Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2865
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 07. Februar 2019, Az. 4b O 119/17
- I. Die Beklagte wird verurteilt,
- 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahre, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Komplementärin zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- Zündkerzen einer Brennkraftmaschine für Ottogasmotoren mit einem einen Isolationskörper umgebenden Zündkerzengehäuse sowie einer Mittelelektrode und zumindest einer, von einem Masseelektrodenträger getragenen Masseelektrode, wobei die Zündflächen der Mittelelektrode und die Zündfläche der Masseelektrode von einer eine brennraumseitig offene Kammer ausbildenden Wandung umgeben sind,
- in der Bundesrepublik Deutschland, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen, wenn
auf dem brennraumseitigen Endbereich des Zündkerzengehäuses ein Endteil aufgesetzt ist, der Elektrodenträger und die Wandung auf diesem Endteil aufgesetzt sind und die Wandung den Masseelektrodenträger in einem Abstand unter Ausbildung eines Spaltes umgibt; - 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen, wie Rechnungen hilfsweise Lieferscheinen, hilfsweise Quittungen (beschränkt auf die Angaben gem. Ziff. 2. a.-c.), in elektronischer Form darüber Rechnung zu legen, unter Beifügung einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form, (bspw. als xls-Datei), in welchem Umfang sie die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. November 2016 in der Bundesrepublik Deutschland begangen hat und zwar unter Angabe
a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
b. der Herstellungsmengen und -zeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
c. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen einschließlich der Rechnungsnummern und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
d. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
e. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
f. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,
wobei
es der Beklagten gegebenenfalls vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die durch die Einschaltung des Wirtschaftsprüfers entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Angebotsempfänger oder nichtgewerbliche Abnehmer in der erteilten Rechnungslegung enthalten sind;
und
geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen. - 3. die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand, der hiesigen Entscheidung unter Angabe des Gerichts sowie des Aktenzeichens und der Veröffentlichungsnummer des Streitpatents mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen, oder diese Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt;
- 4. die im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder in ihrem Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden oder zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
- II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. November 2016 entstanden ist und noch entstehen wird.
- III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 10 Prozent, im Übrigen die Beklagte. Die Kosten der Nebenintervention trägt die Klägerin zu 10 %, im Übrigen die Streithelferin.
- V. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 450.000 € vorläufig vollstreckbar, wobei für die teilweise Vollstreckung folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
Tenor zu I.1., I.3. und I.4.: 295.000 €
Tenor zu I. 2.: 112.000 €
Tenor zu IV.: 110 % des jeweils zu vollstreckenden BetragesFür die Beklagte und die Streithelferin ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. - Tatbestand
- Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2 678 XXX B1 (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Eingetragene Inhaberin des Klagepatents ist die Klägerin. Das Klagepatent wurde am 20. Februar 2012 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 21. Februar 2011 angemeldet. Die Anmeldung wurde am 1. Januar 2014, der Hinweis auf die Erteilung am 19. Oktober 2016 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.
Unter dem 14. Juli 2017 hat die Streithelferin der Beklagten beim Europäischen Patentamt (im Folgenden: EPA) Einspruch gegen das Klagepatent erhoben. Über den Einspruch wurde bislang noch nicht entschieden. - Das Klagepatent bezieht sich auf die Konstruktion von Zündkerzen für Brennkraftmotoren, insbesondere Ottogasmotoren.
- Anspruch 1 des Klagepatents lautet (nicht geltend gemachte Alternativen sind kursiv gehalten):
Zündkerze einer Brennkraftmaschine, vorzugsweise für Otto-Gas-Motoren, mit einem einen Isolationskörper (1 ) umgebenden Zündkerzengehäuse (2) sowie einer Mittelelektrode (3) und zumindest einer von einem Masseelektrodenträger (6) getragenen Masseelektrode (4), wobei die Zündflächen (12) der Mittelelektrode (3) und die Zündfläche (26) der Masseelektrode (4) von einer eine brennraumseitig offene Kammer (5) oder Durchtrittsöffnungen (10) aufweisende Vorkammer (5’) ausbildenden Wandung (8) umgeben sind, dadurch gekennzeichnet, dass auf dem brennraumseitigen Endbereich des Zündkerzengehäuses (2) ein Endteil (60) aufgesetzt ist,
dass der Masseelektrodenträger (6) und die Wandung (8) auf diesem Endteil (60) aufgesetzt sind und dass die Wandung (8) den Masseelektrodenträger (6) in einem Abstand, unter Ausbildung eines Spaltes (53) umgibt. - Das Klagepatent zeigt (unter anderem) die nachfolgend (verkleinert) wiedergegebenen Bilder von Ausführungsbeispielen der Erfindung:
- Die Beklagte ist eine in A ansässige Gesellschaft, die in A Servicedienstleistungen an Verbrennungsmotoren anbietet und erbringt und dabei ein Zündkerzenmodell (angegriffene Ausführungsform) verbaut, wie es auf den folgenden Bildern wiedergegeben wird:
- Schematisch lässt sich der Querschnitt durch den Elektrodenbereich wie folgt darstellen (die Einfärbungen und Bezeichnungen erfolgten durch die Beklagte):
- Die folgende Schnittaufnahme zeigt ein Detail, die Aufnahme und die Beschriftung stammen von der Klägerin:
- Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. So sei auch eine einstückige Ausführung von Endteil und Masseelektrodenträger durch Anspruch 1 beansprucht. Weiter sei auch ein Spalt zwischen Masseelektrodenträger und Wandung ausgebildet.
- Die Klägerin ist der Ansicht, die Frage, ob Vertriebswege existieren, sei im Vollstreckungsverfahren zu klären und hänge insbesondere von dem Inhalt der Auskunft ab. Sie ist weiter der Ansicht, der Rückruf sei auch nicht unverhältnismäßig. Der Vortrag der Beklagten sei insoweit weder substantiiert, noch mit Beweisantritten unterlegt. Im Übrigen werde er mit Nichtwissen bestritten.
Sie ist weiter der Ansicht, passivlegitimiert für die Ansprüche nach § 140 b Abs. 3 PatG sei der Verletzer, so dass es auf eine Herstellereigenschaft der Beklagten nicht ankomme. - Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen, - 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahre, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Komplementärin zu vollziehen ist, zu unterlassen,
- Zündkerzen einer Brennkraftmaschine für Ottogasmotoren mit einem einen Isolationskörper umgebenden Zündkerzengehäuse sowie einer Mittelelektrode und zumindest einer, von einem Masseelektrodenträger getragenen Masseelektrode, wobei die Zündflächen der Mittelelektrode und die Zündfläche der Masseelektrode von einer brennraumseitig offene Kammer ausbildenden Wandung umgeben sind,
- in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen, wenn
auf dem brennraumseitigen Endbereich des Zündkerzengehäuses ein Endteil aufgesetzt ist, der Elektrodenträger und die Wandung auf diesem Endteil aufgesetzt sind und die Wandung den Masseelektrodenträger in einem Abstand unter Ausbildung eines Spaltes umgibt
(Anspruch 1);
insbesondere, wenn
der Masseelektrodenträger senkrecht zur Längsachse (A) der Zündkerze gesehen, von der Mittelelektrode einen geringeren Abstand besitzt als die Innenfläche der Wandung der Kammer und zumindest eine fingerförmige Masseelektrode mit einer Zündfläche trägt, die auf dem Höhenniveau der Zündfläche der Mittelelektroden der Kammer liegt
(Anspruch 2);
insbesondere, wenn
auf dem Endteil zwei konzentrisch liegende, zylindrische Endabsätze ausgebildet sind, wobei auf dem außen liegenden Endabsatz die Wandung der Kammer durch nahtförmiges Schweißen und auf dem innenliegenden Endabsatz der im Abstand von der Innenfläche der Wandung liegende Masseelektrodenträger aufgesetzt ist
(Anspruch 3);
insbesondere, wenn
die dem Zündkerzengehäuse zugekehrte Basis des Masseelektrodenträgers dem brennraumseitigen Ende der Zündkerze ferner liegt als die Basis der den Masseelektrodenträger umgebenden Wandung; und der Masseelektrodenträger und die Wandung, im Schnitt senkrecht zur Längsachse (A) der Zündkerze gesehen, zumindest teilweise kreisringförmigen Querschnitt aufweisen; und die zumindest eine Masseelektrode und der Masseelektrodenträger einstückig ausgebildet sind; und dass in der Wandung Durchtrittsausnehmungen für den Durchlass des Brenngases ausgebildet sind
(Anspruch 5);
insbesondere, wenn
die Masseelektroden auf dem Masseelektrodenträger in gleichen Abständen zueinander um die Mittelelektrode verteilt angeordnet sind; und jede der vom Masseelektrodenträger abgehenden Masseelektroden zumindest in Teilbereichen ihrer Längserstreckung in einem Abschnitt im Querschnitt zylinderringabschnittförmigen Querschnitt besitzt; und der Zündspalt zwischen sich parallel zur Längsachse (A) erstreckenden, einander gegenüberliegenden, die Zündflächen ausbildenden, gegebenenfalls einen Edelmetall- oder Edelmetalllegierungsauftrag aufweisenden, Flächenbereichen der Masselelektrode und der Mittelelektrode ausgebildet ist
(Anspruch 6);
insbesondere, wenn
ein vom Masseelektrodenträger abgehende Abschnitt der jeweiligen Masseelektrode parallel zur Längsachse (A) der Zündkerze ausgerichtet ist;
(Anspruch 9);
insbesondere, wenn
anschließend an den isolierten Endbereich der Zündflächen der Mittelelektrode in der Mittelelektrode eine umlaufende Ringnut ausgebildet ist
(Anspruch 11);
insbesondere, wenn
der auf den Endbereich des Zündkerzengehäuses aufgesetzte, vorzugsweise diesen umgebende, Endteil in Form eines Zylinderringes gestaltet und zentrisch zur Längsachse (A) der Zündkerze angeordnet ist und das Zündkerzengehäuse in Form eines Verlängerungs- bzw. Zwischenstückes brennraumseitig verlängert; und der Endteil mit seinem brennraumseitigen Endbereich den brennraumfernen Basisbereich der Mittelelektrode unter Ausbildung eines Abstandes umgibt; und dass der Endteil mit dem Zündkerzengehäuse und der Wandung durch Schweißen verbunden ist; und der Endteil die Basis der Mittelelektrode und den brennraumseitigen, vorzugsweise sich verjüngenden, Endbereich des Isolierkörpers unter Ausbildung eines Abstandes umgibt; und der Endteil Ringform besitzt und die brennraumferne Endfläche der Wandung auf den Endteil, vorzugsweise den Absatz, aufgesetzt und mit diesem durch Schweißen verbunden ist; und der Massenelektrodenträger einstückig mit dem Endteil ausgebildet ist; und der Massenelektrodenträger vom Endteil im Bereich der Höhe bzw. eines Niveaus abgeht, auf der bzw. auf dem die brennraumferne Endfläche der Wandung mit dem Endteil verbunden ist
(Anspruch 12);
insbesondere, wenn
die Wandung den Masseelektrodenträger unter Ausbildung eines Spaltes mit Abstand umgibt
(Anspruch 13); - 2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen, wie Rechnungen hilfsweise Lieferscheinen, hilfsweise Quittungen (beschränkt auf die Angaben gem. Ziff. 2. a.-c.), in elektronischer Form darüber Rechnung zu legen, unter Beifügung einer mittels EDV auswertbaren, elektronischen Form (bspw. als xls-Datei), in welchem Umfang sie die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. November 2016 in der Bundesrepublik Deutschland begangen hat und zwar unter Angabe
a. der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise,
b. der Herstellungsmengen und -zeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
c. der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen einschließlich der Rechnungsnummern und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, einschließlich der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
d. der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
e. der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgem, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internet-Werbung der Domain, den Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume, und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, den Namen und Anschriften der Empfänger,
f. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,
wobei
es der Beklagten gegebenenfalls vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nichtgewerblichen Abnehmer statt der Klägerin/dem Kläger einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die/der Beklagte die durch die Einschaltung des Wirtschaftsprüfers entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Angebotsempfänger in der erteilten Rechnungslegung enthalten sind;
und
geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen. - 3. die vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten, im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand, der hiesigen Entscheidung unter Angabe des Gerichts sowie des Aktenzeichens und der Veröffentlichungsnummer des Streitpatents mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen, oder diese Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die/der Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt;
- 4. die im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder in ihrem Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer I.1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu benennenden oder zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;
- II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 19. November 2016 entstanden ist und noch entstehen wird.
- Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise, den Rechtsstreit nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Einspruch auszusetzen. - Die Streithelferin der Beklagten stellt Kostenantrag.
- Die Beklagte bestreitet unter Bezug auf den Vortrag in anderen, zwischen den Parteien verhandelten Verfahren die Aktivlegitimation der Klägerin.
Die Beklagte ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht, da es daran fehle, dass Wandung und Masseelektrodenträger auf ein Endteil aufgesetzt sind. Auch fehle ein Spalt zwischen Wandung und Masseelektrodenträger.
Die Beklagte ist der Ansicht, Klagepatentanspruch 1 sei in der geltend gemachten Fassung nicht neu gegenüber den Druckschriften WO 2012/091XXX A2(D5), JP S56-69XXX A (D4) und WO 2009/059XXX A1 (D2). - Sie ist der Ansicht, dass sie – da sie nicht Herstellerin sei – keine Angaben zu hergestellten Mengen und Herstellungszeiten machen müsse.
Die Beklagte ist der Ansicht, ihr müsse nachgelassen werden, auch auf andere Weise als durch Schwärzung geheimhaltungsbedürftige Details unkenntlich machen.
Die Beklagte bestreitet die Existenz von Vertriebswegen. Sie baue die Zündkerzen nur selbst im Rahmen von durch sie erbrachten Wartungsarbeiten vor Ort ein und verkaufe oder vertreibe sie nicht anderweitig.
Sie ist weiter der Ansicht, auch im Übrigen sei der Rückruf unverhältnismäßig, denn Ein- und Ausbau der Zündkerzen sei mit erheblichem Aufwand verbunden, erforderten besondere Fachkenntnisse und könnten daher von den Endkunden überwiegend nicht selbst vorgenommen werden. - Entscheidungsgründe
- Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
- Die Klage ist auch überwiegend begründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB wegen der angegriffenen Ausführungsform.
Das Klagepatent wird durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform verletzt. - I.
Die Klägerin ist aktivlegitimiert, insbesondere stehen ihr als Patentinhaberin eigene Schadensersatzansprüche zu.
Im vorliegenden Fall stehen Anmelderänderungen nicht in Rede. Das Klagepatent wurde vielmehr originär für die nach wie vor als Inhaberin eigetragene Klägerin erteilt, der Erteilungsakt ist dabei konstitutiv für die Rechtsinhaberschaft (vgl. Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 11. Aufl., Kap. D Rn. 120). - II.
Das Klagepatent beschreibt in Abs. 0002 (Absätze ohne Bezugsangabe beziehen sich auf das Klagepatent) und Abs. 0003 Zündkerzen, welche die Merkmale des Oberbegriffs des Klagepatentanspruchs 1 aufweisen, als gattungsgemäßen – z.B. aus der Druckschrift EP 1 265 XXX A1 und der WO 2009/059XXX A1 bekannten – Stand der Technik. - Das Klagepatent beschreibt es davon ausgehend in Abs. 0004 als sein Ziel, die Konstruktion der Zündkerzen zu vereinfachen, indem kompliziert anzufertigende, komplexe Bauteile vermieden werden und die Zündkerze aus einfach herstellbaren Teilen aufgebaut ist, was insbesondere eine Massenproduktion vereinfache. Weiter sollen die wesentlichen, die Zündleistung prägenden Eigenschaften der Zündkerzen dabei erhalten bleiben oder weiter verbessert werden.
Dies soll durch eine Zündkerze mit den Merkmalen des Klagepatentanspruchs 1 erreicht werden. - Die Merkmale des Klagepatentanspruchs 1 können in der geltend gemachten Fassung wie folgt gegliedert werden:
1. Zündkerze einer Brennkraftmaschine, vorzugsweise für Otto-Gas-Motoren
2. mit einem einen Isolationskörper umgebenden Zündkerzengehäuse sowie
3. einer Mittelelektrode und
4. zumindest einer,
a. von einem Masseelektrodenträger getragenen Masseelektrode, wobei
b. die Zündflächen der Mittelelektrode und die Zündfläche der Masseelektrode von einer eine brennraumseitig offene Kammer ausbildenden Wandung umgeben sind,
5. wobei auf dem brennraumseitigen Endbereich des Zündkerzengehäuses ein Endteil aufgesetzt ist,
6. wobei der Elektrodenträger und die Wandung auf diesem Endteil aufgesetzt sind
7. und wobei die Wandung den Masseelektrodenträger in einem Abstand unter Ausbildung eines Spaltes umgibt. - III.
Der Streit der Parteien gibt Anlass zur Auslegung der Merkmale 5, 6 und 7.
Nach Merkmal 5 ist auf dem brennraumseitigen Endbereich des Zündkerzengehäuses ein Endteil aufgesetzt. Damit ergibt sich eine Anordnung des Endteils hin zu den Elektroden der Zündkerze, das zudem ein gegenüber dem Gehäuse eigenes Bauteil darstellt, über dessen weitere Ausgestaltung Merkmal 5 sich nicht verhält. Diese Anordnung der Bauteile entspricht der dem Endteil in der Beschreibung in Abs. 0005 zugedachten Funktion, nämlich das Gehäuse zu verlängern und dadurch die Elektrodenanordnung kurz und kompakt halten zu können, was wiederum die Wärmeableitung von den Elektroden, die Stromverteilung, die Korrosionsbeständigkeit und die Zündzuverlässigkeit beträchtlich verbessere.
Nach Merkmal 6 sind dementsprechend Elektrodenträger und Wandung auf dieses Endteil aufgesetzt.
Der Begriff des Elektrodenträgers ist im Zusammenhang des Anspruchswortlauts so zu verstehen, dass es sich um den Masseelektrodenträger handelt, der in Merkmal 4.a erwähnt wird.
Die auf dem Endteil aufgesetzte Wandung hat nach Merkmal 4.b die Funktion, eine Vorkammer auszubilden, welche die Zündflächen der Elektroden umgibt und die zum Brennraum hin vollständig offen ist. Dies zeigt, dass die Wandung sich beginnend auf dem Endteil in Richtung Elektroden erstreckt und sich zwecks Bildung der beanspruchten Kammer bis über Zündflächen der Elektroden hinaus erstrecken muss, damit die so geschaffene Kammer diese umgibt. - Nach der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs ist es nicht erforderlich, dass es sich bei der Wandung und dem Masseelektrodenträger – jedenfalls vor dem Zusammenfügen – um zwei eigenständige, von dem Endteil räumlich-körperlich unterscheidbare Bauteile handeln muss.
Zwar legt der Wortlaut des Anspruchs dies durch den Begriff „aufgesetzt“ nahe. Auch die Beschreibung verwendet den Begriff „aufgesetzt“ durchweg im Zusammenhang mit mehreren zusammengefügten Bauteilen, wie etwa bei den Ausführungsbeispielen in Abs. 0009, 0043 (und Figur 4c) und 0046 (und Figur 6).
Dabei kann die Auslegung jedoch nicht stehenbleiben. Das Klagepatent ist sein eigenes Lexikon und das Begriffsverständnis muss nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch folgen (vgl. BGH GRUR 1999, 909 (912) – Spannschraube), auch die Beschreibung rechtfertigt dabei im Grundsatz keine Auslegung unterhalb des Anspruchswortlauts (vgl. BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; GRUR 2007, 778 – Ziehmaschinenzugeinheit).
Aus Unteranspruch 4 (und auch Unteranspruch 12) erfährt der Fachmann dabei, dass Endteil und Masseelektrodenträger einerseits oder Endteil und Wandung andererseits auch einstückig ausgeführt sein können. Der Begriff „einstückig“ ist dabei in Abs. 0048 so definiert, dass es sich bei einem einstückigen Teil gerade nicht um zwei – wie auch immer – verbundene Bauteile handelt, sondern um ein einziges, nicht zusammengesetztes Teil aus dem gleichen Material.
Diese abhängigen Unteransprüche schließen somit aus Sicht des Fachmanns ein Verständnis des Hauptanspruchs aus, dass zwingend drei räumlich-körperlich abgrenzbare Einzel-Bauteile (Wandung, Elektrodenträger und Endteil) voraussetzt. Sie zeigen, dass der Anspruch 1, wenn er im Merkmal 6 von „aufgesetzt“ spricht, auch einstückige Ausführungen (im Sinne von Abs. 0048) mitbeansprucht.
Dies gilt jedoch nicht für das Merkmal 5, nach dem der Endteil auf das Zündkerzengehäuse aufgesetzt ist. Weder der Patentanspruch, noch die Beschreibung und die Zeichnungen der Klagepatentschrift lassen den Schluss zu, dass von der Lehre des Klagepatents auch einstückige Ausführungen von Endteil und Zündkerzengehäuse erfasst sein sollen.
Dies stellt keinen Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dar, wonach gleiche Begriffe in einem Patentanspruch grundsätzlich dieselbe Bedeutung haben. Ein unterschiedliches Verständnis kann nämlich dann in Betracht kommen, wenn die Auslegung des Patentanspruchs in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen ein abweichendes Verständnis ergibt (BGH GRUR 2017, 152).
So liegt der Fall auch hier. Das Endteil dient gerade dazu, das Gehäuse zu verlängern (Abs. 0005). Bei der gebotenen funktionalen Betrachtung müssen Zündkerzengehäuse und Endteil zwei räumlich-körperliche Bauteile sein. Bei einer einstückigen Ausführung gäbe es hingegen nur ein einheitliches Gehäuse, das keiner Verlängerung mehr bedarf. Soweit mit dem Merkmal 6 weiter vorgesehen ist, dass auch die Wandung und der Elektrodenträger auf dem Endteil aufgesetzt sein sollen, ist es hingegen funktional unerheblich, wenn sie mit dem Endteil ein einstückiges Bauteil bilden, das als solches auf dem Gehäuse aufgesetzt wird. - Merkmal 7 verlangt weiter, dass die Wandung den Masseelektrodenträger unter Ausbildung eines Spaltes umgibt.
Der Begriff der „Wandung“ hat dabei die gleiche Bedeutung wie in Merkmal 6. Denn gleiche Begriffe eines Patentanspruchs haben im Zweifel auch die gleiche Bedeutung, (vgl. BGH GRUR 2017, 152, 154 – Zungenbett). Anzeichen dafür, dass vorliegend anderes gelten müsste, fehlen in Anspruch und Beschreibung. Danach ist der Begriff der Wandung – so wie auch die Begriffe des Endteils und des Elektrodenträgers – nicht als einzelnes Bauteil zu verstehen, sondern technisch-funktional. Dasselbe gilt für den Begriff des Masseelektrodenträgers, der bei richtiger Auslegung dasselbe bezeichnet, wie der „Elektrodenträger“ in Merkmal 6.
Somit wird für den Fachmann weiter deutlich, dass die Wandung technisch-funktional als das zu verstehen ist, was die Kammer nach außen begrenzt und zwar unbeschadet etwaiger Bauteilgrenzen, weil die Einstückigkeit mitbeansprucht ist.
Dasselbe Verständnis gilt für den Masseelektrodenträger. - III.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents in der geltend gemachten Fassung Gebrauch.
Auf die angegriffene Ausführungsformen gewendet bedeutet die hier vertretene Auslegung, dass die einstückige Ausführung von Masseelektrodenträger und Endteil aus dem Anspruch nicht herausführt.
Als Endteil ist dabei der zum Zündkerzengehäuse (in der Abbildung grün) hin ausgerichtete Teil der gelb eingefärbten Baugruppe zu verstehen, denn dieser weist die anspruchsgemäße Funktion auf, das Gehäuse zu verlängern, so dass die Masseelektrodenarme entsprechend kürzer ausfallen.
Die Wandung ist dabei nicht nur der in der im Tatbestand enthaltenen Schnittzeichnung blau eingefärbte Bereich („Hülse“), sondern sie besteht auch aus dem gelben, außenliegende Sockelbereich. Dieser wird durch ein Hochziehen des gelben Bauteils gebildet und ist Teil der Wand der Kammer.
Der Masseelektrodenträger ist ebenfalls Teil der gelben Baugruppe, auf dem die einzelnen Arme ansetzen. Dabei handelt es sich jedenfalls um den zylinderförmigen Ring, der zwischen den einzelnen Armen angeordnet ist und einen anderen Durchmesser aufweist, als das restliche Bauteil, so wie er auf dem Foto im Tatbestand vom Schnitt durch die Anordnung zwischen den Trägerarmen ersichtlich ist. Dieser Teil der gelben Baugruppe liegt dem außenliegenden Wandungsteil der gelben Baugruppe auf gleicher Höhe gegenüber. Er weist somit auch die weitere, dem Masseelektrodenträger zugewiesene Funktion auf, nämlich – wie in Merkmal 7 beansprucht – einen Abstand unter Ausbildung eines Spaltes auf die Wandung. - IV.
Da die Beklagte die durch den Klagepatentanspruch 1 geschützte Erfindung im Sinne von § 9 S. 1 und 2 Nr. 1 PatG benutzt, ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen. - 1.
Die Beklagte ist der Klägerin zur Unterlassung im tenorierten Umfang verpflichtet, Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG.
Die Wiederholungsgefahr ergibt sich aus der bereits begangenen Verletzung (vgl. BGH GRUR 2003, 1031, 1033 – Kupplung für optische Geräte).
Allerdings war die Klage abzuweisen, soweit die Klägerin auch die Unterlassung der Herstellung verlangt. Es handelt sich dabei um einen eigenen Streitgegenstand, die Verwirklichung anderer Verletzungshandlungsalternativen wie Anbieten und Vertrieb begründet nicht ohne weiteres die Erstbegehungsgefahr des Herstellens (vgl. OLG Düsseldorf, I-2 U 58/16, juris Rn. 51 ff., Kühnen, Hdb. der Patentverletzung, 11. Aufl., Kap. A Rn. 237). Vorliegend hat die Beklagte dargelegt, sie stelle die angegriffene Ausführungsform nicht selbst her, sondern beziehe sie von ihrer Streithelferin, die sie herstelle. Daraus, dass die angegriffene Ausführungsform mit „Storm“ beschriftet ist, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, ergibt sich nichts anderes. - 2.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 und 2 PatG. - Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.
- Die Beklagte ist zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie die Patentverletzung schuldhaft beging. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin durch die Schutzrechtsverletzung ein Schaden entstanden ist.
- 3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 140b Abs. 1 PatG zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
Die Beklagte kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, dass sie nicht selbst herstelle. Sie ist als Verletzerin des Klagepatents zur Auskunft verpflichtet. Teil der gem. § 140 b Abs. 3 PatG vom Verletzer generell geschuldeten Auskunft ist es auch, mitzuteilen, wer der Lieferant ist und damit letztlich auch, ob man selbst herstellt oder nicht. Die Beklagte hat im Verfahren lediglich bestritten, dass sie herstelle, dies allerdings nicht erfüllungshalber beauskunftet, so dass uneingeschränkt zu erkennen war. - 4.
Die Klägerin hat schließlich gegen die Beklagte im tenorierten Umfang einen Anspruch auf Rückruf der unmittelbar patentverletzenden Erzeugnisse aus den Vertriebswegen und deren Vernichtung gemäß § 140a Abs. 1 und 3 PatG.
Ohne Erfolg wendet die Beklagte hiergegen ein, sie handle nicht mit den angegriffenen Ausführungsformen, sondern baue diese nur selbst im Rahmen von Wartungen ein. Bei dieser Art des Vertriebs handelt es sich auch um einen Vertriebsweg im Sinne des § 140a Abs. 1 und 3 PatG, so dass dementsprechend zu erkennen war. Es obliegt der als Verletzerin passivlegitimierten Beklagten, aus allen von ihr genutzten Vertriebswegen zurückzurufen. - Soweit die Beklagte weiter geltend macht, dass der Austausch der verletzenden Zündkerzen unzumutbar sei, bleibt dieser Vortrag ohne jede Substantiierung. Dass der Rückruf mit – auch erheblichen – Belastungen verbunden ist, ist dabei grundsätzlich hinzunehmen, ein Anspruchsausschluss wegen Unverhältnismäßigkeit kommt nur in seltenen Ausnahmen in Betracht (vgl. Grabinski/Zülch in: Benkard PatG, 11. Aufl. 2015, § 140a Rn. 12-16; mit Beispielen für eine Unzumutbarkeit Kühnen, Hdb. d. Patentverletzung, 11. Aufl. D Rn. 645 ff.).
- V.
Eine Aussetzung der Verhandlung gem. § 148 ZPO bis zur Erledigung des Einspruchsverfahrens ist nicht veranlasst. Denn die für eine Aussetzung erforderliche hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit des Einspruchs lässt sich nicht feststellen (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 16.09.2014, X ZR 61/13, GRUR 2014, 1237, 1238, Rn. 4 – Kurznachrichten). - Denn die Erfindung ist neu im Sinne des Art. 52 Abs. 1, 4 EPÜ (dazu 1.) und der Klagepatentanspruch ist auch nicht unzulässig erweitert (dazu unter 2.).
- 1.
Neu im Sinne des Art. 52 Abs. 1, 54 EPÜ ist eine Erfindung dann nicht, wenn sie in ihrer Gänze, also in allen beanspruchten Merkmalen, im Stand der Technik offenbart war. Dabei kommt es darauf an, dass eine Entgegenhaltung alle in Rede stehenden Merkmale offenbart (vgl. BGH, GRUR 1980, 283, 284 – Terephthalsäure; GRUR 1989, 494, 495 – Schrägliegeeinrichtung; Urteil vom 04.11.2008, X ZR 154/05, BeckRS 2009, 02615). - a)
Die WO 2012/091XXX (D5) zeigt nicht das Merkmal 4. b), eine brennraumseitig offene (Wirbel-) Kammer. Das Klagepatent differenziert insoweit schon im Anspruch zwischen der hier geltend gemachten Variante einer brennraumseitig vollständig offenen Kammer, die das Klagepatent als Wirbelkammer bezeichnet, und einer Vorkammer, die lediglich einzelne Öffnungen aufweist. Die D5 zeigt nur letztere.
Im Übrigen zeigt die D5 auch kein Endteil im Sinne des Klagepatents, so dass auch Merkmal 5. nicht offenbart ist. - b)
Auch die japanische Druckschrift JP 56-69XXX (D4) offenbart nicht das Merkmal 4 b), sondern lediglich eine einzelne Durchtrittsöffnungen aufweisende Vorkammer, wie auch die D5. - c)
Die Druckschrift WO 2009/059XXX (D2) ist geprüfter Stand der Technik und zeigt kein Endteil im Sinne des Merkmals 5. Vielmehr sind Masseelektrodenträgeranordnung und Kammerbauteil in allen sie zeigenden Figuren direkt auf dem Gehäuse angebracht, das eben hierzu Absätze vorsieht. Dies ist auch bei Fig. 15 der Fall. Der zwischen Kammerbauteil und Masseelektrodenträger eingebaute Zylinderring (50) ist kein Endteil, weil er weder das eine, noch das andere verkürzt und beide Bauteile auf dem Gehäuse und gerade nicht dem Zylinderring ansetzen. - 2.
Es liegt auch keine unzulässige Erweiterung vor.
Merkmal 7 ist ursprungsoffenbart, wie das EPA in dem als Anlage TMP4 vorgelegten, qualifizierten Hinweis mit zutreffender Begründung, der die Kammer sich anschließt, ausgeführt hat. Das EPA stellte insoweit auf die Wendung in der Anmeldung „Zwischen den vom Endteil 60 abgehenden Masselektroden 6 und der Innenfläche der Wandung 8 ist jeweils ein Spalt ausgebildet, sodass die Stromverteilung und Wärmeleitung definiert sind“ ab, welche Merkmal 7 eindeutig offenbart.
Hinsichtlich Merkmal 6 geht die Kammer ebenfalls wie das EPA davon aus, dass der Wechsel von „getragen“ zu „aufgesetzt“ keine unzulässige Zwischenverallgemeinerung darstellt. Das Merkmal ist weder mit anderen Merkmalen spezifischer Ausführungsformen untrennbar verknüpft, noch steht die Gesamtoffenbarung seiner Isolierung entgegen. Weitere Ausgestaltungseinzelheiten betreffend das Endteil folgen dabei nicht aus dem Begriff „aufgesetzt“, sondern sind davon unabhängig zu sehen, so etwa die bloß beispielhafte Erwähnung von aufgeschraubt und aufgesteckt.
Dass einzelne Ausführungsbeispiele nicht (mehr) alle Merkmale des eingeschränkt geltend gemachten Anspruchs zeigen, begründet dabei nicht schlechterdings eine unzulässige Erweiterung. - VI.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 und 709 ZPO. - Streitwert: 500.000 €