4c O 12/17 – Bewegungsbild-Codierer

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2870

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 08. Januar 2019, Az. 4c O 12/17

  1. I. Die Beklagte wird verurteilt,
  2. 1. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie vom 30. Mai 2014 bis zum 23. Januar 2018
  3. gewerblichen Abnehmern Decodiervorrichtungen (Smartphones, Tablets und Notebooks) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten und/oder an solche geliefert hat,
  4. die für den Gebrauch (Decodierung) von codierten Daten als unmittelbare Verfahrenserzeugnisse eines nicht AVC PPL-lizensierten Codierverfahrens geeignet sind, wobei das Codierverfahren ein Verfahren zur Vorhersage und zum Codieren bewegter Bilder für die Vorhersage eines bewegten Bildes ist, das in einem Codierer zu implementieren ist, enthaltend mehrere Bezugsbildspeicher zum Speichern von Bilddaten mehrerer für die Vorhersage zu verwendender Bezugsbilder, welches Verfahren zur Vorhersage und Codierung bewegter Bilder und Schritte aufweist:
  5. Empfangen eines Parameters, der eine Bewegung eines vorherzusagenden Bildsegments darstellt, und einer Bezugsspeichernummer, die einen für die Vorhersage zu verwendenden Bezugsbildspeicher anzeigt, Erzeugen eines vorhergesagten Bilds auf der Grundlage des Parameters durch Verwendung der in dem durch die Bezugsspeichernummer angezeigten Bezugsbildspeicher gespeicherten Bilddaten, und Codieren der Bezugsspeichernummer gemäß Informationen, die dynamisch eine Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer auf der Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der jeweiligen Speicher für die Vorhersage bestimmen;
  6. und zwar unter Angabe
  7. a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
    b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
    c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
    wobei
    – zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
  8. 2. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziff. I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 30. Mai 2014 bis zum 23. Januar 2018 begangen hat, und zwar unter Angabe:
  9. a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
    b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
    c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
    d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
  10. wobei
    – der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
  11. II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziff. I.1. bezeichneten, seit dem 30. Mai 2014 bis zum 23. Januar 2018 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
  12. III. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
  13. IV. Das Urteil ist im Hinblick auf die Ziffern I.1. und I.2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 8.000.000,00 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
  14. V. Der Streitwert wird bis zum 8. November 2018 auf EUR 30.000.000,00 und ab dem 8. November 2018 auf EUR 10.000.000,00 festgesetzt.
  15. Tatbestand
  16. Die Klägerin macht – nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend im Hinblick auf den ursprünglich auch geltend gemachten Unterlassungsanspruch teilweise für erledigt erklärt haben – Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach wegen Verletzung des deutschen Teils des Europäischen Patents EP A(vorgelegt als Anlage K 1, in deutscher Übersetzung vorgelegt als Anlage K 2; im Folgenden: Klagepatent) geltend, das unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität vom 13. Februar 1997 (JP B) am 22. Januar 1998 angemeldet und als Anmeldung am 13. Februar 2008 veröffentlicht wurde. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 30. April 2014 bekanntgemacht. Das Klagepatent ist wegen Zeitablauf zum 23. Januar 2018 erloschen.
  17. Die technische Lehre des Klagepatents betrifft ein Verfahren für die Prädiktion von einem implementierten Bewegungsbild beispielsweise in einem Bewegungsbild-Codierer/-Decodierer, der in einem tragbaren/stationären Videokommunikationsgerät und dergleichen verwendet wird. Mit Schriftsatz vom 4. September 2017 hat die Beklagte gegen das Klagepatent Nichtigkeitsklage erhoben (vgl. Anlagenkonvolut B 44), über die noch nicht entschieden ist.
  18. Die Anspruch 1 des – in englischer Sprache angemeldeten und erteilten – Klagepatents lautet:
  19. „1. A moving picture prediction and encoding method for predicting a moving picture to be implemented in an encoder including a plurality of reference picture memories for storing picture data of a plurality of reference pictures to be used for prediction, the moving picture prediction and encoding method comprising the steps of: receiving a parameter representing a motion of a picture segment to be predicted and a reference memory number indicating a reference picture memory to be used for prediction, generating a predicted picture based upon the parameter by using the picture data stored in the reference picture memory indicated by the reference memory number, and encoding the reference memory number according to information dynamically determining code allocation to the reference memory number based on frequency in use of the respective memories for prediction.”
  20. Übersetzt lautet der Anspruch 1:
  21. „1. Verfahren zur Vorhersage und zum Codieren bewegter Bilder für die Vorhersage eines bewegten Bildes, das in einem Codierer enthaltend mehrere Bezugsbildspeicher zum Speichern von Bilddaten mehrerer für die Vorhersage zu verwendender Bezugsbilder zu implementieren ist, welches Verfahren zur Vorhersage und Codierung bewegter Bilder die Schritte aufweist: Empfangen eines Parameters, der eine Bewegung eines vorherzusagenden Bildsegments darstellt, und einer Bezugsspeichernummer, die einen für die Vorhersage zu verwendenden Bezugsbildspeicher anzeigt. Erzeugen eines vorhergesagten Bilds auf der Grundlage des Parameters durch Verwendung der in dem durch die Bezugsspeichernummer angezeigten Bezugsbildspeicher gespeicherten Bilddaten, und Codieren der Bezugsspeichernummer gemäß Informationen, die dynamisch eine Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer auf der Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der jeweiligen Speicher für die Vorhersage bestimmen.“
  22. Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Zeichnungen sind dem Klagepatent entnommen und erläutern dessen technische Lehre anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele:
  23. Die Figur 1 zeigt ein Strukturdiagramm eines Bewegungsbild-Codierers und Figur 2 ein Flussdiagramm der Operation eines solchen Bewegungsbild-Codierers. Figur 19 zeigt das Strukturdiagramm eines Bewegungsbild-Codierers gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
  24. Bei der Beklagten handelt es sich um eine deutsche Tochtergesellschaft des chinesischen C-Konzerns, die unter anderem die mobilen Endgeräte mit den folgenden Modellbezeichnungen (nachfolgend: angegriffene Ausführungsformen) in Deutschland vertreibt: X
    Die Internationale Fernmeldeunion (International Telecommunication Union, ITU) entwickelte den Videokompressions-Standard ISO/IEC 14496-10. 2001 schloss sich die ITU-Gruppe mit MPEG-Visual zusammen und führte die Entwicklung gemeinschaftlich fort. Ziel des Projekts war es, ein Kompressionsverfahren zu entwerfen, das im Vergleich zu bisherigen Standards sowohl für mobile Anwendungen als auch im TV und HD-Bereich die benötigte Datenrate bei gleicher Qualität mindestens um die Hälfte reduziert. 2003 wurde der Standard von beiden Organisationen mit identischem Wortlaut verabschiedet. Die ITU-Bezeichnung lautet H.264. Bei ISO/IEC MPEG wird der Standard unter der Bezeichnung MPEG-4/AVC (Advanced Video Coding) geführt. Es ist der zehnte Teil des MPEG-4-Standards zu der ISO/IEC-Nr. 14496-10 (achte Ausgabe 01.09.2014; auszugsweise vorgelegt als Anlage K 5, auszugsweise in deutscher Übersetzung eingereicht als Anlage K 5a, im Folgenden: AVC-Standard).
  25. Das Klagepatent ist Teil eines AVC/H.264-Patentpools (nachfolgend: Patentpool). Der Patentpool umfasst derzeit ca. 5.000 Patente, die inklusive der Klägerin von knapp 40 Patentinhabern eingebracht worden sind (vgl. Anlage K 10 – Exhibit C, Exhibit D). Der Pool wird von der Gesellschaft M (nachfolgend: M) verwaltet.
  26. Die M als Poolverwalter hat mehr als 1.400 Poollizenzverträge (AVC PPL) mit weltweitem Geltungsbereich geschlossen. Bei dem Lizenzvertrag über den AVC-Standard handelt es sich um einen Standardlizenzvertrag, welcher im Internet auf der Website der M unter X abrufbar und für jedermann einsehbar ist (Anlage K 10 – Exhibit G). Entsprechendes gilt für eine Aufstellung der in diesen Vertrag einbezogenen Schutzrechte und dazugehörige claim charts bzw. Cross-Reference-Charts, welche mittels Gegenüberstellung von Patentrechten und konkreten Abschnitten des Standards die Standardessentialität nachweisen soll. Darüber hinaus sind sowohl eine Liste der rund 40 Lizenzgeber als auch eine Liste der Lizenznehmer auf der Website der M veröffentlicht (Anlage K 10 – Exhibit C; Anlage K 10 – Exhibit F).
  27. Insbesondere die nachstehenden Regelungen in deutscher Übersetzung sind Gegenstand des Standardlizenzvertrages:
  28. „[Präambel]
    […]
    Jeder Lizenzgeber verpflichtet sich hiermit dazu, Einzelpersonen, Gesellschaften oder sonstigen Rechtsträgern einzelne Lizenzen bzw. Unterlizenzen nach sämtlichen AVC wesentlichen Patenten zu maßvollen, angemessenen, nicht diskriminierenden Bedingungen entsprechend den hier vereinbarten Geschäftsbedingungen zu erteilen, die vom Lizenzgeber (ohne Zahlungen an Dritte) erteilt werden können.
    Jeder Lizenzgeber gewährt dem Lizenzverwalter eine weltweite, nicht-exklusive Lizenz und/oder Unterlizenz an allen vom Lizenzgeber lizenzierbaren oder unterlizenzierbaren für AVC wesentlichen Patenten, um es dem Lizenzverwalter zu ermöglichen, weltweit nicht-exklusive Unterlizenzen an allen diesen für AVC wesentlichen Patenten gemäß der Bestimmungen dieses Vertrages zu gewähren.
    […]
    Nichts aus der vorliegenden Vereinbarung untersagt den einzelnen Lizenzgebern, die Rechte aus den einzelnen AVC wesentlichen Patenten zur Herstellung, Verwendung, zum Verkauf oder zum Angebot eines Verkaufs zu lizensieren oder als Unterlizenzen zu vergeben, zu denen auch unter anderem die Rechte gehören, die nach der AVC-Patentportfolio-Lizenz vergeben werden.
    […]
    2. Gewährung durch den Lizenzverwalter
    2.1
    AVC Produkte(e). Vorbehaltlich der Bestimmungen der vorliegenden Vereinbarungen (einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Artikel 3 und 7), gewährt der Lizenzverwalter hiermit einem Codec-Lizenznehmer eine gebührenpflichtige, weltweite, nicht ausschließliche und nicht übertragbare Unterlizenz nach allen AVC wesentlichen Patenten im AVC Patentportfolio, ein AVC Produkt herzustellen, herstellen zu lassen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten und […].
    […]
    3.
    Gebühren und Bezahlung
    3.1
    Gebühren für die Lizenzen zu den AVC wesentlichen Patenten im AVC-Patentportfolio. Für die Lizenzen, die in Artikel 2 dieser Vereinbarung nach den AVC wesentlichen Patenten im AVC Patentportfolio gewährt werden, muss der Lizenznehmer dem Lizenzverwalter zugunsten der Lizenzgeber für die Laufzeit der vorliegenden Vereinbarung die im Folgenden festgesetzten Gebühren entrichten:
    3.1.1.
    AVC Produkt(e). Vorbehaltlich der Beschränkung aus Artikel 3.1.9. ist in jedem Kalenderjahr für die nach Absatz 2.1 der vorliegenden Vereinbarung gewährte Unterlizenz bei einem Verkauf nach dem 31. Dezember 2004 eines AVC Encoders, eines AVC Decoders oder eines AVC Codec (die nachstehend in diesem Artikel als „Einheit“ bezeichnet werden) und unabhängig davon, ob eine oder mehrere Einheiten in ein einziges Produkt integriert sind, die folgende Gebühr zu entrichten:
  29. Verkauf von Einheiten in einem beliebigen
  30. Kalenderjahr nach dem 31. Dezember 2004 zu entrichtende Gebühren
    0 bis 100.000 Einheiten 0,00.
    100.001 bis 5.000.000 Einheiten 0,20 $ pro Einheit
    mehr als 5.000.000 Einheiten 0,10 $ pro Einheit
  31. Die Gebühr für die nach Absatz 2.1 der vorliegenden Vereinbarung gewährte Unterlizenz übersteigt jedoch keinesfalls die nachstehend aufgeführten Beträge für den kombinierten Verkauf von AVC Produkten eines Lizenznehmers und seiner Tochtergesellschaften:
  32. Kalenderjahr Zu entrichtende Gebühr nach
    Unternehmen pro Jahr
  33. Verkauf 2005 und 2006 3.500.000 $
    Verkauf 2007 und 2008 4.250.000 $
    Verkauf 2009 und 2010 5.000.000 $
    Verkauf zwischen 2011 und 2015 6.500.000 $
    Verkauf 2016 8.125.000 $
    Verkauf zwischen 2017 und 2020 9.750.000 $“
  34. Weitere Regelungen zum Umfang der gewährten Lizenz sind in Ziffer 2.2 – Ziffer 2.10 vorgesehen, wobei es in Ziffer 2.9 heißt:
  35. „Vorbehaltlich von Artikel 3.1.7 berechtigen die in den Absätzen 2.1 – 2.7 dieser Vereinbarung gewährten Lizenzen den Lizenznehmer nicht, Unterlizenzen zu gewähren. Der Lizenzverwalter ist bereit, jeder Tochtergesellschaft des Lizenznehmers eine AVC Patentportfolio-Lizenz zu gewähren.“
  36. Schließlich wird als ein „Codec-Lizenznehmer“ gemäß Ziffer 1.17 des Standardlizenzvertrags eine Person oder ein Rechtsträger bezeichnet, der ein AVC Produkt an (i) einen Codec-Lizenznehmerkunden (vgl. dazu Ziffer 1.18 des Vertrags) bzw. (ii) einen Endkunden verkauft.“
  37. Im Übrigen wird wegen des weiteren Inhalts des Standardlizenzvertrages auf diesen Bezug genommen.
  38. Im AVC-Standard sind verschiedene Bedingungen, sog. Profile, enthalten, die ihrerseits aus verschiedenen Merkmalen („features“) bestehen. Die Profile sind untergliedert in die Kategorien Baseline, Extended, Main und High (Anlage B 35; vgl. Anlage B 37, Anhang zum Standard)). Die angegriffenen Ausführungsformen sind mit dem AVC-Standard kompatibel.
  39. Bereits im Jahr X fanden zwischen dem (…), und der M Verhandlungen gerichtet auf die Erteilung einer Poollizenz statt. Diese Lizenz sollte zunächst den MPEG-2-Standard abdecken. Einen dahingehenden Standardlizenzvertrag übermittelte die M der C am XXX. (Anlage B 5).
  40. Die sich anschließende Korrespondenz im Jahr 2009 wurde maßgeblich auf Seiten der (…). Mit E-Mail vom X wurde Herrn (…) mitgeteilt, dass ein Paket enthaltend Lizenzverträge betreffend die Standards MPEG-2, MPEG-4 Visual (Part2) und AVC/H.264 (MPEG-4 Part 10) abgesandt worden sei (Anlage B 7), dessen Erhalt (…) mit E-Mail vom X bestätigte (Anlage B 8). Während der Vertragsverhandlungen, die sich auch im Jahr X in erster Linie auf den MPEG-2 Standard bezogen, beabsichtigte die X Vertragspartner etwaiger Lizenzverträge zu werden, da sie die für den Vertrieb in den X relevante Gesellschaft sei. Die M dagegen bestand auf eine Lizenznahme durch die Muttergesellschaft. In diesem Kontext teilte die C der M mit E-Mail vom X (Anlage B 9) mit, dass ihr bekannt wäre (…) bezüglich des MPEG-2 Standards gleichermaßen wie die (…) jeweils unabhängig von ihren Mutterkonzernen lizensiert wären.
  41. Nach weiteren E-Mails, Telefonkonferenzen und persönlichen Treffen (vgl. Anlagen B 10 bis B 12) unterbreitete die C in Absprache mit ihrem Mutterkonzern ein Lizenzangebot, das nunmehr C als Lizenznehmerin vorsah (…). Im Ergebnis lehnte M diese Vorgehensweise jedoch ab, da (…)
  42. Die M wies die C per E-Mail vom X (Anlage B 21), welche an Herrn D (C) gerichtet war, darauf hin, dass sie Smartphones und Tablets („mobile handset products“) vertreiben würde, die vom streitgegenständlichen Standard Gebrauch machen würden (Anlage K 10-Exhibit A). Zugleich übersandte die M eine Patentliste (Anlage K 10 Exhibit-F). Die M hatte dem C-Konzern das aus den Anlagen K 10-Exhibit G ersichtliche Lizenzangebot betreffend den MPEG-2-Standard bereits im X (Anlage B 5) und X (Anlage B 13) zukommen lassen. Die mit E-Mail X übermittelten elektronischen Dokumente gingen der C auf postalischem Weg im X zu (Anlage B 22).
  43. Der C-Konzern reagierte durch Herrn D am X auf das unterbreitete Angebot und bat um weitere Gespräche zu dieser Angelegenheit (Anlage B 23).
  44. Die C wiederholte mit E-Mail vom X (Anlage B 25) ihr Anliegen, (…)
  45. In der Folgezeit gestalteten sich Terminabsprachen als schwierig. Insbesondere kamen anberaumte persönliche Treffen zwischen hochrangigen Mitarbeitern der M und der C mehrfach nicht zustande (Anlage K 10-Exhibit A, I). Im Ergebnis führten weitere Kontaktversuche nicht zum Abschluss eines Lizenzvertrages. Vielmehr brachen die Lizenzverhandlungen in X ab. Im Rahmen eines Treffens am X fragte C M, ob u.a. Claim charts zur Überprüfung der vorgeworfenen Verletzung potentiellen Lizenznehmern vorgelegt würden (Anlage B 28), was diese mit Verweis auf die Standardessentialität aller Patente verneinte.
  46. Im Rahmen des hiesigen Rechtsstreits legte die Beklagte im Rahmen der Klageerwiderung ein erstes Gegenangebot vom X (Anlage B 4) vor. Das erste Gegenangebot (…), an die Klägerin gerichtet. Das Angebot übernahm aus dem Standardlizenzvertrag die Staffelung nach Anzahl der Einheiten, aber mit (…). Die Klägerin nahm dieses Angebot nicht an.
  47. Mit Schreiben vom X (Anlage B 57) legte die Beklagte der Klägerin eine unwiderrufliche Bankbürgschaft der Industrial and Commercial Bank of X vor. Gleichzeitig kündigte die Beklagte die zeitnahe Abrechnung fälliger Lizenzgebühren gemäß Ziffern 4.4 und 4.5 des ersten Lizenzangebots an. Mit Schreiben vom 12.09.2018 (Anlage B 60) legte die Beklagte der Klägerin eine ergänzende Bankgarantie vor.
  48. Mit Schriftsatz vom 30. X 201X unterbreitete die Beklagte ein zweites Gegenangebot (Anlage B 61), das sie der Klägerin mit Schreiben vom 29. X 201X (Anlagen B 63) ebenso wie eine Abrechnung der Lizenzgebühren für den Zeitraum von Januar 2009 bis zum Dezember 201X zukommen ließ. Im Unterschied zum ersten Angebot bietet die Beklagte nunmehr eine weltweit einheitliche Lizenz in Höhe von X US-Cent ohne regionale Differenzierung allerdings nur für sämtliche für den streitgegenständlichen AVC-Standard essentiellen Patente der Klägerin an. Den Lizenzsatz berechnete die Beklagte pro rata aus dem Betrag, der der Klägerin nach Auffassung der Beklagten nach der Anzahl ihrer Patente im Verhältnis zur Anzahl aller Patente im Patentpool zusteht, inklusive eines Aufschlags von X % für den Mehraufwand der Klägerin, wegen einer Lizenzierung außerhalb des Pools. Das Inkrafttreten des Vertrages bestimmt sich nach der Annahme durch die Klägerin. Verletzungshandlungen in der Vergangenheit sind auf Grundlage der angebotenen Lizenzraten zu vergüten. In der mündlichen Verhandlung lehnte die Klägerin auch dieses Angebot ab.
  49. Zwischen den Parteien steht die FRAND-Gemäßheit des Lizenzangebots sowie diejenigen der beiden Gegenangebote in Streit. Andere Poolmitglieder (X.) führen gegen die Beklagte ebenfalls Rechtstreitigkeiten. Auch in diesen Verfahren erklärte sich die Beklagte zum Abschluss individueller Portfoliolizenzverträge bereit.
  50. Die Klägerin meint, der H.264-Standard mache Gebrauch von der Lehre des Klage-patents, so dass sich die Verletzung des geltend gemachten Verfahrensanspruchs bereits aus der – insoweit unstreitig vorhandenen – Möglichkeit der Wiedergabe des nach dem H.264-Standard codierten Videos durch die angegriffenen Ausführungs-formen ergebe. Unschädlich sei, dass der Standard lediglich den Decodierprozess vorgebe, da es zwingende Voraussetzung sei, dass der Decodierprozess dem vor-geschalteten Codierprozess vollständig entspreche. Die Zuteilung des Codes zur Bezugsspeichernummer erfolge auch im Standard dynamisch, da es nicht nur auf den jeweiligen Bezugsspeicher, sondern auch auf dessen Inhalt ankomme. Insoweit ändere sich der Inhalt des jeweiligen Speichers je nachdem, welches der als Referenz hinterlegten Bilder wie oft nachgefragt wird.
  51. Sie meint, das Speichern und das Abspielen der nach dem Standard erzeugten Vi-deos stelle ein Gebrauchen eines unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 3 PatG durch die (gewerblichen) Abnehmer der Beklagten dar. Da die Beklagte die Handys zum Speichern und Abspielen anbiete und liefere, habe sie unter Berücksichtigung der Grundsätze der Störerhaftung für diese Patentverlet-zung einzustehen. In der Rechtsfolge entspreche diese Haftung der Haftung ein Patentverletzers für eine mittelbare Patentverletzung.
  52. Die Verwirklichung der geschützten Lehre ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die angegriffenen Ausführungsformen den Browser Google Chrome umfassten, der zur Wiedergabe von H.264-codierten Videodateien den Codec FFmpeg verwende. Entsprechendes ließe sich jedenfalls den für jedermann einsehbaren quelloffenen Teilen des Browsers Chromium entnehmen.
  53. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie ihre kartellrechtlichen Obliegenheiten gegenüber der Beklagten erfüllt habe. Die Klägerin ist der Ansicht, sich FRAND verhalten zu haben. Als relevanter Prüfungsmaßstab seien die der Orange-Book-Rechtsprechung zu entnehmenden Kriterien heranzuziehen.
  54. Die Klägerin behauptet, dass die M für Vertragsverhandlungen und Vertragsschlüsse bevollmächtigt gewesen sei, wozu sich die Beklagte mit Nichtwissen erklärt. Dies sei in der Lizenz- und Elektronikbranche auch bekannt. In der Präambel der Lizenzverträge werde die M, was unstreitig ist, als „Licensing Administrator“ bezeichnet. Dies stelle klar, dass die M die Poollizenzen nicht im eigenen Namen, sondern als Unterlizenz vergebe. Jedenfalls handele sie wirksam für die Klägerin. Gleichermaßen sei es auf der Passivseite legitim, eine Poollizenz mit dem Mutterkonzern der Beklagten schließen zu wollen. Diese Intention würde die Beklagte im Übrigen in den ihrerseits unterbreiteten Lizenzangeboten selbst verfolgen (vgl. Anlage B 4, B 61), da als Lizenznehmer der chinesische Mutterkonzern angegeben worden sei.
  55. Die Klägerin meint, in der E-Mail vom X liege ein hinreichend konkreter Verletzungshinweis und konkretere Angaben zur behaupteten Verletzungshandlung seien nicht erforderlich gewesen. Insbesondere sei die Abrufbarkeit weitergehender Informationen im Internet auf der öffentlich zugänglichen Website der M ausreichend gewesen, um den Anforderungen an den Verletzungshinweis zu genügen. Im Übrigen sei der C die Erforderlichkeit einer Lizenz aus den vorangegangenen Vertragsverhandlungen bekannt gewesen.
  56. Die C habe, so meint die Klägerin, vielmehr ihre Lizenzbereitschaft nicht signalisiert. Ein zwischenzeitlicher Abbruch der Vertragsverhandlung sei ihr zuzurechnen. Hierzu behauptet die Klägerin, dass es letztlich die Beklagtenseite gewesen sei, die die Vertragsverhandlungen nicht mehr betrieben habe. Sie habe per E-Mail vom X ihr Desinteresse an dem unterbreiteten Standardpoollizenzvertrag bekundet (vgl. Anlage K 17) und durchgängig auf eine Lizenznahme durch das amerikanische Tochterunternehmen bestanden.
  57. Hinsichtlich der unstreitig übermittelten Lizenzangebote meint die Klägerin, dass die vorgesehenen Regelungen den FRAND-Anforderungen genügen würden. Die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr ergebe sich hinreichend aus dem Lizenzangebot; die Marktakzeptanz der Lizenzgebühren folge jedenfalls aus der Vielzahl der geschlossenen Lizenzverträge.
  58. Die Klägerin ist der Ansicht, die Einbeziehung auch des (…) in den Poollizenzvertrag sei gegenüber der Beklagten bzw. dem C-Konzern nicht diskriminierend. Hierzu behauptet sie, es hätten Y eine weltweite Poollizenz genommen, ohne Einbußen in der Wettbewerbsfähigkeit auf dem chinesischen Markt gegenüber nicht lizensierten Wettbewerbern zu erleiden. Im Übrigen, so behauptet die Klägerin, spiele der chinesische Markt für C nur eine untergeordnete Rolle, da sich der Marktanteil nur auf X belaufen habe. Auf die tabellarische Darstellung auf S. 47 des Schriftsatzes vom 04. Dezember 2017 (Bl. 225 GA) wird verwiesen.
  59. Ferner behauptet die Klägerin, dass es nach der bisherigen Lizensierungspraxis auch keine Lizenzverträge gebe, die unter Ausschluss gewerblicher Tätigkeiten auf dem chinesischen Markt geschlossen worden seien. Grund dafür, dass (…) unstreitig nicht lizensiert seien, sei deren vehemente ablehnende Haltung gegen eine Lizenznahme, obwohl die M mit ihnen entsprechende Korrespondenz aufgenommen habe. Eine Lizenznahme nur durch C oder ein anderes zum C-Konzern gehörendes Unternehmen, das jedenfalls nicht auf dem chinesischen Markt tätig ist, sei daher unzulänglich und nicht branchenüblich, wie die vielen geschlossenen Verträge zeigen würden.
  60. Die Klägerin meint, dass der weltweit einheitliche Lizenzsatz, ohne für den chinesischen Markt geringere Lizenzsätze vorzusehen, gerechtfertigt sei, weil (…)(vgl. Tabelle Bl. 227 GA).
  61. Es bestehe auch kein strukturelles Ungleichgewicht der in den Pool einbezogenen Schutzrechte. Aus der eigenen Übersicht der Beklagten (Anlage B 31) folge, dass in China in Kraft stehende Patentrechte die viertstärkste Beteiligung am Lizenzpool aufweisen würden.
  62. Die in Ziff. 3.1.1 des Standardlizenzvertrages vorgesehene Höchstbetragsklausel führe bei der Beklagten zu keiner Benachteiligung, da einerseits auch kleinere Unternehmen diese Grenze erreichen würden und andererseits C schon mit ihrem außer-chinesischen Geschäft diesen Betrag erreichen und überschreiten würde. Außerdem sei diese Klausel in den vielzählig geschlossenen Lizenzverträgen akzeptiert worden.
  63. Die Klägerin behauptet, Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsformen hätten ergeben, dass die Produkte von C alle drei im Standard vorgesehenen Profilen vorhalten würden (Anlage K 8). Hierzu meint die Klägerin, dies rechtfertige es auch alle Profile in den Standardlizenzvertrag aufzunehmen.
  64. Das Fehlen einer Anpassungsklausel sei unschädlich. Die in Ziff. 4.9 des Standardlizenzvertrages enthaltene Klausel sei 1.400-mal akzeptiert worden; gewisse Pauschalierungen seien notwendig. Im Übrigen habe es auch, was unstreitig ist, keine Gebührenanpassungen gegeben, als die Anzahl der in den Pool einbezogenen Patente gestiegen sei.
  65. Die vorgelegten Lizenzverträge seien geeignet, die Branchenüblichkeit darzulegen.
  66. Die seitens der Beklagten begehrte Individualportfoliolizenz an standardessentiellen Patenten der Klägerin sei nicht FRAND. Denn die Lizenzierungspraxis habe sich, wie die Klägerin behauptet, im Laufe der Jahre hin zu einer Poollizenz entwickelt. Die im Lizenzvertrag enthaltene Präambel sei historisch und stamme aus einer Zeit, in der es noch keine Übung auf dem Gebiet der Lizensierung des Standards gegeben habe.
  67. Im Übrigen entspreche das Gegenangebot nicht den FRAND-Grundsätzen, da die (…)
  68. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Abschluss einer Individualportfoliolizenz. Wenngleich eine solche Möglichkeit in der Präambel des Standardlizenzvertrages vorgesehen worden sei, sei praktisch nie von dieser Gebrauch gemacht worden. Dies würden die über 1.400 abgeschlossenen Poollizenzverträge zeigen. Die Branchenüblichkeit habe sich hin zu solchen Verträgen entwickelt. Auch deshalb sei das Gegenangebot der Beklagten schon als nicht FRAND zu betrachten, zumal keine sachlichen Gründe ersichtlich seien, weshalb die C auf einen solche Lizenz bestehe.
  69. Ferner ist die Klägerin der Auffassung, das Klagepatent werde sich in der Entscheidung über die Nichtigkeitsklage der Beklagten als rechtsbeständig erweisen.
  70. Nachdem der Rechtsstreit von den Partien übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt worden ist, beantragt die Klägerin,
  71. zu erkennen, wie geschehen.
  72. Die Beklagte beantragt,
  73. die Klage abzuweisen;
  74. hilfsweise
  75. den Rechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die betreffend das Klagepatent beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage auszusetzen.
  76. Die Beklagte meint, das Klagepatent sei für den H.264-Standard nicht standardessentiell, da der Standard ausschließlich den Decodierprozess definiere, wohingegen das Klagepatent nur den Codierprozess betreffe. Im Übrigen verwirklichten die angegriffenen Ausführungsformen die technische Lehre des Klagepatents auch nicht wortsinngemäß. Insoweit behauptet sie, im Standard erfolge die Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer statisch und nicht – wie vom Klagepatent gefordert – dynamisch. Die Verwendung von Exp-Golomb-Codes im Standard bedinge es, dass einer Referenzspeichernummer stets derselbe Code zugeteilt werde, wohingegen unerheblich sei, ob sich der Inhalt des Speichers ändere.
  77. Soweit sich die Klägerin auf eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents durch die Abnehmer der Beklagten und eine Haftung der Beklagten als Störerin berufe, könne dies Ansprüche nicht begründen, da nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich sei, dass es Videos gebe, die nicht unter einer Lizenz am H.264-Standard hergestellt worden seien und insoweit Erschöpfung eingetreten sei.
  78. Die Beklagte ist der Auffassung, der von ihr erhobene FRAND-Einwand greife durch. Sie meint, die Klägerin bzw. M habe sich nicht FRAND-gemäß verhalten. Zu prüfen sei diese Frage anhand der in der EuGH-Entscheidung X aufgestellten Kriterien.
  79. Zunächst ist die Beklagte der Ansicht, dass keine wirksamen Rechtshandlungen der Klägerin vorlägen, da nicht sie, sondern die M aufgetreten sei, ohne eine eindeutige rechtliche Befugnis dazu gehabt zu haben.
  80. Der Verletzungshinweis sei unzureichend gewesen. Es hätte näherer Erläuterungen zur behaupteten Verletzung und den betroffenen Schutzrechten bedurft, da, was unstreitig ist, die C selbst nicht über standardessentielle Patente verfüge. Daher sei sie mit der streitgegenständlichen Technologie nicht vertraut. Schon im Rahmen der Vertragsverhandlungen, so behauptet die Beklagte, habe der C-Konzern die Essentialität der Patente sowie deren Verletzung angezweifelt.
  81. Die Beklagte bzw. der C-Konzern sei zu jedem Zeitpunkt lizenzbereit gewesen; dies würde umfänglich durch die E-Mail-Korrespondenz belegt werden (Anlagen B 8-10, B 12, B 14, und B 23). Zwischenzeitliche Verhandlungsunterbrechungen seien der M anzulasten.
  82. Es liege kein wirksames Lizenzangebot im Sinne der FRAND-Bedingungen vor. Die Klägerin selbst habe schon gar kein, auch kein Angebot auf eine individuelle Portfoliolizenz, was zwischen den Parteien unstreitig ist, erteilt. Darüber hinaus liege auch in dem Angebot der M kein der Klägerin zurechenbares Angebot. Dies gelte entsprechend auch für andere vorgerichtliche Aktivitäten der M.
  83. In dem übersandten Lizenzangebot liege außerdem deshalb kein rechtlich bindendes Angebot, da diese Schriftstücke nur der Ansicht gedient hätten und dementsprechend mit „Muster“ überschrieben und von der M nicht unterschrieben gewesen seien. Außerdem habe die M in dem Verletzungshinweis zu den übersandten Unterlagen mitgeteilt, dass diese nicht verbindlich seien.
  84. Die Beklagte behauptet, dass nicht alle im Pool enthaltene Patente standardessentiell seien. Dies hätten außergerichtlich beauftragte Untersuchungen des X Unternehmens „YYY“ ergeben, wonach bezüglich des gesamten Pools X % und bezüglich des konkreten Portfolios der Klägerin X % der Schutzrechte und bezüglich aller vier Klägerinnen, der bis kürzlich vor dem Landgericht Düsseldorf geführten parallelen Patentrechtsstreitigkeiten X % der Schutzrechte nicht standardessentiell seien (vgl. Anlagen B 39, B 40), was die Klägerin mit Nichtwissen bestreitet. Die Einbeziehung nicht-essentieller Patente (NEPs) beruhe auf der Standardisierungsorganisation ISO, welchen Patentinhaber nicht die Preisgabe von Patentnummern etc. abverlange. Die Leichtigkeit der Deklarierung würden auch die Musteranmeldevordrucke belegen (Anlagen B 39, B 40). Der Patentpool sei, so meint die Beklagte, daher kartellrechtswidrig zustande gekommen und die Abgabe eines FRAND-Angebots nicht möglich. Es verbleibe selbst unter Zugrundelegung des korrigierten Zahlenwerks (Anlage B 51) dabei, dass im Wesentlichen nicht-essentielle Patente in den Pool einbezogen worden seien. Dies rühre auch daher, dass eine Überdeklaration angeblicher SEPs stattfinde. So seien, wie die Beklagte behauptet, nicht-produzierende Gesellschaften wie X ledig zu dem Zweck gegründet worden, den Schutzrechtsbestand zu überhöhen.
  85. Die Einbeziehung des Chinageschäfts in die Poollizenz sei diskriminierend. Die Beklagte behauptet dazu, dass eine solche vertragliche Regelung von der bisherigen Lizensierungspraxis abweiche. Es gebe bisher keinen Lizenzvertrag, der den chinesischen Markt einbeziehe. Kein chinesischer Hersteller, der auf die AVC-Technologie zurückgreife, verfüge über eine Lizenz. Zudem sei das Unternehmen der Beklagten nicht mit einem Multiprodukt-Unternehmen zu vergleichen; es handele sich um ein Ein-Produkt-Unternehmen, das lediglich Smartphones herstelle. Eine weltweit einheitliche Lizenzrate würde unberücksichtigt lassen, dass in unterschiedlichen Absatzmärkten unterschiedliche Verkaufspreise erzielt würden. Insbesondere (…).
  86. Die Beklagte ist weiterhin der Ansicht, dass die im Lizenzvertrag in Ziff. 3.1.1 enthaltene Höchstbetragsklausel (sog. „royalty cap“) diskriminierend sei, da sie in ihrem Wettbewerbsverhalten erheblich behindert werde. Zunächst sei, was unstreitig ist, bis zu einer Stückzahl von 5 Million und für jede sodann verkaufte Einheit eine Staffellizenz vorgesehen. Außerdem sei aber ein Maximalbetrag geregelt, mit der Folge, dass ab Erreichen dieser Grenze jede weitere verkaufte Einheit keine Lizenzgebühr mehr auslöse. Der Effektivlizenzsatz liege daher deutlich unterhalb des gestaffelten Betrages. Der Höchstbetrag habe für das Jahr 2017 bei USD 8.125 Mio. gelegen. Eine solche Regelung begünstige Lizenznehmer, die mit einem breiten Produktportfolio einen hohen Umsatz generieren würden. So würde der Effektivlizenzsatz im Jahr 2016, nachdem sowohl S als auch C die aktuelle Höchstbetragsgrenze überschritten hätten, für S bei X USD liegen, wohingegen derjenige der X USD betragen würde.
  87. Ebenso sei es diskriminierend, dass das Lizenzangebot keine Anpassungsklausel enthalte, um eine Gebührenanpassung für den Fall des Widerrufs oder Schutzdauerablaufs eines Patents zu ermöglichen.
  88. Ferner sei die Einbeziehung aller Profile, aus denen der streitgegenständliche Standard zusammengesetzt ist, in das Lizenzangebot diskriminierend, da – so behauptet die Beklagte – die Verwirklichung aller Profile in mobilen Endgeräten nicht zwingend und in den angegriffenen Ausführungsformen auch tatsächlich nicht der Fall sei (Anlage B 35). Die Einbeziehung aller Schutzrechte und Profile in den Lizenzvertrag berücksichtige nicht hinreichend den Unterschied zwischen Multiproduktherstellern und solchen Ein-Produkt-Unternehmen wie C, die ausschließlich Mobilfunkpatente/-profile benutzen würden. Eine solche Differenzierung sehe nunmehr die Gebührenstruktur des HEVC-Standards vor (Anlage B 38).
  89. Die Lizenzierungspraxis sei höchst selektiv. Maßgeblich sei die Lizenzierung auf dem Produktmarkt der Mobiltelefone (…)
    Gegen die Tatsache, dass alle rund 1.400 Verträge einheitliche Regelungen beinhalten könnten, spreche schon die Betrachtung einzelner der vorgelegten Lizenzverträge. Die vorgelegten Verträge seien daher insgesamt ungeeignet, den FRAND-Charakter zu belegen.
    (…)
    Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass Lizenzgeber zu keiner Zeit (auch) Individuallizenzen außerhalb des Pools geschlossen hätten.
  90. Die Beklagte meint, dass jedenfalls ihr zweites Lizenzangebot FRAND-gemäß sei. Sie habe Anpassungen vorgenommen und damit auf die Kritik der Klägerin reagiert. Insbesondere würde sie an der Unterteilung des Weltmarktes und den verschiedenen Lizenzraten nicht mehr festhalten.
  91. Im Hinblick auf die begehrte Rechnungslegung könne die Klägerin keine Angaben zu Gestehungskosten und Gewinn verlangen, da sie eine FRAND-Erklärung abgegeben habe und sich der geschuldete Schadensersatz auf die Lizenzanalogie beschränke.
  92. Die Beklagte ist der Auffassung, das Klagepatent werde sich in der Entscheidung über die beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage als nicht rechtsbeständig erweisen. Insbesondere sei die von ihm beanspruchte technische Lehre nicht neu und habe jedenfalls durch den Stand der Technik nahegelegen.
  93. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird darüber hinaus auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.
  94. Entscheidungsgründe
  95. Die zulässige Klage hat – soweit sie nicht übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt wurde – in der Sache Erfolg.
  96. A.
    Die Klage ist begründet.
  97. I.
    Das Klagepatent betrifft ein System zur Vorhersage von Bewegtbildern, insbesondere ein Verfahren für die Prädiktion und Codierung von einem implementierten Bewegungsbild.
  98. Bei der (Bewegungs-)Prädiktion handelt es sich um eine Technologie zum Komprimieren von Bildern mit dem Ziel, Datenvolumen einzusparen. Anstelle immer sämtliche Bildinformationen für jedes einzelne Bild einer Videosequenz zu übertragen, macht sich die Prädiktion den Umstand zu Nutze, dass es Redundanzen gibt, wenn sich mehrere aufeinanderfolgende Bilder ähneln, d.h. nur in einigen (wenigen) Bildteilen unterscheiden. Sofern Bildinhalte eines aktuell zu codierenden Bildes mit denen von Referenzbildern übereinstimmen, diese jedoch nur verschoben sind, können die Daten der bereits übertragenden Bilder verwendet werden, so dass nur wenige Informationen übertragen werden müssen. Zu den zu übertragenden Informationen gehören im Standard ISO/IEC 14496-10 (nachfolgend: H.264- oder AVC-Standard) insbesondere Bewegungsvektoren und/oder Verzerrungsparameter. Diese Technik setzt jedoch voraus, dass das bzw. die Referenzbild(er) in mindestens einem Speicher abgespeichert werden können, damit auf sie zurückgegriffen werden kann.
  99. In den Absätzen [0002] bis [0038] schildert das Klagepatent verschiedene Kompressionstechniken, die im Rahmen des im Stand der Technik bekannten MPEG-4-Video-Codierungs-/-Decodierungskontrollmodell (Verifikationsmodell, kurz: VM) angewandt werden. Wie das Klagepatent im Absatz [0003] ausführt, ist das VM ein System zum Codieren/Decodieren eines jeden Video-Objekts als eine Einheit im Hinblick auf eine Bewegungsbildsequenz, die eine Summe der Video-Objekte ist, die ihre Form beliebig zeit-/raumweise ändern. Gemäß dem VM wird ein zeitbasiertes Bewegungsbild-Objekt als ein Video-Objekt (VO) bezeichnet, während die Bilddaten, die jede Zeitinstanz des VO als eine Codiereinheit darstellen, eine Video-Objektebene (VOP) genannt werden. Wenn das VO in Zeit/Raum geschichtet wird, wird zwischen dem VO und der VOP zur Darstellung einer geschichteten VO-Struktur eine spezielle Einheit namens Video-Objektschicht (VOL) bereitgestellt. Jede VOP umfasst Form- und Texturinformation, die getrennt werden soll.
  100. Wie das Klagepatent in Absatz [0013] weiter ausführt, kennt das VM vier verschiedene Arten der VOP-Codierung (I-VOP, P-VOP, B-VOP und SPRITE-VOP), wobei jede Codierungsart mit einer Prädiktionsart bzw. -verfahren (Keine Prädiktion, Prädiktion auf Grundlage vorheriger VOP, Prädiktion auch Grundlage auch zukünftiger VOP sowie SPRITE-basierte Prädiktion) assoziiert wird. Gemäß dem vorstehend erwähnten Prädiktionssystem im bekannten Codierungssystem wird das Video-Objekt unter Verwendung des zur Nutzung bestimmten Speichers nur zum Erfassen des Bewegungsvektors und des ausschließlich für die Bestimmung des Verzerrungsparameters ausgelegten Speichers vorhergesagt, wobei sie beide strukturell maximal die Verwendung nur eines einzigen Bildschirms ermöglichen (vgl. Absatz [0034]).
  101. Das Klagepatent kritisiert an den vorbekannten Prädiktionssystemen, dass die Speicher nur zur Speicherung jeweils eines Referenzbildes geeignet sind und daher nur eine begrenzte Anzahl von Referenzbildern für die Prädiktion verfügbar ist, was eine ausreichende Verbesserung der Prädiktionseffizienz verhindert.
  102. Als vorbekannt würdigt das Klagepatent in Absatz [0037] noch die EP 0 719 XXX A2, die eine Bewegungsbildprädiktion und ein Codierungsverfahren für die Prädiktion eines Bewegungsbildes offenbart, das in einen Codierer, einschließlich zahlreicher Referenzbildspeicher zur Speicherung der Bilddaten von zahlreichen für die Prädiktion zu nutzenden Referenzbildern implementiert wird, wobei die Bewegungsbildprädiktion und das Codierungsverfahren folgende Schritte umfassen: Erhalt eines Parameters, der eine Bewegung eines vorherzusagenden Bildsegments und einer Referenzspeichernummer darstellt, und Erzeugung eines vorhergesagten Bildes, basierend auf dem Parameter, unter Verwendung der Bilddaten des Referenzbildspeichers, der für die Prädiktion verwendet werden soll.
  103. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem), ein Prädiktionsverfahrens für die Codierung/Decodierung von Bilddaten bereitzustellen, bei denen zwei oder mehrere Speicher zur Verfügung gestellt werden, um die bisherigen Aufzeichnungen der Bewegungsbildsequenz unter Berücksichtigung der internen Struktur und der Eigenschaften der Bewegungsbildsequenz bereitzustellen, wodurch eine hocheffiziente Prädiktion wie auch eine hocheffiziente Codierung/Decodierung erzielt wird (vgl. Absatz [0038]).
  104. Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren nach Anspruch 1 des Klagepatents, der sich in die folgenden Merkmale gliedern lässt:
  105. 1. Verfahren zur Vorhersage und zum Codieren bewegter Bilder für die Vorhersage eines bewegten Bildes, das in einem Codierer zu implementieren ist,
    2. enthaltend mehrere Bezugsbildspeicher zum Speichern von Bilddaten mehrerer für die Vorhersage zu verwendender Bezugsbilder
    – welches Verfahren zur Vorhersage und Codierung bewegter Bilder die Schritte aufweist:
    3. Empfangen
    3.1. eines Parameters, der eine Bewegung eines vorherzusagenden Bildsegments darstellt, und
    3.2. einer Bezugsspeichernummer, die einen für die Vorhersage zu verwendenden Bezugsbildspeicher anzeigt,
    4. Erzeugen eines vorhergesagten Bilds auf der Grundlage des Parameters durch Verwendung der in dem durch die Bezugsspeichernummer angezeigten Bezugsbildspeicher gespeicherten Bilddaten, und
    5. Codieren der Bezugsspeichernummer gemäß Informationen, die dynamisch eine Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer auf der Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der jeweiligen Speicher für die Vorhersage bestimmen.
  106. II.
    Zwischen den Parteien steht – zu Recht – nicht in Streit, dass der H.264-Standard Gebrauch von den Merkmalen bzw. Merkmalsgruppen 1 bis 4 macht. Gleiches gilt indes auch für das streitige Merkmal 5 mit der Folge, dass die Standardessentialität des Klagepatents festgestellt werden konnte. Im Einzelnen:
  107. 1.
    Der H.264-Standard macht auch Gebrauch von dem Merkmal 5, gemäß dem ein Codieren der Bezugsspeichernummer nach Informationen erfolgt, die dynamisch eine Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer auf der Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der jeweiligen Speicher für die Vorhersage bestimmen.
  108. a)
    Gemäß Merkmal 1. des geltend gemachten Verfahrensanspruchs betrifft das Klagepatent ein in einen Codierer zu implementierendes Verfahren zur Vorhersage und zum Codieren bewegter Bilder für die Vorhersage eines bewegten Bildes. Dieser Codierer muss nach Merkmal 2. mehrere Bezugsbildspeicher zum Speichern von Bilddaten mehrerer für die Vorhersage zu verwendender Bezugsbilder enthalten. Die nähere Ausgestaltung des Verfahrens zur Vorhersage und Codierung bewegter Bilder wird sodann in den Merkmalen 3. bis 5. näher beschrieben. Danach soll in einem ersten Schritt ein Parameter, der eine Bewegung eines vorherzusagenden Bildsegments darstellt (Merkmal 3.1.), und eine Bezugsspeichernummer, die einen für die Vorhersage zu verwendenden Bezugsbildspeicher anzeigt (Merkmal 3.2.), empfangen werden (Merkmal 3.). Anschließend wird ein vorhergesagtes Bild auf der Grundlage des Parameters durch Verwendung der in dem durch die Bezugsspeichernummer angezeigten Bezugsbildspeicher gespeicherten Bilddaten, erzeugt (Merkmal 4.) und schließlich codiert, wobei nach Merkmal 5. das Codieren der Bezugsspeichernummer gemäß Informationen erfolgen soll, die dynamisch eine Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer auf der Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der jeweiligen Speicher für die Vorhersage bestimmen.
  109. Das Klagepatent offenbart in dem einzig gelehrten Anspruch ausschließlich ein Verfahren, das die Codierung einer Signalfolge betrifft. Es macht hingegen keine Ausführungen dazu, wie dieses Signal decodiert werden kann/soll, um die codierte Signalfolge in ein wiederzugebendes Video zu verwandeln. Nichtsdestotrotz spricht das Klagepatent in der Beschreibung (so z.B. in Absatz [0001]) davon, dass das Verfahren in einen „Bewegungsbild-Codierer/-Decodierer“ zu implementieren ist. Der Durchschnittsfachmann versteht ohne weiteres, dass die Decodierung der Signale in derselben Weise vorgenommen werden muss wie die vorausgegangene Codierung erfolgt ist. Weil dem so ist, muss für das Decodierverfahren bekannt sein, in welcher Weise die zu decodierenden Bilddaten jeweils codiert worden sind.
  110. Der H.264-Standard demgegenüber macht allein Ausführungen zur Decodierung einer standardgemäßen Signalfolge, ohne auszuführen, wie diese Signalfolge zu codieren ist. Soweit die Klägerin schriftsätzlich vorgetragen hat, aus den Ausführungen des H.264-Standards zur Decodierung ließe sich zwingend auf die Ausgestaltung eines entsprechenden Codierverfahrens schließen, da es sich bei dem Decodierverfahren um die reziproke Ausgestaltung des Codierverfahrens handeln müsse, handelt es sich insoweit zwar nur um eine pauschale Behauptung, die von der Beklagten einfach bestritten wurde. Gleichwohl steht auf Grund der umfangreichen Ausführungen der Parteien zur Frage, ob die Merkmale des Anspruchs im Standard umgesetzt sind, und mangels konkreten Vortrags der Beklagten dazu, in welchem anderen Zusammenhang Codierung und Decodierung stehen, zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Codierung mit der Decodierung in einem derart engen, nicht zu trennenden technischen Zusammenhang steht, dass sich Codierung und Decodierung spiegelbildlich entsprechen müssen. Dies bedeutet, dass sich bei der Decodierung alle (Verfahrens-)Schritte wiederfinden müssen, wie sie bei der vorher durchgeführten Codierung vorgenommen wurden, da anderenfalls das Ziel des (Codier-)Prozesses, die korrekte Wiedergabe eines Videos/einer Signalfolge nach der Decodierung nicht erreicht werden kann.
  111. Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob es das Zusammenspiel von Codierung und Decodierung auch zwingend voraussetzt, dass die einzelnen (Verfahrens-)Schritte in einer bestimmten, wenn auch umgekehrten Reihenfolge abgearbeitet werden. Dies wäre nur dann relevant, wenn – wie vorliegend nicht – ersichtlich wäre, dass es auf die spezielle zeitliche Abfolge der (Verfahrens-)Schritte ankäme. Die Parteien haben aber weder vorgetragen, noch ist ersichtlich, dass es bei der Codierung nach dem Klagepatent etwa darauf ankommt, welche der beiden in der Merkmalsgruppe 3. genannten Informationen (Parameter oder Bezugsspeichernummer) zuerst empfangen wird. Kern der klagepatentgemäßen Lehre bildet vielmehr die Frage, welches der für die Erzeugung eines Bildes heranzuziehenden Bilder in welchem Speicher abgelegt wird und wie die insoweit zu übertragenden Informationen möglichst effizient übermittelt werden.
  112. Daher kommt es für die Frage, ob das klagepatentgemäße Codierverfahren relevant für den Standard ist, allein darauf an, ob der vom H.264-Standard näher beschriebene Decodierprozess Gebrauch aller vom Klagepatent umschriebener Merkmale macht. Sofern nämlich der H.264-Standard bei der Decodierung alle vom Klagepatent umfassten (Verfahrens-)Schritte verwendet, bestehen aus Sicht der Kammer auf Grund des technisch zwingenden Zusammenhangs zwischen Codierung und Decodierung keine durchgreifenden Zweifel daran, dass das Klagepatent für die Codierung von standardgemäßen Signalfolgen eingesetzt wird bzw. werden kann.
  113. b)
    Vorliegend konnte festgestellt werden, dass der Standard auch Gebrauch von dem insoweit einzig streitigen Merkmal 5. macht.
  114. Gemäß Merkmal 5. erfolgt das Codieren der Bezugsspeichernummer gemäß Informationen, die dynamisch eine Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer auf der Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der jeweiligen Speicher für die Vorhersage bestimmen. Die insoweit relevante Bezugsspeichernummer zeigt – wie Merkmal 3.2. fordert – den für die Vorhersage zu verwendenden Bezugsbildspeicher an.
  115. Dem Klagepatent kommt es ausweislich der gestellten Aufgabe auf eine möglichst effiziente Codierung an, d.h. eine Codierung, bei der das zu übertragende Datenvolumen möglichst gering ist. Insoweit kann der Fachmann dem Anspruch entnehmen, dass das Klagepatent die Reduzierung des Datenvolumens dadurch erreichen will, dass es die Codezuteilung zu den jeweiligen Bezugsspeichern, in denen die für die Prädiktion benötigten Bilder abgelegt sind, dynamisch gestaltet wird. Ausschlaggebend für die Entscheidung, welcher Speicher wie codiert wird bzw. wie sich die Codierung ändern muss, soll die Häufigkeit der Verwendung der im jeweiligen Speicher hinterlegten Bilder sein. Sollte sich die Häufigkeit im Laufe des Prozesses ändern, soll die Codierung angepasst werden.
  116. Soweit das Merkmal 5. das Codieren der Bezugsspeichernummer vorgibt, erkennt der Fachmann zunächst, dass das Klagepatent unter einer Bezugsspeichernummer jede Information versteht, die die Identifizierung des für die Vorhersage zu verwendenden Bezugsbildspeichers ermöglicht. Daraus folgert er, dass als Bezugsspeichernummer nicht allein – wie die Beklagte meint – die (physikalische) Adresse eines Bezugsbildspeichers oder nur der Index einer Liste in Betracht kommt. Vielmehr versteht das Klagepatent als Bezugsspeichernummer solche Informationen, die einen bestimmten (in Bezug genommenen) Speicher sowie das darin enthaltene Bild identifizieren. Somit beinhaltet eine klagepatentgemäße Bezugsspeichnummer nicht allein den Index einer Liste, sondern zusätzlich auch die Liste mit den jeweils hinterlegten Bildern.
  117. Diese Auslegung ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des Anspruchswortlauts, der gemäß Art. 69 Abs. 1 Satz 1 EPÜ den Schutzbereich des Klagepatents bestimmt. Nach Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ wird der Schutzbereich eines Patents durch die Patentansprüche bestimmt, wobei auch die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind (Art. 69 Abs. 1 S. 2 EPÜ). Dabei ist bei der für die Bestimmung des Schutzbereichs gebotenen Auslegung des Patentanspruchs nicht die sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Bedeutung der im Patentanspruch verwendeten Begriffe maßgeblich, sondern deren technischer Sinn, der unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich objektiv für den von dem Klagepatent angesprochenen Fachmann aus dem Patent ergeben (BGH, GRUR 1975, 422, 424 – Streckwalze). Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang der Sinngehalt des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der patentierten Erfindung beitragen (BGH, GRUR 2007, 410, 413 – Kettenradanordnung). Unerheblich ist grundsätzlich, ob sich aus anderen, außerhalb des zulässigen Auslegungsmaterials liegenden Unterlagen ein anderes Verständnis von einem in der Patentschrift verwendeten Begriff ergibt, solange sich nicht in der Patentschrift Anhaltspunkte dafür finden lassen, dass ein solches Verständnis auch im Zusammenhang mit der geschützten Lehre zugrunde zulegen ist. Denn die Patentschrift stellt gleichsam ihr eigenes Lexikon dar (BGH, GRUR 2002, 515ff. – Schneidmesser I; GRUR 1999, 909ff. – Spannschraube). Die Patentschrift ist insoweit in einem sinnvollen Zusammenhang zu lesen und der Patentanspruch im Zweifel so zu verstehen, dass sich keine Widersprüche zu den Ausführungen in der Beschreibung und den bildlichen Darstellungen in den Zeichnungen ergeben, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen verstanden werden (BGH, GRUR 2009, 653, 654 – Straßenbaumaschine; OLG Düsseldorf, Mitt. 1998, 179 – Mehrpoliger Steckverbinder). Dabei erlaubt ein Ausführungsbeispiel regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGH, GRUR 2004, 1023, 1024f. – bodenseitige Vereinzelungseinrichtung).
  118. Bestärkt in diesem Verständnis wird der Fachmann durch die Beschreibung, die im Rahmen der Auslegung mit zu beachten ist.
  119. In den Absätzen [0063]ff. beschreibt das Klagepatent ein erstes Beispiel, bei welchem die Codierung – unstreitig – statisch anhand einer Codierung variabler Länge (VLC) und somit nicht patentgemäß erfolgt. Jedoch werden in Absatz [0077] auch allgemeinere Angaben zur Prädiktion gemacht. Danach wählt der Prädiktionsmodusselektor im Beispiel 1 einen für die Prädiktion geeigneten Bildkandidaten aus, der in einem bestimmten Speicher mit einem Index abgelegt ist und zur Erzeugung eines vorhergesagten Bildes dient. Dem entnimmt der Fachmann, dass es nach der klagepatentgemäßen Lehre insbesondere auch darauf ankommt, den Inhalt des im jeweiligen Speicher hinterlegten Bildes (die Bilddaten) zu kennen, um dies bei der Bezugsspeichernummer bzw. deren Auswahl zu berücksichtigen. Insoweit erkennt der Fachmann aber auch, dass der Index allein nicht die Bezugsspeichernummer sein kann, da der Index allein nichts über den Inhalt der in dem jeweiligen Speicher hinterlegten Bilder offenbart. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Beispiel 1 auch Teil der beanspruchten Lehre, da Beispiel 1 unter anderem auf die Figuren 1 und 3 des Klagepatents Bezug nimmt. Die unstreitig unter die Lehre des Klagepatents fallende und in den Absätzen [0169]ff. beschriebene Ausführungsform 1 nimmt Bezug auf die Figur 19, wobei der darin gezeigte Encoder dem Encoder aus der Figur 1 entspricht mit der Folge, dass Beispiel 1 und das Ausführungsbeispiel derart in Bezug genommen werden, dass auch das Beispiel 1 als mit beansprucht anzusehen ist.
  120. Bei den Informationen, die die dynamische Codezuteilung zu der Bezugsspeicher-nummer auf Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der Verwendung der jeweiligen Speicher ermöglichen sollen, muss es sich – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch nicht zwingend um eine (berechnete) Zahl handeln.
  121. Dies ergibt sich zunächst nicht aus dem Wortlaut des Anspruchs, der nur allgemein von Informationen spricht, die „auf Grundlage der Häufigkeit der Verwendung“ der jeweiligen Speicher erhalten werden. Dass es sich bei diesen Informationen um eine exakte (An-)Zahl handeln muss, d.h. um einen exakten Wert für jeden Speicher (bspw. konkrete Anzahl der Zugriffe innerhalb einer bestimmten Zeit), ergibt sich aus der verallgemeinernden Angabe „auf Grundlage der Häufigkeit der Verwendung“ nicht, jedenfalls nicht zwingend. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Ausführungsbeispiel 1. Dieses spricht in Absatz [0170] zunächst davon, dass
  122. „die Speicher anhand der Verwendungshäufigkeit für die Prädiktion sortiert werden [können], wobei die Ränge während einer Codieroperation dynamisch aktualisiert werden“.
  123. Dem entnimmt der Fachmann, dass die Codezuteilung basierend auf Rängen, d.h. der Häufigkeit der Verwendung, erfolgt. Er entnimmt dieser Stelle jedoch nicht, dass es zur Bestimmung der Ränge auf die Ermittlung fester Werte ankommt. Vielmehr lässt es das Klagepatent offen und somit im Belieben des Fachmanns, wie er die Häufigkeit bestimmt, ob er insbesondere eine exakte Bestimmung der Speicherzugriffe vornimmt oder die Häufigkeit auf anderen Wegen ermittelt, etwa durch stichprobenartige Betrachtungen. Insoweit offenbart auch erst Absatz [0171], dass in das System auch ein Zähler integriert werden kann, der die Anzahl der Verwendungen der jeweiligen Speicher zählt. Mithin schlägt Absatz [0171] die exakte Bestimmung der Zugriffshäufigkeit mittels einer Zählung vor, wobei dies durch die Verwendung des Wortes „kann“ aber leidlich als Option und nicht als zwingende Vorgabe anzusehen ist.
  124. c)
    Dieses Verständnis zugrunde gelegt, macht der H.264-Standard im Rahmen der Decodierung (auch) Gebrauch von Merkmal 5.
  125. Die Parteien haben übereinstimmend vorgetragen, dass im Standard zwischen Kurzzeit- und Langzeitreferenzbildern unterschieden wird. Je nachdem, ob ein P-, ein SP- oder ein B-Slice codiert bzw. decodiert werden soll, gibt es entweder eine einzige Referenzbildliste (RefPicList0) oder noch eine zusätzliche Liste (RefPicList1) für ein zweites (Referenz-)Bild bei der B-Prädiktion. Jede Referenzbildliste verfügt dabei auch über einen Index (bspw. refldxL0 für die Liste RefPicList0).
  126. Die nachfolgend wiedergegebene Liste stellt – wie von der Klägerin vorgetragen – ein Beispiel für eine standardgemäße Referenzbildliste dar:
  127. Wie dieser Liste zu entnehmen ist, ist das (Kurzzeit-)Referenzbild mit der Nummer 157 dem Index 0 zugeordnet, während etwa das (Langzeit-)Referenzbild mit der Nummer 1 dem Index 3 zugeordnet ist. Die Codierung des Indexes erfolgt – ebenfalls unstreitig – über den Exp-Golomb-Code, wie er in nachfolgend wiedergegebener Tabelle 9.1 des Standards (S. 222 der Anlage K 5a) gezeigt wird.
  128. Danach wird der Index 0, der auf das Bild Nr. 157 verweist, mit einem Bit („1“), die Indizes 1 und 2 mit drei Bit („010“ und „011“) und die Indizes 3 und 4 mit fünf Bit („0100“ und „00101“) codiert. Dies ist insoweit von Bedeutung, als dass das Datenvolumen ansteigt, wenn vermehrt solche Bilder in Bezug genommen werden, die Indizes mit vielen Bits entsprechen.
  129. Um das – auch vom Klagepatent – angestrebte Ziel, die Verringerung des zu übertragenden Datenvolumens, zu erreichen, werden daher nach dem H.264 Standard im Index 0 solche Bilder gespeichert, auf die häufig zurückgegriffen werden soll, da insoweit zur Übertragung des Speichers immer nur ein Bit codiert zu werden braucht, während beim Zugriff auf das Bild mit der Nummer 153 im Beispiel etwa drei Bits (Index 2) codiert werden müssten. Ändert sich im Laufe des Videos die Häufigkeit der Zugriffe auf die einzelnen Bilder, kann die Liste über die Parameter modification_of_pics_nums_idc und abs_diff_pic_num_minus1 gemäß Abschnitt 7.4.3.1 des Standards zu jedem Zeitpunkt verändert werden, so dass sich etwa nachfolgende Liste ergibt:
  130. In dieser Liste wird das (nunmehr sehr häufig verwendete) Bild mit der Nummer 153 dem Index 0 zugeordnet mit der Folge, dass nunmehr nicht mehr drei sondern nur noch 1 Bit codiert werden müssen, während bei dem (nunmehr nicht mehr so häufig) verwendeten Bild mit der Nummer 157 statt einem nun drei Bits zu codieren sind.
  131. Unter Berücksichtigung des bereits dargestellten Verständnisses des Fachmanns des Anspruchswortlauts, stellt nicht der Index allein, sondern der Index nur in Verbindung mit der Referenzbildliste (RefPicList0) die klagepatentgemäße Bezugsspeichernummer dar. Diese Liste kann indes über die Parameter modification_of_pics_nums_idc und abs_diff_pic_num_minus1 dynamisch verändert werden, so dass auch die Bezugsspeichernummer dynamisch ist.
  132. Insoweit verfängt auch nicht das Argument der Beklagten, das Decodierverfahren nach dem H.264-Standard sei statisch, da der Index als solcher im Standard statisch sei, er nicht verändert werde, sondern nur die im jeweiligen Speicher hinterlegten Bilder ausgetauscht würden. Da – wie zuvor ausgeführt – die Referenzbildliste (RefPicList0) Teil der Bezugsspeichernummer ist und diese Liste – insoweit unstreitig – dynamisch, d.h. je nach Bedarf, angepasst werden kann, erfolgt auch im Standard eine dynamische Codierung wie sie Merkmal 5 des Klagepatents vorsieht.
  133. Gleiches gilt für das Argument der Beklagten, im Standard werde die Bildliste nicht auf Grundlage einer etwaig bestimmten Häufigkeit umsortiert, sondern auf Grundlage einer zeitlichen Betrachtung/Nähe der einzelnen Bilder. Dieser Vortrag ist bereits vor dem Umstand, dass die Beklagte keine Stelle im Standard aufgezeigt hat, der dieses Vorgehen stützen könnte, nicht nachzuvollziehen.
  134. Wenn nun aber, bei der Decodierung eine klagepatengemäße Dynamik Berücksichtigung findet, so muss jedenfalls auch eine entsprechende dynamische Codierung erfolgen. Denn die ordnungsgemäße Decodierung setzt voraus, dass die für die Prädiktion erforderlichen Parameter (Bewegungsvektoren) korrekt ausgelesen werden können, d.h. der richtige Speicher gefunden wird. Ändert sich aber der Speicher für ein bestimmtes Bild, so muss dies auf Codierungs- und Decodierungsseite gleichermaßen erfolgen, da anderenfalls bei der Decodierung gerade nicht der richtige Parameter benutzt wird.
  135. d)
    Bei der durch die patentgemäße Codierung gewonnenen Signalfolge handelt es sich um ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG.
  136. 1)
    Nach § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG genießen Erzeugnisse, die aufgrund eines patentierten Verfahrens unmittelbar hergestellt sind, in dem gleichen Umfang Schutz, wie dies gemäß § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG für Erzeugnisse vorgesehen ist, die Gegenstand eines Sachpatents sind. Hintergrund der in § 9 Satz 2 Nr. 3 PatG enthaltenen Regelung ist die Vorstellung des Gesetzgebers, dass der Inhaber eines Verfahrenspatents den ihm zustehenden wirtschaftlichen Wert der Erfindung nicht in angemessener Weise ausschöpfen kann, wenn ihm neben dem Angebot und der Anwendung des Verfahrens (§ 9 Satz 2 Nr. 2 PatG) nicht auch der Handel mit den durch das Verfahren unmittelbar hervorgebrachten Erzeugnissen vorbehalten bleibt (vgl. Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 10. Auflage, Kap. A., Rn. 301; Schulte/Rinken, Kommentar zum PatG, 10. Auflage, § 9, Rn. 100).
  137. Nach inzwischen gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, die zudem von weiten Teilen der Literatur geteilt wird, ist auch eine Videobilder repräsentierende Folge von Videobilddaten (Signalfolge) als unmittelbares Ergebnis eines Herstellungsverfahrens anzusehen, auch wenn sie keinen körperlichen Gegenstand darstellt (vgl. BGH GRUR 2012, 1230, 1233 – MPEG-2-Videosignalcodierung; zuletzt: GRUR 2017, 261, 262f. – Rezeptortyrosinkinase II; Kühnen, a.a.O., Kap. A, Rn. 303). Denn eine solche Datenfolge ist wie ein körperlicher Gegenstand beliebig oft nutzbar, insbesondere indem sie etwa mehrfach abgespielt wird. In ihrer Verwendung gleicht sie daher einem körperlichen Gegenstand.
  138. Um einen ausufernden Schutz zu verhindern, fallen indes nur unmittelbare Erzeugnisse des Verfahrens unter den Schutz des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG. Insbesondere sollen nicht bereits alle Erzeugnisse von diesem Schutz umfasst sein, die mit Stoffen zusammen verarbeitet sind, die nach einem Verfahrenspatent hergestellt worden sind. Die erforderliche Unmittelbarkeit ist erst dann gegeben, wenn es sich um ein Erzeugnis handelt, das mit Abschluss sämtlicher Verfahrensschritte des geschützten Verfahrens entstanden ist (Benkard/Scharen, Kommentar zum PatG, 11. Auflage, § 9, Rn. 55 m.w.N.). Ausgenommen vom Schutz nach § 9 S. 2 Nr. 3 PatG sind auch solche unmittelbaren Verfahrenserzeugnisse, die Gegenstand eines (reinen) Arbeitsverfahrens sind (zur Abgrenzung beider Verfahren vgl. BGH, GRUR 1998, 130 – Handhabungsgerät; 1990, 508 – Spreizdübel; 1986, 163 – Borhaltige Stähle; 1951, 314 – Motorblock; Schulte/Rinken, a.a.O., § 9, Rn. 99). Bei einem solchen Reparatur-/Arbeitsverfahren werden – im Unterschied zum Herstellungsverfahren – gerade kein neuen Sachen produziert, sondern eine vor der Reparatur oder Behandlung selbstständig verwendbare Sache nur repariert oder behandelt, ohne dass dadurch gegenüber der alten Sache eine neue Sache geschaffen wird. Diese Sache ist nicht als Verfahrenserzeugnis anzusehen, solange die behandelten oder reparierten Gegenstände ihre bereits vorhandene Zweckbestimmung und Funktion beibehalten (vgl. Benkard/Scharen, a.a.O., § 9, Rn. 54).
  139. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, stellt eine Signalfolge, die mittels des streitgegenständlichen Verfahrens codiert wird, ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis im patentrechtlichen Sinne dar. Insbesondere sind keine Anhaltpunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass – wie die Beklagte meint – es sich bei dem geschützten Verfahren um ein schlichtes Arbeitsverfahren handelt. Das Ergebnis des anspruchsgemäßen Codierverfahrens ist eine Signalfolge, die so vor der Codierung noch nicht vorgelegen hat, die mithin erst durch das Verfahren hergestellt wurde.
  140. III.
    Der seitens der Beklagten geltend gemachte kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand greift nicht durch.
  141. Ungeachtet dessen, dass der seitens der Beklagten geltend gemachte kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand der Erhebung einer Klage auf Rechnungslegung und Schadensersatz – wie vorliegend nur noch streitgegenständlich – nicht entgegen gehalten werden kann, ist er dennoch beachtlich, da eine gegebene Lizenzierungszusage zugunsten des Verletzers einen materiellen Anspruch schafft, der im Rahmen dessen zu berücksichtigen ist, wie vorgefallene Benutzungshandlungen zu liquidieren sind und über welche Daten infolgedessen vorbereitend Rechnung zu legen ist. Die vom Schutzrechtsinhaber übernommene Pflicht, die Benutzung seines marktbeherrschenden Patents gegenüberüber jedermann gegen eine ausbeutungsfreie Lizenz zu gestatten, reduziert den Schadensersatzanspruch auf eben diese FRAND-Lizenz und die begleitende Rechnungslegung auf solche Angaben, die für eine Lizenzberechnung erforderlich sind. Das gilt solange, wie der Patentinhaber seinen Verpflichtungen zum Abschluss eines FRAND-Lizenzvertrages nicht nachkommt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 30. März 2017, I-15 U 66/15, GRUR 2017, 1219, 1222 – Mobiles Kommunikationssystems; LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, Rn. 254 zitiert nach juris; (Kühnen, a.a.O. Kap. E, Rn. 387). Im Schadensersatzfeststellungsprozess bedarf es noch keiner Festlegung dahingehend, ob der geschuldete Schadensausgleich auf eine FRAND-Lizenzgebühr beschränkt ist; dem ist erst im Höheprozess nachzugehen. Anders verhält es sich hinsichtlich des begleitenden Rechnungslegungsanspruchs, der in Fällen des berechtigten Einwandes keine Angaben zu den Kosten und Gewinnen umfasst.
  142. Die Kammer kann indes nicht feststellen, dass der Einwand begründet ist, die Klägerin mithin ihre marktbeherrschende Stellung (dazu unter 1)) missbräuchlich ausgenutzt hat (dazu unter 2)).
  143. 1)
    Die Klägerin verfügt über eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des Art. 102 AEUV.
  144. a)
    „Marktbeherrschung“ meint die wirtschaftliche Macht, die es einem Unternehmen erlaubt, einen wirksamen Wettbewerb auf dem (zeitlich, räumlich und sachlich relevanten) Markt zu verhindern und sich seinen Wettbewerbern, Abnehmern und den Verbrauchern gegenüber in nennenswertem Umfang unabhängig zu verhalten (EuGH Slg 78, 207 Rn 65 f. – United Brands; EuGH Slg 79, 461 Rn 38 f. – Hoffmann-La Roche; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 214).
  145. Die notwendige exakte Abgrenzung des (sachlichen und räumlichen) Marktes, auf dem Unternehmen konkurrieren, kann mittels des sog. Bedarfsmarktkonzepts (vgl. näher dazu etwa Wiedemann, in: Wiedemann, Kartellrecht, 3. Aufl. 2016, § 23 Rn. 11 ff m.w.N.) erfolgen. Es sind diejenigen Wettbewerbskräfte zu eruieren, denen die betreffenden Unternehmen unterliegen. Ferner werden diejenigen Unternehmen bestimmt, welche tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der beteiligten Unternehmen Schranken zu setzen und einen Entzug vom Wettbewerbsdruck verhindern. Es ist zu klären, welche Produkte bzw. Dienstleistungen aus der Sicht der Nachfrager funktionell gegeneinander austauschbar sind. Demselben sachlichen Markt wird zugeordnet, was aufgrund der jeweiligen Eigenschaften, Preise und Verwendungszwecke aus Sicht der Nachfrager nicht durch andere Produkte bzw. Dienstleistungen substituierbar ist. Zu berücksichtigen ist dabei ein Zusammentreffen mehrerer Faktoren (etwa Marktanteil; Unternehmensstruktur; Wettbewerbssituation; Verhalten auf dem Markt; grds. jedoch nicht der Preis, vgl. Wiedemann, a.a.O., § 23 Rn. 12). Einzelne Faktoren müssen jeweils für sich betrachtet nicht notwendig den Ausschlag geben. Das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stellt – wie jeder Mitgliedsstaat – insoweit zugleich einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes dar (vgl. EuGH Slg. 1983, 3461, Rn. 103 – Michelin/Komm).
  146. Im Zusammenhang mit den hier geltend gemachten Verbietungsrechten aus einem Patent ist die geschilderte Abgrenzung in Bezug auf den Lizenzvergabemarkt vor-zunehmen (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 217): Anbieter ist der Patentinhaber, dem allein eine Lizenzvergabe am jeweiligen Patent möglich ist; Nachfrager ist der an der patentgeschützten Technik interessierte Anwender. Grundsätzlich führt jedes Patent zu einem eigenen sachlich relevanten Markt, es sei denn, dass im Einzelfall eine – aus der Sicht der Nachfrager – gleichwertige Technologie für dasselbe technische Problem zur Verfügung steht. Anerkanntermaßen ist mit der bloßen Inhaberschaft von Patenten allein noch keine marktbeherrschende Stellung verbunden. Erhält der Patentinhaber allerdings aufgrund hinzutretender Umstände die Möglichkeit, mittels seiner Monopolstellung wirksamen Wettbewerb auf einem nachgelagerten Markt (hier: auf dem nachgeordneten Produktmarkt für (aufgrund des Patents) lizenzpflichtige Waren/Dienstleistungen) zu verhindern, so liegt eine marktbeherrschende Stellung vor (EuGH GRUR Int 1995, 490 – Magill TVG Guide; EuGH WuW 2013, 427 – Astra Zeneca).
  147. Selbst ein standardessentielles Patent („SEP“) als solches begründet noch keine hinreichende Bedingung für eine Marktbeherrschung; auf die Standardessentialität allein ist nicht einmal eine (widerlegliche) Vermutung zu stützen, dass der SEP-Inhaber wirksamen Wettbewerb gerade deshalb verhindern kann, weil das SEP aufgrund der Standardessentialität benutzt werden muss, um mit dem Standard kompatible Produkte erzeugen zu können (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, Az. 4a O 16/16, BeckRS 2017, 129534; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 220; de Bronett, in Wiedemann, a.a.O., § 22, Rn. 27; Müller, GRUR 2012, 686; a.A. scheinbar Schlussanträge Generalanwalt Wathelet v. 20. November 2014 in der Sache C-170/13 Rn. 57 = BeckRS 2014, 82403; EuGH a.a.O., Rn. 43 hat die Frage offengelassen, weil die Marktbeherrschung im vorgelegten Einzelfall unstreitig und daher nicht Gegenstand der Vorlagefragen war). Es bedarf daher in Bezug auf jedes einzelne in den Standard aufgenommene Patent der auf die Umstände des Einzelfalles abstellenden Beurteilung seiner wettbewerblichen Bedeutung für den nachgelagerten Produktmarkt (Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 221 ff.): Ergibt sich insoweit, dass die Nutzung des jeweiligen SEP geradezu eine Marktzutrittsvoraussetzung begründet, ist eine marktbeherrschende Stellung selbst dann zu bejahen, wenn zwar die aus dem jeweiligen SEP resultierende technische Wirkung die Marktteilnahme nicht entscheidend beeinflusst, jedoch aus technischen Gründen zutrittsrelevante Funktionen nicht genutzt werden könnten, so dass die generelle Interoperabilität/Kompatibilität nicht mehr gesichert wäre (vgl. zu allem OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystems). Entsprechendes gilt, wenn ein wettbewerbsfähiges Angebot ohne eine Lizenz am betreffenden SEP nicht möglich wäre (z.B. weil für nicht patentgemäße Produkte nur ein Nischenmarkt besteht).
  148. Die Beklagte trägt für die Marktbeherrschung nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Der Beklagte ist insoweit gehalten, hinreichend konkrete Tatsachen vorzutragen, die eine gerichtliche Überprüfung, ob eine beherrschende Stellung auf dem räumlich und sachlich relevanten Markt gegeben ist oder nicht, erlauben.
  149. b)
    Die Klägerin hat auf dem zu lizensierenden Markt des AVC-Standards eine beherrschende Stellung inne, weil sie bzw. die M als Poolverwalterin über die Erteilung von Lizenzen bezüglich der standardrelevanten Schutzrechte entscheiden kann. Dadurch ist sie in der Lage, Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt, welcher aus allen AVC-fähigen Endgeräten besteht, zu verhindern. Wenngleich der AVC-Standard den nachgelagerten Produktmarkt nicht im Sinne einer Marktzutrittsvoraussetzung beeinflusst, da grundsätzlich auch Endprodukte ohne diesen gängigen Standard vermarktet werden können, ist die Ausstattung der Endgeräte mit diesem Videostandard dennoch ein wesentlicher Faktor. Denn ohne dessen Bereitstellung wären die Produkte (TV, Smartphones, Tablets, usw.) tatsächlich nicht wettbewerbsfähig, weil sie mangels (De-)Codiervorrichtungen praktisch für das Abspielen von Videos und für den durchschnittlichen Nutzer, der diese Abspielmöglichkeit als wichtige Funktion in Form eines „Must Have“ betrachtet, untauglich wären. Es ist nämlich kein anderer Standard vorhanden, der den AVC-Standard ersetzen könnte. Eine Austauschbarkeit besteht nicht mit anderen gängigen Standards im Bereich der Videocodierung wie AVI, DivX, Flash Video und WMV. Vielmehr ist es seitens der Endgerätehersteller üblich, die Geräte so auszustatten, dass alle gängigen Standards unterstützt werden und Videoinhalte korrekt wiedergegeben werden können. Denn es ist der Inhalte-Anbieter, der auswählt, welcher Standard für die Codierung genutzt wird. Dementsprechend liegt die Marktdurchdringung auf dem nachgelagerten Produktmarkt auch bei nahezu X %. Diese Prozentangabe hat die Beklagte durch stichprobenartige Marktanalysen, deren Ergebnisse sie als Anlagenkonvolut B X zur Akte gereicht hat, verifiziert. Die untersuchten Mobiltelefone verschiedener Hersteller werden sämtlich mit AVC-Kompatibilität beworben.
  150. 2)
    Die Klägerin ist ihren nach der Rechtsprechung des EuGH aus dem kartellrechtlichen Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot folgenden FRAND-Obliegenheiten ausreichend nachgekommen. Sie nutzt ihre marktbeherrschende Stellung nicht auf missbräuchliche Weise aus.
  151. a)
    Der EuGH hat in der Sache X, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 15. Dezember 2015, GRUR 2015, 764, nachfolgend EuGH-Urteil) Vorgaben dazu gemacht, wann die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs (und auch des Rückrufanspruchs) aus einem von einer Standardisierungsorganisation normierten SEP, dessen Inhaber sich gegenüber dieser Organisation zur Erteilung von Lizenzen zu fairen, zumutbaren und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND-Bedingungen – fair, reasonable and non-discriminatory) an jeden Dritten verpflichtet hat, keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV darstellt.
  152. Hiernach muss der Inhaber eines SEPs, bevor er seinen Unterlassungs- oder Rückrufanspruch geltend macht, den angeblichen Verletzer (nachfolgend: „Verletzer“) auf die Patentverletzung hinweisen (Leitsätze und Rn. 61 EuGH-Urteil). Soweit der Verletzer zu einer Lizenznahme grundsätzlich bereit ist, muss der SEP-Inhaber ihm ein konkretes schriftliches Angebot auf Lizenzierung des SEPs zu fairen, angemessenen und nicht-diskriminierenden Bedingungen unterbreiten und dabei auch die Art und Weise der Berechnung der geforderten Lizenzgebühren darlegen (Rn. 63 EuGH-Urteil). Hierauf muss der Verletzer nach Treu und Glauben und insbesondere ohne Verzögerungstaktik reagieren (Rn. 65 EuGH-Urteil). Nimmt er das Angebot des SEP-Inhabers nicht an, muss der Verletzer innerhalb einer kurz zu bemessenden Frist ein Gegenlizenzangebot unterbreiten, welches die FRAND-Vorgaben beachtet (Rn. 66 EuGH-Urteil). Lehnt der SEP-Inhaber dieses Gegenangebot seinerseits ab, muss der Verletzer ab diesem Zeitpunkt über die Benutzung des SEPs abrechnen und für die Zahlung der Lizenzgebühren Sicherheit leisten, was auch für Nutzungen in der Vergangenheit gilt (Rn. 67 EuGH-Urteil). Dem Verletzer darf dabei jedoch kein Vorwurf des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens daraus gemacht werden, dass er während der Lizenzverhandlung den Rechtsbestand oder die Standardessentialität des SEPs angreift oder sich vorbehält, dies später zu tun (Rn. 69 EuGH-Urteil). Die vom EuGH für den Unterlassungs- und Rückrufanspruch explizit vorgesehenen, kartellrechtlichen Einschränkungen gelten nach allgemeiner Auffassung ebenfalls für den Vernichtungsanspruch (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13. Januar 2016, I- 15 U 65/15, Rn. 16, zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016 – 4a O 126/14, BeckRS 2016, 08040 m.w.N.).
  153. Der EuGH ging beim Aufstellen dieser wechselseitig und stufenweise zu erfüllenden Obliegenheiten ersichtlich von dem Leitbild der lizenzwilligen Parteien und insbesondere eines lizenzwilligen Verletzers aus, der – sobald er auf die Benutzung des Klagepatents hingewiesen wurde – eine zügige Lizenzierung zu FRAND-Bedingungen anstrebt. Gegenüber einem solchen Verletzer besteht kein kartellrechtlich legitimierbares Interesse an der Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs aus einem SEP. Stattdessen haben die beiden Parteien sich zu bemühen, zunächst durch außergerichtliche Verhandlungen einen FRAND-gemäßen Lizenzvertrag abzuschließen (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, Az. 4a O 126/14, BeckRS 2016, 08040; Urt. v. 13. Juli 2017, 4a O 154/15, Rn. 254 zitiert nach juris).
  154. Nach den allgemeinen im deutschen Zivilprozess geltenden Grundsätzen muss der SEP-Inhaber nach Erhebung des Kartellrechtseinwands in dem Verletzungsprozess darlegen und beweisen, dass er die vom EuGH aufgestellten Obliegenheiten erfüllt hat, damit er den Unterlassungsanspruch ohne Missbrauch geltend machen kann. Soweit es sich hingegen um Obliegenheiten handelt, die seitens des Verletzers zu erfüllen sind, liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung der jeweiligen Obliegenheit auf seiner Seite. Demnach ist der SEP-Inhaber für die Verletzungsanzeige und die Unterbreitung eines FRAND-Angebots darlegungs- und beweisbelastet; der Patentbenutzer für die Lizenzierungsbitte, das ggf. erforderliche FRAND-Gegenangebot sowie die Abrechnung und Sicherheitsleistung (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 352f.).
  155. b)
    Die vorstehend benannten Kriterien sind entgegen der Ansicht der Klägerin auf den hiesigen Rechtsstreit anzuwenden und nicht die in der Entscheidung Orange-Book des BGH (vgl. BGH, GRUR 2009, 694, Rn. 29 – Orange-Book-Standard) niedergelegten Grundsätze.
  156. Es ist kein Grund ersichtlich, aus welchem auf die Prüfschritte, wie sie vom BGH im „Orange-Book-Standard“-Urteil aufgestellt worden sind, wonach insbesondere zunächst die Vorlage eines Lizenzangebots durch den Lizenzsucher erforderlich wäre (vgl. BGH, a.a.O., Orange-Book-Standard), zurückzugreifen sein sollte.
  157. Bereits aus zeitlichen Gründen kommt die Orange-Book-Standard-Entscheidung nicht mehr zum Tragen. Denn sie ist rund sechs Jahre vor der Entscheidung des EuGHs, in welcher dieser anerkanntermaßen ein allgemeingültiges Procedere („C-Kriterien“) aufgestellt hat (vgl. Block: Achtzehn Monate nach EuGH „X“, GRUR 2017, 121 (121)), ergangen. Es fehlen Anhaltspunkte dafür, dass der BGH, müsste er den Fall nunmehr im Lichte der EuGH-Entscheidung lösen, ihn genauso beurteilen würde. Dagegen spricht vor allem, dass es sich bei Orange-Book-Standard lediglich um einen de facto-Standard gehandelt und der Patentinhaber keine FRAND-Erklärung abgegeben hat, wohingegen im dem EuGH-Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt wie auch vorliegend, ein rechtlicher („de jure“) Standard gegenständlich ist und der Patentinhaber (Kläger) auch eine FRAND-Erklärung abgegeben hat.
  158. Dem EuGH-Urteil ist auch, anders als die Klägerin meint, nicht zu entnehmen, dass das aufgestellte Prüfregime und insbesondere die Obliegenheit des Patentinhabers, zuerst ein Lizenzangebot abzugeben, nur in dem Fall gelten sollen, wenn ein offensichtliches Informationsgefälle auf Seiten des Lizenzsuchers vorliegt; es mithin weder öffentlich zugängliche Lizenzverträge noch Standardlizenzverträge gibt.
  159. Das Erfordernis eines primären Lizenzangebots durch den Patentinhaber beruht nämlich nicht, zumindest nicht ausschließlich, auf einem etwaigen Informationsdefizit auf Seiten des Lizenzsuchers, sondern zum einen darauf, dass das Klagepatent für einen von einer Standardorganisation normierten Standard essentiell ist und zum anderen eine unwiderrufliche Verpflichtungszusage des Inhabers besteht, Dritten zu FRAND-Bedingungen Lizenzen zu erteilen. Gerade mit diesen Aspekten verknüpft der EuGH den besonderen, für den Patentinhaber aufgestellten Pflichtenkatalog, wie Rn. 51 des EuGH-Urteils entnommen werden kann (vgl. auch LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, 4a O 17/17). Gerade aufgrund der abgegebenen Verpflichtungserklärung vertrauen Dritte darauf, eine Lizenz zu angemessenen, diskriminierungsfreien Bedingungen zu erhalten (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 258). So wird es auch in der Literatur vertreten und insoweit die Abgabe einer FRAND-Erklärung als Abgrenzungskriterium klar benannt (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 214).
  160. Eine weitergehende Abgrenzung der so beschriebenen Ausgangssituation zu Fällen in denen eine bestehende Lizenzierungspraxis besteht, ist dem EuGH-Urteil nicht zu entnehmen. Nichts anderes folgt aus der seitens der Klägerin zitierten Randnummer 64 des EuGH-Urteils. Richtig ist zwar, dass dort im letzten Satz des Absatzes verdeutlicht wird, dass es grundsätzlich der Patentinhaber ist, dem die Einschätzung, ob ein unterbreitetes Angebot diskriminierungsfrei ist, leichter als dem Lizenzsucher fällt. Dieses Informationsgefälle rechtfertigt es, zunächst vom Patentinhaber die Abgabe eines Lizenzangebotes zu fordern. Wie die Einleitung des Satzes mit dem Wort „Außerdem“ zeigt, handelt es sich dabei aber lediglich um eine weitere und nicht um die einzige Begründung für die gewählte Reihenfolge. Auch ohne diesen letzten Satz besagt die Randnummer 6X schon, dass vom Patentinhaber die Abgabe eines Lizenzangebotes erwartet werden kann. Dementsprechend ist nicht zu erkennen, dass der EuGH ein weiteres Abgrenzungskriterium schaffen wollte. Dagegen spricht bereits die sprachliche Einleitung mit dem Wort „außerdem“, die lediglich ein zusätzliches Argument für die Ansicht, dass der Patentinhaber in Richtung des Abschlusses eines Lizenzvertrages initiativ werden muss, markiert. Auch die systematische Stellung der Ausführungen im Zusammenhang mit der Darstellung der Obliegenheiten des Patentinhabers, die sich gerade aus den beschriebenen Besonderheiten ergibt, unterstreicht, dass lediglich ein zusätzliches Argument für diese Obliegenheiten, nicht aber ein neues Unterscheidungskriterium präsentiert werden soll (LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, 4a O 17/17).
  161. Insbesondere unter Berücksichtigung der Randnummern 4X ff. ergibt sich, dass es für den EuGH bei der Beantwortung der Vorlagefrage maßgeblich auf die Art des Patentes sowie die Selbstverpflichtung zur Lizensierung ankam und dass die „Ratio“ der Entscheidung nicht auch unbedingt auf existierende Lizenzverträge abstellt. Explizit heißt es in Randnummer X8, dass das zugrundeliegende Verfahren, also X, gegenüber anderen Verfahren Besonderheiten aufweise. Diese konkretisiert der EuGH in den folgenden Absätzen zum einen dahingehend, dass ein für einen von einer Standardisierungsorganisation normierten Standard essentielles Patent in Streit steht. Zum anderen stellt er auf die unwiderrufliche Verpflichtungszusage des Patentinhabers gegenüber der Standardisierungsorganisation ab. Das (Nicht-)Vorhandensein von bereits erteilten, ggf. sogar branchenbekannten Lizenzverträgen ist dabei nicht als Kriterium herangezogen worden, um die Besonderheit eines Verfahrens herauszustellen.
  162. Hinzukommt, dass die Auffassung, wonach eine etablierte Lizenzvertragspraxis aus den in dem EuGH-Urteil aufgestellten Grundsätzen hinausführt, auch zu praktischen Abgrenzungsproblemen führt, ab wann von einer solchen Konstellation auszugehen ist.
  163. c)
    Die Kammer vermochte vorliegend festzustellen, dass die vom EuGH aufgestellten und auch im hiesigen Rechtsstreit geltenden Verfahrensschritte eingehalten wurden.
  164. aa)
    Die Klägerin hat die Verletzung gegenüber der Beklagten ordnungsgemäß angezeigt. Der relevante Verletzungshinweis liegt in der E-Mail X.
  165. Nach den sich aus dem EuGH-Urteil ergebenden Verfahrensschritten obliegt es zunächst dem Patentinhaber, gegenüber dem vermeintlichen Patentverletzer die Verletzung anzuzeigen. Der Verletzer soll auf sein möglicherweise rechtswidriges Verhalten hingewiesen werden, wobei das betroffene SEP zu bezeichnen und anzugeben ist, auf welche Weise es verletzt worden sein soll (vgl. Rn. 61 EuGH-Urteil).
  166. Aufgrund dessen sind zumindest die Angabe der Veröffentlichungsnummer des Klagepatents, die angegriffene Ausführungsform und die vorgeworfene(n) Benutzungshandlung(en) (im Sinne von §§ 9f. PatG) gegenüber dem Verletzer erforderlich (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, Az. 4a O 126/14, BeckRS 2016, 08040; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 328). Die Verletzungsanzeige erfordert hingegen keine detaillierten (technischen und/oder rechtlichen) Erläuterungen zur Verletzung; der andere Teil muss nur in die Lage versetzt werden (ggf. unter Bemühung sachverständiger Hilfe), den ihm gemachten Verletzungsvorwurf zu prüfen (Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 328). Entgegen der Ansicht des LG Mannheim bedarf die Verletzungsanzeige daher auch (noch) keines Hinweises auf die Standardessentialität des geltend gemachten Patents und/oder der Vorlage von Claim-Charts (vgl. LG Mannheim, Urt. v. 29. Januar 2016, Az.7 O 66/15 zitiert nach juris). Weder bedarf es eines Hinweises auf die Standardessentialität eines Patents noch der Gegenüberstellung der Anspruchsmerkmale mit den Merkmalen des Standards. Denn die (inhaltlichen) Anforderungen an die Verletzungsanzeige dürfen nicht derart überspannt werden, dass der Patentinhaber zu diesem frühen Zeitpunkt der Auseinandersetzung schon verpflichtet wird, detailliert zu begründen, wodurch die einzelnen Merkmale des Patentanspruchs verwirklicht werden, und seine Ansprüche rechtlich herzuleiten. Den Verletzungsvorwurf inhaltlich zu überprüfen, ist zunächst Sache des Verletzers (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 328).
  167. Nach dieser Maßgabe erweist sich das Schreiben der X vorliegend als hinreichender Verletzungshinweis.
  168. (i)
    Der Verletzungshinweis konnte auf Seiten der Klägerin wirksam von der M abgegeben und auf Seiten der Beklagten wirksam durch deren Mutterkonzern bzw. Schwestergesellschaft empfangen werden.
  169. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin gegenüber der C bis zu Beginn dieses Rechtsstreits zu keiner Zeit selbst aufgetreten ist. Vielmehr ist stattdessen ausschließlich die M tätig geworden, wobei für die (..)
  170. Die (…) war als Lizenzverwalterin berechtigt, Rechtshandlungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Lizenzen an dem AVC/H.264-Patentpool vorzunehmen, was insbesondere den Abschluss von Lizenzverträgen und diesen vorbereitende notwendige Schritte einschließt.
  171. Das EuGH-Urteil steht einer solchen Handlungsmöglichkeit nicht entgegen.
  172. So heißt es dort zwar u.a., dass der Inhaber eines SEP Bedingungen erfüllen muss, durch die ein gerechter Ausgleich der Interessen gewährleistet werden soll (EuGH-Urteil, Rn. 55). Insoweit ist durchgängig nur die Rede vom SEP-Inhaber, der gegenüber dem Lizenzsucher aktiv werden und die aufgestellten Obliegenheiten erfüllen muss. So ist es auch anschließend der Patentinhaber selbst, der gegen den Verletzer Klage erhebt.
  173. Dennoch ergibt sich aus diesem EuGH-Urteil nicht zugleich ein einschränkendes Verständnis dahingehend, dass neben dem SEP-Inhaber nicht auch ein Dritter für diesen die rechtlich relevanten Handlungen vornehmen darf. Ausdrücklich ist diese Möglichkeit in der Entscheidung nicht vorgesehen. Es sind indes keine Gründe festzustellen, die gegen eine solche Handlungsvariante sprechen. Denn im Ergebnis verbleibt es dabei, dass ein dem Patentinhaber zuzurechnendes und wirksames Tätigwerden vorliegt und nur der Patentinhaber berechtigt und verpflichtet wird.
  174. Schützenswerte Interessen des Lizenzsuchers werden dabei nicht beeinträchtigt. Dies gilt jedenfalls dann und solange, wie der Lizenzverwalter zu erkennen gibt, dass nicht er selbst Patentinhaber ist, sondern hinter ihm Patentinhaber stehen, für die er handelt. So ist eine hinreichende Information des Lizenzsuchers gewahrt, da er Kenntnis von der Person des Rechtsinhabers hat. Auf die konkrete rechtliche Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Patentinhaber und dem Dritten/Lizenzverwalter – und auf die seitens der Parteien aufgeworfene Fragestellung, ob eine Stellvertretung durch die M an den Vorschriften des deutschen Zivilrechts, nämlich §§ 164 ff. BGB, insbesondere an § 167 BGB, zu messen ist, wo bereits der Umstand gegen sprechen dürfte, dass die die Stellvertretung begründenden Handlungen nicht in Deutschland stattfanden – kommt es nicht an, zumal verschiedene rechtliche Wege der Ausgestaltung denkbar sind (Treuhand, Vertretung). Der Dialog der „wechselseitigen Obliegenheiten“ aus dem EuGH-Urteil wird durch diese Handlungsgestaltung jedenfalls nicht beeinträchtigt.
  175. Im Übrigen bietet vorliegend der zur Akte gereichte Standardlizenzvertrag nähere Anhaltspunkte zur Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin als Patentinhaberin und der M.
  176. Der Standardlizenzvertrag zu dem hier streitgegenständlichen Pool (Anlage K 10 – Exhibit G – a) kommt nach dem Eingangspassus,
  177. „Dieser Vertrag wurde am XXX 20XXX (…) (nachstehend „Lizenzverwalter“ genannt), und XXX (nachstehende „Lizenznehmer“ genannt) geschlossen.“,
  178. zwischen der M und dem jeweils Lizenzwilligen zustande. Zu diesem Zweck werden der M von den Inhabern der Poolpatente Unterlizenzen gewährt:
  179. „Jeder Lizenzgeber gewährt dem Lizenzverwalter eine weltweite, nicht-exklusive Lizenz und/ oder Unterlizenz an allen vom Lizenzgeber lizenzierbaren oder unterlizenzierbaren für AVC wesentlichen Patenten, um es dem Lizenzverwalter zu ermögliche, weltweite nicht-exklusive Unterlizenzen an allen diesen für AVC wesentlichen Patent gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags zu gewähren.“
  180. In Ziff. 3.1 des Standardlizenzvertrags (Anlage K 10 – Exhibit G – a) heißt es außerdem:
  181. „Für die Lizenzen, die in Artikel 2 dieser Vereinbarung nach den AVC wesentlichen Patenten im AVC Patentportfolio gewährt werden, muss der Lizenznehmer dem Lizenzverwalter zugunsten der Lizenzgeber für die Laufzeit der vorliegenden Vereinbarung die im Folgenden festgesetzten Gebühren entrichten:“
  182. Anhand dieser Vertragspassagen steht somit fest, dass es sich bei der M um einen Lizenzverwalter handelt, der von jedem Patentinhaber, der seine Schutzrechte in den hier streitgegenständlichen Patentpool eingebracht hat, insbesondere auch der Klägerin, beauftragt worden ist, die im Pool befindlichen Patente im Wege einer Unterpoollizenz an interessierte Lizenznehmer bereitzustellen.
  183. Zuzugeben ist der Beklagten, dass die Formulierungen in der Präambel möglicherweise nicht trennscharf zwischen stellvertretendem Handeln, worauf die Klägerin auch in ihrem Vortrag abstellt, und der Vergabe von Unterlizenzen unterscheidet. In diesem Verhältnis ist dem Wortlaut des Vertragsangebots die größere Bedeutung beizumessen, was für die Erteilung von Unterlizenzen an M spricht (Anlage B 32, S. 2 a.E). Letztlich kommt es aber nicht auf eine abschließende rechtliche Klärung, auf welche Weise die M hier tätig geworden ist. Denn die Klägerin lässt sich jedenfalls an das abgegebene Lizenzangebot binden. Die M hat ein Angebot an C unterbreitet, wie es von Anfang an dem Willen der Klägerin entsprochen hat. Für die Abgabe eines wirksamen, (auch) der Klägerin zurechenbaren Angebots ist es nur maßgeblich, dass überhaupt eine Verbindung zum Patentinhaber hergestellt werden kann.
  184. Dies ist die entscheidende Ratio des EuGH-Urteils. Wenngleich dort maßgeblich auf den Patentinhaber als denjenigen abgestellt wird, der die C-Kriterien einhalten muss, ist dies nach Ansicht der Kammer nicht in dieser Absolutheit zu begreifen. Es finden sich in der Entscheidung schon keine Anhaltspunkte, dass nicht auch über eine Vertretungskonstellation (oder ähnliche Rechtsstruktur) für den Patentinhaber gehandelt werden dürfte und insoweit ein Auseinanderfallen der Personen des Unterlassungsklägers und des Anbieters (etc.) auftreten kann.
  185. Im Übrigen spricht vorliegend für die Zurechnung des Verhaltens der M an die jeweiligen Patentinhaber auch die Regelung auf S. 2, 2. Abs. von unten des Lizenzangebots. Denn darin heißt es, dass jeder Lizenzgeber verpflichtet ist, […] zu maßvollen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen Lizenzen zu erteilen. Durch die aufgelisteten Adjektive werden gerade die FRAND-Bedingungen unmittelbar und ausdrücklich Gegenstand des Lizenzvertrags. Es gibt keine Hinweise, dass der Regelungswille dahinging, diese Bedingungen nicht durch anderweitige rechtliche Ausgestaltungen, u.a. unter der Heranziehung von beauftragten Dritten, erfüllen zu dürfen. Sofern dies beabsichtigt worden wäre, wäre eine explizite Regelung aber naheliegend gewesen, da zur Zeit der Vertragsgestaltung bereits absehbar war, dass ein Lizenzverwalter für die Patentinhaber handeln würde und dessen vorvertragliches Handeln für die Patentinhaber insoweit absehbar gewesen sein dürfte.
  186. Ferner ist die Rolle der M als Lizenzverwalter in der Lizenz- und Elektronikbranche bekannt, weil darin gerade deren unternehmerischer Zweck, wie ihrem eigenen Informationsmaterial (vgl. Anlage B 3) und ihrer Website zu entnehmen ist, liegt.
  187. Aber auch darüber hinaus vermag die Beklagte eine ordnungsgemäße Handlungsbefugnis der M nicht erheblich in Abrede zu stellen. Die Beklagte verhält sich treuwidrig, wenn sie sich auf fehlende Handlungsbefugnis der M beruft. Die Beklagte darf sich im Hinblick auf eine Befugnis der M gem. § 138 Abs. 4 ZPO nicht mit Nichtwissen erklären (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Dezember 2017 – I-2 U 39/16 –, juris, Rn. 143; LG Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2018, Az. 4b O 4/17).
  188. Gem. § 138 Abs. 4 ZPO ist Zulässigkeitsvoraussetzung, dass die Erklärung Tatsachen betrifft, die weder eigene Handlungen noch Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Partei waren. Dies trifft zwar grundsätzlich auf den Vorgang einer etwaigen Befugniserteilung zwischen der Klägerin und der M zu. Allerdings ist es nicht mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift, der darin liegt, die aufgrund der Unkenntnis unterlegene Position des Gegners zu verbessern, zu vereinbaren, der Gegenseite um jeden Preis ihre mangelnde Kenntnis zugutekommen zu lassen. Die Grenze ist dort zu ziehen, wo der Grundsatz von treugemäßem Verhalten nicht mehr gewahrt wird. Dies ist hier der Fall.
  189. Denn der C (dazu im Einzelnen sogleich) hat sich nämlich über einen Zeitraum von mehreren Jahren auf Lizenzverhandlungen mit der M eingelassen. So beginnt der zur Akte gereichte E-Mailverkehr (…).
  190. Genauso stellt sich die Situation für den AVC/H.264-Standard dar. Die M verfügt auch für einen Lizenzvertragsabschluss insoweit über die erforderliche Handlungsbefugnis. Der AVC/H.264-Standard wurde im Jahr X Gegenstand der wechselseitigen Kommunikation und der C konnte eindeutig erkennen und hat selbst angenommen, dass es gleichfalls die M sein würde, die für die Patentinhaber auch in diesem Kontext handeln würde (vgl. Anlage B 7, E-Mail (…)
    Durch diesen über Jahre hinweg aufrechterhaltenen Geschäftskontakt wurde zugunsten der M ein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass die gewechselte Korrespondenz tatsächlich in einen Vertragsschluss münden würde, da keine Zweifel an der Legitimation der M bestanden. Die Beklagte darf sich aufgrund dessen nicht mehr auf solche Zweifel, die erstmals im hiesigen Verfahren geäußert wurden, berufen.
  191. (ii)
    Der Verletzungshinweis durfte an ein mit der Beklagten konzernverbundenes Unternehmen, namentlich die (…) gerichtet werden. Es war nicht erforderlich, unmittelbar mit der Beklagten in Kontakt zu treten; dass erstmaliger Kontakt vielmehr erst durch den vorliegenden Rechtsstreit entstand, ist unschädlich.
  192. Denn Konzerne sind insbesondere hinsichtlich kartellrechtlicher Fragestellungen als Einheit anzusehen (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; LG Düsseldorf, Urt. v. 4. November 2015, Az. 4a O 93/14 zitiert nach juris; Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 329). Damit ist der Anzeigepflicht jedenfalls bereits schon dann genüge getan, wenn Hinweise an den Mutterkonzern des angeblichen Verletzers erfolgen, da regelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass dieser die betreffenden Tochtergesellschaften in den einzelnen Ländern, in denen das SEP benutzt wird, in Kenntnis setzen wird (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Von der gleichen Sachlage muss ausgegangen werden, wenn eine Tochtergesellschaft bzw. dort ein bestimmter Mitarbeiter in jahrelangen Lizenzverhandlungen eine führende Rolle eingenommen und in erster Linie mit den entsprechenden Ansprechpartnern auf Klägerseite verhandelt hat.
  193. Die Tochtergesellschaft C stand mit der M seit dem Jahr X anfänglich nur über den Standard MPEG 2, später dann auch über den hier streitgegenständlichen AVC-Standard in Verhandlungen. Bereits seit dem Jahr 2009 war (…), der hinsichtlich der Lizenzierung im Austausch mit den anderen Konzerngesellschaften der Beklagten stand. So ergibt sich beispielsweise aus der E-Mail vom (…)
  194. (iii)
    Die E-Mail der (…) genügt auch den inhaltlichen an einen Verletzungshinweis gestellten Anforderungen.
  195. Der Beklagten ist zuzugestehen, dass das Schreiben (…) lediglich pauschale Angaben zum Verletzungsprodukt – bezeichnet als „mobile Handapparat- und Tablet-Produkte“ und zu den/dem verletzten Schutzrecht(en) – in Form des Hinweises auf „das AVC-Patentportfolio“ mit „mehr als 1000 essentiellen AVC-Patenten von 25 Patentinhabern“ – enthält. Die Veröffentlichungsnummern konkreter Patente werden darin ebenso wenig genannt wie die konkrete Bezeichnung vermeintlicher Verletzungsprodukte.
  196. Dieser Inhalt ist jedoch vor dem Hintergrund der Vorkorrespondenz zwischen der Muttergesellschaft der Beklagten und der M sowie dem Verhalten der Muttergesellschaft der Beklagten nach dem Verletzungshinweis ausnahmsweise ausreichend (so auch LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, 4a O 17/17).
  197. So ist sie bereits in der E-Mail vom (…)angesprochen worden. Erwähnt werden der AVC Standard und erste Einzelheiten zum Inhalt der Lizenz (Lizenzen, royalty cap und Begriff der geschützten Einheit) sowie die Mobiltelefone mit T-DMB Funktionen als Verletzungsprodukte. In der Email vom (…) (Anlage K 10, Exhibit A) hat die M mit dem nochmaligen Hinweis auf die AVC-Lizenz letztlich nur unterbrochene Gespräche wieder aufgegriffen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass Herr D im Nachgang zu dem Verletzungshinweis keine weitergehenden Erläuterungen erbat, sondern stattdessen einen Telefontermin, um die Angelegenheit „weiter“ erörtern zu können (Anlage B 23).
  198. Sofern die Beklagte sich darauf zurückzieht, dass keine konkrete Bezugnahme auf das Klagepatent erfolgt, ist dies unschädlich. So konnte die Beklagte bzw. ihre Konzerngesellschaften ausweislich der Anlage K 10 Exhibit E im Internet unter XXX die einschlägige SEP-Liste für den Pool nebst X-charts unter Nennung der zugehörigen Standard-Abschnitte, die von den zugehörigen SEPs Gebrauch machen, einsehen. Auch wenn es sich hierbei nicht um klassische X-charts handelt – welche die Düsseldorfer Rechtsprechung in diesem Stadium der Verhandlungen nicht einmal verlangt (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem) – bedurfte es deren auch nicht mehr, weil die Klägerin bereits die Möglichkeit hatte, Kenntnis zu nehmen. Dass die Muttergesellschaft jedenfalls Kenntnis von der Tätigkeit der M hatte – was nahelegt, dass ihr auch ihr Internetauftritt nicht unbekannt ist –, ergibt sich bereits aus der Email (…).
  199. Schließlich ist auch im Rahmen der inhaltlichen Anforderungen zu beachten, dass eine Verletzungsanzeige bloße Förmelei bzw. ein Berufen auf ihr Fehlen rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn von der Kenntnis bereits ausgegangen werden kann. Dies ist aus den bereits geschilderten Umständen bei der Beklagten der Fall.
  200. Anders als die Beklagte meint, liegt ein Mangel des Verletzungshinweises nicht darin, dass die Verletzungsanzeige keine claim charts beinhaltete. Denn deren Zurverfügungstellung ist zu diesem Zeitpunkt des Procedere noch nicht notwendig (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Im Übrigen hat die Beklagte erstmals in einer Besprechung im (…) die Übersendung weiterer Unterlagen wie Claim Charts oder einer X List begehrt (Anlage B 28), welche es ihr erst ermöglichen würden, dem Verletzungsvorwurf angemessen nachgehen zu können. Bis dahin hatte die M keine Anhaltspunkte, dass der C anhand des vorhandenen Informationsmaterials eine umfassende Prüfung des Verletzungsvorwurfs unmöglich ist.
  201. Sofern die Beklagten auf die E-Mails der M vom (…) und (…) Anlagen B 7 und B 13) Bezug nimmt und die Bezeichnung der angegriffenen Ausführungsform „den Standard nutzende Produkte“ rügt, kommt es darauf nicht an. Denn diese E-Mails stammen unstreitig aus einem Zeitraum, der vor der hier maßgeblichen Verletzungsanzeige (aus September 2011) liegt.
  202. d)
    C, die Muttergesellschaft der Beklagten, hat sich vorliegend in genügender Weise lizenzbereit gezeigt.
  203. An die auf den Verletzungshinweis erforderliche Bitte zur Lizenzierung sind inhaltlich keine hohen Anforderungen zu stellen. Sie kann pauschal sowie formlos geschehen, das Verhalten des Patentbenutzers muss jedoch den eindeutigen Willen zur Lizenznahme erkennen lassen (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 333). Von der Lizenzbereitschaftserklärung darf in der Folge nicht abgewichen werden, so dass es auch dann noch Bestand hat, wenn der Patentinhaber sein FRAND-Angebot abzugeben hat (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Inhaltliche Ausführungen, derer es nicht bedarf, können sich dann als schädlich erweisen, wenn der Patentinhaber auf ihrer Grundlage annehmen muss, dass eine Bereitschaft zur Lizenznahme nur unter ganz bestimmten, nicht verhandelbaren Bedingungen besteht, die nicht FRAND sind und auf die sich der Schutzrechtsinhaber deshalb nicht einlassen muss (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem, Rn. 197 a. E.; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 333). Jedoch sind an die Feststellung eines solchen Tatbestandes hohe Anforderungen zu stellen. Die Angabe zu begehrten Lizenzbedingungen entkräftet die Annahme der Lizenzbereitschaft nur dann, wenn sie den sicheren Schluss zulässt, dass der Patentbenutzer in Wahrheit keine Lizenz nehmen möchte (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 9, zitiert nach juris).
  204. Orientiert an diesem Maßstab war die grundsätzliche Lizenzbereitschaft des Konzerns der Beklagten für die Klägerin erkennbar. Nachdem der Verhandlungsführer der Muttergesellschaft die E-Mail vom (…) erhalten hatte, bat dieser mit E-Mail vom 15. September 2011 (Anlage B 23, B 23a) um ein Telefonat „damit die weiteren Einzelheiten dieser Angelegenheit besprochen werden können“. Die Antwort lässt – bei isolierter Betrachtung – zwar grundsätzlich auch Raum dafür, dass ein Interesse an einer rechtsverbindlichen Einigung am Ende des Gespräches (doch) nicht besteht, was dann aus Sicht der Klägerin die Zusendung von Vertragsunterlagen auch nicht lohnen würde.
  205. Jedoch war die Antwortmail (…) bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs des zwischen der Muttergesellschaft und der M im Jahre 2009 bereits stattgefundenen Austauschs so nicht zu verstehen (zur grundsätzlichen Berücksichtigung des Gesamtkontextes auch: OLG Düsseldorf, OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem, Rn. 198).
  206. Ein Verweis der M auf die AVC/H.264 Lizenzierung gegenüber dem Mutterkonzern befindet sich bereits in der Email des (…) (Anlage B 7, B 7a). Auf diesen Verweis reagierte der Mutterkonzern auch mit E-Mail vom (…) (Anlage B 9, B 9a) durch namentliche Benennung des Standards – in allgemeiner Form als MPEG 4 (darunter fallen weitere, hier nicht streitgegenständliche Standards wie MPEG-4 Visual (Teil zwei)) – und brachte dies in einen Zusammenhang mit dem Bestreben des Konzerns, eine Lizenzierung nur von Tochterunternehmen (insbesondere C) zu vereinbaren. In der Folgezeit festigte sich diese Forderung vor allem im Hinblick auf eine Lizenzerteilung an dem MPEG-2 Standard aber auch im Zusammenhang mit dem „MPEG 4-Standard“ (vgl. (…), Anlage B 10, B 10a). Die M setzte die Gespräche mit der Muttergesellschaft in Kenntnis dieser Forderung zunächst mit hauptsächlichem Bezug zur Lizenzierung des MPEG-2-Standards, immer aber auch unter Verweis auf den AVC/H.264-Standard (vgl. bspw. E-Mail Herr (…), Anlage B 13, B 13 a), fort. Daraus wird deutlich, dass die M und die Konzerngesellschaft bereits im Vorfeld der als Verletzungsanzeige verstandenen E-Mail vom (…) in Verhandlungen waren. Das Schreiben (…) erweist sich vor diesem Hintergrund als Konkretisierung der zuvor mit Augenmerk auf den MPEG-2-Standard durchgeführten Vertragsverhandlungen auf den AVC/H.264-Standard. Als „D“ dann die weitere Besprechung der Angelegenheit anregte, war dies deshalb dahingehend zu verstehen, dass die bereits begonnenen Verhandlungen fortgeführt werden sollten.
  207. Das Beharren auf der Fragestellung nach (…) genügt für sich genommen nicht, um C jegliche Lizenzwilligkeit abzusprechen. Vielmehr dürfte aus deren Sicht aufgrund vergangener Verhandlungsgespräche nicht ausgeschlossen gewesen sein, dass die M insoweit ihre Verhandlungsposition anpasst/verändert und der Lizenzvertrag zu einem positiven Abschluss gebracht werden kann.
  208. Allenfalls wäre zu fragen, ob die permanenten Nachfragen zur territorialen Reichweite der Ernsthaftigkeit der Lizenzbereitschaft entgegenstehen können, was im Ergebnis aber zu verneinen ist.
  209. Als „ernsthaft“ ist die Lizenzwilligkeit anzusehen, wenn der Lizenzsucher durch sein Gesamtverhalten zu erkennen gibt, sich für das Zustandekommen eines Vertrages einzusetzen. Daran könnte es fehlen, denn, wie die C während der Vertragsverhandlungen zur Kenntnis genommen haben dürfte, hat sich an der Auffassung der M, den chinesischen Markt aus einem etwaigen Vertrag herauszunehmen, nichts geändert. Dadurch führen die wiederholten Nachfragen letztlich zu einer Verzögerung des Vertragsschlusses. Dessen musste sich die C auch bewusst gewesen sein. Gegen die Würdigung dieser Nachfragen im Rahmen der Lizensierungsbitte als schädlich spricht jedoch, dass der Kontakt trotz dieser unterschiedlichen Auffassung aufrechterhalten worden ist, was belegt, dass seitens der C ein kontinuierliches Interesse an der Lizensierung bestand.
  210. Im Übrigen hat die Beklagtenseite jedenfalls im Laufe des hiesigen Verfahrens und durch ihr eigenes Lizenzangebot aus (…) insgesamt mehrfach signalisiert, lizenzbereit zu sein. Zuletzt hat die C ihre Lizenzwilligkeit durch das zweite Gegenangebot vom 26. Oktober 2018 wiederum aktualisiert.
  211. e)
    Das mehrfach und zuletzt unter dem (…) per E-Mail unterbreitete Lizenzangebot in Verbindung mit den (…) übermittelten Dokumenten der Standardlizenzverträge entspricht den vom EuGH aufgestellten „formellen“ Anforderungen und erweist sich auch im Hinblick auf den Inhalt als fair, angemessen und nicht diskriminierend.
  212. aa)
    Die Zusendung des Standardlizenzvertrags wird den (eher) „formellen“ Anforderungen, die der EUGH an das Angebot des Patentinhabers stellt, gerecht.
  213. Das Angebot ist danach schriftlich zu verfassen und muss darüber hinaus konkret in dem Sinne sein, dass daraus die Lizenzgebühr und die einschlägigen Berechnungsparameter (maßgebliche Bezugsgröße, anzuwendender Lizenzsatz, ggf. Abstaffelung) sowie die Art und Weise der Berechnung hervorgehen (OLG Düsseldorf, a.a.O. Rn. 203 – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, a.a.O., Kap. E. Rn. 325). Die Punkte, die üblicherweise Regelungsgegenstand von Lizenzverträgen sind, müssen in das Angebot in Form von aussagekräftigen Bestimmungen aufgenommen sein (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem).
  214. Diese Kriterien sind mit der Zusendung des Standardlizenzvertrag-Dokuments erfüllt.
  215. i)
    Zunächst ist in der Zusendung des Standardlizenzvertrages der Klägerin im (…) an den konzerninternen Ansprechpartner für Lizenzfragen bei der Beklagten, D, ein Lizenzangebot zu sehen, das FRAND-Grundsätzen entspricht.
  216. Wie bereits im Rahmen der Verletzungsanzeige ausgeführt wurde, handelt es sich bei D um den richtigen Adressaten, der im Konzern der Beklagten die mit Lizenzfragen betraute Person darstellte. D erhielt den Standardlizenzvertrag (Anlage K 10 Exhibit G) (…), wie sich aus der Email vom (…) (Anlage B 22) ergibt.
  217. Der Standardlizenzvertrag wurde von der M übersandt und ist ausweislich des Wortlauts der Präambel als ein Angebot der Klägerin an den Konzern der Beklagten zu verstehen. Jeder Lizenzgeber verpflichtet sich dazu, Einzelpersonen, Gesellschaften oder sonstigen Rechtsträgern einzelne Lizenzen bzw. Unterlizenzen nach sämtlichen AVC wesentlichen Patenten zu maßvollen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen entsprechend den hier vereinbarten Geschäftsbedingungen zu erteilen, die vom Lizenzgeber (ohne Zahlung an Dritte) erteilt werden können (vgl. Anlage K 10 Exhibit G, Seite 2, 3. Absatz). Die Lizenzgeberin (die Klägerin) gewährt der Lizenzverwalterin (M) weiterhin eine Lizenz, um ihr die Lizenzverwaltung zu ermöglichen (vgl. Anlage K 10 Exhibit G, Seite 2, letzter Absatz).
  218. Sofern die Beklagte das Handeln der M der Klägerin nicht zurechnen lassen möchte, mag zwar ein eigenes Handeln der M vorliegen, weil sie eine Unterlizenz vergibt. Dennoch stellt dieses Handeln durch Unterlizenzierung letztlich nur eine Tätigkeit dar, die die M anstelle der Klägerin (und aller anderen Pool-Mitglieder) vornimmt. Dass diese Verwaltungstätigkeit berechtigt erfolgt, ergibt sich aus den genannten Passagen des Standardlizenzvertrages selbst. (…) Selbst wenn man nicht von einer vorherigen Berechtigung der M hinsichtlich aller Handlungen, die die Lizenzierung des Klagepatents als Bestandteil des Patentpools betrafen, ausgehen wollte, ist jedenfalls in der Klageerhebung eine Genehmigung der Klägerin zu sehen. Warum der vom EuGH vorgesehene Dialog zwischen SEP-Inhaber und Lizenzinteressent empfindlich gestört sei soll, wenn zunächst mit einem Pool-Verwalter anstelle des einzelnen Pool-Mitglieds verhandelt wird, sieht die Kammer schon vor dem Hintergrund nicht, dass es augenscheinlich im Bereich der SEP-Lizenzierung üblich ist, dass Unternehmen ihre Patente im Wege einer Poollösung zur Verfügung stellen und es insofern einen Ansprechpartner für den gesamten Pool gibt.
  219. ii)
    In der Zusendung des Standardlizenzvertrages im (…) ist aufgrund ihres objektiven Erklärungswerts eine hinreichend konkrete Angebotshandlung zu sehen.
    Der für die Koordination der konzernweiten Lizenzverhandlungen zuständigen Person D lag ein vollständiges Vertragsdokument vor, aus dem sämtliche Vertragsbedingungen für eine Lizenz an den AVC-Standard essentiellen Patenten hervorgehen. Insbesondere der Ziffer 3.1.1. lassen sich die erforderlichen Parameter der Lizenzberechnung entnehmen. Art. 2.1. enthält die Gewährung der Lizenz für AVC Produkte, wobei sich aus Art. 1.10 die Definition der AVC-Produkte ergibt. Die essentialia negotii der Lizenzierung sind damit bestimmt.
  220. Das Dokument diente entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur als Mustervertrag reinen Informationszwecken. Es handelte sich erkennbar um ein in sich geschlossenes Vertragsdokument, das nicht gezielt auf eine der Konzerngesellschaften zugeschnitten ist, sondern als Standardvertrag für eine Vielzahl von Lizenzwilligen gelten soll (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, Az. 4a O 17/17). Datum und Name des Lizenznehmers sind frei gelassen. Der Hinweis in der Email der M vom (…) (Anlage B 21, B 21a), dass die elektronischen Kopien lediglich zur Informationszwecken dienen und nicht als Ausfertigungen verwendet werden können, zeigt gerade, dass im Umkehrschluss die postalisch zugesandten Schriftstücke die Funktion als Unterzeichnungsexemplare erfüllen sollten (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, Az. 4a O 15/17).
  221. iii)
    Im Ergebnis ist auch die Art und Weise der Berechnung der Lizenzgebühr ausreichend dargelegt.
  222. Die Düsseldorfer Rechtsprechung fordert in diesem Zusammenhang, dass der SEP-Inhaber die wesentlichen Gründe erläutern muss, aufgrund derer er die von ihm vorgeschlagenen Vergütungsparameter für FRAND hält. Sofern er zuvor bereits Lizenzen an Dritte vergeben hat, hat er je nach den Umständen des Einzelfalls mehr oder weniger substantiiert insbesondere zu begründen, warum die von ihm vorgesehene Lizenzvergütung gerade vor diesem Hintergrund FRAND ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Bei einer ausreichenden Anzahl von Lizenzverträgen und einer so nachgewiesenen Akzeptanz am Markt (beispielsweise über den Marktanteil der zu einer bestimmten Gebührenhöhe lizenzierten Produkte), werden im Regelfall keine weiteren Angaben zur Angemessenheit der Lizenzgebührenhöhe mehr erforderlich sein (LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, Az.: 4a O 154/15, Rn. 311 – zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 11. Juli 2018, Az. 4c O 77/17, BeckRS 2018, 25099, Rn. 137). Grundsätzlich muss auch die Berechnungserläuterung ebenso wie das Angebot selbst so rechtzeitig erfolgen, dass dem Verletzer eine ausreichende Reaktionszeit verbleibt (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 13. Juli 2017, Az.: 4a O 154/15, Rn. 319 –zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 11. Juli 2018, Az. 4c O 77/17, BeckRS 2018, 25099, Rn. 144). Sofern zum Zeitpunkt des Angebots aufgrund der angesprochenen Einzelfallumstände das Bedürfnis von konkreteren Erläuterungen noch nicht vorliegt, kann dieses während des Prozesses entstehen, wenn einzelne materielle FRAND-Voraussetzungen substantiiert vom Verletzer bestritten werden, so dass jedenfalls dann sämtliche Berechnungsfaktoren konkret darzulegen sind (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, Az. I-15 U 66/15, Rn. 19 – zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 13. März 2016, Az. 4a O 126/14 Rn. 254). Die konkreten weiteren Angaben dürfen sich freilich nicht zu den ursprünglichen allgemeineren Angaben in Widerspruch setzen, ansonsten ist das Angebot mangels vorliegender FRAND-Bedingungen als missbräuchlich anzusehen.
  223. Zwar enthält der Standardlizenzvertrag selbst keine Ausführungen zur Art und Weise der Berechnung der Lizenz, solche sind aber im konkreten Einzelfall nach den zuvor aufgestellten Maßstäben entbehrlich. Die Klägerin hat einen Standardlizenzvertrag vorgelegt, den sie mit diesen gleichen Bedingungen einer Vielzahl von Lizenznehmern vorgelegt hat. Je mehr abgeschlossene Lizenzverträge mit gleichartigen Lizenzbedingungen abgeschlossen wurden, umso stärker ist die Vermutung, dass die geforderten Lizenzgebühren FRAND sind (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, Az. 4a O 126/14 Rn. 219 – zitiert nach juris). Vorliegend handelt es sich um einen Standardlizenzvertrag, wie es sich bereits aus dem vorformulierten Vertragstext ergibt, der Herrn D, als zuständigem Verhandlungspartner des Konzerns der Beklagten, aus den jahrelangen Verhandlungen zuvor bereits im Wesentlichen bekannt war. Abgesehen davon, dass die Liste der Lizenznehmer, welche den Vertrag bereits abgeschlossen hatten, im Internet abrufbar ist (Anlage K 10 – Exhibit F), kannte Herr D ausweislich der (…) (Anlage B 25, B 25a) Lizenznehmer, wie z.B. (…), die den Vertrag – allerdings nicht konzernweit – abgeschlossen hatten. Insofern hatte die Konzerngesellschaft bereits alle Informationen, um sich auf die Verhandlungen einzulassen, die sie dann auch mit der bereits zum MPEG-2 Standard angeführten Begründung weitergeführt hat, dass sie ebenso wie diese Unternehmen nur einzelne Konzerngesellschaften lizensieren lassen wolle. Hinzu tritt, dass die Beklagte die Berechnung der Lizenzhöhe als solche bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht in Frage gestellt hat.
  224. Schließlich bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine weitere Erläuterung der Berechnungsparameter oder eine Vorlage der geschlossenen Lizenzverträge selbst üblicherweise im Rahmen des Vertragsangebotes erfolgen. Eine dahingehende Branchenüblichkeit ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
  225. f)
    Das hier zur Prüfung stehende Angebot entspricht auch inhaltlich FRAND-Grundsätzen.
  226. Als „faire und angemessene“ Vertragsbedingungen sind solche zu verstehen, die dem Lizenzwilligen nicht unter Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung angeboten werden. Die Vertragsbedingungen müssen zumutbar und dürfen nicht ausbeuterisch sein (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, Az.: I-15 U 66/15, juris, Rn. 15). Ein Angebot des Lizenzgebers kann sich insbesondere dann als unfair/ unangemessen erweisen, wenn eine Lizenzgebühr verlangt wird, die den hypothetischen Preis, der sich bei wirksamem Wettbewerb auf dem beherrschten Markt gebildet hätte, erheblich überschreitet, es sei denn, es gibt eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Preisbildung (LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 225, zitiert nach juris; Huttenlauch/ Lübbig, in: Loewenheim/ Meessen/ Riesenkampff/ Kerstin/ Meyer-Lindemann, Kartellrecht, Kommentar, 3. Auflage, 2016, Art. 102 AEUV, Rn. 182; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 245). Handelt es sich um ein standardgebundenes Schutzrecht, kann sich die Unangemessenheit ferner daraus ergeben, dass sich im Falle einer Lizenzforderung auch für die übrigen Standard-Schutzrechte eine kumulative Gesamtlizenzbelastung ergeben würde, die wirtschaftlich nicht tragbar ist (Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 246). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine mathematisch genaue Herleitung einer FRAND-gemäßen Lizenzgebühr nicht zu erfolgen hat, vielmehr ist eine annäherungsweise Entscheidung, die auf Wertungen und Schätzungen beruht, vorzunehmen (Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 425). Vergleichbare Lizenzverträge können dabei ein gewichtiges Indiz für die Angemessenheit der angebotenen Lizenzbedingungen sein (LG Düsseldorf, Urt. v. 31. März 2016, Az.: 4a O 73/14, Rn. 225, zitiert nach juris; Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 245, Rn. 430). Das Vertragsangebot hat sich des Weiteren auch im Hinblick auf die übrigen Vertragsbedingungen (lizenzpflichtige Schutzrechte, Lizenzgebiet usw.) als angemessen zu erweisen.
  227. Das Diskriminierungsverbot normiert für das marktbeherrschende Unternehmen eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung, indem es Handelspartnern, die sich in gleicher Lage befinden, dieselben Preise und Geschäftsbedingungen einräumen muss (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). In das Gleichbehandlungsgebot sind dabei nur Sachverhalte, die auch vergleichbar sind, einzubeziehen, während auch marktbeherrschende Unternehmen auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert reagieren können. Eine Ungleichbehandlung ist daher zulässig, wenn sie sachlich gerechtfertigt ist. Der dem Inhaber eines gewerblichen Schutzrechts grundsätzlich zustehende weite Spielraum für eine sachliche Rechtfertigung ist eingeschränkt, wenn neben die marktbeherrschende Stellung weitere Umstände treten, aus denen sich ergibt, dass die Ungleichbehandlung die Freiheit des Wettbewerbs gefährdet (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Diese können insbesondere darin bestehen, dass der Zugang zu einem nachgeordneten Produktmarkt von der Befolgung der patentgemäßen Lehre abhängig ist (BGH, GRUR 2004, 966 (968) – Standard-Spundfass) oder das Produkt – wie hier – erst bei Benutzung des Patents wettbewerbsfähig ist (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem).
  228. Der Lizenzsucher ist darlegungs- und beweispflichtig für eine Ungleichbehandlung (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem) bzw. das Vorliegen eines Ausbeutungstatbestandes (LG Düsseldorf, Urt. v. 30. November 2006, Az.: 4b O 58/05, Rn. 140 – Videosignal-Codierung I, zitiert nach juris; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 247, Rn. 308). Jedoch ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Lizenzsucher regelmäßig keine nähere Kenntnis über die Lizenzierungspraxis des SEP-Inhabers, insbesondere über mit Dritten bestehende Lizenzverträge und deren Regelungsgehalt, besitzt. Dies rechtfertigt es, dem SEP-Inhaber, der naturgemäß in Kenntnis der Vertragsverhältnisse mit anderen Lizenznehmern ist, und dem nähere Angaben hierzu auch zumutbar sind, insoweit eine sekundäre Darlegungslast aufzuerlegen (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 311). Die Angabe zu den Lizenznehmern hat in diesem Zusammenhang vollständig zu erfolgen, und darf nicht auf einige namhafte Unternehmen der Branche reduziert werden (Kühnen, a.a.O.). Der Vortrag hat auch Angaben dazu zu enthalten, welche – konkret zu benennenden – Unternehmen mit welcher Bedeutung auf dem relevanten Markt zu welchen konkreten Konditionen eine Lizenz genommen haben (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem). Steht eine Ungleichbehandlung fest, so obliegt es dem Patentinhaber, etwaige die unterschiedliche Behandlung rechtfertigende Umstände darzulegen und ggf. zu beweisen (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem; Kühnen, a.a.O.).
  229. aa)
    Orientiert an diesem Maßstab greifen die gegen die FRAND-Gemäßheit gerichteten Einwendungen der Beklagten nicht durch.
  230. i)
    Die Kammer vermag nicht festzustellen, dass der Patentpool kartellrechtswidrig zusammengesetzt ist.
  231. Die Feststellung eines „fairen und angemessenen Lizenzangebots“ im Zusammenhang mit einem Patentpool, das heißt in der Form eines Zusammenschlusses mehrerer Schutzrechtsinhaber zur gemeinsamen Lizenzierung der von ihnen gehaltenen Patente, verlangt zunächst substantiierten Sachvortrag zur Benutzung der Patente aus dem Pool (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 26 f.; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 420). Insoweit ist jedoch kein an § 286 ZPO gemessener Überzeugungsgrad, der eine persönliche Gewissheit, die Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen, verlangt (m. w. Nachw. Greger, in: Zöller, ZPO, Kommentar, 32. Auflage, 2018, § 286, Rn. 19), erforderlich. Vielmehr ist § 287 Abs. 2 ZPO anwendbar, der – in Herabsetzung des Beweismaßes des § 286 ZPO – eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichen lässt (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem).
  232. Ein entsprechender Sachvortrag geschieht grundsätzlich über die Vorlage sog. Claim Charts für ausgewählte Portfolio-Patente, die die konkret einschlägigen Passagen des maßgeblichen Standards den jeweiligen SEPs zuordnen (OLG Düsseldorf, a.a.O. – Mobiles Kommunikationssystem).
  233. Eine solche Referenzliste liegt – bezogen auf sämtliche Poolpatente – als Anlage K10 – Exhibit E vor.
  234. Das Anbieten einer Lizenz in einem Patentpool begründet für sich allein den Vorwurf einer missbräuchlichen Unangemessenheit noch nicht. Regelmäßig dient es dem wohlverstandenen Interesse etwaiger Lizenzsucher, dass ihnen eine Benutzungserlaubnis für den gesamten Standard aus einer Hand zu einheitlichen Konditionen offeriert wird, weil sie damit der Notwendigkeit enthoben werden, bei jedem einzelnen Schutzrechtsinhaber um eine Lizenz für dessen Patente nachsuchen zu müssen (LG Düsseldorf, 4b O 508/05, Rn. 119 – Videosignal-Codierung I, zitiert nach juris). Insoweit geben auch die „Leitlinien zur Anwendung von Art. 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Technologietransfer-Vereinbarungen vom 28.03.2014 (Amtsbl. C 89/3) (nachfolgend kurz: „die Leitlinien“) eine Orientierungshilfe (vgl. hierzu allgemein Kühnen, ebd., Kap. E., Rn. 299). Sie sehen zur Handhabung des Kartellverbots nach Art. 101 AEUV in Randnummer 245 Folgendes vor:
  235. „[…] Technologiepools können wettbewerbsfördernde Wirkung haben, zumal sie Transaktionskosten senken und der Kumulierung von Lizenzgebühren Grenzen setzen, so dass eine doppelte Gewinnmaximierung vermieden wird. Sie ermöglichen eine zentrale Lizenzvergabe für die vom Pool gehaltenen Technologien. Dies ist vor allem in Wirtschaftszweigen wichtig, in denen Rechte des geistigen Eigentums von zentraler Bedeutung sind und es für die Marktpräsenz erforderlich ist, von einer erheblichen Anzahl von Lizenzgebern Lizenzen zu erhalten. […].“
  236. Von einer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung ist erst dann auszugehen, wenn weitergehende Umstände hervortreten, was auch in Randnummer 246 der Leitlinien zum Ausdruck gelangt:
  237. „Technologiepools können den Wettbewerb auch beschränken, denn ihre Gründung impliziert zwangsläufig den gemeinsamen Absatz der zusammengeführten Technologien, was bei Pools, die ausschließlich oder vorwiegend aus substituierbaren Technologien bestehen, zu einem Preiskartell führen kann. Darüber hinaus können Technologiepools nicht nur den Wettbewerb zwischen den Vertragsparteien verringern, insbesondere wenn sie einen Industriestandard unterstützen oder de facto begründen, sondern durch den Ausschluss alternativer Technologien auch den Innovationswettbewerb. Ein vorhandener Standard und ein entsprechender Technologiepool können den Marktzugang für neue und verbesserte Technologien erschweren.“
  238. Orientiert an diesem Maßstab erweist sich das Angebot einer Lizenznahme an einem Patentpool erst bei Vorliegen besonderer Umstände als unangemessen bzw. diskriminierend, und damit als kartellrechtswidrig. Solche Umstände können indes nicht festgestellt werden.
  239. Insbesondere ergeben sich solche Umstände nicht daraus, dass – was die Beklagte geltend macht – Mobilfunkanbieter typischerweise lediglich eines der im Wesentlich vier durch den Standard bereitgestellten Profile und hiervon auch lediglich bestimmte Merkmale nutzen.
  240. (1)
    Die Beklagte wendet ein, die Tatsache, dass der AVC/H.264-Standard aus verschiedenen Profilen (im Wesentlichen vier: „Baseline (CBP/BP)“, „Extended (XP)“, „Main (MP)“ und „High (HiP)“) besteht, wobei jedes Profil bestimmte Merkmale („Features“) aufweise, Hersteller von Mobilfunkgeräten jedoch im Allgemeinen lediglich einige ausgewählte Profile, insbesondere „Baseline“, und auch dann nur bestimmte Merkmale dieser Profile nutzen (Merkmale wie „flexible macroblock ordering (FMO)“, „arbitrary slice ordering (ASO)“, „redundant slices (RS)“, „data partitioning“ und „SI/SP slices“ würden beispielsweise nicht genutzt.), seien Mobilfunkanbieter mit einer exzessiven Lizenz belastet.
  241. Dieser Einwand kann grundsätzlich geeignet sein, eine Unangemessenheit der Lizenzgebühren darzutun. Er ist mit den Fällen vergleichbar, in denen nicht sämtliche Patente eines Pools genutzt werden (vgl. dazu Kühnen, a.a.O., Rn. 412). Jedoch können – wie vorliegend – gegen eine unbillige Behinderung in diesem Sinne sachliche Gründe angeführt werden (Kühnen, a.a.O.).
  242. Gemäß diesen Maßstäben hat die Beklagte bereits nicht hinreichend aufgezeigt, die relevanten Profile Baseline, Extended, Main und High in den angegriffenen Ausführungsformen nicht derart zur Verfügung zu stellen, dass sie beim Abspielen von Videosequenzen zum Einsatz kommen.
  243. Die Beklagte trägt pauschal vor, dass aus einem Wikipedia-Artikel (Anlage B 35) diejenigen Profile zu ersehen seien, die von mobilen Endgeräten typischerweise nicht unterstützt würden. Konkreten Bezug auf eine bestimmte Passage dieses Wikipedia-Artikels (Anlage B 35) zum Beleg dafür, dass nicht alle Profile in den angegriffenen Ausführungsformen implementiert seien, nimmt die Beklagte nicht. Aus denselben Gründen verfängt auch die Bezugnahme auf den als Anlage B 36 vorgelegten Websiteauszug (www.superuser.com) nicht, da auch dort nur pauschal mobile Endgeräte und nicht verwirklichte Profile thematisiert werden. Mit diesem Vortrag zieht sich die Beklagte darauf zurück, dass ihre Produkte die Profile nicht verwirklichen würden. Dies besagt aber nicht über deren technische Fähigkeit, diese Profile umzusetzen.
  244. Dagegen hat die Klägerin durch eigene Untersuchungen feststellen können, dass in den angegriffenen Ausführungsformen die Profile herstellerseitig voreingestellt sind. Dies hat sie durch die in der Anlage K 8 zusammengefassten Untersuchungsergebnisse belegt.
  245. Wenn aber feststeht, dass die Profile Main und High benutzt werden, gilt dies zwingend auch für das Profil Baseline. Denn, wie sich insbesondere dem als Anlage B 36 zur Akte gereichten Auszug der Homepage www.superuser.com entnehmen lässt, fügen die Profile Main und High lediglich einige Merkmale zu dem Profil Baseline hinzufügen und mithin auf diesem aufbauen. Nichts anderes kann für das Profil Extended gelten.
  246. Selbst wenn in den angegriffenen Ausführungsformen nicht alle Merkmale eines Profils verwirklicht würden, vermag der Vortrag der Beklagten denjenigen der Klägerin nicht zu entkräften. Denn die Beklagte konkretisiert zum einen nicht, welche Merkmale eines Profils nicht verwirklicht werden sollen. Zum anderen handelt es sich um optionale, also auswählbare Merkmale, die aber jedenfalls einem bestimmten Profil zuzuordnen sind und dieses abbilden.
  247. Damit konnte nicht festgestellt werden, dass die C durch die Einbeziehung aller Profile in den Lizenzvertrag übermäßig belastet wäre, zumal auch ihr Produktportfolio durchaus verschiedene AVC-fähige Produkttypen, wie z.B. neben Smartphones auch Tablets und Set-Top-Boxen, aufweist, sodass insoweit die Lizensierung aller Profile sogar vorteilhaft erscheint.
  248. Schließlich ist eine umfängliche Einbeziehung der Profile in den Standardlizenzvertrag deshalb gerechtfertigt, weil einerseits gewisse Pauschalierungen in derartigen Verträgen aus Praktikabilitätsgründen erforderlich sind (LG Düsseldorf, Urt. v. 11. September 2008, 4b O 78/07, Rn. 101, zitiert nach juris) und andererseits der Videoinhaltehersteller bestimmt, welche Codierung herangezogen wird und Hersteller für Endgeräte somit durch Bereithalten sämtlicher Profile in den angegriffenen Ausführungsformen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Abnehmer Videosequenzen tatsächlich abspielen können.
  249. Die Beklagte vermag eine Ungleichbehandlung auch nicht daraus abzuleiten, dass nach ihrem Vortrag die Gebührenstruktur des HEVC-Standards, welcher eine Weiterentwicklung des streitgegenständlichen AVC-Standards ist, nunmehr eine Differenzierung der Lizenzraten danach vorsehe, in welchem Umfang ein Produkt von den Profilen des Standards Gebrauch mache (Anlage B 38). Denn, wie die Beklagte selbst konstatiert, handelt es sich um den Nachfolgestandard, der keinen zwingenden Rückschluss auf die Gebührenstrukturen des hiesigen Standards gibt. Außerdem zeigt die mit „Summary of In-Compliance Royalty Rates with Trademark Discount“ überschriebene Anlage B 38 nur einen Ausschnitt der Gebührenbestimmung, wobei für eine umfassende Würdigung die gesamten Vereinbarungen zu den Lizenzgebühren herangezogen werden müssten.
  250. Sofern sich die Beklagte in Bezug auf die Einbeziehung auch unbenutzter Profile auf ein Koppelungsverbot beruft, kann eine unzulässige Koppelung derzeit nicht festgestellt werden, weil es an Profilen fehlt, die von der Beklagten nicht benutzt werden.
  251. (2)
    Die Beklagte rügt ferner hinsichtlich der im AVC-Patentpool zusammengefassten Schutzrechte, dass sie nicht alle standardessentiell seien. Der Zusammenschluss aller Rechte und damit auch deren Einbeziehung in Poollizenzverträge sei nur gerechtfertigt, wenn für jedes Schutzrecht dessen Standardessentialität festgestellt werden könne.
  252. Ausgehend von dem oben aufgestellten Grundsatz obliegt es dem Lizenzsucher, darzulegen, dass (von ihm nicht-benutzte) vom Patentpool erfasste Patente nicht standardessentiell sind. Diese Schutzrechte sind konkret zu bezeichnen (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 256; LG Düsseldorf, Urt. v. 30. November 2006 – 4b O 508/05 –, Rn. 126 ff. (132), zitiert nach juris). Sofern ihm dies gelingt, ist es Aufgabe des Patentinhabers, sachliche Gründe für deren Einbeziehung aufzuzeigen, auch wenn der Marktauftritt des Lizenzsuchers von diesen Rechten grundsätzlich nicht abhängt. Die Grenze der Zulässigkeit ist das kartellrechtliche Koppelungsverbot (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 415). Erst wenn für nicht-standardessentielle Patente keine sachlichen Gründe für deren Einbeziehung in den Pool benannt werden können, ist das Lizenzangebot un-FRAND, da es ausbeuterisch und nicht zumutbar ist. Dies ergibt sich aus dem Zweck eines solchen Patentpools, der darin liegt, solche Technologien zu bündeln, die sich inhaltlich ergänzen und bei denen die Nutzung der einen nicht ohne die andere möglich ist. Dadurch zeichnet sich Standardessentialität eines Patents aus. Nicht-essentielle Schutzrechte sind dagegen für die Benutzung einer Technologie nicht unerlässlich, wobei auch deren Einbeziehung unter bestimmten Gesichtspunkten zulässig sein kann.
  253. Die Beklagte vermochte hier nicht darzulegen, dass Schutzrechte vom Patentpool erfasst sind, die tatsächlich hinsichtlich des streitgegenständlichen Standards nicht essentiell sind. Sie hat der ihr obliegenden Darlegungslast vor dem Hintergrund des erheblichen Gegenvortrags der Klägerin nicht Genüge getan. Es bestehen keine erheblichen Zweifel an der Standardessentialität der in den Poll eingebrachten Patente bzw. an sachlichen Gründen für deren Einbeziehung in den Pool. So hat die Beklagte bereits nicht hinreichend konkretisiert, an welchen einzelnen Faktoren sie die fehlende Standardessentialität der in den Patentpool einbezogenen Schutzrechte festmacht. Dies gilt unabhängig davon, welche wissenschaftliche Methode den seitens der C beauftragten Untersuchungen zugrunde gelegt wurde und welcher Mitarbeiter des Unternehmens E die jeweiligen Tabellen und Diagramme (vgl. Anlage B 39) erstellt hat.
  254. Ausweislich der tabellarischen Darstellung in der Anlage B 39 waren (…) Patente der vier Klägerinnen (bezogen auf die bis kürzlich vor dem LG Düsseldorf geführten Rechtsstreitigkeiten) und (…) Patente anderer Inhaber vorhanden, wobei (…) bzw. (…) Patente in Englisch untersucht wurden. Bei den 29 analysierten englischen Patenten der Klägerin seien (…)standardessentiell, (…) nicht-essentiell und (…) informativ.
  255. Dieses Zahlenmaterial vermag nicht den erforderlichen Nachweis für die im Wesentlichen nicht-standardessentielle Zusammensetzung des Pools zu erbringen. Wie nämlich der Titel der Anlage B 39 bzw.B 51 „overall summary“ bereits besagt, handelt es sich bei den darin dargestellten Untersuchungsergebnissen lediglich um pauschale und vereinfachte Zusammenfassungen. Wenngleich gesondert für die Gesellschaften bzw. Konzerngruppen, die bis zuletzt auf Klägerseite vor den Kammern des LG Düsseldorf Verletzungsstreitigkeiten führten, eine zahlenmäßige Aufstellung der Schutzrechte und Eingruppierung erfolgte, ist dennoch in keinem Fall im Detail ersichtlich, um welches Patent oder um welche Patentfamilie es sich konkret handelt. Woran die Zuordnung der untersuchten Schutzrechte zum Standard im Ergebnis nicht positiv verlaufen ist, entbehrt jeder Erklärung. Weiterhin sind (…) Patentfamilien der Klägerinnen vor den Kammern des LG Düsseldorf überhaupt nicht untersucht wurden, ohne dass ersichtlich ist, anhand welcher Kriterien diese Auswahlentscheidung getroffen worden ist. Es hat schließlich keine Gegenüberstellung der Schutzrechte mit Passagen des Standards („Essentiality Cross Reference Charts“) stattgefunden, welche die Unvereinbarkeit belegen könnte. Dabei waren der C die dafür erforderlichen Informationen über die Website der (…) unstreitig zugänglich und sowohl ihrem Fachwissen als auch ihrer personellen Ausstattung nach bestehen keine vernünftigen Zweifel an der Fähigkeit der C, Überprüfungen von Patentrechten auf ihre Standardessentialität hin vorzunehmen (siehe schon oben Verletzungshinweis).
  256. Auch die Anlage B 40 vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Anders als die Beklagte meint, handelt es sich bei diesem Dokument schon angesichts seines geringen Umfangs nicht um ein substantiiertes Expertengutachten, welches Informationen zu den vorgenommenen Untersuchungen bereithält. Es fehlen jegliche Hinweise auf die Herkunft des Dokuments sowie darauf, dass es sich um eine öffentlich zugelassene Prüfeinheit handelt. Abgesehen davon, sind als Anlagen zur Akte gereichte Informationen seitens des Gerichts nur dann inhaltlich zu berücksichtigen, wenn schriftsätzlicher Vortrag unter Bezugnahme auf konkrete Passagen erfolgt. Losgelöst davon sind diesem Dokument auch keine detaillierteren Informationen gegenüber der Anlage B 39, B 51 zu entnehmen, da lediglich eine oberflächliche Beschreibung der Arbeitsweise dargestellt wird, wobei der Großteil der Ausführungen auf die Zusammenstellung des Teams bei E und dessen Expertise entfällt. Zudem wird mitgeteilt, dass die gewonnenen Ergebnisse in einem Excel-Dokument zusammengetragen wurden, welches die Beklagte jedoch nicht zur Akte gereicht hat und auch nur einen Mehrwert gehabt hätte, wenn ihm weitere Informationen als lediglich den Tabellen aus B 39, B 51 zu entnehmen gewesen wären.
  257. Insbesondere zeigt die Anlage B 51, welche eine nach unten korrigierte Anzahl nicht-essentieller Rechte belegen soll, dass berechtigte Zweifel an den zusammengefassten Ergebnissen des externen Beratungsunternehmens bestehen können und offenbar auch das hinzugezogene Beratungsunternehmen nicht verlässlich die Relevanz der Rechte feststellen kann. Eine Erklärung, wie das „leicht nach unten korrigierte“ Ergebnis zustande gekommen sein soll, liefert die Beklagte nicht. Sie trägt nicht vor, welchen Anlass das Unternehmen E zu einer weiteren Auswertung hatte. Das Vorbringen erschöpft sich dahingehend, dass es sich um „aktuelle Zahlen“ handelt.
  258. Im Hinblick auf den geltend gemachten Kartellverstoß bleibt der Einwand der Beklagten ohne Erfolg, weil ihre Zahlen gerade nicht belegen, dass insgesamt erheblich mehr NEPs Bestandteil des Patentpools als SEPs sind. Denn selbst nach ihrer Untersuchung befinden sich insgesamt 51% SEPs im streitgegenständlichen Pool. Zu guter Letzt bleibt auch hier der Einwand, dass das Ergebnis auf einer Stichprobe fußt und eben gerade nicht alle Poolpatente untersucht wurden.
  259. Demgegenüber hat die Klägerin die geltend gemachten Zahlen bestritten und darauf verwiesen, dass die eingebrachten Patente zuvor von unabhängigen Gutachtern auf ihre Standardessentialität geprüft werden, wie es die Leitlinien im Rahmen der Safe-Harbour-Regelung (Rn. 261, b)) vorsehen. Vor diesem Hintergrund spielen die Regularien bei der Standardisierungsorganisation (ISO/ITU/IEC Regeln) keine erhebliche Rolle.
  260. Die Kammer verkennt bei ihrer Würdigung dieses tatsächlichen Vorbringens nicht, dass die Anforderungen an die dem Lizenzsucher, hier der Beklagten, obliegende Darlegungslast nicht überspannt werden dürfen und somit nicht zu allen möglichen Patentrechten eine detaillierte Darstellung der (Un-)Vereinbarkeit mit dem Standard erwartet werden kann. Allerdings kann erwartet werden, dass die ohnehin nur exemplarisch ausgewählten Schutzrechte eingehend untersucht und diese Untersuchungsergebnisse beispielsweise auch mit Bezug auf das jeweilige Klagepatent dargestellt werden, sodass sich die Prüfungen durch das Beratungsunternehmen nachvollziehen lassen. Dies ist vorliegend jedoch nicht erfolgt.
  261. (3)
    Zweifel an dem Vorliegen der erforderlichen Standardessentialität ergeben sich nicht daraus, dass die Schutzrechte, bevor sie in den Pool aufgenommen wurden, einer Prüfung auf Essentialität durch das für den europäischen Raum tätige Patentanwaltsbüro (…) unterzogen wurden. Wenngleich diese für die Prüfung von Aufnahmeanträgen in den Standard hinzugezogenen Patentanwälte nicht gänzlich unabhängig sind, sondern in Verletzungsprozessen auf Seiten der Schutzrechtsinhaber von SEPs auftreten, genügt dies für sich genommen nicht, Zweifel an deren Untersuchungsergebnissen zu begründen (vgl. LG Düsseldorf, Urt. vom 30. November 2006 – 4b O 508/05 –, Rn. 132, zitiert nach juris).
  262. Ohne Relevanz verbleibt auch der Einwand, dass es einem Schutzrechtsinhaber aufgrund der im Fall von (…) auszufüllenden FRAND-Bereitschaftserklärung (vgl. Anlage B 41 und 42) leichtfällt, ein Patent als standardessentiell zu deklarieren, und dass die Anforderungen an solche Angaben nicht sehr hoch erscheinen mögen. Denn jedenfalls unterzieht eine unabhängige Stelle die angemeldeten Schutzrechte einer Prüfung ob ihrer Standardessentialität. Ohne weitere Anhaltspunkte ist ein Rückschluss daraus auf die Falschdeklarierung nicht möglich.
  263. (4)
    Zu keinem anderen Ergebnis führt der Beklagtenvortrag, mit dem die angebliche Lizensierungspraxis kritisiert und behauptet wird, dass massiv nicht-essentielle Patente überdeklariert würden, um im Ergebnis höhere Lizenzgebühren erwirtschaften zu können, ohne dass diesen ein angemessener Patentwert gegenüberstünde.
  264. Zur Stützung dieser Behauptung bezieht sich die Beklagte auf die Unternehmen (…), welche alle Poolmitglieder geworden seien, ohne über nur ein SEP zu verfügen. Das nicht-produzierende Unternehmen (…) sei nur zu dem Zweck gegründet worden, die Anzahl der Poolpatente unangemessen zu überhöhen. Dessen Portfolio bestehe aus Abzweigungen von Poolmitgliedern hier (…) innegehaltenen Patentfamilien und entsprechenden Teilanmeldungen und verfüge nicht über eigene Schutzrechte.
  265. Die Kammer vermag kein systematisches Vorgehen zur Überdeklarierung in der Gründung von (…), der Klägerin aus dem Parallelverfahren Az. 4a O 17/17, erkennen, wodurch der wirtschaftliche Wert ihres Portfolios teilweise durch übertragene Teilanmeldungen und Abzweigungen vollständig in dem Portfolio von (…) aufgehe. Gleiches gilt für die Geltendmachung eines (…)-SEPs außerhalb des Pools durch die (…) und andere von (…) außerhalb des Pools gehaltene SEPs. Die insoweit vorgelegte Untersuchung der E(Anlage B 55) begegnet den gleichen durchgreifenden Bedenken wie die Untersuchung in Anlage B 39. Die geschilderten Vorgänge sind als solche „neutral“ und die Beklagte trägt darüber hinaus nichts vor, was einen systematischen Missbrauch rechtfertigt, zumal mit der Erhöhung der Patentzahl keine Erhöhung der Lizenzgebühr einhergeht (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 9. November 2018, Az. 4a O 15/17).
  266. Auch die Ausführungen zu einer vermeintlichen SEP-Strategie der (…), durch welche eine unangemessene Erhöhung der Gesamtlizenzgebührenbelastung dargestellt werden soll, greifen nicht durch und begründen kein ausbeuterisches Verhalten der Klägerin bzw. der (…) Die Beklagte stellt dazu auf ein in den USA gegen die C geführtes Verfahren auf Grundlage des Patents US F, welches, wenngleich außerhalb des Pools befindlich, so doch als AVC-essentiell deklariert sei (vgl. Anlage B 52). Die Klägerin dieses amerikanischen Verfahrens sei Teil der (…), wozu auch die ( gehöre, auf welche das zuvor der (…) zustehende US-Patent übertragen worden sei. Das US-Patent gehört weiter zu einer Patentfamilie, umfassend (…) Patente, (…) ( Schutzrechte außerhalb des Pools stehen und (…) Stück auf (…) als einen Dritten außerhalb des Pools stehend übertragen wurden.
  267. Diesem Vortrag ist entgegenzusetzen, dass außerhalb des Pools stehende essentielle Patente eben deshalb nicht von Belang sind, weil sie derzeit nicht in den Pool einbezogen sind. Außerdem ist für die behaupteten Schutzrechte auch unter Heranziehung der Anlage B 55, welche eine Schutzrechtsanalyse auf deren Standardessentialität beinhaltet, gerade dieser Umstand nicht festzustellen. Schließlich ist nicht festzustellen, dass in der vorstehend geschilderten Verhaltensweise einschließlich der Patentübertragungen außerhalb des Patentpools ein planmäßiges Zusammenwirken dieser Unternehmen mit die Lizenzsucher ausbeutender Absicht liegt. Damit einhergehend ist nicht festzustellen, dass aus diesem Verhalten eine die Lizenzsucher übermäßig belastende Gebührenstruktur resultieren würde. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass die Beklagte auch nicht konkret aufgezeigt hat, wie sich diese behauptete Überhöhung betragsmäßig bemerkbar macht und auswirkt.
  268. Schließlich hat die Klägerin in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass die Poolmitglieder durch ihre Aufnahme in den Pool verpflichtet werden, auch weitere standardessentiellen Patente darin einzubringen. Wenn sich ein Lizenznehmer sodann einer Inanspruchnahme durch ein Poolmitglied aufgrund eines nicht in den Pool eingestellten Patents ausgesetzt sieht, ist er nach US-amerikanischem Recht berechtigt, sich auf den Standardlizenzvertrag zu berufen, welcher einer separaten Geltendmachung von an sich in den Pool einzustellenden Rechten entgegensteht.
  269. (5)
    Auch aus anderen Gründen ist die Zusammensetzung des Pools gegenüber der C nicht ausbeuterisch.
  270. Dies wäre dann der Fall, wenn die C zu einer Lizenznahme auch an solchen (nicht-essentiellen) Schutzrechten gezwungen wäre, von denen sie gar keinen Gebrauch macht. Dies hat die Beklagte jedoch nicht dargelegt. Es fehlt jeglicher Vortrag, aus dem zu erkennen ist, dass bei der Benutzung der angegriffenen Ausführungsformen nicht von allen standardessentiellen oder wenn nicht standardessentiellen, so doch mit dem Standard zusammenhängenden komplementären Rechten Gebrauch machen würde. Aufgrund der bei dem C konzern vorhandenen Branchenkenntnis sowie der im Zuge der Verhandlungen schon übermittelten Unterlagen betreffend den AVC-Standard, die Cross-Reference-Charts sowie den Standardlizenzvertrag, allesamt über die Website der M einsehbar, war auch davon auszugehen, dass der Beklagten solcher Vortrag grundsätzlich möglich gewesen wäre.
  271. Da bereits die mangelnde Standardessentialität nicht dargelegt wurde, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin einen sachlichen Grund für die Einbeziehung nichtessentieller Patente hätte vorbringen können.
  272. (6)
    Es ist auch nicht zu beanstanden, dass im Lizenzangebot der M keine Anpassungsklausel vorgesehen ist.
  273. Eine solche Anpassungsklausel wird zur Herbeiführung der FRAND-Gemäßheit eines sich auf einen Patentpool erstreckenden Angebots als adäquates Mittel erachtet, um ein mögliches Ungleichgewicht zwischen der festgeschriebenen Lizenzgebühr und dem variablen Schutzgegenstand in dem Fall auszugleichen, in dem sich der Bestand des Pools verändert (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17. November 2016, Az.: I-15 U 66/15, Rn. 32, zitiert nach juris; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 419), beispielsweise durch Ablauf der Schutzdauer von Poolpatenten oder rechtskräftiger Vernichtung derselben. Es ist jedoch auch möglich, eine in der Variabilität des Schutzrechtsbestandes angelegte unangemessene Höhe der Lizenzgebühren auch durch andere Mechanismen zu kompensieren (OLG Düsseldorf, a.a.O.).
  274. So ist es vorliegend.
  275. Vorliegend ist in Ziff. 4.9 des Lizenzvertrages geregelt:
  276. „Der Lizenznehmer und der Lizenzverwalter erkennen an, dass die zahlbaren Lizenzgebühren nicht deshalb steigen oder fallen, weil die Anzahl der lizensierten AVC Patentportfolio-Patente steigt oder fällt oder weil die Preise der AVC Lizenzgebühr-Produkte steigen oder fallen.“
  277. Der Klausel wohnt inne, dass der Lizenzgeber das Risiko des Anstiegs der Poolpatente und der Lizenznehmer das Risiko einer Minimierung derselben übernimmt. Die Klausel trägt – so die Klägerin – der zeitlichen Entwicklung des Patentpools Rechnung, wonach insbesondere am Anfang und am Ende der Laufzeit eine geringere Anzahl von Patenten zu erwarten ist, während im Übrigen eine größere Patentanzahl in dem Pool eingelagert ist.
  278. Dass es sich dabei um einen interessengerechten Kompensationsmechanismus handelt, findet zum einen darin einen Ausdruck, dass der Standardlizenzvertrag in dieser Form von den Lizenznehmern angenommen worden ist, zum anderen darin, dass sich das damit verteilte Risiko bisher nur hinsichtlich des Lizenzgebers realisiert hat. Denn die Lizenzgebühren sind seit Aufnahme des Pools im Jahre 2004 nicht angehoben worden, obwohl die Anzahl der Patente von anfänglich 41 auf nunmehr über 5.000 Patente angestiegen ist.
  279. Eine Diskriminierung läge nur vor, wenn die Lizenzsucherin durch die Vertragsregelung gegenüber anderen Lizenznehmern benachteiligt würde. Dies kann hier nicht festgestellt werden, da die Kammer nicht festzustellen vermochte, dass die Aufnahme einer solchen Klausel in die Standardlizenzverträge branchenüblich ist und von dieser Praxis negativ abgewichen wird, wenn in dem Lizenzvertrag mit dem CKonzern eine solche Regelung nicht vorgesehen ist.
  280. Zugunsten der Klägerin spricht gerade die Indizwirkung für die Branchenüblichkeit des Standardlizenzvertrages spricht, weil dieser Vertrag in der Praxis tatsächlich mehr als 1.400-mal abgeschlossen worden ist.
  281. Der Indizwirkung könnte entgegengehalten werden, dass diese vielen Verträge selbst nicht unter FRAND-Grundsätzen zustande gekommen sind und Abweichungen aufweisen, die gegen die Annahme sprechen, dass der Standardlizenzvertrag mehr als 1.XXX mal mit demselben Inhalt zustande gekommen ist.
  282. Im Übrigen steht den Lizenznehmern ausweislich Ziff. 6.4 des Standardlizenzvertrages das Recht zu, das Vertragsverhältnis unter Berücksichtigung einer Ankündigungsfrist von 30 Tagen freiwillig zu beenden. So hat der Lizenznehmer die Möglichkeit, auf sich verändernde Umstände, die ihm für eine Fortführung des Vertragsverhältnisses nicht mehr günstig erscheinen, zu reagieren und sich von dem Lizenzvertrag zu lösen. Ein Bedürfnis für eine gesonderte Anpassungsklausel, die den Lizenznehmer vor einer gleichbleibenden Lizenzgebühr bei sinkenden Schutzrechten bewahren soll, besteht mithin nicht.
  283. Soweit die Beklagte also Gründe anführt, die die Indizwirkung erschüttern sollen, dringt sie mit keinem durch, worauf nachfolgend eingegangen wird:
  284. bb)
    Auch die weiteren Einwendungen der Beklagten gegen die Indizwirkung des umfangreich abgeschlossenen Standardlizenzvertrages führen nicht zum Erfolg.
  285. ix)
    Schließlich mindert sich die Aussagekraft der tausendfach geschlossenen Lizenzverträge nicht deshalb, weil die Beklagte Datenmaterial (Anlagen B 64) basierend auf Informationen der (( vorgelegt hat, aus dem sich ergibt, dass (( auf dem weltweiten Markt der Mobiltelefone nur (( % lizensierte Produkte seien, wobei (( % der Lizenznehmer von Poolmitgliedern und lediglich (( % der Lizenznehmer von außerhalb des Patentpools stehenden Unternehmen gebildet würden. Aus diesem prozentualen Verhältnis leitet die Beklagte ab, dass die Lizensierungspraxis der (( jedenfalls im Hinblick auf externe Wettbewerber nicht verallgemeinerungsfähig und repräsentativ sei. Aus mehreren Gründen verfängt diese Kritik jedoch nicht.
  286. So ist nicht ersichtlich, dass ausschließlich solche Produkte in die Berechnung eingestellt wurden, die auch AVC-fähig sind. Denn nur solche Endgeräte, wobei hier dahingestellt bleiben kann, ob nur Smartphones oder auch darüber hinaus sämtliche Endgeräte betrachtet werden, sind überhaupt betroffen und kämen als potentielle Lizenznehmer der M infrage. Ferner bestehen Zweifel an den Kriterien, anhand derer die (nicht-)lizensierten Unternehmen ausgewählt wurden. So ergibt sich aus der tabellarischen Zusammenstellung in der Anlage B 64, dass auch solche Betriebe herangezogen wurden, bei denen es sich offenkundig nicht um Mobilfunkunternehmen bzw. überhaupt um Elektrounternehmen handelt ((: Auch ist es unschädlich, dass – die Richtigkeit der Zahlen unterstellt, wofür auch die seitens der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Zahlen (Säulendiagramm und tabellarische Darstellung) sprechen könnten, da sie allenfalls geringfügig anders ausfallen – ein Großteil der Lizenznehmer zugleich Mitglied des hier relevanten Patentpools ist. Denn die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung anhand des Poolmitglieds Apple beispielhaft aufgezeigt, was unbestritten geblieben ist, dass nicht jedes Poolmitglied im gleichen Umfang von der Teilnahme am Pool profitiert. So verfügt das Unternehmen Apple selbst lediglich über 10 eigene standardessentielle Patente und muss aufgrund dessen höhere Lizenzgebühren an den Pool zahlen, als es durch seine anteilige Teilnahme am Pool an Ausschüttungen aus den eingenommenen Gesamtlizenzgebühren erhält. Spiegelbildlich verhält es sich bei dem Poolmitglied Panasonic, welcher einer der größten Poolpatentinhaber ist. Die Klägerin hat somit anschaulich aufgezeigt, dass die Marktmacht eines Poolmitglieds, die bei Apple offensichtlich vorhanden ist, keinen Einfluss darauf hat, wie sich die internen Lizenzgebühren gestalten.
  287. cc)
    Das Lizenzangebot ist auch vor dem Hintergrund der Ausführungen der Beklagten zu einem Lizenzvertrag mit der (( FRAND-gemäß.
  288. Die C unterliegt angesichts ihres mit dem Poolmitglied (( über dessen gesamtes Portfolio an 3GPP/3GPP2-essentiellen Patenten geschlossenen Lizenzvertrages (vgl. Anlage B 49) keiner Diskriminierung oder Ausbeutung, sofern sie auch dem seitens der M vorgesehenen weltweiten Lizenzvertrag zustimmen würde. Auch steht dieser Vertrag nicht der Annahme entgegen, dass die vielzähligen Standardlizenzverträge inhaltsgleich zustanden gekommen sind.
  289. Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass (( trotz ihrer Eigenschaft als Mitglied am AVC-Pool auch außerhalb dessen Lizenzverträge an standardwesentlichen Rechten schließt. Der Standardlizenzvertrag räumt den Poolmitgliedern diese Möglichkeit gerade ein und muss dies auch, um selbst den kartellrechtlichen Vorgaben aus den Leitlinien der EU-Kommission gerecht zu werden und keine Exklusivität an den in den Pool eingebrachten Schutzrechten zu begründen (Leitlinien Rn. 261; vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 12. Dezember 2018, Az. 4b O 4/17).
  290. Dennoch ist der Verweis auf den Vertrag mit (( nicht geeignet, um aufzuzeigen, dass die Regelungen in den vielzähligen Lizenzverträgen nicht identisch sind und ihnen daher keine Indizwirkung zukommen kann.
  291. Der als Anlage B 49 vorgelegte Lizenzvertrag mit der ((
    Die Vertragsklausel (vgl. Ziff. 5.2) sieht vor, dass ((
  292. Eine Ungleichbehandlung bzw. Ausbeutung der C ist indes deshalb nicht gegeben, da sich die M gegenüber der C verhandlungsbereit gezeigt hat, wie mit bereits an das Poolmitglied gezahlten Lizenzgebühren betreffend den AVC-Standard umgegangen werden soll. Die M würde gezahlte Lizenzgebühren auf Weisung des Lizenzgebers an C erstatten. Die C wäre im Ergebnis keiner doppelten Lizenzzahlung ausgesetzt.
  293. Die Tatsache, dass wegen des den (( bestehenden Vertrags mit der C besonders verhandelt worden ist, wie Lizenzzahlungen der C an das Poolmitglied (( zu behandeln sind, spricht vielmehr für ein FRAND-gemäßes Verhalten der M. Denn es würde sich um einzelfallbedingte, ggf. partielle, da nur Rechte eines Poolmitglieds betroffen sind, abweichende Regelungen handeln, welche der C im Übrigen auch zugutekämen und keine Ungleichbehandlung darstellen würden. Dessen musste sich die C auch bewusst sein, weil – ausweislich (( (Anlage B 28) – die M ihr bereits signalisiert hat, auf diese Vertragsgestaltung Rücksicht nehmen zu wollen und die an das Poolmitglied gezahlte Lizenzgebühre zurückzuerstatten.
  294. Im Übrigen hat selbst die Beklagte nicht behauptet, ((. Dies wäre aber, neben dem Abschluss des Standardlizenzvertrages, die Voraussetzung dafür, dass gegenüber der C Rechte lesend auf den hier streitgegenständlichen Standard nicht mehr geltend gemacht werden könnten („globales Stillhalteabkommen“) und die Frage der Anrechnung bereits gezahlter Lizenzgebühren virulent würde.
  295. dd)
    Die Einbeziehung des chinesischen Marktes zu denselben Lizenzsätzen in den Lizenzvertrag mit der C ist FRAND-gemäß. Eine Diskriminierung ist nicht festzustellen.
  296. i)
    Neben einer unmittelbaren Ungleichbehandlung kann eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Lizenznehmern auch darin begründet liegen, dass der Patentinhaber seine Verbietungsrechte nur selektiv durchsetzt, was bedeutet, dass er gegen vereinzelte Wettbewerber Klage erhebt, um auf den Abschluss eines Lizenzvertrages zu drängen, wohingegen andere Lizenznehmer ungehindert vom Schutzrecht Gebrauch machen dürfen. Faktisch führt dies dazu, dass die nicht verklagten Lizenznehmer in den Genuss einer unentgeltlichen Lizenz kommen, obwohl ihre Wettbewerber Lizenzgebühren zahlen müssen bzw. alternativ einer Verurteilung ausgesetzt sind. Ein Missbrauch durch den Patentinhaber liegt in solchen Sachverhaltskonstellationen aber nur vor, wenn diesem grundsätzlich auch ein rechtliches Vorgehen gegen den verschonten Wettbewerber zuzumuten ist. Wann dies der Fall ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Maßgeblich ist, ob der Patentinhaber Kenntnis von dem Verletzer hat und welches Ausmaß der Umfang der Benutzungshandlungen hat. Zuzugestehen ist dem Patentinhaber zudem, dass er konzentriert gegen einzelne Verletzer vorgeht und sowohl aus personellen als auch vor allem finanziellen Gründen nicht gegen alle Verletzer zeitgleich agieren kann (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap E, Rn. 243). Nichtsdestotrotz ist erforderlich, dass der Patentinhaber darlegt, grundsätzlich bereit zu sein und künftig beabsichtigt, auch gegen weitere Verletzer einzuschreiten. Nur dann ist der kartellrechtlichen Gleichbehandlung Genüge getan.
  297. Hier ist auch unter Berücksichtigung des ergänzenden klägerischen Vortrags in der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2018 eine unzulässige, da gegenüber potentiellen Lizenznehmern nur selektive Vorgehensweise nicht ersichtlich.
  298. Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass der Lizenzgeber an denjenigen Unternehmensteil eines Verletzers/Lizenzsuchers herantritt, der befugt ist, Verträge mit weltweiter Wirkung abzuschließen und sogar auch selbst am Vertrieb der zu lizensierenden Produkte beteiligt ist. Insoweit hat der Patentinhaber regelmäßig ein Interesse daran, an den Mutterkonzern heranzutreten, um eine umfassende, aber zugleich kosten- und aufwandsärmere Lösung herbeizuführen (vgl. LG Mannheim, Urt. v. 08. Januar 2016 – 7 O 96/14 –, Rn. 119, juris).
  299. Denn der Patentinhaber hat grundsätzlich ein legitimes Interesse daran, alle Benutzungshandlungen eines Konzerns durch einen Lizenzvertrag zu regeln, anstatt aus einzelnen Schutzrechten oder in einzelnen Ländern gerichtlich vorgehen zu müssen, um auch insoweit einen Lizenzvertragsschluss herbeizuführen. Zudem entstehen dem SEP-Inhaber höhere Kosten, wenn er gezwungen würde, sein gesamtes Portfolio in verschiedenen Lizenzverträgen (für eine Mehrzahl von Patenten und eine Mehrzahl von Ländern) auszulizensieren. Weiterhin sind die Kontrolle der Einhaltung der Verträge und die Verfolgung von Rechtsverstößen bei einer Mehrzahl von Verträgen oftmals schwieriger (LG Düsseldorf, Teilurteil vom 31. März 2016 – 4a O 73/14 –, Rn. 227, juris).
  300. Demnach ist nicht zu beanstanden, dass die M (nur) bereit ist, mit dem Mutterkonzern der Beklagten, der C, Lizenzverträge mit weltweiter Reichweite zu schließen. Auf diese Weise ist ihr nämlich garantiert, dass alle Vertriebshandlungen einer Unternehmensgruppe von einem Lizenzvertrag erfasst werden.
  301. Dem steht nicht entgegen, dass seitens der M in anderen Fällen unstreitig Lizenzverträge mit anderen Gesellschaften als der Muttergesellschaft zustande gekommen sind. An dieser Vorgehensweise bestehen nämlich dann keine Bedenken, wenn diese Verträge mit allen vertriebsrelevanten Einzelgesellschaften eines Konzerns geschlossen werden, um auf diesem Weg eine (schrittweise) weltweite Lizenzabdeckung zu erreichen. So ist dies vorliegend mit den in China ansässigen Unternehmen wie (( geschehen. Auf die gleiche Weise ist bei (( verfahren worden. Dass die (( Lizenznehmerin geworden ist, lag darin begründet, dass nur sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Vertrieb tätig war.
  302. Die Vorgehensweise, von der C eine weltweite Lizenz unter Einbeziehung des chinesischen Marktes zu verlangen, ist aber nur dann FRAND, wenn es branchenüblich ist, stets den chinesischen Markt mitzulizensieren.
  303. So liegt der Fall hier. Es sind seitens der M bzw. der Klägerin keine Bestrebungen festzustellen, die den Schluss auf eine nur selektive Rechtsdurchsetzung rechtfertigen können.
  304. Ca. 100 weltweit tätige Wettbewerber der C ohne Sitz in China haben unstreitig den Standardlizenzvertrag abgeschlossen. Zu diesen Lizenznehmern zählen vor allem: ((. Es sind nur chinesische Hersteller zu verzeichnen, die auf dem chinesischen Markt ohne eine AVC-Lizenz agieren. Namentlich handelt es sich dabei neben dem C-Konzern um ((. Die Klägerin hat diese Unternehmen nicht positiv von der Lizenzpflicht befreit; vielmehr bemüht sie sich auch insoweit um den Abschluss von Lizenzverträgen, was diese Unternehmen jedoch durchgängig ablehnen. Dass insoweit keine Lizenzverträge vorgelegt wurden, beruht daher nicht auf Unvollständigkeit seitens der Klägerin, sondern rührt schlicht daher, dass es solche Verträge bis heute nicht gibt.
  305. Gleichwohl hat die Klägerin zu diesem Zweck per E-Mail mit allen Wettbewerbern der C Kontakt aufgenommen. Zuletzt habe sich die Klägerin eine Woche vor der mündlichen Verhandlung des hiesigen Rechtsstreits am 8.November 2018 mit chinesischen Unternehmen getroffen, wobei die Gespräche ergeben hätten, dass der Ausgang der Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf abgewartet werden solle, bevor endgültig über eine Lizenznahme entschieden werde.
  306. Auf das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen bezüglich der E-Mail-Korrespondenz der M mit den chinesischen Wettbewerbern kommt es nicht an. Denn es ist gerichtsbekannt, namentlich aus dem Verfahren der Parallelkammer zum Az. 4b O 4/17, dass sich die dortige Beklagte, die ((, stets ablehnend gegenüber Lizenzverhandlungen verhalten hat. Im Übrigen wusste die C aus dem von ihr selbst gefertigten Protokoll zur Verhandlungssitzung mit M vom 20. Juli 2016 (Anlage B 28), dass die M Gespräche, abzielend auf eine AVC-Lizenz, mit (( geführt hat.
  307. Schließlich war von der Klägerin bzw. M zur Vermeidung einer selektiven Rechtsdurchsetzung nicht zu verlangen, gegen alle chinesischen Wettbewerber gleichzeitig auch gerichtlich vorzugehen. Denn dem Lizenzgeber ist zuzugestehen, seine Kräfte zu bündeln und Verbietungsrechte zunächst gegen die marktstärksten Verletzer durchzusetzen, andernfalls besteht zu seinen Lasten auch ein erhebliches Kostenrisiko (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 243). Gemäß dieser (( zuzugestehenden Auswahlentscheidung ist sie gerechtfertigterweise zunächst nur gegen die C und die (( vorgegangen. Im Übrigen hat sie nicht ausgeschlossen, auch gegen die weiteren chinesischen Wettbewerber vorzugehen, sofern mit diesen nicht schon im Lichte der Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf Einigungen erzielt werden können.
  308. Die Regelung eines weltweit einheitlichen Lizenzsatzes stößt unter FRAND-Gesichtspunkten nicht auf Bedenken. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb Lizenzsätze für den chinesischen Markt herabgesetzt und Lizenzsätze insgesamt regional bestimmt werden sollen.
  309. Es gelingt der Beklagten nicht, ihren Vortrag, wonach es auf verschiedenen Absatzmärkten sehr starke Unterschiede in den Verkaufspreisen gebe, hinreichend zu substantiieren. Vielmehr hat die Klägerin konkrete Preise vorgetragen, zu denen Endgeräte der C in (( verkauft werden:
  310. Diese Angaben wurden von der Beklagten nicht in Abrede gestellt. Somit steht fest, dass lediglich hinsichtlich der Produktgruppe „Basic Phone“ die für China erreichten Verkaufspreise niedriger ausfallen. Dies gilt allerdings nur im Verhältnis zu den in ((
  311. Im Übrigen liegen keine anderen Gründe vor, weshalb gegenüber der C andere als die angebotenen Lizenzsätze vorgesehen werden sollten. Insbesondere sind die damit einhergehenden Pauschalierungen nicht zu beanstanden, da dies bei der Gestaltung von Poollizenzen nicht gänzlich zu vermeiden ist. Die Grenze des Zulässigen ist erreicht, wenn die Pauschalierungen für die Lizenzsucher unzumutbar sind (LG Düsseldorf, Urt. v. 11. September 2008 – 4b O 78/07 –, juris, Rn. 101). Dies ist hier nicht festzustellen. Das Unterbleiben einer regionalen Stafflung der Lizenzsätze ist nicht unzumutbar. So stellt die Beklagte zur Beurteilung dieser Fragestellung schon richtigerweise selbst darauf ab, ob dies den Gepflogenheiten der Branche entspricht. Denn nur, wenn gegenüber anderen Lizenznehmern eine solche Staffelung erfolgt ist, müsste gegenüber der C genauso verfahren werden. Es ist indes nicht zu erkennen, dass sich eine solche Gepflogenheit herausgebildet hätte.
  312. So ist unbestritten und folgt zudem aus der Indizwirkung der über 1.400 geschlossenen Lizenzverträge, dass die M bisher keine Lizenzverträge geschlossen hat, die unter Berücksichtigung regionaler Besonderheiten am Markt festgesetzte Lizenzsätze vorgesehen haben. Dementsprechend konnte sich keine Gepflogenheit entwickeln, länderspezifische Lizenzsätze festzusetzen. Eine Diskriminierung der C existiert insoweit nicht.
  313. Losgelöst von der Frage, weshalb für die Beklagte als Lizenznehmerin die Durchsetzung von Patentrechten im chinesischen System bei der Bemessung der Lizenzsätze relevant sein soll, da ein Patente ab dem Zeitpunkt zu beachten ist, zu dem es besteht (LG Düsseldorf, Urt. v. 9.November 2018, Az. 4a O 17/17), wären jedenfalls alle Lizenznehmer gleichermaßen von etwaigen Besonderheiten oder Schwierigkeiten des chinesischen Patentdurchsetzungssystems betroffen. Eine Benachteiligung gerade der C liegt darin nicht.
  314. Schließlich ist auch ohne Relevanz, wie die in den Pool einbezogenen Patente ihrer Herkunft nach zu gewichten und ob chinesische Patente darin möglicherweise unterrepräsentiert sind. Die FRAND-Gemäßheit der Lizenzsätze könnte angesichts der regionalen Verteilung der Schutzrechte nur dann fraglich sein, wenn Lizenzgebühren auch für die Länder gefordert werden, in denen nur ein einziges SEP in Kraft steht und benutzt wird; auch in solchen Fällen allerdings ist diese Vorgehensweise nicht zu beanstanden, wenn sie branchenüblich ist.
  315. Hier ist es nicht zu beanstanden, in China in Kraft stehende Schutzrechte vollumfänglich und gleichberechtigt neben den übrigen Schutzrechten zu berücksichtigen. Denn zum einen liegt Branchenüblichkeit vor, da alle Lizenznehmer gleichermaßen von einer etwaigen Unterrepräsentation betroffen sind. Zum anderen ist die Klägerin dem Beklagtenvortrag, der die Einbeziehung chinesischer Rechte moniert, jedenfalls auf erhebliche Weise entgegengetreten, indem sie tabellarisch aufgezeigt hat, dass chinesische Patente den viertgrößten Anteil am Patentpool haben. Die Beklagte hat dieses Vorbringen nicht angegriffen. Schließlich hat die Beklagte auch nicht dargelegt, dass selbst die wenigen chinesischen Patente nicht in der Lage wären, einen Interessenten vom standarddefinierten Markt fernzuhalten (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 11. September 2008 – 4b O 78/07 – Videosignalcodierung III, juris, Rn. 101 f.).
  316. ee)
    Zur Bestimmung der FRAND-Gemäßheit der Lizenzsätze kam es nicht auf die Vorlage anderer Dokumente als die Standardlizenzverträge selbst an. Insbesondere war die Einreichung der Membership Agreements nicht erforderlich. Denn diese Vereinbarungen bestehen zwischen der M als Lizenzverwalter und den Poolmitgliedern, die zugleich Lizenznehmer sind. Die Beklagte besteht auf die Vorlage dieses Dokuments, da andernfalls nicht festgestellt werden könne, inwieweit das Lizenzangebot an C mit denjenigen Lizenzverträgen mit Poolmitgliedern vergleichbar sei und wie die Lizenzeinnahmen poolintern aufgeteilt werden. Darauf kommt es aber für die Frage der FRAND-Gemäßheit des Lizenzangebots nicht an. Denn bei den Membership Agreements handelt es sich, wie die Beklagte selbst feststellt, um Interna des Patentpools, die auf dessen innere unternehmerischen Strukturen bezogen sind und keinen unmittelbaren Einfluss auf die Lizenzverträge haben. Allein die Existenz dieser Membership Agreements, die durch die Poolmitgliedschaft bedingt ist, sagt nichts darüber aus, dass die mit Poolmitgliedern geschlossenen Lizenzverträge inhaltlich anders ausgestaltet sind. Im Übrigen folgt aus der Indizwirkung der tausendfach geschlossenen Lizenzverträge, dass es keine inhaltlichen Unterschiede dieser Verträge gegenüber externen Lizenznehmern gibt, was die Klägerin konkret am Beispiel des Apple-Konzerns auch aufgezeigt hat.
  317. Auch in der Sache würden diese weiteren Dokumente lediglich dazu dienen, die effektive Lizenzbelastung (Effektivlizenzsätze) kontrollieren zu können. Auf diese effektiven Lizenzsätze kommt es aber nicht an, um die FRAND-Gemäßheit eines Lizenzangebots zu überprüfen. Denn der Effektivlizenzsatz ist nicht hinreichend verlässlich, da er von vielen seitens des Lizenzgebers nicht beeinflussbaren Faktoren abhängt (z.B. Absatzstärke, Produktportfolio), und variiert auch gerade innerhalb der Gruppe der Pool-Mitgliedern als Lizenznehmer.
  318. ff)
    Das unterbreitete Lizenzangebot diskriminiert die C nicht deshalb, weil ihr, wie die Beklagte behauptet – im Vergleich zu anderen Lizenznehmern – keine Rabatte eingeräumt würden.
  319. So ist bereits nicht dargelegt, dass anderen Lizenznehmern Rabatte eingeräumt worden seien.
  320. Soweit die Beklagte auf Ratenzahlungs- und Anrechnungsvereinbarungen Bezug nimmt, stellen diese Regelungen zu den Zahlungsmodalitäten dar, die die nach dem Standardvertrag der Höhe nach zu entrichtenden Gebühren im Grundsatz jedoch nicht berühren.
  321. Sofern Anrechnungsvereinbarungen im Raum stehen ist eine missbräuchliche Ungleichbehandlung bereits deshalb ausgeschlossen, weil es sich dabei lediglich um eine Kompensation etwaiger von dem Lizenznehmer bereits erbrachter Leistungen handelt, mithin jedenfalls ein sachlicher Rechtfertigungsgrund vorliegt. Die Beklagte hat auch nicht dargetan, dass auf ihrer Seite bereits ein Anrechnungsbedürfnis besteht. Im Hinblick auf die Möglichkeit von Ratenzahlungen hat die Klägerin erklärt, dass diese Möglichkeit jedem eingeräumt wird. Insoweit hat die Beklagte aber auch kein Bedürfnis für eine solche Absprache auf ihrer Seite vorgetragen.
  322. Es bestehen auch keine anderen Anhaltspunkte, woraus sich hinsichtlich der zu zahlenden Lizenzbeträge Abweichungen gegenüber anderen Lizenznehmern ergeben könnten, die der C zu Unrecht nicht angeboten werden. Die Beklagte trägt dazu nicht substantiiert vor. Insbesondere folgen solche Anzeichen nicht aus der als Anlage K 14 vorgelegten Übersicht zu (ursprünglich) geschlossenen Lizenzverträgen. Denn ausweislich der ersten Spalte beziehen sich diese Verträge auf den MPEG 2-Standard. Es ist für den hier maßgeblichen MPEG 4-Standard aber ohne Relevanz, ob im Rahmen eines anderen Standards verschiedene Vertragstypen zur Auswahl standen. Unter konkrete Bezugnahme auf Lizenzverträge des hier streitgegenständlichen Standards hat die Beklagte jedenfalls nicht aufgezeigt, dass andere Regelungen getroffen wurden.
  323. gg)
    Die in das Lizenzangebot integrierte Höchstbetragsklausel Ziff. 3.1.1. „Royalties and payments“ ist angemessen und diskriminiert den C konzern nicht.
  324. i)
    Die Beklagte kann sich nicht darauf zurückziehen, die „royalty caps“ seien nicht angemessen und diskriminierend, weil Multiproduktanbieter durch ihre breitere Produktpalette eher in den Genuss der Kappungsgrenze, die 2016 bei $ x.x.000 lag, kommen.
  325. Generell besteht keine Verpflichtung zur Meistbegünstigung. Auch einem marktbeherrschenden Unternehmen kann nicht verwehrt werden, auf unterschiedliche Marktbedingungen differenziert zu reagieren. Damit geht einher, dass mit der Marktgegenseite abgeschlossene Verträge nicht in jedem Fall zu dem gleichen wirtschaftlichen Ergebnis führen müssen (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 9.11.2018, Az. 4a O 17/17 m.w.N.). Eine Diskriminierung scheidet aus, wenn es bereits an einer unterschiedlichen Behandlung fehlt.
  326. Die Regelung des Art. 3.1 sieht eine Kappungsgrenze ab einer bestimmten gezahlten Lizenzhöhe ebenso wie eine Freilizenz für die ersten 0X000 verkauften Einheiten vor.
  327. Unter Ziff. 3.1.1 sieht der Lizenzvertrag für die Jahre von 2006 bis 2020 folgende Höchstbeträge vor: für den Zeitraum zwischen 2011 und 2015 lag dieser Betrag bei jährlich X.X0.000 $, für das Jahr 2016 bei 8X.000 $ und für die Jahre von 2017 bis 2X0 bei jährlich 9.X000 $. Praktisch führt diese Reglung dazu, dass sich der vorherige Lizenzsatz ab Erreichen und auch Überschreiten dieser Grenze nachträglich (rechnerisch) relativiert und der Lizenznehmer effektiv einen geringeren Lizenzsatz pro verkauftem Stück bezahlt hat („Effektivlizenzsätze“). Dieser Regelung ist immanent, dass Unternehmen mit hohen Umsatzzahlen schneller in den Genuss von sich relativierenden Lizenzsätzen pro Stück kommen als solche mit geringerem Umsatz.
  328. Die mögliche Quersubventionierung bei Unternehmen, die AVC-Produkte aus verschiedenen Sparten der Elektronikbranche anbieten und so durch ein diversifiziertes Produktsortiment schneller die Kappungsgrenze erreichen als ein Ein-Produkt-Hersteller, ist weder Folge einer Ungleichbehandlung noch lässt sich die Klausel deswegen als unangemessen qualifizieren.
  329. Die Kappungsgrenze setzt zunächst einen wirtschaftlichen Anreiz, hohe Stückzahlen zu verkaufen, um bei hohem Umsatz lizenzfrei zu werden. So wird aber der natürliche Wettbewerb gerade gefördert. Eine Wettbewerbsförderung hat gleichzeitig eine gute Durchsetzung des Standards zur Folge. Es entspricht natürlichen Markt- und Wettbewerbsverhältnissen, dass Unternehmen mit gewissen Marktanteilen und einer gewissen Marktpräsenz belohnt werden. So ist der Mechanismus der Rabattierung – nichts anderes passiert bei Erreichen der Kappungsgrenze – bei großen Stückzahlen ein gängiges Mittel in der Wirtschaft.
  330. Es liegt auch keine Ungleichbehandlung von Ein-Produkt-Herstellern im Vergleich zu Multi-Produktherstellern vor. Eine Ungleichbehandlung setzt voraus, dass beide Herstellergruppen überhaupt vergleichbar sind. Das ist vorliegend nicht der Fall, weil durch die Lizenzierung des AVC-Produkts verschiedene nachgelagerte Produktmärkte erfasst werden, wobei die Produkte untereinander nicht substituierbar sind (Fernseher und Handy). Insofern bietet die Klägerin allen Herstellern die gleichen Kappungsgrenzen an, eine Pflicht zur Differenzierung besteht nicht. Sofern die Beklagte Multi-Produkt-Hersteller als Beispiel einer überproportionalen Begünstigung heranzieht, lässt sie zudem außer Acht, dass die Multi-Produkthersteller auch schneller den Bereich der lizenzfreien Herstellung der ersten X.000 Einheiten verlassen. Dass der Standardlizenzvertrag das Kodieren und Dekodieren von AVC-Videos und somit verschiedene nachgelagerte Märkte erfasst (mobile Endgeräte, Fernseher, etc.), auf denen diese Technik zum Einsatz kommt, stellt kein unzulässige Kopplung (Bundling) dar. Es wird die Technologie des Videoformats lizenziert, unabhängig in welcher Einrichtung/auf welchem Endgerät sie Anwendung findet. Schon die Kopplung ist nicht ersichtlich, weil die Verwendung des AVC-Formats gerade einheitlich zur entgeltlichen Nutzung bereitgestellt wird. Die vom Patentpool erfasste Technik des AVC-Formats ist als solche auch nicht substituierbar. Die Substituierbarkeit wird wie gesehen gerade nicht dadurch statuiert, dass das Format in verschiedenen Empfangs- oder Sendegeräten zum Einsatz kommt.
  331. Darüber hinaus gelangt die festgesetzte Kappungsgrenze ebenfalls für Ein-Produkt-Hersteller, deren Vertriebstätigkeit auf mobile Endgeräte beschränkt ist, zur Anwendung. Das Erreichen hoher Verkaufszahlen liegt nicht allein in der Auswahl der Produkte, sondern ist auch auf das individuelle Geschäftsgebaren des jeweiligen Wettbewerbers zurückzuführen. So spielen ein gutes Marketing und eine gute Markenpflege, ausgebaute Infrastrukturen und zuverlässige Vertriebsnetze eine Rolle. Der wirtschaftliche Erfolg eines Produktes fußt auf zahlreichen Gründen.
  332. Diese Faktoren führen dazu, dass die streitgegenständliche Klausel letztlich keinen kartellrechtlichen Missbrauch darstellt und die Folge einer Quersubventionierung, die bei einem am Markt erfolgreichen Unternehmen auftreten kann, hinzunehmen ist.
  333. Vorliegend spricht für die Angemessenheit der gewählten Höchstbeträge, dass Lizenznehmer tatsächlich in der Lage sind, solche Umsätze zu erzielen. Dies legt die Klägerin substantiiert dar, indem sie am Beispiel von C tabellarisch, unter Ausnahme des chinesischen Marktes, die verkauften Stückzahlen, den jeweiligen Jahresumsatz sowie den prozentualen Anteil am globalen Markt für das Jahr 2016 aufzeigt (Bl. 231 GA). Diese zahlenmäßigen Angaben stellt die Beklagte nicht auf erhebliche Weise in Abrede. Richtig war nur deren Rüge und insoweit nunmehr von der Klägerin in der Triplik berichtigt, dass es sich in der Spalte der verkauften Einheiten um Stückzahlen handelt, sodass die Angabe des $-Zeichens fälschlicherweise erfolgt ist.
  334. Im Übrigen trägt selbst die Beklagte vor, dass C die Höchstbetragsgrenze überschreitet (vgl. Tab. 1, Schriftsatz v. 4. September 2017, S. 45; Bl. 97 GA; Anlagen B 33 und 34). Sie stellt insoweit nur darauf ab, dass der auf diese Weise für sie entstehende effektive Lizenzsatz im Vergleich zum (( höher ausfällt. Auch aus der Bezugnahme der Beklagten auf den als Anlage B 50 partiell zur Akte gereichten IDC-Report und der dort präsentierten Zahlenwerte zu verkauften Einheiten ergibt sich kein anderes Ergebnis. Denn gerade aus der Tatsache, dass die in der Übersicht Anlage B 50 aufgeführten Stückzahlen für die Jahre 2014 und 2016 gegenüber der klägerseits in den Prozess eingeführten Tabelle nach oben abweichen, ist erst recht anzunehmen, dass auch unter Zugrundelegung dieser Daten die streitgegenständliche Kappungsgrenze überschritten wird.
  335. g)
    Die Beklagte hat ihrer aus dem vom EuGH aufgestellten Procedere folgenden Obliegenheit nicht genügt und kein FRAND-gemäßes Gegenangebot abgegeben.
  336. Den wechselseitig zu erfüllenden C-Kriterien des EuGH folgend hat auf ein FRAND-gemäßes Angebot der Lizenzsucher grundsätzlich sorgfältig und gemäß den im Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und nach Treu und Glauben zu reagieren. Sofern er das Angebot nicht annehmen will, besteht für ihn die Möglichkeit, ein Gegenangebot zu unterbreiten, welches ebenso wie das ursprüngliche Lizenzangebot vollständig den FRAND-Kriterien genügen muss. Zudem muss dies innerhalb einer kurz bemessenen Reaktionsfrist auf das Angebot erfolgen (Kühnen, a.a.O., Kap. E, Rn. 338).
  337. Weder das erste (August 2017) noch das zweite Gegenangebot (30. Oktober 2018) sind FRAND-gemäß.
  338. aa)
    Die Beklagte stützt sich nur noch auf ihr Angebot vom 30. Oktober 2018, sodass das erste Gegenangebot keiner Prüfung mehr bedurfte.
  339. Das zweite Gegenangebot entspricht nicht FRAND-Grundsätzen.
  340. (i)
    Obschon das zweite Gegenangebot gegenüber dem zunächst abgegebenen Gegenangebot Veränderungen enthält und so insbesondere die Dreiteilung der Lizenzsätze aufgegeben wurde, sind diese dennoch nicht ausreichend, dass das Angebot insgesamt als FRAND zu erachten ist.
  341. (ii)
    Die Beklagte hat nämlich keinen Anspruch auf die Erteilung einer Portfoliolizenz.
  342. Zuzugeben ist der Beklagten, dass die Präambel des Lizenzvertrages für Lizenzgeber die Möglichkeit vorsieht, Individual- und Unterlizenzen einzuräumen. Darin heißt es in der deutschen Übersetzung S. 2, 3. Abs. wörtlich:
  343. „Jeder Lizenzgeber verpflichtet sich hiermit dazu, Einzelpersonen, Gesellschaften oder sonstigen Rechtsträgern einzelne Lizenzen bzw. Unterlizenzen nach sämtlichen AVC wesentlichen Patenten zu maßvollen, angemessenen und nicht diskriminierenden Bedingungen entsprechend der hier vereinbarten Geschäftsbedingungen zu erteilen, die vom Lizenzgeber (ohne Zahlungen an Dritte) erteilt werden können.“
  344. Schon aus kartellrechtlichen Gründen war die Klägerin verpflichtet, diese Formulierung in den Standardlizenzvertrag aufzunehmen und potentiellen Lizenznehmern die Möglichkeit von Individuallizenzen einzuräumen. Denn andernfalls würde sie die Vertragsfreiheit der Lizenzsucher unzulässigerweise auf einen bestimmten Lizenzgeber und vor allem auf einen bestimmten Vertragsinhalt, nämlich den Patentpool, beschränken. Die Lizenzsucher hätten keine andere Wahl als von derjenigen Vertragspartei das Angebot zu den unterbreiteten Bedingungen anzunehmen, um sich die Möglichkeit auf Wettbewerbsfähigkeit auf dem nachgelagerten Produktmarkt nicht abzuschneiden.
  345. Eine vertragliche Einschränkung der Wahlfreiheit auf eine, wie oben geschildert grundsätzlich zulässige Poollizenz findet ihre Rechtfertigung auch nicht darin, dass – nach unbestrittenem Vortrag der Klägerin – praktisch von der Vergabe von Individuallizenzen nie Gebrauch gemacht worden ist, weil sich die tatsächliche Gepflogenheit der Branche von Anfang an hin zur Vergabe von Poollizenzen entwickelt hat. Zwar ist in der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt, dass eine herausgebildete Branchenüblichkeit ein taugliches Argument für die FRAND-Gemäßheit bestimmter Vertragsregelungen sein kann. Dies würde aber de facto dazu führen, dass die kartellrechtlich erforderliche Offerte einer anderen Lizensierungsmöglichkeit als einer Poollizenz durch faktische Bräuche ausgehebelt werden kann. Denkbar wäre, dass Poolmitglieder damit beginnen, ausschließlich Poollizenzen zu nehmen, und dies aufgrund deren nicht unerheblichen Anzahl bereits zur Etablierung einer solchen Praxis genügt. Pool-externe Lizenznehmer wären dieser Praxis sodann ausgesetzt, ohne sie beeinflussen zu können.
  346. Die Wahrnehmung der mithin verbleidenden Wahlmöglichkeit, sich nur das klägerische Portfolio lizensieren zu lassen, für sich genommen kartellrechtlich neutral (LG Düsseldorf, Urt. v. 12. Dezember 2018, Az. 4b O 4/17).
  347. Allerdings besteht die Möglichkeit, eine andere als die seitens der Patentinhaber angebotene Lizenz zu nehmen, auch nicht uneingeschränkt. Vielmehr muss das Verhalten des Lizenzsuchers seinerseits an kartellrechtlichen Maßstäben gemessen werden. Er darf für die Klägerin zwingende Kartellrechtsvorgaben nicht zu seinen Gunsten ausnutzen, was letztlich zu einer Benachteiligung des sich FRAND-verhaltenden Schutzrechtsinhabers führen würde. Denn er wäre zur Vergabe einer Individualportfoliolizenz gezwungen.
  348. Deshalb hat ein Lizenznehmer, sofern er für sich eine Abweichung von der bisher praktizierten Gleichbehandlung aller Lizenznehmer begehrt, dafür zwingende, sachlich nachvollziehbare Gründe vorzutragen. Nur dann könnte es unter FRAND-Gesichtspunkten gerechtfertigt sein, in das Gegenangebot ausgewählte Schutzrechte eines Lizenzgebers einzubeziehen.
  349. Sachliche Gründe für das Begehren einer Individuallizenz können beispielsweise darin liegen, dass der Lizenzsucher lediglich von den standardessentiellen Schutzrechten dieses einen Patentinhabers Gebrauch macht oder der Lizenzsucher, sofern er weitere SEPs benutzt, außerdem die Absicht hat, auch von den anderen SEP-Inhabern jeweils Individuallizenzen nehmen zu wollen. Diese Voraussetzungen folgen spiegelbildlich aus dem Verbot der selektiven Rechtsdurchsetzung, dem die Patentinhaber unterliegen. Hinsichtlich eines Lizenzsuchers, der um die Verwirklichung fremder Schutzrechte weiß, ist ohne das Vorliegen eines sachlichen Grundes jedenfalls nicht hinzunehmen, dass er nur vereinzelte und ausgewählte Individualportfoliolizenzen nimmt.
  350. Gemessen an diesen Kriterien ist der Beklagte nicht gelungen, eine sachliche Rechtfertigung für eine Individuallizenz darzulegen.
  351. Die Beklagte hat zum einen nicht vorgetragen, dass sie keine anderen SEPs außer denjenigen der Klägerin gebraucht. Zum anderen hat sie nicht dargetan, die ernsthafte Absicht zu verfolgen, auch bei anderen Patentinhabern um Individualportfoliolizenzen nachzusuchen.
  352. Denn die behauptete Lizenzwilligkeit im Hinblick auf Individuallizenzen ist gerade nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen. Zwar hat die Beklagte auch der jeweiligen Klägerin in den Parallelverfahren (4a O 17/17 und 4a O 63/17) ein Lizenzangebot gerichtet auf eine Portfoliolizenz unterbreitet. Dies genügt aber vor dem Hintergrund nicht zum Nachweis einer ernsthaften Lizenzwilligkeit, da der Pool aus 38 Mitgliedern besteht. Insoweit ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass die Beklagte/C von den SEPs der weiteren Mitglieder keinen Gebrauch macht oder auch den weiteren Poolmitgliedern gegenüber ihre Lizenzwilligkeit bekundet hat. Die Anzeichen sprechen im Übrigen mehr dafür, dass eine solche Kontaktaufnahme gerade noch nicht stattgefunden hat. Denn die Beklagte äußert sich schriftsätzlich nur vage und sieht die Unterbreitung weiterer Angebote nur für den Fall vor, wenn weitere als die vor dem LG Düsseldorf derzeit angegriffenen Benutzungshandlungen „in Betracht kommen“. Mit diesem Vorbringen positioniert sich die Beklagte nicht eindeutig, obwohl es ihr diese Feststellungen möglich sind, ob aktuell von anderen SEPs Gebrauch gemacht wird.
  353. Dieses pauschale Vorbringen zeigt, dass die Beklagte tatsächlich gerade nicht gewillt ist, aus eigenem Antrieb Individuallizenzen zu schließen. Hinzukommt, dass die Beklagte jegliche Lizenzbemühungen der Poolmitglieder blockiert.
  354. Denn das Verhalten eines Lizenzsuchers entspricht nicht mehr den FRAND-Grundsätzen, wenn sich jener erst aufgrund eines Verletzungsprozesses, der seitens der Patentinhaber angestrengt werden müsste und zudem kostenintensiv ist, auf Verhandlungen über einen Lizenzvertrag einlassen würde (vgl. LG Mannheim, Urt. v. 27. Mai 2011, Az. 7 O 65/10). Es bestünde dann kein Gleichgewicht bei zu führenden Lizenzverhandlungen mehr, da auf Seiten der Patentinhaber der Druck besteht, den Klageweg beschreiten zu müssen, um eine Möglichkeit zu wahren, ihr Recht durchsetzen zu können. Dies ist mit den vom EuGH aufgestellten Prüfkriterien unvereinbar. Danach sollen sich redliche Parteien gegenüberstehen, die ernsthaft und ausgeglichen Verhandlungen führen und beiderseitig an einer Lizenz interessiert sind. Insbesondere für das Gegenangebot sieht der EuGH vor, dass der angebliche Verletzer mit Sorgfalt auf das ihm unterbreitete Angebot reagiert, so wie es den in dem Bereich anerkannten geschäftlichen Gepflogenheiten und Treu und Glauben entspricht.
  355. Das Verhalten der Beklagten ist zu Unrecht taktierend und hinauszögernd, obwohl jedenfalls die standardessentiellen Rechte verletzt werden. Wenn sie selbst im Rahmen des Verfahrens mehrfach betont, jedenfalls die Lizenzen an den Rechten nehmen zu wollen, die sie gebraucht, dann sind von ihr dahingehende aktive Betätigungen zu verlangen, um die Ernsthaftigkeit dieser Absicht zu untermauern. Ohne dies würde die Beklagte/C ihrerseits die kartellrechtlichen Regelungen, dass die Lizenzgeber auch zu Individuallizenzen verpflichtet sind, für sich ausnutzen, ohne dies sachlich rechtfertigen zu können.
  356. Auch die in der mündlichen Verhandlung weiter angeführte Motivation für den Abschluss von Individualportfoliolizenzen ist nicht geeignet, die Bedenken an der taktierenden Vorgehensweise der Beklagten auszuräumen. So verfolge die C die Absicht, mit den einzelnen Inhabern der SEPs Kreuzlizenzen abzuschließen und den SEP-Inhabern ihre eigenen Schutzrechte im Austausch zu den SEPs anzubieten. Jedoch vermochte die Beklagte in diesem Zusammenhang keine eigenen Schutzrechte zu benennen, an denen die Lizenzgeber ein ernsthaftes (wirtschaftliches) Interesse haben könnten. Dies wäre insbesondere vor dem Hintergrund wesentlich gewesen, da die C selbst keine Inhaberin von SEPs ist. Somit bestehen keine vernünftigen Gründe, weshalb die C mit der Portfoliolizenz eine Vertragsgestaltung wählen sollte, die sie gegenüber der Poollizenz objektiv schlechter stellt. Denn sie muss einzelne Lizenzverhandlungen mit allen Pool-Mitgliedern führen, sieht sich höheren Lizenzzahlungen sowie höheren Transaktionskosten ausgesetzt und das, obwohl sie im Ergebnis nicht an mehr Schutzrechten Lizenzen erwirbt, als über den Standardlizenzvertrag (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 12. Dezember 2018, Az. 4b O 4/17). Ein redlicher Lizenzsucher würde daher eine Poollizenz bevorzugen.
  357. Da es bereits an einem FRAND-gemäßen Gegenangebot fehlt, kommt es nicht darauf an, ob hinreichend Sicherheit geleistet worden ist.
  358. V.
    Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich nachfolgende Rechtsfolgen:
  359. 1)
    Durch das Speichern und Abspielen der codierten Signalfolgen gebrauchen die gewerblichen (End-)Kunden der Beklagten das nach dem Klagepatent hergestellte unmittelbare Verfahrenserzeugnis im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 3 PatG. Grundsätzlich fällt unter die Benutzungsart des Gebrauchens nach § 9 S. 2 Nr. 3 PatG jedwede Verwendung des unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses, die irgendwie als bestimmungsgemäß oder sinnvoll gelten kann, wobei bei einem Erzeugnispatent naturgemäß die mindestens einmalige Herstellung des Erzeugnisses erforderlich ist (vgl. Benkard/Scharen, a.a.O., § 9 Rn. 46).
  360. Bei einem Mobiltelefon, das – wie vorliegend – werkseitig mit Mitteln zum Abspielen diverser (Standard-)Videodatei-Formate ausgestattet ist und dessen Funktionalität ausdrücklich auch beworben wird, kann unproblematisch davon ausgegangen werden, dass das Speichern mit der Möglichkeit des späteren Abspielens von nach den gängigen Standards codierten Videos einen zentralen Bestandteil der Nutzungshandlungen ausmacht. Soweit die Klägerin neben dem Abspielen auch bereits das alleinige Speichern solcher Signalfolgen als Gebrauchshandlung ansehen will, kann dem nur insoweit gefolgt werden, als ein Speichern zwar regelmäßig, d.h. bestimmungsgemäß, von den (gewerblichen) Endkunden vorgenommen werden dürfte, dies aber wohl mit dem Ziel, die Signalfolgen auch irgendwann abzuspielen. Denn es ist nicht zu erkennen, inwieweit ein reines Speichern von Videodateien, d.h. ohne späteres Abspielen dieser Videos, für den Endkunden einen Nutzwert haben sollte.
  361. Vorliegend hat die Klägerin substantiiert unter Vorlage eigener Untersuchungen (vgl. Untersuchungsbericht der Klägerin, vorgelegt als Anlage K 8 und K 20) dargelegt, dass die angegriffenen Ausführungsformen solche Signalfolgen mit dem grundsätzlich werkseitig vorinstallierten Browser Google Chrome wiedergeben, d.h. decodieren, können, die nach dem H.264/AVC-Standard hergestellt worden sind. Dies wurde von den Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.
  362. Da die angegriffenen Ausführungsformen entsprechende Dateien abspielen können, d.h. ein unmittelbares Verfahrenserzeugnis im patentrechtlichen Sinne gebrauchen, kommt es nicht auf die Frage an, ob (auch) die unzweifelhaft bestehende Möglichkeit, solche Signalfolgen im Speicher des Handys abzuspeichern, für sich genommen ein Gebrauchen im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 3 PatG zu begründen vermag.
  363. a)
    Die zuvor festgestellten, patentverletzenden Handlungen der gewerblichen (End-)-Kunden der Beklagten bilden einen Anknüpfungspunkt für die Haftung der Beklagten als Störerin.
  364. Da vorliegend – nachdem der auf Unterlassung gerichtete Teil der Klage im Hinblick auf den zwischenzeitlich eingetretenen Schutzrechtsablauf übereinstimmend für erledigt erklärt wurde – nur noch über Ansprüche für die Vergangenheit zu entscheiden war, kommt es zunächst darauf an, ob gegen denjenigen, der grundsätzlich als Störer für eine Patentverletzung eines anderen haftet, nur Ansprüche auf Unterlassung und Störungsbeseitigung geltend gemacht werden können (so Kühnen, a.a.O., Kapitel D., Rn. 169 mit Verweis auf die zum Markenrecht ergangene BGH-Entscheidung Meißner Dekor, Mitt. 2002, 251) oder ob gegen den Störer als Verletzer alle denkbaren Ansprüche wegen Patentverletzung, insbesondere auch Schadensersatzansprüche, bestehen (so wohl BGH GRUR 2009, 1142ff. – MP3-Player-Import). Letzterer Ansicht ist zu folgen, da der § 139 PatG als Anspruchsgrundlage für den Unterlassungs- und den Schadensersatzanspruch nur im Hinblick auf das Verschuldenserfordernis, nicht aber hinsichtlich des Schuldners selbst unterscheidet. Daher ist nicht ersichtlich, wieso der lediglich als Störer haftende Verletzer gegenüber einem die Verletzungshandlung unmittelbar verwirklichenden Dritten privilegiert werden sollte, indem er nur Unterlassung aber keinen Schadensersatz schuldet (BGH GRUR 2009, 1142, 1145 – MP3-Player-Import).
  365. Das patentverletzende Gebrauchen eines unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses durch ihre gewerblichen (End-)Kunden war der Beklagten auch zuzurechnen.
  366. Nach der für Patentstreitigkeiten maßgeblichen Rechtsprechung des BGH hat für eine Patentverletzung auch derjenige einzustehen, der eine Benutzung des geschützten Gegenstands durch einen Dritten durch eigenes pflichtwidriges Verhalten ermöglicht. Dies gilt nicht nur im Falle einer vorsätzlichen Beteiligung an Verletzungshandlungen Dritter, sondern auch dann, wenn solche Verletzungshandlungen durch eine fahrlässige Pflichtverletzung ermöglicht oder gefördert werden (BGH GRUR 2009, 1142ff. – MP3-Player-Import; GRUR 2017, 785ff. – Abdichtsystem). Die Zurechnung eines Mitverursachungsbeitrags bedarf bei nicht vorsätzlichem Handeln allerdings einer zusätzlichen Rechtfertigung. Sie besteht in der Regel in der Verletzung einer Rechtspflicht, die jedenfalls auch dem Schutz des verletzten absoluten Rechts dient und bei deren Beachtung der Mitverursachungsbeitrag entfallen oder jedenfalls als verbotener und daher zu unterlassender Beitrag des Handelnden zu der rechtswidrigen Handlung eines Dritten erkennbar gewesen wäre (BGH GRUR 2009, 1142ff. – MP3-Player-Import; GRUR 2017, 785ff. – Abdichtsystem). Ob und in welchem Umfang eine Rechtspflicht zur Verhinderung eines schutzrechtsverletzenden Erfolgs besteht, richtet sich im Einzelfall nach der Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Von entscheidender Bedeutung ist, ob und inwieweit dem in Anspruch Genommenen nach den Umständen des Falls ein Tätigwerden zuzumuten ist. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Schutzbedürftigkeit des Verletzten und der Zumutbarkeit von Prüfungs- und Handlungspflichten, die von Dritten zu beachten sind: Je schutzwürdiger der Verletzte, desto mehr Rücksicht auf seine Interessen kann dem Dritten zugemutet werden. Je geringer das Schutzbedürfnis, desto kritischer ist zu prüfen, ob von dem Dritten erwartet werden muss, Schutzrechtsverletzungen aufzuspüren und gegebenenfalls abzustellen oder zu verhindern (BGH GRUR 2009, 1142ff. – MP3-Player-Import; GRUR 2017, 785ff. – Abdichtsystem).
  367. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Beklagte für die Benutzung durch ihre Kunden einzustehen, da sie die Möglichkeit des Abspielens der standardgemäßen Signalfolgen explizit bewirbt und damit ein Gebrauchen im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 3 PatG jedenfalls billigend in Kauf nimmt, mithin vorsätzlich ermöglicht. Im Übrigen bestehen auch überhaupt keine Zweifel daran, dass ein wesentlicher Teil der Endkunden Videos mit ihren Mobiltelefonen abspielt, da es sich – wie die Kammer aus eigener Anschauung beurteilen kann – bei diesem Standard um eines der derzeitig am häufigsten verwendeten Video-Formate handelt.
  368. Liegt eine solche die Störerhaftung begründende Schutzpflichtverletzung vor, ist durch eine tatrichterliche Abwägung im Einzelfall zu entscheiden, welche Maßnahmen dem Verpflichteten zumutbar sind, um Patentverletzungen durch seine Abnehmer zu vermeiden. Für die Beurteilung dieser Frage kann von Bedeutung sein in welchem Umfang es bereits zu Verletzungshandlungen durch die Abnehmer gekommen ist, welchen Kenntnisstand diese Abnehmer haben, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie sich bewusst der Gefahr einer Inanspruchnahme wegen Patentverletzung durch Weiterbelieferung der von dem Schutzrechtsverletzer bezogenen Erzeugnisse aussetzen und welche anderen rechtlichen Möglichkeiten der Berechtigte hat, gegen die patentverletzenden Handlungen des Abnehmers vorzugehen (BGH GRUR, 2017, 785, 790 – Abdichtsystem). Der BGH stellt in Abdichtsystem darauf ab, dass die Situation vergleichbar mit einer mittelbaren Patentverletzung ist, so dass vergleichbare Anordnungen wie bei einer mittelbaren Patentverletzung ergehen können.
  369. Vorliegend können erhebliche Patentverletzungen festgestellt werden. Denn die Vielzahl der gewerblichen Abnehmer benutzen die angegriffenen Ausführungsformen zum Abspielen der erfindungsgemäß codierten Bilddaten. Es spricht daher viel dafür, dass – wie tenoriert – vergleichbare Anordnungen wie bei einer mittelbaren Patentverletzung ergehen.
  370. b)
    Soweit die Klägerin ursprünglich ferner eine Verurteilung wegen mittelbarer Patentverletzung durch das Anbieten und Liefern der angegriffenen Smartphones begehrt hat, da diese das Gebrauchen der patentgemäß hergestellten Bilddaten überhaupt erst ermöglichen würden, hat sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass der Verletzungsvorwurf auf ein Gebrauchen eines unmittelbaren Verfahrenserzeugnisses gestützt werde, deren Rechtsfolgen nach der Rechtsprechung des BGH „Abdichtsystem“ im Rahmen der Störerhaftung an der mittelbaren Patentverletzung ausgerichtet seien.
  371. 2)
    Die Beklagte trifft auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Denn die Beklagte als Fachunternehmen hätte bei Anwendung der von ihr im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können, § 276 BGB. Für die Zeit ab Registereintragung der Klägerin schuldet die Beklagte daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagte hat, hat sie ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird.
  372. 3)
    Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz und die ihr zustehende angemessene Entschädigung zu beziffern, ist die Beklagte verpflichtet, im zuerkannten Umfang über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen, Art. 64 EPÜ, § 140b PatG i.V.m. § 242 BGB. Entgegen der Auffassung der Beklagten schuldet sie vorliegend auch Rechnungslegung über Gestehungskosten und Gewinne. Zwar kann der Schadensersatzanspruch in solchen Fällen, in denen der SEP-Inhaber eine FRAND-Erklärung abgegeben hat, auf eine Lizenzanalogie beschränkt sein mit der Folge, dass auch nur über solche Faktoren Rechnung zu legen ist, die für die Berechnung der Lizenz erforderlich sind, d.h. nicht auch über Gewinne auf Seiten der Beklagten. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Beklagte ihren FRAND-Verpflichtungen vollständig nachgekommen ist (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 389), was vorliegend nicht festgestellt werden konnte.
  373. B.
    Mit Blick auf die von der Beklagten gegen das Klageschutzrecht eingewandten Entgegenhaltungen war eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zu einer auch nur erstinstanzlichen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage nicht geboten.
  374. 1)
    Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legie-rung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düs-seldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe; Mitt. 1997, 257, 258 – Steinknacker) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 2784 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeits-klage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtstreit auszusetzen, weil dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist. Eine Aussetzung ist vielmehr grundsätzlich erst dann geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (vgl. BGH GRUR 2014, 1237, 1238 – Kurznach-richten; Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 652). Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der Nichtigkeitsangriff darauf gerichtet ist, die Neuheit oder die erfinderische Tätigkeit bei Findung der klagepatentgemäßen Lehre in Frage zu stellen, sich jedoch für eine Bejahung der Patentierbarkeit, die auch insoweit von der wertenden Beurteilung der hierfür zu-ständigen Instanzen abhängt, noch vernünftige Argumente finden lassen. Gleiches gilt in Fällen, in denen der dem Klagepatent entgegengehaltene Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt oder das Klagepatent erstinstanzlich aufrechterhalten worden ist (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 655f.).
  375. Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil das Klagepatent zwischenzeitlich durch Zeitablauf erloschen ist. Denn selbst in diesen Fällen wird nach (noch) herrschender Ansicht vertreten, dass der Aussetzungsmaßstab nicht herabzusetzen ist (vgl. Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 654; a.A. Klepsch/Büttner in Festschrift 80 Jahre Patentgerichtsbarkeit in Düsseldorf; Benkard/Grabinski/Zülch, a.a.O., § 139, Rn. 107). Letztlich kann aber dahinstehen, inwieweit ein erleichterter Aussetzungsmaßstab mit Blick auf den zeitlichen Ablauf des Klagepatents angewandt werden kann, da jedenfalls in den Fällen, in denen eine Aussetzung bereits auf Grund des normalen Maßstabs angezeigt erscheint oder der Erfolg des Nichtigkeitsangriffs auch bei einem herabgesetzten Maßstab nicht festgestellt werden kann, eine Entscheidung des Streits nicht zu erfolgen hat.
  376. 2)
    Eine entsprechende hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit der Nichtigkeitsklage vermochte die Kammer nicht festzustellen.
  377. a)
    Zunächst steht für die Kammer nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit fest, dass der Nichtigkeitsangriff der Beklagten im Hinblick auf das Vorliegen einer unzulässigen Erweiterung durchdringt.
  378. Eine unzulässige Erweiterung liegt vor bei einer Änderung des Gegenstandes der Patentanmeldung, so dass dieser über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht (Moufang in Schulte, Kommentar zum Patentgesetz, 10. Auflage 2017, § 38 PatG / Art. 123 (2) EPÜ, Rn. 13). Eine Änderung der Ansprüche stellt nur dann eine unzulässige Erweiterung dar, wenn dadurch nicht nur der Schutzbereich entsprechend der ursprünglichen Offenbarung, sondern auch der Gegenstand der Anmeldung erweitert wird. Dies ist der Fall, wenn mit der Anspruchsänderung erstmals ein Gegenstand offenbart wird, der nicht Inhalt der ursprünglichen Anmeldung war (Schulte/Moufang, a.a.O., Rn. 15). Maßgeblich ist insoweit, ob der Fachmann den geänderten Gegenstand den ursprünglichen Anmeldeunterlagen unmittelbar und eindeutig entnehmen kann (Benkard/Schäfers, a.a.O. § 38, Rn. 35; Schulte/Moufang, a.a.O., Rn. 20 m.w.N.). Bei der Prüfung einer etwaigen unzulässigen Erweiterung ist entsprechend der ratio legis – Wahrung der Priorität nur für die in der Anmeldung offenbarte technische Lehre – der Offenbarungsgehalt der gesamten Anmeldeunterlagen zu berücksichtigen, also der gesamte Inhalt der Stammanmeldung. Dieser ist nicht auf die in der Stammanmeldung formulierten Patentansprüche zu beschränken, sondern ergibt sich aus der gesamten Stammanmeldung nebst Zeichnungen (vgl. BGH GRUR 2005, 1023, 1024 – Einkaufswagen II; BGH Mitt. 1996, 204, 206 – Spielfahrbahn; BGH GRUR 1992, 157, 158f. – Frachtcontainer; im Ergebnis ebenso Benkard/Rogge, a.a.O., § 21 Rn. 30; Schulte/Moufang, a.a.O., § 21 Rn. 55).
  379. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze dürfte der geltend gemachte Verfahrensanspruch mit Blick auf Merkmal 5 nicht unzulässig erweitert sein.
  380. Die Beklagte meint, Merkmal 5 sei gegenüber der ursprünglichen Anmeldung bereits deswegen unzulässig erweitert, da das Merkmal 5 in der erteilten Fassung keine An- bzw. Vorgabe dazu mache, dass auch die Information, auf Grund derer die dynamische Codezuteilung erfolge, ihrerseits dynamisch sein muss. Dies sei aber in der in der ursprünglichen Anmeldung enthaltenen Ausführungsform 1 (Absätze [0169] – [0174] des Klagepatents) so offenbart worden. Demgegenüber lasse es der erteilte Anspruchswortlaut zu, dass die Information auch statisch bestimmt sein könne.
  381. Die Beklagte verkennt insoweit, dass eine dynamische Codezuteilung, wie sie Merkmal 5 fordert, nur dann möglich ist, wenn die Information, die für die Codezuteilung erforderlich ist, ebenfalls dynamisch bestimmt wird, nämlich auf Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der jeweiligen Speicher. Wäre die erfindungsgemäße Information statisch, d.h. nicht veränderbar, so würde auch die Codezuteilung statisch erfolgen, da sich unabhängig von der Verwendungshäufigkeit eines Speichers die Information nicht ändern kann und so auch die Codezuteilung nicht geändert wird. Da es dem Klagepatent aber gerade darauf ankommt, dass sich die Codezuteilung auf Grundlage der Häufigkeit der Speicherverwendung ändern kann, erfordert dies aus Sicht eines Fachmanns zwangsläufig, dass sich auch die Information (dynamisch) ändern können muss. Nichts anderes ergibt sich aus der ursprungsoffenbarten Ausführungsform 1, die eine dynamische Anpassung der Ränge anhand der Verwendungshäufigkeit beschreibt.
  382. Eine unzulässige Erweiterung des Merkmals 5 liegt auch nicht deswegen vor, weil es keine Angaben dazu macht, dass zur Codierung eines sehr häufig verwendeten Speichers ein besonders kurzes Codewort zugeordnet werden muss. Zum einen lässt sich eine solche Einschränkung des Erfindungsgedankens der ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht entnehmen. Soweit die Beklagte auf eine Textstelle auf S. 67, Z. 15-19 der Anlage K22 (die dem Absatz [0173] des Klagepatents entspricht) verweist, verkennt sie, dass dieser Absatz zwar davon spricht, dass ein kurzes Codewort zur Steigerung der Effizienz beitragen kann, die Textstelle aber nur eine optionale Ausgestaltung des allgemeinen Erfindungsgedankens darstellt. Während die Ursprungsanmeldung auf S. 66, Z. 15-23 allgemein die Kausalität zwischen Codezuteilung der Bezugsspeichernummer und Verwendungshäufigkeit beschreibt, folgt in den Textstellen danach, zu der auch die von der Beklagten in Bezug genommene Textstelle auf S. 67 gehört, weitere Konkretisierungen, die jedoch mit „Beispielsweise“ („For example“) eingeleitet werden, so dass diese Angaben nicht als einschränkend verstanden werden können. Zudem hat sich auch die Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts in seiner Entscheidung T 2009/11-3.5.04 (Anlage NK 8/NK 8a) bereits mit der Frage, ob diesbezüglich eine unzulässige Erweiterung vorliegt, beschäftigt und im Ergebnis bestätigt, dass die Codezuweisung in der Ursprungsanmeldung nicht unbedingt auf die Zuweisung eines Kurzcodes an einen hochrangig genutzten Speicher beschränkt ist (vgl. Ziff. 3.3. der NK 8/NK 8a).
  383. b)
    Die Kammer vermochte auch nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen, dass das Bundespatentgericht das Klagepatent wegen mangelnder Neuheit im Lichte der Entgegenhaltungen NK 12 und NK 13 vernichten wird.
  384. Eine Entgegenhaltung ist dann neuheitsschädlich, wenn sich die gesamte als Erfindung beanspruchte Lehre des Klagepatents aus dieser Schrift, deren Gesamtinhalt zu ermitteln ist, für den Fachmann am Prioritätstag in einer Weise ergibt, dass ihm die dort vorgestellte technische Lösung unmittelbar und eindeutig sämtliche Merkmale der Erfindung offenbart. Dabei beschränkt sich die technische Lehre der Patentschriften nicht auf den Inhalt der Ansprüche, sondern schließt die gesamte technische Information ein, die ein Durchschnittsfachmann Ansprüchen, Beschreibung und Abbildungen entnehmen kann (vgl. BGH GRUR 2009, 382, 384 – Olanzapin).
  385. Die Entgegenhaltung NK 12 offenbart nicht alle Merkmale der klagepatentgemäßen Lehre.
  386. Gegenstand der mit „XXX X“ betitelten Schrift NK 12 ist der Standard H.261, der den ersten gebräuchlichen digitalen Video-Kodierungs-Standard beinhaltet und auf dem alle nachfolgenden Standards (MPEG-1, MPEG-2 bis hin zum hier streitgegenständlichen AVC/H.264 Standard) beruhen.
  387. Wie den einleitenden Worten („Scope“) zu entnehmen ist, beschreibt die NK 12 ein Verfahren zur Codierung und Decodierung von Videos für bewegte Bildkomponenten audiovisueller Dienste mit p x 64 kbit/s.
  388. Entgegen der Ansicht der Beklagten offenbart die NK 12 jedoch bereits Merkmal 2 nicht, nach dem im Codierer mehrere Bezugsbildspeicher zum Speichern von Bilddaten mehrerer für die Vorhersage zu verwendender Bezugsbilder vorhanden sein müssen. Das Klagepatent fordert insoweit das Vorhandensein mehrere Bezugsbildspeicher, in denen die Bilddaten mehrerer für die Vorhersage zu verwendender Bezugsbilder, d.h. ganzer Bilder, gespeichert werden können.
  389. Das Klagepatent definiert in seinem Absatz [0065], dass es unter einem „Frame“ ein (ganzes) Bild versteht, welches in Makroblöcke zerlegt werden kann. Ebenso lässt sich Figur 30 entnehmen, dass ein Bild im Sinne des Klagepatents aus einer Vielzahl von Makroblöcken der Größe 16×16 bestehen kann. Daraus folgt, dass ein Bild im Sinne des Klagepatents ein ganzes Bild sein muss. Der Fachmann folgert dies auch aus der Systematik des Anspruchs, da im Merkmal 3.1 von Bildsegmenten, d.h. einem Teil eines Bildes gesprochen wird. Sofern das Klagepatent aber – wie die Beklagte behauptet – unter einem Bild auch ein Teilbild bzw. einen einzelnen Block verstehen würde, wäre die Verwendung des Begriffs Bildsegment überflüssig.
  390. Demgegenüber offenbart die NK 12 in ihrer nachstehen wiedergegebenen Figur 3 einen Quellcodierer, der über einen Bildspeicher (P = „X“) verfügt:
  391. In diesem Speicher können ein oder mehrere Blöcke gespeichert werden. Damit fehlt es der NK 12 an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung der Speicherung mehrerer ganzer Bilder.
  392. Insoweit kann offen bleiben, ob bereits deswegen von mehreren Bezugsbildspeichern im Sinne des Klagepatent gesprochen werden kann, da in dem einen Speicher der NK 12 mehrere Blöcke gespeichert werden können.
  393. Die NK 12 offenbart zudem auch die Merkmalsgruppe 3 nicht mit der erforderlichen Unmittelbar- und Eindeutigkeit.
  394. Gemäß der Merkmalsgruppe 3 umfasst das beanspruchte Verfahren das Empfangen eines Parameters, der eine Bewegung eines vorherzusagenden Bildsegments darstellt (Merkmal 3.1.) und das Empfangen einer Bezugsspeichernummer, die einen für die Vorhersage zu verwendenden Bezugsbildspeicher anzeigt (Merkmal 3.2.). Der Fachmann versteht unter dem nach Merkmal 3.1. zu empfangenen Parameter einen Bewegungs- oder Verzerrungsvektor. Demgegenüber versteht der Fachmann unter einer Bezugsspeichernummer eine Information, die den zu verwendenden Speicher benennt.
  395. Die NK 12 offenbart – wie auch die Beklagte selbst eingesteht (Klageerwiderung, Bl. 44 d.A.) – explizit keine Bezugsspeichernummer, anhand derer das für die Vorhersage zu verwendende Bild identifiziert wird. Die Beklagte bringt vor, der Fachmann erkenne gleichwohl die Notwendigkeit der Lehre der NK 12, den Speicher des zu verwendenden Blocks (nicht des ganzen Bildes) zu adressieren und er diese Adressierung durch den in Abschnitt 3.2.2 der NK 12 offenbarten Bewegungsvektor als Bezugsspeichernummer vornehme, wobei diese nach Absatz 4.3.2.1. mittels Codewort in den Bitstrom eingebettet wird. Dabei verkennt sie, dass der Bewegungsvektor als solcher nicht geeignet ist, einen bestimmten Speicherbereich zu adressieren. Vielmehr ergibt sich die Speicherzuordnung nur aus dem Vektor und der nach Abschnitt 4.2.3.1 offenbarten Makroblockadresse.
  396. Selbst wenn der Fachmann den Bewegungsvektor und die Makroblockadresse als zusammenhängende Information ansieht, die eine Bezugsspeichernummer im Sinne des Klagepatents bildet, er insoweit das Merkmal 3.2 als durch die NK 12 unmittelbar und eindeutig offenbart ansehen würde, was sehr zweifelhaft ist, so fehlt es in diesem Fall aber an einer Offenbarung des Merkmals 3.1., da der Bewegungsvektor dann kein Parameter im Sinne dieses Merkmals darstellt, da er bereits Teil der Bezugsspeichernummer wäre.
  397. Dem entsprechenden Vortrag der Klägerin in der Replik ist die Beklagte auch nicht mehr entgegengetreten.
  398. Vor dem Hintergrund der fehlenden Offenbarung der Merkmale 2 und 3 kann dahingestellt bleiben, ob die NK 12 die Merkmale 4 und 5 unmittelbar und eindeutig offenbart.
  399. Ebenso wie die NK 12 steht auch die Entgegenhaltung NK 13 dem Klagepatent nicht neuheitsschädlich gegenüber, da es an einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung des Merkmals 5 fehlt.
  400. Die NK 13 betrifft einen mit „X“ überschriebenen Aufsatz, der in der Zeitschrift X von den Erfindern des Klagepatents veröffentlicht wurde.
  401. Zwischen den Parteien unstreitig offenbart die NK 13 die Merkmale 1 bis 4 des erfindungsgemäßen Verfahrens.
  402. Merkmal 5 des Klagepatents fordert das Codieren der Bezugsspeichernummer gemäß Informationen, die dynamisch eine Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer auf Grundlage der Häufigkeit der Verwendung der jeweiligen Speicher für die Vorhersage bestimmen. Wie bereits im Rahmen der Darlegung der Standardessentialität ausgeführt, grenzt sich das Klagepatent aus dem vorbekannten Stand der Technik dadurch ab, dass eine dynamische und keine statische Codezuteilung zu den Referenzbildspeichern erfolgt. Die dynamische Codezuteilung zeichnet sich dadurch aus, dass sie während des laufenden Codierprozesses geändert werden kann und so bestimmte Kurz- oder Langzeitreferenzbilder, die zunächst nicht so häufig verwendet wurden, nun aber vermehrt in Bezug genommen werden, effizienter codiert werden können, indem die Bezugsspeichernummer geändert wird. Das Klagepatent beschreibt insoweit im Rahmen der Darstellung des Standes der Technik in den Absätzen [0063]ff. auch ein erstes Beispiel, bei welchem die Codierung unstreitig statisch anhand einer Codierung variabler Länge (VLC) und somit nicht patentgemäß erfolgt.
  403. Die NK 13 offenbart ein Verfahren auf Grundlage einer VLC-Codierung, wie es auch in den Absätzen [0063]ff. des Klagepatents beschrieben ist. Die NK 13 offenbart zudem zwei verschiede Referenzbildspeicher („X“ = STFM und „X“ = LTFM) , wobei die NK 13 – wie auch die Beklagte eingesteht – keine Angaben dazu macht, wie die VLC-Codierung zu erfolgen hat. Insoweit fehlt dem Fachmann der eindeutige Hinweis darauf, dass eine dynamische Anpassung erfolgt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die NK 13 keine Angaben dazu macht, dass einer Bezugsspeichernummer, die einen bestimmten Frame umfasst, ein Code zugeordnet wird, der im Laufe des Codierprozesses geändert werden kann. Vielmehr wird nach der Lehre der NK 13 – nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin – einer Bezugsspeichernummer für einen Speicher, in dem bestimmter Frame abgelegt ist, immer derselbe Code zugwiesen, da der Frame entweder im LTFM oder im STFM abgelegt ist und ein Wechsel nicht vorgesehen ist.
  404. c)
    In Bezug auf eine mögliche fehlende erfinderische Tätigkeit ausgehend von der NK 10 kann die Kammer ebenfalls keine hinreichende Widerrufswahrscheinlichkeit feststellen.
  405. Die technisch nicht fachkundig besetzte Kammer kann nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass der Fachmann ausgehend von der EP G(NK 10), die vom Klagepatent als Stand der Technik in Bezug genommen wird, in Kombination mit den Schriften US H(NK 15), US I(NK 16) oder US J(NK 17). Die Bejahung einer sicheren Vernichtungswahrscheinlichkeit (und demzufolge eine Aussetzungsanordnung) verbietet sich, wenn der im Rechtsbestandsverfahren zur Diskussion stehende technische Sachverhalt derart komplex ist, dass sich das Verletzungsgericht keinen wirklichen Einblick in die Gegebenheiten verschaffen kann (so auch Kühnen, a.a.O., Kap. E., Rn. 657). So auch vorliegend.
  406. Zwar steht zwischen den Parteien nicht in Streit, dass die NK 10 die Merkmale 1 bis 4 vorwegnimmt, jedoch offenbart die NK 10 – ebenfalls unstreitig – das Merkmal 5 nicht. Es ist für die Kammer auf Grundlage der komplexen Technik und des nur pauschalen Vortrags der Beklagten zum Offenbarungsgehalt der NK 10 (S. 69 bis 71 der Duplik), der zudem erstmals mit der Duplik erfolgte, nicht möglich, mit der erforderlichen Sicherheit nachzuvollziehen, ob die NK 10 – wie von der Beklagten behauptet – auch eine Bezugsspeichernummer offenbart. Dies trägt die Beklagte auch nicht vor, sondern verweist zur Begründung einer Bezugsspeichernummer vielmehr nur pauschal auf verschiedene Figuren der NK 10, ohne diese näher zu erläutern.
  407. Ferner fehlt es am Vortrag der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten, welchen Anlass der Fachmann gehabt haben sollte, die NK 10 gerade mit den in Bezug genommen Schriften NK 15 bis NK 17 zu kombinieren. Ohne entsprechende Veranlassung kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Fachmann die genannten Schriften miteinander kombiniert.
  408. d)
    Schließlich kann auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Erfindungsgegenstand nicht so deutlich und vollständig offenbart wurde, dass der Fachmann sie nicht ausführen kann.
  409. Die Erfindung muss so deutlich und hinreichend offenbart sein, dass der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs auf Grund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 1. Februar 2018, Az. 4b O 46/16).
  410. Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs auf Grund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird. Es ist also nicht erforderlich, dass bereits der Patentanspruch alle zur Ausführung der Erfindung erforderlichen Angaben enthält. Vielmehr genügt es, wenn der Fachmann die insoweit notwendigen Einzelangaben der allgemeinen Beschreibung oder den Ausführungsbeispielen entnehmen kann (vgl. BGH, GRUR 2010, 901 – Polymerisierbare Zementmischung).
  411. Grundsätzlich ist es dem Anmelder unbenommen, den beanspruchten Schutz nicht auf Ausführungsformen zu beschränken, die in den ursprünglich eingereichten Unterlagen ausdrücklich beschrieben werden, sondern gewisse Verallgemeinerungen vorzunehmen. Enthält ein Patentanspruch eine verallgemeinernde Formulierung, kann dies dazu führen dass sie auch Ausführungsformen umfasst, die in der Beschreibung nicht konkret angesprochen sind. Daraus folgt jedoch nicht notwendig, dass die Erfindung insgesamt oder teilweise nicht mehr so offenbart ist, dass der Fachmann sie ausführen kann. Die Einzelfallumstände sind maßgeblich (vgl. BGH, GRUR 2013, 1210 -Inhibitoren). In diesem Zusammenhang lässt der BGH auch die Wahl eines funktionellen Merkmals genügen, wenn die darin liegende Verallgemeinerung dem berechtigten Anliegen Rechnung trägt, die Erfindung in vollem Umfang zu erfassen. Dem steht nicht entgegen, dass eine funktionelle Fassung des Merkmals die Verwendung noch unbekannter Möglichkeiten umfasst, die möglicherweise erst zukünftig bereitgestellt oder erfunden werden, wenn nur so ein angemessener Schutz gewährt wird. In einem solchen Fall ist die Erfindung im Grundsatz bereits dann ausreichend offenbart, wenn sie dem Fachmann mindestens einen Weg zu ihrer Ausführung aufzeigt (vgl. BGH, GRUR 2013, 1210 – Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren).
  412. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermochte die Kammer die fehlende Ausführbarkeit der Erfindung nicht festzustellen.
  413. Soweit die Beklagte pauschal vorbringt, das Klagepatent lehre dem Fachmann nicht, nach welchen Kriterien bzw. auf welcher Basis der zur Vorhersage zu verwendende Speicher aus einer Vielzahl von Bezugsbildspeichern ausgewählt werden soll, vermag diese Argumentation eine fehlende Ausführbarkeit nicht zu begründen.
  414. Der Fachmann kann den Figuren 1, 3 und 19 entnehmen, dass das Bezugsspeichersignal den Bewegungskompensator angibt, welcher Speicher für die Bewegungskompensation verwendet werden soll, so dass ein Vorhersagebildkandidat aus dem Speicher ausgelesen werden kann (vgl. auch Absatz [0075] des Klagepatents). Der bzw. die so erhaltenen Vorhersagebildkandidat(en) werden an den Vorhersagemodusselektor weitergeleitet, der einen bestimmten Kandidaten auf Grundlage des geringsten Vorhersagefehlersignals aussucht (vgl. Absatz [0077]). Schließlich wird der ausgewählte Vorhersagekandidat vom Vorhersagemodusselektor mit dem entsprechenden Vorhersagemodus ausgegeben, wobei der Vorhersagemodus die Information über den verwendeten Speicher, d.h. die Bezugsspeichernummer, enthält.
  415. Soweit die Beklagte noch vorbringt, der Fachmann könne dem Klagepatent nicht entnehmen, wie die gemäß Merkmal 5 erforderliche Codezuteilung zu der Bezugsspeichernummer durch den in Figur 19 gezeigten Vorhersageinformationscodierer vorgenommen werden, verfängt auch dieses Argument nicht.
  416. In Absatz [0077] offenbart das Klagepatent, dass der vom Vorhersagemodusselektor ausgegebene Vorhersagemodus die Information über den zu verwendenden Speicher anzeigt. Dieser Vorhersagemodus wird sodann an den Variablen-Längen-Codier/Multiplexer weitergeleitet, damit dieser die Information über den verwendeten Speicher, die Bezugsspeichernummer, codieren kann. Der Vorhersageinformationscodierer ist ebenso wie der Vorhersagemodus, der die Bezugsspeichernummer ausgibt, ausweislich der Figuren 1 und 19 im Variablen-Längen-Codier/Multiplexer integriert mit der Folge, dass auch dem Vorhersageinformationscodierer als Teil des Multiplexers die Bezugsspeichernummer vorliegt.
  417. C.
    Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 91a Abs. 1 S. 1, 709, 108 ZPO.
  418. 1)
    Soweit die Parteien den Rechtsstreit wegen des Zeitablaufs des Klagepatents übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt haben, stand der Klägerin aus unter Ziff.
    A.II. genannten Gründen zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, hier des Erlöschens des Klagepatents, auch ein Unterlassungsanspruch zu, mit der Folge, dass die Klage auch insoweit begründet war und die Beklagte daher zur Übernahme der auf diesen Teil entfallenden Kosten verpflichtet ist, vgl. § 91a Abs. 1 ZPO.
  419. 2)
    Die Sicherheitsleistung war in Höhe des – nach Teilerledigung des Rechtsstreits noch verbliebenen – (Rest-)Streitwerts festzusetzen.
  420. Die Vollstreckungsschäden – und damit die Sicherheitsleistung – entsprechen in aller Regel dem festgesetzten Streitwert. Denn die Bestimmung des Streitwerts richtet sich nach dem Interesse der klagenden Partei an der begehrten gerichtlichen Entscheidung, für dessen Berechnung bei einem – auch hier im Vordergrund stehenden – Unterlassungsanspruch nicht nur der Wert und die Bedeutung der verletzten Rechtsposition des Klägers, sondern ebenso der Umfang der angegriffenen Handlungen maßgeblich sind (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 256 – Sicherheitsleistung/Kaffeepads). Jedenfalls ist die Vollstreckungssicherheit typischerweise nicht höher als der Streitwert einzuschätzen. Denn während es für die Höhe der vom Landgericht anzuordnenden Vollstreckungssicherheit nur auf den mutmaßlichen Vollstreckungsschaden des Schuldners im kurzen Zeitraum bis zur Berufungsverhandlung und der sich daran anschließenden Verkündung der Berufungsentscheidung ankommt, weil mit ihr eine eigene, neue Vollstreckungsgrundlage geschaffen wird, und darüber hinaus nicht vollstreckbare Teile des Urteilsausspruchs (wie der Feststellungstenor) außer Betracht zu bleiben haben, fallen für die Streitwertbemessung sämtliche Klageansprüche und der gesamte Zeitraum bis zum regulären Ende der Patentlaufzeit ins Gewicht (OLG Düsseldorf, GRUR RR 2012, 304 – Höhe des Vollstreckungsschadens). Ist dagegen – ausnahmsweise – zu erwarten, dass eine in Höhe des Streitwerts festgesetzte Sicherheit den drohenden Vollstreckungsschaden nicht vollständig abdecken wird, ist es Sache des Beklagten, dem Gericht die dafür bestehenden konkreten Anhaltspunkte darzulegen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 9, 47). Hierfür bedarf es weder einer ins Einzelne gehenden Rechnungslegung noch der Ausbreitung von Geschäftsinterna. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr eine generalisierende Darstellung, die die behaupteten Umsatz- und Gewinnzahlen nachvollziehbar und plausibel macht. Hierzu wird es vielfach genügen, auf Dritte ohnehin zugängliche Unterlagen wie Geschäftsberichte oder dergleichen zurückzugreifen oder eine nach Maßgabe der obigen Ausführungen spezifizierte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers oder eines sonst zuständigen Mitarbeiters vorzulegen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 9, 47).
  421. 3)
    Vollstreckungsschutz im Sinne des § 712 ZPO ist der Beklagten nicht zu gewähren, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt noch gem. § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.
  422. 4)
    Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Beklagten vom 30. November 2018 und 11. Dezember 2018, die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht wurden, haben bei der Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden und gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung, §§ 296a, 154 ZPO.
  423. 5)
    Der Streitwert war – bis zur Erledigung des Unterlassungsanspruchs – endgültig auf EUR 30.000.000,00 und ab diesem Zeitpunkt auf EUR 10.000.000,00 hochzusetzen. Denn nur das klägerische Interesse – nicht das des gesamten Patentpools – beläuft sich auf USD 100.000.000,00 Lizenzschulden. Damit ist letztlich nur das Interesse im Hinblick auf die Feststellung des Schadensersatzes adressiert. Unter Berücksichtigung der weiteren Ansprüche auf Unterlassung und Auskunft erscheint der vorläufig festgesetzte Streitwert in Höhe von EUR 5.000.000,00 als weit untersetzt.

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