Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 2. Dezember 2010, Az. 4b O 166/07
I. Den Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft für die Beklagte zu 1. an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, untersagt,
Produkte, insbesondere Flammschutzmittel,
anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einzuführen oder zu besitzen,
die mittels eines Verfahrens zur Bromierung von Diphenylalkanen hergestellt wurden, bei welchem ein Bromierungskatalysator und flüssiges elementares Brom in ein Reaktionsgefäß gefüllt werden und das flüssige Diphenylalkan an einer Stelle, die unterhalb des Niveaus des eingefüllten flüssigen Broms liegt, in das Reaktionsgefäß eingespeist wird, wobei das Verhältnis des flüssigen Diphenylalkans 0,033 bis 0,055 Mol zu einem Mol des zuerst eingefüllten elementaren Broms beträgt, sowie die Reaktionsmasse während der Zufuhr des flüssigen Diphenylalkans eine Temperatur im Bereich von 30ºC bis 80ºC hat.
II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen seit dem 6.5.1995 begangen haben und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses und unter Angabe
1) der Menge der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und der Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderen Vorbesitzer,
2) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
3) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
4) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aus den unter Ziffer I. beschriebenen Handlungen seit dem 6.5.1995 entstanden ist oder noch entstehen wird.
IV. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, sämtliche in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse entsprechend Ziffer I. an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten zu 1) herauszugeben.
V. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 300.000.
VII. Der Streitwert beträgt EUR 300.000.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin ist eingetragene, alleinige und ausschließlich verfügungsberechtigte Inhaberin des deutschen Teils DE 691 XXX 46 des EP 0 460 XXX (Anlage K 4, deutsche Übersetzung in Anlage K 4a, nachfolgend: „Klagepatent“), welches ein Verfahren zur Herstellung von Decabromdiphenylalkan (nachfolgend auch: „DBDPE“) betrifft. Das Klagepatent nimmt eine Priorität vom 4.6.1990 in Anspruch, basierend auf dem US-Patent 5,030,XXX. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 6.4.1995. Das Klagepatent steht in Kraft.
Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
„Verfahren zur Herstellung von Decabromdiphenylalkan, bei dem ein Bromierungskatalysator und flüssiges elementares Brom in ein Reaktionsgefäß gefüllt werden und das flüssige Diphenylalkan an einer Stelle, die unterhalb des Niveaus des eingefüllten flüssigen Broms liegt, in das Reaktionsgefäß eingespeist wird, wobei das flüssige Diphenylalkan in einer Menge zugeführt wird, die 0,033 bis 0,055 Mol Diphenylalkan pro Mol des zuerst eingefüllten elementaren Broms ausmacht, und die Reaktionsmasse während der Zufuhr des flüssigen Diphenylalkans auf einer Temperatur im Bereich von 30ºC bis 80ºC gehalten wird.“
Wegen des insbesondere geltend gemachten Anspruchs 2 des Klagepatents wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.
Die Beklagte zu 1) bietet bundesweit im Internet ein Flammschutzmittel unter der Bezeichnung „A“ (nachfolgend: „angegriffenes Erzeugnis“) an (vgl. Internetauszug gemäß Anlage K 7), welches aus DBDPE besteht. Herstellerin des angegriffenen Erzeugnisses ist das chinesische Unternehmen B Co., Ltd. Die Klägerin ließ ein Muster der angegriffenen Ausführungsform untersuchen, wobei ein DBDPE-Gehalt von 96,47 Gew. % ermittelt wurde (vgl. Anlage K 10).
Die Klägerin meint, aufgrund des – unstreitigen – hohen DBDPE-Gehalts des angegriffenen Erzeugnisses von 96,47 Gew. % stehe fest, dass zur Herstellung derselben von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch gemacht worden sei. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des Lehrinhaltes, wonach die Einspeisung des Diphenylalkans in die Reaktionsmasse unterhalb des Niveaus des flüssigen Broms zu erfolgen habe. Bis heute sei nämlich kein anderes industrielles Verfahren zur Herstellung eines Produktes mit solch einem hohen DBDPE-Gehalt bekannt. Die Beweislast für die Voraussetzungen der Verletzung des klagepatentgemäßen Verfahrens sei gemäß § 139 Abs. 3 PatG umgekehrt: Das Produkt des im Klagepatent geschützten Verfahrens sei im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents „neu“ im Sinne dieser Vorschrift gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe es nämlich kein Produkt gegeben, welches einen DBDPE-Gehalt von über 95 Gew. % aufgewiesen habe, und es seien damals auch keine Verfahren bekannt gewesen, mit welchen ein Produkt mit einem derart hohen DBDPE-Gehalt hätte produziert werden können. Mit dem hohen DBDPE-Gehalt von mehr als 95 Gew. % stimmten das angegriffene und das klagepatentgemäße Erzeugnis in einer wesentlichen Eigenschaft überein. Selbst heute sei noch kein anderes Verfahren zur Herstellung eines Produktes mit einem DBDPE-Gehalt von mindestens 95 Gew.% bekannt. Mit dem von den Beklagten behaupteten Verfahren könne das angegriffene Erzeugnis nicht hergestellt worden sein; hierzu verweist die Klägerin unter anderem auf die aus Anlage K 24 ersichtliche Analyse. Abgesehen davon sei das behauptete Herstellungsverfahren auch nicht wirtschaftlich effizient, weshalb dessen Anwendung schon deshalb nicht glaubhaft sei.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt, nachdem sie ihren ursprünglich auch gegen den Beklagten zu 2) gerichteten Antrag auf Verurteilung zur Vernichtung mit Zustimmung des Beklagten zu 2) im Haupttermin vom 19.10.2010 zurückgenommen hat.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, weder das Verfahrensprodukt Decabromdiphenylalkan an sich noch Decabromdiphenylalkan mit einem hohen Bromierungsgrad/einer hohen Reinheit seien im Prioritätszeitpunkt neu gewesen; es seien andere Verfahren zur Herstellung von Decabromdiphenylalkan in hoher Reinheit bekannt gewesen. Insoweit verweisen die Beklagten insbesondere auf das EP 0 347 XXX A2 bzw. dessen deutsche Übersetzung DE 689 12 XXX T2 (Anlagen B2, 2a): Das dort gelehrte Verfahren habe die Herstellerin des angegriffenen Erzeugnisses nachgearbeitet und Decabromdiphenylalkane hoher Reinheit erhalten (vgl. den Untersuchungsbericht gemäß Anlage B 14). Auch die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen bestätigten, dass im Prioritätszeitpunkt mit dem Verfahren gemäß Anlage B 2 ein Produkt mit einem Decabromdiphenylalkan von mehr als 95 Gew. % hergestellt werden konnte. Daneben habe es im Stand der Technik Verfahren zur Aufreinigung bromierter Diphenylalkanverbindungen gegegeben, mittels derer das Ziel der Herstellung von Decabromdiphenylalkanen hoher Reinheit ebenso erreichbar gewesen sei. Um Decabromdiphenylalkane hoher Reinheit (> 95 Gew.%) zu gewinnen, sei es nicht zwingend notwendig, das flüssige Diphenylalkan an einer Stelle unterhalb des Niveaus des flüssigen Broms hinzuzufügen und die Temperatur der Reaktionsmasse zwischen 30ºC und 80ºC zu halten. Das angegriffene Erzeugnis sei im Prioritätszeitpunkt daher nicht „neu“ im Sinne von § 139 Abs. 3 PatG gewesen. Ohnehin vermöge die höhere Reinheit eines Produkts nicht dessen Neuheit zu begründen. Bei der Herstellung von Decabromdiphenylalkanen mit hoher Reinheit sei die Zuführung des Diphenylalkans sogar nachteilig, insofern könne diese Herstellungsweise jedenfalls nicht die einzig in Betracht kommende Lösung sein. Die Beklagten behaupten, das angegriffene Erzeugnis werde so hergestellt, wie das in ihrem Schriftsatz vom 21.7.2008, Seiten 3 – 5 (Bd. II, Blatt 274 – 276 GA) dokumentiert ist. Der gerichtliche Sachverständige habe diese Herstellvorschrift anlässlich seiner Begutachtung nicht exakt nachgearbeitet, sondern in wesentlichen Punkten davon abgewichen; insofern sei anhand des gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht widerlegt, dass die chinesische Herstellerin keinen Gebrauch vom klagepatentgemäßen Herstellverfahren mache. Jedenfalls – so die Ansicht der Beklagten – falle ihnen kein Verschulden zur Last: Sie hätten sich – unstreitig – von der chinesischen Herstellerin vor Aufnahme des Betriebs zusichern lassen, dass das von dieser zur Herstellung des angegriffenen Erzeugnisses verwendete Verfahren sich von jenem des Klagepatents unterscheide; hierzu verweisen die Beklagten auf das Schreiben gemäß Anlage B 17 und die Email gemäß Anlage B 18. Der Beklagte zu 2) sei ohnehin nicht passivlegitimiert, die bloße Stellung als Geschäftsführer begründe kein eigenes Verschulden seinerseits.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 12.12.2008 (Band II, Blatt 383 ff. GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Professor Dr. C (Band III, Blatt 487 – 495 GA) sowie auf die mündliche Anhörung des Sachverständigen gemäß Protokoll des Haupttermins vom 19.10.2010 (Band III, Blatt 553 ff. GA) verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die zulässige Klage ist – nach teilweiser Klagerücknahme – vollumfänglich begründet.
I.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Produkts, das überwiegend Decabromdiphenylalkan enthält.
Polybromdiphenylalkane sind – so die einleitenden Bemerkungen des Klagepatents – bekannte Flammhemmer, die in Formulierungen auf Polyolefin- und Polystyrolbasis verwendet werden. Im Allgemeinen können diese Flammhemmer durch die Reaktion eines Diphenylalkans und Brom in Gegenwart eines Bromierungskatalysators hergestellt werden. Das Reaktionsprodukt ist eine Mischung aus verschiedenen Diphenylalkanbromhomologen und hat eine durchschnittliche Bromzahl, die der Durchschnittszahl von ar-substituierten Bromatomen pro Molekül bromiertes Diphenylalkan im Produkt entspricht.
Für verschiedene Anwendungen hat ein bevorzugtes Produkt einen sehr hohen Decabromdiphenylalkangehalt.
Vor diesem technischen Hintergrund formuliert das Klagepatent die Aufgabe, ein wirtschaftliches und praktikables Verfahren zur Herstellung eines Produkts zur Verfügung zu stellen, das mindestens 95 Gew.-% Decabromdiphenylalkan enthält.
Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 folgendes Verfahren vor:
a) Verfahren zur Herstellung von Decabromdiphenylalkanen,
b) wobei ein Bromierungskatalysator und flüssiges elementares Brom in ein Reaktionsgefäß gefüllt werden,
c) flüssiges Diphenylalkan an einer Stelle unterhalb des Niveaus des flüssigen Broms hinzugefügt wird,
d) das Diphenylalkan in einem Verhältnis von 0,033 bis 0,055 Mol zu einem Mol Brom hinzugefügt wird,
e) die Temperatur der Reaktionsmasse zwischen 30ºC und 80ºC gehalten wird.
II.
1)
Gemäß § 139 Abs. 3 PatG hätte es den Beklagten oblegen, darzutun und zu beweisen, dass das angegriffene Erzeugnis nicht gemäß dem im Klagepatent gelehrten Verfahren hergestellt wurde. Nach dieser – zugleich die Darlegungslast des Patentinhabers erleichternden – Beweislastregel wird bis zum Beweis des Gegenteils zugunsten des Patentinhabers vermutet, dass ein in seinen relevanten Eigenschaften mit dem patentgemäßen Erzeugnis übereinstimmendes Produkt nach dem patentierten Verfahren hergestellt ist (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rn 914). Die Voraussetzungen für die damit verbundene Beweislastumkehr sind im vorliegenden Fall erfüllt:
a)
Der Gegenstand des Klagepatents ist ein Verfahren zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses im Sinne von § 139 Abs. 3 PatG. Auf die Streitfrage, ob der Neuheitsbegriff des § 139 Abs. 3 PatG demjenigen des § 3 PatG entspricht – es mithin auf eine nachbearbeitbare Offenbarung eines betreffenden Erzeugnisses ankommt – (in diesem Sinne: Benkard-Rogge, PatG, 10. Auflage, § 139 Rn 121; Kraßer, Lehrbuch, 5. Auflage, S. 804) oder die bloße tatsächliche Existenz eines Erzeugnisses mit nämlichen Eigenschaften ausreicht (so Schulte/Kühnen, PatG, 8. Auflage, § 139 Rn 288; Mes, PatG, 2. Auflage, § 139 Rn 64), kommt es im vorliegenden Falle nicht an, weil die Beklagten selbst nicht behaupten, dass im Prioritätszeitpunkt (4.6.1990) ein Erzeugnis mit einem DPDPE-Gehalt von mindestens 95 Gew. % tatsächlich existiert habe, sondern allein geltend machen, es habe andere Herstellungsmöglichkeiten gegeben, um ein solches Erzeugnis zu gewinnen. Die – vom Patentinhaber zu beweisende – Anforderung „neu“ im Sinne des § 139 Abs. 3 PatG verlangt, dass sich das betreffende Verfahrenserzeugnis durch wenigstens eine Eigenschaft auszeichnet, die es von den am Prioritätstag vorbekannten Produkten erkennbar unterscheidet (LG München, GRUR 1964, 679; LG Düsseldorf, InstGE 3, 91 – Steroidbeladene Körner). Diese Voraussetzung liegt hinsichtlich des angegriffenen Erzeugnisses vor, weil es zur vollen Überzeugung der Kammer feststeht, dass es im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents (4.6.1990) kein anderes Verfahren gab, mit dem ein Produkt herstellbar war, welches einen DBDPE-Gehalt von mindestens 95 Gew. % hatte. Insoweit handelt es sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch um eine Eigenschaft, welche ein taugliches Kriterium für eine Unterscheidung vom Vorbekannten darstellt. Dabei kann zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass es im Prioritätszeitpunkt bereits Erzeugnisse mit einem DBDPE-Gehalt gab, weil die größere Reinheit eines bekannten Stoffes jedenfalls dann die Neuheit zu begründen vermag, wenn aller Wahrscheinlichkeit nach alle früheren Versuche, mittels herkömmlicher Reinigungsverfahren einen bestimmten Reinheitsgrad zu erzielen, fehlgeschlagen sind (vgl. Beschwerdekammer des EPA, zuletzt in der Entscheidung vom 8.3.2007, Fludarabinphosphat/SCHERING, T 1393/05 – 3.3.08). Letzteres ist hier anzunehmen, da es weder vorbekannte Herstellungsverfahren gab, mittels derer ein Erzeugnis mit einem derart hohen DBDPE-Gehalt originär produzierbar war, noch Methoden bekannt waren, mittels derer ein Erzeugnis derart aufgereinigt werden konnte, dass es einen DBDPE-Gehalt von mindestens 95 Gew. % aufwies.
aa)
Keines der von den Beklagen eingewandten Herstellungsverfahren war geeignet, im Prioritätszeitpunkt ein Erzeugnis mit der maßgeblichen Eigenschaft originär hervorzubringen.
aaa)
Dies gilt zunächst hinsichtlich des „Verfahrens zur Herstellung eines im Wesentlichen Decabromdiphenylalkan enthaltenden Produktes“ gemäß dem EP 0 347 XXX A2 (Anlagen B2, B2a). Zwar handelt es sich bei der B2 um ein vorbekanntes Dokument, welches ein Verfahren offenbart, mit dem ein kommerzielles Decabromdiphenylalkan-haltiges Produkt erzeugt werden kann, jedoch ist nicht ersichtlich, dass damit Produkte mit einem DBDPE-Gehalt von mindestens 95 Gew. % herstellbar waren. Gegen die Neuheitsschädlichkeit dieser Entgegenhaltung spricht insbesondere, dass nach den Ausführungen in der B2 das dort erhaltene Erzeugnis nur „überwiegend“ aus Decabromdiphenylalkan besteht. Die Formulierung „überwiegend“ deutet gerade nicht auf einen derart hohen DBDPE-Gehalt hin. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Anspruch 1 der B2 und deren Ausführungsbeispiele einen DBDPE-Gehalt von um die 80 % anführen. Zwar haben die Beklagten grundsätzlich darin Recht, das die B2 zum Begriff „überwiegend“ ihr eigenes Lexikon darstellt, allerdings gibt diese keinen Anhalt dafür, dass das Wort „überwiegend“ hier anders zu verstehen sei als nach dem üblichen Sprachgebrauch.
Soweit die Beklagten der B2 im Wege eines Vergleichs mit den – unstreitig – prioritätsjüngeren Druckschriften B4 und B 10 den von ihnen angenommenen Offenbarungsgehalt zumessen wollen, verfängt dies nicht, weil es insoweit auf das im Prioritätszeitpunkt vorhandene allgemeine Fachwissen des Durchschnittsfachmanns ankommt. Dieser Grundsatz darf auch nicht dadurch umgangen werden, dass man die B4 und die B10 „gutachterlich heranzieht“. Vor diesem rechtlichen Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob die B2 einerseits und die B4 bzw. B10 andererseits überhaupt vergleichbar sind, und ob letztere überhaupt zu Produkten mit einem DBDPE-Gehalt von mindestens 95 Gew. % führen.
Die von den Beklagten vorgelegten Untersuchungen gemäß Anlage B 14 sind nicht geeignet, die Überzeugung der Kammer von der Neuheit des erfindungsgemäßen Produkts zu erschüttern. Die entsprechenden Versuche begegnen insoweit nämlich jedenfalls folgenden Bedenken:
Der Ertrag der Reaktionsprodukte gemäß B 14 belief sich jeweils nur auf ein bis zwei Drittel des Ertrags im Ausführungsbeispiel 3 der B 2. Soweit die Beklagten dies damit zu erklären versuchen, dass der Rest am Reaktor kleben geblieben sei („weigt is not actual weight“), erläutern sie nicht die Ursache dieser Umstände. Derartige Probleme sind jedenfalls in der B2 selbst nicht erwähnt. Insoweit kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich aufgrund dieser Umstände eine Verfälschung des Reinheitsgrades des erhaltenen Reaktionsproduktes ergab.
Insbesondere geben die Beklagten nicht an, mit welcher Methode der jeweils ermittelte DBDPE-Gehalt gemessen wurde. In der eidesstattlichen Versicherung gemäß Anlage B 20 ist insofern nur lapidar von „unserem internen Verfahren“ die Rede. Insofern ist nicht klar, wie zuverlässig die ermittelten Werte überhaupt sind.
Dass mittels dem in der B2 gelehrten Verfahren im Prioritätszeitpunkt kein Erzeugnis mit der betreffenden Eigenschaft herstellbar war, hat zudem die mündliche Anhörung des Sachverständigen Professor Dr. B ergeben. Zwar führte der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten auf Seite 4 oben aus, dass bei der Nachstellung der in Anlage B 14 beschriebenen Bromierungsvorschrift, welche im Wesentlichen dem Ausführungsbeispiel 3 der B2 entspreche („Bromierungsversuch 1“), ein DBDPE-Gehalt von ca. 95 Gew. % erzielt worden sei, und konkretisierte dies im Rahmen seiner mündlichen Anhörung (u.a. Seite 2 unten des Protokolls vom 19.10.2010) dahingehend, dass eine Selektivität von mehr als 95 % Decabromdiphenylethan aufgefunden wurde. Jedoch hat der Sachverständige anschließend nachvollziehbar erläutert, dass es in den letzten Jahrzehnten einen technischen Fortschritt hinsichtlich der verwendeten Rührer gab, die heutzutage zu einer besseren Durchmischung führen (Seite 25 unten des Protokolls). Solche Rührer seien so damals technisch und kommerziell nicht verfügbar gewesen, man hätte diese seinerzeit selbst bauen müssen, was allerdings gewisser Überlegungen bedurft hätte (Seite 25 unten f. des Protokolls). Insofern war es im Prioritätszeitpunkt mit den dem Durchschnittsfachmann zur Verfügung stehenden technischen Mitteln nicht möglich, durch Ausführung der in der B2 beschriebenen Verfahren ein Erzeugnis mit einem DBDPE-Gehalt von mindestens 95 Gew. % zu gewinnen. Dies gilt selbst dann, wenn man in die betreffenden Überlegungen einbezieht, dass die Messungen der Selektivität Abweichungen von +/- 0,5 % aufweisen (vgl. Seite 3, oben des Protokolls). Der Sachverständige vermochte auch nicht den Vorhalt der Beklagten, wonach man bei Nachbearbeitung des Beispiels 5 der B2, welches einen höheren Bromgehalt als das Beispiel 3 aufweise, zwingend zu einem höheren DBDPE-Gehalt komme, zu bestätigen. Vielmehr betonte der Sachverständige, dass gerade kein derartiger Zusammenhang zwischen Bromgehalt und DBDPE-Gehalt bestehe (S. 10 des Protokolls).
Da der Sachevrständige nach alledem nicht bestätigte, dass bei Anwendung der in der B2 gelehrten Verfahren im Prioritätszeitpunkt eine Selektivität von mehr als 95 % erzielt werden konnte, kann es dahinstehen, ob die von der Klägerin gerügten (vermeintlichen) Abweichungen des Versuchs des Sachverständigen von den Vorgaben der B2 zutreffen und gegebenenfalls zu einer höheren Selektivität führten.
Ohne Erfolg machen die Beklagten sich für ihre Ansicht die eidesstattliche Versicherung gemäß Anlage K 31 zueigen. Soweit Herr D dort ausführt, im Jahre 1987 bei Durchführung des Ausführungsbeispiels der B2 ein Produkt erhalten zu haben, dessen mittels gasochromatographischer Tests am 24.1.1990 ermittelter DBDPE-Gehalt 94,6 % betragen habe, ist daraus gerade nicht abzuleiten, dass vor dem Prioritätstzeitpunkt eine Selektivität von mindestens 95 % erzielbar war. Die Beklagten haben diesbezüglich nicht belegt, dass auch gaschromatographische Tests ebenfalls eine Fehlertoleranz von bis zu 1% aufwiesen. Die allgemeinen Ausführungen des Sachverständigen zu Messfehlertoleranzen bezogen sich nicht auf gaschromatographische Tests, diesbezüglich hielt er eher präzisere Messwerte für möglich (Protokoll Seite 20 Mitte). Soweit die Beklagten meinen, der von Herrn D angegebene Wert sei ein Mittelwert, so dass es entsprechend höhere Ergebnisse gegeben habe, ist das rein spekulativ.
bbb)
Das EP 0 447 XXX A1 (Anlagen B4, 4a) kann der Neuheit im Sinne von § 139 Abs. 3 PatG bereits deshalb nicht entgegen stehen, weil dieses Schutzrecht zwar prioritätsälter als das Klagepatent, jedoch nachveröffentlicht ist (vgl. BGH, GRUR 1970, 237, 241; LG München, GRUR 1964, 679, 680). Die B4 beruht auf der US-Anmeldung 5,008,XXX, welche erst am 16.4.1991 mit der Erteilung veröffentlicht wurde (vgl. Anlage K 15).
Kc)
Ebenso handelt es sich bei der US 5,003, XXX A (Anlage B5) unstreitig um nachveröffentlichten Stand der Technik, so dass auch diese die Neuheit gemäß § 139 Abs. 3 PatG nicht in Frage zu stellen vermag.
ddd)
Auch die B6 (US 3,965,XXX) entfaltet keine entsprechende Neuheitsschädlichkeit. Diese bezieht sich auf Verfahren zur Herstellung oder der Aufreinigung des Decabromdiphenyletheres bzw. des –oxids. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob Verfahrensweisen betreffend diesen Stoff auf das Verfahrenserzeugnis DBDPE übertragbar sind. Bei dem Oxid handelt es sich gerade um den im Prioritätszeitpunkt seit langem bekannten und aus umweltpolitischen Gründen gerade zu ersetzenden Flammhemmer. Soweit die Beklagten auf entsprechende „Verwandtschaftsverhältnisse“ verweisen, vermag dies letztlich nicht darüber hinwegzutäuschen, dass in der B6 lediglich pauschal die Bromierung aromatischer Verbindungen beschrieben wird. Ethan oder Alkan werden in der Anlage B 6 weder ausdrücklich angesprochen noch indirekt erwähnt, weshalb es diesbezüglich an einer neuheitsschädlichen Beschreibung fehlt (vgl. BGH, GRUR 1976, 299, 303 f. – Alkylendiamine). Gegen eine Übertragbarkeit spricht auch, dass bei Oxiden die Bromierung vom chemischen Gleichgewicht abhängt, während bei Alkanen im Wesentlichen die kinetischen Gegebenheiten wie die Reaktionsgeschwindigkeit entscheiden.
eee)
Ebenso wenig verfängt der auf die B7 (US 4,521,XXX A1) gegründete Einwand der Beklagten. Insoweit bestehen entsprechende Bedenken wie bei der B6, da auch die B7 ein Verfahren zur Herstellung oder Aufreinigung des Decabromdiphenylethers bzw. des –oxids betrifft, so dass wiederum eine entsprechende Übertragbarkeit erheblichen Zweifeln begegnet.
fff)
Die B10 (US 5,401,XXX A) und die B11 (US 2005/0118XXX) sind wiederum nachveröffentlicht, weshalb sie der Neuheit im Sinne von § 139 Abs. 3 PatG a priori nicht entgegenstehen können und der Streit der Parteien über deren jeweiligen Offenbarungsgehakt keiner Entscheidung bedarf.
bb)
Die Kammer hält es auch nicht für denkbar, dass im Prioritätszeitpunkt ein Erzeugnis mit der entsprechenden Eigenschaft mittels Verfahren zur Aufreinigung bromierter aromatischer Verbindungen herstellbar war.
aaa)
Die B8 (US 4,327,XXX) bezieht sich auf Verfahren zur Herstellung oder Aufreinigung des Decabromdiphneylethers bzw. des –oxids, weshalb sich wiederum die bereits erläuterten Bedenken gegen eine Übertragbarkeit ergeben. Zudem wird im Rahmen der B8 selbst darauf hingewiesen, dass eine Umkristallisierung beim Oxid und Ether nicht zu befriedigenden Ergebnissen führe, was dann aber für das schlechter lösliche Ethen erst recht gelten muss. Insofern kann offen bleiben, ob die B8 überhaupt einen DBDPE-Gehalt von mindestens 95 Gew. % offenbart, was die Beklagten aus der weißen Farbe des erhaltenen Produkts rückschließen wollen.
bbb)
Auch der von den Beklagten vorgelegte Auszug aus dem Römpp Chemielexikon (Anlage B9) vermag deren These nicht zu belegen. Der eher allgemeine Hinweis auf die „Umkristallisation“ ist rein theoretischer Natur – die Beklagten behaupten selbst nicht, es habe ein Produkt mit der Eigenschaft des klagepatentgemäßen Verfahrenserzeugnisses im Prioritätszeitpunkt tatsächlich bereits existiert. Im Übrigen belegt die von den Beklagten ebenfalls vorgelegte B8 (siehe oben unter aaa)), dass eine Umkristallisation kein geeignetes Mittel zur Erhöhung des DBDPE-Gehaltes ist.
b)
Unstreitig weist das angegriffene Erzeugnis auch diejenige Eigenschaft des klagepatentgemäßen Verfahrenserzeugnisses auf, welche den Unterscheid zu vorbekannten Erzeugnissen ausmacht, auf, indem es über einen DBDPE-Gehalt von 96,47 Gew. % verfügt.
2)
Den nach alledem ihr obliegenden Beweis des Gegenteils, dass nämlich die angegriffene Ausführungsform nicht von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch mache, hat die Beklagte nicht zu führen vermocht.
a)
Vielmehr haben die überzeugenden und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen Prof. B, welche die Kammer sich nach selbständiger Überprüfung zueigen macht, ergeben, dass mittels dem von den Beklagten im Schriftsatz vom 21.7.2008 behaupteten Verfahren das angegriffene Erzeugnis nicht hergestellt worden sein kann. Der Sachverständige kommt vielmehr zum Ergebnis (vgl. Bromierungsversuch 2), dass bei Nachstellung der entsprechenden Herstellungsvorschrift ein Erzeugnis mit einem DBDPE-Gehalt von unter 90 Gew. % erhalten wird (vgl. S. 4 des Gutachtens; siehe Seite 5 des Protokolls Mitte). Aufgrund eines Eisengehaltes von ca. 80 ppm im Produkt nach Bromierungsversuch 2 gegenüber nur 0,011 ppm im Produkt gemäß Bromierungsversuch 1 bezweifelt der Sachverständige, dass das angegriffene Erzeugnis unter Verwendung von Eisenpulver als Katalysator hergestellt wurde; eine vollständige Entfernung des Eisens mittels Natrium-EDTA sei nicht möglich (Seite 14 Mitte des Protokolls). Die Einwendungen der Beklagten gegen die Versuchsdurchführung des Sachverständigen verfangen nicht. Soweit der Sachverständige Abweichungen gegenüber der Herstellungsvorschrift Ds vornahm, hat er nachvollziehbar erläutert, dass diese für das Ergebnis unerheblich, jedenfalls nicht nachteilig für die Beklagten waren:
Die unterlassene Verwendung einer Kugelmühle ist ohne Bedeutung, weil durch Mahlen als physikalische Form einer Zerkleinerung einer Substanz weder die Ausbeute noch die Selektivität, sondern nur die Partikelgröße eines Produkts beeinflussbar ist, und zwar selbst bei der Zugabe von Wasser als Agens, weil Diphenylethane hydrophob sind (Seite 3 unten sowie Seite 12 Mitte des Protokolls). Die Aufheizung auf 60 Grad in einer Stunde statt auf 55 Grad über drei Stunden kann die Ausbeute bzw. Selektivität nicht erniedrigt, sondern eher erhöht haben (Seite 4 des Protokolls oben). Zudem ist es chemisch undenkbar, dass eine Debromierung des Produkts über Nacht bei Raumtemperatur stattfinden könnte (Seite 4 des Protokolls oben). Zwar wurde die Reaktortemperatur nicht gemessen, jedoch konnte der Sachverständige bestätigen, dass die Innentemperaturen im Reaktor mit ganz geringen Abweichungen denjenigen außerhalb des Reaktors entsprachen (Seite 4 unten des Protokolls). Insofern ist es folgerichtig, dass der Sachverständige es nicht für möglich hält, dass selbst bei exakter Einhaltung der Vorgaben Ds ein Produkt mit 96,47 Gew. % DBDPE-Gehalt herstellbar wäre.
b)
Soweit die Beklagten Zeugenbeweise dafür angetreten haben, dass das angegriffene Erzeugnis mit der von ihnen behaupteten Herstellungsweise gewonnen wird, war dem nicht nachzukommen. Der Zeugenbeweis stellt angesichts des Umstandes, dass der Sachverständige mit überzeugender Begründung zu dem Ergebnis gekommen ist, das angegriffene Erzeugnis könne nicht nach der betreffenden Herstellungsvorschrift Ds produziert sein, kein taugliches Beweismittel dar. Sämtliche Bedenken der Beklagten gegen seinen Bromierungsversuch 2 hat der Sachverständige ausräumen können, so dass die Behauptung der Beklagten zur Herstellungsweise nicht zutreffen kann.
III.
Da den Beklagten der Beweis des Gegenteils betreffend den Vorwurf der Verletzung des Klagepatents nicht gelungen ist, sind sie der Klägerin gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, §§ 9, 139 Abs. 1 PatG im zu Ziffer I. des Tenors tenorierten Umfang zur Unterlassung verpflichtet. Die Passivlegitimation des Beklagten zu 2) folgt ohne Weiteres aus seiner satzungsgemäßen Funktion als Geschäftsführer, als solcher bestimmt er nämlich das Handeln der Beklagten zu 1) im Geschäftsverkehr und hat aufgrund seiner Stellung im Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass die Rechte Dritter beachtet werden (vgl. Kühnen/Geschke, a.a.O., Rn 559).
Die Beklagten trifft auch ein zumindest fahrlässiges Verschulden. Bei Anwendung der von ihm im Geschäftsverkehr zu fordernden Sorgfalt hätte der Beklagte zu 2) die Benutzung des Klagepatents erkennen und vermeiden können; dieses Fehlverhalten muss sich die Beklagte zu 1) gem. § 31 BGB zurechnen lassen. Ohne Erfolg stellen die Beklagten das Verschulden unter Hinweis auf das Schreiben gemäß Anlage B 17 vom 17.1.2005, worin D ihnen konkret bestätigt habe, dass das angegriffene Erzeugnis nicht gemäß dem Klagepatent hergestellt werde, in Abrede. Jeder Gewerbetreibende hat sich vor Aufnahme einer Benutzungshandlung bezüglich etwaig entgegen stehenden Schutzrechten Dritter zu vergewissern. Da eine erfolgte Patenterteilung in allgemein zugänglichen Quellen bekannt gemacht wird, kann aus dem Vorliegen einer rechtswidrigen Patentbenutzung in aller Regel auf ein zumindest fahrlässiges verschulden geschlossen werden (vgl. BGH, GRUR 1993, 460, 464 – Wandabstreifer). Das gilt prinzipiell auch für lediglich vertreibende Unternehmen wie die Beklagte (vgl. Kühnen/Geschke, 4. Auflage, Rn 652). Hat in der Zulieferkette bereits eine ernsthafte, sorgfältige und sachkundige Prüfung daraufhin stattgefunden, ob das Produkt Schutzrechte im Bestimmungsland verletzt, so reduziert sich die Pflicht des Händlers darauf, sich zu vergewissern, dass die Schutzrechtslage verlässlich verifiziert wurde (Kühnen/Geschke, Rn 654 m.w.N.). Eine allgemeine Haftungsfreizeichnungsklausel, mit der der Lieferant zusichert, dass Rechte Dritter nicht verletzt würden, reicht nicht (LG Mannheim, InstGE 7, 14 – Halbleiterbaugruppe). Dass die Beklagten sich einer gewissenhaften Prüfung der Schutzrechtslage zumindest auf Seiten Ds vergewisserten, ist nicht ersichtlich. Zwar werden in der B 17 vermeintliche Unterschiede zum Klagepatent genannt, jedoch ist es unklar, wer – ggf. ein Patentanwalt – konkret für die Prüfung verantwortlich ist. Für die Zeit nach Patenterteilung schulden die Beklagten daher Ersatz des Schadens, welcher der Klägerin entstanden ist und noch entstehen wird, Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG. Da die genaue Schadensersatzhöhe derzeit noch nicht feststeht, die Klägerin nämlich keine Kenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen durch die Beklagten hat, hat die Klägerin ein rechtliches Interesse gemäß § 256 ZPO daran, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach festgestellt wird. Um die Klägerin in die Lage zu versetzen, den ihr zustehenden Schadensersatz zu beziffern, sind die Beklagten verpflichtet, im zuerkannten Umfange über ihre Benutzungshandlungen Rechnung zu legen (§§ 242, 259 BGB, § 140b PatG).
Der – nur gegen die Beklagte zu 1) – zuerkannte Vernichtungsanspruch findet seine Grundlage in Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140a PatG.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.
Weder der nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 3.11.2010, noch die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 3.11., 15.11 und 19.11.2010 gaben einen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 296a, 156 ZPO).