4a O 112/16 – Lichtemittierende Vorrichtung VIII

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2643

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 25. April 2017, Az. 4a O 112/16

Die einstweilige Verfügung 07.11.2016, Az.: 4a O 112/16, wird bestätigt.

Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Verfahrens.

Die weitere Vollstreckung ist davon abhängig, dass die Verfügungsklägerin Sicherheit in Höhe von EUR 250.000,- leistet.

T a t b e s t a n d

Die Verfügungsklägerin macht als eingetragene Inhaberin (vgl. Registerauszug vom 27.10.2016, Anlage TW3) des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in Kraft stehenden Europäischen Patents 0 936 XXX (im Folgenden: Verfügungspatent) gegen die Verfügungsbeklagte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einen Anspruch auf Unterlassung patentverletzender Benutzungshandlungen geltend.

Die Anmeldung des in englischer Verfahrenssprache abgefassten Verfügungspatents vom 29.07.1997 (internationale Patentanmeldung PCT/JP1997/002XXX) wurde am 18.08.1999 offengelegt, der Hinweis auf die Patenterteilung am 23.08.2000 veröffentlicht. Das Verfügungspatent nimmt die Priorität folgender japanischer Patentanmeldungen P1 – P5 (deutsche Übersetzungen vorgelegt als Anlagen QE4) in Anspruch:

Anmeldenummer Prioritätsdatum

P1: JP 198XXX/1996 29.07.1996
P2: JP 244XXX/1996 17.09.1996
P3: JP 245XXX/1996 18.09.1996
P4: JP 359XXX/1996 27.12.1996
P5: JP 081XXX/1997 31.03.1997.

Im Rahmen eines vor dem Europäischen Patentamt geführten Einspruchsverfahrens wurde das Verfügungspatent beschränkt aufrechterhalten. Nach Rechtskraft der Einspruchsentscheidung am 01.08.2007 wurde eine geänderte Fassung der Verfügungspatentschrift veröffentlicht (hier als Anlage TW1 vorgelegte „B9-Schrift“), am 07.10.2010 erfolgte die Veröffentlichung einer Berichtigung der deutschen Übersetzung der geänderten Patentschrift (hier als Anlage TW2 vorgelegte „T4-Schrift“). Gegenstand des Verfügungspatents ist eine lichtemittierende Vorrichtung und Anzeigevorrichtung. Der in dem vorliegenden Verfahren vornehmlich interessierende Patentanspruch 1 lautet in deutscher Übersetzung:

„ Eine lichtemittierende Vorrichtung, die ein lichtemittierendes Teil (102) und einen Leuchtstoff (101) enthält, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichtes zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet, wobei das besagte lichtemittierende Teil (102) einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel

(Y1-rGdr)3Al5O12:Ce

mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und

in der das besagte lichtemittierende Teil (102) eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet, und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist.“

Ein schematischer Querschnitt einer verfügungspatentgemäßen lichtemittierenden Diode wird nachfolgend mit der Figur 1 (verkleinert) wiedergegeben:

Die lichtemittierende Diode 100 weist eine lichtemittierende Komponente (LED-Chip) 102 auf einer Schale 105a des äußeren Anschlusses 105 auf. In der Schale 105a befindet sich ein spezifischer überzugsharzhaltiger Leuchtstoff 101, der die lichtemittierende Komponente 102 umgibt.

Mit Urteil vom 16.08.2016, welches der Verfügungsklägerin mit Begründung am 30.09.2016 zugestellt wurde, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) eine gegen das Verfügungspatent anhängige Nichtigkeitsklage, Az.: X ZR 96/14. Der BGH hob dabei das erstinstanzliche Urteil des Bundespatentgerichts (BPatG) vom 24.09.2014, Az.: 2 Ni 11/12 (EP), vorgelegt als Anlage TW13, welches das Verfügungspatent wegen offenkundiger Vorbenutzung im Jahre 1995 für nichtig erklärte, auf, und hielt das Verfügungspatent uneingeschränkt aufrecht. Wegen des genauen Inhalts des Urteils wird auf dieses (Anlage TW4) Bezug genommen.

Mit Klageschrift vom 13.12.2016 (Anlage QUE3) machte die A B GmbH, eine deutsche Vertriebsgesellschaft der Verfügungsbeklagten, erneut eine Nichtigkeitsklage gegen das Verfügungspatent anhängig. Eine Entscheidung steht noch aus.

Die Verfügungsbeklagte stellt her und vertreibt unter der Produktbezeichnung C eine lichtemittierende Vorrichtung (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform) wie nachfolgend abgebildet:

Auf ihrer Internetseite mit der Adresse www.A.com verweist die Verfügungsbeklagte unter der Rubrik „Where to buy“ unter anderem auf in Deutschland ansässige Vertriebsgesellschaften. Über die Internetseite können des Weiteren auch Informationen zu der angegriffenen Ausführungsform abgerufen werden. Wegen der genauen Inhalte des Internetauftritts wird auf die mit den Anlagen TW6 – TW8 vorgelegten screenshots verwiesen.

Im April 2016 ließ die Verfügungsklägerin eine lichtemittierende Diode untersuchen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob es sich dabei um eine angegriffene Ausführungsform handelt.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform verletze das Verfügungspatent.

In diesem Zusammenhang behauptet die Verfügungsklägerin insbesondere, bei dem von ihr untersuchten Leuchtmittel handele es sich um die angegriffene Ausführungsform. Ihre Untersuchungen mittels einer Röntgenpulverdiffraktometrie und einer energiedispersiven Röntgenspektroskopie (EDX) hätten zudem auch ergeben, dass die angegriffene Diode einen Leuchtstoff mit Granat-Fluoreszensmaterial entsprechend der Formel (Y3Al5O12:Ce) enthalte.

Auch habe sie, die Verfügungsklägerin, sich nicht dringlichkeitsschädlich verhalten, indem sie nach der Verkündung des Nichtigkeitsberufungsurteils am 16.08.2016 noch die Zustellung der schriftlichen Entscheidungsbegründung am 30.09.2016 abgewartet hat.

Auf den Antrag der Verfügungsklägerin vom 28.10.2016 hat das Landgericht Düsseldorf der Verfügungsbeklagten im Wege der einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 07.11.2016, im Parteibetrieb am 10.11.2016 zugestellt, unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel

untersagt,

lichtemittierende Vorrichtungen, die ein lichtemittierendes Teil und einen Leuchtstoff enthalten, der in der Lage ist, einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichts zu absorbieren und Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet,

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wobei das besagte lichtemittierende Teil einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN und der besagte Leuchtstoff ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel (Y1-r Gdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann, und in der das besagte lichtemittierende Teil eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist und in der der besagte Leuchtstoff sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der besagten blauen lichtemittierenden Diode befindet, und in der ein Hauptemissionspeak der lichtemittierenden Diode innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt und eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des lichtemittierenden Teils ist.

Gegen den Beschluss hat die Verfügungsbeklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19.01.2017 Widerspruch eingelegt.

Die Verfügungsklägerin beantragt:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 07.11.2016, Az.: 4a O 112/16, zu bestätigen.

Die Verfügungsbeklagte beantragt:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 07.11.2016, Az.: 4a O 112/16, unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags, aufzuheben.

Die Verfügungsbeklagte behauptet, bei dem von der Verfügungsklägerin untersuchten Produkt handele es sich nicht um ein von ihr, der Verfügungsbeklagten, angebotenes Leuchtmittel. Der Untersuchungsgegenstand müsse vielmehr von einem Dritten in den Verkehr gebracht worden sein. Das ergebe sich aus einem Vergleich von Mikroaufnahmen des von der Verfügungsklägerin untersuchten und des von ihr, der Verfügungsbeklagten, für das Produkt mit der Bezeichnung C verwendeten LED-Gehäuses und des LED-Chips:

Des Weiteren enthalte die angegriffene Ausführungsform auch keinen Leuchtstoff mit der verfügungspatentgemäß vorgesehenen Formel. Vielmehr könne in dem Leuchtstoff lediglich die Granat-Fluoreszenzmaterialien mit der chemischen Formel (Y,Lu)3 Al5 O12:Ce und Y3Al5O12:Ce festgestellt werden.

Aufgrund der (erneut) anhängigen Nichtigkeitsklage sei aber auch der Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht hinreichend gesichert. Das Verfügungspatent nehme die beanspruchten Prioritäten nicht wirksam in Anspruch. Dies berücksichtigend erweise sich die durch das Verfügungspatent geschützte Lehre nicht als neu.

Letztlich zeige die Verfügungsklägerin aber auch durch ihr eigenes Verhalten, dass ihr an einer dringenden Regelung nicht gelegen sei. Insbesondere habe die Verfügungsklägerin den Erlass einer einstweiligen Verfügung unmittelbar nach Verkündung des Urteils in dem Nichtigkeitsverfahren (Az.: X ZR 96/14) am 16.08.2016 beantragen können. Eines Abwartens der Entscheidungsbegründung habe es vor dem Hintergrund, dass es zu keinen Einschränkungen des Verfügungspatents gekommen ist, nicht bedurft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze und der mit ihnen vorgelegten Urkunden und Anlagen sowie das Protokoll zur Sitzung vom 06.04.2017 Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Auf den zulässigen Widerspruch der Verfügungsbeklagten war die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Verfügungsklägerin hat auch das Vorbringen der Verfügungsbeklagten berücksichtigend einen Verfügungsanspruch und -grund (§§ 936, 920 Abs. 2 ZPO) hinreichend glaubhaft gemacht.

I.
Ein Verfügungsanspruch liegt in Form eines Unterlassungsanspruchs gem. Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG vor.

1.
Das Klagepatent befasst sich mit einer lichtemittierenden Diode, wie sie beispielsweise in LED-Displays, in Lichtquellen für die Hintergrundbeleuchtung, in Verkehrszeichen, Eisenbahnsignalen, beleuchteten Schaltern, Anzeigeelementen usw. zum Einsatz gelangt (Abs. [0001] des Verfügungspatents; Abschnitte ohne Bezeichnung sind im Folgenden solche des Verfügungspatents).

a)
Der Einleitung des Verfügungspatents zu folge sind lichtemittierende Dioden im Stand der Technik bereits bekannt und haben ein breites Anwendungsfeld, weil sie Licht mit einer klaren Farbe und mit einem hohen Wirkungsgrad aussenden (Abs. [0002]). Da es sich bei lichtemittierenden Dioden zudem um Halbleiterbauelemente handelt, brennen diese nicht durch, haben gute Anlaufeigenschaften, eine hohe Rüttelfestigkeit und seien gegen wiederholtes Ein- und Ausschalten beständig (Abs. [0002]).

In dem von dem Verfügungspatent in Bezug genommenen Stand der Technik sind aktuell lichtemittierende Dioden für die RGB-Farben (rot, grün und blau) entwickelt und für LED-Displays in Betrieb genommen worden (Abs. [0002]). Derartige LED-Displays seien durch ein geringes Gewicht, eine lange Lebensdauer und das Erfordernis einer nur geringen Betriebsleistung gekennzeichnet (Abs. [0002]).

Weiter ist nach dem Verfügungspatent vorbekannt, dass Quellen weißen Lichts unter Verwendung lichtemittierender Dioden hergestellt werden können (Abs. [0003]), wobei eine zufriedenstellende Lichtquelle, die imstande ist durch Benutzung von lichtemittierenden Komponenten weißes Licht auszusenden, bislang noch nicht entwickelt werden konnte (Abs. [0003]). Es ist jedoch bekannt, dass drei lichtemittierende R-, G- und B-Komponenten dicht beieinander angeordnet und das von diesen ausgesendete Licht gestreut und gemischt werden muss (Abs. [0003]; Hervorhebung diesseits). Versuche zur Herstellung weißen Lichts auf diese Art und Weise förderten jedoch, so das Verfügungspatent, das Problem zu Tage, dass weißes Licht in dem gewünschten Farbton nicht erzeugt werden konnte, weil sich der Farbton, die Leuchtdichte und andere Faktoren der lichtemittierenden Komponenten änderten (Abs. [0003]). Des Weiteren ist die für den Betrieb der jeweiligen lichtemittierenden Komponente erforderliche Leistung von dem Material der lichtemittierenden Komponente abhängig, weshalb bei dem Einsatz lichtemittierender Komponenten mit unterschiedlichem Material unterschiedliche Spannungen angesetzt werden müssten, was wiederum komplexe Stromkreise für die Ansteuerung der Dioden erforderlich mache (Abs. [0003]).

Lösungsansätze für die beschriebenen Probleme seien bereits in den japanischen Patenten JP-A-5-152609, JP-A-7-99345, JP-A-7-176794 und JP-A-8-7614 offenbart, deren Lehren auf dem Prinzip aufbauen würden, dass das von einer lichtemittierenden Komponente ausgesendete Licht mittels eines Fluoreszenzmaterials umgewandelt wird (Abs. [0004]).

Das Verfügungspatent beschreibt den Aufbau der in den genannten Druckschriften offenbarten lichtemittierenden Diode wie folgt:

Die lichtemittierende Komponente ist in einer Schale angebracht, die sich an der Spitze eines Leitrahmens befindet und ein Fluoreszenzmaterial enthält (Abs. [0005]). Das Fluoreszenzmaterial absorbiert das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendete Licht, wobei sich die Wellenlänge dieses absorbierten Lichts von derjenigen des ausgesendeten Lichts unterscheidet (Wellenlängenwandlung) (Abs. [0005]). Auf diese Weise kann eine lichtemittierende Diode, die weißes Licht aussendet, dadurch hergestellt werden, dass eine lichtemittierende Komponente gewählt wird, die blaues Licht aussendet und ein Fluoreszenzmaterial das ausgesendete blaue Licht so absorbiert, dass ein gelbliches Licht ausgesendet wird (Abs. [0006]).
Mit einem solchen Vorgehen sind jedoch im Stand der Technik bestimmte Nachteile verbunden, die vor allem mit dem Fluoreszenzmaterial zusammenhängen. So verschlechtert sich der Zustand des Fluoreszenzmaterials, was zu einer Farbtonabweichung und damit einhergehend zu einer niedrigeren Ausbeute des abgegebenen Lichts führt (Abs. [0007]). Besonders dann, wenn eine lichtemittierende Komponente mit einem Halbleiter mit einer hochenergetischen Bandlücke benutzt werde, nehme die vom Fluoreszenzmaterial absorbierte Lichtenergie unweigerlich zu, was einen stärkeren Abbau des Fluoreszenzmaterials verursache (Abs. [0007]). Gleiches gelte bei dem Einsatz einer lichtemittierenden Komponente mit einer höheren Intensität der Lichtemission über einen ausgedehnten Zeitraum (Abs. [0007]).
Problematisch sei weiter, dass das in der Nähe der lichtemittierenden Komponente befindliche Fluoreszenzmaterial hohen Temperaturen ausgesetzt ist (Abs. [0008]), und durch das Zusammenwirken von von außen eindringender oder durch den Herstellungsvorgang entstehender Feuchtigkeit mit der von der lichtemittierenden Komponente übertragenen Wärme und dem Licht ein beschleunigter Abbau des Materials eintrete (Abs. [0009]). Auch könne das direkte elektrische Feld in der Nähe des Chips bei Einsatz eines organischen Farbstoffes mit ionischen Eigenschaften Elektrophorese verursachen, was ebenfalls den Farbton ändere (Abs. [0010]).
Sofern aus der EP-A-0209942 eine Niederdruck-Quecksilberdampf-Entladungslampe bekannt sei (Abs. [0011]), könne diese nicht in einfacher, kleiner, leichter und billiger Form verwirklicht werden (Abs. [0012]).

b)
Vor dem Hintergrund der in Bezug genommenen Probleme macht es sich das Verfügungspatent zur Aufgabe (technisches Problem), eine lichtaussendende Vorrichtung zu schaffen, die nur einen äußerst geringen Grad der Abnahme der Intensität, des Wirkungsgrades und der Farbverschiebung des emittierenden Lichts über einen langen Zeitraum der Benutzung mit hoher Leuchtdichte aufweist (Abs. [0013]).
Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 1 nachfolgende Merkmale vor:

Lichtemittierende Vorrichtung, die enthält:

1. ein lichtemittierendes Teil (102),

1.1. das einen Verbindungshalbleiter auf der Grundlage von GaN enthält,

1.2. das eine blaue lichtemittierende Diode (LED) ist, in der ein Hauptemissionspeak innerhalb des Bereichs von 400 nm bis 530 nm liegt;

2. einen Leuchtstoff (101),

2.1. der sich in einem direkten oder indirekten Kontakt mit der blauen lichtemittierenden Diode befindet,

2.2. der ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel

(Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1

enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann,

2.3. der in der Lage ist,

2.3.1 einen Teil des vom lichtemittierenden Teil ausgesandten Lichtes zu absorbieren,

2.3.2 Licht mit einer Wellenlänge auszusenden, die sich von der des absorbierten Lichtes unterscheidet,

3. wobei eine Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs so liegt, dass sie länger als der Hauptemissionspeak des Iichtemittierenden Teils ist.

Die Lehre des Verfügungspatents baut auf dem eingangs beschriebenen, im Stand der Technik bekannten Verfahren auf, wonach das von einer lichtemittierenden Komponente und das durch ein Fluoreszenzmaterial ausgesendete Licht, dessen Wellenlänge eine von der lichtemittierenden Komponente unterscheidbare Wellenlänge aufweist, gestreut und gemischt werden (Abs. [0014]).

Erfindungswesentlich ist dabei nach Abschnitt [0019] zum einen, dass der Hauptemissions-Peak der lichtemittierenden Komponente in einem Bereich von 400 nm bis 530 nm gelegen ist (Merkmal 1.2), und zum anderen, dass die Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffes länger als der Hauptemissions-Peak der lichtemittierenden Komponente ist (Merkmal 3.). Denn gerade dadurch werden der Wirkungsgrad und die Langlebigkeit der Diode erhöht:

„Ganz allgemein hat ein Fluoreszenzmaterial, das Licht einer kurzen Wellenlänge absorbiert und Licht einer langen Wellenlänge aussendet, einen höheren Wirkungsgrad als ein Fluoreszenzmaterial, das Licht einer langen Wellenlänge absorbiert und Licht einer kurzen Wellenlänge aussendet. […] Daher wird für die erfindungsgemäße lichtemittierende Diode zum Zwecke der Verbesserung der Lichtausbeute und der Gewährleistung einer hohen Lebensdauer der Hauptemissions-Peak der lichtemittierenden Komponente in einen Bereich relativ kurzer Wellenlänge von 400 nm bis 530 nm im Bereich des sichtbaren Lichts gelegt, und die Hauptemissionswellenlänge des Leuchtstoffs wird so gelegt, dass sie größer als die Wellenlänge des Hauptemissions-Peaks der lichtemittierenden Komponente ist.“ (Abs. [0023]).

Verfügungspatentgemäß werden als lichtemittierendes Teil ein Verbindungshalbleiter bestehend aus einer Nitritverbindung, insbesondere GaN, (Merkmal 1.1; Abs. [0016]) und als Leuchtstoff ein mit Zer (Ce) aktiviertes Yttrium-Aluminium-Granat (YAG) entsprechend der Formel (Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 (Merkmal 2.2; Abs. [0017]) verwendet.

Das so beschaffene lichtemittierende Teil ist zur Aussendung einer hohen Leuchtdichte im Stande, weshalb auch die erfindungsgemäße Leuchtvorrichtung Licht mit einer hohen Leuchtdichte aussenden kann (Abs. [0018]). Das Granat-Fluoreszenzmaterial weist eine ausgezeichnete Lichtbeständigkeit auf, so dass die Fluoreszenzeigenschaften nur einer geringen Veränderung unterliegen,

„Dies ermöglicht, die Abnahme der Kenndaten während der Langzeitbenutzung zu vermindern, und die Zustandsverschlechterung durch ein Licht hoher Intensität, das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendet wird, als auch durch Fremdlicht (Sonnenlicht einschließlich ultravioletten Lichts usw.) bei Einsatz im Freien herabzusetzen und dadurch eine lichtaussendende Vorrichtung zu erhalten, die eine äußerst geringe Farbverschiebung und eine geringe Abnahme der Leuchtdichte aufweist.“ (Abs. [0018]).

2.
Es liegt eine Verletzungshandlung im Sinne von § 9 Satz 2 Nr. 1 PatG vor. Denn die Verfügungsbeklagte hat die angegriffene Ausführungsform, die die verfügungspatentgemäße Lehre verwirklicht (dazu unter lit. a)), im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland angeboten (dazu unter lit. b)).

a)
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Verfügungspatents unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf die zwischen den Parteien unstreitigen Merkmale, zu denen es weiterer Ausführungen nicht bedarf, sondern auch im Hinblick auf das in Streit stehende Merkmal 2.2.

Die Verfügungsklägerin hat die angegriffene Ausführungsform untersucht sowie dargelegt und glaubhaft gemacht, dass diese einen Leuchtstoff mit der durch Merkmal 2.2 vorgegebenen chemischen Formel Y3Al5O12:Ce enthält. Dieses Vorbringen wird durch den Vortrag der Verfügungsbeklagten nicht hinreichend widerlegt.

aa)
Es ist davon auszugehen, dass es sich bei der von der Verfügungsklägerin über die D E bestellte und untersuchte Diode um die angegriffene Ausführungsform handelt.

Die Darlegungs- und Beweislast (hier: Last der Glaubhaftmachung) hinsichtlich der Patentverletzung trifft die (Verfügungs)Klägerin (Grabinski/ Zülch, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2016, § 139, Rn. 114). Das heißt, dass die belastete Partei die einzelnen Tatsachen, aus denen sich die zu ihrem Beweis stehenden Tatbestandsmerkmale ergeben, schlüssig darlegen und, soweit sie bestritten werden, beweisen muss; die Gegenseite braucht ihr die Führung des Beweises in der Regel nicht zu erleichtern (Grabinksi/ Zülch, ebd., § 139, Rn. 116). Jedoch kann dem Gegner der beweisbelasteten Partei eine sekundäre Darlegungslast obliegen, aufgrund derer er zu solchen Tatsachen spezifiziert vorzutragen hat, die der beweisbelasteten Partei nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne weiteres möglich als auch zumutbar erscheint (a. a. O.).

Orientiert an diesem Maßstab hat die Verfügungsklägerin schlüssig vorgetragen, dass sie den Untersuchungsgegenstand über die D E unter der Produktbezeichnung der Verfügungsbeklagten bezogen hat. In diesem Zusammenhang hat die Verfügungsklägerin eine „Packliste“ (Anlage TW11) der D E vorgelegt, in der die D E unter der Überschrift „Werksbescheinigung“ wie folgt bestätigt:

„D E. Inc. bescheinigt hiermit, dass die in dieser Lieferung enthaltenen Produkte, einzig und allein vom Originalhersteller oder über den autorisierten Vertrieb des Herstellers erworben wurden. Der Originalhersteller garantiert und bescheinigt, dass die von ihm hergestellten Produkte ihren Spezifikationen entsprechen. Nachweis dieser Gewähr und Bescheinigung wird beim Hersteller und/oder bei D gepflegt. Diese Versandliste stellt den Nachweis der Konformität dar, dass diese Lieferung den Anforderungen des Qualitätsmanagementsystems von D und/oder den Anforderungen des Kundenkaufauftrags, wie zwischen D und Kunden abgestimmt, entspricht. Einhaltung der Umweltschutzauflagen entsprechend der Herstellerdokumentation.“

Soweit die Verfügungsbeklagte bestreitet, dass gerade sie „dieses“, mithin das konkret untersuchte, Produkt an D E geliefert hat, geht daraus gerade nicht hervor, dass sie, die Verfügungsbeklagte, die D E zu keinem Zeitpunkt mit der angegriffenen Ausführungsform beliefert hat.

Auch das weitere Vorbringen der Verfügungsbeklagten, wonach es sich schon aufgrund der andersartigen Ausgestaltung des Chips und des Gehäuses des untersuchten Leuchtmittels nicht um eine von ihr vertriebene angegriffenen Ausführungsform handeln könne, ist ungeeignet, um einer Untersuchung der angegriffenen Ausführungsform entgegenzutreten.

Die Verfügungsbeklagte hat zwar vorgetragen, dass sich die Ausgestaltung des Chips und des Gehäuses jedenfalls seit September 2013 nicht verändert habe. Sie selbst räumt jedoch ein, dass sie Bestandteile der angegriffenen Ausführungsform, unter anderem auch die LED-Chips und Gehäuse, von externen Zulieferern bezieht. Daraus folgt, dass die Verfügungsbeklagte nicht zwingend Kenntnis über die veränderte Ausgestaltung dieser Bestandteile erhält, insbesondere wenn mit der Veränderung auch keine technischen Auswirkungen auf das Produkt der Verfügungsbeklagten einhergehen. Dies berücksichtigend ist bereits zweifelhaft, dass die Verfügungsbeklagte auf einer zuverlässigen Tatsachengrundlage behaupten kann, dass es zu Änderungen an dem Chip und dem Gehäuse seit September 2013 nicht mehr gekommen ist. Ein entsprechender Vortrag geht auch aus der eidesstattlichen Versicherungen des Herrn F G vom 22.03.2017 (Original, Bl. 115 GA) nicht hervor. Aber selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass die Ausgestaltung des in der angegriffenen Ausführungsform verbauten LED-Chips und des Gehäuses seit September 2013 unverändert geblieben ist, so erscheint nicht zwingend, dass der im Jahre 2015 erworbene Untersuchungsgegenstand erst nach diesem Zeitpunkt hergestellt worden ist. Insoweit ist insbesondere auch ein Rückgriff auf Lagerbestände möglich – bei dem LED-Chip handelt es sich um kein Produkt, bei dem aus wirtschaftlichen oder andere Gründen (z.B. wegen der Natur des Produkts) eine Vorratshaltung nicht erfolgen kann.

bb)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch das Merkmal 2.2,

„ der ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend der Formel

(Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1

enthält, in der Al mindestens teilweise durch Ga und/oder In ersetzt sein kann“.

Nach dem Anspruchswortlaut unterfällt auch ein Leuchtstoff mit der Formel (Y3Al5O12:Ce) dem Schutzbereich des Verfügungspatents. Dies wird im Rahmen der Beschreibung des Verfügungspatents auch in den Abschnitten [0017] und [0049] aufgegriffen. Orientiert an den von der Verfügungsklägerin durchgeführten Tests können Partikel des in dem Untersuchungsgegenstand verwendeten Leuchtstoffs auch mit dieser Formel beschrieben werden.

Die Verfügungsbeklagte tritt den von der Verfügungsklägerin in Form einer energiedispersiven Röntgenspektroskopie (EDX) unter Einsatz eines Rasterelektronenmikroskops (SEM) durchgeführten Untersuchungen mit dem bereits dargestellten Ergebnis entgegen. Die Methode erweise sich im Vergleich zu einer energiedispersiven Röntgenspektroskopie unter Verwendung eines Transmissionselektronenmikroskops (TEM), bei dem die Elektronen nicht lediglich die Oberfläche des untersuchten Materials abtasten, sondern der Elektronenstrahl durch die (dünne) Probe hindurch gelangt, als ungenau. So hätten auch ihre, der Verfügungsbeklagten, mittels SEM durchgeführte Messungen zunächst einen Leuchtstoffpartikel mit der Formel (Y3Al5O12:Ce) ergeben. Jedoch habe der anschließende Einsatz eines TEM gezeigt, dass auch Lutetium in dem untersuchten Leuchtstoffpartikel enthalten gewesen sei, dieser mithin mit der Formel (Y,Lu)3 Al5 O12:Ce bzw. der Formel Y3Al5O12:Ce beschrieben werden müsse.

Dieser Vortrag der Verfügungsbeklagten ist jedoch nicht geeignet, begründete Zweifel an dem Untersuchungsergebnis der Verfügungsklägerin hervorzurufen.

Insoweit ist zu beachten, dass das Ergebnis der SEM-EDX-Analyse der Verfügungsklägerin durch das Ergebnis einer weiteren von ihr, der Verfügungsklägerin, durchgeführten Untersuchung, nämlich einer sog. Röntgenpulverdiffraktometrie, gestützt wird. Die in diesem Zusammenhang erstellten Röntgenpulverdiffraktogramme zeigen, nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Verfügungsklägerin, die für einen Leuchtstoff mit der näher bezeichneten Formel typische Position und relative Intensität der Beugungsreflexe (vgl. auch Antragsschrift vom 19.10.2016, S. 13, Bl. 13 GA). Sofern die Verfügungsbeklagte hiergegen vorbringt, dass die Kennlinien von YAG und (reinem) LuAG nahezu identisch seien (vgl. auch Grafik in dem Schriftsatz vom 04.04.2017, S. 8, Bl. 125 GA), entkräftet dieser Vortrag das Analyseergebnis der Verfügungsklägerin nicht. Die Röntgenpulverdiffraktometrie wurde – wie durch die im Original vorliegende eidesstattliche Versicherung des Prof. Dr. H vom 27.10.2016 (Anlage TW9, Bl. 24 – 27 GA) glaubhaft gemacht ist – durch eine mit der Materie der Anorganischen Festkörperchemie vertraute Fachperson durchgeführt. Bereits diese Tatsache spricht dafür, dass die Ähnlichkeit der Kennlinien bei der Auswertung Berücksichtigung gefunden hat. Weiter ist aber auch durch die eidesstattliche Versicherung des Prof. Dr. H vom 27.10.2016 (Anlage TW9, Bl. 24 – 27 GA),

„Es liegt ein heterogenes Gemenge aus YAG:Ce mit einem kubischen Gitterparameter a = 1200.34(2) pm […] sowie LuAG:Ce mit einem geringfügig kleineren kubischen Gitterparameter a = 1190.80(1) pm vor […].“,

belegt, dass der die Untersuchung durchführenden Person die Ähnlichkeit der Kennlinien bewusst war, und Feststellungen zu der für YAG charakteristischen Lage und Intensitätsverteilung der Beugungsreflexe in Kenntnis dieser Tatsache getroffen wurden.

Des Weiteren ist auch nicht ersichtlich, dass die mittels eines Rasterelektronenmikroskops (SEM) durchgeführte energiedispersive Röntgenspektroskopie (EDX) wegen der – im Vergleich zu der TEM-EDX-Analyse – geringeren örtlichen Genauigkeit für die Ermittlung der Stoffzusammensetzung eines Leuchtstoffs ungeeignet ist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch die anhand von fünf Leuchtstoffpartikeln von der Verfügungsklägerin durchgeführten Untersuchungen bei zwei Leuchtstoffpartikeln das Vorhandensein von Lutetium ergeben haben. Die Lage der fünf getesteten Leuchtstoffpartikeln ist der Antragsbegründung der Verfügungsklägerin vom 28.10.2016 (dort S. 17, Bl. 17 GA) zu entnehmen, und durch die eidesstattliche Versicherung des Mitarbeiters der Verfügungsklägerin, Herrn I J, vom 28.10.2016 (Original liegt als Anlage TW10, Bl. 35 GA, vor) glaubhaft gemacht. Dass eine Steigerung der örtlichen Genauigkeit bei Berücksichtigung der Lage der untersuchten Partikel zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätte, kann weder zwingend angenommen werden noch ist dies durch das Vorbringen der Verfügungsbeklagten dargetan.

Soweit Untersuchungen, die die Verfügungsbeklagte an ein- und demselben Leuchtstoffpartikel durchgeführt hat, ergeben haben, dass im Wege der SEM-EDX-Analyse kein Lutetium, mittels der TEM-EDX-Analyse jedoch – bei demselben Leuchtstoffpartikel – Lutetium detektiert werden kann, bleiben die näheren Bedingungen der Analyse, insbesondere die Lage des untersuchten Leuchtstoffs unklar. Es liegen auch in diesem Zusammenhang keine Mittel der Glaubhaftmachung vor, die Näheres erkennen lassen. Die Untersuchungsergebnisse der Verfügungsbeklagten werden durch Frau K L vom 06.04.2017 an Eides statt (Erklärung liegt im Original, Bl. 134 f. GA, vor) versichert. Bei Frau L handelt es sich jedoch nicht erkennbar um diejenige Person, die die Untersuchungen durchgeführt hat bzw. diesen beigewohnt hat. Sofern die Verfügungsbeklagte erklärt, es habe nicht festgestellt werden können, dass der untersuchte Leuchtstoff reines Yttrium-Aluminium-Granat (YAG) enthalte, erfolgt diese Behauptung allein auf der Grundlage der anhand zweier Leuchtstoffpartikel durchgeführten Analyse. Es ist weder erkennbar, dass die Verfügungsbeklagte weitere Partikel untersucht hat, noch dass sie auf weitere Erkenntnisquellen, insbesondere den Zulieferer des Leuchtstoffs der angegriffenen Ausführungsform – die Verfügungsbeklagte stellt diesen nicht selbst her –, zurückgegriffen hat.

b)
Es liegt auch eine inländische Verletzungshandlung der Verfügungsbeklagten in Form eines Anbietens der angegriffenen Ausführungsform vor.

Von dem Begriff des Anbietens sind alle Handlungen erfasst, die nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt einen schutzrechtsverletzenden Gegenstand der Nachfrage zur Verfügung stellen, oder das Zustandekommen eines Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen, das die Benutzung dieses Gegenstandes einschließt (Scharen, in: Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 9, Rn. 41). Maßgebend ist dabei, ob derjenige, gegenüber dem die als mögliches „Anbieten“ zu qualifizierende Handlung vorgenommen wird, bei verständiger Würdigung der gegebenen objektiven Umstände annehmen muss, der „Anbietende“ sei bereit, ihm im Falle einer Bestellung den in Rede stehenden Gegenstand zur Verfügung zu stellen (Landgericht Düsseldorf, Urt. v. 31.01.2006, Az.: 4a O 14/06, Rn. 19, zitiert nach juris). Bei im Internet abrufbaren Angaben kommt es darauf an, wie diese aus Sicht der interessierten Verkehrskreise im Inland zu verstehen sind (Scharen, a. a. O.).

Orientiert an diesem Maßstab liegt eine Angebotshandlung der Verfügungsbeklagten für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vor.

Denn die Verfügungsbeklagte hält auf ihrer Internetseite die Kaufentscheidung unterstützende Informationen zu der angegriffenen Ausführungsform bereit, insbesondere das Datenblatt (Anlage TW8). Im Anschluss daran vermittelt die Verfügungsbeklagte unter der Rubrik „Where to buy“ an ihre Vertriebsgesellschaften in den jeweiligen Ländern (Anlage TW6). Anders als bei dem Sachverhalt der von der Verfügungsbeklagten in Bezug genommenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf – dort bestand aus Sicht von Interessenten Zweifel daran, dass Angebote an die Holding-Gesellschaft abgegeben werden konnten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.02.2006, Az.: I-2 U 32/04, S.9, zitiert nach BeckRS 2006, 12701) – ist vorliegend aus der Sicht des angesprochenen Verkehrskreises auch nicht ausgeschlossen, dass die Verfügungsbeklagte Anfragen hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform entgegennimmt. So sind zum Beispiel auf Seite 2 der Anlage TW7 unter der Rubrik „Where to buy“ die Adresse und Telefonnummer der Verfügungsbeklagten angegeben. Auch der Umstand, dass die Informationen über die angegriffene Ausführungsform in englischer Sprache abgefasst sind, spricht nicht für eine räumliche Beschränkung, sondern vielmehr für die internationale Ausrichtung der Verfügungsbeklagten.

3.
Es besteht auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr.

Die Gefahr einer erneuten Rechtsverletzung wird indiziert, wenn es bereits zu einer Rechtsverletzung gekommen ist (BGH, GRUR 1994, 394 (395) – Bilanzanalyse). Vorliegend sind keine Tatsachen vorgetragen, die diese Indizwirkung entkräften. Die Verwirklichung einer Benutzungshandlung, wie hier jedenfalls in Form des Anbietens, verursacht zugleich auch Wiederholungsgefahr für die weiteren Handlungen, im Hinblick auf welche die Verfügungsklägerin vorliegend ein Unterlassen begehrt (vgl. auch Voß/Kühnen in Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 139 Rn. 50).

II.
Es liegt auch ein Verfügungsgrund vor, §§ 935, 940 ZPO.

Der Rechtsbestand des Verfügungspatents ist hinreichend gesichert (dazu unter Ziff. 1.) und die Verfügungsklägerin hat ein dringendes Interesse daran, dass patentverletzende Benutzungshandlungen unterbleiben (dazu unter Ziff. 2.).

1.
Der Rechtsbestand des Verfügungspatents ist auch für den Erlass einer einstweiligen Verfügung hinreichend gesichert.

Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung muss der Rechtsbestand des Verfügungsschutzrechts so gesichert sein, dass eine fehlerhafte, in einem etwa nachfolgenden Hauptsachverfahren zu revidierende Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist (OLG Düsseldorf Urt. v. 29.04.2010, Az.: 2 U 126/09, Seite 4 – Harnkatheter, zitiert nach BeckRS). Davon kann regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn das Verfügungspatent bereits ein erstinstanzliches Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren überstanden hat (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2015, Az.: I-2 U 35/15, Rn. 18, zitiert nach BeckRS 2016, 06208).

Dies berücksichtigend ist aufgrund des Nichtigkeitsberufungsurteils des BGH vom 16.08.2016 (Anlage TW14) zunächst von einem hinreichend gesicherten Rechtsbestand des Verfügungspatents auszugehen, weshalb es der Verfügungsbeklagten obliegt dem Rechtsbestand entgegenstehende Tatsachen vorzubringen und ggf. glaubhaftzumachen. Orientiert an dem Vorbringen der Verfügungsbeklagten ist jedoch von einer Vernichtung des Verfügungspatents im Rahmen der am 12.12.2016 erhobenen (weiteren) Nichtigkeitsklage nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszugehen.

Denn auf der Grundlage des in der Nichtigkeitsklage enthaltenen und in das hiesige Verfahren eingeführten Vorbringens, wonach das Verfügungspatent die Prioritäten, insbesondere die frühste Priorität der JP 198XXX8/1996 (P1), nicht wirksam in Anspruch nehme, weshalb insbesondere die M10 (K. Bando et al.: „Development and applications of highbright LED lamps“, The 264th proceedings on the Institute of Phosphor Society, Seiten 1, 5 – 14, 29.11.1996; entspricht Anlage 9/ 9a in dem ersten Nichtigkeitsverfahren), die M11 (WO 97/050132 A1; entspricht Anlage 13 in dem ersten Nichtigkeitsverfahren) und die M12 (P. Schlotter et al.: „Luminescense conversion of blue light emitting diodes“, Applied Physics A64, 417-418 /1997), April 1997) neuheitsschädlich seien, ist die Vernichtung des Verfügungspatents wegen fehlender Neuheit gem. Art. 101 Abs. 1, 100 lit. a), 54 EPÜ nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

a)
Das Verfügungspatent nimmt jedenfalls die Priorität der Druckschrift P1 wirksam in Anspruch, so dass der für den Stand der Technik maßgebliche Zeitpunkt – unbeschadet der Frage, ob auch die weiteren Prioritäten (P2 – P5) zu Recht in Anspruch genommen werden – der 29.07.1996 ist (= Anmeldetag der P1).

Gem. Art. 87 Abs. 1 lit. b) EPÜ kann derjenige, der für ein Mitglied der Welthandelsorganisation eine Anmeldung für ein Patent eingereicht hat, oder sein Rechtsnachfolger für die Anmeldung derselben Erfindung zum europäischen Patent während einer Frist von zwölf Monaten nach dem Anmeldetag der ersten Anmeldung ein Prioritätsrecht beanspruchen.

Nachanmeldung und Prioritätsdokument enthalten dann dieselbe Erfindung, wenn die Offenbarungen identisch sind (Moufang, in: Schulte, PatG mit EPÜ, Kommentar, § 41, Rn. 33), was sich grundsätzlich nach den Prinzipien der Neuheitsprüfung beurteilt (Moufang, ebd., § 41, Rn. 34). Ergibt ein Vergleich von Vor- und Nachanmeldung, dass die Nachanmeldung gegenüber der Voranmeldung (= Stand der Technik) als neu anzusehen wäre, so kommt eine Inanspruchnahme der Priorität nicht in Betracht (a. a. O.).

(1)
Der wirksamen Inanspruchnahme der Priorität der P1 steht nicht entgegen, dass in der Druckschrift die Substitution von Aluminium durch Indium nicht offenbart wird. Denn insoweit ist jedenfalls die Inanspruchnahme einer Teilpriorität möglich.

Das Hinzufügen von Merkmalen in der Nachanmeldung steht nach Art. 88 Abs. 3 EPÜ der Inanspruchnahme der Priorität der Voranmeldung für die in ihr enthaltenen Merkmale nicht entgegen, wobei Merkmale keine Anspruchsmerkmale sind, sondern in der Voranmeldung enthaltene technische Informationen (Moufang, ebd., § 41, Rn. 45). Teilpriorität kann auch innerhalb eines Anspruchs, d.h. für einen Teil des beanspruchten Gegenstandes, bestehen (Moufang, ebd., § 41, Rn. 46). Dabei ist der kleinste Teil, für den eine Priorität in Anspruch genommen werden kann, ein Teil, der eine in sich geschlossene Lehre bildet und als solche auch Gegenstand eines eigenen Anspruchs sein könnte (Moufang, ebd., § 41, Rn. 46, 44).

Soweit in Merkmal 2.2 des Verfügungspatents offenbart wird, dass in der Formel (Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 Aluminium durch Gallium ersetzt werden kann, handelt es sich dabei um eine kleinste Einheit in dem beschriebenen Sinne. Hier enthält auch der Anspruchswortlaut durch die Verwendung der Konjunktion „oder“ selbst ein Indiz für die Teilbarkeit (vgl. auch Moufang, ebd., § 41, Rn. 44 unter „ODER-Anspruch“). In diesem Zusammenhang greift der Einwand der Verfügungsbeklagten nicht, dass der Inanspruchnahme einer Teilpriorität entgegenstehe, dass innerhalb der Bandbreite eines Substitutionsgrads von 0 % bis 100 % keine spezifische alternative Zusammensetzung offenbart wird. Denn, dass innerhalb einer Alternative (hier dem Austausch von Aluminium durch Gallium) eine unbegrenzte Anzahl von Kombinationen denkbar ist, führt nicht dazu, dass die Lehre nicht teilbar ist, und als Einheit betrachtet werden muss.

Für diese Bewertung spricht auch das erstinstanzliche Urteil des BPatG vom 24.09.2014 (TW13), welches als sachverständige Äußerung zu berücksichtigen ist. Dort heißt es auf Seite 24 unter Punkt 7.:

„Abgesehen von der Merkmalsalternative, dass Aluminium zumindest teilweise durch Indium ersetzt sein kann, kann der Patentanspruch 1 die Priorität der ersten Prioritätsanmeldung vom 29.07.1996 [entspricht der ihr als P1 bezeichneten Schrift] wirksam beanspruchen. […], und die übrigen Merkmale 1.1 bis 1.8 [der hier streitige Teil des Merkmals 2.2 entspricht dem Merkmal 1.7 des Nichtigkeitsverfahren] sowie 1.10 und 1.11 sind durch den Anspruch 1, den Rückbezug des Anspruchs 3 auf Anspruch 1 – …] – und den Absatz [0021] der Prioritätsanmeldung offenbart.“

und auf Seite 40 unter Punkt 1.:

„Die Druckschriften gemäß den Anlagen 9 bis 13 stehen dem Streitpatent nicht patenthindernd entgegen. Wie vorstehend dargelegt ist für die Alternative des erteilten Anspruchs 1, wonach der Leuchtstoff (Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, und bei dem Al mindestens teilweise durch Ga ersetzt sein kann, die Priorität vom 29.07.1996 wirksam, wohingegen für die Alternative, wonach der Leuchtstoff (Y1-rGdr)3Al5O12:Ce mit 0 ≤ r ≤ 1 enthält, und bei dem Al mindestens teilweise durch In oder durch In und GA ersetzt sein kann, lediglich der Anmeldetag 29.07.1997 gilt.“

Das Urteil des BGH in dem Nichtigkeitsberufungsverfahren enthält auch keine Angaben, wonach von der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit dieser Ausführungen auszugehen ist. Vielmehr hätte sich der BGH, sofern er von einer Unwirksamkeit der Inanspruchnahme der Prioritäten P1 – P3 ausgegangen wäre, jedenfalls auch zu der hiesigen Entgegenhaltung M11 (Anmeldetag der in Anspruch genommenen Priorität: 31.09.2007), die der Anlage13 in dem ersten Nichtigkeitsverfahren entspricht, und der hier vorgelegten Entgegenhaltung M10 (Anmeldetag: 29.11.1996), die identisch mit der Anlage 9/ 9a in dem ersten Nichtigkeitsverfahren ist, verhalten müssen. Denn, sofern es an einer wirksamen Inanspruchnahme der Prioritäten P1 – P3 gefehlt hätte, wären diese als neuheitsschädlich in Betracht gekommen (vgl. Tatbestand des Urt. d. BPatG v. 24.09.2014, Anlage TW13, S. 9). Der BGH hat sich jedoch außer der Frage der offenkundigen Vorbenutzung durch die N GmbH, für die die Frage der wirksamen Inanspruchnahme der Prioritäten keine Rolle spielte, weil diese im Jahre 1995, mithin jedenfalls vor der Veröffentlichung des frühsten maßgeblichen Prioritätsdokuments (P1) am 29.07.1996 lag, allein noch mit dem Fehlen einer erfinderischen Tätigkeit wegen einer Kombination anderer, hier nicht vorgelegter, Druckschriften beschäftigt.

Es ist deshalb auch nicht zu erwarten, dass eine erneute Würdigung der berechtigten Inanspruchnahme der Priorität im Laufe des nunmehr anhängigen Nichtigkeitsverfahrens anders ausfällt.

(2)
Es kann auch nicht angenommen werden, dass es an einer wirksamen Inanspruchnahme der Priorität der P1 deshalb fehlt, weil die verfügungspatentgemäße Formel darin nicht hinreichend offenbart wird.

Anspruch 1 der P1 offenbart einen Leuchtstoff mit der allgemeinen Formel

RE3(Al, Ga)5 O12:Ce,

wobei „RE“ als Platzhalter für Seltene Erden („rare earth elements“) dient, die nach Anspruch 1 der P1 entweder durch Yttrium (Y), durch Gadolinium (Gd) und/ oder durch Samarium (Sm) repräsentiert werden, so dass auch eine Zusammensetzung des Leuchtstoffes in verfügungspatentgemäßer Weise möglich erscheint.

Soweit die Verfügungsbeklagte eine Offenbarung der Formel des Verfügungspatents unter Verweis auf den in der P1 offengelegten Anspruch 3 mit der Strukturformel (Y1-p-q-rGdpCeqSmr)3(AlyGa1-y)5O12 für problematisch erachtet, ist nicht ersichtlich, inwiefern es auf diesen maßgeblich ankommt.

Auch in diesem Zusammenhang ist zudem zu beachten, dass in dem Urteil des Bundespatentgerichts die Formel des Verfügungspatents (Merkmal 1.6 des Nichtigkeitsverfahrens) als voroffenbart angesehen worden ist,

„[…] und die übrigen Merkmale 1.1 bis 1.8 sowie 1.10 und 1.11 sind durch den Anspruch 1, den Rückbezug des Anspruchs 3 auf Anspruch 1 – daraus folgt, dass die Formel RE3(Al, Ga)5 O12:Ce so zu lesen ist, dass entweder nur Al oder nur Ga oder beides enthalten ist – und den Absatz [0021] der Prioritätsanmeldung offenbart.“ (Anlage TW13, S. 24, Pkt. 7).

Auch insoweit enthält das Urteil des BGH keine Ausführungen, nach denen sich der dargestellte erstinstanzliche Entscheidungsinhalt als unrichtig erweist.

(c)
Eine Inanspruchnahme der Priorität der P1 ist auch nicht deshalb erkennbar ausgeschlossen, weil eine Kombination von Y und Gd einerseits mit einer Kombination von Al und Ga andererseits innerhalb der gleichen Zusammensetzung nicht offenbart wird.

Insoweit erscheint das von der Verfügungsbeklagten zugrundegelegte Verständnis, wonach Abschnitt [0021],

„Darüber hinaus wird die Wellenlänge des emittierten Lichtes durch Ersetzen eines Teils von Al in der Zusammensetzung durch Ga auf eine kürze Wellenlänge verschoben, und die Wellenlänge des emittierten Lichts kann durch Ersetzen eines Teils von Y in der Zusammensetzung durch Gd auf eine längere Wellenlänge verschoben werden.“,

ein „Entweder-oder-Verhältnis“ zwischen Gallium und Gadolinium (Gd) beschreibt, nicht zwingend. Vielmehr erscheint auch eine Auslegung möglich, wonach die Wellenlänge durch eine Kombination von „Verkürzung“ und „Verlängerung“ auf eine gewünschte Länge gebracht werden kann.

Für letzteres Verständnis spricht die allgemein in der P1 (Ansprüche 1, 2) offenbarte Strukturformel RE3(Al, Ga)5 O12:Ce, wobei RE für Y, Gd und/ oder Sm steht. Danach ist sowohl eine Kombination der Seltenen Erden („und“) als auch die Kombination von Al, und Ga in einer Verbindung möglich.

b)
Vor dem Hintergrund, dass von einer wirksamen Inanspruchnahme der Priorität der P1 vom 29.07.1996 auszugehen ist, ist nicht erkennbar, dass wahrscheinlich ist, dass das Verfügungspatent wegen fehlender Neuheit vernichtet wird.

Eine Entgegenhaltung ist dann neuheitsschädlich, wenn sich im maßgeblichen Zeitpunkt (Stand der Technik) die gesamte als Erfindung beanspruchte Lehre des Klagepatents aus dieser Schrift, deren Gesamtinhalt zu ermitteln ist, für den Fachmann in einer Weise ergibt, dass ihm die dort vorgestellte technische Lösung unmittelbar und eindeutig sämtliche Merkmale der Erfindung offenbart (BGH, GRUR 2009, Rn. 25 – Olanzapin). Gem. Art. 54 Abs. 2 EPÜ bildet alles, was vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist, den maßgeblichen Stand der Technik. Art. 54 Abs. 3 EPÜ sieht vor, dass als Stand der Technik auch der Inhalt europäischen Patentanmeldungen in der ursprünglich eingereichten Fassung gilt, deren Anmeldetag vor dem in Abs. 2 genannten Tag liegt und die erst an oder nach diesem Tag veröffentlich worden sind. Gem. Art. 89 EPÜ hat die wirksame Inanspruchnahme eines Prioritätsrechts jedoch die Wirkung, dass für die Anwendung des Art. 54 Abs. 2 und 3 EPÜ der Prioritätstag als Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung gilt.

Dies berücksichtigend handelt es sich bei den vorgelegten Entgegenhaltungen (M10 – M12) nicht um für die Neuheitsprüfung maßgeblichen Stand der Technik. Denn auch diese offenbaren – im Einklang mit der beanspruchten Teilpriorität – lediglich einen Leuchtstoff, bei dem Aluminium durch GA, nicht aber durch In ersetzt sein kann. Dies ist für die Entgegenhaltungen M10 (am 31.09.1997 unter Inanspruchnahme einer Priorität vom 20.09.1996 veröffentlicht) und M11 (veröffentlicht am 29.11.1996) auch bereits in dem erstinstanzlichen Urteil des (ersten) Nichtigkeitsverfahrens ausgeführt worden (Anlage TW13, S. 40, Pkt. 1).

2.
Die Verfügungsklägerin hat auch ein dringliches Interesse an der Unterlassung der patenverletzenden Handlungen.

a)
Die Dringlichkeit in zeitlicher Hinsicht ist zu bejahen, wenn der Verfügungskläger seine Rechtsverfolgung in einer Art und Weise vorantreibt, die die Ernsthaftigkeit seines Bemühens erkennen lässt und die es deswegen objektiv rechtfertigt, ihm Zugang zum einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu gewähren (Kühnen, ebd., Kap. G., Rn. 111). Die Beurteilung der Dringlichkeit ist von dem Einzelfall abhängig und nicht anhand starrer Fristen zu bemessen (a. a. O.), wobei der Verfügungskläger den Verfügungsantrag, sobald er über alle Kenntnisse und Glaubhaftmachungsmittel verfügt, die verlässlich eine aussichtsreiche Rechtsverfolgung ermöglichen, innerhalb eines Monats anbringen muss (Kühnen, ebd., Kap. G., Rn. 121).

b)
Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass die Verfügungsklägerin vorliegend nicht schon zu dem Zeitpunkt tätig werden musste, zu dem sie aufgrund der Untersuchung der angegriffenen Ausführungsform (zu dem Problem, ob es sich um die angegriffene Ausführungsform handelte, sie unter Ziff. I., 2., a), aa)) im April 2016 Kenntnis von dem Verletzungstatbestand hatte. Das gilt hier schon deshalb, weil zu diesem Zeitpunkt ein gesicherter Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht gegeben war. Denn das BPatG hat das Verfügungspatent in seinem Urteil vom 24.09.2014 (Anlage TW13) für nichtig erklärt. Der Rechtsbestand des Verfügungspatents war vielmehr erst durch das Nichtigkeitsberufungsurteil des BGH vom 16.08.2016 (Az.: X ZR 96/14) hinreichend gesichert.

Sofern die Verfügungsklägerin im Anschluss daran mit der auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Antragstellung noch über zwei Monate (Antragstellung am 28.10.2016) zuwartete, steht dies jedenfalls in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall der Annahme eines Dringlichkeitsinteresses auf Seiten der Verfügungsklägerin nicht entgegen.

Die Verfügungsklägerin konnte insbesondere die Zustellung der schriftlichen Nichtigkeitsentscheidung am 30.09.2016 abwarten. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass zwischen den Parteien des Nichtigkeitsverfahrens die wirksame Inanspruchnahme der Prioritäten in Streit stand. Sofern der BGH sich der Auffassung der Nichtigkeitsklägerin angeschlossen hätte, es mithin an einer wirksamen Inanspruchnahme der Priorität(en) gefehlt hätte, hätte dies weitergehende Rechtsbestandsangriffe auslösen können. Erst aus den schriftlichen Entscheidungsgründen war für die Verfügungsklägerin ersichtlich, ob insoweit die gesteigerte Gefahr weiterer Rechtsbestandsangriffe geschaffen war. Des Weiteren konnte die Auslegung der Merkmale des Verfügungspatents durch den BGH auch eine Relevanz für den im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens darzulegenden Verletzungsvorwurf haben. Soweit die Verfügungsbeklagte in diesem Zusammenhang unter Verweis auf Benkard, PatG, Kommentar, 11. Auflage, 2015, § 14, Rn. 26, 28 anführt, dass die Auslegung der Merkmale im Rechtsbestandsverfahren den Verletzungsrichter, ohne eine Abänderung des geschützten Patents, nicht bindet, so ist ihr zwar zuzustimmen. Dieser Umstand steht aber dem berechtigten Interesse der Verfügungsklägerin an den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht entgegen. Denn daraus können sich auch ohne eine etwaige Bindungswirkung für die Verletzungsdiskussion maßgebliche Aspekte ergeben. Insoweit ist der Verfügungsklägerin zuzugestehen, den sichersten Weg zu gehen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verletzungsrichter etwaige Ausführungen des Rechtsbestandsgerichts jedenfalls als sachverständige Stellungnahme berücksichtigt, und die Merkmalsauslegung im Rahmen der Verletzungsdiskussion und für die Aussetzungsfrage übereinzustimmen hat.

Zwischen der Verkündung des Urteils des BGH am 16.08.2018 und der Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe am 30.09.2016 liegt auch kein derart langer Zeitraum, dass die Verfügungsklägerin gehalten gewesen wäre, auf die Beschleunigung der Abfassung der Gründe zu drängen (vgl. für einen Zeitraum von über zwei Monaten OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.11.2008, Az.: I-2 U 48/08, Rn. 58, zitiert nach juris).

Auch der zwischen der Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe am 30.09.2016 und der Antragstellung am 28.10.2016 liegende Zeitraum (ein Monat) lässt ein unangemessenes Zuwarten der Verfügungsklägerin noch nicht erkennen. Die Verfügungsklägerin hat zwar in dem Verfahren 4a O 104/16, dessen Akten beigezogen waren, ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gut eine Woche früher, nämlich am 19.10.2016, gestellt. Insoweit hat die Verfügungsklägerin jedoch ausgeführt, dass die zeitlich versetzte Antragstellung auf die Absprache mit den Mandanten, die unter anderem auch die Übersetzung der unterschiedlichen Schriftsätze erforderte, sowie der Beschaffung der Mittel zur Glaubhaftmachung zurückzuführen ist. Dieses Vorbringen der Verfügungsklägerin ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Verfahren (ebenso wie das Verfahren 4a O 113/16) in wesentlichen Punkten (Verfügungspatent, Rechtsbestand) identisch sind, nachvollziehbar. So machen insbesondere die unterschiedlichen angegriffenen Ausführungsformen auch die Beibringung anderer Mittel der Glaubhaftmachung erforderlich. So lässt sich einem Vergleich der eidesstattlichen Versicherung des Prof. Dr. H in dem hiesigen Verfahren – Anlage TW9 (Bl. 24 – 27 GA), datierend vom 27.10.2016 – mit derjenigen aus dem Verfahren 4a O 104/16 – Anlage TW9 (Bl. 90 – 93 GA), datierend vom 19.10.2016 – und einem Vergleich der eidesstattlichen Versicherung des Herrn I J in dem hiesigen Verfahren – Anlage TW10 (Bl. 34 – 36 GA), datierend vom 28.10.2016 – mit der eidesstattlichen Versicherung des Herrn I J in dem Verfahren 4a O 104/16 – Anlage TW10 (Bl. 94 – 96 GA), datierend vom 19.10.2016 – entnehmen, dass die Verfügungsklägerin ihren Antrag jeweils zeitnah nach Erhalt der Mittel zur Glaubhaftmachung gestellt hat. Die Kammer vermag ein dem Dringlichkeitsinteresse der Verfügungsklägerin entgegenstehendes Verhalten auch nicht darin zu erblicken, dass die Verfügungsklägerin die Mittel zur Glaubhaftmachung nicht bereits – in Voraussicht auf die Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe – beschaffen hat. Die Verfügungsklägerin durfte – die obigen Ausführungen berücksichtigend – die schriftliche Zustellung der Entscheidungsgründe gerade abwarten.

III.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die weitere Vollstreckung der einstweiligen Verfügung ist gem. §§ 938, 709 Satz 1 ZPO von einer Sicherheitsleistung abhängig. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist deshalb geboten, weil damit gewährleistet wird, dass der Unterlassungsanspruch nicht unter geringeren Bedingungen (nämlich ohne Sicherheitsleistung) vollstreckbar ist, als er es bei einem entsprechenden erstinstanzlichen Hauptsacheurteil wäre (Kühnen, ebd., Kap. G., Rn. 69).

IV.
Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre gesetzliche Grundlage in § 890 Abs. 2 ZPO.

V.
Der Streitwert wird gem. § 51 Abs. 1 GKG auf EUR 250.000,- festgesetzt.