Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2888
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. März 2019, Az. 4c O 9/18
- I. Die Klage wird abgewiesen.
- II. Die Kosten des Rechtstreits trägt die Klägerin.
- III. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
- Tatbestand
- Die Parteien sind der Kammer aus dem parallelen Besichtigungsverfahren 4c O 6/18 gleichen Rubrums bekannt. Die Klägerin nimmt mit der vorliegenden Hauptsache die Beklagten insgesamt wegen der Verletzung des europäischen Patentes EP 2 383 XXX B1 (Anlage VP 1, nachfolgend Klagepatent) in Anspruch.
- Das Klagepatent, dessen eingetragene Inhaberin die B ist, wurde am 20. Dezember 2004 unter Inanspruchnahme der Priorität der DE 103 XXX 05 vom 19. Dezember 2003 von der A angemeldet. Die Anmeldung wurde am 2. November 2001 offengelegt und die Patenterteilung am 19. Februar 2014 veröffentlicht. Das Klagepatent wurde von der A mit Vertrag vom 30. Oktober 2015 an die B übertragen und sämtliche Ansprüche an diese abgetreten (vgl. Bestätigung vom 20. Januar 2017, Anlage VP 5). Die Abtretung wurde im Register am 4. Mai 2017 vermerkt (Anlage VP 6). Die B erteilte der Klägerin mit Lizenzvertrag vom 1. August 2015 eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent (vgl. Anlage VP 7). Ferner wurden der Klägerin Ansprüche der A und der B abgetreten (Anlage VP 8).
- Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln und Brennkammern. Die für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentansprüche 1 und 4 haben folgenden Wortlaut:
- „Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern, wobei die Verschmutzungen durch eine lineare Sprengung zwischen den zu reinigenden Leitungen gelockert und/oder abgelöst werden, dadurch gekennzeichnet, dass ein Rohr innenseitig mit einer Sprengschnur versehen, von einem Kühlmedium durchströmt, zwischen die zu reinigenden Leitungen eingebracht, die Sprengung ausgelöst wird, und das Rohr bei der Sprengung zerstört wird.“ (Anspruch 1)
- „Vorrichtung zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung ein Rohr umfasst, welches über eine große Länge bei gleichzeitig relativ geringem Durchmesser verfügt, so dass es auch zwischen die zu reinigenden Leitungen passt und somit auch Verunreinigungen von den Leitungen abgelöst werden können, die zwischen den Leitungen liegen, wobei innerhalb des Rohrs eine Sprengschnur zur linearen Sprengung ausgebildet ist und das Rohr nach der Sprengung zerstört ist, und dass innerhalb des Rohrs ein Kanal ausgebildet ist, welcher die Sprengschnur umfasst und von einem Kühlmedium durchströmt werden kann.“ (Anspruch 4)
- Nachfolgend wiedergegeben ist die Figur 4 der Klagepatentschrift, welche eine beispielhafte Ausbildung der Erfindung zeigt.
- Gegen den Rechtsbestand des Klagepatentes wurde am 18. November 2014 Einspruch eingelegt. Mit Entscheidung vom 22. November 2016 wurde der Einspruch vollumfänglich zurückgewiesen (Anlage KAP 3). Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2017, begründet am 31. März 2017 reichte die Beklagte zu 1) Beschwerde gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung (Anlage KAP 4) ein, über die noch nicht entschieden ist.
- Die Klägerin gehört zur niederländischen C-Gruppe, die sich auf die Reinigung von Industrieanlagen spezialisiert hat.
- Die Beklagte zu 1) ist ein deutsches Unternehmen, das ebenfalls im Bereich der industriellen Spreng- und Reinigungsarbeiten tätig ist. Die Beklagte zu 2) ist ein Unternehmen, welches sich auf die Vermietung von Industriemaschinen spezialisiert hat. Der Beklagte zu 3) ist Inhaber der Beklagten zu 1) und Geschäftsführer der Beklagten zu 2). Im Jahre 2008 war der Beklagte zu 3) als freiberuflicher Sprengmeister für die Klägerin tätig. Nach seinem Ausscheiden gründete er die Beklagte zu 1). Die Beklagte zu 1) bietet Sprengreinigungsverfahren zur Reinigung von Innenwänden von Überhitzerrohren in Kesseln von beispielsweise Müllverbrennungsanlagen an.
- Unter dem 19. Juli 2018 erstellte der gerichtliche Sachverständige in dem selbstständigen Beweisverfahren 4c O 6/18 ein Gutachten.
- Die Klägerin ist der Ansicht, dass von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäß, hilfsweise äquivalent durch die Beklagten Gebrauch gemacht werde. Ein Kunde habe dem Geschäftsführer der Klägerin, Herrn D, mitgeteilt, dass die Beklagte zu 1) für die Sprengreinigung dünne, längliche Rohre verwende, durch welche eine Sprengschnur geführt werde. Das Rohr habe einer Sprengung nicht standgehalten und sei dabei vollständig zerstört worden. Weiterhin habe der Beklagte zu 3) bei einem Gespräch mit Herrn D am Sitz der Beklagten zu 3) am 15. August 2017 bzw. 30 August 2017, wo die gleichen Materialien vorgefunden worden seien, die auch die Klägerin benutze, gesagt, dass er aufgrund seines Einspruchs gegen das Klagepatent zur Benutzung der Lehre des Klagepatentes berechtigt sei. Überdies habe die Klägerin über Herrn E, dem technischen Leiter der Klägerin, von einem langjährigen Kunde der Klägerin, das F, erfahren, dass die Beklagten auf exakt dieselbe Art und Weise sprengen würden wie die Klägerin, jedoch zu einem günstigeren Preis. Ferner habe die Besichtigung ergeben, dass die Beklagten die gleichen Materialien verwenden würden. Sofern bei den Gegenständen zur Kühlung der Aluminiumrohre und der Sprengschnur ein spezieller Wasserkopf verwendet werde, der eine Kühlung von außen bewerkstellige, schließe dies eine Verwirklichung der Lehre nach dem Klagepatent nicht aus, da die Erfindung nicht auf eine innenseitige Kühlung beschränkt sei. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, sei die Vorrichtung jedenfalls objektiv geeignet nach der erfindungsgemäßen Lehre verwendet zu werden, denn die Überwurfmutter zum Verschluss des Wasserkopfes zur Verhinderung einer innenseitig Kühlung könne mit dem Verschlussstopfen problemlos entfernt werden. Jedenfalls liege eine äquivalente Benutzung vor. Es komme nur darauf an, dass eine Kühlung überhaupt erfolge.
- Die Klägerin beantragt,
- I. die Beklagten zu verurteilen,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, es zu unterlassen,
- Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden und/oder zur Anwendung anzubieten
- wobei die Verschmutzungen durch eine lineare Sprengung zwischen den zu reinigenden Leitungen gelockert und/oder abgelöst werden, dadurch gekennzeichnet, dass ein Rohr innenseitig mit einer Sprengschnur versehen, von einem Kühlmedium durchströmt, zwischen die zu reinigenden Leitungen eingebracht, die Sprengung ausgelöst wird, und das Rohr bei der Sprengung zerstört wird;
- 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronisch auswertbarer Form vollständig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. Februar 2014 begangen haben, und zwar unter Angabe
- der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der zur Anwendung des Verfahrens gemäß Ziffer 1. bestimmten Vorrichtungen,
- wobei
- – zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronisch auswertbarer Form vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 2. Dezember 2011 begangen haben, und zwar unter Angabe:
- a) des Umfangs verübter eigener Verfahrensbenutzungshandlungen entsprechend Ziffer 1., insbesondere der Anzahl getätigter Sprengreinigungen und der aufgrund der Sprengreinigungen von Dritten erhaltenen Beträge, monatsweise aufgeschlüsselt,
b) der einzelnen Angebote zur Durchführung des Verfahrens entsprechend Ziffer 1., monatsweise aufgeschlüsselt,
c) der betriebenen Werbung, monatsweise aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, insbesondere der Betriebskosten des Verfahrens und ggfs. an Dritte gezahlte Lizenzgebühren und des erzielten Gewinns, - wobei
- – von den Beklagten die Angaben zu d) nur für die Zeit seit dem 19. März 2014 zu machen sind;
– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten und in des Bundesrepublik Deutschland ansässigen und vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist; - 4. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind,
- a) der Klägerin für die zu Ziffer 1. bezeichneten, in der Zeit vom 2. Dezember 2011 bis zum 18. März 2014 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung, die zugunsten der A entstanden sind, zu zahlen;
b) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, vom 19. März 2014 bis zum 29. Oktober 2015 begangenen Handlungen entstanden ist;
c) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und/oder der B durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 30. Oktober 2015 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, - II. die Beklagten zu verurteilen,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, es zu unterlassen,
- Vorrichtungen zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern,
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Vorrichtungen ein Rohr umfassen, welches über eine große Länge bei gleichzeitig relativ geringem Durchmesser verfügt, so dass es auch zwischen die zu reinigenden Leitungen passt und somit auch Verunreinigungen von den Leitungen abgelöst werden können, die zwischen den Leitungen liegen, wobei innerhalb des Rohrs eine Sprengschnur zur linearen Sprengung ausgebildet ist und das Rohr nach der Sprengung zerstört ist, und dass innerhalb des Rohrs ein Kanal ausgebildet ist, welcher die Sprengschnur umfasst und von einem Kühlmedium durchströmt werden kann;
- 2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronisch auswertbarer Form vollständig darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. Februar 2014 begangen haben, und zwar unter Angabe
- a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden, - wobei
- – zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
- 3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses in elektronisch auswertbarer Form vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 2. Dezember 2011 begangen haben, und zwar unter Angabe:
- a) der Herstellungsmengen und -zeiten
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, - wobei
- – von den Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit seit dem 19. März 2014 zu machen sind;
– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, dieser gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten und in des Bundesrepublik Deutschland ansässigen und vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist; - 4. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind,
- a) der Klägerin für die zu Ziffer 1. bezeichneten, in der Zeit vom 2. Dezember 2011 bis zum 18. März 2014 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung, die zugunsten der A entstanden sind, zu zahlen;
b) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der A durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, vom 19. März 2014 bis zum 29. Oktober 2015 begangenen Handlungen entstanden ist;
c) der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und/oder der B durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 30. Oktober 2015 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, - 5. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
- 6. die unter 1. bezeichneten, seit dem 19. März 2014 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des ….vom …..) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen,
- 7. die unter 1. bezeichneten, seit dem 19. März 2014 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse endgültig aus den Vertriebswegen zu entfernen, wobei insbesondere die folgenden Maßnahmen zu ergreifen sind:
- a) die Beklagten haben alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um die Standorte und die Besitzer über die unter 1. bezeichneten Erzeugnisse zu ermitteln;
b) soweit die Beklagten selbst rechtliche oder tatsächliche Verfügungsgewalt über die unter 1. bezeichneten Erzeugnisse inne haben, müssen die rechtlich zulässigen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen werden, damit diese Erzeugnisse in den unmittelbaren Besitz der Beklagten gelangen und dort verbleiben;
c) soweit die Beklagten weder rechtliche noch tatsächliche Verfügungsgewalt über die unter 1. bezeichneten Erzeugnisse inne haben, müssen sie alle rechtlich zulässigen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die Personen, die Ansprüche auf Herausgabe oder Vernichtung gegen die Inhaber der Verfügungsgewalt der Erzeugnisse inne haben, zur Geltendmachung dieser Ansprüche veranlassen und/oder diese Personen bei der Geltendmachung dieser Ansprüche zu unterstützen. - Hilfsweise zu Ziffer I.1. und II.1.
- I. die Beklagten zu verurteilen,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, es zu unterlassen,
- Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern,
- in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden und/oder zur Anwendung anzubieten
- wobei die Verschmutzungen durch eine lineare Sprengung zwischen den zu reinigenden Leitungen gelockert und/oder abgelöst werden, dadurch gekennzeichnet, dass ein Rohr innenseitig mit einer Sprengschnur versehen, ein Kühlmedium außerhalb und entlang des Rohres geströmt, zwischen die zu reinigenden Leitungen eingebracht, die Sprengung ausgelöst wird, und das Rohr bei der Sprengung zerstört wird;
- II. die Beklagten zu verurteilen,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € – ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, es zu unterlassen,
- Vorrichtungen zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern,
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
- die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Vorrichtungen ein Rohr umfassen, welches über eine große Länge bei gleichzeitig relativ geringem Durchmesser verfügt, so dass es auch zwischen die zu reinigenden Leitungen passt und somit auch Verunreinigungen von den Leitungen abgelöst werden können, die zwischen den Leitungen liegen, wobei innerhalb des Rohrs eine Sprengschnur zur linearen Sprengung ausgebildet ist und das Rohr nach der Sprengung zerstört ist, und dass innerhalb des Rohrs ein Kanal ausgebildet ist, welcher die Sprengschnur umfasst und außerhalb und entlang des Rohres ein Kühlmedium geströmt werden kann.
- Die Beklagten beantragen,
- die Klage abzuweisen,
- hilfsweise den Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO bis zur einer Entscheidung über die gegen die erstinstanzliche Entscheidung des EPA anhängige Beschwerde in dem Einspruchsverfahren über das Europäische Patent EP 2 383 XXX auszusetzen.
- Die Beklagten sind der Ansicht, dass eine Verletzung des Klagepatentes weder wortinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln nicht vorliege. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde die Sprengschnur nicht innerhalb des Rohres gekühlt; vielmehr erfolge eine Kühlung von außen. Das Eindringen von Wasser über den Wasserkopf in das Innere des Sprengrohres werde durch einen Stopfen in Verbindung mit einer Überwurfmutter verhindert. Eine solche Ausgestaltung stelle auch keine äquivalente Benutzung der Lehre nach dem Klagepatent dar.
Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit werde das Klagepatent auch im Einspruchsbeschwerdeverfahren widerrufen werden. Die neu vorgelegten Beweismittel im Beschwerdeverfahren begründeten einen Widerruf des Klagepatentes. - Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug
- Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist unbegründet.
- I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Klägerin hat dargelegt, dass die A, welche die Erfindung nach dem Klagepatent angemeldet hat, dieses nach Erteilung mit Vertrag vom 30. Oktober 2015 an die B übertragen und sämtliche Ansprüche an diese abgetreten hat (vgl. Bestätigung vom 20. Januar 2017, Anlage VP 7). Die Abtretung wurde im Register am 4. Mai 2017 vermerkt (Anlage VP 8). Die B erteilte der Klägerin mit Lizenzvertrag vom 1. August 2015 eine ausschließliche Lizenz am Verfügungspatent (vgl. Anlage VP 9). Ferner wurden der Klägerin Ansprüche der A und der B abgetreten. Nachdem die Klägerin auf Hinweis der Beklagten dargelegt hat, welche Personen für die einzelnen Gesellschaften gehandelt haben und deren Vertretungsbefugnis erläutert hat, haben die Beklagten keine Einwendungen mehr erhoben. Es steht daher zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Klägerin eine ausschließliche Lizenz eingeräumt und in der Vergangenheit entstandene Ansprüche abgetreten wurden. -
II.
1.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln und Brennkammern. - Das Klagepatent führt zum Stand der Technik in Abs. [0002] aus, dass Wärmetauscher, Abhitzekessel oder Brennkammern, also Räume, in denen eine Verbrennung stattfindet und die mit entsprechenden Leitungen versehen sind, durch die ein zu erwärmendes Medium strömt, in gewissen Zeitabständen gereinigt werden müssen. Der Grund für diese Reinigung besteht darin, dass die Leitungen, die von dem zu erwärmenden Medium durchströmt werden, an ihrer Außenseite durch den Brennvorgang innerhalb des Brennraumes versotten bzw. von einer Schicht von Brennrückständen bedeckt sind, die den Wärmeübergang erschweren bzw. verhindern, was letztlich den Wirkungsgrad der Anlage vermindert.
- Weiterhin ist bekannt, so das Klagepatent, dass zur Reinigung solcher Räume und Leitungen sog. Explosionsreinigungen durchgeführt werden. Hierzu wird beispielsweise ein Textilsack außerhalb des zu reinigenden Raums mit einem Gasgemisch gefüllt und in den Raum, der gereinigt werden soll, eingebracht und dort zur Explosion gebracht. Bei einem solchen Verfahren entsteht eine kugelförmige Abreinigung, da die gesamte Sprengwirkung vom Textilsack, der idealerweise als Kugel angenommen werden kann, ausgeht.
- Problematisch schildert es das Klagepatent hieran, dass zwar Verschmutzungen, die außenseitig auf den Leitungen bzw. Rauminnenwänden aufgebracht sind und die direkt von der Sprengwirkung erreicht werden können, möglicherweise beseitigt werden können. Da jedoch die Leitungen, die das zu erwärmende Medium aufnehmen, oftmals sehr eng zueinander liegen, kann die Sprengwirkung nur einen kleinen Teil der Verunreinigungen ablösen, häufig jedoch nicht Verunreinigungen, die zwischen den Rohren oder von der Sprengung aus gesehen hinter den Rohren liegen.
- Vor diesem Hintergrund formuliert es das Klagepatent als technische Aufgabe (Absatz [0004] des Klagepatents), die bisherigen Nachteile zu vermeiden und darüber hinaus auch eine Reinigung zu erlauben, wenn die Temperatur innerhalb des zu reinigenden Raumes noch nicht auf Raumtemperatur oder eine Temperatur unterhalb von 100°C abgesunken ist.
- Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 ein Verfahren mit folgenden Merkmalen vor:
- 1. Verfahren zur Reinigung von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern.
- 2. Das Verfahren umfasst die folgenden Schritte:
- 2.1 Ein Rohr wird innenseitig mit einer Sprengschnur versehen.
2.2 Das Rohr wird von einem Kühlmedium durchströmt.
2.3 Das Rohr wird zwischen die zu reinigenden Leitungen eingebracht.
2.4 Es wird eine Sprengung ausgelöst, die das Rohr zerstört. - 3. Die Verschmutzungen werden durch eine lineare Sprengung zwischen den zu reinigenden Leitungen gelockert und/oder abgelöst.
- Patentanspruch 4 sieht eine Vorrichtung mit den nachfolgenden Merkmalen vor:
- 1. Vorrichtung zum Reinigen von Verschmutzungen in Wärmetauschern, Abhitzekesseln oder Brennkammern.
- 2. Die Vorrichtung umfasst ein Rohr,
- 2.1 welches über eine große Länge bei gleichzeitig relativ geringem Durchmesser verfügt,
- 2.1.1 so dass es auch zwischen die zu reinigenden Leitungen passt,
- 2.1.2 um Verunreinigungen von den Leitungen zu lösen, die zwischen den Leitungen liegen,
- 2.2 welches einen Kanal umfasst, der
- 2.2.1 innerhalb des Rohres ausgebildet ist,
- 2.2.2 eine Sprengschnur zur linearen Sprengung umfasst, und
- 2.2.3 von einem Kühlmedium durchströmt wird,
- 2.3 und welches nach der Sprengung zerstört wird.
- 2.
Die Kammer vermag nicht festzustellen, dass das einzig zwischen den Parteien im Streit stehende Merkmal 2.2 des Patentanspruchs 1 bzw. Merkmal 2.2.3 von Patentanspruch 4 weder wortinngemäß noch mit äquivalenten Mitteln verwirklicht ist. - 2.1
Eine wortsinngemäße Verwirklichung liegt nicht vor. - 2.1.1
Merkmal 2.2, welches vorsieht, dass das Rohr von einem Kühlmedium durchströmt wird, setzt – wie bereits der Wortlaut deutlich macht – eine Kühlung innerhalb des Rohres voraus. Durchströmen meint insoweit ein Hindurchströmen eines Mediums zur Kühlung, um die in Merkmal 2.1 innenseitig innerhalb des Rohres angebrachte Sprengschnur kühlen zu können. Eine entsprechende Kühlung ist notwendig, damit bei einer Sprengreinigung während des laufenden Betriebs bzw. nach einer kurzfristigen Abschaltung des Betriebs das Sprengrohr in den zu reinigenden, hoch erhitzten Brennraum eingebracht werden kann, wie Abs. [0006] der Klagepatentschrift entnommen werden kann. - Dabei macht das Klagepatent deutlich, dass das Kühlmittel das Innere des Sprengrohrs durchströmt, wenn in Abs. [0023] ausgeführt wird:
- „Wie in Figur 4 weiter dargestellt, wird das erste Rohr wie auch das zweite Rohr von einem Kühlmedium durchströmt, im dargestellten Beispiel ein Luft/Wassergemisch. Der Zünder ist über eine Zündleitung mit dem Auslöser des Zündmechanismus außerhalb des Rohrs verbunden. Das Kühlmedium strömt in das erste Rohr und über das Gelenk auch in das zweite Rohr, so dass der Zünder und die Sprengschnur ausreichend gekühlt werden, damit nicht eine unvorhergesehene Explosion vorzeitig ausgelöst wird.“
- Soweit die Klägerin in der Replik die Ansicht vertritt, dass es vor dem Hintergrund der Aufgabe des Klagepatentes, eine lineare Sprengreinigung in heißen Massen zu ermöglichen, lediglich darauf ankomme, dass die gesamte Länge des Sprengrohrs mittels eines Kühlmediums gekühlt werde, die konkrete Art der Kühlung nicht vorgegeben sei, mithin auch eine Kühlung von außen erfolgen könne, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Bereits der Wortlaut der Patentansprüche des Klagepatentes macht deutlich, dass das Rohr innenseitig mit einer Sprengschnur versehen und von einem Kühlmedium durchströmt wird. Im Patentanspruch 4 heißt es, dass innerhalb des Rohres ein Kanal ausgebildet ist, welcher die Sprengschnur umfasst und von einem Kühlmedium durchströmt werden kann. Die Formulierung macht daher deutlich, dass nach der erfindungsgemäßen Lehre sowohl die Sprengschnur als auch das Kühlmedium im Inneren des Sprengrohres verlaufen müssen.
- Auch der Begriff des „Durchströmens“ macht deutlich, dass ein Fluss innerhalb eines Kanals des Sprengrohres gemeint ist.
- Das Klagepatent gibt demgegenüber keinen Anhaltspunkt für das von der Klägerin vertretene Verständnis. Gerade die Beschreibung in Abs. [0023] mit Blick auf die Figur 4 macht deutlich, dass es gerade auf eine Kühlung innerhalb des Sprengrohres ankommt. Denn eine Kühlung zweier über ein Gelenk winklig miteinander verbundener Rohre lediglich außerhalb des Rohres ist nur schwerlich denkbar. Für den Fachmann würden sich keine Anhaltspunkte ergeben, wie denn eine Kühlung eines gewinkelten Sprengrohres mittels einer Außenkühlung bewerkstelligt werden kann.
- 2.1.2
Von dem vorstehend erläuterten Verständnis ausgehend vermag die Kammer eine wortsinngemäße Verwirklichung der Merkmale 2.2 und 2.2.3 nicht festzustellen. - Die pauschale Aussage des Beklagten zu 3), der gesagt haben will, dass er auf Grund des Einspruchs berechtigt sei das Patent zu benutzen, kann eine Verletzung nicht begründen. Zum einen handelt es sich lediglich um eine pauschale Aussage ohne konkreten Bezug auf die Lehre nach dem Klagepatent. Zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass damit lediglich gemeint ist, dass auf Grund des Umstandes, dass das Klagepatent sich möglicherweise als nicht rechtbeständig erweisen könnte, eine Berechtigung zur Benutzung besteht. Letztlich kann der Aussage auch keine Wirkung eines Geständnisses im Sinne des § 288 ZPO entnommen werden; insoweit müsste es sich um ein mit einer gewissen Bindungswirkung ausgestattetes Zugestehen der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung handeln. Dies kann der Aussage keinesfalls entnommen werden. Im Übrigen ist ein außergerichtliches Geständnis eine bloße Erkenntnisquelle der Beweiswürdigung, zum prozessualen Geständnis wird es erst dann, wenn es vom Gestehenden in den Prozess eingeführt wird, was vorliegend nicht erfolgt ist.
- Auch die von Klägerseite weiter vorgetragene Behauptung, Herrn E, der technische Leiter der Klägerin, sei in persönlichen Gesprächen mit Vertretern eines langjährigen Kunden der Klägerin, nämlich des Restmüllheizkraftwerkes Böblingen, mitgeteilt worden, die Beklagten würden auf exakt die gleiche Art und Weise sprengen wie die Klägerin, jedoch zu viel günstigeren Preisen, vermag eine Benutzung der Lehre nach dem Klagepatent nicht zu begründen. Denn es fehlt, worauf in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde, an konkreten Darlegungen welche Personen dies zum welchem Zeitpunkt gesagt haben sollen. Dabei haben die Beklagten Zweifel aufgeworfen, wie die nicht näher benannte Person entsprechendes wahrgenommen haben will. Denn die Sprengreinigung erfolgt aus Sicherheitsgründen ohne am Verfahren weiter beteiligter Personen. Mangels näherer Konkretisierung der pauschalen Aussage, insbesondere zu welchem Zeitpunkt der eben nicht namentlich benannte Kunde entsprechende Wahrnehmungen gemacht haben will, kommt die Durchführung einer Beweisaufnahme auch durch Einvernahme des technischen Leiters als Zeugen nicht in Betracht, da es sich ohne näheren Tatsachenvortrag um eine unzulässige Ausforschung handeln würde.
- Hinsichtlich der Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform vermag die Kammer einzig festzustellen, dass die Beklagten eine Sprengreinigung praktizieren, bei welcher das Rohr, welches die Sprengschnur enthält, von außen gekühlt wird. Im Einzelnen:
- Im selbständigen Beweisverfahren stellte der gerichtliche Sachverständige Albrecht fest, dass das Sprengrohr, in welches eine Sprengschnur eingeführt wird, mittels eines Adapterrohrstücks mit einem Wasserkopf verbunden werden kann. Der Wasserkopf ist als Rohrelement ausgebildet, welches an seinem vorderen, zum Adapterrohrstück weisenden Endbereich einen radial nach innen ragenden Ringsteg aufweist, welcher von axialen Wasserdurchlassöffnungen durchsetzt ist. Rückseitig ist der Wasserkopf durch einen Deckel verschlossen. An der Deckelvorderseite ist eine zentrale Kabeldurchführung mit einem zentralen Kabelkanal für den hinteren Zündkabelabschnitt vorgesehen, die sich axial durch den Wasserkopf bis zu dessen vorderem Ende erstreckt. Der hintere Zündkabelabschnitt ist an dem Deckel fixiert, und sein vorderes Ende ist aus der Kabeldurchführung geführt, so dass es mit dem hinteren Ende des vorderen Zündkabelabschnitts verbunden werden kann. Der Kabelkanal kann durch einen Stopfen dichtend verschlossen werden. Weiterhin hat der gerichtliche Sachverständige festgestellt, dass der durch das Adapterrohrstück definierte Kanal verschlossen wird, indem ein Pappmaterial, ein Deckel oder dergleichen in das Adapterrohrstück eingebracht wird. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige auf Seite 7/ Umbruch Seite 8 eine Patentverletzung verneint.
- Die Beklagten haben schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass ein innenseitiges Durchströmen des Sprengrohrs nicht durch Pappmaterial, sondern durch einen Stopfen in Verbindung mit einer Überwurfmutter verhindert werde. Entsprechendes zeigt die Abbildung 1 der Klageerwiderung (Bl. 50 d.A.), welche nachfolgend wiedergegeben wird.
- Dort ist ein Wasserkopf mit einem Stopfen und einer Überwurfmutter gezeigt.
- Da festgestellt werden kann, dass der Wasserkopf mit einem Stopfen und einer Überwurfmutter verschlossen wird, kommt es auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob der Stopfen zur Bewerkstelligung einer hinreichenden Abdichtung bei einem unstreitigen Druck von 6 bar in der Lage ist, nicht an. Denn unstreitig ist er hierzu in der Lage, wenn er durch eine Überwurfmutter in der Öffnung fixiert ist.
- Die Klägerin hat eine Abdichtung mittels Stopfen und Überwurfmutter nicht mehr erheblich in Abrede gestellt. Soweit sie geltend macht, dass eine solche Außenkühlung technisch nicht ausreichend sei, ist die Kammer hiervon nicht überzeugt.
Die Klägerin hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, dass von ihr durchgeführte Versuche gezeigt hätten, dass die von den Beklagten behaupteten verwendeten Verfahren und Vorrichtungen mit einer Außenkühlung weder für die Reinigung von Leerzügen noch für die Reinigung von Überhitzerrohren geeignet seien. Versuche im Biomasseheizkraftwerk der G in Heiligengrabe im Oktober 2018 hätten gezeigt, dass das Sprengrohr den Temperaturen im Kessel zwischen den Überhitzerrohren des dritten Zuges in Höhe von circa 840 °C nicht standgehalten hätte. Das Sprengrohr habe sich starkverformt. Überdies habe sich die Anlage aufgrund eines Temperatursturzes von circa 840 °C auf circa 740 °C selbständig abgeschaltet. Dieser Temperatursturz sei eingetreten, da das Kühlmedium direkt auf die Überhitzerrohre gespritzt worden sei, während das Sprengrohr platziert wurde.
Die Beklagten haben demgegenüber eingewandt, dass die von der Klägerin durchgeführten Versuche nicht den Tatsachen entsprächen. So zeige das Video, welches am 26. November 2018 im F über den Ablauf einer Sprengung aufgezeichnet worden sei, dass das von den Beklagten praktizierte, angegriffene Verfahren ohne Weiteres praxistauglich sei. Gerade aufgrund des Umstandes, dass zwischen dem Einführen der Sprengvorrichtung in die heiße Brennkammer und dem Auslösen der Sprengung nicht mehr als 30 Sekunden vergingen, bestehe auch nicht die Gefahr einer unkontrollierten Sprengung oder Deformation des Sprengrohres. Entgegen der von der Klägerin praktizierten Versuche, würden die Beklagten auch nur Sprengrohre mit einer Länge von etwa 1 Meter verwenden. - Gegen dieses Vorbringen der Beklagten hat die Klägerin keine Einwände mehr erhoben, so dass die Kammer nicht festzustellen vermag, dass das von der Beklagten mittels der angegriffenen Ausführungsform praktizierte Verfahren nicht praxistauglich ist.
- Letztlich vermag die Klägerin eine wortsinngemäße Benutzung des Klagepatentes auch nicht mit Verweis auf die Entscheidung „Rangierkatze“ (BGH, GRUR 2006, 399, 401) zu begründen. Danach genügt zur Bejahung einer Benutzung, wenn die angegriffene Ausführungsform aufgrund ihrer Beschaffenheit und Verwendungstauglichkeit objektiv in der Lage ist, die Merkmale des Patentanspruchs zu erfüllen, was vorliegend bei Vorhandensein des Stopfens mit der Überwurfmutter nicht der Fall ist. Zwar kann eine Verletzung auch bejaht werden, wenn die angebotene/vertriebene Vorrichtung in ihrem Auslieferungszustand noch nicht geeignet ist, von sämtlichen Merkmalen des Patentes Gebrauch zu machen, der Abnehmer aber selbstverständlich und mit Sicherheit eine für den Erfindungsgedanken nebensächliche Veränderung an der Vorrichtung vornehmen wird, die die objektive Eignung zur Verwirklichung sämtlicher Anspruchsmerkmale herbeiführt (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2016, 97 – Primäre Verschlüsselungslogik). Dass die Beklagten selbstverständlich und mit Sicherheit den Stopfen nebst Überwurfmutter entfernen bzw. gar nicht erst verwenden, vermag die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen. Kunden der Klägerin mögen zwar gesehen haben, dass die Beklagten Sprengungen wie die Klägerin durchführen, d.h. mit einer Innenkühlung, was den Schluss zulassen könnte, dass Stopfen nebst Überwurfmutter entfernt wurden. Wie vorstehend bereits ausgeführt, ist die Kammer in Ermangelung näheren Tatsachenvortrags in welcher Art und Weise dies wahrgenommen worden sein soll, worauf die Beklagten schriftsätzlich und die Kammer in der mündlichen Verhandlung hingewiesen haben, an einer weitergehenden Sachverhaltsermittlung gehindert, so dass nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagten mit Sicherheit die erforderliche Veränderung vornehmen.
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2.2
Auch eine äquivalente Benutzung der Merkmale 2.2.3 und 2.1 kann nicht festgestellt werden. - Bei einer vom Sinngehalt der Patentansprüche abweichenden Ausführung kann eine Benutzung dann vorliegen, wenn der Fachmann auf Grund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der in den Ansprüchen unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse als für die Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems gleichwirkend auffinden konnte (BGH, GRUR 1988, 896 – Ionenanalyse; BGH, GRUR 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; BGH, GRUR 2000, 1005, 1006 – Bratgeschirr). Dabei fordert es das gleichgewichtig neben dem Gesichtspunkt eines angemessenen Schutzes der erfinderischen Leistung stehende Gebot der Rechtssicherheit, dass der durch Auslegung zu ermittelnde Sinngehalt der Patentansprüche nicht nur den Ausgangspunkt, sondern die maßgebliche Grundlage für die Bestimmung des Schutzbereichs bildet; diese hat sich an den Patentansprüchen auszurichten (BGH, GRUR 1989, 205 – Schwermetalloxidationskatalysator; BGH, GRUR 1989, 903, 904 – Batteriekastenschnur; BGH, GRUR 1993, 886, 889 – Weichvorrichtung I). Für die Zugehörigkeit einer vom Wortsinn des Patentanspruchs abweichenden Ausführung zum Schutzbereich genügt es hiernach nicht, dass sie (1.) das der Erfindung zugrundeliegende Problem mit zwar abgewandelten, aber objektiv gleichwirkenden Mitteln löst und (2.) seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als gleichwirkend aufzufinden. Ebenso wie die Gleichwirkung nicht ohne Orientierung am Patentanspruch festgestellt werden kann (Einzelheiten hierzu BGH, GRUR 2000, 1005, 1006 – Bratgeschirr), müssen (3.) darüber hinaus die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen gleichwertige Lösung in Betracht zieht (BGH, GRUR 2002, 519 –Schneidmesser II, Rn. 35, juris; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Aufl., Kap. A., Rn. 120 ff.).
- Unabhängig von der Frage des Bestehens einer Gleichwirkung und der Frage des Naheliegens, vermag die Kammer nicht festzustellen, dass die Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zum gleichwirkenden abgewandelten Mittel zu gelangen, dergestalt am Sinngehalt der Patentansprüche orientiert sind, dass er die abgewandelte Ausführungsform als der klagepatentgemäßen Lehre gleichwertig in Betracht zieht. Denn nach der erfindungsgemäßen Lehre soll ein Rohr, welches innenseitig mit einer Sprengschur versehen ist, eine Sprengreinigung ermöglichen, um Verunreinigungen zwischen den zu reinigenden Leitungen zu lockern oder abzulösen. Dies setzt voraus, dass das Sprengrohr, welches über eine gewisse Länge verfügt, in den Bereich zwischen die Leitungen eingebracht werden kann und erst dann – vermittelt durch eine wirksame Kühlung der Sprengschnur – eine kontrollierte lineare Sprengung erfolgt. Der Fachmann erkennt jedoch, dass eine wirksame Kühlung des Sprengrohres mit einer Länge, die ausreichend ist, um zwischen die Leitungen eingebracht zu werden, bis in den Bereich wirksam erfolgen muss, der am weitesten in den Bereich der Leitungen eingebracht wird, da ansonsten die Gefahr einer Verformung des Rohres, oder – was von größerem Nachteil wäre – einer unkontrollierten Sprengung aufgrund der Hitzeentwicklung in den entsprechenden zu reinigenden Anlagen vor Erreichen des gewünschten Sprengortes, erfolgen muss. Er sieht insofern, dass nicht irgendeine Form der Kühlung ausreichend ist, sondern eine solche, die eine vollständige Kühlung der Sprengschnur und des Sprengrohres ermöglicht, unabhängig von Ausgestaltung des Sprengrohres und dessen Einsatzbereiches. Er erkennt, dass dies durch eine Kühlung mittels Hindurchströmen des Kühlmediums im Inneren des Rohres erzielt wird, da mittels einer solchen Kühlung das Sprengrohr vollständig und unabhängig von der Orientierung desselben erzielt wird. Eine Außenkühlung ist insofern nicht gleichwertig.
- 2.3
Soweit die Klägerin in der Klageschrift die Vorlage von näher bezeichneten Dokumenten nach § 140c PatG, §§ 142, 144 ZPO beantragt hat, sieht die Kammer keine Veranlassung für eine entsprechende Vorlageanordnung. Eine nähere Begründung für eine entsprechende Vorlage erfolgte nicht. Im Übrigen hat die Klägerin im Zuge des selbständigen Beweisverfahrens (4c O 6/18) eine entsprechende Vorlage bereits beantragt, welche mit Beschluss der Kammer vom 1. Februar 2018 bewilligt wurde. Auf Seite 3 des Gutachtens wurde ausgeführt, dass dem gerichtlichen Sachverständigen sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestellt wurden. Sofern sich der gerichtliche Sachverständige mit den vorgelegten Unterlagen nicht auseinandergesetzt hat, hätte es der Klägerin frei gestanden, nach Eingang des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen entsprechendes geltend zu machen. - Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 15. März 2019 ist verspätet und bietet keinen Anlass für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
-
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. - Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
- Der Streitwert wird auf 500.000,- € festgesetzt.