4a O 118/09 – Handluftpumpenklemmvorrichtung

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1479

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 10. August 2010, Az. 4a O 118/09

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
eine Klemmvorrichtung für eine Handluftpumpe mit einem Zylinder, der ein Ausgangsende aufweist, umfassend eine Hülse, von der ein erstes Ende sicher am Ausgangsende des Zylinders befestigt ist und von der ein zweites Ende vorgesehen ist, um ein Ventil eines aufzupumpenden Gegenstandes aufzunehmen, wobei die Hülse einen Innenraum aufweist, einen Stopfen, der in der Hülse angebracht ist, und eine Düse, die das Ausgangsende des Zylinders mit dem Innenraum der Hülse verbindet,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen,
wenn ein Schutzring zwischen der Hülse und dem Stopfen angebracht ist, derart, dass sich der Stopfen nicht bewegt, wenn sich die Hülse dreht, und wenn das zweite Ende der Hülse eine daran befestigte Endkappe aufweist,

2. dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 06.10.2001 begangen hat, und zwar unter Angabe

a. der Herkunft, der Bezugsmengen und –zeiten, aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren,

b. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, nach Kalenderjahren, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeit und Verbreitungsgebiet,

e. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt dem Kläger einem von diesem zu bezeichnenden, ihm gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, dem Kläger auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,

3. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von dem Kläger zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,- Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, un-bedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger ist eingetragener Inhaber des deutschen Patents 199 23 XXX (Klagepatent; Anlage K2), das am 25.05.1999 unter Inanspruchnahme einer taiwanesischen Priorität vom 17.06.1998 angemeldet wurde. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 30.12.1999. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 06.09.2001 im Patentblatt veröffentlicht. Das Klagepatent steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.

Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Klemmvorrichtung für eine Handluftpumpe“. Sein einziger Patentanspruch 1 lautet:

Klemmvorrichtung für eine Handluftpumpe mit einem Zylinder (10), der ein Ausgangsende aufweist, umfassend eine Hülse (30), von der ein erstes Ende sicher am Ausgangsende des Zylinders (10) befestigt ist und von der ein zweites Ende vorgesehen ist, um ein Ventil (90) eines aufzupumpenden Gegenstandes aufzunehmen, wobei die Hülse einen Innenraum aufweist; einen Stopfen (60), der in der Hülse (30) angebracht ist; und eine Düse (50), die das Ausgangsende des Zylinders (10) mit dem Innenraum der Hülse (30) verbindet,
dadurch gekennzeichnet, dass ein Schutzring (40) zwischen der Hülse (30) und dem Stopfen (60) angebracht ist, derart, dass sich der Stopfen (60) nicht bewegt, wenn sich die Hülse (30) dreht; und dass das zweite Ende der Hülse (30) eine daran befestigte Endkappe (70) aufweist.

Zur Veranschaulichung der Erfindung werden nachstehend die Figuren 2 und 4 der Klagepatentschrift wiedergegeben. Figur 2 zeigt eine auseinandergezogene perspektivische Ansicht einer erfindungsgemäßen Klemmvorrichtung, Figur 4 zeigt eine Teilschnittansicht einer erfindungsgemäßen Klemmvorrichtung, bei der ein Reifenventil durch die Klemmvorrichtung gehalten ist.
Die Beklagte bietet im Internet unter der Produktbezeichnung „D“ eine Handpumpe zum Kauf an (Angegriffene Ausführungsform). Muster dieser Handpumpe hat der Kläger als Anlagen K7a (im Originalzustand) und K7b (teilweise auseinander gebaut) zur Akte gereicht. Die einzelnen Bauteile der Handpumpe lassen sich auf den nachfolgend wiedergegebenen, von dem Kläger beschrifteten und als Anlage K6 zur Akte gereichten Fotografien erkennen:

Der Kläger ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Verfügungspatents wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere weise der Zylinder ein Ausgangsende auf, aus dem die verdichtete Luft austrete. Insofern sei der als Hohlzylinder ausgestaltete Kolben mit Kopfstück als Teil des erfindungsgemäßen Zylinders zu verstehen. Sein Ausgangsende befinde sich an dem Kopfstück, an dem die Klemmvorrichtung angebracht sei. Das Ausgangsende des Zylinders sei in erfindungsgemäßer Weise durch eine Düse mit dem Innenraum der Hülse verbunden. Denn an den metallenen Schutzring sei ein rohrförmiges Teilstück angeformt, dass die entsprechende Verbindung herstelle. Ob dieses Teilstück in sich eine Querschnittsveränderung aufweise, sei nach dem Klagepatent unerheblich. Schließlich befinde sich in der angegriffenen Ausführungsform zwischen Hülse und Stopfen ein erfindungsgemäßer Schutzring, der einen vorzeitigen Verschleiß des Stopfens verhindere. Insofern sei unbeachtlich, dass dieser Schutzring fest mit dem Kopfstück der Luftpumpe verbunden sei und sich deshalb nicht mit der Hülse drehen könne. Entscheidend sei vielmehr allein, dass eine Drehbewegung der Hülse aufgrund des Schutzrings nicht auf den Stopfen übertragen werde.

Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung vom 06.08.2009 seinen auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 3.560,40 Euro gerichteten Antrag zurückgenommen hat,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Als Zylinder sei bei der angegriffenen Ausführungsform nur das Pumpengehäuse zu verstehen, nicht aber der als Hohlzylinder ausgestaltete Kolben mit Kopfstück. Der Zylinder weise kein erfindungsgemäßes Ausgangsende auf, weil die verdichtete Luft zunächst durch den Luftkanal, den der Kolben bilde, zu dessen Kopfstück geführt werde und erst dort austrete. Daher sei auch die Hülse nicht am Ausgangsende des Zylinders befestigt. Weiter weise die angegriffene Ausführungsform auch keine erfindungsgemäße Düse auf, da das von dem Kläger als Düse bezeichnete Bauteil rohrförmig ausgestaltet sei und insbesondere keine Querschnittsverengung aufweise. Diese sei aber erforderlich, um von einer Düse im Sinne des Klagepatents sprechen zu können. Schließlich befinde sich bei der angegriffenen Ausführungsform zwischen der Hülse und dem Stopfen zwar ein Schutzring aus Messing, dieser sei aber – insoweit unstreitig – fest mit dem Kopfstück der Luftpumpe verbunden. Die Klagepatentschrift erfordere demgegenüber die Beweglichkeit des Schutzringes dergestalt, dass er sich mit der Hülse drehe. Im Übrigen komme es durch einen Überstand des Stopfens über den Schutzring zu einem Kraftschluss zwischen der Hülse und dem Stopfen, so dass das Ziel des Klagepatents, einen Verschleiß des Stopfens zu verhindern, nicht oder jedenfalls nur unzureichend erreicht werde.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kläger ist sowohl partei- als auch prozessfähig. Ausweislich des als Anlage K9 in Kopie vorgelegten Passes handelt es sich um Herrn A, der auch den chinesischen Vornamen B trägt. Als eingetragener Inhaber des Klagepatents ist der Kläger sowohl prozessführungsbefugt als auch materiell berechtigt, die Rechte aus dem Klagepatent geltend zu machen (Benkard/Schäfers, PatG, 10. Auflage, § 30 Rn 17). Dem Kläger stehen gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Vernichtung zu, §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 S. 1, 140 b, 9 S. 2 Nr. 1 PatG, 242, 259 BGB. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht die im Klagepatent unter Schutz gestellte Lehre wortsinngemäß.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Klemmvorrichtung für eine Handluftpumpe. Entsprechende Handluftpumpen weisen einen Zylinder auf, in dem mittels eines Kolbens Luft verdichtet wird und über eine Ausgangsöffnung austritt. An dieser Ausgangsöffnung ist eine Hülse befestigt, die an ihrem anderen Ende mit einer Endkappe versehen ist. In dieser Endkappe kann das Ventil eines aufzupumpenden Gegenstandes aufgenommen werden. Die Abdichtung erfolgt dabei über einen in der Endkappe befindlichen Stopfen, der vorzugsweise aus Gummi hergestellt ist. Wenn das Ventil beim Gebrauch der Handluftpumpe gegen den Stopfen gedrückt wird, verformt sich dieser radial nach außen und bewirkt die gewünschte Abdichtung. (Klagepatentschrift Sp. 1 Z. 16-22)

Entsprechende Klemmvorrichtungen waren ausweislich der Klagepatentschrift im Stand der Technik beispielsweise aus der DE 38 19 XXX und der DE-GM 17 52 XXX bekannt. Die Klagepatentschrift kritisiert hieran, dass es bei Drehbewegungen der Hülse, die insbesondere im Zusammenhang mit dem Eingriff des Ventils in die Hülse erfolgen, zu einem Verschleiß des Stopfens kommen kann und benennt daher die Aufgabe (das technische Problem), den Dichtstopfen vor einem solchen Verschleiß zu schützen (Klagepatentschrift Sp. 1 Z. 10-13). Diese Aufgabe soll durch eine Klemmvorrichtung mit den folgenden Merkmalen gelöst werden:

Klemmvorrichtung für eine Handluftpumpe

1. mit einem Zylinder (10),
der ein Ausgangsende aufweist,

2. mit einer Hülse (30),
a. die einen Innenraum aufweist,
b. von der ein erstes Ende sicher am Ausgangsende des Zylinders (10) befestigt ist
c. und von der ein zweites Ende vorgesehen ist, um ein Ventil (90) eines aufzupumpenden Gegenstandes aufzunehmen,

3. mit einem Stopfen (60),
der in der Hülse (30) angebracht ist,

4. mit einer Düse (50),
die das Ausgangsende des Zylinders (10) mit dem Innenraum der Hülse (30) verbindet,

5. mit einem Schutzring (40),
der derart zwischen der Hülse (30) und dem Stopfen (60) angebracht ist, dass sich der Stopfen (60) nicht bewegt, wenn sich die Hülse (30) dreht,

6. und mit einer Endkappe (70),
die an dem zweiten Ende der Hülse (30) befestigt ist.

II.
Die angegriffene Ausführungsform macht wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, § 9 Abs. 2 Nr. 1 PatG. Dass es sich bei dem Produkt „D“ um eine Handluftpumpe handelt, ist offensichtlich und steht zwischen den Parteien außer Streit. Diese Handluftpumpe weist – entgegen der Auffassung der Beklagten – eine erfindungsgemäße Klemmvorrichtung auf.

1.
Die angegriffene Ausführungsform verfügt gemäß Merkmal 1 der vorstehend unter Ziffer I. wiedergegebenen Merkmalsgliederung über einen Zylinder, der ein Ausgangsende aufweist.

Damit, wie die Kolbenzylindereinheit einer erfindungsgemäßen Handluftpumpe beschaffen ist, befasst sich die Klagepatentschrift nicht. In funktionaler Hinsicht geht es der technischen Lehre des Klagepatents lediglich darum, den Anschluss des komprimierten Luftstroms aus dem Zylinder zur Düse und zur Hülse festzulegen. Das erfindungsgemäße Ausgangsende befindet sich damit dort, wo die Luft aus dem Zylinderteil austritt.

Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform an dem sogenannten Kopfstück der Fall. Dass sich dieses nicht am äußeren Zylinder, sondern an der als Hohlzylinder ausgestalteten Kolbenstange befindet, hindert diese Annahme nicht. Denn durch die spezifische Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform übernimmt die Kolbenstange zugleich auch die Funktion eines (Teil-) Zylinders, in dem die Luft komprimiert wird. Dies wird deutlich, wenn man sich die Funktionsweise einer Kolbenpumpe vergegenwärtigt. Der Kläger hat diese in der nachfolgend wiedergegeben Skizze anschaulich dargestellt (vgl. Bl. 56 d.A.):

Eine herkömmliche Kolbenpumpe weist üblicherweise einen Zylinder auf, in dem eine Kolbenstange angebracht ist, mittels derer die Luft in dem Zylinder verdichtet werden kann, indem der Kolben von einer Seite in den Zylinder eingeschoben wird. Auf der vorstehenden Skizze wird der Kolben von rechts in den Zylinder eingeschoben und die Luft dadurch im linken Teil des Zylinders verdichtet, wo sie schließlich über das dort befindliche Ausgangsende des Zylinders austritt.

Die angegriffene Ausführungsform arbeitet demgegenüber mit einem Kolben, der selbst als Hohlzylinder ausgestaltet ist. Dies wird in der nachstehend wiedergegebenen, von dem Kläger angefertigten Skizze deutlich (vgl. Bl. 57 d.A.):

Es ist zu erkennen, dass der Kolben in diesem Fall von links in den Zylinder eingeschoben wird. Die in dem Zylinder befindliche Luft wird hierdurch in den rechten Teil des äußeren Zylinders und zugleich in das Innere des Kolbenzylinders gedrängt und dort verdichtet. Über ein an dem Kolben angeordnetes Kopfstück (in der Skizze links eingezeichnet) tritt die verdichtete Luft sodann aus. Das erfindungsgemäße Ausgangsende des Zylinders im Sinne von Merkmal 1 befindet sich bei funktionaler Betrachtung an dem als Kopfstück bezeichneten Bauteil, aus dem die verdichtete Luft austritt.

2.
Die angegriffene Ausführungsform weist auch unstreitig eine Hülse im Sinne von Merkmal 2 auf, die über einen Innenraum im Sinne von Merkmal 2.a. verfügt. Ebenso unbestritten ist, dass ein Ende dieser Hülse im Sinne von Merkmal 2.c. dazu vorgesehen ist, das Ventil eines aufzupumpenden Gegenstandes aufzunehmen.

Soweit die Beklagte geltend macht, die Hülse sei an ihrem anderen Ende nicht im Sinne von Merkmal 2.b. sicher am Ausgangsende des Zylinders befestigt, kann auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen werden. Das eine Ende der Hülse ist bei der angegriffenen Ausführungsform am Kopfstück des als Hohlzylinder ausgestalteten Kolbens befestigt, d.h. genau dort, wo die verdichtete Luft aus dem Zylinder austritt, wo sich also das Ausgangsende des Zylinders befindet. Diese Befestigung ist auch „sicher“ im Sinne des Klagepatents. Denn mit diesem Begriff ist lediglich gemeint, dass eine feste Verbindung zwischen der Hülse und dem Ausgangsende des Zylinders geschaffen wird. Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform offensichtlich der Fall.

3.
Die Verwirklichung des Merkmals 3 ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig. Die angegriffene Ausführungsform weist einen (Gummi-) Stopfen auf, der in der Hülse angebracht ist.

4.
Die angegriffene Ausführungsform weist auch – entgegen der Auffassung der Beklagten – eine Düse im Sinne von Merkmal 4 auf. Der Begriff der „Düse“ wird in der Klagepatentschrift nicht definiert. Es findet sich lediglich eine Funktionsbeschreibung dahingehend, dass sie das Ausgangsende des Zylinders mit dem Innenraum der Hülse verbindet (Klagepatentschrift Anspruch 1 und Sp. 1 Z. 24-26). Diese Funktion wird bei der angegriffenen Ausführungsform durch ein am Schutzring angeformtes, röhrenförmiges Teilstück übernommen. Erkennbar ist dies unter anderem in der nachfolgend wiedergegebenen, von dem Kläger mit Bezugszeichen versehenen Abbildung (vgl. Bl. 59 d.A.):

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es für die Verwirklichung von Merkmal 4 unerheblich, ob das röhrenförmige Teilstück in sich eine Querschnittsverengung aufweist. Denn der Fachmann versteht unter einer Düse üblicherweise eine röhrenförmige technische Vorrichtung, durch die ein Gas- oder Flüssigkeitsstrom umgelenkt, Druck in Bewegungsenergie verwandelt, eine feste oder zähflüssige Masse geformt oder eine flüssige bzw. gasförmige Substanz gleichmäßig verteilt werden kann. Dabei kann die Düse auf ihrer gesamten Länge den gleichen Flächeninhalt haben, sich erweitern, verjüngen oder andere komplexe Formen aufweisen (vgl. Wikipedia zu „Düse“). Eine weitere Beschränkung des Begriffs der „Düse“ lässt sich weder dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs noch dem in der Patentbeschreibung dargestellten funktionalen Zusammenhang entnehmen. In der vorstehend wiedergegebenen Abbildung ist deutlich zu erkennen, dass das als Düse bezeichnete röhrenförmige Teilstück gegenüber dem im Kopfstück befindlichen Ausgangsende des Zylinders eine Querschnittsverengung aufweist und hierdurch eine Beschleunigung des Luftstroms bewirkt. Dies reicht nach den vorstehenden Ausführungen aus, um von einer erfindungsgemäßen Düse auszugehen.
5.
Die angegriffene Ausführungsform verfügt weiter über einen Schutzring im Sinne von Merkmal 5. Ausweislich der Klagepatentschrift übernimmt der Schutzring die Aufgabe, den Dichtstopfen gegen Verschleiß zu schützen (Klagepatentschrift Sp. 1 Z. 28-30). Hierzu wird der Schutzring zwischen der Hülse und dem Stopfen angebracht und zwar dergestalt, dass sich der Stopfen nicht bewegt, wenn sich die Hülse dreht. Dadurch wird ein Reibkontakt zwischen Hülse und Stopfen verhindert
In der angegriffenen Ausführungsform findet sich ein metallener Schutzring, der zwischen der Hülse und dem Stopfen angeordnet ist. Die Hülse ist auf dem Schutzring drehbar gelagert, während der Schutzring fest mit dem Kopfstück der Luftpumpe verbunden ist und hierdurch an einer Drehbewegung gehindert wird. Eine Drehbewegung der Hülse kann daher nicht auf den Stopfen übertragen werden, dieser bleibt vielmehr entsprechend Merkmal 5 (zusammen mit dem Schutzring) unbewegt und solchermaßen vor Verschleiß geschützt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten verlangt der Klagepatentanspruch nicht, dass sich der Schutzring mit der Hülse dreht. Vielmehr setzt die Klagepatentschrift nur voraus, dass der Schutzring dergestalt angeordnet ist, dass sich der Stopfen nicht bewegt, wenn sich die Hülle dreht (Klagepatentschrift Sp. 1 Z. 22-24). Dies ist bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Soweit in Sp. 2 Z. 7-8 der Klagepatentschrift eine Ausführungsform der Erfindung beschrieben ist, bei der sich der Schutzring zusammen mit der Hülse dreht, vermag dies eine einschränkende Auslegung des die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs nicht zu rechtfertigen (BGH, GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).

Die Behauptung der Beklagten, der Stopfen würde bei der angegriffenen Ausführungsform über den Schutzring überstehen und sei schon deshalb einem Verschleiß ausgesetzt, lässt sich weder anhand der zur Akte gereichten Muster noch anhand der vorgelegten Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform nachvollziehen. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, könnte dies allenfalls die Annahme einer verschlechterten Ausführungsform der Erfindung begründen, würde aber nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatents hinausführen. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass jedenfalls dann, wenn ein Ventil in den Stopfen eingeführt wird, der von der Beklagten behauptete geringfügige Überstand des Stopfens nicht mehr gegeben wäre. Inwiefern es dann aber noch zu einem Abrieb des Stopfens durch Drehbewegungen der Hülse kommen sollte, ist nicht ersichtlich.

6.
Zwischen den Parteien unstreitig ist schließlich, dass die angegriffene Ausführungsform eine Endkappe im Sinne von Merkmal 6 aufweist, die an dem zweiten Ende der Hülse befestigt ist.

III.
Da die angegriffene Ausführungsform mithin ein Erzeugnis darstellt, welches Gegenstand des Klagepatents ist, ohne dass die Beklagte zu einer Nutzung des Klagepatents berechtigt ist (§ 9 S. 2 Nr. 1 PatG), rechtfertigen sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

1.
Die Beklagte macht durch das Angebot und den Verkauf der angegriffenen Ausführungsform über das Internet (vgl. Anlage K5) widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber dem Kläger zur Unterlassung verpflichtet ist (§ 139 Abs. 1 PatG).

2.
Des Weiteren hat die Beklagte dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen (§ 140b PatG, §§ 242, 259 BGB). Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit der Kläger in die Lage versetzt wird, einen ihm zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern. Dieser ergibt sich dem Grunde nach aus § 139 Abs. 2 PatG. Als Fachunternehmen hätte die Beklagte die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. Der Kläger ist auf die Angaben der Beklagten angewiesen, über die er ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Hinsichtlich der Auskünfte zu den bloßen Angebotsempfängern war der Beklagten ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Kühnen/Geschke, 4. Auflage, Rn 783-784).

3.
Schließlich hat der Kläger gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Vernichtung der in ihrem Eigentum oder Besitz befindlichen Handluftpumpen „D“ gemäß § 140a Abs. 1 S.1 PatG. Insofern ist davon auszugehen, dass die Beklagte sich im Besitz oder Eigentum entsprechender patentverletzender Erzeugnisse befindet, da sie diese Dritten zum Kauf anbietet. Gegenteiliges hat die Beklagte nicht vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, dass sich die Vernichtung als unverhältnismäßig darstellen könnte (§ 140a Abs. 4 PatG), sind nicht ersichtlich.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 709 Satz 1, 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 100.000,- Euro festgesetzt.