Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2915
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 08. August 2019, Az. 4a O 139/17
- I. Die Beklagten werden verurteilt,
- 1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die folgenden Handlungen seit dem 01.01.2008 bis zum 09.03.2019 begangen haben:
- bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtungen mit einem auf einem Befestigungssockel gehaltenen, mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels begrenzenden Leuchtmittel und einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor
- in der Bundesrepublik Deutschland anbieten, in Verkehr bringen oder gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einführen oder besitzen,
- wobei der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne und einer zugeordneten Sensorelektronik ist, das so auf dem Befestigungssockel vorgesehen ist, dass das Trägermodul mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen ist,
- und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
- b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
- c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
- wobei
- – zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 01.01.2008 bis zum 09.03.2019 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
- b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
- c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
- d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
- wobei
- – den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
- II. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 01.01.2008 bis zum 09.03.2019 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
- III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
- IV. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu I. 1. und 2. vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 150.000,00. Im Kostenpunkt (Tenor zu III.) ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
- Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents 1 062 XXX B1 (Anlage K2; nachfolgend: Klagepatent) auf Auskunft, Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
- Das Klagepatent wurde am 09.03.1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 298 04 XXX U vom 09.03.1998 (Anlage WKS5a, Anlage NK5a im Nichtigkeitsverfahren; nachfolgend: NK5a) und der DE 299 03 XXX U vom 05.03.1999 angemeldet. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 27.12.2000 veröffentlicht, der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 09.01.2002 bekanntgemacht. Eingetragene Inhaberin des Klagepatents ist die Klägerin (Registerauszug vorgelegt als Anlage K1). Das Klagepatent ist am 09.03.2019 durch Zeitablauf erloschen.
- Die Beklagte zu 1) hat eine das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
- Das Klagepatent betrifft eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch 1 lautet:
- „Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung mit einem auf einem Befestigungssockel (12; 20) gehaltenen, mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum (28) oberhalb des Befestigungssockels begrenzenden Leuchtmittel (14; 22), insbesondere einer Gasentladungslampe, und einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor (26; 32),
dadurch gekennzeichnet, dass
der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul (26) gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne (16; 32) und einer zugeordneten Sensorelektronik ist, das so auf dem Befestigungssockel (12, 24) vorgesehen ist, dass das Trägermodul (26) mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum (28) aufgenommen ist.“ - Nachfolgend wird in verkleinerter Form Fig. 1 des Klagepatents eingeblendet, die eine erste Ausführungsform der erfindungsgemäßen Leuchtenvorrichtung zeigt:
- Die Beklagte zu 1) ist die deutsche Vertriebstochtergesellschaft der in A ansässigen Beklagten zu 2).
- Die Beklagten lassen über selbstständige Händler in der Bundesrepublik Deutschland Hochfrequenz-Sensorleuchten unter den Bezeichnungen „B“ (angegriffene Ausführungsform 1), „C“ (angegriffene Ausführungsform 2), „D“ (angegriffene Ausführungsform 3) und „E“ (angegriffene Ausführungsform 4) vertreiben. Exemplare der angegriffenen Ausführungsformen erwarb die Klägerin über den Händler F aus G (Rechnung vom 06.07.2016 vorgelegt als Anlage K7). Die technischen Daten der angegriffenen Ausführungsformen sind in einer Produktbeschreibung aufgeführt, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K9 Bezug genommen wird.
- Auf den identischen und in deutscher Sprache abrufbaren Internetseiten der Beklagten, die unter XXX (Beklagte zu 1) und unter XXX (Beklagte zu 2) erreichbar sind, ist zudem jedenfalls die angegriffene Ausführungsform 3 abrufbar, wobei die Beklagten nach Erhalt der Abmahnung den Vermerk „Nicht mehr lieferbar“ hinzugefügt haben.
- Die Klägerin trägt vor, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch.
- Insbesondere komme es nach dem Verständnis des Klagepatents für den Begriff der Leuchtenvorrichtung nicht darauf an, ob ein Bewegungssensor nachrüstbar oder, wie bei den angegriffenen Ausführungsformen, bereits vorhanden sei. Ferner könne ein klagepatentgemäßes Leuchtmittel auch aus mehreren lichtemittierenden Bestandteilen bestehen. Die bei den angegriffenen Ausführungsformen vorhandene Vielzahl von LED sei somit ein Leuchtmittel in diesem Sinne. Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen mit der unteren Befestigungsplatte, auf der der LED-Ring befestigt sei, auch einen Befestigungssockel im Sinne des Klagepatents auf.
- Eine Aussetzung des Rechtsstreits sei nicht geboten, da sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen werde.
- Ursprünglich hat die Klägerin die Beklagten auch auf Unterlassung in Anspruch genommen. Nachdem das Klagepatent am 09.03.2019 durch Zeitablauf erloschen ist, haben die Parteien den Rechtsstreit in der Sitzung vom 02.07.2019 hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
- Die Klägerin beantragt nunmehr,
- wie erkannt.
- Hilfsweise beantragt die Klägerin,
- es ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft abzuwenden.
- Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen;
- hilfsweise,
- das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent anhängige Nichtigkeitsklage auszusetzen;
- weiter hilfsweise,
- ihnen zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden.
- Die Beklagten tragen vor, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.
- Eine Leuchtenvorrichtung im Sinne des Klagepatents beschreibe eine Vorrichtung, die in die Fassung einer Leuchte bzw. Lampe eingeschraubt werden könne. Von einer vollständigen Leuchte, die als komplette Einheit bereits die Sensortechnik, das Leuchtmittel, die Steuerelektronik nebst Gehäuse und die Lampenabdeckung enthalte, grenze sich das Klagepatent dagegen ab. Schließlich beziehe sich das Klagepatent auf die DE 196 01 XXX A1 (Anlage K3; nachfolgend: DE XXX) als gattungsbildenden Stand der Technik. Die DE XXX nehme eine solche Unterscheidung gerade vor.
- Da das Klagepatent den Begriff des Leuchtmittels als Zahlwort verwende, dürfe es sich nur um ein einzelnes Leuchtmittel handeln. Leuchtmittel in diesem Sinne könnten zudem nur die lichtemittierenden Bestandteile der Leuchtenvorrichtung sein. Die Vielzahl der bei den angegriffenen Ausführungsformen vorhandenen LED stelle kein Leuchtmittel in diesem Sinne dar.
- Der anspruchsgemäß erforderliche Befestigungssockel müsse einerseits – im Sinne eines umschlossenen Raums – die Vorschaltelektronik für das Leuchtmittel aufnehmen und andererseits geeignet sein, eine Verbindung mit der lampenseitig vorhandenen Fassung einzugehen. Dies ergebe sich aus dem Begriff „Sockel“, der im maßgeblichen technischen Umfeld eine feststehende Bedeutung habe. Die Rückwände der angegriffenen Ausführungsformen, die die Klägerin als Befestigungssockel ansehen wolle, erfüllten diese Anforderungen nicht.
- Jedenfalls sei der Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO auszusetzen, da sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die ausgetauschten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2019 Bezug genommen.
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist begründet.
- Die angegriffenen Ausführungsformen machen von Anspruch 1 des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch (dazu unter I.). Die Klägerin hat aufgrund der patentverletzenden Handlungen der Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 2, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB (dazu unter II.) Eine Aussetzung des Rechtsstreits ist nicht veranlasst (dazu unter III.).
- I.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. - 1.
Das Klagepatent (nachfolgend genannte Absätze ohne Quellenangabe sind solche des Klagepatents) betrifft eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung. - Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents sind derartige Vorrichtungen beispielsweise aus der DE XXX (Anlage K3) der Anmelderin bekannt und basieren auf dem Prinzip, gängige Leuchtmittel – Glühlampen, Energiesparlampen o. ä. – in möglichst kompakter Weise mit einem Bewegungsdetektor zu verbinden, um das Leuchtmittel dann bewegungsgesteuert aktivieren und deaktivieren zu können (Absatz [0001]).
- Bei dem bekannten Stand der Technik wurde, so das Klagepatent, der Bewegungssensor in einem bevorzugt in eine Leuchtmittelfassung einsetzbaren Sockelgehäuse aufgenommen, wobei dieses Sockelgehäuse dann seinerseits eine Leuchtmittelfassung zum Einsetzen des Leuchtmittels anbot (Absatz [0002]).
- Eine solche Technologie eignet sich damit insbesondere für solche Leuchten, bei denen das Leuchtmittel hinreichend Platz zum Ein- bzw. Zwischensetzen des Sockelgehäuses bietet (Absatz [0003]).
- Insbesondere unter kompakten Leuchtenschirmen bzw. bei nur begrenztem Raum oberhalb des Leuchtmittelsockels kann es jedoch Umstände geben, die das Einfügen dieses bekannten Sockelgehäuses zwischen Sockel und Leuchtmittel nicht gestatten. Dies gilt insbesondere dann, wenn etwa aufgrund der notwendigen Elektronik oder Antenne das einzusetzende Sockelgehäuse eine bestimmte Mindestgröße überschreitet (Absatz [0004]).
- Davon ausgehend benennt es das Klagepatent als seine Aufgabe, eine gattungsgemäße bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung dahingehend zu verbessern, dass die Gesamtanordnung kompakter und insbesondere auch unter beengten Raumverhältnissen einsetzbar wird (Absatz [0005]).
- 2.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 vor, der nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben wird: - 1. Bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtung
- 2. mit einem Leuchtmittel (14; 22), insbesondere einer Gasentladungslampe,
- 2.1 das Leuchtmittel ist auf einem Befestigungssockel (12; 20) gehalten und
- 2.2 begrenzt mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum (28) oberhalb des Befestigungssockels,
- 3. mit einem zum Aktivieren oder Deaktivieren des Leuchtmittels als Reaktion auf eine erfasste Bewegung eingerichteten Bewegungssensor (26; 32),
- 4. wobei der Bewegungssensor ein auf einem Trägermodul (26) gebildeter Mikrowellensensor mit einer Sende- und/oder Empfangsantenne (16; 32) und einer zugeordneten Sensorelektronik ist;
- 5. das Trägermodul ist so auf dem Befestigungssockel (12, 24) vorgesehen, dass das Trägermodul (26) mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum (28) aufgenommen ist.
- 3.
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 1, insbesondere die Merkmale 1, 2, 2.1, 2.2 und 5. Die Verwirklichung der übrigen Merkmale ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass es dazu keiner Ausführungen bedarf. - a)
Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen Merkmal 1. - aa)
Bei der bewegungssensorgesteuerten „Leuchtenvorrichtung“ gemäß Merkmal 1 handelt es sich um die Gesamtvorrichtung, die durch die weiteren Merkmale näher bestimmt wird und insbesondere das Leuchtmittel (Merkmal 2) und den Bewegungssensor (Merkmal 3) als Bestandteile enthält. Der Patentanspruch schließt damit nicht nur nicht aus, dass eine anspruchsgemäße Leuchtenvorrichtung das Leuchtmittel und den Bewegungssensor bereits enthält, sondern setzt dies sogar ausdrücklich voraus. Dass die danach enthaltenen Bestandteile der Leuchtenvorrichtung miteinander nicht unmittelbar verbunden sein dürfen oder dass es sich jedenfalls um eine lösbare Verbindung handeln muss, lässt sich dem Patentanspruch nicht entnehmen. Dieser gibt insbesondere nicht vor, dass die Leuchtenvorrichtung dazu geeignet sein muss, eine bestehende Lampe mit einer Bewegungssensorsteuerung nachzurüsten. - Eine solche Vorgabe lässt sich auch nicht aus der Würdigung der DE XXX im Klagepatent entnehmen. Zwar können sich Anhaltspunkte für das Verständnis eines Merkmals auch daraus ergeben, dass das Patent von einer bestimmten vorbekannten Konstruktion ausgeht, diese als vorteilhaft ansieht und für die Erfindung beibehalten will. Hier ist regelmäßig die Annahme gerechtfertigt, dass sich das Patent in diesem Punkt den Stand der Technik zu Eigen macht. Infolgedessen ist es regelmäßig zulässig und geboten, für die Auslegung auf den betreffenden Stand der Technik zurückzugreifen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2015 – I-15 U 106/14, Rn. 283 bei juris; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Auflage 2019, Abschnitt A Rn. 65). Vorliegend geht das Klagepatent indes von einem gegenüber der DE XXX anderen Verständnis des Begriffs der (Leuchten-) „Vorrichtung“ aus und will die vorbekannte Konstruktion gerade nicht beibehalten. Nach der DE XXX wird der Bewegungssensor in einem in eine Leuchtmittelfassung einsetzbaren Sockelgehäuse aufgenommen, wobei das Sockelgehäuse dann seinerseits eine Leuchtmittelfassung zum Einsetzen des Leuchtmittels anbietet (vgl. Absatz [0002]). Daraus kann indes nicht der Schluss gezogen werden, das Klagepatent setze eine solche mehrgliedrige Ausgestaltung ebenfalls voraus. Vielmehr ist es gerade die Aufgabe des Klagepatents, eine gegenüber der DE XXX kompaktere Gesamtanordnung bereit zu stellen (vgl. Absatz [0005]). Zu dieser Gesamtanordnung gehört, wie Merkmal 2 zeigt, das Leuchtmittel selbst. Dieses unterschiedliche Verständnis einer „Vorrichtung“ wird zudem dadurch bestätigt, dass die DE XXX eine „Vorrichtung zum Steuern eines Leuchtmittels“ (vgl. Anspruch 1 der DE XXX), das Klagepatent dagegen eine „Leuchtenvorrichtung“ lehrt.
- bb)
Diese Auslegung zugrunde gelegt, handelt es sich bei den angegriffenen Ausführungsformen jeweils um bewegungssensorgesteuerte Leuchtenvorrichtungen. Insbesondere führt es nicht aus der Verletzung heraus, dass mit den angegriffenen Ausführungsformen nicht bereits vorhandene Lampen mit einer Bewegungssensortechnik nachrüstbar sind, sondern diese als vollständige Lampen bereits selbst das Leuchtmittel, die Sensortechnik, die Steuerelektronik nebst Gehäuse und die Lampenabdeckung aufweisen. - b)
Ferner verwirklichen die angegriffenen Ausführungsformen das Merkmal 2 und – soweit es das Begrenzen eines lichten Zwischenraums mit den Außenwänden des Leuchtmittels betrifft – das Merkmal 2.2. - aa)
Nach Merkmal 2 handelt es sich um eine Leuchtenvorrichtung „mit einem Leuchtmittel“, insbesondere einer Gasentladungslampe. Das Leuchtmittel bildet die lichtemittierende Komponente der soeben erläuterten Gesamtvorrichtung. - Zwar schließt der Patentanspruch nicht aus, dass die Leuchtenvorrichtung neben dem in Merkmal 2 genannten einzelnen Leuchtmittel weitere Leuchtmittel enthält. Jedoch muss sich nach dem Wortlaut des Anspruchs die Verwirklichung der weiteren Merkmale 2.1 und 2.2 hinsichtlich eines einzelnen Leuchtmittels feststellen lassen.
- Auf eine spezielle Ausführung eines Leuchtmittels ist das Klagepatent, wie Absatz [0010] ausdrücklich klarstellt, nicht beschränkt. Hinsichtlich der Art des Leuchtmittels umfasst das Klagepatent somit neben der beispielhaft genannten Gasentladungslampe auch sämtliche andere Formen lichtemittierender Quellen.
- Auch die Form des Leuchtmittels stellt das Klagepatent, wie Absatz [0010] ebenfalls klarstellt, grundsätzlich in das Belieben des Fachmanns. Jedoch ergibt sich eine Anforderung an die Form des Leuchtmittels aus Merkmal 2.2. Danach begrenzt das Leuchtmittel mit seinen Außenwänden einen lichten Zwischenraum. Das in Merkmal 2 genannte Leuchtmittel muss daher seiner Form nach in der Lage sein, einen derartigen Zwischenraum zu begrenzen.
- Nach Absatz [0008] versteht das Klagepatent unter einem Innen- und/oder Zwischenraum jeglichen, oberhalb des Befestigungssockels gelegenen Raum, welcher durch Abschnitte des Leuchtmittels bestimmt, definiert bzw. begrenzt wird, wobei derartige Innen- bzw. Zwischenräume ansonsten ungenutzt blieben. Insbesondere im Fall von röhrenförmigen Leuchtmitteln – langgestreckten, gebogenen oder gewendelten Leuchtmittelröhren – sind als erfindungsgemäße Innen- bzw. Zwischenräume sämtliche Raumbereiche zu verstehen, die innerhalb einer berührend um das Leuchtmittel gelegten, gedachten Schale liegen. Die in Merkmal 2.2 weiter enthaltene Vorgabe, dass es sich um einen „lichten“ Zwischenraum handelt, versteht der Fachmann dahingehend, dass der Zwischenraum freie Fläche bzw. Raum bieten muss.
- Das Klagepatent schließt nicht aus, dass das (einzelne) Leuchtmittel, auf das es hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen des Anspruchs ankommt, mehrteilig ausgestaltet ist. Vielmehr geht das Klagepatent selbst von der Möglichkeit einer mehrteiligen Ausgestaltung aus. So werden die drei Röhrenpaare 22 des in den Fig. 2 bis 6 gezeigten Ausführungsbeispiels in Absatz [0027] als „ein Gasentladungsleuchtmittel“ bezeichnet. Ob die einzelnen Bestandteile einer solchen mehrteiligen Ausgestaltung miteinander verbunden sind, ist dabei ebenso unerheblich wie die Frage, ob bei Ausfall eines der Bestandteile die Komponente noch in der Lage ist, Licht zu emittieren. Bei einer mehrteiligen Ausgestaltung des Leuchtmittels ist auch nicht erforderlich, dass jeder Bestandteil selbst in der Lage ist, Licht zu emittieren. Ein einheitliches Leuchtmittel liegt immer dann vor, wenn sich einheitliche Außenwände feststellen lassen. Nur dann lässt sich die Vorgabe aus Merkmal 2.2 erfüllen, wonach ein (einzelnes) Leuchtmittel durch seine Außenwände einen lichten Zwischenraum im Sinne des Merkmals 2.2 begrenzt.
- bb)
Die angegriffenen Ausführungsformen sind Leuchtenvorrichtungen mit „einem Leuchtmittel“ in dem so verstandenen Sinne, nämlich dem Tragring. - Auf dem Tragring bzw. der Platine sind die einzelnen lichtemittierenden Dioden (LED) der angegriffenen Ausführungsformen kreisförmig angeordnet. Dass der Tragring mehrteilig ausgestaltet ist, indem er sowohl über eine Vielzahl von LED als auch über die runde Trägerfläche verfügt, führt nach obiger Auslegung nicht aus der Verletzung heraus. Für die Merkmalsverwirklichung ebenfalls unerheblich ist, dass mit der runden Trägerfläche ein nicht lichtemittierendes Bauteil vorhanden ist.
- Der Tragring mit den darauf angeordneten LED ist als einheitliches Leuchtmittel anzusehen. Er verfügt über einheitliche Außenwände, die ihrer Form nach geeignet sind, einen lichten Zwischenraum zu begrenzen.
- Ein solcher lichter Zwischenraum ist mit der kreisförmigen Aussparung im inneren Teil des Leuchtmittels der angegriffenen Ausführungsformen auch im Sinne des Merkmals 2.2 tatsächlich vorhanden.
- c)
Schließlich sind die Merkmale 2.1 und 5 verwirklicht. Merkmal 2.2 ist ferner verwirklicht, soweit es die Anordnung des lichten Zwischenraums „oberhalb des Befestigungssockels“ betrifft. - aa)
Einer näheren Erläuterung bedarf der in den genannten Merkmalen enthaltene Begriff des Befestigungssockels. - Das Klagepatent definiert nicht ausdrücklich, was es unter einem Befestigungssockel versteht. Allerdings ergeben sich aus dem Anspruchswortlaut Vorgaben an dessen räumlich-körperliche Anordnung innerhalb der Gesamtvorrichtung. Nach Merkmal 2.1 ist auf dem Befestigungssockel das Leuchtmittel gehalten. Ferner befindet sich der durch das Leuchtmittel mit seinen Außenwänden begrenzte Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels (Merkmal 2.2). Schließlich ist das Trägermodul auf dem Befestigungssockel vorgesehen, und zwar so, dass es mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen ist (Merkmal 5). Daraus ergibt sich zugleich die Funktion des Befestigungssockels, nämlich einerseits das Leuchtmittel zu halten und andererseits auf ihm die Anordnung des Trägermoduls in der vom Klagepatent erstrebten platzsparenden Weise zu ermöglichen.
- Weitergehende Vorgaben an den Befestigungssockel lassen sich dem Klagepatent nicht entnehmen. Zwar enthält der Befestigungssockel nach der Beschreibung darüber hinaus Schaltungen wie insbesondere ein übliches elektronisches Vorschaltgerät (EVG) für das Leuchtmittel (Absätze [0008], [0013]). Auch in den Ausführungsbeispielen ist die Steuer- bzw. Vorschaltelektronik in dem Befestigungssockel angeordnet (vgl. Absätze [0018], [0028]). Jedoch darf der Schutzbereichs eines Patents nicht auf gezeigte Ausführungsbeispiele beschränkt werden, weil sie die Lehre des Hauptanspruchs bloß exemplarisch aufzeigen (BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Eine Vorgabe, wonach die Steuer- und Vorschaltelektronik für das Leuchtmittel im oder am Befestigungssockel anzuordnen ist, hat im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden.
- Soweit die Beklagten argumentieren, mit dem Begriff Sockel werde nach dem allgemeinen fachmännischen Verständnis der Teil eines Leuchtmittels bezeichnet, der in die Fassung einer vorhandenen Lampe eingeschraubt bzw. eingesetzt werde, ergibt sich daraus nichts anderes. Patentschriften stellen im Hinblick auf die dort gebrauchten Begriffe gleichsam ihr eigenes Lexikon dar, so dass letztlich der einer Patentschrift zu entnehmende Begriffsinhalt maßgebend ist (BGH, GRUR 1999, 909 – Spannschraube). Das Klagepatent stellt bereits mit dem Wortlaut Befestigungssockel die oben erläuterte Halte- und Anordnungsfunktion in den Vordergrund. Für die Erfüllung dieser Funktion ist weder die Einsetzbarkeit in eine vorhandene Lampe erforderlich noch muss der Befestigungssockel notwendigerweise zugleich die Steuer- bzw. Vorschaltelektronik enthalten.
- Dass der Befestigungssockel die Vorschaltelektronik für das Leuchtmittel aufweisen muss, findet sich – neben einer weiteren Vorgabe – erst in dem abhängigen Unteranspruch 5. Zwar können bei additiv hinzugefügten Merkmalen von der Beschaffenheit des Zusatzmerkmals Rückschlüsse auf das „richtige“ Verständnis des Hauptanspruchs nicht ohne weiteres gezogen werden (vgl. BGH, GRUR 2016, 1031, 1033 [15] – Wärmetauscher). Die Erwähnung erst im Unteranspruch 5 spricht aber auch nicht gegen die dargestellte Sichtweise.
- Schließlich muss, selbst wenn man es entgegen der vorgenommenen Auslegung für erforderlich hält, dass der Befestigungssockel die Steuer- bzw. Vorschaltelektronik für das Leuchtmittel enthält, diese jedenfalls nicht im Sinne eines umschlossenen Raums innerhalb des Befestigungssockels aufgenommen sein.
- bb)
Diese Auslegung zugrunde gelegt, verfügen die angegriffenen Ausführungsformen über einen Befestigungssockel im Sinne der Merkmale 2.1, 2.2 und 5. Dieser wird jeweils durch die von der Klägerin als untere Befestigungsplatte oder Bodenplatte bezeichnete Kunststoffplatte gebildet. Auf dieser Platte ist bei allen angegriffenen Ausführungsformen das Leuchtmittel – der Tragring – gehalten, nämlich verschraubt. - Das Trägermodul ist zudem im Sinne des Merkmals 5 auf dem Befestigungssockel vorgesehen. Es ist auf der Kunststoffplatte angeordnet, und zwar in dem runden Zwischenraum, den der LED-Ring jeweils bildet. Damit ist das Trägermodul auch mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen.
- Ebenfalls auf dem Befestigungssockel angeordnet ist die elektrische Versorgung des jeweiligen Leuchtmittels. Dass diese nicht im Sinne eines umschlossenen Raums von der Platte umschlossen ist, führt, wie oben gesehen, nicht aus der Verletzung heraus.
- II.
Die Beklagten bieten die angegriffenen Ausführungsformen im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG in der Bundesrepublik Deutschland an und vertreiben sie. - Aufgrund der festgestellten Patentverletzung ergeben sich die nachfolgenden Rechtsfolgen.
- 1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach (Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG). Die Beklagten haben schuldhaft gehandelt. Als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. - Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO.
- 2.
Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140b Abs. 3 PatG. - Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, ihren festgestellten Schadensersatzanspruch zu beziffern, steht ihr gegen die Beklagten ein Anspruch auf Auskunft im zuerkannten Umfang aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu. Die Klägerin ist auf die Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt; die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
- III.
Eine Aussetzung bis zu einer Entscheidung über die das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage gemäß § 148 ZPO ist nicht veranlasst. - 1.
Nach § 148 ZPO kann das Gericht bei Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens einen Rechtsstreit aussetzen. Die Erhebung einer Nichtigkeitsklage stellt allerdings ohne weiteres noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen. Die Patenterteilung ist auch für die (Verletzungs-) Gerichte bindend. Wegen der gesetzlichen Regelungen, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangen und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage und den Einspruch vor dem jeweiligen Patentamt zur Verfügung stellen, kann der Angriff gegen das Klagepatent nicht als Einwand im Verletzungsverfahren geführt werden. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits im Rahmen der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessenentscheidung ist vielmehr grundsätzlich, aber auch nur dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage oder dem erhobenen Einspruch nicht standhalten wird (BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten; OLG Düsseldorf, GRUR-RS 2015, 18679). - 2.
Daran gemessen ist eine Aussetzung nicht veranlasst. - a)
Eine Aussetzung ist nicht im Hinblick auf eine neuheitsschädliche Vorwegnahme durch die US 5,XXX,XXX (Anlage WKS1, in deutscher Übersetzung als Anlage WKS1a, Anlage NK6 im Nichtigkeitsverfahren; nachfolgend: NK6) geboten. - Ob es sich bei der NK6 um Stand der Technik im Sinne des Art. 54 Abs. 2 EPÜ handelt, weil das Klagepatent seine ältere Priorität (NK5a) nicht wirksam in Anspruch nimmt, kann offen bleiben. Jedenfalls nimmt die NK6 die Lehre des Klagepatents nicht neuheitsschädlich vorweg.
- aa)
Die NK6 offenbart ein Bewegungserfassungs-, Beleuchtungs- und Alarmierungssystem. Zur Veranschaulichung wird Fig. 1 der NK6 eingeblendet: - bb)
Merkmal 5 des Klagepatentanspruchs 1, wonach das Trägermodul so auf dem Befestigungssockel vorgesehen ist, dass das Trägermodul mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen ist, wird in der NK6 nicht offenbart. - (1)
Sieht man eine der Lampen der in der NK6 offenbarten Vorrichtung (vgl. Fig. 1 der NK6) als Leuchtmittel an, mag sich zwar ein durch deren Außenwände begrenzter Zwischenraum oberhalb des Befestigungssockels feststellen lassen. In diesen Zwischenraum ist aber nicht im Sinne des Merkmals 5 das Trägermodul mit zumindest einem Teilbereich aufgenommen. Das Trägermodul ist zwischen den Lampen angeordnet und ist – auch nicht teilweise – von einer um das Leuchtmittel gelegten, gedachten Schale aufgenommen. - (2)
Auf eine um die Außenwände beider Lampen gelegte, gedachte Schale kann hinsichtlich der Offenbarung des Merkmals 5 nicht abgestellt werden. - Die in der Fig. 1 der NK6 offenbarten Lampen stellen zwei Leuchtmittel im Sinne des Klagepatents dar. Dass eine anspruchsgemäße Leuchtenvorrichtung über mehr als ein Leuchtmittel verfügt, schließt zwar der Klagepatentanspruch nach der unter I. 3. b) aa) vorgenommenen Auslegung nicht aus. Allerdings muss sich die Verwirklichung der Merkmale 2.1, 2.2 und 5 anhand eines dieser Leuchtmittel feststellen lassen.
- Die beiden in der Fig. 1 der NK6 gezeigten Lampen können auch nicht als ein mehrteilig ausgestaltetes, einheitliches Leuchtmittel angesehen werden. Entsprechendes würde nach obiger Auslegung voraussetzen, dass dem mehrteiligen Leuchtmittel gemeinsame Außenwände zugeordnet werden können, so dass es seiner Form nach einen lichten Zwischenraum begrenzen kann. Solche gemeinsamen Außenwände erkennt der Fachmann bei der Darstellung in der Fig. 1 der NK6
– jedenfalls im Sinne einer eindeutigen und unmittelbaren Offenbarung – jeweils nur für eine der Lampen. - b)
Eine Aussetzung ist auch nicht im Hinblick auf eine fehlende erfinderische Tätigkeit ausgehend von der GB 2 213 XXX A (Anlage WKS2, in deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage WKS2a, Anlage NK7 im Nichtigkeitsverfahren; nachfolgend: NK7) in Kombination mit der DE 196 23 XXX A1 (Anlage WKS3, Anlage NK8 im Nichtigkeitsverfahren; nachfolgend: NK8) veranlasst. - aa)
Die NK7 betrifft elektrische Lampen mit einer Steuerungsschaltung. Zur Veranschaulichung werden nachfolgend die Fig. 1 und die Fig. 4 eingeblendet, die eine Energiesparlampe mit einer Steuerungsschaltung 20 und eine Leuchtstoffröhre mit einer Steuerungsschaltung 60 zeigen: - bb)
Neben dem unstreitig nicht offenbarten Merkmal 4 ist auch Merkmal 5, wonach das Trägermodul so auf dem Befestigungssockel vorgesehen ist, dass das Trägermodul mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen ist, in der NK7 nicht offenbart. - (1)
In Fig. 1 der NK7 lässt sich zwar ein durch die Außenwände des Leuchtmittels begrenzter lichter Zwischenraum im Sinne der Merkmale 2.2 und 5 feststellen. Es handelt sich dabei um den Raum innerhalb einer gedachten, um die Entladungsröhre 14 gelegten Schale. Dieser Raum ist nicht gleichzusetzen mit den Außenwänden der Umhüllung 10. - Der Lichtsensor 21 – das mögliche Trägermodul im Sinne des Merkmals 5 – ist zwar innerhalb der Umhüllung angeordnet. Er liegt jedoch außerhalb einer um die Entladungsröhre gelegten, gedachten Schale. Damit ist er nicht mit zumindest einem Teilbereich in dem Zwischenraum aufgenommen.
- (2)
In der Offenbarung der Fig. 4 der NK7 lässt sich bereits ein lichter Zwischenraum nicht feststellen. - Legt man nach der unter I. 3. b) aa) dargestellten Definition eine gedachte Schale berührend „um das Leuchtmittel“, verbleibt keine einen Zwischenraum bildende freie Fläche. Die gedachte Schale fällt vielmehr mit den Außenwänden des Leuchtmittels zusammen und begrenzt ausschließlich den Innenraum des Leuchtmittels. Der Innenraum des Leuchtmittels, in dem auch die Steuerungsschaltung angeordnet ist, ist indes kein Zwischenraum im Sinne der Merkmale 2.2 und 5 des Klagepatentanspruchs 1.
- (3)
Dass der Fachmann einen Anlass hatte, hinsichtlich des nicht offenbarten Merkmals 5 auf weiteren Stand der Technik zurückzugreifen und dass er diesem eine entsprechende Offenbarung entnehmen konnte, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. - IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 S. 1 ZPO. - Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsantrags übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, entsprach es billigem Ermessen, den Beklagten die Kosten auch dieses Teils des Rechtsstreits aufzuerlegen. Bis zum Erlöschen des Klagepatents als dem erledigenden Ereignis war die Klage auch insoweit zulässig und das Unterlassungsbegehren nach Art. 64 EPÜ
i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG begründet. - V.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. - VI.
Der Streitwert wird auf € 850.000,00 festgesetzt.