4b O 161/09 – Separate Anmeldungen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1553

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. November 2010, Az. 4b O 161/09

I. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser dadurch entstanden ist und künftig entstehen wird, dass der Gegenstand der Patentanmeldung DE 10 2008 012 XXX.7 des Beklagten im Umfang der Ansprüche 1 bis 9 nach ihrer Veröffentlichung im Verhältnis zu den denselben Erfindungsgegenstand betreffenden nationalen und internationalen Patentanmeldungen der Klägerin neuheitsschädlich ist.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist wegen der durch die Klageanträge I. sowie II.1. und 2. verursachten Kosten ohne Sicherheitsleistung und wegen der weiteren Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein auf die Belieferung von Zubehör für die Hütten- und Stahlindustrie spezialisiertes Unternehmen. Der Beklagte, ein Diplom-Kaufmann, ist Mitgesellschafter der Klägerin zu einem Anteil von 40 %. In der Zeit vom 23.8.1978 bis zum 31.12.2007 war er auch Mitgeschäftsführer der Klägerin. Während seiner Zeit als Mitgeschäftsführer war er unter anderem für die „Forschung und Entwicklung“ im Hause der Klägerin zuständig. Sämtliche Erfindungen betreffend den Geschäftsgegenstand der Klägerin, für die der Beklagte in Schutzrechtsanmeldungen als Allein- oder Miterfinder benannt wurde, wurden auf den Namen der Klägerin angemeldet.

Im Vorfeld der Fachmesse „A“ führte Herr Patentanwalt B am 3.5.2007 ein Gespräch über Schutzrechtsanmeldungen im Hause der Klägerin, an dem auch der Mitgeschäftsführer Dr. C, Herr D und zwei weitere Mitarbeiter der Klägerin teilnahmen. Der inhaltliche Hergang des Gesprächs ist im Einzelnen streitig zwischen den Parteien. Thema des Gesprächs waren jedenfalls fünf verschiedene Erfindungskomplexe: 1. Lanzenhalter mit Kugelfixierung (vgl. Ansprüche 1 – 9 der Anlage K 3; 2. Drehventil für den Gaszufluss (vgl. Ansprüche 10 – 15 der Anlage K 3), 3. Chip für die Datenspeicherung (vgl. Ansprüche 16 – 19 der Anlage K 3, 4. Nanobeschichtung (vgl. Ansprüche 20 – 22 der Anlage K 3), 5. Schnellkupplung (vgl. Ansprüche 23 – 34 der Anlage K 3).

Am 16.5.2007 teilte der Beklagte Herrn Patentanwalt B mit, dieser solle die Schutzrechtsanmeldung nicht an die Geschäftsadresse der Klägerin, sondern an die Privatadresse des Beklagten schicken. In der Vergangenheit hatte Patentanwalt B bereits andere Schutzrechtsanmeldungen an die Privatadresse des Beklagten geschickt. Mit Schreiben vom 22.5.2007 übersandte Patentanwalt B die aus Anlage K 3 ersichtliche Anmeldung an den Beklagten, wobei er nicht davon ausging, für den Beklagten als Privatperson, sondern für die Klägerin zu handeln.

Im Juni bzw. Dezember 2007 wies der Beklagte Patentanwalt B an, die Erfindungskomplexe „Drehventil für den Gaszufluss“ sowie „Schnellkupplung“ aus der Anmeldung herauszunehmen und zum Gegenstand separater Anmeldungen zu machen. Aufgrund dessen wurden diesbezüglich zwei gesonderte Anmeldungen auf den Namen der Klägerin formuliert und nach Freigabe durch den Beklagten beim DPMA eingereicht. Auf Anregung des Beklagten wurden Herr D und er selbst als Miterfinder angegeben. Nachdem der Beklagte zum 31.12.2007 aus der Geschäftsleitung der Klägerin ausgeschieden war, fasste man im Hause der Klägerin den Entschluss, auch den Erfindungskomplex „Lanzenhalter mit Mehrtoleranzen-Spannkopf“ ebenfalls zur Anmeldung zu bringen.

Am 18.2.2008 wies der Beklagte den Sohn des Patentanwalts B telefonisch an, diese Erfindung auf keinen Fall im Namen der Klägerin, sondern in seinem – des Beklagten – Namen anzumelden, wobei er nicht erwähnte, aus der Geschäftsleitung inzwischen ausgeschieden zu sein; seinen entsprechenden Willen unterstrich der Beklagte mit Schreiben vom 28.3.2008 (Anlage B 12). Patentanwalt B sah sich nicht in der Lage, dem ohne entsprechende Weisung der Klägerin nachzukommen. Vielmehr legte er mit Schreiben vom 28.3.2005 eine entsprechende auf den Namen der Klägerin lautende Patentanmeldung gemäß Anlage K 5 vor, wogegen der Beklagte schriftlich protestierte (Anlage K 6). Die betreffende Anmeldung gemäß Entwurf in Anlage K 5 wurde am 15.4.2008 beim DPMA eingereicht (Az. 10 2008 019 XXX.2). Ferner wurde am 4.4.2009 eine entsprechende europäische Anmeldung mit dem Aktenzeichen EP 09 005 XXX.9 eingereicht und es erfolgten Anmeldungen in Australien, Brasilien, Kanada, China, Indonesien, Indien, Japan, Korea, Taiwan, USA und Südafrika, wobei jeweils der Beklagte als Miterfinder benannt wurde (vgl. zu den Anmeldedaten die Übersicht gemäß Anlage B 6). Der Beklagte hatte bereits am 4.3.2008 auf seinen Namen eine eigene Schutzrechtsanmeldung betreffend u.a. den Erfindungskomplex „Lanzenhalter mit Mehrtoleranzen-Spannkopf“ unter dem Aktenzeichen 10 2008 012 XXX.7 beim DPMA eingereicht (Anlage K 9). In der ebenfalls vom Beklagten vorgenommenen PCT-Anmeldung gab er an, Alleinerfinder zu sein (vgl. Anlage K 24). Mit Schreiben vom 13.3.2009 (Anlage B 5) wies der Beklagte den Mitgesellschafter F darauf hin, bereits Schutzrechtsanmeldungen im eigenen Namen getätigt zu haben. Der Text der Anmeldung des Beklagten entspricht zu ca. 95 % der von Patentanwalt B gemäß Anlage K 3 ausgearbeiteten Anmeldung (vgl. die farbliche Illustration in Anlage K 10). Mit Schreiben vom 31.3.2009 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung eine weitere PCT-Anmeldung beim EPA mit dem Aktenzeichen PCT/EP2009/001XXX vorgenommen hatte. Mit anwaltlichem Schreiben vom 6.5.2009 (Anlage K 12) machte der Beklagte geltend, alleiniger Erfinder betreffend den Komplex „Lanzenhalter mit Mehrtoleranzen-Spannkopf“ zu sein; die Klägerin müsse mit einer Inanspruchnahme wegen Patentverletzung rechnen, wenn sie nicht bereits sei, eine Lizenz zu nehmen. Am 19.7.2010 gab der Beklagte sämtliche zur Übertragung der streitgegenständlichen Schutzrechte auf die Klägerin erforderlichen Erklärungen ab und unterzeichnete die insoweit nötigen Formulare.

Die Kammer hat in Bezug auf den Klageantrag zu Ziffer I. der Klageschrift (Blatt 3 – 4 GA) am 14.9.2010 das aus Blatt 114 f. GA ersichtliche Teilanerkenntnisurteil erlassen.

Die Klägerin hat ursprünglich mit ihren Klageanträgen zu Ziffer II.1. und 2. (siehe im Einzelnen Blatt 4 GA) negative Feststellungsanträge gestellt. Insoweit haben die Parteien am 14.9.2010 übereinstimmende Teilerledigungserklärungen abgegeben, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 9.7.2010 auf jegliche Vergütungsansprüche gegen die Klägerin wegen Benutzung der technischen Lehre seiner Anmeldung verzichtet hat. Die Klägerin hat insoweit im Wesentlichen behauptet: Der Beklagte habe zu dem Erfindungskomplex „Lanzenhalter mit Mehrtoleranzen-Spannkopf“ keinerlei technische Gedanken beigesteuert, diese stammten allesamt von ihrem Mitarbeiter Herrn D. Das gelte auch für die bevorzugten Weiterbildungen in den Unteransprüchen 2 – 9. Zu einer solchen Erfindung sei der Beklagte mangels jedweder ingenieurmäßigen Vorbildung und Erfahrung gar nicht in der Lage gewesen. Herr C habe schon seit dem Jahre 2000 erste Entwicklungen im Zusammenhang mit Spannproblemen bei zölligen Rohren getätigt, die er seinerzeit durch das Vorhalten größerer Toleranzen habe lösen wollen. Schon damals habe Herr D erkannt, dass es sehr vorteilhaft sein könnte, Lanzenhalter mit größerem Spannbereich vorzuhalten; damals habe nur noch kein dringendes Bedürfnis für die praktische Umsetzung dieser Erkenntnis gegeben. Die Figuren zur Anmeldung gemäß Anlage K 3 habe allein Herr D beigesteuert. Soweit die Anmeldung des Beklagten gemäß Anlage K 10 gegenüber der Anlage K 3 überhaupt einen Überschuss aufweise, handele es sich um ein bloß handwerkliches Äquivalent. In einem Gespräch mit Herrn D habe der Beklagte zugestanden, dass Herrn C ein Miterfinderanteil gebühre. Der Beklagte komme nur im Hinblick auf die Erfindungskomplexe „Chip für die Datenspeicherung“ und „Nanobeschichtung“ als Erfinder/Miterfinder in Betracht, wobei es sich allerdings um reine „Aufgabenerfindungen“ handele.

Der Beklagte hat in Bezug auf die für erledigt erklärten Anträge zu II.1. und 2. im Wesentlichen behauptet: Er habe über das notwendige Konstruktionswissen und die technische Erfahrung verfügt, da er Stahlwerke besucht und mit den Stahlarbeitern sowie Verwaltungsmitarbeitern über deren betreffenden Wünsche und Probleme gesprochen habe. Er habe sich mit sämtlichen technischen Details der Produktionsverfahren in Schmelz- und Gießbetrieben der Stahlwerke, in denen Sauerstofflanzen zum Einsatz kamen, vertraut gemacht. Nur durch diese Beobachtungen vor Ort ließen sich etwaige Produktnachteile erkennen und in die Produktentwicklung einbringen. Bereits seit den 1990er Jahren habe er sich mit dem Problem der Gefahr des Wegrutschens gebogener Lanzen bei deren Einsatz beschäftigt. Er habe die Aufgabe formuliert, einen Lanzenhalter bereitzustellen, der eine gewisse Toleranz hinsichtlich der Außendurchmesser der aufzunehmenden Metallrohre verfügt. Einen ersten Anhaltspunkt für die Lösung der Aufgabe, eine flexiblere Aufnahmevorrichtung zu schaffen, habe er dem für Gartenschläuche gebräuchlichen Schnellverschluss entnommen. Er habe Herrn C darauf hingewiesen, dass der beim Unternehmen G verbaute Lanzenhalterkopf vorteilhafter sei als der seinerzeit bei der Klägerin benutzte. Er habe Herrn D ausweislich des aus Anlage B 2 ersichtlichen Gesprächsprotokolls vom 22.2.2006 diverse Vorgaben im Hinblick auf die Ausarbeitung eines Musters gemacht. Zugleich sei Herrn D das Ziel der Konstruktion vom Beklagten vorgegeben worden. Insofern habe er die Aufgabenstellung formuliert und die Definition der im Einzelnen einzusetzenden Mittel zur Lösung der Aufgabe durch den Beklagten erdacht und vorgegeben. Auf der Basis dieser Vorgaben habe Herr D Muster und Zeichnungen entworfen. Er habe auch wichtige Einzelteile der Lösung definiert, wie z.B. die Verwendung und Funktion von drei Kugeln statt einer Spannzange im Lanzenhalter. Der dem Zeugen D zustehende Miterfinderanteil betrage nicht mehr als 20 %. Lediglich das Drehventil sei auf eine eigenständige Idee des Herrn D zurückgegangen. Die Idee, das Gehäuse für den Chip nicht aus Kunststoff, sondern aus Metall herzustellen, stamme nicht von diesem; bereits im Jahre 2006 habe das Unternehmen H solche Chipträger angeboten.

Die Klägerin meint in Bezug auf den Klageantrag zu II.3., ihr sei aufgrund eigenmächtiger Patentanmeldungen des Beklagten ein Schaden entstanden. Zunächst seien ihre eigenen Patentanmeldungen fehlgeschlagen, da sie durch jene des Beklagten neuheitsschädlich getroffen seien. Die vergeblich aufgewandten Kosten beliefen sich auf mindestens EUR 56.811,29 (vgl. Anlage K 15). Das Schreiben des Beklagten gemäß Anlage B 5 habe eine gänzlich unsubstantiierte Berühmung eigener Anmeldungen ohne jegliche Überprüfungsmöglichkeit enthalten. Soweit sie zeitlich nachfolgend Auslandsanmeldungen vorgenommenen habe, sei dies berechtigterweise aus Gründen äußerster Vorsorge erfolgt, unter anderem weil eine Deckungsgleichheit mit ihrer eigenen Anmeldung nicht festgestanden habe. Sodann sei zu beachten, dass ihr erhebliche Zusatzkosten dadurch entstanden seien, dass der Beklagte die PCT-Übertragung auf sie unnnötig verzögert habe; eine bedingungsfreie Übertragungserklärung habe erst am 23.7.2010 vorgelegen. Aufgrund dieser Verzögerung habe nicht in allen Ländern sogleich auf ihren Namen umgemeldet werden können, sondern es habe teilweise erst eine Nationalisierung im Namen des Beklagten erfolgen müssen. Allein durch die später notwendigen Umschreibungen entstünden weitere Kosten. Schließlich bestehe folgende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens: In den USA sei eine nachträgliche Benennung des Herrn D als (Mit-)Erfinder nicht mehr möglich. Wenn es in den USA zu einem Patentverletzungsprozess komme, drohe diese Klage abgewiesen zu werden, wenn herauskommen sollte, dass der vorsätzlich als Alleinerfinder benannte Beklagte allenfalls Miterfinder sei. Insofern sei dort eine Monopolstellung der Klägerin nicht hinreichend gesichert.

Die Klägerin beantragt zuletzt noch,

wie zu Ziffer I. des Tenors erkannt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage – soweit in der Hauptsache noch entscheidungsbedürftig – abzuweisen.

Der Beklagte meint, seine Anmeldungen könnten nicht zur Folge haben, dass der Klägerin kein Patentschutz zugute komme. Die Schutzrechtsanmeldungen seien gemäß deren eigenem Zeitplan durchgeführt worden; etwaige Verzögerungen gingen nicht zu seinen Lasten. Bei den Aufwendungen der Klägerin für deren eigene Anmeldungen handele es sich um Sowieso-Kosten: Sie sei – unstreitig – nun Inhaberin der von ihm getätigten Anmeldungen sei, für welche – unstreitig – allein er die Kosten getragen habe. Nach US-amerikanischem Recht sei es nicht erforderlich, sämtliche Erfinder in der Anmeldung zu benennen. Schädlich sei nur die Nennung eines Nichterfinders. Eine nachträgliche Erfinderbenennung sei unproblematisch möglich. Er habe sich anlässlich der Anmeldung „mit Fug und Recht als Alleinerfinder benennen dürfen“. Insofern habe für die Klägerin die Möglichkeit bestanden, die zutreffende Angabe des Herrn D zusammen mit der Übertragung nachzuholen; dass solches (bislang) nicht erfolgt sei, habe sich die Klägerin selbst zuzuschreiben.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Der im Hinblick auf das erfolgte Teilanerkenntnisurteil und die teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärungen in der Hauptsache allein noch zur Entscheidung stehende Klageantrag zu Ziffer II.3. ist gemäß § 256 ZPO zulässig. Das unter anderem notwendige Feststellungsinteresse ist gegeben, da die Klägerin derzeit unverschuldet nicht in der Lage ist, ihre (drohenden) Schäden zu beziffern. Insoweit reicht es bereits aus, wenn lediglich einzelne Schadenspositionen noch nicht bezifferbar sind (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 1520), um insgesamt einen Feststellungsantrag stellen zu dürfen.

II.

Der Klageantrag zu Ziffer II.3. ist auch begründet.

Zu Recht stellt der Beklagte nicht in Abrede, dass der Klägerin (als Rechtsnachfolgerin des Herrn D i.S.v. § 6 S.1 a.E. PatG) jedenfalls dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Erfinderrechts – als sonstigem Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB – zusteht. Der Beklagte führte eine rechtswidrige und schuldhafte, eigenmächtige Anmeldung unter der Berühmung seiner Alleinerfinderschaft durch.

Die zwischen den Parteien in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht allein streitige Frage, ob der Klägerin in adäquat kausaler Weise auch ein Schaden entstand bzw. künftig entstehen wird, ist zugunsten der Klägerin zu beantworten. Für die Begründetheit der Feststellungsklage ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht; ob und was für ein Schaden entstanden ist oder noch entstehen wird, braucht nicht festgestellt zu werden (BGH, GRUR 1960, 423, 426); es genügt, wenn nach den Erfahrungen des Lebens der Eintritt eines Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten steht (BGH GRUR 1972, 180, 183; 2001, 1177, 1178). Eine dementsprechende Schadenswahrscheinlichkeit liegt hier jedenfalls aufgrund folgenden Umstandes vor:

Die Klägerin hat unter anderem durch Vorlage der Anklage K25 glaubhaft gemacht, dass eine Person, welche sich als alleiniger Erfinder geriert, obwohl sie in Wahrheit (nur) Miterfinder ist, gegen die US-Gesetze gegen Meineid verstoße, was das Patent ungültig mache, und zudem einem verklagten mutmaßlichen Verletzer des betreffenden Patents Schadensersatz und Anwaltsgebühren wegen Betruges gegenüber dem Patentamt während der Patenterteilung erwachsen könnten. Nach §1.56 (Duty to disclose information material to patentbility, vgl. Anlage K 29) gilt in den USA, dass ein Erfinder die Pflicht zur Ehrlichkeit und zu gutem Glauben während der Patenterteilung hat. Wird eine „falsche“ Erfinderschaft in Täuschungsabsicht angegeben, kann dies zur Unwirksamkeit/mangelnden Durchsetzbarkeit des Patents führen (vgl. §1.48, Correction of inventorship in a patent application, Anlage K 29). Auch die mit Täuschungsabsicht unterlassene Benennung eines Erfinders kann zur Unwirksamkeit und mangelnden Durchsetzbarkeit des Patents führen. Insofern mag zwar die bloß irrtümliche Nichtbenennung weiterer Erfinder einer nachträglichen Korrektur der Patentanmeldung nicht entgegenstehen. Im Falle einer vorsätzlichen Nichtbenennung eines weiteren Erfinders besteht diese Möglichkeit jedoch nicht.

Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass der Beklagte Herrn D mit entsprechender Täuschungsabsicht gegenüber dem Patentamt nicht als Miterfinder benannte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ihm seinerzeit nicht bewusst war, dass Herrn D jedenfalls ein Miterfinderanteil gebührte. Ihm war klar, dass Herr D jedenfalls einen Miterfinderanteil an dem Komplex „Mehrtoleranzen-Spannkopf“ von 20% innehatte, um eine Zurückweisung der Patentanmeldung allein auf ihn zu verhindern. Jedenfalls hat der Beklagte nicht dargetan, dass ihm erst später tatsächliche Umstände bekannt geworden seien, die ihm alsdann Anlass gegeben hätten, zu der in seinem Schriftsatz vom 12.2.2010 (Seite 10) vorgenommenen Wertung zu kommen.

Insofern mag die Klägerin zwar auch in den USA Inhaberin eines betreffenden Patents geworden sein. Zu Recht verweist sie aber darauf, dass es sich hierbei letztlich um ein bloßes „Formalrecht“ handelt, aus welchem sie im potentiellen Streitfall nur mit größtem Risiko vorgehen könnte. Denn im Hinblick auf ihre Kenntnis der Gesamtumstände des Erteilungsverfahrens könnte sie sich dem Vorwurf des Betruges aussetzen, wenn sie aus diesem Patent mutmaßliche Verletzer in Anspruch nehmen sollte. Jedenfalls besteht lediglich eine eingeschränkte Durchsetzbarkeit des US-Patents, was einen zu ersetzenden Schaden darstellt. Denn allein die Gefahr, dass die Hintergründe der unzutreffenden Erfinderbenennung zutage treten könnten, genügt insoweit, da der Schutzanspruch letztlich nur durch ein unlauteres Verhalten ihrerseits durchsetzbar wäre.

Soweit der Beklagte demgegenüber die Auffassung vertritt, es sei nach amerikanischen Recht nicht erforderlich, sämtliche Erfinder in der Anmeldung zu benennen, wird das durch die von ihm vorgelegte Erklärung eines amerikanischen Patentanwalts gemäß Anlage B14 nicht belegt. Es heißt dort lediglich, es gebe „ein relativ einfaches Verfahren für die Hinzufügung bzw. Streichung eines Erfinders in einer Patentanmeldung“. Probleme beim Übergang in die nationale Phase in den USA kann Patentanwalt I vielmehr nicht mit Gewissheit ausschließen (vgl. Anlage B 14; „kein Problem sein… dürfte“).

III.

Die auf den – bereits durch Teilanerkenntnisurteil beschiedenen – Klageantrag zu I. und den Klageantrag zu II.3. entfallenden Kosten des Rechtsstreits hat der insoweit unterlegene Beklagte gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu tragen.

Auch die mit den ursprünglichen Klageanträgen zu II.1. und 2. verbundenen Kosten fallen dem Beklagten gem. § 91a ZPO zur Last. Gemäß § 91a ZPO ist im Falle (teilweise) übereinstimmender Erledigungserklärungen der Parteien über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärung des Beklagten am 14.9.2010 wären die Klageanträge zu II.1. und 2. voraussichtlich erfolgreich gewesen. Die Klageanträge waren zulässig, insbesondere bestand das erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO, weil der Beklagte sich unstreitig gegenüber der Klägerin der Inhaberschaft von Lizenzgebührenzahlungsansprüchen berühmt hatte.

Die Klageanträge hätten auch in der Sache Erfolg gehabt. Dass der Beklagte Mit- oder Alleinerfinder des Gegenstands der Ansprüche 1 – 9 der betreffenden deutschen Patentanmeldung und/oder der PCT-Anmeldung war, hätte sich ebenso wenig feststellen lassen wie der Umstand, dass der Beklagte Alleinerfinder des Gegenstands der betreffenden Ansprüche 10 – 14 sei. Erfinder ist derjenige, der den Erfindungsgedanken erkennt, d.h. dessen schöpferischer Tätigkeit die Erfindung entspringt (Benkard/Grabinski, 10. Auflage, § 6 Rn 3). Wie die Kammer bereits im Hinweis zu Protokoll des Haupttermins zum Ausdruck gebracht hat, war der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet für die tatsächlichen Umstände, aus denen sich seine (Mit-) Erfinderschaft ergeben könnte. Denn im Rahmen der negativen Feststellungsklage stellt sich die maßgebliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht anders dar, als wenn der Beklagte selbst eine Leistungsklage – gestützt auf seine vermeintlichen Erfinderrechte – gegen die Klägerin angestrengt hätte, bspw. auf Zahlung von Lizenzgebühren (vgl. allgemein BGH, NJW 1993, 1716, 1717). Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten erklärte zu Protokoll, dass der Beklagte für seine maßgeblichen tatsächlichen Behauptungen keinen Beweis antreten könne. Insofern wäre er also voraussichtlich beweisfällig geblieben. Soweit er unter Berufung auf das Zeugnis des Patentanwalts B vorgebracht hat, diesem sämtliche Informationen für die Anmeldungen übermittelt zu haben, ist das keine taugliche Grundlage für die Annahme seiner (Mit-)Erfinderschaft, da er diese zuvor von Herrn D erhalten haben kann.

Eine abweichende Kostenverteilung aus Billigkeitsgründen ist nicht veranlasst. Derartige Gründe vermochte auch der Beklagte nicht aufzuzeigen.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich der den Klageantrag zu I. betreffenden Kosten auf § 708 Nr. 1 ZPO. Bezüglich der Kosten wegen der Klageanträge zu II.1. und 2. war zu beachten, dass die Klägerin insoweit nicht schlechter gestellt werden darf, als wenn über diese durch Beschluss nach § 91a ZPo entscheiden worden wäre – ein solcher Beschluss wäre aber bereits seiner Rechtsnatur nach ohne Sicherheitsleistung (vorläufig) vollstreckbar. Im Übrigen beruht die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.