablaufdatum gemäß B-Vertrag liegt. Soweit die Beklagte im Haupttermin argumentierte, „further“ beziehe sich nach dem wirtschaftlichen Hintergrund des B-Vertrages allein auf zukünftige technische Entwicklungen, ist auch das aus den im vorherigen Absatz erläuterten Gründen mangels entsprechenden Beweisantrittes nicht festzustellen.

IV.
1)
Die Beklagte hat das Klagepatent nach alledem bis zu dessen Erlöschen durch Zeitablauf am 23.2.2009 (§§ 16 S. 1 PatG, 187 Abs. 2, 188 BGB) widerrechtlich benutzt. Die Beklagte trifft auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Bei Anwendung der von ihnen im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt hätten ihre Organe die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können. Für die Benutzungshandlungen in der Zeit vom 1.1.2006 bis zum 23.2.2009 schuldet die Beklagte daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, § 139 Abs. 2 PatG. Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht dem Grunde nach festgestellt wird.

Zwar hat die Beklagte unwidersprochen vorgebracht, dass die Klägerin spätestens seit Juli 2005 Kenntnis von den Verletzungshandlungen hatte. Die Einrede der Verjährung hinsichtlich der vor dem 1.1.2006 begangenen Benutzungshandlungen führt insoweit jedoch nicht zur völligen Klageabweisung hinsichtlich dieses Zeitraumes, weil der Klägerin für die Zeit vom 17.8.1997 bis zum 31.12.2005 ein Restschadensersatzanspruch gem. §§ 141 S. 2, 852 BGB zusteht. Die Kammer hat den Tenor unter Ziffer II.2. von Amts wegen entsprechend angepasst, da der Restschadensersatzanspruch im ursprünglichen Antrag als minus enthalten ist.

2)
Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz zu beziffern, ist die Beklagte verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen. Hinsichtlich der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger war ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 3, 176 – Glasscheiben-Befestiger). Da der für die Zeit vor 2006 jedenfalls bestehende Restschadensersatzanspruch nicht auf eine Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie beschränkt ist (LG Düsseldorf, Mitt. 2000, 458; LG Mannheim, InstGE 4, 107 – Mitnehmerorgan; Pross, FS Schilling, 2007, S. 333 m.N. zum Streitstand), können auch insoweit Angaben zur Gewinnkalkulation verlangt werden.
Abzuweisen war die Klage insoweit, als dass die Klägerin Angaben zu direkter Werbung begehrt, weil die dafür notwendige Erforderlichkeit nicht ersichtlich ist.

3)
Die darüber hinaus geltend gemachten Ansprüche bestehen jedoch nicht.

a)
Es konnte nicht festgestellt werden, dass sich der ursprünglich geltend gemachte Unterlassungsanspruch erledigt habe. Zwar war der ursprüngliche Unterlassungsantrag zulässig und begründet, jedoch ist er nicht durch ein nach Rechtshängigkeit eingetretenes Ereignis unzulässig bzw. unbegründet geworden (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, § 91a Rn 44). Die Klageschrift ist – in ihrer Fassung gemäß Schriftsatz vom 27.2.2009 – der Beklagten erst am 25.5.2009 zugestellt worden, worauf die Kammer im Haupttermin ausdrücklich hingewiesen hat. Im Zustellungszeitpunkt und damit bei Eintritt der Rechtshängigkeit (§§ 263 Abs. 1, 261 Abs. 2 ZPO) war das Klagepatent also bereits erloschen. Insofern ist das erledigende Ereignis noch vor Rechtshängigkeit eingetreten.

b)
Ein Vernichtungsanspruch gem. § 140a Abs. 1 PatG konnte der Klägerin nicht zugesprochen werden. Trotz Hinweises im Haupttermin hat die Klägerin keine Umstände dartun können, dass die im Ausland ansässige Beklagte aktuell Besitz oder Eigentum an den Verletzungsformen in der Bundesrepublik Deutschland habe. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der rechtlichen Klärung, ob ein Vernichtungsanspruch noch nach Erlöschen eines Klagepatents durch Zeitablauf bestehen kann (vgl. zum Problemkreis Kühnen, GRUR 2009, 288, 291 f.).

c)
Ebenso wenig besteht ein Anspruch der Klägerin auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen gem. § 140a Abs. 3 PatG. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass die angegriffenen Ausführungsformen von den Händlern regelmäßig binnen drei Monaten ab Erhalt an Kunden abverkauft sind. Vor diesem unstreitigen wirtschaftlichen Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass sich aktuell noch solche Navigationsgeräte in den Vertriebswegen befinden, die bereits während der Laufzeit des Klagepatents in den Verkehr gebracht wurden. Auch insoweit kann dahinstehen, ob das Begehren nach einem Rückruf und einer Entfernung von etwaigen Restbeständen aus den Vertriebswegen ca. 16 Monate nach Zeitablauf des Klagepatents unverhältnismäßig im Sinne von § 140a Abs. 4 PatG wäre.

d)
Schließlich hat die Klägerin keinen Anspruch auf Veröffentlichung des Urteils gemäß § 140e PatG. Sie hat trotz Hinweises im Haupttermin weder für die Zeit vor noch für die Zeit nach Erlöschen des Klagepatents dargetan, ein berechtigtes Interesse daran zu haben, das Urteil auf Kosten der Beklagten zu veröffentlichen. Die Urteilsveröffentlichung ist nicht automatische Folge einer Schutzrechtsverletzung, sondern bedarf eines berechtigten Interesses der obsiegenden Partei an der begehrten Veröffentlichung. Es geht nicht um eine Bestrafung durch öffentliche Bloßstellung des Verletzers, sondern um die Beseitigung eines fortdauernden Störungszustandes durch Information (Schulte / Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 140e Rn. 9; Kühnen / Geschke, a.a.O Rn. 628). Das berechtigte Interesse macht es erforderlich, dass die Bekanntmachung des Urteils zur Beseitigung des Störungszustandes objektiv geeignet und in Anbetracht des mit der Bekanntmachung verbundenen Eingriffs in den Rechtskreis der Beklagten und eines etwaigen Aufklärungsinteresses der Öffentlichkeit notwendig ist.

V.

Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt angezeigt.

1)
Dies gilt zunächst im Hinblick auf das Schiedsverfahren zwischen der Klägerin und A vor der Internationalen Handelskammer.
Die Entscheidung der ICC ist für die Kammer nicht vorgreiflich im Sinne von § 148 ZPO. Eine derartige „Vorgreiflichkeit“ wäre nur gegeben, wenn im anderen Verfahren über ein Rechtsverhältnis (§ 256 ZPO) entschieden würde, dessen Bestehen für den vorliegenden Rechtsstreit präjudizielle Bedeutung hat (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 148 Rn 5). Daran fehlt es hier jedoch: Zwar ist es keine zwingende Voraussetzung der Vorgreiflichkeit, dass Parteiidentität zwischen den Verfahren besteht, so dass der Umstand, dass die Beklagte nicht Partei des Schiedsverfahrens ist, die Vorgreiflichkeit nicht a priori entfallen lässt. Allerdings bedarf es in Fällen der Nichtidentität der Parteien sonstiger Umstände, auf deren Basis sich die Präjudizialität ergibt. Anerkanntermaßen kann dafür eine Gestaltungs- oder Interventionswirkung genügen (Zöller, a.a.O., § 148 Rn 5). Allerdings liegen die Voraussetzungen der §§ 68, 74 Abs. 3 ZPO hier unstreitig nicht vor, weil die Beklagte auch nicht als Nebenintervenientin am Schiedsverfahren beteiligt ist. Auch behauptet die Beklagte nicht etwa eine Schiedsvereinbarung zugunsten Dritter zwischen der Klägerin und A (vgl. zu dieser Möglichkeit nach deutschem Recht Zöller/Geimer, a.a.O., § 1031 Rn 18). Insofern verbleibt es bei dem allgemeinen Grundsatz, dass die Rechtskraft des Schiedsspruchs nur inter partes wirken kann; dass nach dem für das Schiedsverfahren maßgeblichen Verfahrensrecht eine von § 1055 ZPO abweichende Regelung bestehe, hat die Beklagte nicht geltend gemacht.
Soweit die Beklagte zur Untermauerung ihrer Rechtsauffassung auf den Fall BGHZ 97, 135 verweist, weist dieser gegenüber dem vorliegenden Fall die Besonderheit auf, dass dort deshalb Vorgreiflichkeit bestand, weil Leasingnehmer und Leasinggeber die Haftung des Leasinggebers gegen Abtretung der Ansprüche des Leasinggebers gegenüber dem Lieferanten ausgeschlossen hatten, so dass das Urteil über die Wandlung vereinbarungsgemäß auch Gestaltungswirkung für die Zahlungsklage entfaltete. An einer derartigen vereinbarungsgemäßen Erstreckung fehlt es hier aber.
Auch aus dem UN-Übereinkommen gemäß Anlage B 8 lässt sich ebenfalls kein Anlass für eine Aussetzung ableiten. Nach dessen Art. II Abs. 3 kommt eine Verweisung nur dann in Betracht, wenn das nationale Gericht wegen eines Streitgegenstandes angerufen wird, hinsichtlich dessen die Parteien eine Schiedsvereinbarung getroffen haben. Hier existiert aber gerade keine Schiedsvereinbarung zwischen den hiesigen Parteien.
Ebenso wenig verfängt die Erwägung der Beklagten, ihr stehe kein Restitutionsgrund zur Seite, wenn das Schiedsgericht – anders als ggf. die Kammer – eine Lizenz verneine. Zu betonen ist nämlich, dass die bloße Möglichkeit einander widersprechender Entscheidungen des Schiedsgerichts und der Kammer die Voraussetzung der Vorgreiflichkeit weder zu begründen noch zu ersetzen vermag (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, Band 3, 22. Auflage 2005, § 148 Rn 25).

2)
Auch eine Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 148 ZPO ist – auch wenn man berücksichtigt, dass nach Erlöschen des Klagepatents durch Zeitablauf kein Unterlassungsinteresse der Klägerin mehr besteht – nicht veranlasst, weil nach Aktenlage eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Vernichtung des Klagepatents nicht gegeben ist.
Die Beklagte hat insbesondere entgegen § 184 S. 1 GVG und der ausdrücklichen Auflage gemäß der Verfügung vom 19.6.2009 von den fremdsprachigen Entgegenhaltungen keine deutschen Übersetzungen vorgelegt, weshalb Zweifel in Bezug auf den technischen Offenbarungsgehalt der Druckschriften zu Lasten der Beklagten gehen.
a)
Die Beklagte vermochte nicht darzutun, dass das Bundespatentgericht zu der Auffassung gelangen wird, es fehle der technischen Lehre des Klagepatents an der notwendigen Neuheit.

aa)
Die JP 61-75212 (NK 7) zeigt ein Navigationssystem, das die Navigation mit erheblich reduzierten Informationsmengen ermöglichen soll, indem die Kartendatenbank (nur) Informationen zu den Kreuzungen aufweist.
Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Figuren 3 A und 4 A der NK 7 meint, es seien dort Knotenpunkte mit einem Fangbereich offenbart, ist diese Sichtweise zumindest insoweit zweifelhaft, ob die in den genannten Figuren ersichtlichen Kreisflächen tatsächlich einer vereinfachten Anwählbarkeit eines Knotenpunktes dienen sollen. Allerdings ist nicht feststellbar, dass die NK 7 „eine Anwahl verschiedener Punkte innerhalb eines Fangbereichs“ lehre. Der Sinn und Zweck eines klagepatentgemäßen Fangbereichs liegt indes darin, dass der Nutzer die ausgewählte Route nur in die Nähe der fest vorgegebenen Knotenpunkte legen und eben nicht exakt den betreffenden Knotenpunkt wählen muss, sondern nur irgendeinen Punkt im Fangbereich zu berühren hat. Zu einer entsprechenden Referenzierung finden sich jedoch keine Ausführungen in der Beschreibung der NK 7.
bb)
Die JP 62-51000 (NK 8) beschreibt eine Navigationseinrichtung, bei der es u.a. darum geht, einem Nutzer die Eingabe eines Start- bzw. Zielpunktes auf einer Karte zu ermöglichen. Deren Datenbank beinhaltet Informationen zu Kreuzungen mit X- und Y-Koordinaten. Durch Auswahl eines Bereichs auf einer Karte wird dieser vergrößert dargestellt. Dieser Vorgang kann sich mehrfach wiederholen. Wird ein (kleinster) Teilbereich ausgewählt, verwendet das Navigationssystem die zentralen Koordinaten dieses Bereiches. Auf deren Basis sucht das System dann den nächstliegenden Knotenpunkt.
Insoweit ist nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit erkennbar, dass die NK 8 – speziell nicht in der von der Beklagten bemühten Abbildung 18 – einen Fangbereich voroffenbare. Die Ermittlung des Startpunkts basiert dabei auf einem Vorgang des „Heranzoomens“, indem berührte Kartenausschnitte jeweils größer dargestellt werden. Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass – in Anknüpfung an die hier vertretene Auslegung bei der Verletzungsprüfung – eine aufwändige Berechnung, mittels derer ein Startpunkt ermittelt wird, der Annahme eines Fangbereichs nicht entgegen steht. Allerdings liegt der in der Abbildung 18 ausgewählte Punkt außerhalb des zuletzt berührten Quadrates, so dass zweifelhaft ist, ob der ausgewählte Startpunkt in einem Bereich liegt, der sich in der Nähe des ausgewählten Quadrats befindet.

cc)
Die US 4,774,672 (NK 9) offenbart ein Navigationssystem, das eine Fahrzeugposition erfassen/orten kann und ein Kartensystem zur Navigation einsetzt.
Dabei wählt der Nutzer nicht einen bestimmten Punkt, sondern ein Gebiet aus, dessen Mittelpunkt als Startpunktdatum, das in Form eines x-, y-Koordinatenwertes vorliegt, verwendet wird. Auf Grundlage des Startpunktdatums wird anschließend der nächstliegende Zielpunkt als Navigationsstartpunkt bestimmt. Anknüpfend an die Ausführungen zur Verletzungsdiskussion steht es der Annahme eines „Fangbereichs“ zwar nicht entgegen, dass für jeden Startpunkt bzw. Zielpunkt der jeweils nächstliegende Navigationspunkt mittels eines aufwändigen Algorithmus berechnet wird. Allerdings ist auch hier nicht ersichtlich, dass die Entgegenhaltung NK 9 von einem in der Nähe und um den Knotenpunkt herum liegenden Punkt auf den Knotenpunkt referenziert.

b)
Auch soweit die Beklagte die erfinderische Tätigkeit bezweifelt, vermag das keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Vernichtung des Klagepatents zu begründen.
Die Druckschrift NK 4 (F) ist im Klagepatent erwähnter Stand der Technik, welcher lediglich den Obergebegriff des Klagepatents voroffenbart und das DPMA nicht von einer Erteilung des Klagepatents abhielt. Insofern wäre eine evidente Fehlentscheidung Voraussetzung für eine Aussetzung. Die Beklagte legt aber bereits nicht im Einzelnen dar, welchen Anlass der Fachmann gehabt haben sollte, diese Druckschrift zwecks Lösung eines konkreten technischen Problems mit der NK 10 (JP 63-244113 A), NK 11 (JP 62-264375 A) oder mit dem PC-Programm „G“ zu kombinieren. Insofern dürfte es sich vielmehr um unzulässige ex-post-Betrachtungen handeln.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit finden ihre Grundlage jeweils in § 709 ZPO. Weder die Klägerin noch die Beklagte haben die Voraussetzungen des § 712 ZPO dargetan.