4b O 139/15 – Aufbereitungshandlung

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2665

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 04. Mai 2017, Az. 4b O 139/15

I.
Die Beklagte wird verurteilt an die Klägerin € 1.141,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank p.a. ab dem 10.01.2016 zu zahlen.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Parteien jeweils zur Hälfte.
IV.
Für die Klägerin ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Für die Beklagte ist das Urteil vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand

Die Klägerin hat für die Inhaber bzw. Nutzungsberechtigten der Sorten „A“, „B“, „C“, „D“, „E“, „F“, „G“, „H“, „I“, „J“, „K“, „L“, „M“, „N“, „O“, „P“, und „Q“ im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Auskunft und Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung sowie die Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten geltend gemacht.

Die Beklagte ist eine Aufbereiterin. Sie bereitete in den Wirtschaftsjahren 2011/2012, 2012/2013 und 2013/2014 die oben genannten Sorten durch Reinigung und Beizen für die Aussaat in landwirtschaftlichen Betrieben auf.

Die Klägerin forderte die Beklagte wiederholt für die streitgegenständlichen Wirtschaftsjahre (2011/2012, vgl. Anlagen K7 – K10; 2012/2013, vgl. Anlagen K13 – K16; 2013/2014, vgl. Anlagen K19 – K21) erfolglos zur Auskunft über Aufbereitungshandlungen auf. Mit Schreiben vom 04.09.2015 (Anlagen K 12, K 18 und K 23) forderten dann nochmals die klägerischen Prozessbevollmächtigten die Beklagte wiederum erfolglos zur Abgabe der Auskunft unter Fristsetzung bis zum 18.09.2015 auf.

Mit Schreiben vom 15.11.2015 erteilte die Beklagte Auskunft, ohne jedoch Sortenbezeichnungen des jeweils aufbereiteten Ernteguts sowie Zeitpunkt und Ort der Aufbereitung anzugeben. Ferner fehlte es teilweise an Mengenangaben, Differenzierung zwischen Rohware und aufbereiteter Saatware sowie an der Angabe von Anschriften.

Auf der ersten Stufe ihrer Klage hat die Klägerin zunächst Auskunft über die Aufbereitungshandlungen der Beklagten mit den zuvor genannten Sorten für die Wirtschaftsjahre 2011/2012, 2012/2013 und 2013/2014 sowie Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.236,20 EUR gefordert. Die Beklagte hat den Auskunftsanspruch anerkannt. Mit Teilanerkenntnisurteil vom 19.02.2016 ist die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft verurteilt worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Gegenstandswert von € 10.000,00 pro Wirtschaftsjahr für den Auskunftsanspruch gegen einen Aufbereiter nicht übersetzt sei. Dem Anspruch komme ein höherer Wert zu als dem Auskunftsanspruch gegen einen einzelnen Landwirt, der üblicherweise mit ca. € 1.000,00 angesetzt werde. Der Aufbereiter erteile demgegenüber Auskunft über das Anbauverhalten einer Vielzahl von Landwirten, nämlich zwischen 22 und 41 in den streitgegenständlichen Wirtschaftsjahren. Schließlich habe es sich um drei gesonderte Mahnungsaufträge jeweils in Bezug auf ein bestimmtes Wirtschaftsjahr gehandelt. Insoweit seien die drei Gegenstandswerte nicht zu addieren.

Nachdem die Beklagte ihrer Auskunftsverpflichtung im Laufe des Verfahrens nachgekommen ist, hat die Klägerin den auf der zweiten Stufe angekündigten Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung fallengelassen.

Sie beantragt nunmehr nur noch,

an die Klägerin € 2.236,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Berechnung der außergerichtlichen Anwaltskosten sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen sei der zugrundliegende Streitwert unangemessen hoch angesetzt. Schließlich habe es sich um ein sofortiges Teilanerkenntnis gehandelt. Dementsprechend treffe die Kostenlast insoweit die Klägerin.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 1.141,90 gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu.

Die Beklagte befand sich zum Zeitpunkt der Mahnung der Prozessbevollmächtigten mit der Erteilung der Auskunft bereits in Verzug. Allerdings hat die Klägerin lediglich einen Anspruch auf Zahlung von € 1.141,90. Bei der Berechnung der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten war ein Gegenstandswert von € 30.000,00 zugrundezulegen. Bei den Auskunftsansprüchen im Hinblick auf drei verschiedene Wirtschaftsjahre handelt es sich nicht um verschiedene Angelegenheiten, sondern um verschiedene Gegenstände in derselben Angelegenheit (§ 22 RVG). Ob von einer oder mehreren Angelegenheiten auszugehen ist, lässt sich nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände beantworten, wobei insbesondere der Inhalt des erteilten Auftrags maßgeblich ist. Weisungsgemäß erbrachte anwaltliche Leistungen betreffen in der Regel dieselbe Angelegenheit, wenn zwischen ihnen ein innerer Zusammenhang besteht und sie sowohl inhaltlich als auch in der Zielrichtung so weitgehend übereinstimmen, dass von einem einheitlichen Rahmen anwaltlicher Tätigkeit gesprochen werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 24.03.2016, Az. III ZB 116/15). Zwischen den Auskunftsansprüchen besteht ein innerer Zusammenhang. So stimmt ihre Zielrichtung überein und ihre Geltendmachung wurde auch von den Prozessbevollmächtigten weitgehend einheitlich bearbeitet, was sich schon daran zeigt, dass die drei Mahnungsschreiben wortidentisch verfasst sind. Hier kann von einem einheitlichen Rahmen der Tätigkeit ausgegangen werden. Insoweit war die 1,3 Geschäftsgebühr auf den addierten Gegenstandswert von € 30.000,00 in Ansatz zu bringen und die Auslagenpauschale von € 20,00 hinzuzurechnen. Der Gegenstandswert in Höhe von € 30.000,00 ist hingegen nicht zu beanstanden. Dem Auskunftsanspruch gegen einen Aufbereiter, der diverse Aufbereitungen diverser Sorten vornimmt, kommt ein entsprechend höherer wirtschaftlicher Wert zu als dem Auskunftsanspruch gegenüber einem einzelnen Landwirt. Da sich letzterer – orientiert an den durchschnittlichen Nachbaugebühren in den streitgegenständlichen Wirtschaftsjahren – auf ca. € 1.000,00 pro Jahr beläuft, erscheint der Gegenstandswert von € 30.000,00 nicht übersetzt, sondern angemessen. Die Kosten waren vorliegend auch zur Wahrnehmung und Durchsetzung der Rechte der Klägerin erforderlich und zweckmäßig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. § 93 ZPO findet keine Anwendung, da kein sofortiges Anerkenntnis seitens der Beklagten vorliegt. Ungeachtet dessen, dass die Klägerin den Zugang des Schreibens vom 15.11.2015 bestreitet, hat die Beklagte selbst bei unterstelltem Zugang weiterhin Veranlassung zur Klage gegeben, weil es sich hierbei um eine unvollständige Auskunft handelte. Auf den Inhalt des Beschlusses der Kammer vom 14.09.2016 wird verwiesen. Die Beklagte hat den Auskunftsanspruch erst nach Erlass dieses Beschlusses und damit nach Klageerhebung erfüllt. Wer aber nicht einmal nach Klageerhebung erfüllt, von dem war die freiwillige Leistung auch nicht früher zu erwarten (vgl. Zöller/Herget, 31. Aufl., § 93 Rn. 3).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Der Streitwert wird auf € 30.000,00 festgesetzt.