Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2629
Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. März 2017, Az. I-2 U 42/16
Vorinstanz: 4b O 131/14
I. Die Berufung gegen das am 24. März 2016 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurück¬gewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 250.000,- €.
I.
1.
Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Vindikationsansprüche und Auskunftsansprüche hinsichtlich des europäischen Patents EP 2 125 AAA B1 (Anlage K1; nachfolgend: Streitpatent) geltend. Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des Streitpatents, das am 8. Februar 2008 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 10. Februar 2007 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet wurde. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 10. April 2013 bekannt gemacht. Als Erfinder nennt das Streitpatent die Herren B, C, D und E. Der deutsche Teil des Klagepatents steht in Kraft.
Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der Entwicklung, der Herstellung und des Vertriebs von Systemen zur Tropfenabscheidung für Anlagen zur Rauchgasentwicklung. Solche Systeme kommen weltweit in Kraftwerken zum Einsatz, die mit Kohle befeuert werden. Das Streitpatent betrifft eine Tropfenabscheideranordnung für Gaswäscher. Bei Gaswäschern handelt es sich um u.a. beim Kraftwerksbau verwendete Vorrichtungen, in denen ein Gasstrom mit einem Flüssigkeitsstrom in Kontakt gebracht wird, um Bestandteile des Gasstroms in der Flüssigkeit aufzunehmen. Tropfenabscheider sind insbesondere innerhalb von Gaswäschern angeordnet. Sie haben die Aufgabe, mitgerissene Bestandteile der Waschflüssigkeit aus den strömenden gasförmigen Medien abzuscheiden.
Die – drei – Ansprüche des Streitpatents lauten wie folgt:
1.
Tropfenabscheideranordnung für Gaswäscher u. dgl. mit einer in Gasströmungsrichtung unteren und oberen Tropfenabscheiderlage (2, 1), die sich jeweils aus einer Reihe von parallel zueinander angeordneten Tropfenabscheiderprofilen zusammensetzen und die beide über gemeinsame plattenförmige Stützkonstruktionen (6), an denen die Seitenwände (5) der Tropfenabscheiderlagen (2, 1) fest oder lösbar angeordnet sind, auf/an einer einzigen gemeinsamen Trägerkonstruktion (Träger 3) gelagert sind, wobei die Stützkonstruktionen (6) sich nach unten mindestens bis zum unteren Rand der Seitenwand (5) der unteren Tropfenabscheiderlage (2) erstrecken und jeweils einen abgewinkelten Flansch (7) zur Lagerung auf der einzigen Trägerkonstruktion (Träger 3) besitzen und eine die Stützkonstruktionen (6) verbindende und sich durch diese erstreckende Verbindungsstange (8) auf den abgewinkelten Flanschen (7) aufliegt, und mit einer Spüleinrichtung zum Spülen der Anströmseite der unteren Tropfenabscheiderlage (2), die an einer von den gemeinsamen plattenförmigen Stützkonstruktionen (6) getragenen Querstange (9) angebracht ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
sich die seitlichen Abschnitte der unteren Tropfenabscheiderlage (2, 1) in der Form eines umgedrehten V parallel zu den entsprechenden seitlichen Abschnitten der oberen Tropfenabscheiderlage (1, 2) erstrecken und dass die Querstange (9) direkt an den beiden unteren Enden der plattenförmigen Stützkonstruktionen (6) befestigt ist.
2.
Tropfenabscheideranordnung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
sie Düsen (11) zum Besprühen der Abströmseite der oberen Tropfenabscheiderlage (1) aufweist, die an einer Querstange (9) angeordnet sind, welche über Pfosten (10) gelagert sind, die an den Stützkonstruktionen (6) angebracht sind.
3.
Tropfenabscheideranordnung nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
sie Düsen (11) zum Besprühen der Abströmseite der unteren Tropfenabscheiderlage (2) und der Anströmseite der oberen Tropfenabscheiderlage (1) aufweist, die an der Verbindungsstange (8) befestigt sind.
Die nachfolgend eingeblendete – einzige – Abbildung der Streitpatentschrift zeigt einen schematischen Vertikalschnitt durch den Strömungskanal eines Gaswäschers, in dem eine Ausführungsform einer Tropfenabscheideranordnung enthalten ist.
2.
Die Mitarbeiter der Klägerin Dr. F, Dr. G, Dr. H, I und J begannen im Mai 2006 mit der Entwicklung einer Gaswäscherkonstruktion, deren prägende Charakteristika darin bestehen, dass zwei Tropfenabscheiderlagen auf einer Stützkonstruktion angeordnet sind, wobei die Ausgestaltung der Profile der Tropfenabscheiderlagen in der Form einer Doppeldachkonstruktion oder einer Doppel-V-Konstruktion erfolgten. Im August 2006 erfolgte ein Angebot der klägerischen Konstruktion durch die Schwestergesellschaft der Klägerin K Ltd. Co. gegenüber der Firma L betreffend ein Kraftwerkprojekt in M (M). Hierzu hat die Klägerin eine Tropfenabscheideranordnung in der als Anlage K 6 vorgelegten Zeichnung „L M Layout“ vom 24. Oktober 2006 vorgelegt. Im Folgenden sind Ausschnitte aus der Zeichnung eingeblendet, die die Klägerin mit Bezugszeichen der von ihr eingereichten Merkmalsgliederung ergänzt hat.
Weiter hat die Klägerin als Anlage K 7 die Zeichnung einer Tropfenabscheideranordnung („Entwurf O“) vorgelegt. Auch diese im Folgenden eingeblendete Zeichnung hat die Klägerin mit Bezugszeichen der von ihr eingereichten Merkmalsgliederung ergänzt.
Außerdem hat die Klägerin der Firma W im November 2006 eine Tropfenabscheiderkonstruktion für deren Kraftwerkprojekt in R angeboten. Die Präsentation und die Vertragsverhandlungen haben bei W am 24.11.2006 stattgefunden. Eine Konstruktionszeichnung für diesen Kraftwerksbau hat die Klägerin als Anlage K 8 vorgelegt.
Zudem bot die Klägerin am 11.12.2006 der Firma N die Konstruktion für ein Kraft-werkprojekt in O (O) an. Bei einem Kundenbesuch in O am 27.01.2007 präsentierte die Klägerin im Rahmen eines Power-Point-Vortrags die klägerische Konstruktion anhand einer (neutralisierten) Zeichnung aus dem Projekt M. Der Vertriebsingenieur der Beklagten, Herr B, und der Vertriebsbeauftragte für O, Herr P, waren ebenfalls im Hause der Firma N anwesend. In einer internen E-Mail-Korrespondenz der Beklagten vom 25.01.2007 bis 27.01.2007 (Anlagenkonvolut K 12) wurde auf das Doppel-Dach Design der Klägerin Bezug genommen. Anfang Februar 2007 legte die Klägerin eine konkrete Angebotszeichnung vor (Anlage K 9).
3.a)
Die Beklagte, die ebenfalls Tropfenabscheideranordnungen für Gaswäscher entwickelt, herstellt und vertreibt, verwendet drei Designs für Tropfenabscheider, von denen die Beklagte als Anlage B 2 die nachfolgend eingeblendeten Abbildungen eingereicht hat (Q).
b)
Die Beklagte hat am 10.03.2006 die Offenlegungsschrift DE 10 2006 011 AAD A1 (Anlage B 9) eingereicht. Diese betrifft eine Tropfenabscheideranordnung für Gaswäscher, die mindestens drei im montierten Zustand in Gasströmungsrichtung hintereinander angeordnete Strömungsgleichrichter-, Agglomerator-, Vorabscheider- und/oder Tropfenabscheiderlagen aufweist. Die mindestens drei Lagen weisen an beiden Seiten je eine gemeinsame Stützkonstruktion zur Anbringung der Lagen im Gaswäscher auf. Diese Stützkonstruktion ist entweder einstückig ausgebildet oder aus mehreren Einzelelementen baukastenförmig zusammensetzbar. Die im Folgenden eingeblendete Figur 1 aus der Offenlegungsschrift zeigt eine schematische Ansicht einer in einen Gaswäscher eingebauten Tropfenabscheideranordnung.
Die nachfolgend abgebildete Figur 3 aus der Offenlegungsschrift zeigt eine schematische Ansicht einer weiteren Ausführungsform einer Tropfenabscheideranordnung. Figur 4 zeigt eine vergrößerte schematische Darstellung einer aus mehreren Einzelelementen zusammenbaubaren Stützkonstruktion.
c)
Am 10.02.2007 veranlasste die Beklagte die Anmeldung des Gebrauchsmusters DE 20 2007 001 AAE, von dem das Streitpatent seine Priorität ableitet und das ebenfalls einen Tropfenabscheider für Gaswäscher zum Gegenstand hat. Eine auf dieses Gebrauchsmuster gestützte Verletzungsklage der Beklagten gegen die Klägerin hat der Senat mit Urteil vom 26.04.2012, (Az. I-2 U 132/10) abgewiesen. Der Senat hat auf ein Vorbenutzungsrecht der Klägerin erkannt, das die Klägerin der Beklagten entgegenhalten konnte. Hinsichtlich des Inhalts der Urteile wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.
d)
In mehreren Angebotsverfahren im Bereich des Kraftwerkbaus, in denen die Parteien konkurrierten, machte die Beklagte potentielle Kunden auf die Schutzrechtslage hinsichtlich des Gebrauchsmusters DE 20 2007 001 AAE und des Streitpatents aufmerksam. Anlässlich eines dieser Angebotsverfahren versuchte die Klägerin erfolglos vor dem Landgericht Düsseldorf, eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte zu erwirken (Urteil vom 22.05.2014, Az. 4b O 17/14).
e)
Außerdem hat die Klägerin E-Mail-Verkehr zwischen dem Mitarbeiter der Beklagten Herrn D und dem ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten Herrn E vorgelegt (Anlage K 13). In diesem heißt es wie folgt:
„Die Stellungnahme von RPT ist richtig. Das Design I wurde bereits in China weit bevor wir den Gebrauchsmusterschutz angemeldet hatten, vorgestellt. Dies geschah meines Erachtens bereits 2006. Ein Verstoß gegen ein Patent liegt insofern auch nicht vor, als dass es sich um ein Gebrauchsmuster handelt. (…)
Was wir klären sollten ist, ob die Abgabe eines Angebots von RPT ausreicht, um das Gebrauchsmuster zu kippen. Wenn das der Fall ist, dann haben wir schlechte Karten…“.
f)
Unter dem 01.10.2015 haben die Erfinder Dr. F, Dr. G, Dr. H, I und J die Klägerin ermächtigt, die Rechte an der Erfindung geltend zu machen.
4.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie habe anlässlich des Kraftwerkprojekts „O“ die streitgegenständliche Erfindung in mehreren Konstruktionssitzungen entwickelt. Bei der Erfindung handele es sich um eine Gemeinschaftsentwicklung der Herren Dr. F, Dr. G, Dr. H, I und J. Sie hätten die Rechte an der Erfindung konkludent übertragen, da sie der Klägerin seit 2006/2007 uneingeschränkt gestattet hätten, die Erfindung zu verwenden. Jedenfalls hätten sie die Klägerin ermächtigt, die Rechte an der Erfindung geltend zu machen, wie sich aus den Erklärungen vom 01.10.2015 ergebe.
Die Beklagte habe sich den Besitz der Zeichnungen, die die Erfindung der Klägerin darstellten, verschafft und diesen zum Gegenstand des Prioritätsgebrauchsmusters gemacht. Bereits am 20.12.2006 habe die Beklagte Besitz an der klägerischen Konstruktionszeichnung „R“ gehabt. Im Rahmen einer turnusmäßigen Besprechung am 20.12.2006 sei bei der Beklagten die klägerische Konstruktion behandelt worden. Die Beklagte habe ferner im Rahmen der Angebotsphase des Projekts O Kenntnis von der klägerischen Erfindung erlangt. Jedenfalls habe die Beklagte im Dezember 2006 über neutralisierte Zeichnungen der Klägerin verfügt. Ebenfalls werde aus der E-Mail-Korrespondenz vom 25.04./28.04.2008 (Anlagenkonvolut K 13) deutlich, dass der Beklagten zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents bekannt gewesen sei, dass die Erfindung tatsächlich von der Klägerin stamme.
Außerdem hätten die Beklagten dadurch, dass sie sich in Ausschreibungen und Angebotsverfahren auf das Streitpatent berufen hätten, einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin sowie eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung verwirklicht. Für die Bezifferung des hieraus entstandenen Schadens stünde der Klägerin der begehrte Auskunftsanspruch zu. Angesichts der Enge des Marktes hätten die seitens der Klägerin angegriffenen Behauptungen der Beklagten in den Angebotsverfahren der Firmen S, T, U, L Italia und V negative Auswirkungen auf die Klägerin. Darüber hinaus habe die Beklagte durch die Behauptung, die Klägerin verletze ihre Schutzrechte, auch Aufträge der Firmen W, X, Y und Z verloren bzw. habe sie ihr Angebot im Falle der Firma AA abändern müssen.
Die Beklagte hat in der Vorinstanz geltend gemacht, die Klägerin sei nicht Erfinderin und somit nicht aktiv legitimiert. Es handele sich um eine Erfindung von Arbeitnehmern der Klägerin und somit um eine Diensterfindung. Es sei weder eine Meldung erfolgt, noch eine Inanspruchnahme durch die Klägerin. Im Übrigen seien die Herren B, C, D und E Erfinder des Streitpatents. Bei der durch das Streitpatent geschützten Erfindung handele sich um eine Doppelerfindung, die die Beklagte unabhängig von der Klägerin getätigt habe. Die streitgegenständliche Erfindung sei schon seit dem Zwei-Träger Design III, das bereits 1995 entwickelt worden sei, bekannt. Dies ergebe sich aus der Zeichnung von drei Tropfenabscheiderdesigns (Q; Anlage B 2). Die Zeichnung selbst stamme zwar nicht aus dem Jahr 1995, jedoch aus einer Zeit vor 2006. Das Design III sei schließlich allein zum Schutzrecht (EP 0 747 AAK) (Anlage K 3) angemeldet worden, da es als bestgeeignet und technisch überlegen erschienen sei. Verantwortlich hierfür sei der freie Mitarbeiter Herr Wolf gewesen, der zahlreiche unterschiedliche Ausführungsformen für Tropfenabscheider für die Beklagte entwickelt habe, unter anderem die Anordnungen, die der Anmeldung DE 10 2006 011 AAD A1 (Anlage B 9) und dem Patent EP 747 AAL B1 (Anlage K 3) zugrunde lagen. Ferner sei anzunehmen, dass Dr. H, der die Idee der Erfindung aus dem Hause der Beklagten gekannt habe, sie der Klägerin weitergegeben habe.
Außerdem sei der Vindikationsanspruch verwirkt. Die Klägerin handele rechtsmissbräuchlich, indem sie nicht bereits gegen das Prioritätsgebrauchsmuster, sondern erst gegen das Streitpatent vorgehe, obwohl sie bereits seit der Veröffentlichung des Prioritätsgebrauchsmusters Kenntnis von der Erfindung gehabt habe.
Auch ein Auskunftsanspruch stehe der Klägerin nicht zu. Es fehle bereits an einer wettbewerbsrelevanten Verwarnung ebenso wie an einer sittenwidrigen Schädigung. Jedenfalls sei der Auskunftsanspruch verjährt, sofern dieser auf Sachverhalte aus den Jahren vor 2012 gestützt werde.
Mit Schriftsatz vom 23.12.2015 hat die Beklagte vor dem Landgericht folgende Erklärung abgegeben:
„Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht aber rechtverbindlich wird für die Beklagte mitgeteilt, dass sie sich in keinem Fall, – jedenfalls nicht nach ihrer Kenntnis – kumulativ gegenüber Kraftwerkbetreibern auf das EP 2 125 AAA B1 berufen und auf hieraus resultierende Rechte bezogen hat und (deswegen) ihr von den Kraftwerkbetreibern Aufträge erteilt wurden.“
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1.
das europäische Patent 2 125 AAA B1 auf die Klägerin zu übertragen sowie die Einwilligung in die Umschreibung des Patents auf die Klägerin zu erteilen,
2.
der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfange sie im Rahmen von Angebotsverfahren und/oder Ausschreibungen von Kraftwerkbetreibern in der Europäischen Union, an denen sich auch die Klägerin beteiligt hat, sich gegenüber den Kraftwerkbetreibern auf das EP 2 125 AAA B1 berufen und auf hieraus resultierende Rechte bezogen hat und ihr von den Kraftwerkbetreibern Aufträge erteilt wurden, unter Angabe
a) von Namen und Anschriften der Kraftwerkbetreiber,
b) Daten der Auftragsvergabe sowie der Auftragssummen,
c) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, insbesondere Angabe der Einkaufspreise und Verkaufspreise, sowie zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsrechnungen und Lieferscheine vorzulegen;
3.
der Klägerin nach Maßgabe der Auskunftserteilung zu vorstehender Ziffer 2 allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter vorstehender Ziffer 1 beschriebenen Handlungen entstanden ist.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Urteil vom 24.03.2016 hat das Landgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Auskunftsantrag sei mangels Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig. Dem Antrag sei insbesondere nicht zu entnehmen, auf welche Rechte abgesehen vom Streitpatent sich die Klägerin beziehen wolle.
Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Übertragung des Streitpatents aus Art. II § 5 Abs. 1 IntPatÜG gegen die Beklagte noch einen Anspruch auf Schadenersatz. Die Beklagte sei zur Nutzung berechtigt. Die Beklagte habe unabhängig von der Klägerin eine Doppelerfindung getätigt. Zugunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass diese bereits im Mai 2006 die streitpatentgemäße Erfindung entwickelt hatte. Ferner lasse sich der E-Mail-Korrespondenz im Januar 2007 (Anlage K 12) entnehmen, dass der Beklagten eine Anordnung, wie sie aus der Figur des Streitpatents ersichtlich ist, bekannt war, die die Klägerin in O angeboten hatte. Die Beklagte habe allerdings substantiiert dargelegt, dass sie bereits im März 2006 über eine Erfindung verfügte, die die streitpatentgemäße Tropfenabscheideranordnung in ihren wesentlichen Zügen zum Gegenstand hatte. Die Beklagte habe die Schrift DE 10 2006 011 AAD (Anlage B 9) vorgelegt, deren Anmeldetag auf den 10.03.2006 – also zwei Monate vor Entwicklung bei der Klägerin – datiert. Die DE AAM zeige neben der gleichen Problemstellung ebenso das gleiche Lösungsprinzip wie das Streitpatent. Die DE AAM zeige alle Merkmale des Streitpatents.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klagebegehren weiter, wobei sie den Auskunftsantrag geändert hat. Sie trägt vor, dass das Landgericht zu Unrecht von einer Doppelerfindung ausgegangen sei. Da es sich bei der DE AAM nicht um eine Doppelerfindung gehandelt habe, habe die Beklagte ihre Berechtigung an der streitpatentgemäßen Erfindung nicht hinreichend dargetan und bewiesen.
Die Aufgabe des Vindikationspatents bestehe darin, eine Tropfenabscheideranlage für Gaswäscher zu schaffen, die erstens eine hohe Abscheideleistung mit nur zwei Lagen und zweitens eine einfache kompakte Stützkonstruktion aufweise. Die erste Teilaufgabe werde dadurch gelöst, dass die seitlichen Abschnitte der unteren Tropfenabscheiderlage in der Form eines gedrehten V sich parallel zu den entsprechenden seitlichen Abschnitten der oberen Tropfenabscheiderlage erstrecken. Die zweite Teilaufgabe werde dadurch gelöst, dass die Querstange direkt an den beiden unteren Enden der plattenförmigen Stützkonstruktion befestigt sei. Demgegenüber habe die DE AAM die Aufgaben, erstens eine hohe Abscheideleistung bei zweitens einfacher und kompakter Konstruktion zu verwirklichen. Diese Aufgaben würden durch die mindestens drei Lagen und die seitliche gemeinsame Stützkonstruktion verwirklicht. Eine auf lediglich zwei Tropfenabscheiderlagen reduzierte Anordnung würde nicht zu einer von der Erfindung gewünschten hohen Abscheideleistung führen. Außerdem habe die Stützkonstruktion, die gleichzeitig zur Anbringung einer unteren Querstange diene, neben der Stabilisierung der Tropfenabscheideranordnung auch die Aufgabe, entsprechende Düsenrohre in einem Reinigungssystem zu tragen. Die DE AAM offenbare keine Tropfenabscheideranordnung, bei welcher die seitlichen Abschnitte der unteren Tropfenabscheiderlage in der Form eines umgedrehten V sich parallel zu den entsprechenden seitlichen Abschnitten der oberen Tropfenabscheiderlage erstreckten. Außerdem offenbare die DE AAM keine Tropfenabscheideranordnung mit einer Querstange, die direkt an den beiden unteren Enden der plattenförmigen Stützkonstruktion befestigt sei. Vielmehr sei die untere Querstange stets unterhalb der V-förmigen Tropfenabscheiderlage angeordnet, damit sich die Mittelplatten darauf abstützen können. Insoweit unterscheide sich die Funktion der Querstange des Streitpatents von derjenigen in der DE AAM. In der DE AAM diene die Querstange der Aufnahme von nach unten gerichteten, durch die Mittelplatten der jeweils darüber liegenden, V-förmigen Tropfenabscheiderlagen auf die Querstange ausgeübten Kräften, wohingegen beim Vindikationspatents die Querstange der Aufnahme von im Wesentlichen seitlichen, das „Aufspreizen“ der darüber liegenden „dachförmigen“ Tropfenabscheiderlagen verhindernden Kräften diene.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 24.03.2016, Az. 4b O 131/14, die Beklagte zu verurteilen,
1. das europäische Patent 2 125 AAA B1 auf die Klägerin zu übertragen sowie die Einwilligung in die Umschreibung des Patents auf die Klägerin zu erteilen,
2. der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfange sie im Rahmen von Angebotsverfahren und/oder Ausschreibungen von Kraftwerkbetreibern in der Europäischen Union, an denen sich sowohl die Beklagte als auch die Klägerin beteiligt haben, sich gegenüber den ausschreibenden Kraftwerksbetreibern auf das EP 2 125 AAA B1 und/oder das deutsche Gebrauchsmuster DE 202007001942 U berufen und die Anbieter auf eine etwaige Verletzung dieser Rechte und hieraus resultierende Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche bezogen hat, sofern die Auftragserteilung an die Klägerin erfolgt, und ihr aufgrund dessen von den Kraftwerksbetreiber Aufträge erteilt wurden, unter Angabe
a. von Namen und Anschriften der Kraftwerksbetreiber,
b. Daten der Auftragsvergabe sowie der Auftragssummen,
c. der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, insbesondere Angabe der Einkaufspreise und Verkaufspreise, sowie zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsrechnungen und Lieferscheine vorzulegen;
3. der Klägerin nach Maßgabe der Auskunftserteilung zu vorstehender Ziffer 2 allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter vorstehender Ziffer 1 beschriebenen Handlungen entstanden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen, wobei sie geltend machen: Das Streitpatent schließe nicht aus, dass weitere Tropfenabscheiderlagen, Strömungsgleichrichterlagen, Agglomeratoren etc. über, zwischen oder unter den beiden vorgesehenen Tropfenabscheiderlagen angeordnet sein können. Die DE AAM offenbare ein Lösungsprinzip, das mehrere Abscheiderlagen an einer seitlichen Stützkonstruktion auf einer Trägerlage anordne. Eine Variante dieses Lösungsprinzips betreffe die Anordnung mehrerer gleichsinnig angeordneter Abscheiderlagen, insbesondere die Anordnung mehrerer dachförmig angeordneter Abscheiderlagen. Außerdem betreffe das streitpatentgemäße Lösungsprinzip die Anordnung von Verbindungsstangen bzw. Querstangen aus statischen Gründen und zur Anordnung von Spül-einrichtungen. Darüber hinaus erfülle das Streitpatent sämtliche Merkmale der DE AAM.
Weiter trägt die Beklagte vor, die von der Klägerin vorgebrauchten Anhaltspunkte ließen nicht die Schlussfolgerung zu, dass eine Erfindungsentnahme vorgenommen worden sei. Die Beklagte sei weit vor dem Jahr 2006 über den zur DE AAM und den zum Streitpatent führenden Entwicklungsstand unterrichtet gewesen. Damit sei der erste Anschein einer Erfindungsentnahme widerlegt.
Außerdem sei der Auskunftsantrag unzulässig, weil diesem eine konkrete Anbindung an die vorgebrachten Verstöße fehle, nämlich Eingriff in den laufenden Gewerbebetrieb, Vermögensschädigung und Behinderung. Soweit die Klägerin ihren Auskunftsantrag auf die alternative und nicht kumulative Bezugnahme auf das EP 2 124 150 B1 erweitert hat, wendet die Beklagte Verspätung ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
A.
Der Auskunftsantrag ist zulässig. Der in der Berufungsinstanz neu gefasste Auskunftsanspruch ist hinreichend konkretisiert. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch muss nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO so deutlich gefasst sein, dass bei einer den Klageanträgen stattgebenden Verurteilung die Reichweite des Urteilsausspruchs feststeht. Ein auf Auskunftserteilung gerichteter Klageantrag muss unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung so bestimmt gefasst sein, dass er auch für das Vollstreckungsgericht hinreichend klar erkennen lässt, worüber der Bekl. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen hat (vgl. BGH, GRUR 2007, 871 – Wagenfeld-Leuchte; BGH, GRUR 2008, 357, 358 – Planfreigabesystem). Der Antrag muss den Gegenstand des Auskunftsbegehrens so genau bezeichnen, dass über dessen Inhalt keinerlei Ungewissheit bestehen kann. Der von der Klägerin in der Berufungsinstanz zuletzt gestellte Auskunfts- und Rechnungslegungsantrag wird diesen Anforderungen gerecht. In dem Antrag kommt konkret zum Ausdruck, welche Angaben die Beklagte gegenüber der Klägerin zu machen hat, um ihrer Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht nachzukommen.
B.
Die auf eine Patentvindikation gerichtete Klage ist unbegründet, weil die Beklagte eine den Übertragungsanspruch ausschließende Doppelerfindung getätigt hat, die Gegenstand der DE 10 2006 011 AAD (im Folgenden: DE AAM) ist. Damit hat die Beklagte ihre eigene Berechtigung an der streitpatentgemäßen Erfindung hinreichend dargetan und bewiesen.
1.
Gemäß Art. II § 5 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG kann der nach Art. 60 Abs. 1 EPÜ Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, vom Nichtberechtigten verlangen, dass ihm der Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents abgetreten wird. Hat die europäische Patentanmeldung – wie im Streitfall – bereits zum europäischen Patent geführt, so kann der nach Art. 60 Abs. 1 EPÜ Berechtigte vom Patentinhaber die Übertragung des Patents verlangen, Art. II § 5 Abs. 1 Satz 2 IntPatÜG. Ebenso wie § 8 PatG, der für deutsche Patentanmeldungen und Patente gilt, gewährt auch Art. II § 5 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG dem Berechtigten einen vom Verschulden unabhängigen, quasi-dinglichen Anspruch auf Abtretung des Anspruchs auf Erteilung des Patents bzw. auf Übertragung des Patents (vgl. zu § 8 PatG: BGH, GRUR 1991, 127, 128 – Objektträger; Benkard/Melullis, Patentgesetz, 11. Auflage, § 8 Rz. 2). Gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 1 EPÜ steht das Recht auf das europäische Patent dem Erfinder oder seinem Rechtsnachfolger zu. Ein solcher Anspruch ist allerdings nicht zu gewähren, wenn der Anspruchsgegner eine Doppelerfindung getätigt hat. Diese erfordert Wesensgleichheit mit der Erfindung des Vindikationsgläubigers. Wesensgleichheit bedeutet Übereinstimmung von Problemstellung und Lösung. Genügen kann, wenn das Entnommene dem Durchschnittsfachmann ein allgemeines Lösungsprinzip offenbart, von dem die streitige Anmeldung nur eine ohne weiteres auffindbare konkrete Ausgestaltung darstellt (vgl. BGH, GRUR 1981, 186 – Spinnturbine II).
Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin auf Übertragung des Streitpatents nicht erfüllt. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass sie die streitpatentgemäße Erfindung bereits im Mai 2006 entwickelt hatte. Ferner mag sich der E-Mail-Korrespondenz im Januar 2007 (Anlage K 12) entnehmen lassen, dass der Beklagten eine Anordnung, wie sie aus der Figur des Streitpatents ersichtlich ist, bekannt war, die die Klägerin in O angeboten hatte. Zusammen mit dem Umstand, dass die Beklagte bereits im Februar 2007 das im Wesentlichen gleichlautende Gebrauchsmuster anmeldete, dessen Priorität das Streitpatent in Anspruch nimmt, führt dies zu einer Darlegungs- und Beweiserleichterung für die Klägerin (vgl. BGH, GRUR 1981, 128 – Flaschengreifer). Deshalb muss die Beklagte darlegen, dass sie eine Doppelerfindung getätigt hat.
Diesen Nachweis hat die Beklagte erfolgreich geführt. Der Inhalt des Streitpatents und der Inhalt der von der Beklagten bereits im März 2006 – vor einem Wissenstransfer durch die Klägerin – angemeldeten DE AAM sind wesensgleich. Sowohl die patentgemäße Aufgabe als auch der jeweils eingeschlagene Lösungsweg entsprechen sich. Daher liegt eine die Patentvindikation ausschließende Doppelerfindung vor.
2.
Das Streitpatent schützt eine Tropfenabscheideranordnung, wie sie insbesondere für Gaswäscher verwendet wird.
Gaswäscher sind verfahrenstechnische Apparate, in denen ein Gasstrom mit einem Flüssigkeitsstrom in Kontakt gebracht wird, um Bestandteile des Gasstroms in der Flüssigkeit aufzunehmen. Die bei ihnen verwendeten Tropfenabscheider trennen Flüssigkeitsnebel aus gasförmigen Medien wie Luft oder Prozessgasen. Das feuchte Gas wird durch einen Behälter an Prallblechen vorbei, durch eine regellose Schüttung oder ein Sieb mit verschiedenen Maschenweiten geleitet. Hierdurch ist das Gas gezwungen, schlagartig die Strömungsrichtung zu ändern. Infolge der höheren Trägheit der Tröpfchen können diese der Umlenkung nicht folgen und prallen gegen die Einbauten. Dort laufen sie herunter und werden gesammelt.
Die vorliegende Erfindung betrifft eine solche Tropfenabscheideranordnung mit einer in Gasströmungsrichtung vorderen und hinteren Tropfenabscheiderlage, die sich jeweils aus einer Reihe von parallel zueinander angeordneten Tropfenabscheiderprofilen zusammensetzen und von denen mindestens eine Lage in der Form eines V oder eines umgedrehten V ausgebildet ist und sich die seitlichen Abschnitte dieser Lage von den entsprechenden seitlichen Abschnitten der anderen Lage weg oder parallel hierzu erstrecken.
Derartige auch mehrere Tropfenabscheiderlagen aufweisende Anordnungen waren aus der EP 0 747 AAK bekannt. Die mehreren Tropfenabscheideranordnungen waren – da sie einen relativ großen Abstand voneinander haben – im Stand der Technik auf oder an zwei verschiedenen Trägerkonstruktionen des Gaswäschers gelagert, die übereinander im Abstand voneinander angeordnet sind. Hieran kritisiert das Streitpatent, dass der Aufwand zur Lagerung relativ hoch ist.
Als weiterhin aus der EP 0 747 AAK bekannt erwähnt das Streitpatent, nur eine einzige Trägerkonstruktion für zwei Tropfenabscheiderlagen zu verwenden, die in der Form einer Raute ausgebildet und bei denen die Ränder der beiden Lagen benachbart zueinander angeordnet sind. Die Seitenwände der Tropfenabscheiderlagen besitzen dabei jeweils nach außen abgewinkelte Flansche und liegen mit diesen auf der Trägerkonstruktion auf. Die nachfolgend eingeblendete Figur 3 aus der EP 0 747 AAK zeigt eine solche zweilagige Anordnung im Vertikalschnitt.
Aus dem Stand der Technik (WO 2005/107921 A1) ist es ferner bekannt, dass eine gemeinsame Stützkonstruktion fest oder lösbar an den Seitenwänden der Tropfenabscheiderlagen ausgebildet sein kann. Die gemeinsame Stützkonstruktion ist nur kurz ausgebildet, weil die seitlichen Schenkel der Tropfenabscheiderlagen bei allen Ausführungsbeispielen immer zueinander weisen. Die nachfolgende Figur 5 der PCT-Anmeldung, die in der Streitpatentschrift als gattungsbildend bezeichnet wird, verdeutlicht dies.
Die DE 20 2005 002 674 U1 nennt die Möglichkeit, diverse Abscheiderlagen an einem zweiteilig ausgeführten Gehäuse mit einem Gehäuseoberteil und einem Gehäuseunterteil anzubringen. Die US-PS 3 870 487 beschreibt allgemein ein Lagersystem für eine Vielzahl von vertikal angeordneten Modulen.
Vor dem geschilderten Hintergrund bezeichnet es das Streitpatent zutreffend als seine Aufgabe, eine Tropfenabscheideranordnung zu schaffen, die eine besonders einfach und kompakt ausgebildete Lagerkonstruktion besitzt (Abs. [0007] der Streitpatentschrift).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in seinem Anspruch 1 eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
1. Tropfenabscheideranordnung für Gaswäscher u. dergleichen mit
a) einer in Gasströmungsrichtung unteren und oberen Tropfenabscheiderlage (2, 1) und
b) einer Spüleinrichtung.
2. Die Tropfenabscheiderlagen (2, 1) setzen sich jeweils aus einer Reihe von parallel zueinander angeordneten Tropfenabscheiderprofilen zusammen.
3. Die seitlichen Abschnitte der unteren Tropfenabscheiderlage (2, 1) in der Form eines umgedrehten V erstrecken sich parallel zu den entsprechenden seitlichen Abschnitten der oberen Tropfenabscheiderlage (1, 2).
4. Die Tropfenabscheiderlagen (2, 1) sind beide über gemeinsame plattenförmige Stützkonstruktionen (6) auf/an einer einzigen gemeinsamen Trägerkonstruktion (Träger 3) gelagert.
5. Die Seitenwände (5) der Tropfenabscheiderlagen (2, 1) sind an den Stützkonstruktionen fest oder lösbar angeordnet.
6. Die Stützkonstruktionen (6)
a) erstrecken sich nach unten mindestens bis zum unteren Rand der Seitenwand (5) der unteren Tropfenabscheiderlage (2);
b) besitzen jeweils einen abgewinkelten Flansch (7) zur Lagerung auf der einzigen Trägerkonstruktion (Träger 3).
7. Eine Verbindungsstange (8)
a) verbindet die Stützkonstruktionen (6) und erstreckt sich durch diese;
b) liegt auf den abgewinkelten Flanschen (7) auf.
8. Die Spüleinrichtung
a) dient zum Spülen der Anströmseite der unteren Tropfenabscheiderlage (2),
b) ist an einer Querstange (9) angebracht, die
• von den gemeinsamen plattenförmigen Stützkonstruktionen (6) getragen wird und
• direkt an den beiden unteren Enden der plattenförmigen Stützkonstruktionen (6) befestigt ist.
3.
Für die Feststellung der Wesensgleichheit zweier Erfindungen und somit für die Feststellung des Vorliegens einer Doppelerfindung ist die Ermittlung der Aufgabe von wesentlicher Bedeutung. Eine Identität zweier Erfindungen kann nur dann bestehen, wenn auch zwischen den technischen Problemen, die sie bewältigen, eine Übereinstimmung besteht. Dies erfordert einen prüfenden Vergleich der zum Patent angemeldeten Lehre mit derjenigen, deren widerrechtliche Entnahme geltend gemacht wird (BGH, GRUR 1981, 186, 188 – Spinnturbine II). Dafür ist in erster Linie zu untersuchen, inwieweit beide Lehren übereinstimmen. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine widerrechtliche Entnahme vorliegt, lässt sich in der dafür vorzunehmenden Gesamtschau zuverlässig nur auf der Grundlage festgestellter Übereinstimmungen zwischen der als entnommen geltend gemachten und der angemeldeten Lehre beurteilen (BGH, GRUR 2016, 265, 266 – Kfz-Stahlbauteil). Die objektive Bestimmung der Aufgabe ist für die Feststellung, ob eine den Vindikationsanspruch ausschließende wesensgleiche Doppelerfindung vorliegt, ebenso von Bedeutung und folgt den gleichen Grundsätzen wie die Bestimmung der Aufgabe im Nichtigkeitsstreit und im Verletzungsprozess. Die Bestimmung des technischen Problems (der Aufgabe) in einem Nichtigkeitsverfahren dient dazu, den Ausgangspunkt der fachmännischen Bemühungen um eine Bereicherung des Standes der Technik ohne Kenntnis der Erfindung zu lokalisieren. Im Rahmen des Verletzungsrechtsstreits trägt die Festlegung der Aufgabe dazu bei zu ermitteln, welchen Niederschlag die fachmännischen Bemühungen um eine Bereicherung des Standes der Technik konkret im Klagepatent und in der angegriffenen Ausführungsform gefunden haben (BGH, Urteil vom 14.06.2016, Az. X ZR 29/15 – Pemetrexed). Ebenso ist zur Beurteilung der Frage, ob im Rahmen einer Patentvindikationsklage der Einwand der Doppelerfindung erfolgreich erhoben werden kann, mittels der Bestimmung der Aufgabe festzustellen, was sowohl die streitpatentgemäße Erfindung als auch die vermeintliche Doppelerfindung tatsächlich leistet. Bei der Festlegung der patentgemäßen Aufgabe ist die Prüfung nicht darauf zu beschränken, was der jeweilige Patentanmelder aus seiner Sicht als die der von ihm angemeldeten Erfindung zugrunde liegende Aufgabe angesehen hat, ohne zu untersuchen, ob sich diese Sicht auch mit den objektiven Gegebenheiten deckt (BGH, GRUR 1981, 186, 188 – Spinnturbine II). Ist das technische Problem in der Patentschrift ausdrücklich genannt, so kommt es darauf an, was der die Patentschrift studierende Durchschnittsfachmann dieser Angabe unter Einbeziehung des in der Patentschrift genannten Standes der Technik und unter Zugrundelegung seines allgemeinen Fachwissens als objektive Erkenntnis über das durch die Erfindung tatsächlich Erreichte entnehmen kann (BGH, GRUR 1991, 811, 813 f. – Falzmaschine; GRUR 1981, 186, 188 – Spinnturbine II).
a)
Ausgangspunkt für die Bestimmung der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabe ist der einschlägige Fachmann, als welcher vorliegend ein Ingenieur mit Fachhochschul- oder Hochschulabschluss anzusehen ist, der im Kraftwerk-Anlagenbau tätig, mit der Herstellung von Gaswäschern befasst ist und auf diesem Gebiet eine mehrjährige Erfahrung aufzuweisen hat. Ihm wird in der Streitpatentschrift erläutert, dass der Stand der Technik Gaswäscher mit relativ weit voneinander beanstandeten Tropfenabscheiderlagen kennt, die dementsprechend von zwei selbständigen Trägerkonstruktionen gehalten werden. In dieser Beziehung sind wiederum verschiedene Ausstattungsvarianten bekannt, nämlich sowohl solche Ausführungsformen, bei denen beide untereinander angeordneten Abscheiderlagen die Form eines V besitzen (Figur 1 der EP 0 747 AAK; dort gewürdigter Stand der Technik) als auch solche Varianten, bei denen die obere Abscheiderlage V-förmig ausgestaltet ist, während die untere Abscheiderlage die Form eines umgekehrten V (oder Satteldachs) hat (Figur 2 der EP 0 747 AAK). Den „Gegensatz“ bilden solche Gaswäscher, bei denen – umgekehrt – die Tropfenabscheiderlagen, d.h. genauer deren Profilenden, eng beieinander liegen, die Lagen dafür aber mittels einer einzigen, gemeinsamen Trägerkonstruktion gelagert sind (Figur 3 der EP 0 747 AAK; WO 2005/107921 A1). Anhand seines allgemeinen Wissens ist sich der Fachmann darüber im Klaren, dass beide Konstruktionsprinzipien sowohl vorzugswürdige als auch verbesserungsfähige Aspekte beinhalten. Weit voneinander beabstandete Tropfenabscheiderlagen erhöhen die Effizienz der Gaswäsche, dafür ist ihre wegen des beträchtlichen Abstands zwischen den Profilenden benachbarter Abscheiderlagen notwendige Lagerung an getrennten Trägern aufwändig; die Abstützung mehrerer Tropfenabscheiderlagen an einem einzigen Träger bietet bauliche Vorteile, dafür müssen bzgl. der Reinigungseffizienz rautenförmig zueinander positionierte Abscheiderlagen hingenommen werden. Die streitpatentgemäße Erfindung verbindet die Vorzüge beider Lösungsprinzipien nach dem Stand der Technik miteinander, indem das konstruktiv vorteilhafte Ein-Träger-Prinzip auch für Tropfenabscheiderlagen herangezogen wird, deren Profilenden einen großen Abstand voneinander aufweisen. Zwei dachförmig orientierte Tropfenabscheiderlagen werden mit geringem baulichen Aufwand (d.h. mittels eines einzigen Trägers) stabil im Strömungskanal eines Gaswäschers gehalten.
b)
Die DE AAM widmet sich derselben Problemstellung. Sie beschreibt es als bekannt, Tropfenabscheideranordnungen aus einer oder zwei flach oder geneigt zueinander stehenden Tropfenabscheiderlagen zu bilden, wobei sich jede Lage aus einer Vielzahl von in Reihe hintereinander angeordneten Tropfenabscheiderprofilen zusammensetzt. Die Profile sind gegensinnig zueinander angeordnet, so dass sich – über beide Abscheiderlagen hinweg betrachtet – ein rautenförmiger Gesamtquerschnitt ergibt. Generell – so heißt es – sind die beiden Tropfenabscheiderlagen entweder getrennt (beispielsweise an übereinander angeordneten Trägern) gelagert oder aber an einer gemeinsamen Stützkonstruktion angebracht und über diese an einem gemeinsamen Träger des Gaswäschers gelagert (Abs. [0004]). Der Sache nach referiert die DE AAM denjenigen Stand der Technik, der oben bereits abgehandelt worden ist. Die erstgenannte Bemerkung zielt für den auf dem betreffenden Gebiet kundigen Fachmann auf Figur 1 der EP 0 747 AAK ab, die zweitgenannte Äußerung bezieht sich auf Figur 3 der EP 0 747 AAK bzw. die WO 2005/107921 A1.
Ausgehend von dem – wie beschrieben – Bekannten sieht es die DE AAM als ihre Aufgabe an, eine Tropfenabscheideranordnung zu schaffen, die sich bei einer hohen Abscheideleistung durch eine besonders einfache und kompakte Konstruktion auszeichnet (Abs. [0006]). Der Fachmann versteht unschwer die doppelte Problemstellung. Zunächst soll die mit dem Stand der Technik bereits erreichte Abscheidereffizienz, die durch Hintereinanderschaltung von zwei Tropfenabscheiderlagen innerhalb eines Gaswäschers erzielt wird, weiter optimiert werden. Die zu verbessernden Zwei-Lagen-Gaswäscher sind dabei solche mit rautenförmigem Gesamtquerschnitt wie solche mit einer Doppel-V-Anordnung. Für den – wie ausgeführt – mit gesteigerter Effizienz ausgestatteten Gaswäscher soll weiterhin eine günstige (nämlich konstruktiv einfache und kompakte) Stützkonstruktion realisiert werden. Die DE AAM beinhaltet somit vollständig die Problemstellung des Streitpatents und sie geht in anderer Beziehung über die Zielsetzung des Streitpatents sogar noch hinaus, indem sie sich – additiv zur vereinfachten Lagerkonstruktion – auch einer Steigerung der Abscheiderleistung (durch Erhöhung der Zahl der Abscheiderlagen von zwei auf drei) verschreibt.
c)
Zusammenfassend besteht somit die Aufgabe sowohl des Streitpatents als auch der DE AAM (bei letzterer neben anderem) darin, eine konstruktive Verbesserung für die Lagerung der Stützelemente für Tropfenabscheiderlagen in Gaswäschern zu erzielen. Soweit es um Verbesserungen der Leistungsrate geht, die sich aus der Hintereinanderschaltung von mehr als zwei (sic.: drei) Tropfenabscheiderlagen ergeben, wie sie die DE AAM vorschlägt, handelt es sich um einen zusätzlichen Nutzen, der die Gleichheit beider Erfindungen im Hinblick auf das anvisierte Lagerproblem nicht infrage stellen kann.
4.
Der Kern der konstruktiven Lösungen des Streitpatents und der DE AAM ist gleichfalls wesensgleich.
a)
Kerngedanke des Streitpatents ist es, eine Doppel-Dach-Anordnung der Tropfenabscheiderlagen (vgl. Merkmal 3) über eine gemeinsame Stützkonstruktion zu lagern und damit die bisher nur für rautenförmige Gesamtquerschnitte beschriebene Ein-Träger-Abstützung auch für diese Art der Lagenanordnung aufzugreifen. Trotz des der Doppel-Dach-Anordnung geschuldeten weiten Abstands der Profilenden voneinander gelingt dies dank einer besonderen Stützkonstruktion, wie sie in den Merkmalen 4 bis 7 des Streitpatents näher beschrieben ist. Sie zeichnet sich zunächst durch für beide Abscheiderlagen gemeinsame und bis zum unteren Rand der unteren Abscheiderlage durchgehende Stützplatten aus, an denen die Seitenwände der Abscheiderprofile – fest oder lösbar – angreifen können und gehalten sind. Damit sich die seitlichen Stützplatten ihrerseits an dem (auf jeder Lagenseite) einzigen (gemeinsamen) Träger abstützen können, verfügen die Stützplatten über einen abgewinkelten Flansch, der ihre Auflage auf dem Träger erlaubt. Insgesamt werden durch die mit den Abscheiderprofilen (fest oder lösbar) verbundenen Stützplatten Tropfenabscheiderlagenpakete gebildet, zu deren Stabilisierung und Zusammenhalt eine Verbindungsstange vorgesehen ist. Sie durchgreift und verbindet die seitlichen Stützplatten miteinander und liegt auf den abgewinkelten Flanschen der Stützplatten auf, was letztlich zur Abstützung auch der Verbindungsstange auf dem Träger führt. Absatz [0015] der Beschreibung des Streitpatents erläutert hierzu:
„Die Tropfenabscheideranordnung weist ferner eine sich durch die gemeinsame Seitenwand oder gemeinsame Stützkonstruktion erstreckende Verbindungsstange auf, die sich somit zwischen den beiden gegenüberliegenden Stützkonstruktionen erstreckt und diese miteinander verbindet. Hierdurch wird eine Stabilisierung der Gesamtkonstruktion erreicht.“
b)
Die gemeinsame Lagerung der mehreren, voneinander beabstandeten Tropfenabscheiderlagen auf einer dem Streitpatent entsprechenden Stützkonstruktion mit Hilfe eines abgewinkelten Flansches ist – wie das Landgericht richtig festgestellt hat – auch Gegenstand der DE AAM (vgl. insbesondere Abs. [0033], [0034]). Im Absatz [0010] findet sich sogar der ausdrückliche Hinweis, dass dank der gemeinsamen Stützkonstruktion für sämtliche Abscheiderlagen die Einzellagen rasch entfernt und ausgetauscht werden können, so dass die Anlage im Bedarfsfall mit einfachen Handgriffen auf zwei Abscheiderlagen reduziert und nur noch mit zwei Lagen weiterbetrieben werden kann. Die Klägerin selbst bezweifelt die Wesensgleichheit im Berufungsrechtszug auch lediglich hinsichtlich der Merkmale 3 und 8b) von Patentanspruch 1 des Streitpatents, weswegen über die Darlegungen des Landgerichts hinaus allein die nachfolgenden Bemerkungen veranlasst sind:
aa)
Merkmal 3 des Streitpatents besagt, dass sich die seitlichen Abschnitte der unteren Tropfenabscheiderlage in der Form eines umgedrehten V‘s parallel zu den entsprechenden seitlichen Abschnitten der oberen Tropfenabscheiderlage erstrecken. Wie oben bereits ausgeführt, verlangt das Streitpatent mit der besagten Vorgabe eine Doppel-Dach-Anordnung der Tropfenabscheiderlagen.
Sie wird den Fachmann auch in der DE AAM, und zwar als eine mögliche Ausführungsform der dort mit diversen Ausstattungsvarianten offenbarten Tropfenabscheiderkonzeption gelehrt. Als innerhalb des angemeldeten Hauptanspruchs liegende Ausführungsform beschreibt Absatz [0008] zunächst unter anderem, zwei Tropfenabscheiderlagen vorzusehen, bei denen es sich um Lamellenabscheider handelt, und ihnen z.B. eine stabförmig ausgebildete Strömungsgleichrichterlage vorzuschalten, die bei Bedarf auch dreh- oder schwenkbar sein kann, womit im Betrieb zwei Tropfenabscheiderlagen in Funktion sind. Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, entnimmt der Fachmann dem Unteranspruch 3, dass eine oder mehrere dieser Lagen dachförmig geneigt ausgebildet sein können. Die Beschreibung im Absatz [0013] der DE AAM führt dazu näher aus (Hervorhebungen sind hinzugefügt):
„… Die geneigte Anordnung der Tropfenabscheiderlagen, insbesondere die dachförmige Anordnung derselben, bringt Vorteile hinsichtlich der Reinigung der Lagen durch Spülwasser mit sich. Besonders bevorzugt wird dabei eine Ausführungsform, bei der die Profile von zwei hintereinander angeordneten Abscheiderlagen im entgegengesetzten Sinn dachförmig, d.h. mit den Spitzen voneinander abgewandt oder mit den Spitzen aufeinander zu gewandt, angeordnet sind. …“
Auch wenn die Doppel-Dach-Variante in der DE AAM keine spezielle Hervorhebung findet, ist sie dem Durchschnittsfachmann dennoch in ausreichender Weise beschrieben. Allein der Umstand, dass Unteranspruch 3 ganz allgemein die (sic.: jede) dachförmige Neigung der Tropfenabscheiderlagen erwähnt und der Beschreibungstext eine Teilmenge dessen, was dem Unteranspruch 3 unterfällt, nämlich eine gegensinnige Dachneigung (Ʌ-V; V-Ʌ), ausdrücklich als „besonders bevorzugte“ Form der Lagenanordnung ausweist, macht unmittelbar deutlich, dass gleichsinnige Dachneigungen (V-V; Ʌ-Ʌ) selbstverständlich nicht ausgeschlossen, sondern als lediglich nicht besonders bevorzugte Ausstattungsvarianten mit eingeschlossen sind. Das folgt nicht zuletzt auch aus Unteranspruch 7, der Tropfenabscheideranordnungen (u.a.) nach Anspruch 3 schützt, bei denen zwei Tropfenabscheiderlagen dachförmig entgegengesetzt zueinander geneigt sind. Die umgekehrte Konstellation zweier gleichsinnig geneigter Dachformen unterfällt zwar nicht der speziellen Variante nach Unteranspruch 7, wohl aber der allgemeineren technischen Lehre des Unteranspruchs 3. Dass dem so ist, erschließt sich dem Fachmann nicht zuletzt auch aus dem Umstand, dass die parallele oder entgegengesetzt V-förmige Anordnung der Dächer keinerlei Einfluss auf das von der DE AAM verfolgte Lagerungskonzept hat, sondern dank seiner gleichermaßen zu verwirklichen sind. Denn dank der im Unteranspruch 8 vorgesehenen Stützplatten ist eine Lagerung auf/an der einzigen Trägerkonstruktion mithilfe eines abgewinkelten, auf dem Träger aufliegenden Flansches völlig unabhängig davon möglich, ob die Tropfenabscheiderlagen parallel zueinander angeordnet sind (V-V; Ʌ-Ʌ, was einen beträchtlichen Abstand zwischen den Profilenden der Lagen bedeutet) oder im entgegengesetzten Sinne dachförmig einander zugewandt (V-Ʌ) bzw. voneinander abgewandt (Ʌ-V) sind (was einem kurzen Abstand der Profilenden zueinander entspricht).
Was die parallele Anordnung der beiden Abscheiderlagen betrifft, macht die Beklagte mit Recht geltend, dass für den Fachmann vernünftigerweise nichts anderes in Betracht kommen kann. Der gesamte Stand der Technik zeigt einheitlich Lagen mit gleicher Neigung, wobei im Falle gleichsinniger Orientierung (vgl. Figur 1 der EP 0 747 AAK) Parallelität zwischen den Lagen herrscht. Welchen Sinn eine nicht-parallele Anordnung haben sollte hat auch die Klägerin ebenso wenig dargelegt wie die Tatsache, dass derartiges schon einmal in die Tat umgesetzt worden wäre.
bb)
Gemäß Merkmal 7 des Streitpatents ist eine Verbindungsstange vorgesehen, die die Stützkonstruktionen verbindet; sie erstreckt sich durch die Stützplatten hindurch und liegt auf den abgewinkelten Flanschen auf. Die Verbindungsstange, deren Lage in vertikaler Orientierung nicht weiter vorgegeben ist und die sich bei der Ausführungsform nach Figur 1 zwischen den beiden Tropfenabscheiderlagen befindet, bezweckt, wie sich aus Absatz [0015] des Streitpatents ergibt, eine Stabilisierung der Gesamtkonstruktion. Nähere Angaben dazu, auf welche Weise dies im Einzelnen bewirkt und welchen Kräften genau begegnet werden soll, enthält das Streitpatent nicht. Dem Fachmann wird ungeachtet dessen klar sein, dass die Verbindungsstange – jedenfalls ganz vorrangig – dazu dient, die zwischen den beiderseitigen Stützplatten gehaltenen Tropfenabscheiderlagen dadurch in ihrer Lage zu sichern, dass der durch die Verbindungsstange nach innen gerichtete Zug auf die Stützplatten ein stabiles Gesamtpaket entstehen lässt, das als solches auf dem Trägerpaar abgelegt werden kann. Letztlich braucht Details aber nicht abschließend nachgegangen zu werden.
Denn die DE AAM weist ebenfalls eine Verbindungsstange auf, die sich von der Stützkonstruktion auf der einen Seite der Lagen bis zur Stützkonstruktion auf der anderen Seite der Lagen erstreckt und diese durchgreift (Unteranspruch 11, Figur 2). Die Verbindungsstange liegt vorzugsweise auf den Trägern auf und sie ist über geeignete Befestigungsmittel an der Stützkonstruktion fixiert (Abs. [0015] und Figur 1). Bei einer derartigen Ausstattungsvariante, wie sie der Lehre des Streitpatents entspricht, leistet die Querstange des DE AAM als Folge ihrer identischen Einbindung in die mit dem Streitpatent übereinstimmende Lagersituation zwangsläufig dasselbe, was die Verbindungsstange nach dem Streitpatent bewirkt. Folgerichtig weist die DE AAM ihr im Absatz [0034] auch die Aufgabe zu, die Tropfenabscheideranordnung (d.h. die Gesamtvorrichtung) zu stabilisieren. Soweit im Absatz [0034] darüber hinaus davon die Rede ist, dass der hauptsächliche Nutzen der Verbindungsstange darin liegt, Düsenrohre für ein Reinigungssystem zu tragen, handelt es sich um einen weiteren Nutzen bei Verwendung einer die Stützplatten verbindenden Stange, der die Wesensgleichheit mit dem Streitpatent nicht ausräumen kann.
Soweit Figur 1 der DE AAM zwei Verbindungsstangen zeigt, ist dies ersichtlich dem Umstand geschuldet, dass die Stützplatten wegen der nicht nur zwei, sondern drei vorgesehenen Lagen eine größere vertikale Ausdehnung haben, was eine zweifache Sicherung des Abscheiderpaketes mittels einer Querverbindung erfordert. Mit Rücksicht auf die in der DE AAM beschriebene Betriebssituation mit nur zwei Abscheiderlagen, die in Figur 1 zwar gegensinnig zueinander geneigt sind, die nach Unteranspruch 3 aber genauso gut gleichsinnig geneigt sein können, ist dem Fachmann ohne weiteres einsichtig, dass es für die Bildung eines stabilen Abscheiderpaketes lediglich einer einzigen Verbindungsstange bedarf, die alsdann mittig zwischen den beiden Lagen zu platzieren ist, so, wie dies mit Blick auf die obere der beiden Querstangen (11) – die zwischen den beiden gegensinnig orientierten Abscheiderlagen (4, 5) positioniert ist – auch in Figur 1 gezeichnet ist. Diese Verbindungsstange liegt – wie beim Streitpatent – auf dem abgewinkelten Flansch (und, vermittelt dadurch, auf dem Träger) auf (Figur 1).
cc)
Merkmal 8b) befasst sich mit der Anbringung der Spüleinrichtung für die untere Tropfenabscheiderlage. Um sie mit dem Sprühstrahl zu erreichen, soll die die Spüleinrichtung tragende Querstange (bei der es sich nicht um die stabilisierende Verbindungsstange handelt) direkt an den beiden unteren Enden der Stützplatten befestigt sein. Die unmittelbare Anbindung der Querstange an die Stützkonstruktion macht separate Tragepfosten für die Spüleinrichtung verzichtbar (Abs. [0013]).
Entsprechendes lehrt den Fachmann auch die DE AAM. Unteranspruch 16 wiest ihn an, die Stützkonstruktion (die als Stützplatten mit einem Auflageflansch für die Träger ausgebildet sein können; vgl. Ansprüche 8, 9, 11) zugleich als Tragelement für die Querstange (13) eines Bedüsungssystems dienen zu lassen. Der Beschreibungstext erläutert hierzu im Absatz [0016]:
„In Weiterbildung der Erfindung dient die Stützkonstruktion beidseitig als Tragelement für eine Querstange eines Bedüsungssystems. Bei dieser Ausführungsform müssen daher keine gesonderten Tragelemente für das Bedüsungssystem mehr angeordnet werden bzw. es werden entsprechende Tragelemente eingespart. Die die Düsen tragende Querstange erstreckt sich dabei von der Stützkonstruktion auf der einen Seite bis zur Stützkonstruktion auf der gegenüberliegenden Seite. …“
Figur 1 der DE AAM zeigt, dass es sich bei der Querstange (13) um ein gegenüber der stabilisierenden Verbindungsstange (11) zusätzliches Bauteil handelt (vgl. auch Abs. [0034]).
Wenn das Streitpatent fordert, dass sich die den Sprühkopf tragende Querstange an den beiden unteren „Enden“ der Stützplatten befestigt ist, so trägt dies ersichtlich dem Umstand Rechnung, dass wegen der Doppel-Dach-Anordnung der Abscheiderlagen das Profilende der unteren Lage das untere Ende der Stützplatten markiert, und der mit dem Sprühkopf verfolgte Zweck, die Anströmseite der unteren Abscheiderlage zu reinigen, es technisch erzwingt, dass sich der Sprühkopf in einer hierzu geeigneten Position befindet, was nur gewährleistet ist, wenn die ihn haltende Querstange sich unterhalb des zu spülenden Profils befindet.
Mit Blick auf die DE AAM ist richtig, dass Figur 1 eine Querstange (13) mit Sprühkopf zeigt, die nicht in den Stützplatten verankert, sondern an zusätzlichen Vertikalstangen (12) befestigt ist, welche ihrerseits an die Stützplatten angeschlossen sind. Außerdem befindet sich die Querstange oberhalb der oberen Abscheiderlage, was dem Umstand geschuldet ist, dass mit dem von ihr getragenen Sprühkopf die Abströmseite der oberen Lage gespült werden soll. Zu beachten ist jedoch, dass es sich bei dieser gezeichneten Anordnung nur um ein Beispiel handelt, wie die allgemeinere technische Anweisung des Unteranspruchs 16 in die Tat umgesetzt werden kann, „die Stützkonstruktion (6) gleichzeitig als Tragelement für eine Querstange (13) eines Bedüsungssystems“ heranzuziehen. Bei der Realisierung des im Anspruch 16 gelehrten Gedankens ist sich der Fachmann vollkommen darüber im Klaren, dass die vertikale Lage der Querstange darüber entscheidet, welche Seite welcher Tropfenabscheiderlage mit der von ihr getragenen Spüleinrichtung gereinigt werden kann. Wenn daher aus der Vielzahl der von der DE AAM (Unteranspruch 16) umfassten Ausführungsvarianten eine solche gewählt wird, bei der die Tropfenabscheiderlagen in der Doppel-Dach-Formation (Ʌ-Ʌ) angeordnet sind, und wenn die Anströmseite der unteren Tropfenabscheiderlage gespült werden soll, liegt für jedermann auf der Hand, dass sich der Spülkopf in einer Position unterhalb der zu reinigenden Anströmseite (die bis zu den beiderseitigen Profilenden reicht) zu befinden hat. Wegen der umgekehrten V-Form der Lagenprofile muss die den Spülkopf tragende Querstange, die schon aus Gründen der einfachen Konstruktion nicht anders als gerade verlaufen kann, notwendigerweise an den unteren Enden der Stützplatten angreifen, weil bei gerade verlaufender Tragestange nur so eine Position unterhalb der zu reinigenden Tropfenabscheiderlage eingenommen wird, die eine komplette Reinigung der (gesamten) Anströmseite erlaubt. Über diese Zusammenhänge benötigt der Fachmann keinerlei Belehrung; sie sind ihm dermaßen selbstverständlich, dass er die im Anspruch 16 und Absatz [0016] gegebene Anregung, zwischen den Stützkonstruktionen eine Querstange für das Bedüsungssystem vorzusehen, in der geschilderten Weise umzusetzen weiß, ohne dass er dazu der Anleitung durch ein konkretes (beschriebenes und/oder gezeichnetes) Ausführungsbeispiel bedarf. Der Ort des Spüleinsatzes bestimmt die Lage des Sprühkopfes und dessen Position wiederum legt den Ort fest, an dem die den Kopf tragende Querstange an den Stützplatten zu befestigen ist. Geht es deshalb um die Reinigung der Unterseite der unteren Lage, muss die Querstange unterhalb der Profilenden eben dieser Lage an den Stützplatten angreifen. Bei einer Ausstattung des Gaswäschers mit nur zwei Abscheiderlagen ist dabei selbstverständlich, dass die Stützplatten nicht sinnloserweise über die Profilenden der unteren Lage hinaus verlängert werden. Der Angriffspunkt für die Querstange liegt daher zwangsläufig an den Enden der Stützplatten.
dd)
Dass die Unteransprüche 2 und 3 oder der Beschreibungstext des Streitpatents technische Anweisungen enthalten, die über den Offenbarungsgehalt der DE AAM hinausgehen, macht die Klägerin selbst nicht geltend; dafür ist auch nichts ersichtlich.
6.
Nach alledem liegt eine Doppelerfindung vor, so dass der Klägerin gegen die Beklagte kein Vindikationsanspruch zusteht. Da der Klägerin ein Anspruch auf Übertragung des Patents nicht zusteht, kommen auch keine nachgelagerten Auskunftsansprüche zur Vorbereitung eines Schadenersatzanspruches in Betracht und selbstverständlich auch kein solcher Kompensationsanspruch.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine reine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, mit der der Bundesgerichtshof auch nicht im Interesse einer Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung befasst werden muss (§ 543 Abs. 2 ZPO).