Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2930
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 17. September 2019, Az. 4a O 39/17
- I. Die Beklagten werden verurteilt,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, bei der Beklagten zu 1) zu vollstrecken an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen:
- in der Bundesrepublik Deutschland
- Vorrichtungen zum Aushärten einer Rohrleitungsauskleidung, welche Auskleidung ein Harz umfasst, das durch Einwirkung elektromagnetischer Strahlung einer spezifischen Wellenlänge und eines spezifischen Wellenlängenbereichs härtbar ist,
- anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,
wenn diese Vorrichtungen Folgendes umfassen:
- – ein Gehäuse, welches einander gegenüberliegende erste und zweite Enden definiert,
- – eine Außenwand von im Wesentlichen zylindrischer Konfiguration, und
- – eine Innenwand, welche eine im Wesentlichen unversperrte, durchgehende Passage definiert, die sich longitudinal durch das besagte Gehäuse zwischen den besagten ersten und zweiten Enden erstreckt,
- – ein Stromversorgungskabelpaar zur Versorgung der besagten Vorrichtung mit elektrischem Strom, welches sich von dem besagten ersten Ende des besagten Gehäuses erstreckt,
- – eine Mehrheit von LEDs, welche elektromagnetische Strahlung der besagten spezifischen Wellenlänge oder des besagten spezifischen Wellenlängenbereichs ausstrahlen, welche besagte Mehrheit von LEDs an der besagten Außenwand des besagten Gehäuses angebracht und im Wesentlichen gleichmäßig verteilt ist, welche besagte Mehrheit von LEDs durch einen elektrischen Kreislauf mit dem besagten Stromversorgungskabelpaar verbunden ist, und welche besagte Mehrheit von LEDs in einem wärmeleitenden Verhältnis mit wärmeableitenden Elementen verbunden ist, die freiliegend an der besagten Innenwand des besagten Gehäuses an der besagten durchgehenden Passage des besagten Gehäuses angebracht sind, um den Durchfluss von Kühlflüssigkeit durch die besagte Passage zu gewährleisten zur Ableitung von Wärme von den besagten wärmeableitenden Elementen und Kühlung der besagten LEDs;
- (unmittelbare Verletzung von Anspruch 1
von EP 2 129 XXX B1) - 2. der Klägerin in einem geordneten Verzeichnis in editierbarer elektronischer Form darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 06.04.2011 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
- – wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind,
- – wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin in einem geordneten Verzeichnis in editierbarer elektronischer Form darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 06.05.2011 begangen haben, und zwar unter Angabe:
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
- b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie Typen-bezeichnungen und Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe-trägern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei
- – sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung im Hinblick auf die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen lediglich auf das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform bezieht,
- – den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten diese Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
- II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A A/S durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 06.05.2011 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Verpflichtung zum Schadensersatz im Hinblick auf die in Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen lediglich auf das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform bezieht.
- III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- IV. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
- V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 1 Mio. Daneben ist der Anspruch auf Unterlassung (Ziffer I. 1. des Tenors) gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 700.000,00. Ferner sind die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung (Ziffern I. 2. und I. 3. des Tenors) gemeinsam gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 150.000,00. Im Kostenpunkt (Ziffer IV. des Tenors) ist das Urteil gesondert vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- T a t b e s t a n d
- Die Klägerin macht gegen die Beklagten auf die Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents 2 129 XXX B1 (Anlage K7, in deutscher Übersetzung als Anlage K7‘; nachfolgend: Klagepatent) gestützte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechts- und Patentanwaltskosten geltend.
- Das Klagepatent mit der Bezeichnung „Vorrichtung und Verfahren zum Aushärten einer Auskleidung einer Rohrleitung“ wurde unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 19.02.2007 (EP 07388XXX) am 19.02.2008 in englischer Verfahrenssprache angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 09.12.2009, die Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des Patents am 06.04.2011. Im Patentregister eingetragene Patentinhaberin ist die A A/S (Registerauszug vorgelegt als Anlage K8), bei er es sich um die in C ansässige Muttergesellschaft der Klägerin handelt.
- Das Klagepatent steht in Kraft. Die B S/L hat mit Schriftsatz vom 24.04.2018 (Anlage B&B1a) eine das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
- Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch 1 lautet in der englischen Verfahrenssprache:
- „An apparatus for curing a liner of a pipeline, said liner including a resin which is curable by exposure to electromagnetic radiation of a specific wavelength or a specific wavelength range, said apparatus comprising:
- a housing defining opposite first and second ends, an outer wall of a substantially cylindrical configuration, and an inner wall defining a substantially unobstructed through-going passage extending longitudinally through said housing between said first and second ends,
a pair of power supply wires for the supply of electrical power to said apparatus and extending from said first end of said housing,
a plurality of LED’s irradiating electromagnetic radiation of said specific wavelength or said specific wavelength range,
said plurality of LED’s being positioned and substantially evenly distributed at said outer wall of said housing,
said plurality of LED’s being connected through an electronic circuit to said pair of power supply wires, and
said plurality of LED’s being connected in thermal conductive relationship to heat dissipating elements freely exposed at said inner wall of said housing in said through-going passage of said housing for allowing a stream of cooling fluid to pass through said passage for dissipating heat from said heat dissipating elements and cooling said LED’s.“ - In deutscher Übersetzung lautet Anspruch 1:
- „Vorrichtung zum Aushärten einer Rohrleitungsauskleidung, welche Auskleidung ein Harz umfasst, das durch Einwirkung elektromagnetischer Strahlung einer spezifischen Wellenlänge oder eines spezifischen Wellenlängenbereichs härtbar ist, und welche Vorrichtung folgendes umfasst:
- ein Gehäuse, welches einander gegenüberliegende erste und zweite Enden definiert, eine Aussenwand von im wesentlichen zylindrischer Konfiguration, und eine Innenwand, welche eine im wesentlichen unversperrte, durchgehende Passage definiert, die sich longitudinal durch das besagte Gehäuse zwischen den besagten ersten und zweiten Enden erstreckt,
ein Stromversorgungskabelpaar zur Versorgung der besagten Vorrichtung mit elektrischem Strom, welches sich von dem besagten ersten Ende des besagten Gehäuses erstreckt,
eine Mehrheit von LEDs, welche elektromagnetische Strahlung der besagten spezifischen Wellenlänge oder des besagten spezifischen Wellenlängenbereichs ausstrahlen,
welche besagte Mehrheit von LEDs an der besagten Aussenwand des besagten Gehäuses angebracht und im wesentlichen gleichmässig verteilt ist,
welche besagte Mehrheit von LEDs durch einen elektrischen Kreislauf mit dem besagten Stromversorgungskabelpaar verbunden ist, und
welche besagte Mehrheit von LEDs in einem wärmeleitenden Verhältnis mit wärmeableitenden Elementen verbunden ist, die freiliegend an der besagten Innenwand des besagten Gehäuses in der besagten durchgehenden Passage des besagten Gehäuses angebracht sind, um den Durchfluss von Kühlflüssigkeit durch die besagte Passage zu gewährleisten zur Ableitung von Wärme von den besagten wärmeableitenden Elementen und Kühlung der besagten LEDs.“ - Die nachfolgend (verkleinert) wiedergegebene Fig. 1 zeigt die Gesamtansicht eines Systems 10 zum Aushärten einer Rohrleitungsauskleidung:
- In der Rohrleitung 12 befindet sich eine Auskleidung 14. Der Stopfen 20 definiert eine zentrale durchgehende Passage, durch die ein Montagekabel 24 verläuft. Das Montagekabel 24 ist mit einer Vorrichtung 30 zur Abgabe elektromagnetischer Strahlung versehen.
- Figuren 4 bis 6 (nachfolgend verkleinert eingeblendet),
- zeigen das Vorrichtungsteil 30 im Detail. Das zentrale Gehäuseteil ist danach mit acht profilierten Gehäuseelementen 62 ausgestattet, auf der jeweils eine Leiterplatte 64 mit zwölf Dioden 66 montiert ist. Die Leiterplatte 64 ist an ihrer Seite gegenüber den Dioden 66 in einer thermisch leitenden Beziehung mit einem wärmeabstrahlenden und gerippten metallischen Element 74 verbunden.
- Die am 12.08.2014 registrierte Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, betreibt einen unter www.D.com/de abrufbaren Internetauftritt. Demgegenüber ist die am 10.03.2017 registrierte „D E sp. zo.o.“, deren Geschäftsführer ebenfalls der Beklagte zu 2) ist, nicht Betreiberin der genannten Homepage.
- Auf dem Internetauftritt der Beklagten zu 1) wurde ein LED-Lichtkopf mit der Bezeichnung „F“ (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) in Form der folgenden Abbildung dargestellt:
- Wegen des weiteren Inhalts des Internetauftritts wird auf den als Anlage K5 vorgelegten Screenshot vom 20.01.2017 Bezug genommen.
- Auf dem deutschen Markt ist die angegriffene Ausführungsform nicht erhältlich.
- In der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2018 hat der Beklagtenvertreter ein Muster des Inneren der angegriffenen Ausführungsform vorgelegt, das folgenden Querschnitt aufweist:
- Mit an die „D E“ zu Händen des Beklagten zu 2) gerichtetem Schreiben vom 10.02.2017 (Anlage K11) beanstandete die Klägerin die Verletzung des Klagepatents durch die Veröffentlichung auf der Internetseite www.D.com/de und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Des Weiteren verlangte die Klägerin die Zahlung von Rechts- und Patentanwaltskosten in Höhe von insgesamt € 14.179,00 bis zum 20.02.2017. Der Beklagte zu 2) antwortete mit in polnischer Sprache verfasster E-Mail vom selben Tag, dem 10.02.2017 (vgl. Anlage K12).
- Am 06.03.2017 unterzeichneten die Klägerin und die A A/S (im Folgenden: Muttergesellschaft oder Patentinhaberin) ein mit „Lizenzvertrag/License Agreement“ überschriebenes, sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache verfasstes Schriftstück (Anlage K13). Darin heißt es in Ziffer 1:
- „A erteilt G eine einfache Lizenz an EP‘XXX für die Nutzung der technischen Lehre von EP‘XXX in Deutschland.“
- Weiter heißt es in Ziffer 5. wie folgt:
- „G ist berechtigt, im eigenen Namen und auf eine [sic] Rechnung gegen Verletzungen von EP‘XXX vorzugehen.
- […].
- A tritt hiermit alle Ansprüche auf Entschädigung, Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf sowie Vernichtung, die auf Verletzung von EP‘XXX in Deutschland basieren, für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an G ab.
- G nimmt hiermit die Abtretung an.“
- Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Anlage K11 Bezug genommen.
- Am 23.02.2017 war die Präsentation der angegriffenen Ausführungsform auf der Internetseite in der aus dem als Anlage K6 vorgelegten Screenshot ersichtlichen Art und Weise verändert.
- Die Klägerin ist der Ansicht, aus der mit ihrer Muttergesellschaft am 06.03.2017 getroffenen Vereinbarung ergebe sich ihre Berechtigung zur Geltendmachung der eingeklagten Ansprüche. Die Vereinbarung sei insbesondere nicht lediglich „zum Schein“ abgeschlossen worden. Auch die Abmahnung vom 10.02.2017 habe sie nicht ohne die Zustimmung durch die Muttergesellschaft als Patentinhaberin ausgesprochen.
- Die Beklagte zu 1) sei auch passivlegitimiert. Insoweit sei unerheblich, dass die „D E sp. zo.o.“ als eigenständige Gesellschaft den hier in Bezug genommenen Internetauftritt nicht zu verantworten habe. Vielmehr habe von Beginn an die „D sp. zo.o.“ in Anspruch genommen werden sollen.
- Die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Sie verfüge insbesondere über eine Innenwand, welche eine im Wesentlichen unversperrte, durchgehende Passage definiere, sowie über eine anspruchsgemäße Außenwand. Lücken und Ausnehmungen seien nach der Lehre des Klagepatents jeweils nicht ausgeschlossen. Insbesondere sei patentgemäß nicht erforderlich, dass die Passage einen ringsum und dicht umschlossenen Raum bilde, aus dem kein Kühlfluid entweichen könne. Auch sei eine zusätzliche Kühlung der LEDs von außen nicht ausgeschlossen.
- In ihrer Klageschrift vom 10.04.2017 hat die Klägerin die „D E sp. zo.o.“ als Beklagte zu 1) bezeichnet.
- In der Sitzung vom 06.11.2018 hat die Klägerin ihre ursprünglichen Anträge neben weiteren Modifikationen dahingehend beschränkt, dass Vernichtung nicht und Rückruf nur von der Beklagten zu 1) verlangt wird. In der Sitzung vom 01.08.2019 hat die Klägerin den Rückrufantrag auch gegen die Beklagte zu 1) nicht mehr gestellt.
- Die Klägerin beantragt nunmehr,
- wie erkannt,
- wobei die Klägerin mit dem Antrag zu VII. weiter verlangt,
- die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin Abmahnkosten in Höhe von € 14.179,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2017 zu zahlen;
- und wobei die Klägerin Rechnungslegung (Antrag zu III.) und Feststellung der Schadensersatzpflicht (Antrag zu VI.) jeweils hinsichtlich aller im Unterlassungsantrag genannten Benutzungsarten verlangt.
- Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen.
- Sie tragen vor, es fehle an der Aktivlegitimation der Klägerin. Die Vereinbarung vom 06.03.2017 zwischen der Klägerin und ihrer Muttergesellschaft sei lediglich zum Schein abgeschlossen worden und damit gemäß § 117 BGB unwirksam.
- Zudem fehle es an der Passivlegitimation der Beklagten zu 1). Diese zeichne sich für den von der Klägerin beanstandeten Internetauftritt nicht verantwortlich. Der Internetauftritt werde vielmehr von der von der Beklagten zu 1) personenverschiedenen, am 12.08.2014 registrierten „D sp. zo.o.“ organisiert. Diese werde mit der Klage jedoch nicht in Anspruch genommen.
Die angegriffene Ausführungsform verletze die Lehre des Klagepatents nicht. Das Klagepatent verlange eine von einer Gehäusewand umschlossene, im Wesentlichen dicht umschlossene Kühlpassage, die den Kühlstrom auf das Innere der Vorrichtung beschränke. Dies sei bei der als monolithischer Körper ausgebildeten angegriffenen Ausführungsform nicht der Fall. Bei dieser werde der eingeleitete Luftstrom aus den Kerben heraus geleitet. Die Kühlung werde durch ein Umströmen der LEDs mit dem Kühlfluid („von allen Seiten“) bewirkt. Als zusätzliches Element sei hierfür eine transparente Abdeckung erforderlich.
- Zudem ergäben sich aus der Abbildung im Internet, auf die die Klägerin ihre Klage stütze, nicht sämtliche Merkmale des Patentanspruchs. So sei nicht erkennbar, ob und wo ein Stromversorgungskabelpaar vorhanden sei und wie das Produkt im Inneren aussehe.
- Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Protokolle der Sitzungen vom 06.11.2018 und vom 01.08.2019 Bezug genommen.
-
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
- Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.
- Die Klägerin ist zur Geltendmachung der eingeklagten Ansprüche berechtigt (dazu unter I.). Auf Seiten der Beklagten zu 1) ist die „D sp. zo.o.“ Partei des Rechtsstreits geworden und passivlegitimiert (dazu unter II.). Die angegriffene Ausführungsform macht von Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch (dazu unter III.). Die Klägerin kann aufgrund der patentverletzenden Handlungen der Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG geltend machen. Ferner hat sie einen Auskunftsanspruch gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 1, 3 PatG, § 398 BGB. Ein Schadensersatzanspruch gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG, § 398 BGB besteht hingegen nur im Hinblick auf die Benutzungsart des Anbietens, weshalb auch der Rechnungslegungsanspruch nach Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259, 398 BGB entsprechend zu beschränken ist. Ein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 2, 140a Abs. 1, 3 PatG oder §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB besteht hingegen nicht (dazu unter IV.). Eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf die gegen das Klagepatent anhängige Nichtigkeitsklage ist nicht veranlasst (dazu unter V).
- I.
Die Klägerin kann die geltend gemachten Ansprüche aus dem Klagepatent gerichtlich geltend machen. Den Anspruch auf Unterlassung kann die Klägerin im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft durchsetzen (dazu unter 1.). Hinsichtlich der Ansprüche auf Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung ist die Klägerin aufgrund einer wirksamen Abtretung aktivlegitimiert (dazu unter 2.). Den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechts- und Patentanwaltskosten kann die Klägerin aus eigenem Recht geltend machen (dazu unter 3.). - 1.
Den Unterlassungsanspruch kann die Klägerin, die ausweislich Ziffer 1 der Vereinbarung vom 06.03.2017 (Anlage K13) einfache Lizenznehmerin an dem Klagepatent ist, im Rahmen einer gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen. - a)
In Bezug auf den – nicht isoliert abtretbaren – Anspruch auf Unterlassung kann sich die Klagebefugnis des einfachen Lizenznehmers nur nach den Grundsätzen der gewillkürten Prozessstandschaft ergeben. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass der Kläger keinen eigenen Anspruch geltend macht, sondern im eigenen Namen fremde Rechte, nämlich die des Patentinhabers, durchsetzt (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 152). Eine gewillkürte Prozessstandschaft setzt eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigenden an dieser Rechtsverfolgung voraus, wobei dieses Interesse auch wirtschaftlicher Natur sein kann (BGH, GRUR 2016, 1048, 1050 – An evening with Marlene Dietrich m. w. N.). - b)
Daran gemessen liegen die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft vor. Die Patentinhaberin hat die Klägerin wirksam zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt (dazu unter aa)). Die Klägerin hat zudem ein eigenes Interesse an der Prozessführung (dazu unter bb)). - aa)
Die Patentinhaberin hat die Klägerin in der Vereinbarung vom 06.03.2017 (Anlage K13) wirksam zur Prozessführung ermächtigt. - Die Ermächtigung ergibt sich aus Ziffer 5 der Vereinbarung, wonach die Klägerin berechtigt ist, im eigenen Namen und auf eine [gemeint ist: eigene] Rechnung gegen Verletzungen des Klagepatents vorzugehen.
- Diese – nach deutschem Recht zu beurteilende – Vereinbarung ist auch wirksam.
- (1)
Auf die Vereinbarung ist deutsches Recht anwendbar. - In Ermangelung einer von den Parteien getroffenen Rechtswahl folgt dies aus Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.06.2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (nachfolgend: Rom-I-VO). Nach dieser Vorschrift ist, wenn sich aus der Gesamtschau ergibt, dass der Vertrag eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen als dem nach Absatz 1 oder 2 bestimmten Staat aufweist, das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.
- Zwar wird die charakteristische Vertragsleistung, nämlich die Einräumung eines Nutzungsrechts bzw. die Abtretung von Ansprüchen, von der in C ansässigen Muttergesellschaft erbracht, was gemäß Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO grundsätzlich die Anwendbarkeit dänischen Rechts nach sich zieht. Jedoch ergibt sich aus einer Gesamtschau der Umstände des vorliegenden Falls offensichtlich eine engere Bindung zur Bundesrepublik Deutschland.
- Diese wird dadurch begründet, dass der in Deutschland ansässigen Klägerin eine Nutzungsberechtigung allein an dem deutschen Teil des dieser Klage zugrunde liegenden Europäischen Patents eingeräumt wird (vgl. Ziffer 1 der Anlage K13) sowie ausschließlich solche Ansprüche abgetreten werden, die aus einer Verletzung dieses deutschen Teils resultieren.
- (2)
Der Wirksamkeit der Vereinbarung steht nicht § 117 BGB entgegen. Danach ist eine einem anderen gegenüber abzugebende Willenserklärung, die mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird, nichtig. Dass ein solches sogenanntes Scheingeschäft vorliegt, ist auf der Grundlage des Vortrags der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten (vgl. Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2018, § 117 Rn. 22) nicht erkennbar. - Aus dem Umstand, dass die Vereinbarung vor dem Hintergrund des hiesigen Rechtsstreits geschlossen worden ist – wofür die zeitliche Nähe zwischen Abtretungsvereinbarung (06.03.2017) und Datierung der Klageschrift (10.04.2017) sprechen –, folgt nicht, dass den Parteien ein Rechtsbindungswille im Hinblick auf die Nutzungsrechtseinräumung und die Abtretung fehlte. Vielmehr liegt in dem hiesigen Rechtsstreit eine geeignete Motivation zum (ernsthaften) Abschluss einer solchen Vereinbarung, weil diese die Aktivlegitimation der Klägerin zu begründen.
- Auch die Tatsache, dass die Klägerin keine Gegenleistung für die Nutzungsberechtigung/Abtretung der Ansprüche erbringt, legt ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB nicht hinreichend nahe. Der Abschluss einer Freilizenz ist grundsätzlich möglich, und scheint insbesondere innerhalb eines Konzerns nicht fernliegend. Ausweislich der Präambel des Vertragsdokuments fungiert die Klägerin innerhalb des Konzerns auch gerade als Vertriebsgesellschaft für den deutschsprachigen Raum.
- Sofern die Beklagten darüber hinaus pauschal anführen, aus internationalen steuerrechtlichen Gesichtspunkten dürften Gesellschaften innerhalb des Konzerns Lizenzen nicht zu beliebigen Preisen erteilen, ist nicht erkennbar, inwiefern sich daraus Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft ergeben sollen. Die Beklagten leiten daraus das Erfordernis her „Lizenzgebühren in konzerninternen Verträgen mit Lizenzen nicht verbundener Unternehmen zu vergleichen“. Sofern sie in diesem Zusammenhang auf kartellrechtliche Gesichtspunkte Bezug nehmen, ist nicht erkennbar, dass hier eine solche Konstellation vorliegt. Eine solche ist zudem auch ungeeignet, ein Scheingeschäft darzutun.
- bb)
Die Klägerin hat auch ein eigenes Interesse an der Durchsetzung des Klagepatents gegenüber der Beklagten. - Ein solches Interesse ist bei einem einfachen Lizenznehmer an einem Patent regelmäßig gegeben, weil die patentverletzenden Benutzungshandlungen auch seinen Umsatz mit den erfindungsgemäßen Erzeugnissen schmälern und deren Unterbindung deshalb auch im Interesse des Lizenznehmers liegt. Voraussetzung ist freilich, dass der Lizenznehmer in irgendeinem Umfang tatsächlich am Markt teilnimmt (oder eine alsbaldige Marktpräsenz zumindest bevorsteht), weil nur dann die Verletzungsprodukte zu einer Vermögenseinbuße bei ihm führen können (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 154).
- Auch bei der Klägerin als einfacher Lizenznehmerin lässt sich ein solches Interesse feststellen. Sie hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie die durch das Klagepatent geschützte Technologie zur Aushärtung der Schlauchliner mit LED-Lichtköpfen anbietet. Dass sie innerhalb des Konzerns für den Vertrieb entsprechender Produkte im deutschsprachigen Raum zuständig und berechtigt ist, ergibt sich zudem aus der Präambel der Vereinbarung vom 06.03.2017.
- 2.
Soweit die Klägerin Schadensersatz, Auskunft und Rechnungslegung verlangt, ist sie Inhaberin der Ansprüche und als solche aktivlegitimiert. Die Patentinhaberin hat die Ansprüche ausweislich Ziffer 5, 2. Absatz des Lizenzvertrags an die Klägerin abgetreten, § 398 BGB. - 3.
Den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechts- und Patentanwaltskosten kann die Klägerin, die die Beklagten selbst hat abmahnen lassen, aus eigenem Recht geltend machen. - II.
Auf Seiten der Beklagten zu 1) ist die – als Verantwortliche des angegriffenen Internetauftritts für die geltend gemachten Ansprüche passivlegitimierte – „D sp. zo.o.“, nicht dagegen die im Passivrubrum der Klageschrift genannte „D E sp. zo.o.“ Partei des Rechtsstreits geworden. Das Passivrubrum war insoweit von Amts wegen zu berichtigen. - 1.
Wer Partei eines Zivilrechtsstreits ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung, die nach der Rechtsprechung als Teil einer Prozesshandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist. Maßgebend ist, welcher Sinn dieser prozessualen Erklärung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts aus der Sicht der Empfänger beizulegen ist. Deshalb ist bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die fehlerhafte Parteibezeichnung betroffen werden soll. Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen zu berücksichtigen. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafter Bezeichnung scheitern darf, wenn diese Mängel in Anbetracht der jeweiligen Umstände letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen lassen. Er greift auch dann, wenn statt der richtigen Bezeichnung irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden (juristischen oder natürlichen) Person gewählt wird, solange nur aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist. Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist dagegen die irrtümliche Benennung der falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den Willen des Klägers so, wie er objektiv geäußert ist, ankommt (BGH, NJW-RR 2008, 582 Rn. 7; NJW 2011, 1453 Rn. 11; NJW-RR 2013, 394, 395 Rn. 13; Althammer, in: Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, Vor § 50, Rn. 6 f.). - 2.
Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend die „D sp. zo.o.“ Partei des Rechtsstreits geworden. Denn der Wille der Klägerin, diese als Partei in Anspruch zu nehmen, ist aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers erkennbar zu Tage getreten. - Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang zunächst das vorprozessuale Abmahnschreiben vom 10.02.2017 (Anlage K11). Dieses ist zwar an die „D E sp. zo.o.“ gerichtet, jedoch existierte diese Gesellschaft bei Zusendung des Abmahnschreibens noch nicht. Die Klägerin verwendete die Bezeichnung erkennbar in Anlehnung an die von der Beklagten zu 1) auf ihrer Homepage zur Kontaktaufnahme durch Kunden selbst gewählten Bezeichnung „D“ und den die Beklagte zu 1) beschreibenden Zusatz „E“ (vgl. auch Screenshot Anlage K2).
- Dass die Klägerin sich an dieser Bezeichnung orientierte, ergibt sich daraus, dass sie die patentrechtlich relevante Benutzungshandlung, die Anlass für die Abmahnung war, aus eben jenem Internetauftritt, dem diese Angabe entstammte, herleitete. Im Einklang mit dem Gegenstand der Abmahnung stützte die Klägerin dann auch das hiesige Klageverfahren auf eben diese Benutzungshandlung, die – wie die Beklagten selbst geltend machen – lediglich mit der „D sp. zo.o.“ – nicht hingegen mit der „D E sp. zo.o.“ – in einem Zusammenhang steht. Der Beklagte zu 2) hat auf das Abmahnschreiben vom 10.02.2017 auch mit E-Mail vom selben Tag reagiert. Mangels Existenz der „D E sp. zo.o.“ konnte er dabei ausschließlich als Geschäftsführer der „D sp. zo.o.“ handeln. Dafür, dass die Klägerin dann mit der zunächst falschen Bezeichnung der Beklagten zu 1) – in Abweichung zu ihrem Abmahnschreiben – zwar weiterhin dieselbe Benutzungshandlung rügen wollte, nunmehr aber gegenüber der „D E sp. zo.o.“, sind keine Gründe ersichtlich. Dies erscheint aus der Sicht einer vernünftig handelnden Klagepartei vielmehr fernliegend. Dies gilt auch deshalb, weil die Klägerin mit ihrem Klageantrag zu Ziffer VII. die Erstattung der durch das Abmahnschreiben entstandenen Kosten verlangt.
- Als die Klägerin dann ihre Klage vom 10.04.2017 gegen die „D E sp. zo.o.“ richtete, geschah dies erkennbar in Unkenntnis darüber, dass es sich dabei um eine andere Gesellschaft als die „D sp. zo.o.“ handelte. Dies erscheint angesichts der Tatsache, dass die „D E sp. zo.o.“ erst einen Monat vor der Einreichung der Klage, nämlich am 10.03.2017, zur Registrierung gelangte, auch nachvollziehbar.
- Die Unkenntnis der Klägerin über die genauen Verhältnisse auf Seiten der Beklagten zu 1) wird auch durch ihren Rubrumsberichtigungsantrag vom 10.05.2017 verdeutlicht, in welchem sie noch immer davon ausgeht, dass zwischen der „D sp. zo.o.“ und der „D E sp. zo.o.“ Personenidentität besteht.
- Dass es sich auch bei der „D E sp. zo.o.“ um eine tatsächlich existierende Gesellschaft handelt, steht der dargestellten Sichtweise nach den obigen Grundsätzen nicht entgegen.
- III.
Die angegriffene Ausführungsform macht von Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. - 1.
Das Klagepatent (nachfolgend genannte Absätze ohne Quellenangabe sind solche der deutschen Übersetzung des Klagepatents, Anlage K7‘) schildert zur Sanierung von Rohrleitungen vorbekannte grabenlose Verfahren, die unter anderem die Verwendung von Rohrleitungsauskleidungen umfassen, die in die Rohrleitungen eingebracht werden (Absatz [0002]). Die Verwendung von Rohrleitungsauskleidungen erweist sich, so das Klagepatent, insbesondere bei unterirdischen Rohrsystemen als vorteilhaft (Absatz [0002]), kann aber auch bei Rohren oberhalb des Bodenniveaus erfolgen (Absatz [0003]). - Aus Sicht des Klagepatents besteht der Vorteil eines Verfahrens, bei welchem eine Auskleidung in die Innenseite der Rohrleitung eingebracht wird und darin aushärtet, darin, dass ein Zugang zur Außenseite des Rohres entbehrlich ist (Absatz [0004]). Auf diese Art und Weise erfordert die vorbekannte Technik ein Minimum an Arbeit im Vergleich zu Methoden, die das Graben eines Lochs für den Zugang zur Rohrleitung von außen verlangen würden (Absatz [0004]). Auch sind Unannehmlichkeiten für den Verkehr, Produktionsgeschäfte und das Wohngebiet geringer (Absatz [0004]).
- Im Anschluss geht das Klagepatent detaillierter auf die vorbekannte Technik zum Sanieren eines unterirdischen Rohres ein. Bei dieser wird eine mit einem Harz imprägnierte Rohrleitungsauskleidung in das Rohr eingebracht, und die Rohrleitungsauskleidung durch das Ausüben von Druck auf die Innenseite der Rohrleitungsauskleidung mit der inneren Oberfläche des Rohres in Kontakt gebracht. Durch das gleichzeitige Ausüben von Wärme auf die Rohrleitungsauskleidung wird das Aushärten des Harzes und damit die Verfestigung der Rohrleitungsauskleidung bewirkt (Absatz [0005]).
- In diesem Zusammenhang weist das Klagepatent weiter auf zwei im Stand der Technik existierende alternative Techniken hin. Bei der „einfachen“ Technik wird die Rohrleitungsauskleidung in das zu sanierende Rohr gezogen und diese nach Außen zum Kontakt mit der Innenfläche des Rohres gepresst (Absatz [0005]). Daneben gibt es eine Technik, die die sogenannte Inversion der Rohrleitungsauskleidung beinhaltet. Bei dieser wird die Rohrleitungsauskleidung von Innen nach Außen gestülpt. Dabei wird Wasser oder vorzugsweise Druckluft verwendet, um die Rohrleitungsauskleidung in dem Inversionsvorgang in das Rohr zu pressen und anschließend die Rohrleitungsauskleidung durch das Einleiten von heißem Wasser oder Dampf zu verfestigen, um das Harz auszuhärten (Absatz [0005]). Beide Techniken sind in Patenten und Patentanmeldungen bereits beschrieben (Absatz [0006]). Die WO 93/151 31 offenbart zusätzlich elektromagnetische Mittel, um das Harz auszuhärten (Absatz [0007]).
- Zusätzlich ist, so das Klagepatent weiter, auch eine Technik bekannt, bei der die Aushärtung des Harzes der Auskleidung durch die Einwirkung von UV-Strahlung herbeigeführt wird, wobei zu diesem Zweck eine UV-Strahlungsquelle in die Rohrleitung eingebracht wird, die die UV-Strahlung aussendet (Absatz [0008]). Obgleich diese Technik den Energieverbrauch im Vergleich zu herkömmlichen Aushärtungsmethoden mit Heißwasser oder -dampf senkt, erweist sie sich jedoch im Übrigen als nachteilig. Da die UV-Strahlung unsichtbar ist, ist eine technische Überwachung, ob das Gerät in Betrieb ist oder nicht, nicht verfügbar. Zudem sind die Emissionen der Vorrichtung geeignet, bei den Arbeitern und Betreibern erhebliche Schäden zu verursachen (Absatz [0008]). Letzteres gilt insbesondere deshalb, weil die UV-Strahlung krebserregend ist (Absatz [0008]). Weiter basieren die UV-Strahlungsvorrichtungen auf einer ziemlich veralteten Vakuumröhrentechnologie, weshalb sie instabil sind (Absatz [0008]). Auch ist die von diesen erzeugte Energie oder Leistung während der kurzen Lebensdauer der UV-Strahlungseinrichtung veränderlich (Absatz [0008]).
- Schließlich weist das Klagepatent auf eine von der Firma H, NL, entwickelte neuartige lichtaushärtende Harzmischung hin, bei welcher das Harz durch die Einwirkung von sichtbarem Licht aushärtet (Absatz [0009]).
- Vor dem Hintergrund des dargestellten Stands der Technik bezeichnet es das Klagepatent als seine Aufgabe (technisches Problem), eine Vorrichtung zum Aushärten einer Rohrleitungsauskleidung bereitzustellen, die im Unterschied zu Vakuumröhren-basierten UV-Strahlungsvorrichtungen sehr stabil ist und eine konstantere Energieemission oder Energieemissions-Effizienz aufweist (Absatz [0010]).
- 2.
Diese Aufgabe wird klagepatentgemäß durch eine Vorrichtung nach Anspruch 1 mit den folgenden Merkmalen gelöst: - 1. Vorrichtung zum Aushärten einer Rohrleitungsauskleidung, welche Auskleidung ein Harz umfasst, das durch Einwirkung elektromagnetischer Strahlung einer spezifischen Wellenlänge oder eines spezifischen Wellenlängenbereichs härtbar ist.
- 2. Die Vorrichtung umfasst:
- 2.1 ein Gehäuse,
- 2.2 ein Stromversorgungskabelpaar,
- 2.3 eine Mehrheit von LEDs.
- 3. Das Gehäuse definiert
- 3.1 einander gegenüberliegende erste und zweite Enden,
- 3.2 eine Außenwand von im Wesentlichen zylindrischer Konfiguration,
- 3.3 und eine Innenwand, welche eine im Wesentlichen unversperrte, durchgehende Passage definiert, die sich longitudinal durch das besagte Gehäuse zwischen den besagten ersten und zweiten Enden erstreckt.
- 4. Das Stromversorgungskabelpaar
- 4.1 dient zur Versorgung der besagten Vorrichtung mit elektrischem Strom,
- 4.2 erstreckt sich von dem besagten ersten Ende des besagten Gehäuses.
- 5. Die Mehrheit von LEDs
- 5.1 strahlt elektromagnetische Strahlung der besagten spezifischen Wellenlänge oder des besagten spezifischen Wellenlängen-bereichs aus,
- 5.2 ist an der besagten Außenwand des besagten Gehäuses angebracht und im Wesentlichen gleichmäßig verteilt,
- 5.3 ist durch einen elektrischen Kreislauf mit dem besagten Stromversorgungskabel verbunden,
- 5.4 ist in einem wärmeleitenden Verhältnis mit wärmeableitenden Elementen verbunden, die freiliegend an der besagten Innenwand des besagten Gehäuses in der besagten durchgehenden Passage des besagten Gehäuses angebracht sind, um den Durchfluss von Kühlflüssigkeit durch die besagte Passage zu gewährleisten zur Ableitung von Wärme von den besagten wärmeableitenden Elementen und Kühlung der besagten LEDs.
3.
Die angegriffene Ausführungsform macht von sämtlichen Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Sie verwirklicht insbesondere die Merkmale 3.3 und 5.4 sowie 3.2 und 5.2. - Die Verwirklichung der übrigen Merkmale ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, weshalb weitere Ausführungen unterbleiben.
- a)
Einer näheren Betrachtung bedürfen zunächst die Merkmale 3.3 und 5.4. - aa)
Das Gehäuse (Merkmal 2.1) einer anspruchsgemäßen Vorrichtung definiert nach den Merkmalen 3 und 3.3 eine Innenwand. Diese Innenwand wiederum definiert nach Merkmal 3.3 eine im Wesentlichen unversperrte durchgehende Passage, welche sich longitudinal durch das besagte Gehäuse zwischen den besagten ersten und zweiten Enden erstreckt. - Die Funktion der durch die Innenwand definierten Passage ergibt sich unmittelbar aus Merkmal 5.4. Danach soll der Durchfluss von Kühlflüssigkeit durch die Passage gewährleistet werden. Dies dient dazu, Wärme von den an der Innenwand der Passage freiliegend angebrachten wärmeableitenden Elementen abzuleiten und damit die – nach Merkmal 5.2 an der Außenwand des Gehäuses angebrachten – LEDs zu kühlen. Durch die Kombination des Stroms an Kühlflüssigkeit und den wärmeableitenden Elementen wird eine ausreichende Kühlung der LEDs ermöglicht (vgl. Absatz [0021]).
- Die durch die Innenwand definierte Passage muss damit geeignet sein, den Durchfluss der Kühlflüssigkeit zu gewährleisten und auf diese Weise Wärme von den wärmeableitenden Elementen abzuleiten. Die Eignung muss sich indes nicht, wie der Wortlaut der deutschen Übersetzung auf den ersten Blick nahezulegen scheint, auf Flüssigkeiten im eigentlichen Sinne beziehen, womit gasförmige Substanzen ausscheiden würden. Der Begriff, im nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgeblichen englischen Wortlaut „cooling fluid“, schließt auch gasförmige Substanzen ein. So nennt Absatz [0015] ausdrücklich Druckluft als Beispiel einer Kühlflüssigkeit. Auch in Absatz [0018] werden Druckluft oder gekühlte Luft beispielhaft als Mittel zum Kühlen der LEDs genannt (vgl. ferner Absätze [0017], [0039], [0042], [0045]).
- Der Durchfluss der Kühlflüssigkeit wird dadurch sichergestellt, dass es sich in räumlich-körperlicher Hinsicht um eine im Wesentlichen unversperrte, durchgehende Passage handeln muss. Dabei folgt zum einen bereits aus dem Anspruchswortlaut, wonach die Passage nur „im Wesentlichen“ unversperrt ist, dass nicht jedes Hindernis innerhalb der Passage – einem Hohlraum – ausgeschlossen ist. Zum anderen ergibt sich aus Merkmal 5.4, dass das Hineinragen der wärmeableitenden Elemente in die Passage gerade nicht verhindert werden soll. Diese sollen an der Innenwand des Gehäuses in der Passage angebracht sein, um Wärme von ihnen ableiten zu können. Im Übrigen kommt es nach der Lehre des Klagepatents entscheidend darauf an, dass der Durchfluss von Kühlflüssigkeit durch weitere die Passage versperrende Hindernisse nicht verhindert wird. Es muss jedenfalls ein Hohlraum verbleiben, durch den eine für die Kühlung der LEDs hinreichende Menge des Kühlmittels gelangen kann.
- Nach Merkmal 3.3 erstreckt sich die Passage longitudinal durch das Gehäuse zwischen ersten und zweiten Enden. Damit gibt das Merkmal die Richtung vor, entlang derer sich die Passage (= der Hohlraum) erstreckt, nämlich von dem ersten zu dem zweiten Ende des Gehäuses (vgl. Merkmal 3.1).
- bb)
Dem Anspruchswortlaut lässt sich, insbesondere im Hinblick auf die Begriffe „Innenwand“, „Passage“ bzw. „Definieren einer Passage“ und „Gehäuse“, nicht entnehmen, dass es sich um einen umschlossenen Raum handeln muss. Soweit die Beklagten argumentieren, aus dem allgemeinen Sprachgebrauch folge, dass eine Wand eine ein Objekt oder einen Raum umgebende und nach innen wie außen abgrenzende Konstruktion voraussetze, die allenfalls von Teilbereichsausschnitten wie Fenstern und Türen unterbrochen und ansonsten durchgängig ausgestaltet ist, ergibt sich daraus nichts anderes. Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar, so dass letztlich der einer Patentschrift zu entnehmende Begriffsinhalt maßgebend ist (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Das Klagepatent verwendet die Begriffe „Außenwand“ (Merkmal 3.2) und „Innenwand“ (Merkmal 3.3) in erster Linie in Abgrenzung zueinander. Die durch das Gehäuse definierte Außenwand ist danach die äußere Oberfläche des Gehäuses, die Innenwand die innere Oberfläche. Die weiteren Anforderungen an die Außenwand und die Innenwand legt das Klagepatent in den genannten Merkmalen selbst fest. So fordert Merkmal 3.2 in räumlich-körperlicher Hinsicht für die Außenwand eine im Wesentlichen zylindrische Konfiguration. Merkmal 3.3 legt für die Innenwand fest, dass diese die bereits erörterte Passage bildet. Raum, aus der Verwendung des Begriffsbestandteils „Wand“ auf das Erfordernis einer durchgehenden Oberfläche zu schließen, bleibt neben diesen Vorgaben nicht. - Die vorstehenden Erwägungen gelten für die weiteren genannten Begriffe entsprechend. So versteht der Fachmann das „Definieren“ eines Raums zwar im Sinne einer eindeutigen Abgrenzung. Dass das Klagepatent damit aber zugleich das Erfordernis einer durchgehenden Umgrenzung des entsprechenden Raums verbindet, ist nicht erkennbar. Dass das „Gehäuse“ einen Raum notwendigerweise lückenlos „einhaust“, entnimmt der Fachmann dem Klagepatent ebenfalls nicht.
- Auch die Funktion, den Durchfluss von Kühlflüssigkeit zu ermöglichen, schließt Lücken oder Ausnehmungen in der Innenwand und damit in der äußeren Begrenzung der durch sie definierten Passage nicht aus. Einen Aufbau, der das Entweichen jeglicher Kühlflüssigkeit aus der Passage verhindert, verlangt das Klagepatent nicht. Dies folgt auch nicht daraus, dass der nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgebliche englische Wortlaut „stream of cooling fluid“ lautet und somit der Durchfluss eines „Stroms“ von Kühl¬flüssigkeit gewährleistet werden soll. Ein solcher Strom liegt bereits dann vor, wenn Kühlflüssigkeit durch die Passage strömt, ohne dass damit eine Aussage darüber verbunden ist, ob Kühlflüssigkeit den Durchflussweg verlassen darf. So lange die Kühlflüssigkeit so durch die Passage fließen kann, dass Wärme von den wärmeableitenden Elementen abgeleitet wird – diese also gekühlt werden – lässt der Anspruch vielmehr auch zu, dass ein Teil der Kühlflüssigkeit die durch die Innenwand definierte Passage verlässt. Unter dieser Voraussetzung schließt das Klagepatent auch ein weiteres Zirkulieren von Kühlflüssigkeit an der Außenwand des Gehäuses und eine dadurch bewirkte zusätzliche Kühlung der LEDs von außen nicht aus. Auch Fig. 13 des Klagepatents zeigt neben den getrennten Luftströmen durch das Innere der Vorrichtung (vgl. dazu Absatz [0065]) einen weiteren Luftstrom außerhalb des Gehäuses. Die im Anspruch verwendeten Begriffe sind im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Ausführungsbeispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können (vgl. BGH, GRUR 2015, 972, 974 – Kreuzgestänge).
- Zwar wird in den Ausführungsbeispielen des Klagepatents die durch die Innenwand definierte Passage, soweit sie erkennbar ist, als vollständig umschlossener Hohlraum dargestellt wird. Soweit sich bei dem in den Fig. 12a und 12b gezeigten modularen Aufbau des Gehäuses an den Übergangsstellen der einzelnen Module Unterbrechungen im Gehäuse befinden, ist nicht erkennbar, dass diese sich auch an der Innenwand fortsetzen. Gleichwohl steht dieser Umstand der dargestellten Sichtweise nicht entgegen. Der Patentanspruch, in dem die Vorgabe eines um¬schlosse¬nen Hohlraums keinen Niederschlag gefunden hat, wird durch die Ausführungsbeispiele nicht beschränkt (vgl. BGH, GRUR 2004, 1023, 1024 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
- Soweit nach Absatz [0015] die Passage so konfiguriert sein kann, dass sie den Durchfluss von Druckluft ermöglicht, was dazu dienen kann, die Auskleidung aufzublasen, mag insbesondere das Aufblasen einen vollständig umschlossenen Hohlraum voraussetzen. Es handelt es sich dabei allerdings ebenfalls nur um eine beispielhaft geschilderte Ausgestaltung, die den Patentanspruch nicht beschränkt. Der Anspruch ist weder auf Druckluft als Kühlfluid beschränkt noch hat die Aufblasbarkeit der Auskleidung darin Niederschlag gefunden.
- Unerheblich ist schließlich, dass der Europäischen Patentanmeldung EP 3 336 404 A1 (Anlage K17), deren Erfinder der Beklagte zu 2) ist, das „Prinzip der Außenkühlung“ zugrunde liegen und der Europäische Prüfer die dortige Lehre gerade im Hinblick auf das neuartige Kühlungskonzept mithilfe eines geschlitzten monolithischen Körpers als erfinderisch angesehen haben mag. Es handelt sich dabei nicht um zulässiges Auslegungsmaterial im Hinblick auf das Klagepatent.
- cc)
Das Klagepatent hat einen Mechanismus vor Augen, bei dem die durch die elektromagnetische Strahlung der LEDs abgegebene Wärme grundsätzlich von der Außenseite – an der die LEDs angeordnet sind (Merkmal 5.2) – an die Innenseite weitergegeben wird, an der dann das Kühlmittel vorbeigeführt wird. - Dieser Mechanismus wird neben der bereits dargestellten Ausgestaltung nach Merkmal 3.3 durch die räumlich-körperlichen Vorgaben nach Merkmal 5.4, insbesondere durch die an der Innenseite des Gehäuses freiliegend angebrachten wärmeableitenden Elemente, umgesetzt. Diese stellen die Verbindung zwischen den erhitzten LEDs an der Außenwand des Gehäuses zu dem durch das Innere des Gehäuses geleiteten Kühlmittel her (Absatz [0021] a. A.). Die wärmeableitenden Elemente sorgen so für ein Ableiten der Wärme weg von den LEDs; das zusätzliche Kühlmittel verstärkt diesen Effekt (Absatz [0021]). Das Freiliegen der Elemente ermöglicht in diesem Zusammenhang, dass das Kühlmittel unmittelbar an ihnen ansetzen und die Wärme weiter ableiten kann. Freiliegend angebracht sind die Elemente damit, wenn sie für die durchfließende Kühlflüssigkeit unmittelbar zugänglich sind. Sie dürfen in räumlich-körperlicher Hinsicht nicht von anderen Elementen umschlossen sein.
- Darüber hinaus gehend macht das Klagepatent keine einschränkenden Vorgaben zur Ausgestaltung der wärmeableitenden Elemente. Es stellt diese vielmehr in das Belieben des Fachmanns. Dies stellt zudem Absatz [0021], wonach es sich um beliebige geeignete Wärmetransportelemente oder Komponenten handeln kann, ausdrücklich klar.
- Das Klagepatent schließt nicht aus, dass Innenwand und wärmeableitende Elemente räumlich-körperlich miteinander verbunden sind. Dies folgt auch nicht daraus, dass die wärmeableitenden Elemente nach Merkmal 5.4 an der Innenwand „freiliegend angebracht“, nach dem maßgeblichen englischen Wortlaut „freely exposed“, sind. Eine zwingende Vorgabe, dass es sich um zwei voneinander zu unterscheidende Bauteile handelt, ist damit nicht verbunden. Die Funktion der wärmeableitenden Elemente und ihrer Anordnung im Sinne des Merkmals 5.4 macht entsprechendes ebenfalls nicht erforderlich. Für die vom Klagepatent erstrebte Wärmeableitung von den LEDs über die Elemente ist es unerheblich, ob diese mit der Innenwand verbunden oder als weiteres Bauteil an dieser angeordnet sind.
- b)
Ferner bedürfen die Merkmale 3.2 und 5.2 einer näheren Betrachtung. - Auch hinsichtlich des in Merkmal 3.2 und darauf bezugnehmend in Merkmal 5.2 verwendeten Begriffs der „Außenwand“ ist dem Wortlaut, insbesondere dem Begriffsbestandteil „Wand“, nicht zu entnehmen, dass es sich um eine durchgehende Oberfläche handeln muss. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
- Die Außenwand ist nach der weiteren Anforderung in Merkmal 3.2 von im Wesentlichen zylindrischer Konfiguration. Nach dem allgemeinen Verständnis des Fachmanns handelt es sich bei einem Zylinder um einen geometrischen Körper, bei dem zwei parallele, ebene und kongruente, meist, aber nicht zwingend, kreisrunde Grundflächen durch einen Mantel miteinander verbunden sind. Das Klagepatent verwendet den Begriff der zylindrischen Konfiguration grundsätzlich ebenfalls in diesem Sinne. Als Beispiele einer zylindrischen Form nennt das Klagepatent die kreiszylindrische Form und die polygonale zylindrische Form (Absatz [0019]). Insbesondere bei einer derartigen polygonalen – vieleckigen – zylindrischen Form wird die Außenwand nach der Lehre des Klagepatents vorzugsweise von einem Satz gekrümmter oder ebenflächiger Oberflächenelemente gebildet (Absatz [0019]). Den so erwähnten modularen Aufbau zeigen auch die Fig. 12a und 12b. In der in Fig. 12b gezeigten Variante ist die Gesamtvorrichtung aus nur vier Gehäuseelementen zusammengesetzt und die strenge kreiszylindrische Konfiguration daher zu einer Konfiguration modifiziert, die geringfügig von der kreiszylindrischen Konfiguration abweicht (Absatz [0064]). Der Fachmann erkennt daran, dass das Klagepatent den Begriff der zylindrischen Konfiguration nicht auf einen Kreiszylinder, also eine geometrische Form mit kreisrunden Grundflächen, beschränkt.
- Eine weitere Einschränkung erfährt das Erfordernis der geometrischen Form eines Zylinders dadurch, dass die Außenwand nach dem Wortlaut des Merkmals nur eine „im Wesentlichen“ zylindrische Konfiguration aufweisen muss. Abweichungen im geometrischen Aufbau sind daher nach dem Klagepatent ausdrücklich zulässig. Sofern man für die geometrische Form eines Zylinders eine durchgehende Manteloberfläche überhaupt für erforderlich hält, ist nicht erkennbar, dass sich diese Abweichungen nicht auf Durchbrechungen oder Aussparungen beziehen dürfen.
- Die im Wesentlichen zylindrischen Konfiguration dient dazu, eine für das Aushärten einer Rohrleitungsauskleidung – somit zum Einbringen in das Rohr – geeignete geometrische Form bereitzustellen (vgl. Absatz [0019] a. A.). Das Klagepatent zielt auf eine kompakte Vorrichtung ab, die auch in kleinen Rohrleitungen Verwendung finden kann (Absätze [0011], [0012]). Auch zur Erfüllung dieser Funktion sind Unterbrechungen und Ausnehmungen in den Grundflächen oder der Mantelfläche des Gehäuses unerheblich.
- Nach Merkmal 5.2 ist die Mehrheit von LEDs (Merkmal 5) an der Außenwand des Gehäuses angebracht und im Wesentlichen gleichmäßig verteilt.
- c)
Diese Auslegung zugrunde gelegt, verwirklicht die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 3.3 und 5.4 sowie 3.2 und 5.2. - aa)
Die angegriffene Ausführungsform weist eine Außenwand von im Wesentlichen zylindrischer Konfiguration im Sinne des Merkmals 3.2 auf. Ihrer geometrischen Form nach verfügt sie über zwei kongruente, ebene Grundflächen, die eine polygonale bis nahezu kreisrunde Form aufweisen. Die Verbindung der beiden Grundflächen bildet eine Mantelfläche. Dass sowohl die Grundflächen als auch die Mantelfläche keine durchgehende Oberfläche ausbilden, sondern Aussparungen und Unterbrechungen aufweisen, steht der im Wesentlichen zylindrischen Konfiguration nach obiger Auslegung nicht entgegen. - Ferner verfügt die angegriffene Ausführungsform über eine Innenwand. Es handelt sich dabei um sämtliche Innenseiten der äußersten Enden der von der Beklagten als Kühlfinnen bezeichneten, tannenbaumartigen Elemente, wie sie die Klägerin auf Seite 10 des Schriftsatzes vom 14.01.2019 (Bl. 148 GA) für ein Element eingezeichnet hat. An der Innenwand sind für die Kühlflüssigkeit unmittelbar zugänglich, also freiliegend, die wärmeableitenden Elemente angebracht. Dem steht, wie oben ausgeführt, nicht entgegen, dass Innenwand und wärmeableitende Elemente im Sinne einer einteiligen Ausgestaltung unmittelbar miteinander verbunden sind.
- Die Innenwand definiert auch eine im Wesentlichen unversperrte, durchgehende Passage im Sinne des Merkmals 3.3. Dabei bleiben die von der Innenwand in den inneren Hohlraum – die Passage – ragenden, tannenbaumartigen wärmeableitenden Elemente, deren Kontakt mit der Kühlflüssigkeit gerade ermöglicht werden soll, außer Betracht. Aber auch der zentral angeordnete massive Kern des Hohlraums führt nicht dazu, dass die Passage nicht als im Wesentlichen unversperrt und durchgehend anzusehen ist. Denn der Durchfluss von Kühlflüssigkeit durch die innere Passage der angegriffenen Ausführungsform, vorbei an den wärmeableitenden Elementen, wird gleichwohl ermöglicht.
- Dass nicht jegliches Kühlmittel in einem gerichteten Strom die Passage durchfließt, sondern Kühlmittel durch die Kerben nach außen austritt, zwischen der Außenseite des Gehäuses und der transparenten Abdeckung zirkuliert und dadurch eine zusätzliche Kühlung der LEDs („von allen Seiten“) bewirkt, führt nach der vorgenommenen Auslegung ebenfalls nicht aus der Verletzung heraus.
- bb)
Einer Merkmalsverwirklichung steht auch nicht entgegen, dass dem streitgegen-ständlichen Internetauftritt die genaue Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungs¬form, insbesondere ihre innere Beschaffenheit, nicht zu entnehmen ist. - (1)
Grundsätzlich fehlt es in Fällen, in denen das Angebot eines Erzeugnisses durch eine bildliche Darstellung eines Erzeugnisses erfolgt, an einem unmittelbaren Bezug zu einem körperlich vorhandenen Gegenstand, dessen Gestalt und Beschaffenheit feststehen und dem Beweis zugänglich sind. Das zwingt zur Heranziehung anderer Umstände. Ob ein patentgemäßes Erzeugnis angeboten wird, muss deshalb anhand derjenigen objektiven Gegebenheiten geprüft werden, die in vergleichbarer Weise eine verlässliche Aussage über Gestalt und Beschaffenheit des Erzeugnisses zulassen. Entscheidend kann dann nur sein, ob bei objektiver Betrachtung der Umstände davon ausgegangen werden muss, dass das mittels bildlicher Darstellung angebotene Erzeugnis dem Gegenstand des Patents entspricht (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte; GRUR 2005, 665, 666 – Radschützer). Erlauben die objektiv zu würdigenden Umstände die Feststellung eines schutzrechtsverletzenden Angebots, so kommt es nicht mehr darauf an, ob die Verwirklichung der schutzrechtsgemäßen Merkmale aus der Angebotshandlung bzw. dem hierbei verwendeten Mittel selbst offenbar wird (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte; GRUR 2005, 665, 666 – Radschützer; Scharen, in: Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 9 Rn. 42). - Zeigt – gemessen an den dargestellten Maßstäben – die Werbung oder sonstige bildliche Darstellung nicht alle, sondern keines oder nur einzelne Merkmale des Patentanspruchs, so kann nur das mit der Darstellung in Bezug genommene Produkt und dessen tatsächliche Ausgestaltung die Übereinstimmung mit der technischen Lehre des Patentanspruchs ergeben. Bestreitet der Beklagte die sachliche Richtigkeit seiner einzelne Anspruchsmerkmale zeigenden Werbeaussage, so muss tatrichterlich aufgeklärt werden, wie der beworbene Gegenstand beschaffen ist, um an ihm die Identität des beworbenen Produkts mit den Anspruchsmerkmalen des Klagepatents festzustellen. Dahingehende Beweisaufnahmen sind auch insoweit nicht entbehrlich, wie sich in der Werbung einzelne Anspruchsmerkmale positiv entnehmen lassen, denn die dortige Darstellung kann fehlerhaft sein. Ein Anspruchsmerkmal, das sich aus der Werbung als vorhanden ergibt, dem Produkt jedoch tatsächlich fehlt, führt zur Nichtverletzung (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt A Rn. 276).
- (2)
Daran gemessen kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die Darstellung auf der Website alle Merkmale des Patentanspruchs offenbart. Denn es steht fest, dass mit der Darstellung ein Produkt – die angegriffene Ausführungsform – beworben wird, das alle Merkmale verwirklicht. Damit ist auch der Bezug zu einem körperlich vorhandenen Gegenstand hergestellt. Dass sich der in der mündlichen Verhandlung vom 06.11.2018 vorgelegte Teil der angegriffenen Ausführungsform von derjenigen angegriffenen Ausführungsform unterscheidet, die auf der Homepage beworben wurde, machen die Beklagten nicht geltend. - Abgesehen davon ist bei objektiver Betrachtung des Internetangebots davon auszugehen, dass das dort gezeigte Erzeugnis dem Gegenstand des Patentanspruchs entspricht. So erkennt der angesprochene Fachkreis in der Vielzahl von Bohrungen, über die die angegriffene Ausführungsform an dem dem Stromkabeleingang gegenüber liegenden Ende verfügt, Auslässe für Luft, die durch das Innere des Gehäuses strömt. Daran lässt sich bei objektiver Betrachtung erkennen, dass sich im Inneren des Gehäuses eine Passage befindet, die allenfalls in dem Maße versperrt ist, welches die Kühlung im Inneren durch einen Luftstrom noch ermöglicht. Auch das Vorhandensein eines Stromkabelpaars erkennt der angesprochene Fachkreis anhand des Internetangebots. Hinzu kommt, dass dem fachkundigen Adressatenkreis – die angegriffene Ausführungsform gelangt bei Fachunternehmen zum Einsatz, die Rohrsanierungsarbeiten durchführen –, bekannt ist, dass die angegriffene Ausführungsform ohne eine externe Stromquelle, die die LEDs mit Strom versorgt, nicht betrieben werden kann. Schließlich stellen die Beklagten über die Internetseite der Beklagten zu 1) auch ein Video bereit, auf dem die mit dem Gehäuse verbundene Stromleitung erkennbar ist (vgl. Screenshot aus dem Video, Anlage K15).
- IV.
Da der streitgegenständliche Internetauftritt unstreitig in dem Verantwortungsbereich der „D sp. zo.o.“ liegt und diese die mit der hiesigen Klage in Anspruch genommene Beklagte zu 1) ist (vgl. dazu oben unter II.), liegt eine Benutzungshandlung der Beklagten zu 1) in Form einer Angebotshandlung gem. § 9 S. 2 Nr. 1 PatG vor. Der Beklagte zu 2) haftet als Geschäftsführer für die Benutzungshandlungen persönlich (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031, 1033 – Kupplung für optische Geräte). Dass die Klägerin nichts dazu dargelegt hat, durch welche konkreten Handlungen der Beklagte zu 2) an den der Klage zugrunde liegenden Verletzungs¬handlungen beteiligt war, ist unschädlich (vgl. BGH, GRUR 2016, 257, 263 – Glasfasern II). - Aufgrund der Verletzung des Klagepatents ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.
- 1.
Gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG sind die Beklagten der Patentinhaberin zur Unterlassung verpflichtet, wobei die Klägerin den Anspruch geltend machen kann (siehe dazu unter I.). - Die Klägerin kann dabei nicht nur die Unterlassung weiterer Angebotshandlungen verlangen, sondern auch die begehrte Untersagung weiterer Benutzungshandlungen. Die festgestellte Angebotshandlung schafft eine Begehungsgefahr auch für das Inverkehrbringen, Gebrauchen, Besitzen und Einführen. Grund hierfür ist, dass der Geschäftsbetrieb des jeweiligen Unternehmens auch auf diese Benutzungsarten ausgerichtet ist bzw. diese Benutzungsarten vom üblichen Geschäftsbetrieb eines solchen Unternehmens erfasst sind, so dass regelmäßig auch mit diesen zu rechnen ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.04.2017 – I-2 U 51/16 – Wirbelschicht-Verdampfungstrockner, BeckRS 2017, 109833 Rn. 105).
- 2.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ferner ein Auskunftsanspruch gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 1, 3 PatG, § 398 BGB zu. - Die Auskunftspflicht über die in § 140b Abs. 3 PatG näher beschriebenen Tatsachen ist nach § 140b Abs. 1 PatG bereits dann ausgelöst, wenn eine rechtswidrige Benutzungshandlung nach § 9 PatG – unabhängig davon, um welche Benutzungs¬alternative es sich handelt – festgestellt werden kann, was hier in Form der Angebotshandlung der Fall ist (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt D Rn. 477)
- Anhaltspunkte dafür, dass die Pflicht zur Auskunftserteilung unverhältnismäßig ist (§ 140b Abs. 4 PatG), bestehen nicht.
- 3.
Die Beklagten sind der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG, § 398 BGB. Dies gilt allerdings nur, soweit Angebotshandlungen betroffen sind. - a)
Als Fachunternehmen bzw. dessen Geschäftsführer hätten die Beklagten die Patentverletzung durch die angegriffene Ausführungsform bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. - Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerken-nen, § 256 ZPO.
- Die Beklagten haften für die Patentverletzung als Gesamtschuldner, § 840 Abs. 1 BGB (vgl. Grabinski/Zülch, in: Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 139 PatG Rn. 21).
- b)
Der Anspruch besteht jedoch nur, soweit Angebotshandlungen betroffen sind. Demgegenüber scheidet die begehrte umfassende Verurteilung der Beklagten zum Schadensersatz aus. - aa)
Obwohl es sich bei einem auf unterschiedliche Benutzungshandlungen gestützten Schadensersatzanspruch um unterschiedliche Streitgegenstände handelt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.03.2017, Az.: I-2 U 58/16, Rn. 26 ff. – Curcuminoide, zitiert nach BeckRS 2017, 109832), genügt es in der Regel, wenn nachgewiesen wird, dass der Beklagte während der Schutzdauer des Klagepatents überhaupt irgendwelche Benutzungshandlungen begangen hat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.03.2017, Az.: I-2 U 58/16 – Curcuminoide, BeckRS 2017, 109832, Rn. 26 ff.; Urteil vom 06.04.2017 – I-2 U 51/16 – Wirbelschicht-Verdampfungstrockner, BeckRS 2017, 109833 Rn. 108). - Ist allerdings streitig, ob der Beklagte eine ihm auch zur Last gelegte Benutzungsform vorgenommen hat, was dieser plausibel in Abrede stellt, kommt eine Feststellung der Schadensersatzpflicht und eine Verurteilung des Beklagten zur Rechnungslegung grundsätzlich nur für diejenigen Benutzungsarten des § 9 PatG in Betracht, für die eine Verletzungshandlung vom Kläger nachgewiesen wird (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23.03.2017, Az.: I-2 U 58/16 – Curcuminoide, BeckRS 2017, 109832, Rn.32; Urteil vom 06.04.2017 – I-2 U 51/16 – Wirbelschicht-Verdampfungstrockner, BeckRS 2017, 109833 Rn. 108).
- bb)
Daran gemessen konnte vorliegend eine Verurteilung der Beklagten zum Schadensersatz dem Grunde nach nur wegen der Benutzungshandlung des Anbietens erfolgen. Zwischen den Parteien sind weitere Benutzungshandlungen nicht nur streitig. Es ist vielmehr sogar unstreitig, dass die Beklagten neben der Angebotshandlung keine weiteren Benutzungshandlungen des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG in der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen haben. - 4.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ferner ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259, 398 BGB zu. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. - Wie bei dem Schadensersatzanspruch, zu dessen Vorbereitung der Anspruch dient, war die Verurteilung jedoch auf die Benutzungsart des Anbietens zu beschränken (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.04.2017 – I-2 U 51/16 – Wirbelschicht-Verdampfungstrockner, BeckRS 2017, 109833 Rn. 108).
- 5.
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Erstattung der ihr durch die Abmahnung entstandenen Rechts- und Patentanwaltskosten aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG oder aus §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB besteht nicht. - a)
Die Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten setzt zum einen voraus, dass die Abmahnung zu dem Zeitpunkt, zu dem sie dem Schuldner zugegangen ist, berechtigt war (BGH, GRUR 2011, 532, 533 – Millionen-Chance II; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – I-2 U 64/14, GRUR-RS 2015, 18679 Rn. 72 – Verbindungsstück). - Darüber hinaus ist erforderlich, dass der Abmahnende seine Sachbefugnis darlegt, also kundtut, weshalb er sich für berechtigt hält, den zu beanstandenden Verstoß zu verfolgen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2011 – I-20 W 132/11). Geht beispielsweise ein Lizenznehmer gegen den Verletzer vor oder hat eine Übertragung des Patents stattgefunden, ist dies in einer Abmahnung zu erwähnen, muss aber nicht belegt werden (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt C Rn. 8). Unzutreffende Angaben zur Aktivlegitimation nehmen der Abmahnung ihre Wirksamkeit (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – I-2 U 64/14, GRUR-RS 2015, 18679 Rn. 72 – Verbindungsstück; Beschluss vom 21.10.2010 – I-2 W 52/10; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt C Rn. 8).
- b)
Daran gemessen liegt eine wirksame Abmahnung nicht vor. - Die Klägerin hat nicht dargetan, zum Zeitpunkt der Abmahnung aktivlegitimiert gewesen zu sein. Der von der Klägerin vorgelegte Lizenzvertrag (Anlage K13) datiert vom 06.03.2017, während die Abmahnung bereits am 10.02.1017 erfolgte. Soweit sich die Klägerin in der Replik (Seite 10 der Replik, Bl. 102 GA) darauf beruft, sie habe selbstverständlich nicht ohne Zustimmung durch die Patentinhaberin entsprechende Schritte eingeleitet, ist damit das Bestehen einer Sachbefugnis am 10.02.2017 nicht hinreichend dargetan. Aus dem entsprechenden Vorbringen ergibt sich nicht, in welcher Form die entsprechende „Zustimmung“ erfolgt sein soll. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Klägerin noch in der Klageschrift (Seite 42 der Klageschrift, Bl. 42 GA) selbst darauf berufen hatte, mit der als Anlage K13 vorgelegten Abtretungs- und Ermächtigungserklärung ermächtigt worden zu sein, wäre eine nähere Darlegung erforderlich gewesen.
- Auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin ist zudem nicht feststellbar, dass die in der Abmahnung erfolgten Angaben zur Aktivlegitimation zutrafen.
- V.
Eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf das gegen das Klagepatent anhängige Nichtigkeitsverfahren ist nicht veranlasst. - 1.
Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens einen Rechtsstreit aussetzen. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt allerdings ohne Weiteres noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen. Die Patenterteilung ist auch für die (Verletzungs-) Gerichte bindend. Wegen der gesetzlichen Regelungen, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangen und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage und den Einspruch vor dem jeweiligen Patentamt zur Verfügung stellen, kann der Angriff gegen das Klagepatent nicht als Einwand im Verletzungsverfahren geführt werden. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessenentscheidung ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage oder dem erhobenen Einspruch nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2015, 18679). - 2.
Daran gemessen ist eine Aussetzung des Rechtsstreits nicht veranlasst. - Ob sich die Beklagten im vorliegenden Verletzungsverfahren auf die fehlende Rechtsbeständigkeit des Klagepatents berufen oder lediglich die Inkonsistenz des klägerischen Vortrags im Hinblick auf das Nichtigkeitsverfahren rügen, bleibt offen.
- Jedenfalls lässt sich auf der Grundlage ihrer Ausführungen eine hinreichende Erfolgsaussicht der Nichtigkeitsklage nicht feststellen. Zu etwaigen Nichtigkeits-gründen tragen die Beklagten nicht aus sich heraus verständlich hervor. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich den maßgeblichen Sachvortrag aus den zu Gericht gereichten Schriftsätzen und Anlagen zusammenzusuchen (BVerfG, GRUR 2001, 48).
- VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. - Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. Auf Antrag der Klägerin sind Teilsicherheiten für die gesonderte vorläufige Vollstreckung festgesetzt worden.
- VII.
Der Streitwert wird auf € 1 Mio. festgesetzt.