Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2943
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. August 2019, Az. 4c O 24/14
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I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. - Tatbestand
- Die Klägerin macht einen Vindikationsanspruch aus abgetretenem Recht hinsicht-lich des Gebrauchsmusters DE 20 2012 100 XXX U1 (Anlage K1, im Folgenden: Streitgebrauchsmuster) geltend, als dessen alleinige Inhaberin die Beklagte im Re-gister eingetragen ist. Die Anmeldung des Streitgebrauchsmusters, das eine innere Priorität der Patentanmeldung 10 2011 XXX 115.1 der Beklagten vom 25.07.2011 in Anspruch nimmt, erfolgte am 03.01.2012. In der Patentanmeldung ist als Erfinder ein Herr Thorsten G angegeben. Das Streitgebrauchsmuster wurde am 27.02.2012 eingetragen und am 19.04.2012 im Patentblatt bekannt gemacht. Es betrifft einen Druckübersetzer zum Antrieb von austauschbaren Hydraulikwerkzeugen.
- Der vorliegend maßgebliche Anspruch 1 des Streitgebrauchsmusters lautete in sei-ner ursprünglichen Fassung:
- „Tragbarer Druckübersetzer (1) zum Antrieb von austauschbaren Hydraulik-werkzeugen (7), mit einer Gas- oder Luftdruck angetriebenen Pneumatikein-heit (5), einer mit der Pneumatikeinheit (5) verbundenen Hydraulikeinheit (4), einer Kopplungseinheit (3) zum unbeweglichen und lösbaren Anschluss des Hydraulikwerkzeugs (7) an der Hydraulikeinheit (4), wobei die Pneumatikein-heit (5), die Hydraulikeinheit (4) und die Kopplungseinheit (3) zu einer ein-stückigen mobilen Handhabungseinheit (2) zusammengefasst sind.“
- In dem seitens der Klägerin eingeleiteten Löschungsverfahren hat das Bundespa-tentgericht das Streitgebrauchsmuster gemäß Hilfsantrag 2 eingeschränkt aufrecht-erhalten (Anlage K 9), nachdem die Gebrauchsmusterabteilung es zunächst erstin-stanzlich vollständig gelöscht hatte.
- Die neue Fassung des Anspruchs 1 lautet daher:
- „Tragbarer Druckübersetzer (1) zum Antrieb von austauschbaren Hydraulik-werkzeugen (7), mit einer Gas- oder Luftdruck angetriebenen Pneumatikeinheit (5), einer mit der Pneumatikeinheit (5) verbundenen Hydraulikeinheit (4), einer Kopplungseinheit (3) zum unbeweglichen und lösbaren Anschluss des Hydrau-likwerkzeugs (7) an die Hydraulikeinheit (4), wobei die Pneumatikeinheit (5), die Hydraulikeinheit (4) und die Kopplungseinheit (3) zu einer einstückigen mobi-len Handhabungseinheit (2) zusammengefasst sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungseinheit (3) eine Kugelverrastung aufweist, wobei eine als verdrehbarer Sperrring (51 ) zwischen einer Öffnungsposition und einer Ver-schlussposition ausgebildete Sperrelementfixierung und ein Kopplungsring (44) koaxial angeordnet sind und zwischen einer Innenseite des Sperrrings (51) und einer Außenseite des Kopplungsrings (44) ein zur Aufnahme eines Kugel-rastkörpers (52) ausgelegter Hohlraum (54) ausgebildet ist und der Kopplungs-ring (44) eine Öffnung (45) mit einem gegenüber dem Kugelrastkörper (52) ge-ringeren Durchmesser aufweist und der Sperrring (51) eine Ausbuchtung zur zumindest abschnittsweisen Aufnahme des Kugelrastkörpers (52) aufweist, wo-bei der Sperrring (51 ) und der Kugelrastkörper (52) und der Kopplungsring (44) derart aufeinander abgestimmt sind, dass in der Verschlussposition der Kugel-rastkörper (52) abschnittsweise in der Öffnung (45) angeordnet ist und von einer Innenseite (53) des Kopplungsringes (44) vorsteht und vom Sperrring (51) in ei-ne Verriegelungsposition lagegesichert ist und in der Öffnungsposition der Ku-gelrastkörper in eine Entriegelungsposition verlagerbar ist.“
- Die nachfolgend eingeblendete Figur 1 des Streitgebrauchsmusters veranschau-licht die technische Lehre anhand eines Ausführungsbeispiels.
- Die seitens der Klägerin als Anlage K3 zu den Akten gereichte CAD-Zeichnung zeigt – unstreitig – die technische Lehre des Anspruchs 1 des Streitgebrauchsmus-ters. Auf der Messe A 2010, die vom XX. bis XX. September in B stattfand, präsen-tierten Mitarbeiter des Automobilherstellers C den Prototypen eines als F bezeichne-ten Werkzeugs. Dieses war ein Druckerzeuger, den C im Nachgang zu einem Tele-fonat aus dem Jahr 2010 zwischen Herrn D der C AG und Herrn E von der Beklag-ten erhalten hatte. Dazu veröffentlichte die C AG am 14.09.2010 eine Pressemittei-lung, in der es unter anderem hieß: „Mit dem F etwa präsentierte das Unternehmen einen modular aufgebauten Prototyp für die Fahrwerk- und Karosserie-Instandsetzung, der ohne Akku auskommt und somit geräuscharm und stets be-triebsbereit ist.“ (vgl. Anlage K4). Ferner stellte Herr E der C AG am 21.07.2010 den Druckübersetzer auf einer Pressekonferenz vor. Darüber hinaus war von der Wer-beagentur Tisch 13 ein Animationsvideo für das Werkzeug erstellt worden. Die erste Auslieferung des Fs an die C AG erfolgte nach Erlangung der Serienreife im Jahr 2012.
- Herr E war seit dem 2. Quartal 2007 bis zum 31.05.2011 als Leiter der Entwicklung bei der Beklagten beschäftigt. Herr G nahm seine Beschäftigung bei der Beklagten erst nach diesem Zeitpunkt auf. Vor seiner Tätigkeit bei der Beklagten war Herr E im Jahr 2006 bei der Firma H in Laubach beschäftigt. Im Anschluss an die Tätigkeit des Herrn E bei der Beklagten war er in der Unternehmensgruppe der Klägerin ange-stellt.
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Die Klägerin behauptet, Herr E habe im Kalenderjahr 2006, als er noch bei der Fir-ma H beschäftigt war, in seiner Freizeit einen Druckerzeuger entwickelt, wie er aus der CAD-Zeichnung gemäß der Anlage K3 ersichtlich sei. Diese Zeichnung habe Herr E im Jahr 2006 mit dem Programm „I“ erstellt. Er habe sich vorgestellt, den Druckerzeuger zum Antrieb einer Rettungsschere oder eines Spreizwerkzeugs, et-wa für den Einsatz bei der Feuerwehr, zu verwenden. Die Idee habe er seinem da-maligen Arbeitgeber vorgestellt, der sich aber letztendlich gegen die Herstellung eines Rettungswerkzeugs entschieden habe.
Aufgrund eines Anrufes des Herrn D der C AG Mitte 2010, bei dem dieser gefragt habe, ob seitens der Beklagten eine Idee für ein neues Werkstattprojekt vorhanden sei, welches auf der Messe A 2010 vorgeführt werden könne, habe Herr E die Idee gehabt, dass der Druckerzeuger nicht nur für Spreiz- und Schneidwerkzeuge, son-dern auch für verschiedene Varianten von Nietwerkzeugen verwendet werden könne. In der Folge sei der Druckerzeuger für die Verwendung in der Automobilin-dustrie nur leicht abgewandelt worden, unter anderem bezüglich der Geometrie der Kugelkupplung und an einzelnen Dichtungen, was vor allem der fertigungstechni-schen Umsetzung gedient habe. Bei der Veränderung der CAD-Zeichnungen habe ihn Frau J (heute: K), eine Mitarbeiterin der Beklagten, unterstützt. Bei der ersten Vorstellung des Gerätekonzeptes gegenüber der C AG, die etwa eine Woche nach der Anfrage des Herrn D erfolgt sei, seien neue CAD-Zeichnungen der Beklagten noch nicht erstellt gewesen. Die Beklagte habe zu diesem Zeitpunkt über das Pro-gramm „I“, welches Herr E benutzt habe, nicht verfügt, sondern zur Erstellung von CAD-Zeichnungen das Programm „L“ benutzt. - Von Seiten der Beklagten habe man sich in Abstimmung mit dem Geschäftsführer Herrn M entschieden, für den Druckerzeuger „F“ keine technischen Schutzrechte anzumelden, da vor der Messe A die Zeit zur Ausarbeitung einer Anmeldung nicht mehr gereicht habe und man im Anschluss in Abstimmung mit den Anwälten davon ausgegangen sei, dass eine spätere Anmeldung mangels Neuheit nicht möglich sei. Die Klägerin behauptet weiter, Herr E habe ihr die Rechte an dem Streitge-brauchsmuster abgetreten und legt insoweit eine Bestätigung vom 02.04.2014 (An-lage K2) vor. Wegen des genauen Inhalts der Bestätigung wird auf die Anlage K2 verwiesen. Sie behauptet weiter, auch im Zusammenhang mit den nach dem Anruf des Herrn D vorgenommenen Arbeiten habe Herr E keine Rechte an der Erfindung an die Beklagte abgetreten.
- Die Klägerin ist der Auffassung, das Streitgebrauchsmuster gehe in wesentlichen Teilen auf die Erfindung von Herrn E vor seiner Tätigkeit bei der Beklagten zurück. Allenfalls die Idee des Antriebes von Nietwerkzeugen sei während der Tätigkeit des Herrn E bei der Beklagten entwickelt worden.
- Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen und die Beklagte der Rücknahme nicht zugestimmt hat,
- beantragt die Klägerin daher,
- die Beklagte zu verurteilen, in die Umschreibung des Gebrauchsmusters DE 20 2012 100 XXX U1 auf die Klägerin als Mitinhaberin zusammen mit der Beklagten einzuwilligen.
- Die Beklagte beantragt,
- die Klage abzuweisen.
- Sie behauptet, der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters sei ab dem 25.03.2010 vollständig in ihrem Unternehmen entstanden und bezieht sich insoweit auf zwei CAD-Zeichnungen vom 25.03.2010 und vom 10.05.2010 (Anlage B8). Die Zeich-nung vom 10.05.2010 dokumentiere kumulativ solche Entwicklungen, die bereits am 25.03.2010 vorhanden gewesen seien und solche Entwicklungen, die bis zum 10.05.2010 hinzugekommen seien. Zu der Entwicklung im Sinne des Streitge-brauchsmusters sei es gekommen, weil der Automobilhersteller C auf der Messe A im September 2010 ein tragbares Werkzeug für die Vernietung von Bauteilen habe vorstellen wollen. Zu diesem Zweck sei ein entsprechendes Werkzeug im Unter-nehmen der Beklagten unter Mitwirkung des Herrn E entwickelt und der Firma C vorgestellt worden. Es sei ein Prototyp ausgestellt worden, dessen innere Konstruk-tion nicht habe zur Kenntnis genommen werden können.
- Die Beklagte behauptet weiter, dass die Entwicklung des F zunächst nicht durch technische Schutzrechte geschützt worden sei, habe daran gelegen, dass Herr E – ohne Rücksprache mit der Geschäftsführung der Beklagten – die mitwirkenden Pa-tentanwälte gebeten habe, die Aktivitäten bezüglich der Anmeldung einzustellen. Insoweit verweist die Beklagte auf die Korrespondenz gemäß Anlagen B1 bis B7. Erst als der Geschäftsführer der Beklagten sich später bei den Patentanwälten nach dem Stand der Anmeldung erkundigt habe, sei die Aktivität wieder aufgenommen und die streitgegenständliche Anmeldung am 25.07.2011 eingereicht worden.
- Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Darstellung gemäß Anlage K3 be-reits im Jahr 2006 von Herrn E in seiner Freizeit erstellt worden sei. Hierzu führt sie weiter aus, dass in der Zeichnung gemäß Anlage K3 bereits vier technische Details gezeigt seien, die wesentliche Elemente der Vorrichtung beträfen, die aber in der Zeichnung vom 25.03.2010 (Anlage B8) noch fehlen würden und erst in der Zeich-nung vom 10.05.2010 (Anlage B8) vorhanden seien. Sie bestreitet ferner mit Nicht-wissen, dass Herr E der Klägerin sämtliche Rechte an der Erfindung „Drucküberset-zer“, wie sie im Streitgebrauchsmuster beschrieben sei, übertragen habe.
- Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftstücke nebst Anlagen Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- A.
Die Klage hat keinen Erfolg. - I.
Die Klage ist unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt fristgerecht im Sinne des § 13 Abs. 3 GebrMG i.V.m. § 8 S. 3 PatG erhoben. Danach kann der Vindikationsan-spruch – wenn nicht der Inhaber des Streitgebrauchsmusters bei dessen Erwerb bösgläubig war – nur innerhalb von zwei Jahren ab Veröffentlichung des Ge-brauchsmusters durch Klage geltend gemacht werden. Diese Frist ist vorliegend jedenfalls gewahrt. Zur Fristwahrung genügt die Einreichung der Klage bei Gericht, wenn die Zustellung demnächst im Sinne von § 167 ZPO erfolgt (Benkard, PatG, 11. Auflage, § 8, Rn. 32). So liegt es hier. Denn die Veröffentlichung des Streitge-brauchsmusters erfolgte am 19.04.2012, die vorliegende Klage ging am 16.04.2014 per Fax und am 22.04.2014 (Dienstag nach Ostern) im Original bei Gericht ein und wurde der Beklagten am 05.05.2014 zugestellt. - II.
Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Einräumung einer Mitin-haberschaft an dem Streitgebrauchsmuster ist unter keinem rechtlichen Gesichts-punkt feststellbar. - 1.
Die Voraussetzungen des Vindikationsanspruchs nach § 13 Abs. 3 GebrMG i.V.m. § 8 PatG sind nicht dargelegt. - a.
Voraussetzung des vorgenannten Anspruchs ist zunächst, dass die Klägerin Be-rechtigte ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sie Rechtsnachfolgerin des Er-finders ist, § 13 Abs. 3 GebrMG i.V.m. § 6 S. 1 PatG. - Nach § 22 Abs. 1 S. 2 GebrMG können das Recht auf das Gebrauchsmuster, der Anspruch auf seine Eintragung und das durch die Eintragung begründete Recht beschränkt oder unbeschränkt auf andere übertragen werden.
- Dass sie etwaige Rechte des Herrn E an der in dem Streitgebrauchsmuster unter Schutz gestellten technischen Lehre wirksam erworben hat, hat die Klägerin hinrei-chend substantiiert dargelegt. Sie beruft sich insoweit auf eine Abtretung sämtlicher Rechte an der Erfindung „Druckübersetzer“ des Herrn E. Eine schriftliche Abtre-tungsvereinbarung legt sie zwar nicht vor. Angesichts dessen ist eine Überprüfung des Inhalts und Umfangs der (angeblichen) Vereinbarung nicht möglich. Jedoch reicht die seitens der Klägerin vorgelegte „Bestätigung“ gemäß Anlage K2 zur Fest-stellung der Übertragung eines etwaigen Anspruchs auf Mitinhaberschaft an dem Streitgebrauchsmuster von Herrn E auf die Klägerin aus. In dieser Bestätigung gibt Herr E an, dass er „sämtliche Rechte an meiner Erfindung „Druckübersetzer“, wie sie insbesondere in der DE 20 2012 100 XXX U1 beschrieben ist,“ auf die Klägerin übertragen habe. Die Klägerin bestätigt durch Unterschrift auf dem gleichen Schrift-stück, dass sie die Abtretung angenommen habe. Daraus geht der Wille sowohl des Herrn E als auch der Wille der Klägerin, dass ein etwaiger Anspruch des Herrn E auf Mitinhaberschaft des Streitgebrauchsmusters auf die Klägerin übertragen wer-den soll, hinreichend deutlich hervor. Selbst wenn die angebliche Abtretung, die der Bestätigung zu Grunde liegen soll, nicht stattgefunden hätte oder unwirksam wäre, so würde doch in der „Bestätigung“ gemäß Anlage K2 eine wirksame formlose Übertragung des Rechtes liegen.
- b.
Allerdings kann auf Grundlage des Vortrags der Klägerin nicht festgestellt werden, dass Herr E, von dem die Klägerin ihre Rechtsposition ableitet, (Mit-) Erfinder der Lehre des Streitpatentes ist. - Miterfinder ist, wer durch selbstständige, geistige Mitarbeit zum Auffinden des Erfin-dungsgedankens einen schöpferischen Anteil beigetragen hat, ohne dass dieser selbst erfinderisch zu sein braucht und für sich allein betrachtet alle Voraussetzun-gen einer patentfähigen Erfindung erfüllt (BGH, GRUR 2004, 50 – Verkranzungs-verfahren; BGH, GRUR 2011, 903 – Atemgasdrucksteuerung; Moufang, in Schulte, PatG, 10. Aufl. 2017, § 6 Rn. 21). Die Anerkennung als Miterfinder kann nicht mit der Begründung versagt werden, der geleistete Beitrag betreffe „nicht den springen-den Punkt“ der Erfindung (BGH, GRUR 2001, 226 f. – Rollenantriebseinheit I).
- Der Beitrag eines Miterfinders muss nicht zu einer Ausgestaltung in Form eines Un-teranspruchs führen, sondern kann insbesondere die Merkmale eines Ausfüh-rungsbeispiels betreffen (Keukenschrijver, in: Busse/Keukenschrijver, 8. Auflage 2016, § 6 Rn. 37). Deshalb darf nicht allein der Gegenstand der Patentansprüche zum Maßstab für eine die Mitberechtigung begründende Beteiligung genommen werden, sondern es ist die gesamte in dem Patent beschriebene Erfindung und de-ren Zustandekommen in den Blick zu nehmen und zu prüfen, mit welcher Leistung der Einzelne zu der in ihrer Gesamtheit zu betrachtenden Erfindung beigetragen hat (BGH, GRUR 1979, 540 – Biedermeiermanschetten). Auf die Fassung der Pa-tentansprüche kommt es nur insofern an, als sich aus ihnen ergeben kann, dass ein Teil der in der Beschreibung dargestellten Erfindung nicht zu dem Gegenstand gehört, für den mit der Patenterteilung Schutz gewährt worden ist. Dabei geht es aber nicht darum, ob der Patentanspruch auf diejenige Ausführungsform be-schränkt ist, die in der Beschreibung genannt ist, sondern lediglich darum, ob eine beschriebene Ausführungsform nicht mehr unter den Patentanspruch fällt, also außerhalb des patentrechtlich geschützten Gegenstands liegt und deshalb eine Miterfinderschaft an dem geschützten Gegenstand nicht begründen kann (BGH, GRUR 2011, 903 Rn. 16 – Atemgasdrucksteuerung; BGH, Urteil vom 18.06.2013 – X ZR 103/11, Verpackungsbehältnis, Rn. 9 bei juris). Es reichen nur solche Beiträge nicht aus, um als (Mit-) Erfinder anerkannt zu werden, die den Gesamterfolg (gar) nicht beeinflusst haben und deshalb für die Lösung unwesentlich sind oder die nach den Weisungen eines Erfinders oder eines Dritten geschaffen wurden (BGH, GRUR 1978, 583, 585 – Motorkettensäge; BGH, GRUR 2004, 50, 51 – Verkran-zungsverfahren; BGH, GRUR 2011, 903 – Atemgasdrucksteuerung; BGH, Urteil vom 18.06.2013 – X ZR 103/11, Verpackungsbehältnis, Rn. 8 bei juris).
- Der Klägervortrag zur (Mit-) Erfinderschaft des Herrn E ist, worauf die Klägerin mit Hinweisbeschlüssen der Kammer vom 20.08.2014 und 07.04.2015 bereits hinge-wiesen worden ist, nicht hinreichend substantiiert. Auf dieser Grundlage vermag die Kammer nicht festzustellen, dass Herr E den wesentlichen Erfindungsgedanken der hier streitgegenständlichen Lehre entwickelt hatte. Die Klägerin hat nicht aufge-zeigt, ausgehend von welcher Gestaltung Herr E welches technische Problem lö-sen wollte und wie er vor diesem Hintergrund zu der Lösung gemäß des Streitge-brauchsmusters gelangt ist.
- Die Klägerin trägt insoweit lediglich vor, Herr E habe die Erfindung im Jahr 2006 in seiner Freizeit gemacht und auch die CAD-Zeichnung gemäß Anlage K3 im Jahr 2006 angefertigt. Allenfalls die Idee des Antriebes von Nietwerkzeugen sei während der Tätigkeit des Herrn E bei der Beklagten entwickelt worden. Dazu, ausgehend von welcher Gestaltung Herr E welches technische Problem lösen wollte und wie er vor diesem Hintergrund zur konkreten Lösung gemäß des Streitgebrauchsmusters gekommen ist, trägt die Klägerin nichts vor. Eine Überprüfung, ob Herr E den Erfin-dungsgedanken erkannt hat und die Lehre gemäß des Streitgebrauchsmusters sei-ner schöpferischen Tätigkeit entspringt (Erfinderschaft) bzw. ob er durch selbstän-dige, geistige Mitarbeit zum Auffinden des Erfindungsgedankens einen schöpferi-schen Anteil beigetragen hat (Miterfinderschaft), ist auf dieser Grundlage nicht mög-lich. Insbesondere lässt sich der CAD-Zeichnung gem. Anlage K3 selbst kein Erstel-lungsdatum entnehmen und auch der als Zeuge benannte Herr E hat nach eige-nem Vortrag der Klägerin keine Erinnerung mehr an die genauen Abläufe, wie die Zeichnung entstanden ist.
- Zudem hat die Beklagte mit ihrem Vorbringen zu den als Anlage B8 eingereichten CAD-Zeichnungen vom 25.03. und 10.05.2010 erhebliche Zweifel begründende Argumente angeführt, weshalb die aus der Anlage K3 ersichtliche CAD-Zeichnung in dieser Form nicht aus dem Jahr 2006 stammen könnte. Diesem Vortrag ist die Klägerin nicht ausreichend entgegengetreten. Sie erläutert insoweit selbst, dass die mit 1-4 bezeichneten Bereiche erst im Laufe des Jahres 2010 erfunden und in der CAD-Zeichnung aus Mai 2015 Niederschlag gefunden haben. Sie versäumt es da-bei zur Überzeugung des Gerichts zu erklären, weshalb diese Ausstattungsmerkma-le dennoch Gegenstand einer angeblich aus dem Jahr 2006 stammenden Zeich-nung geworden sind.
Hinsichtlich des mit Ziff. 1 gekennzeichneten Stromregelventils führt die Klägerin daher nur aus, dass es lediglich vorübergehend nicht im Gerät, sondern in einem Zusatzgerät vorgesehen gewesen sei, was technisch keinen Unterschied darstelle; was die unterschiedliche Darstellung zwischen den Zeichnungen aus März bzw. Mai 2010 erkläre. Eine Erklärung, weshalb dieses Ventil bereits in der aus dem Jahr 2006 stammenden Anlag K3 ersichtlich ist, fehlt.
Bezüglich der Sicherungsverrastung (Ziff. 2) bestreitet die Klägerin nicht, dass sie nachträglich hinzugekommen und bei handgeführten Presseinrichtungen auch überhaupt zwingend erforderlich ist. Nicht erklärlich ist aufgrund dieses Vortrags aber, weshalb dieses Element schon in der Anlage K 3 bereits vorhanden war, nicht aber in der Zeichnung aus Mai 2015.
Der klägerische Vortrag betreffend die Kugelverrastung (Ziff. 3) ist in sich wider-sprüchlich. Denn die Klägerin erläutert, dass das Bauteil deshalb nicht in der CAD-Zeichnung aus März 2010 erscheine, weil es aufgrund einer Datenübertragung zwischen verschiedenen Software-Systemen verloren gegangen sei. Die Klägerin konkretisiert dabei schon nicht, welche Übertragung welcher Zeichnungen sie meint. Dies wäre aber erforderlich gewesen, weil dieses Ausstattungsmerkmal aus der Anlage K3 ersichtlich ist und die Klägerin dazu behauptet, dass diese Kugelver-rastung dort von Anfang an vorgesehen worden sei. Entsprechend macht die Klä-gerin schließlich auch für das Rücktrittsventil (Ziff. 4) nur allgemeine Ausführun-gen, dass die Funktion der Pumpe ohne dieses Element nicht gewährleistet sei. Auch hier fehlt eine Erläuterung, weshalb dieses nachträglich eingefügte Element schon aus der Zeichnung K3 hervorgeht. - Die seitens der Klägerin zur Akte gereichten weiteren CAD-Zeichnungen (Anlagen K7, K8) vermögen ebenso wenig eine entsprechende (mit-)erfinderische Tätigkeit des Herrn E zu belegen. Der Anlage K7 ist im Anzeigefenster mit dem Titel „Darge-stellte Teil/Eigenschaften“ zwar zu entnehmen, dass das Erzeugungsdatum der Da-tei der 16. September 2006 war. Indes beschränken sich diese Zeichnungen auf die Darstellungen des Kopplungsringes und offenbaren nicht die innere Ausgestaltung des Druckerzeugers.
- An der Bewertung der mangelnden Miterfinderstellung ändert schließlich auch die teilweise Löschung des Streitgebrauchsmusters durch das Bundespatentgericht nichts. Denn auch hinsichtlich des gemäß Hilfsantrag 2 aufrechterhaltenen Teils des Streitgebrauchsmusters und des insoweit neu eingefügten Anspruchsmerkmals 6b vermag die Kammer keine Miterfinderstellung des Herrn E festzustellen. Viel-mehr räumt die Klägerin in ihrem eigenen Vortrag ein, dass die Ausgestaltungen des Herrn E noch einen anderen, nämlich massiv ausgebildeten Kopplungsring vorgesehen haben und Herr E dieses die Schutzfähigkeit begründende Merkmal nicht erfunden habe.
- Aufgrund des nunmehr rechtskräftig abgeschlossenen Löschungsverfahrens steht somit zugleich fest, dass die seitens der Klägerin gegen die Schutzfähigkeit des Streitgebrauchsmusters vorgebrachten Einwendungen (wie offenkundige Vorbe-nutzung und mangelnde Neuheit) allenfalls Erfolg in dem Umfang hatten, wie das Streitgebrauchsmuster eingeschränkt aufrechterhalten worden ist.
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2.
Der geltend gemachte Vindikationsanspruch ergibt sich auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten. Auch nach § 823 Abs. 1 BGB ist erforderlich, dass Herr E, von dem die Klägerin ihr Recht herleitet, (Mit-) Erfinder der Lehre des Streit-gebrauchsmusters ist und es sich insoweit um eine freie (bzw. frei gewordene) Er-findung handelt. -
B.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO. - Streitwert: 125.000,- Euro