4b O 120/15 – Bilderzeugungsvorrichtung

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2664

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 20. April 2017, Az. 4b O 120/15

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Bilderzeugungsvorrichtung, die die Scherwellen verwendet, um ein streuendes viskoelastisches Medium zu beobachten, das die Ultraschalldruckwellen reflektierende Teilchen enthält,
wobei diese Vorrichtung Anregungsmittel zur Erzeugung einer elastischen Scherwelle im viskoelastischen Medium und Erfassungsmittel aufweist, um mittels mindestens einer Ultraschalldruckwelle die Verschiebung des der Scherwelle ausgesetzten viskoelastischen Mediums zu beobachten,
dadurch gekennzeichnet, dass
die Anregungsmittel ausgelegt sind, um an das viskoelastische Medium eine Anregung in Form eines niederfrequenten Impulses anzulegen, der eine zentrale Frequenz f aufweist, die zwischen 20 und 5000 Hz liegt,
wobei dieser niederfrequente Impuls eine Dauer zwischen 1/2f und 20/f hat, dass die Erfassungsmittel ausgelegt sind, um die Ausbreitung der Scherwelle gleichzeitig an einer Vielzahl von Punkten im beobachteten Medium zu beobachten,
wobei diese Punkte ein im Wesentlichen kontinuierliches Beobachtungsfeld bilden, das sich mindestens gemäß einer ersten Achse (X) erstreckt, wobei die Erfassungsmittel ausgelegt sind, um
 im beobachteten Medium eine Folge von mindestens 10
Ultraschalldruckwellenschüssen mit einer Taktfolge zwischen 100 und 100 000 Schüssen pro Sekunde abzugeben,
 die von den reflektierenden Teilchen des viskoelastischen Mediums bei jedem Ultraschallwellenschuss erzeugten Echos in Echtzeit zu erfassen und aufzuzeichnen, wobei diese Echos aufeinander folgenden Bildern des beobachteten Mediums entsprechen, und dass die Vorrichtung außerdem Bildverarbeitungsmittel aufweist, die ausgelegt sind, um zeitverzögert die ausgehend von den Beobachtungsmitteln erhaltenen Bilder mindestens durch Interkorrelation zwischen aufeinander folgenden Bildern zu verarbeiten, um an jedem Punkt des Beobachtungsfelds einen Bewegungsparameter zu bestimmen, der aus der Verschiebung und der Verformung des viskoelastischen Mediums ausgewählt wird, um so eine Folge von Bildern zu erhalten, die die Entwicklung des Bewegungsparameters des viskoelastischen Mediums unter der Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle zeigen;

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken einzuführen und/oder zu besitzen,

2. den Klägerinnen darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. 1 begangenen Handlungen seit dem 21.07.2006 begangen hat, und zwar unter der Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. den Klägerinnen darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I. 1 bezeichneten Handlungen seit dem 21.07.2006 begangen haben, und zwar insbesondere unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt den Klägerinnen einem von ihnen zu bezeichnenden, ihnen gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet den Klägerinnen auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer, Angebotsempfänger und/oder Lieferungen in der Aufstellung enthalten sind;

4. die unter I. 1 bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents erkannt hat, aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird;

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die vorstehend unter Ziffer I. 1 bezeichneten, nach dem 21.07.2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 300.000,00 vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand

Die Klägerinnen nehmen die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des in französischer Verfahrenssprache erteilten europäischen Patents 1 169 XXX B1 (Anlage K4, deutsche Übersetzung DE 600 28 XXX T2 als Anlage K5, nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Die Klägerin zu 2) ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 13.03.2000 unter Inanspruchnahme der Priorität der FR9903XXX vom 15.03.1999 angemeldet wurde. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 09.01.2002 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 21.06.2006 bekanntgemacht. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft. Über die von der Beklagten erhobene, das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht ist noch nicht entschieden worden.

Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bilderzeugung durch Verwendung von Scherwellen. Der Klagepatentanspruch 16, dessen Verletzung die Klägerinnen vorliegend geltend machen, lautet in deutscher Übersetzung:

„Bilderzeugungsvorrichtung, die die Scherwellen verwendet, um ein streuendes viskoelastisches Medium (1) zu beobachten, das die Ultraschalldruckwellen reflektierende Teilchen (5) enthält, wobei diese Vorrichtung Anregungsmittel (2) zur Erzeugung einer elastischen Scherwelle im viskoelastischen Medium und Erfassungsmittel (CPU; Ti, Ei, Mi) aufweist, um mittels mindestens einer Ultraschalldruckwelle die Verschiebung des der Scherwelle ausgesetzten viskoelastischen Mediums zu beobachten,
dadurch gekennzeichnet, dass die Anregungsmittel (2) ausgelegt sind, um an das viskoelastische Medium (1) eine Anregung in Form eines niederfrequenten Impulses anzulegen, der eine zentrale Frequenz f aufweist, die zwischen 20 und 5000 Hz liegt, wobei dieser niederfrequente Impuls eine Dauer zwischen 1/2f und 20/f hat, dass die Erfassungsmittel (CPU, Ti, Ei, Mi) ausgelegt sind, um die Ausbreitung der Scherwelle gleichzeitig an einer Vielzahl von Punkten im beobachteten Medium zu beobachten, wobei diese Punkte ein im Wesentlichen kontinuierliches Beobachtungsfeld bilden, das sich mindestens gemäß einer ersten Achse (X) erstreckt, wobei die Erfassungsmittel ausgelegt sind, um:
– im beobachteten Medium eine Folge von mindestens 10 Ultraschalldruckwellenschüssen mit einer Taktfolge zwischen 100 und 100 000 Schüssen pro Sekunde abzugeben,
– die von den reflektierenden Teilchen des viskoelastischen Mediums bei jedem Ultraschallwellenschuss erzeugten Echos in Echtzeit zu erfassen und aufzuzeichnen, wobei diese Echos aufeinander folgenden Bildern des beobachteten Mediums entsprechen,
und dass die Vorrichtung außerdem Bildverarbeitungsmittel (CPU, S, DSP) aufweist, die ausgelegt sind, um zeitverzögert die ausgehend von den Beobachtungsmitteln erhaltenen Bilder mindestens durch Interkorrelation zwischen aufeinander folgenden Bildern zu verarbeiten, um an jedem Punkt des Beobachtungsfelds einen Bewegungsparameter zu bestimmen, der aus der Verschiebung und der Verformung des viskoelastischen Mediums ausgewählt wird, um so eine Folge von Bildern zu erhalten, die die Entwicklung des Bewegungsparameters des viskoelastischen Mediums unter der Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle zeigen.“

Nachfolgend wird in leicht verkleinerter Form Fig. 1 des Klagepatents abgebildet, die ein Beispiel einer Bilderzeugungsvorrichtung durch Scherwellen gemäß der Erfindung zeigt.

Mit der Klage machen die Klägerinnen eine Patentverletzung durch das Angebot von Geräten zur nicht-invasiven Untersuchung der Leber mit der Bezeichnung „A“ (angegriffene Ausführungsform) geltend.

Auf der Messe „B“ vom 16.–19.11.2015 in C stellte die Beklagte ein solches Gerät mit der Nummer XXX-1 aus. An dem Messestand lagen verschiedene Prospekte zu dem Gerät „D“ aus, unter anderem ein das Modell „E“ betreffender zweiseitiger Prospekt (Anlage K11). In einem K strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurde im April 2015 ein weiteres Gerät mit der Nummer E-XXX-2 beschlagnahmt und begutachtet. Der vom Landesgericht für Strafsachen L bestellte Gutachter Herr F Dr. G erstellte unter dem 16.09.2015 ein Gutachten (Anlage K9). Im Rahmen der Begutachtung erfolgte zudem eine Untersuchung durch Herrn Ass. Prof. Dr. H vom 20.08.2015, der darüber einen Bericht erstellte (Anlage K10). Weitere als diese beiden Geräte des Modells „D E“ hat die Beklagte bislang nicht nach Europa verbracht.

Die Klägerinnen behaupten, das in K beschlagnahmte und untersuchte Gerät sowie das auf der „B“ vorgestellte Gerät seien baugleich. Dies zeigten bereits die Produktnummern beider Geräte. Bei dem letzten Teil der Produktnummern
(-XXX-3 bzw. -XXX-4) handele es sich nämlich um die fortlaufende Nummer, die für jedes Einzelstück aus einer Serie vergeben werde. Die vorangehende Nummer („XXX-5“) sei für alle baugleichen Einzelstücke identisch. Soweit sie die Verwirklichung von Merkmalen daher in Bezug auf das in K beschlagnahmte Gerät dargelegt hätten, ließe sich dies auf das auf der „B“ ausgestellte bzw. in dem dort verteilten Werbeprospekt gezeigte Gerät übertragen.

Sie sind der Auffassung, auch die Klägerin zu 1) sei für die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert. Dies folge aus der ihr erteilten ausschließlichen Lizenz, die für den vorliegend betroffenen sogenannten I-Modus fortbestehe.

Die Geräte der angegriffenen Ausführungsform machten von der Lehre des Klagepatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Insbesondere verwirklichten diese die Merkmale 4, 4.2 und 5 des Klagepatentanspruchs 16. Eine Aussetzung des Rechtsstreits sei nicht geboten, da sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen werde.

Mit Schriftsatz vom 14.03.2016 hat die Klägerin zu 2) erklärt, anstelle der Klägerin zu 1) den Rechtsstreit fortzuführen. Nachdem die Beklagte die Zustimmung zu dem Klägerwechsel verweigert hat, hat mit weiterem Schriftsatz vom 17.05.2016 die Klägerin zu 2) ihren Beitritt zu der Klage der Klägerin zu 1) erklärt.

Die Klägerinnen beantragen,

wie erkannt,

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen das Klagepatent eingereichte Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagte behauptet, das auf der Messe „B“ ausgestellte und das in K beschlagnahmte Gerät wiesen eine grundlegend andere Bildschirmdarstellung auf. So habe eine Anzeige, wie sie auf Seite 21 der Replik eingeblendet sei, von dem in Deutschland ausgestellten Gerät nicht erzeugt werden können. Letzterem Gerät habe es gänzlich an der Möglichkeit gefehlt, ein Streifenmuster abzubilden, wie es auf Seite 21 der Replik in Abbildung 7 gezeigt werde.

Sie ist der Auffassung, die Klägerin zu 1) sei für die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht aktivlegitimiert. Für die Aktivlegitimation im Verletzungsprozess komme es nicht darauf an, ob der Patentinhaber mit seinen Lizenznehmern bestimmte Technologien abstrakt unterteile, sondern darauf, ob die konkret in der Klage geltend gemachten Patentansprüche exklusiv lizenziert seien. Eine Unterscheidung zwischen einem I- oder J-Bereich oder zwischen einer ultraschnellen und nicht-ultraschnellen Bildgebung finde sich im Klagepatent nicht wieder. Jedenfalls müsse sie sich zu der Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) aber bereits deshalb mit Nichtwissen erklären, weil erhebliche Teile des Art. 1 des Nachtrags zum Lizenzvertrag vom 18.03.2009 (Anlage K19, deutsche Übersetzung als Anlage K19a) geschwärzt seien, die für die Beurteilung der Frage nach der Exklusivität der erteilten Lizenz aber erheblich seien.

Das in K beschlagnahmte Gerät E-XXX-2 – nur insoweit sei überhaupt Vortrag der Klägerinnen vorhanden – mache von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Es verwirkliche insbesondere nicht die Merkmale 4, 4.2 und 5 des geltend gemachten Klagepatentanspruchs 16. So werde nicht eine Vielzahl von Punkten „gleichzeitig“ beobachtet, weil dies das Vorhandensein mehrerer Ultraschallwandler voraussetze, die Echos empfangen könnten. Ihr Gerät verfüge aber nur über einzigen solchen Transducer. Zudem würde bei ihren Geräten nicht das Echo „jedes Ultraschallwellenschusses“ erfasst, wie es aber nach dem Klagepatent erforderlich sei. Vielmehr würden die ersten 40 Echos bewusst verworfen, um die Rechenleistung zu erhöhen. Es werde auch nicht die vom Klagepatent vorgegebene Rechenmethode der Kreuzkorrelation – dabei handele es sich um die korrekte Übersetzung des französischen Begriffs „intercorrélation“ – verwendet.

Jedenfalls sei der Rechtsstreit auszusetzen, da sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2017 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerinnen haben gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB. Das Anbieten der angegriffenen Ausführungsform durch die Beklagte stellt eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents dar, § 9 S. 2 Nr. 1 PatG.

I.
Sowohl die Klägerin zu 1) als auch die Klägerin zu 2) sind für die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert.

1.
Die Klägerin zu 1) ist als ausschließliche Lizenznehmerin aktivlegitimiert.

a)
Für den Zeitraum ab Abschluss des Lizenzvertrags vom 27.11.2001 (Anlage K1, deutsche Übersetzung als Anlage K1a) bis zum Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 18.03.2009 (Anlage K19, deutsche Übersetzung als Anlage K19a) war die Klägerin zu 1) Inhaberin einer unbeschränkten ausschließlichen Lizenz an dem Klagepatent. Als solche ist sie für die den genannten Zeitraum betreffenden Ansprüche aktivlegitimiert (vgl. BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker; GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I; GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler; GRUR 1996, 109 – Klinische Versuche I).

b)
Ab Abschluss der Ergänzungsvereinbarung vom 18.03.2009 (Anlage K19, deutsche Übersetzung als Anlage K19a) ist die Klägerin zu 1) Inhaberin einer in zulässiger Weise sachlich beschränkten ausschließlichen Lizenz, die die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche umfasst und ist als solche weiterhin aktivlegitimiert.

aa)
Die ausschließliche Lizenz der Klägerin zu 1) umfasst ab dem 18.03.2009 den Bereich, der nicht auf eine ultraschnelle Bildgebung zurückgreift.

(1)
Auch eine ausschließliche Lizenz kann aufgrund der Vereinbarung der Vertragsparteien bestimmten inhaltlichen Beschränkungen unterworfen sein, sei es zeitlicher, räumlicher sachlicher oder persönlicher Natur (Ullmann/Deichfuß, in: Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 15 Rn. 63; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt D Rn. 118 unter Verweis auf Art. 2 Nr. 21 der Verordnung Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und Rats vom 12.06.2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden, wo von einer ausschließlichen Lizenz „allgemeiner oder begrenzter Art“ die Rede ist). In sachlicher Hinsicht kann die Lizenz insbesondere auf einige Benutzungsarten des § 9 PatG beschränkt sein (vgl. BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I; Ullmann/Deichfuß, in: Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 15 Rn. 69; Loth/Hauck, in: Beck’scher Online-Kommentar Patentrecht, Fitzner/Lutz/Bodewig, Stand: 28.11.2016, § 15 PatG Rn. 42 m. w. N.). Das Klagerecht des ausschließlichen Lizenznehmers steht in solchen Fällen unter der Voraussetzung, dass sein eigenes Benutzungsrecht berührt ist (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt D Rn. 120). Jedoch ist im Rahmen der Vertragsfreiheit der beteiligten Parteien grundsätzlich auch eine sachliche Beschränkung in anderer Hinsicht möglich. Voraussetzung ist indes, dass sich der Umfang der sachlichen Beschränkung sowie der Umfang der ausschließlichen Lizenz mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln lassen. Dazu bedarf es der Verwendung eindeutiger Abgrenzungskriterien.

(2)
Daran gemessen ist die unbeschränkt erteilte Lizenz der Klägerin zu 1) mit der Ergänzungsvereinbarung in wirksamer Weise auf den Bereich, der nicht auf eine ultraschnelle Bildgebung zurückgreift bzw. auf den sogenannten I-Modus, beschränkt worden.

Mit der Ergänzungsvereinbarung wurde vereinbart, dass die Exklusivität der Lizenz nach erstem und zweitem Bereich unterschieden werden muss (Artikel 1). Danach ist die der Klägerin zu 1) gewährte Lizenz hinsichtlich des ersten Bereichs exklusiv (Artikel 1, Ziffer 1.1). Hinsichtlich des zweiten Bereichs ist die Lizenz nicht exklusiv (Artikel 1, Ziffer 1.2). Die Definition des sogenannten ersten und zweiten Bereichs ergibt sich bereits aus dem Lizenzvertrag vom 27.11.2001. Danach ist unter dem ersten Bereich der sogenannte I-Modus zu verstehen, also jeder Darstellungsmodus, der nicht auf den Sendekanalaufbau einer ultraschnellen Bildgebung zurückgreift. Unter dem zweiten Bereich versteht der Lizenzvertrag den sogenannten J-Modus, also einen Modus, der auf einen solchen Aufbau einer ultraschnellen Bildgebung zurückgreift (Präambel, Ziffer 1.3).

Das gewählte Abgrenzungskriterium der ultraschnellen oder nicht-ultraschnellen Bildgebung ist, was von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt wird, eindeutig und lässt eine klare Unterscheidung zu, welche Ausführungsformen von der ausschließlichen Lizenz der Klägerin zu 1) umfasst sind und hinsichtlich welcher dies nicht der Fall ist. Dies wird auch aus der Wahl der Begriffe I- und J-Modus deutlich, die nach Auskunft der Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung für die ein- und zweidimensionale Darstellung stehen und insofern eine unterschiedlich schnelle Verarbeitung der Daten für eine zeitnahe Bildgebung erfordern.

(3)
Der Annahme einer beschränkten ausschließlichen Lizenz ab dem 18.03.2009 steht auch nicht die Regelung in Artikel 6 der Ergänzungsvereinbarung entgegen, wonach sich die Parteien bei Kenntnis über die Verletzung eines der Patente zunächst wechselseitig informieren und anschließend über die zu unternehmenden Schritte abstimmen (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt D Rn. 119). Soweit in Artikel 6, Absatz 2 der Ergänzungsvereinbarung geregelt ist, dass die Klägerin zu 1) als Streithelferin beitreten kann, wenn sich die Klägerin zu 2) zur Einreichung einer Patentverletzungsklage entscheidet, lässt dies ebenfalls nicht die Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) entfallen. Unabhängig davon, ob eine solche Vereinbarung zwischen Patentinhaberin und Lizenznehmerin überhaupt im Verhältnis zur Beklagten zu berücksichtigen wäre, schließt sie auch ihrem Wortlaut nach ein eigenes Vorgehen der Klägerin zu 2) in Patentverletzungsverfahren nicht aus.

bb)
Die sachlich beschränkte ausschließliche Lizenz der Klägerin zu 1) besteht in dem dargestellten Umfang auch weiterhin. Dem steht insbesondere nicht der am 20.07.2011 von der Klägerin zu 2) abgeschlossene weitere Lizenzvertrag mit der Gesellschaft M (Anlage K20, deutsche Übersetzung als Anlage K20a) entgegen. Die der M gewährte Lizenz hinsichtlich des Klagepatents betrifft nur den Bereich ultraschneller Bildgebung (Artikel 2, 2. Absatz i. V. m. Artikel 1) und damit nur diejenigen Bereich, der von der ausschließlichen Lizenz der Klägerin zu 1) ausgenommen ist.

cc)
Unstreitig greift die angegriffene Ausführungsform nicht auf eine ultraschnelle Bildgebung zurück, so dass eine Patentverletzung durch Benutzungshandlungen der angegriffenen Ausführungsform die ausschließliche Lizenz der Klägerin zu 1) berührt und diese insoweit aktivlegitimiert ist.

2.
Die Klägerin zu 2) ist als eingetragene Inhaberin des Klagepatents ebenfalls aktivlegitimiert.

a)
Dem Patentinhaber können im Falle einer Patentverletzung auch dann die in §§ 139 ff. PatG vorgesehenen Ansprüche zustehen, wenn er am Gegenstand des Schutzrechts eine ausschließliche Lizenz vergeben hat (BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker). Unterlassungsansprüche stehen dem Inhaber jedenfalls dann zu, wenn er sich mit der Lizenzierung nicht sämtlicher Rechte aus dem Schutzrecht begeben hat (BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker; GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I). Ferner stehen dem Inhaber eines Schutzrechts auch dann eigene Ansprüche zu, wenn ihm aus der Lizenzvergabe fortdauernde materielle Vorteile erwachsen. Dies kann der Fall sein, wenn der Patentinhaber vom Lizenznehmer die Zahlung von Lizenzgebühren verlangen kann, deren Höhe vom Umsatz abhängig ist (vgl. BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker; GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt D Rn. 137). Haben die Lizenzvertragsparteien eine solche Umsatz- oder Stücklizenz vereinbart, stellt es im Regelfall eine nicht nur entfernt liegende Möglichkeit dar, dass mit der Schädigung des Lizenznehmers auch eine Schädigung des Schutzrechtsinhabers verbunden ist, welche ihre Ursache darin hat, dass er vom Lizenznehmer höhere Lizenzeinnahmen erhalten hätte, wenn dieser dem Verletzer eine Unterlizenz erteilt oder wegen des Fehlens der schutzrechtsverletzenden Konkurrenztätigkeit höhere Umsätze erzielt hätte (BGH, GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I).

Diese Grundsätze gelten auch, soweit es um Ansprüche auf Schadensersatz geht. Die für eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass dem Schutzrechtsinhaber ein eigener Schaden entstanden ist, liegt in der Regel vor, wenn der Schutzrechtsinhaber in einer der genannten Weisen an der Ausübung der Lizenz durch den Lizenznehmer wirtschaftlich profitiert (BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker; GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone I).

b)
Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die Klägerin zu 2) hat auf in Art. 6 des Lizenzvertrages vom 27.11.2001 i. V. m. Art. 4 der Ergänzungsvereinbarung vom 18.03.2009 vereinbarte Lizenzgebühren und den ihr danach entstehenden eigenen Schaden verwiesen, ohne dass die Beklagte dem entgegengetreten wäre.

Die Klägerin zu 1) und die Klägerin zu 2) können auch jeweils für den gesamten geltend gemachten Zeitraum die Feststellung der Schadensersatzpflicht verlangen. Machen sie den Schaden gemeinsam in einer Klage geltend, bedarf es nicht der Darlegung, welcher Teil des Gesamtschadens auf sie entfällt (vgl. BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker). Sie sind auch nicht Mitgläubiger im Sinne des § 432 Abs. 1 S. 1 BGB, sondern können den jeweils auf sie entfallenden Schaden unabhängig voneinander geltend machen (vgl. BGH, GRUR 2011, 711 – Cinch-Stecker).

II.
Das Klagepatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Bilderzeugung und
-beobachtung unter Verwendung von Scherwellen. Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents ist in der US-A-5 810 731 ein solches Verfahren beschrieben, bei dem die Scherwelle lokal innerhalb des beobachteten viskoelastischen Mediums mittels des Strahlungsdrucks einer modulierten und auf einen Punkt fokussierten Ultraschallwelle erzeugt wird. Anschließend wird auf diesen Brennpunkt eine zusätzliche Ultraschallwelle gesendet, deren Reflexion es ermöglicht, bestimmte Ausbreitungsparameter der Scherwelle (insbesondere die dynamische Viskosität des Mediums und sein Schermodul) in Höhe des erwähnten Brennpunkts zu kennen. Als nachteilig an dieser Technik sieht es das Klagepatent an, die Analyse eines einzigen Punkts des untersuchten viskoelastischen Mediums jedes Mal dann zu erlauben, wenn eine Scherwelle erzeugt wird. Wenn man ein vollständiges Bild des beobachteten viskoelastischen Mediums erhalten will, muss der Vorgang sehr häufig wiederholt werden, was eine lange Pausenzeit (zum Beispiel mehrere Minuten) bedeutet, um dieses Bild zu erhalten. Die Pausenzeit macht dieses Verfahren wenig praktisch in der Anwendung. Außerdem kann die Pausenzeit die Verwendung des Verfahrens für den Erhalt eines Bilds des lebenden Gewebes beeinträchtigen, das immer in Bewegung ist. Ausgehend von diesem Stand der Technik stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, diese Nachteile zu beseitigen.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Klagepatentanspruchs 16 vor, der nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben wird:

1. Bilderzeugungsvorrichtung, die die Scherwellen verwendet, um ein streuendes viskoelastisches Medium (1) zu beobachten, das die Ultraschalldruckwellen reflektierende Teilchen (5) enthält,
2. wobei diese Vorrichtung Anregungsmittel (2) zur Erzeugung einer elastischen Scherwelle im viskoelastischen Medium und Erfassungsmittel (CPU; Ti, Ei, Mi) aufweist, um mittels mindestens einer Ultraschalldruckwelle die Verschiebung des der Scherwelle ausgesetzten viskoelastischen Mediums zu beobachten, wobei
3. die Anregungsmittel (2) ausgelegt sind, um an das viskoelastische Medium (1) eine Anregung in Form eines niederfrequenten Impulses anzulegen,
3.1 wobei der Impuls eine zentrale Frequenz f aufweist, die zwischen 20 und 5000 Hz liegt,
3.2 und wobei dieser niederfrequente Impuls eine Dauer zwischen 1/2f und 20/f hat,
4. wobei die Erfassungsmittel (CPU; Ti, Ei, Mi) ausgelegt sind, um die Ausbreitung der Scherwelle gleichzeitig an einer Vielzahl von Punkten im beobachteten Medium zu beobachten, wobei diese Punkte ein im Wesentlichen kontinuierliches Beobachtungsfeld bilden, das sich mindestens gemäß einer ersten Achse (X) erstreckt, wobei die Erfassungsmittel ausgelegt sind, um:
4.1 im beobachteten Medium eine Folge von mindestens 10 Ultraschalldruckwellenschüssen mit einer Taktfolge zwischen 100 und 100 000 Schüssen pro Sekunde abzugeben,
4.2 die von den reflektierenden Teilchen des viskoelastischen Mediums bei jedem Ultraschallwellenschuss erzeugten Echos in Echtzeit zu erfassen und aufzuzeichnen, wobei diese Echos aufeinander folgenden Bildern des beobachteten Mediums entsprechen,
5. und dass die Vorrichtung außerdem Bildverarbeitungsmittel (CPU, S, DSP) aufweist, die ausgelegt sind, um zeitverzögert die ausgehend von den Beobachtungsmitteln erhaltenen Bilder mindestens durch Interkorrelation zwischen aufeinander folgenden Bildern zu verarbeiten, um an jedem Punkt des Beobachtungsfelds einen Bewegungsparameter zu bestimmen, der aus der Verschiebung und der Verformung des viskoelastischen Mediums ausgewählt wird, um so eine Folge von Bildern zu erhalten, die die Entwicklung des Bewegungsparameters des viskoelastischen Mediums unter der Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle zeigen.

III.
Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedürfen die Merkmale 4, 4.2 und 5 des Klagepatentanspruchs 16 der näheren Erläuterung.

1.
Die Merkmalsgruppe 4 befasst sich mit der Beobachtung der Scherwellen mittels einer Ultraschallsonde (vgl. Absätze [0026], [0027]). Die Sonde gibt Ultraschallwellen ab und empfängt das durch die Interaktion der Ultraschallwelle mit den reflektierenden Teilchen des beobachteten Mediums erzeugte Echo (vgl. Absatz [0035]). Auf diese Weise können Bewegungen des untersuchten Organs, auch diejenigen, die durch Scherwellen verursacht werden, erkannt werden.

Merkmal 4 verlangt, dass die Erfassungsmittel ausgelegt sind, um die Ausbreitung der Scherwelle gleichzeitig an einer Vielzahl von Punkten im beobachteten Medium zu beobachten. Diese Punkte bilden ein im Wesentlichen kontinuierliches Beobachtungsfeld, das sich mindestens gemäß einer ersten Achse erstreckt. Mit der gleichzeitigen Beobachtung der Ausbreitung der Scherwelle an vielen Punkten will das Klagepatent den Nachteil der aus dem Stand der Technik bekannten Vorgehensweise beheben, pro Erzeugung einer Scherwelle nur einen einzigen Punkt beobachten zu können (vgl. Absatz [0004]). Die gleichzeitige Beobachtung einer Vielzahl von Punkten liefert quasi eine Momentaufnahme des beobachteten Mediums. Es handelt sich dabei um das aus den Echos eines einzelnen Ultraschallwellenschusses erzeugte Bild (Merkmal 4.2). Die Folge mehrerer Bilder aus den mehreren Ultraschallwellenstößen ist es dann, die die Ausbreitung der Scherwelle zu visualisieren vermag. Dass die bei einem einzelnen Ultraschallwellenstoß erzeugten Echosignale exakt zeitgleich an Ultraschallempfängern eintreffen, ist dafür nicht erforderlich. Funktion der Gleichzeitigkeit ist nur, dass das entstandene Bild zusammen mit den vorhergehenden und nachfolgenden Bildern die Ausbreitung der Scherwelle im Medium auf der Basis der in nur einem Schritt erhaltenen Beobachtungsdaten wiedergeben kann.

Hierin sieht sich der Fachmann dadurch bestätigt, dass das Klagepatent selbst davon ausgeht, dass die gleichzeitige Beobachtung der Scherwelle an einer Vielzahl von Punkten nicht notwendigerweise das Vorhandensein mehr als eines Ultraschallwandlers voraussetzt. Ein exakt zeitgleiches Eintreffen der Echosignale würde aber voraussetzen, dass so viele empfangsbereite Wandler vorhanden sind, wie Punkte beobachtet werden sollen. So stellt Absatz [0028] klar, dass die Ultraschallsonde aus einem Satz von n Ultraschallwandlern besteht, wobei n eine ganze Zahl mindestens gleich 1 ist. Auch in den Absätzen [0012], dort 6. Spiegelstrich, [0014], dort 1. Spiegelstrich, [0043] und [0058] wird die Möglichkeit erwähnt, dass die Sonde einen einzigen Wandler aufweist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Absatz [0029]. Danach hat die dort beschriebene Ultraschallsonde meist die Form einer linearen Leiste, die zum Beispiel n = 128 Wandler aufweisen kann, die in bestimmter Weise ausgerichtet sind und „gleichzeitig“ ihre Ultraschallwellenimpulse aussenden. Jedoch kann in einer Variante der Satz von Wandlern ggf. auf einen einzigen Wandler reduziert sein (Absatz [0030]). Auch wenn in Absatz [0030] der Begriff der Gleichzeitigkeit nicht erneut erwähnt wird, erkennt der Fachmann, dass es sich auch dabei um eine patentgemäße Variante handelt. Davon ausgehend ist insbesondere der zeitlich gestreckte Empfang von Echosignalen als gleichzeitig anzusehen, der bei der Beobachtung von Punkten entlang einer Achse durch einen einzelnen Wandler erfolgen kann.

Dass ein vollständiges Bild der Ausbreitung der Scherwelle auch unter Einsatz eines einzigen Wandlers erzielt werden kann, beruht auch darauf, dass sich die nach Merkmal 2 erzeugte Scherwelle und die nach Merkmal 4 eingesetzten Ultraschallwellen mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten ausbreiten. Während sich die Scherwelle im menschlichen Körper typischerweise mit einer Geschwindigkeit von 1 bis 10 m/s fortbewegt (Absatz [0025]), breitet sich die Ultraschalldruckwelle mit einer sehr viel höheren Geschwindigkeit aus, beispielsweise in der Größenordnung von 1.500 m/s (Absatz [0034]). Die Ultraschalldruckwelle kann damit das zu beobachtende Gebiet durchqueren und ihr Echo kann zum Ultraschallwandler zurückkehren, während sich die Scherwelle nur geringfügig fortbewegt.

Zur Ausgestaltung des Beobachtungsfeldes gibt das Klagepatent vor, dass es sich mindestens gemäß einer ersten Achse erstreckt und im Wesentlichen kontinuierlich ist. Bei der ersten Achse kann es sich bei der Beobachtung eines Gewebes insbesondere um die Gewebetiefe handeln. Im Übrigen lässt das Klagepatent die Größe des Beobachtungsfeldes und seinen Verlauf innerhalb des beobachteten Mediums offen. Unerheblich ist danach, ob das Beobachtungsfeld unmittelbar an der Kontaktfläche zwischen der Vorrichtung und dem beobachteten Medium beginnt oder erst in tiefer gelegenen (Gewebe-) Schichten. Mit dem Erfordernis des „im Wesentlichen kontinuierlichen“ Beobachtungsfeldes wird sichergestellt, dass mittels der Bildverarbeitung nach Merkmal 5 die gewünschte Ausbreitung der Scherwelle innerhalb des Mediums gezeigt werden kann. Hierfür muss die zu beobachtende Vielzahl von Punkten derart angeordnet sein, dass aufgrund der für diese Punkte erhaltenen Daten der Verlauf der Scherwelle abgebildet werden kann. Das ist nicht der Fall, wenn die Abstände zwischen den einzelnen Punkten zu groß oder unregelmäßig sind. Auch ungeordnete Punkte in einem zu großen Beobachtungsfeld genügen diesem Erfordernis nicht, wobei bereits durch die Vorgabe, dass sich das Beobachtungsfeld mindestens gemäß einer ersten Achse erstreckt, eine gewisse Ordnung vorgegeben wird. Um eine Kontinuität bzw. Stetigkeit im mathematischen Sinne muss es sich dagegen nicht handeln. Ein solches Verständnis schließt der Fachmann überdies bereits deshalb aus, weil das Beobachtungsfeld nur „im Wesentlichen“ kontinuierlich zu sein hat.

2.
Nach Merkmal 4.2 müssen die Erfassungsmittel ausgelegt sein, um die von den reflektierenden Teilchen des viskoelastischen Mediums bei jedem Ultraschallwellenschuss erzeugten Echos in Echtzeit zu erfassen und aufzuzeichnen, wobei diese Echos aufeinander folgenden Bildern des beobachteten Mediums entsprechen. Die abzugebenden Ultraschalldruckwellenschüsse werden in Merkmal 4.1 näher bestimmt. Danach müssen die Erfassungsmittel ausgelegt sein, um eine Folge von mindestens 10 Ultraschalldruckwellenschüssen mit einer Taktfolge von zwischen 100 und 100 000 Schüssen pro Sekunde abzugeben. Die Erfassung und Aufzeichnung der erzeugten Echos nach Merkmal 4.2 dient dazu, Daten zu erhalten, die die Verarbeitung und Erzeugung einer Bildfolge nach Merkmal 5 ermöglichen.

Das Klagepatent schließt nicht aus, dass neben der in Merkmal 4.1 bestimmten Folge von mindestens 10 Schüssen weitere Schüsse abgegeben werden, die aber nicht im Sinne des Merkmals 4.2 erfasst und/oder aufgezeichnet werden. Zur Erreichung des dargestellten Zwecks hält es das Klagepatent vielmehr für ausreichend, diejenigen Schüsse zu erfassen und aufzuzeichnen, die in Merkmal 4.1 bestimmt werden. Diesem Verständnis steht auch nicht die Formulierung in Merkmal 4.2 entgegen, wonach die „bei jedem Ultraschallwellenschuss“ erzeugten Echos zu erfassen und aufzuzeichnen sind. Aus dem Zusammenhang der Merkmale 4.1 und 4.2 schließt der Fachmann vielmehr, dass „jeder Ultraschallwellenschuss“ im Sinne des Merkmals 4.2 jeder der nach Merkmal 4.1 anspruchsgemäß erforderlich abgegebenen Schüsse ist. Entsprechendes lässt sich auch nicht aus Absatz [0032] herleiten, wonach die Ultraschalldruckwellenschüsse der Beobachtungsphase vorzugsweise kurz vor dem Senden der Scherwelle beginnen. Es handelt sich dabei nur um eine bevorzugte Ausführungsform, die den Patentanspruch nicht beschränkt. Zudem ist dem Begriff der „Beobachtungsphase“ nicht zu entnehmen, dass dieser auch die Aufzeichnung der erzeugten Echos nach Merkmal 4.2 umfasst.

3.
Merkmal 5 befasst sich mit der Verarbeitung der durch die Erfassung und Aufzeichnung nach der Merkmalsgruppe 4 erhaltenen Daten. Das Merkmal verlangt, dass die Vorrichtung Bildverarbeitungsmittel aufweist, die ausgelegt sind, um zeitverzögert die ausgehend von den Beobachtungsmitteln erhaltenen Bilder mindestens durch Interkorrelation zwischen aufeinander folgenden Bildern zu verarbeiten, um an jedem Punkt des Beobachtungsfelds einen Bewegungsparameter zu bestimmen, der aus der Verschiebung und der Verformung des viskoelastischen Mediums ausgewählt wird, um so eine Folge von Bildern zu erhalten, die die Entwicklung des Bewegungsparameters des viskoelastischen Mediums unter der Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle zeigen.

a)
Die Bildverarbeitungsmittel müssen ausgelegt sein, um die erhaltenen Bilder mindestens durch Interkorrelation zwischen aufeinander folgenden Bildern zu verarbeiten. Durch die Interkorrelation werden die nach Merkmalsgruppe 4 erhaltenen Bilder paarweise verarbeitet (vgl. Absatz [0045]).

Die Funktion der Verarbeitung durch Interkorrelation benennt Merkmal 5 selbst. Die Verarbeitung dient dazu, an jedem Punkt des Beobachtungsfelds einen Bewegungsparameter zu bestimmen, um so eine Folge von Bildern zu erhalten, die die Entwicklung des Bewegungsparameters unter der Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle zeigen. Die Bildfolge soll also die Bewegung des beobachteten Mediums aufgrund der Scherwelle visualisieren.

Merkmal 5 gibt vor, dass diese Verarbeitung „mindestens durch Interkorrelation“ zu erfolgen hat. Der Fachmann erkennt, dass die Methode der Interkorrelation einen Beitrag zur Bildverarbeitung leisten muss. Andererseits erkennt er an der Formulierung „mindestens“, dass es sich nicht um die einzige angewandte Methode oder den einzigen Verarbeitungsschritt handeln muss.

Der Begriff der Interkorrelation wird in dem Klagepatent nicht definiert. Nach der allgemeinen (deutschen bzw. englischen) Fachsprache wird der Begriff „Interkorrelation“ bzw. „intercorrelation“ im Sinne eines Oberbegriffs verschiedener Rechenmethoden verwendet, wozu jedenfalls auch die Methode „Sum of Squared Differences“ (SDD) gehört. Dem Klagepatent lässt sich nicht entnehmen, dass es den Begriff in einem hiervon abweichenden Sinn versteht. Für die Erreichung des dargestellten Ziels kommt es entscheidend auf die Möglichkeit an, aufeinander folgende Bilder paarweise miteinander vergleichen zu können, was durch die SDD-Methode erreicht wird. Es kann offen bleiben, ob der nach Art. 70 Abs. 1 EPÜ maßgebliche Wortlaut der französischen Verfahrenssprache, der von „intercorrélation“ spricht, wie geschehen mit „Interkorrelation“ oder, wie die Beklagte meint, mit „Kreuzkorrelation“ zu übersetzen ist. Selbst wenn letzteres der Fall wäre, würde dieser Begriff die Anwendung der SDD-Methode nicht ausschließen. Der Fachmann versteht auch den Begriff der Kreuzkorrelation nicht notwendigerweise in einem engen Sinne. Hiervon ist die Kammer im Hinblick auf die von den Klägerinnen vorgelegte Abbildung 3 der Publikation „A Comparative Analysis of Cross-Correlation Matching Algorithms Using a Pyramidal Resolution Approach“ von Nuno Roma, (Anlage K17 bzw. Bl. 65 d. A.) überzeugt. Die Abbildung befasst sich ausweislich der Überschrift mit „Cross-Correlation Algorithmus“ (Kreuzkorrelationsalgorithmus) und zeigt unterschiedliche Methoden auf. Darunter befindet sich auch die SDD-Methode. Zwar mag es sein, dass der Begriff der Kreuzkorrelation auch im Sinne einer ganz bestimmten, kontinuierliche Daten voraussetzenden Funktion verstanden werden kann. Ein derartig enges Verständnis verwirft der Fachmann jedoch bereits darauf, dass die zu beobachtenden Daten nach Merkmal 4, wie bereits erläutert, keine Kontinuität im streng mathematischen Sinne voraussetzen. Wenn auf der Grundlage der nach Merkmal 4 erfassten Daten die Bildverarbeitung stattfindet, kann auch der Begriff der Kreuzkorrelation nur in einem weiteren Sinne zu verstehen sein.

Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die in Absatz [0048] genannten, im Stand der Technik bekannten Veröffentlichungen von O’Donnell und Ophir. Diese Veröffentlichungen, die ausweislich des Deckblatts nicht zu dem im Erteilungsverfahren berücksichtigen Stand der Technik gehören, werden ausdrücklich nur beispielhaft herangezogen. Selbst wenn diese also ausschließlich Methoden der Kreuzkorrelation im engeren Sinne beschreiben sollten – eine abschließende Überprüfung ist der Kammer im Hinblick auf ihre fehlende Vorlage verwehrt – folgt daraus keine Einschränkung des Begriffs der Interkorrelation. Denn auch bei den Methoden der Kreuzkorrelation im engeren Sinne, etwa der „Simple Cross-Correlation“ (SCC), handelt es sich nach dem oben Gesagten um Methoden, die der Fachmann unter den Begriff der Interkorrelation subsumiert. Aus ihrer beispielhaften Erwähnung schlussfolgert der Fachmann nicht, dass das Klagepatent darauf beschränkt wäre.

b)
Die Interkorrelation erfolgt nach Merkmal 5 „zwischen aufeinander folgenden Bildern“. Der Wortlaut des Klagepatentanspruchs lässt sowohl zu, dass es sich dabei um unmittelbar aufeinander folgende Bilder handelt, als auch, dass die verglichenen Bilder zwar aufeinander folgen, sich zwischen ihnen aber weitere erfasste Bilder befinden. Aufeinander folgende Bilder liegen zudem unabhängig davon vor, ob die Interkorrelation verschachtelt – beispielsweise durch einen Vergleich von Echo 1 und 4, 2 und 5, 3 und 6 usw. – erfolgt oder nicht. In diesem Verständnis sieht sich der Fachmann durch die Funktion der Bildverarbeitung bestätigt, die ebenfalls nicht den Vergleich unmittelbar aufeinander folgender Bilder erfordert.

Funktion der Verarbeitung der erhaltenen Bilder ist es nach Merkmal 5, an jedem Punkt des Beobachtungsfelds einen Bewegungsparameter zu bestimmen, um so wiederum „eine Folge von Bildern zu erhalten, die die Entwicklung des Bewegungsparameters des viskoelastischen Mediums unter der Ausbreitung der Scherwelle zeigen“. Die angesprochene Folge von Bildern ist jedoch nicht auf eine filmartige Darstellung, erst recht nicht auf eine solche, die die Verarbeitung unmittelbar aufeinander folgender Bilder erfordert, beschränkt. Zwar heißt es in der Beschreibung des Klagepatents, durch die Maßnahmen erhalte man einen Film, der klar die Ausbreitung im viskoelastischen Medium zeige (Absatz [0009]) und die Ausbreitung der Scherwelle zudem klarer darstelle als die einfache Folge von Bildern (Absatz [0011]). Im Patentanspruch, nach dessen Wortlaut eine „Folge von Bildern“ ausreicht, hat diese Unterscheidung jedoch keinen Niederschlag gefunden. Anspruchsgemäß ist damit jede Folge von Bildern, mittels derer die Entwicklung der Verschiebung oder der Verformung des viskoelastischen Mediums unter der Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle gezeigt werden kann. Ob dies mittels bewegter Bilder in einer filmartigen Darstellung oder mittels einer Abfolge statischer Bilder erfolgt, ist für die Merkmalsverwirklichung ebenso unerheblich wie die Frage, ob wie bei einem Film jeweils nur ein Bild zur Zeit angezeigt wird. Demnach kann auch nicht der Schluss gezogen werden, es müssten unmittelbar aufeinander folgende Bilder verarbeitet werden, um den Zweck der Bildverarbeitung, eine filmartige Darstellung, zu erreichen. Soweit in Absatz [0012] auf die Anzeige eines Films aus der Folge der verarbeiteten Bilder in Zeitlupe abgestellt wird, wobei jeder Punkt jedes Bilds einen optischen Parameter hat, der sich entsprechend dem Wert des diesem Punkt zugeordneten Bewegungsparameters ändert, handelt es sich dabei lediglich um eine bevorzugte Ausführungsform. Überdies bezieht sich die Textstelle auf einen Anzeigeschritt, der auf den Bildverarbeitungsschritt folgt und keinen Eingang in den Patentanspruch gefunden hat. Schließlich gibt das Klagepatent nicht vor, dass an jedem Punkt eines Einzelbildes der Bewegungsparameter ablesbar sein muss.

Soweit der Darstellung in Absatz [0046], wonach die Signale „Sj (x, y)“ und „Sj + 1 (x, y)“ miteinander verglichen werden, die Bedeutung zugemessen wird, es handele sich um unmittelbar aufeinander folgende Bilder, schränkt dieses Ausführungsbeispiel den Patentanspruch jedenfalls nicht ein.

Bei den durch Interkorrelation in Beziehung zueinander gesetzten Bildern muss es sich um die „ausgehend von den Beobachtungsmitteln erhaltenen Bilder“ handeln. Dies schließt es allerdings nicht aus, dass zwischen dem Empfang der Echos und der Interkorrelation ein weiterer Verarbeitungsschritt – etwa die Zusammenfassung von Einzelechos – erfolgt. Denn Bilder, die infolge eines solchen weiteren Verarbeitungsschritts erhalten sind, sind ebenfalls auf die Erfassung und Aufzeichnung der Echos nach Merkmal 4.2 zurückzuführen und damit „ausgehend von den Beobachtungsmitteln erhalten“. Dass es sich bei den in die Interkorrelation einfließenden Bildern um die unverarbeiteten Rohdaten der empfangenen Echos handeln muss, gibt der Patentanspruch nicht vor.

c)
Die Bildverarbeitung muss erfolgen, „um an jedem Punkt des Beobachtungsfelds einen Bewegungsparameter zu bestimmen“.

Wie bereits erörtert, muss die Interkorrelation bei der Bestimmung des Bewegungsparameters einen Beitrag leisten, es muss sich jedoch nicht um die einzige angewandte Methode handeln. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass für einen Teil der Punkte die Verschiebung oder Verformung des Mediums durch Interkorrelation bestimmt wird, während sie für andere Punkte nicht durch den Vergleich der erhaltenen Bilder, sondern rechnerisch ermittelt wird. Insbesondere ist auch ein mathematischer „Lückenschluss“ durch Interpolation anspruchsgemäß.

Hinsichtlich des Bewegungsparameters gibt das Klagepatent lediglich vor, dass ein solcher zu bestimmen ist und dass dieser aus der Verschiebung und Verformung des viskoelastischen Mediums ausgewählt wird. Funktion des Bewegungsparameters ist es, die Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle auf das beobachtete Medium – dessen Verschiebung oder Verformung – abbilden zu können. Dabei beschreibt die Verschiebung die Lageänderung der einzelnen Punkte des Mediums, während die Verformung die Änderung der Form des viskoelastischen Mediums beschreibt. Bewegungsparameter kann dabei jeder Parameter sein, der einen Rückschluss auf die so näher beschriebene Bewegung des Mediums ermöglicht. Ausreichend kann so etwa ein Vorzeichen sein, das die Richtung der Lageänderung (Verschiebung) angibt. Das Klagepatent schließt nicht aus, dass weitere Parameter in die Visualisierung der Ausbreitung der Scherwelle einfließen, so etwa eine zeitliche Komponente.

Ein anderes Verständnis folgt auch nicht aus Absatz [0053] des Klagepatents, wonach die Verformungen des beobachteten Mediums aus den Verschiebungen jedes Punkts rechnerisch ermittelt werden können, nämlich durch Ableitungen der Verschiebungen. Vielmehr wird daran deutlich, dass ein der Bestimmung des Bewegungsparameters zwischengelagerter weiterer Rechenschritt der Merkmalsverwirklichung nicht entgegensteht. Ausreichend ist es deshalb auch, die Lageveränderung der einzelnen Punkte des beobachteten Mediums zu bestimmen, diese aber in der Form ihrer Ableitungen in die Darstellung der Bildfolge einfließen zu lassen.

Ob neben der Verschiebung und der Verformung des viskoelastischen Mediums auch andere Bewegungsparameter denkbar sind, anhand derer die Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle visualisiert werden kann, lässt sich dem Klagepatent nicht entnehmen. Dies lässt sich allerdings jedenfalls nicht allein im Hinblick darauf annehmen, dass zwei bestimmte Bewegungsparameter im Patentanspruch genannt werden. Nach dem Klagepatent ebenfalls möglich – und aus Sicht der Kammer naheliegend – ist es, dass die Ausbreitung einer Scherwelle in einem viskoelastischen Medium notwendigerweise dessen Verschiebung oder Verformung bedingt und es sich damit um die einzigen Möglichkeiten handelt, diesen Vorgang abzubilden. Der Nennung beider Parameter in Merkmal 5 kommt dann die Wirkung einer Auswahlmöglichkeit zu, ohne dass tatsächlich in Betracht kommende andere Bewegungsparameter als nicht anspruchsgemäß ausgeschlossen werden.

Soweit in Absatz [0012] ein aus der Folge der verarbeiteten Bilder bestehender Film beschrieben wird, bei dem jeder Punkt jedes Bilds einen optischen Parameter hat, der sich entsprechend dem Wert des diesem Punkt zugeordneten Bewegungsparameters ändert und der aus dem Graupegel und dem chromatischen Pegel ausgewählt wird, handelt es sich dabei, wie bereits unter b) erläutert, lediglich um eine bevorzugte Ausführungsform. Ebenso wenig wie der in der Textstelle beschriebene zusätzliche Anzeigeschritt hat zudem der dem Bewegungsparameter zugeordnete optische Parameter Niederschlag im Patentanspruch gefunden. Entsprechendes gilt für Absatz [0050], in dem ebenfalls ein optischer Parameter beschrieben wird, der die Größe der Verschiebungen darstellt.

IV.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatentanspruchs 16 unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Dies gilt insbesondere für die Merkmale 4, 4.2 und 5 des Klagepatentanspruchs 16. Die Verwirklichung der übrigen Merkmale ist jedenfalls für das in K beschlagnahmte Gerät zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, weshalb sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.

1.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Merkmal 4 des Klagepatentanspruchs 16. Es wird eine Vielzahl von im Wesentlichen gleichmäßig entlang einer Achse verteilten Punkten beobachtet, nämlich entlang der Gewebetiefe als der x-Achse. Dies haben die Klägerinnen unter Bezugnahme auf das im Auftrag des Landesgerichts für Strafsachen L erstellte Gutachten des Patentanwalts Dr. G (Anlage K9) für das in K beschlagnahmte Gerät E-XXX-2 dargelegt. Die Beklagte ist dem insoweit nicht entgegengetreten. Die Beobachtung der Punkte erfolgt auch gleichzeitig im Sinne des Klagepatents, da sie die Darstellung der Ausbreitung der Scherwelle im Medium auf der Basis der erhaltenen Beobachtungsdaten in nur einem Schritt ermöglicht. Der Gleichzeitigkeit steht nach obiger Auslegung insbesondere nicht entgegen, dass das Gerät nur über einen einzelnen Wandler/Transducer zur Aussendung und zum Empfang von Ultraschallwellen verfügt und dass die Echosignale der einzelnen entlang der Gewebetiefe beobachteten Punkte mit einer zeitlichen Streckung von dem einzelnen Wandler empfangen werden. Schließlich führt es nicht aus der Verletzung heraus, dass die Echosignale der ausgesandten Ultraschallsignale erst ab einer Gewebetiefe von 15 mm erfasst werden.

Soweit die Klägerinnen die Merkmalsverwirklichung im Hinblick auf das in K beschlagnahmte und untersuchte Gerät E-XXX-2 dargelegt haben, lassen sich diese auf das auf der „B“ ausgestellte sowie in dem Werbeprospekt (Anlage K11) gezeigte Gerät übertragen. Die Klägerinnen haben vorgetragen, dass die Geräte baugleich sind. Die Beklagte ist dem hinsichtlich des Merkmals 4 nicht entgegengetreten.

2.
Auch Merkmal 4.2 wird verwirklicht. Die Klägerinnen haben unter Bezugnahme auf das Gutachten des Herrn Dr. G (Anlage K9) sowie den Untersuchungsbericht des Herrn Prof. H (Anlage K10) für das in K beschlagnahmte Gerät E-XXX-2 dargelegt, dass die Echos in Echtzeit erfasst werden. Unstreitig ist darüber hinaus, dass ein Teil der Echos aufgezeichnet wird. Es handelt sich dabei um die Echos, die den ersten 40 erzeugten Echos nachfolgen. Aufgezeichnet wird, auch dies haben die Klägerinnen unwidersprochen dargelegt, eine Folge von mindestens 10 Ultraschalldruckwellenschüssen. Dass die ersten 40 Echos nicht aufgezeichnet werden, führt nach obiger Auslegung nicht aus der Verletzung heraus.

Auch hinsichtlich des Merkmals 4.2 ist zwischen den Parteien unstreitig, dass das Gerät E-XXX-2 sowie das auf der „B“ ausgestellte bzw. das in dem Werbeprospekt gezeigte Gerät baugleich sind.

3.
Schließlich verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Merkmal 5 des Klagepatentanspruchs 16. Das Gerät verwendet die Berechnungsmethode „Sum of squared differences“ (SSD), um aus den sich ergebenden Zeitunterschieden Gewebebewegungen abzuleiten. Damit erfolgt die Verarbeitung nach den obigen Ausführungen „durch Interkorrelation“

Es werden auch aufeinander folgende Bilder durch die Interkorrelation verarbeitet. Hierfür ist es ausreichend, dass die Echos von Ultraschallwellenstößen verglichen werden, zwischen denen zwei weitere Ultraschallwellenstöße liegen. Auch der Vergleich jedes dritten Echos miteinander ist nach obiger Auslegung die Interkorrelation aufeinander folgender Bilder. Dabei kann offen bleiben, ob die Interkorrelation bei der angegriffenen Ausführungsform in verschachtelter Weise erfolgt oder nicht. Die verschachtelte und die nicht verschachtelte Korrelation sind, wie unter III. erläutert, gleichermaßen anspruchsgemäß.

Die Bildverarbeitung erfolgt bei der angegriffenen Ausführungsform, „um an jedem Punkt des Beobachtungsfelds einen Bewegungsparameter zu bestimmen“. Es führt nicht aus der Verletzung heraus, dass bei der angegriffenen Ausführungsform die Korrelation nicht zwischen den erfassten und aufgezeichneten Rohdaten erfolgt, sondern dass zunächst aus 150 Messwerten ein Zentralwert gebildet wird und nur dieser Zentralwert in die Korrelation einfließt. Nach obiger Auslegung ist ein solcher zwischen der Erfassung der Echos und der Interkorrelation erfolgender Verarbeitungsschritt für die Merkmalsverwirklichung unbeachtlich. Ebenfalls nach obiger Auslegung unschädlich ist es, dass der Bewegungsparameter nicht für jeden Punkt des Beobachtungsfelds durch Interkorrelation bestimmt wird, sondern auch eine rechnerische Ermittlung zur Anwendung kommt.

Soweit die Beklagte geltend macht, die angegriffene Ausführungsform greife nicht auf die Verformung oder Verschiebung als Bewegungsparameter, sondern auf einen anderen, die Ausbreitung der Scherwelle repräsentierenden Paramater zurück, dringt sie damit nicht durch. Die Klägerinnen haben in der Replik substantiiert dargelegt, dass die angegriffene Ausführungsform die Lageänderung jedes Punkts des Beobachtungsfeldes ermittelt und damit in der Lage ist, die Lageänderung des viskoelastischen Mediums insgesamt abzubilden. Es handelt sich damit nach dem Vortrag der Klägerinnen um eine Verschiebung im Sinne obiger Auslegung. Dem ist die Beklagte nicht ausreichend entgegengetreten, so dass der Vortrag der Klägerinnen als zugestanden gilt, § 138 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO. Auf welchen Bewegungsparameter die angegriffene Ausführungsform nach ihrem Verständnis zurückgreift und wie dieser zu definieren ist, hat die Beklagte unter Verweis auf die Darlegungslast der Klägerinnen nicht mitgeteilt. Soweit sie in der Duplik erklärt hat, es handele sich weder um die Verschiebung noch um die Verformung, was auch der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 14.03.2017 wiederholt hat, folgt daraus nichts anderes. Denn den Ausführungen der Beklagten liegt ein anderes Verständnis der Begriffe der Verschiebung und der Verformung zugrunde als es nach der unter III. dargestellten Auslegung geboten ist. So hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erklärt, es gebe eine Vielzahl möglicher Bewegungsparameter, so etwa die Beschleunigung oder die Kreisbeschleunigung. Weiter hat er erklärt, nach seinem Verständnis werde bei dem Parameter der Verschiebung lediglich betrachtet, wie viel sich ein Teilchen verschoben habe, während die Zeit nicht betrachtet werde. Davon ausgehend ist für die Kammer nicht feststellbar, dass die angegriffene Ausführungsform nicht auch nach dem Vorbringen der Beklagten auf den Parameter der Verschiebung im Sinne obiger Auslegung zurückgreift. So würde allein die Berücksichtigung der zeitlichen Komponente bei Betrachtung der Lageveränderung der einzelnen Punkte nicht aus der Verletzung herausführen.

Das Gerät E-XXX-2 zeigt eine Folge von Bildern an, die die Entwicklung der Verschiebung oder Verformung des beobachteten Mediums unter der Wirkung der Ausbreitung der Scherwelle zeigt. Dass sich der Bewegungsparameter nicht an jeder Stelle ablesen lässt, führt nach obiger Auslegung nicht aus der Verletzung heraus. Die Klägerinnen haben die Darstellung dem auf der „B“ ausgelegten Prospekt (Anlage K11) entnommen, der sich allgemein auf Geräte des Modells „D E“ bezieht (für eine vergrößerte Darstellung vgl. Bl. 69 d. A.). Die Abbildung zeigt die Ausbreitung der Scherwelle für eine Gewebetiefe von 15–85 mm (vertikale Achse) in Abhängigkeit von der Zeit (horizontale Achse).

Soweit sich das Vorbringen der Klägerinnen auf das in K beschlagnahmte Gerät bezieht, lassen sich diese Ausführungen auf das auf der „B“ ausgestellte Gerät XXX-1 sowie das in dem dort verteilten Werbeprospekt gezeigte Gerät übertragen. Die Klägerinnen haben vorgetragen, das in K beschlagnahmte und das auf der „B“ gezeigte Gerät seien baugleich. Die Beklagte hat sich hierzu lediglich dahingehend erklärt, das auf der „B“ ausgestellte Gerät könne eine Anzeige, wie sie auf Seite 21 der Replik eingeblendet werde, nicht erzeugen. Es fehle diesem Gerät gänzlich an der Möglichkeit, ein „Streifenmuster“ wie das dort gezeigte abzubilden. In welcher Form die Anzeige bei diesem Gerät stattdessen erfolgt, hat die Beklagte nicht mitgeteilt. Im Hinblick darauf, dass eine bestimmte Anzeige oder gar die Anzeige eines „Streifenmusters“ für die Merkmalsverwirklichung nicht erforderlich ist, ist dieser Vortrag der Beklagten unbeachtlich. Hinsichtlich des in dem auf der „B“ erhältlichen Prospekt gezeigten Geräts greift dieser Vortrag zudem schon deshalb nicht durch, weil darin ein dem Vortrag der Klägerinnen entsprechendes „Streifenmuster“ gezeigt wird (dazu näher sogleich).

V.
Die Beklagte hat die angegriffene Ausführungsform im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG ohne die Zustimmung der Klägerinnen angeboten und damit eine Patentverletzung begangen.

1.
In dem Aushändigen des zweiseitigen Prospekts zu dem Modell „D E“ auf der „B“ an interessierte Messebesucher durch die Beklagte liegt ein Anbieten der angegriffenen Ausführungsform im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG.

Der in § 9 PatG verwendete Begriff des Anbietens ist ganz in wirtschaftlichem Sinne zu verstehen und fällt nicht mit dem juristischen Begriff eines Vertragsangebots zusammen. Umfasst sind vielmehr auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen, das – wie es etwa beim Abschluss eines Kauf-, Miet- oder Pachtvertrags der Fall ist – die Benutzung dieses Gegenstands einschließt (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte). Das Verteilen eines Werbeprospektes, der eine Darstellung eines dem Gegenstand eines Patents entsprechenden Erzeugnisses enthält, erfüllt in aller Regel den Tatbestand des Anbietens im Sinne von § 9 Satz 1 Nr. 1 PatG. Denn bereits eine solche Verhaltensweise ist bestimmt und geeignet, Interesse an dem beworbenen Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 – Kupplung für optische Geräte; LG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2007 – 4a O 333/06).

Danach ist ein Anbieten gegeben. In dem auf der „B“ verteilten Prospekt wird ein Gegenstand beworben, der von der Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Der Prospekt differenziert nicht nach Einzelstücken, sondern bezieht sich allgemein auf das Modell „D E“. Wie soeben erläutert, stellt die Beklagte lediglich die Baugleichheit des in K beschlagnahmten Geräts, anhand von dessen Aufbau die Klägerinnen die Patentverletzung dargelegt haben, und des auf der „B“ ausgestellten Geräts insoweit in Frage als es die Möglichkeit der Anzeige eines „Streifenmusters“ betrifft. Das in der Anlage K11 beworbene Gerät verfügt aber ausweislich seiner Seite 2 über die entsprechende Möglichkeit. Unter der Überschrift „Comprehensive Clinical Examination Results“ ist dort als mittlere Abbildung (Degree of Liver Fibrosis) ein solches „Streifenmuster“ zu sehen. Dass das in dem Prospekt beworbene Gerät über weitere bauliche Unterschiede zu dem in K beschlagnahmten Gerät verfügt, macht die Beklagte nicht geltend.

Der Werbeprospekt ist in Englisch verfasst und kann damit von den Besuchern der „B“, einer internationalen Fachmesse, ohne weiteres verstanden werden. Denn nach der Lebenserfahrung kann von den Besuchern einer internationalen Messe der Medizinbranche angenommen werden, dass diesen die einschlägigen englischen Fachbegriffe geläufig sind (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 27.11.2007 – 4a O 333/06).

2.
Auch das Ausstellen des Modells XXX-1 auf der „B“ selbst ist ein Anbieten im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG.

Das Ausstellen von Waren auf einer inländischen Fachmesse ist ein Anbieten im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG, soweit es sich nicht ausnahmsweise um die Teilnahme an einer reinen Leistungsschau handelt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014 – I-15 U 19/14). Die Aussteller verfolgen mit ihren Präsentationen auf einer solchen Fachmesse regelmäßig den Zweck, Geschäftsbeziehungen mit interessierten Messebesuchern zu knüpfen und ihre Produkte zu verkaufen. Sie präsentieren ihre Produkte in der Erwartung, dass sie von den Messebesuchern nachgefragt werden. Das Ausstellen ist bestimmt und dazu geeignet, Interesse an den Produkten zu wecken und auf diese bezogene Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen, was für ein Anbieten gemäß § 9 PatG ausreicht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.03.2014 – I-15 U 19/14). Auch bei der Messe „B“ handelt es sich, wie die Klägerinnen unwidersprochen dargelegt haben, nicht um eine reine Leistungsschau, sondern zumindest auch um eine Verkaufsmesse.

VI.
Aufgrund der Patentverletzung stehen den Klägerinnen die geltend gemachten Ansprüche zu.

1.
Die Klägerinnen haben gegen die Beklagte jeweils einen Anspruch auf Unterlassung nach Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG.

2.
Es ist auf ihren Antrag hin auch die Schadensersatzpflicht der Beklagten festzustellen.

Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerinnen derzeit nicht in der Lage sind, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne die rechtskräftige Feststellung die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Die Klägerinnen haben dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1, Abs. 2 PatG. Die Beklagte hat die Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist zudem nicht unwahrscheinlich, dass den Klägerinnen durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist.

3.
Den Klägerinnen steht gegen die Beklagte auch jeweils ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerinnen in die Lage versetzt werden, den ihnen zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerinnen sind auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügen. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.
Weiter haben die Klägerinnen jeweils einen Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Ausführungsform aus den Vertriebswegen nach Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 3 PatG, da die Beklagte die klagepatentgemäße Erfindung im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 1 PatG benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein. Dass der Rückruf unverhältnismäßig wäre, macht die Beklagte nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich.

VII.
Eine Aussetzung der Verhandlung gemäß § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung in dem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahren ist nicht veranlasst.

Die Entscheidung über die Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits steht im Ermessen des Gerichts, wobei dieses summarisch die Erfolgsaussichten der Nichtigkeitsklage überprüft. Aufgrund der Tatsache, dass die Auseinandersetzung für den Kläger wegen der langen Verfahrensdauer von Nichtigkeitsklagen einen erheblichen Einschnitt in seine Rechte bedeutet und außerdem ein Missbrauch vermieden werden soll, kommt eine Aussetzung in der Regel nur dann in Betracht, wenn es hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass das Klagepatent aufgrund der Nichtigkeitsklage vernichtet wird (vgl. BGH, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten). Vor allem kommt eine Aussetzung zumeist dann nicht in Betracht, wenn der dem Klagepatent entgegengehaltene Stand der Technik demjenigen entspricht, der bereits im Erteilungsverfahren oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchsverfahren berücksichtigt worden ist (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt E Rn. 612).

1.
Eine Aussetzung ist nicht im Hinblick auf den Einwand einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme der Lehre des Klagepatents durch die US 5,810,731 (Anlage B2; nachfolgend: US 731) geboten.

Eine deutsche Übersetzung der US 731 liegt nicht vor, insbesondere ist die offenbar im Nichtigkeitsverfahren als Anlage N1a eingereichte deutsche Übersetzung nicht vorgelegt worden. Die US 731 wird in der Klageerwiderung jedoch auszugsweise übersetzt.

a)
Dies gilt nach den dargestellten Grundsätzen bereits deshalb, weil es sich bei der US 731 um im Erteilungsverfahren geprüften Stand der Technik handelt. Die US 731 ist auf dem Deckblatt der Klagepatentschrift genannt und wird zudem in Absatz [0003] ausdrücklich gewürdigt. Sie wurde ferner im Internationalen Recherchenbericht vom 05.07.2000 (Anlage K30) betreffend die PCT-Anmeldung, auf der das Klagepatent beruht, erwähnt und als nicht neuheitsschädlich angesehen. Auch im vorläufigen Internationalen Prüfungsbericht vom 21.03.2001 (Anlage K31) wird die US 731 gewürdigt.

b)
Überdies nimmt die US 731 die Lehre des Klagepatents nicht neuheitsschädlich vorweg. Sie offenbart jedenfalls die Merkmale 3.1, 3.2 und 4.1 nicht.

Die N1 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung für Scherwellen-Elastizitäts-Aufnahmen. Nach der Lehre der N1 wird ein Puls mittels einer Quelle für einen fokussierten akustischen Puls in eine Fokusregion gesendet. Die Fokusregion wird mittels eines Ultraschallwandlers untersucht.

Die N1 offenbart nicht das Merkmal 3.1, wonach der Impuls eine zentrale Frequenz f aufweist, die zwischen 20 und 5000 Hz liegt. Die von der Beklagten zitierte Textstelle in Spalte 1, Zeile 36 bezieht sich auf die Beschreibung des Stands der Technik und betrifft nicht die in der N1 offenbarte Lehre. Allein mit dem Hinweis, dass es sich um einen einzelnen akustischen Puls handeln soll, wird das Merkmal ebenfalls nicht eindeutig und unmittelbar offenbart.

Auch das Merkmal 3.2, wonach der niederfrequente Impuls eine Dauer zwischen 1/2f und 20/f hat, wird in der N1 nicht offenbart. Zu der Dauer der Impulse verhält sich die N1 nicht. Die Ausführungen der Beklagten in der Klageerwiderung bauen auf der Offenbarung des Merkmals 3.1 auf, das, wie soeben ausgeführt, nach Auffassung der Kammer ebenfalls nicht offenbart ist.

Ferner wird das Merkmal 4.1 in der N1 nicht eindeutig und unmittelbar offenbart. Insbesondere ist der Darstellung in Fig. 6 die beanspruchte Taktfolge von zwischen 100 und 100.000 Schüssen pro Sekunde nicht zu entnehmen. Selbst den Abstand von einer Millisekunde, der möglicherweise in eine Taktfolge von 1.000 Schüssen pro Sekunde umzurechnen sein mag, vermag die Kammer der nur schematischen und beispielhaften Darstellung in Fig. 6 der N1 nicht zu entnehmen. Aus dem gleichen Grund kann aus der Darstellung von 16 Ultraschalldruckwellenschüssen in Fig. 6 nicht auf die in Merkmal 4.1 beanspruchte Mindestzahl von 10 Schüssen geschlossen werden. Überdies ergibt sich an keiner Stelle, dass es sich dabei um eine Mindestzahl handeln soll und dass nicht etwa die Verwendung der halben Zahl von Schüssen ebenso geeignet wäre.

2.
Auch im Hinblick auf den Einwand einer neuheitsschädlichen Vorwegnahme durch die Dissertation des Herrn N (Anlage B4, auszugsweise deutsche Übersetzung als Anlage B5), einem der Erfinder des Klagepatents, ist eine Aussetzung nicht geboten.

a)
Durch die Aushändigung der Dissertation an die Mitglieder der Prüfungskommission ist diese nicht im Sinne von Art. 54 Abs. 2 EPÜ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Die Klägerin zu 2) hat in der Nichtigkeitsklage dargelegt, dass die Mitglieder der Prüfungskommission einer gesetzlichen Geheimhaltungsverpflichtung unterliegen. Selbst wenn man nicht von einer solchen gesetzlichen Geheimhaltungsverpflichtung ausgehen sollte, ergibt sich die Geheimhaltungspflicht aber jedenfalls aus den Umständen (vgl. dazu Melullis, in: Benkard, EPÜ, Art. 54 Rn. 101). Anhaltspunkte dafür, dass Mitglieder der Prüfungskommission die ihnen obliegende Geheimhaltungspflicht bzw. die Erwartung der Geheimhaltung nicht beachtet haben, bestehen nicht.

b)
Durch die Verteidigung der Dissertation vor der Prüfungskommission ist deren Inhalt ebenfalls nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Die Beklagte legt bereits nicht dar, welche Passagen der Arbeit im Rahmen der Verteidigung erörtert worden sind. Allein der Hinweis auf den „Versuchsaufbau“ ist nicht ausreichend, zumal sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht ergibt, in welcher Form dieser Aufbau bei der Verteidigung gezeigt oder besprochen worden ist. Aus dem auf Seite 15 der Dissertation (Bl. 131 d. A.) gezeigten Versuchsaufbau ergeben sich überdies nicht alle Merkmale des Klagepatentanspruchs 16.

c)
Schließlich reicht das Verteilen einer Zusammenfassung der Dissertation innerhalb der Universität im Zuge der Vorbereitung der Vorbereitung nicht aus, um den Inhalt der Dissertation als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht anzusehen. Die Beklagte legt nicht dar, welchen Inhalt diese Zusammenfassung hatte und dass sich daraus die Merkmale des Klagepatentanspruchs 16 ergeben.

d)
Unabhängig davon nimmt die Dissertation des Herrn N die beanspruchte Lehre nicht neuheitsschädlich vorweg.

Die Dissertation befasst sich mit der Verwendung von Ultraschall zur Messung der Elastizität von biologischem Gewebe.

Die Offenbarung von Merkmal 3.2, wonach der niederfrequente Impuls eine Dauer zwischen 20 und 5.000 Hz hat, lässt sich auf der Basis der vorgelegten Unterlagen nicht feststellen. So ist der in Übersetzung vorgelegten Textstelle auf Seite 73 der Dissertation nicht zu entnehmen, dass die dort genannte „halbe Sinusschwingung“ die Dauer des niederfrequenten Impulses, mit dem das viskoelastische Medium angeregt wird, angibt. Die größeren Pulslängen innerhalb des Bereichs bis 20/f finden sich in der vorgelegten Übersetzung nicht.

Auch Merkmal 4.1 wird in der Dissertation nicht eindeutig und unmittelbar offenbart. Insbesondere lässt sich die Offenbarung nicht aus der von der Beklagten herangezogenen Textstelle auf Seite 14 der Dissertation ableiten. Mit dem Hinweis, dass die verwendete Elektronik in der Lage ist, in 0,38 Sekunden 512 Ultraschallsignale zu speichern, besagt nichts über die Mindestzahl der abzugebenden Schüsse und deren Taktfolge.

3.
Schließlich ist eine Aussetzung des Rechtsstreits nicht im Hinblick auf den Einwand fehlender Erfindungshöhe ausgehend von der US 5,099,848 (Anlage B8, nachfolgend: US 848) in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen, der US 731 oder einer Geräteanleitung für Ultraschallgeräte geboten.

Dies gilt bereits deshalb, weil die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren eine fehlende erfinderische Tätigkeit ausgehend von der US 848 im Nichtigkeitsverfahren nicht vorgebracht hat. Die Prognose, ob sich das Klagepatent im anhängigen Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen wird, kann notwendigerweise nur vor dem Hintergrund des Sach- und Streitstandes in eben diesem Verfahren angestellt werden. Eine Entgegenhaltung, die der Beklagte in der Aussetzungsdiskussion erörtert, ist deswegen so lange nicht geeignet, die Aussetzung zu rechtfertigen, wie die Schrift nicht auch in das Nichtigkeitsverfahren eingeführt worden ist. Spätestens am Schluss der letzten mündlichen Verhandlung im Verletzungsverfahren muss die Entgegenhaltung in das Nichtigkeitsverfahren eingebracht sein (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 9. Auflage 2017, Abschnitt E Rn. 606).

Überdies handelt es sich sowohl bei der US 848 als auch bei der US 731 um im Erteilungsverfahren geprüften Stand der Technik.

VIII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf € 300.000,00 festgesetzt.