Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2606
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. Dezember 2016, Az. 4b O 103/15
I. Die Beklagte wird verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, die an dem jeweiligen Geschäftsführer der Beklagten zu vollstrecken ist, zu unterlassen:
lichtemittierende Bauelemente, die aufweisen:
– einen lichtemittierende Dioden (LED)-Chip, mit einem Verbindungshalbleiter auf Galliumnitridbasis und einer lichtemittierenden Schicht, die Licht mit einer Wellenlänge von 420 nm bis 490 nm emittieren kann, und
– einen Leuchtstoff, der durch das vom LED-Chip emittierte Licht angeregt wird und Licht emittiert, das in Beziehung von Komplementärfarben mit dem emittierten Licht steht,
– wobei der Leuchtstoff in einem Beschichtungsmaterial enthalten ist, das den LED-Chip beschichtet, und
– wobei das lichtemittierende Bauelement weißes Licht durch Mischen des durch den LED-Chip emittierten Lichts und des durch den Leuchtstoff emittierten Lichts emittiert,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
– wenn der LED-Chip eine Einquantentopfstruktur oder Mehrquantentopfstruktur hat, und
– wobei der Leuchtstoff einen mit Cer aktivierten Granatleuchtstoff aufweist, der mindestens ein aus Y, Lu, Sc, La, Gd und Sm ausgewähltes Element und mindestens ein aus Al, Ga und In ausgewähltes Element enthält, aufweist.
2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 08.08.2015 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen und bestellten zu Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und unter Angabe von Typenbezeichnungen sowie aufgeschlüsselt nach den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer;
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen -zeiten und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Angebotsempfänger in dem Verzeichnis enthalten ist;
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der jeweiligen Domain, Zugriffszahlen und Schaltungszeiträume;
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten, einschließlich Bezugspreisen, und des erzielten Gewinns;
wobei hinsichtlich der Angaben zu lit. a) und lit. b) jeweils in Kopie die Einkaufs- oder Verkaufsbelege (Rechnungen) oder, falls keine Rechnungen ausgestellt wurden, Lieferpapiere vorzulegen sind;
3. die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 08.08.2015 in den Verkehr gelangten und im Besitz gewerblicher Abnehmer befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen gewerblichen Abnehmer, die sich im Besitz dieser Erzeugnisse befinden, schriftlich darüber informiert werden, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents EP 2 276 XXX erkannt hat, und sie aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den gewerblichen Abnehmern für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse die Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der durch die Rückgabe entstehenden Verpackungs- und Transport- bzw. Versandkosten zugesagt wird;
4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1 bezeichneten Erzeugnisse nach ihrer Wahl zu vernichten oder an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 08.08.2015 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000.000,00 EUR, wobei für die teilweise Vollstreckung des Urteils folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:
Ziffer I. 1., I. 3. und I. 4.: 1.500.000,00 EUR
Ziffer I. 2.: 400.000,00 EUR
Kostenentscheidung (Ziffer III.): 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des in englischer Verfahrenssprache abgefassten europäischen Patents EP 2 276 XXX B1 (Anlage TW B1, deutsche Übersetzung als Anlage TW B2; nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents. Das Klagepatent ging aus einer europäischen Teilanmeldung der Patentanmeldung EP 0 936 XXX A1 (nachfolgend: Stammanmeldung) hervor und nimmt deren Anmeldetag vom 29.07.1997 sowie deren Prioritäten vom 29.07.1996 (JP 19858XXX), vom 17.09.1996 (JP 24433XXX), vom 18.09.1996 (JP 24538XXX) vom 27.12.1996 (JP 35900XXX) und vom 31.03.1997 (JP 8101XXX) in Anspruch. Die Anmeldung des Klagepatents wurde am 19.01.2011 veröffentlicht. Der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 08.07.2015 bekanntgemacht. Das Klagepatent steht in Kraft.
Die Konzernmutter der Beklagten, die A Co. Ltd. mit Sitz in B (nachfolgend: A), legte mit Schriftsatz vom 11.12.2015 Einspruch gegen die Erteilung des Klagepatents ein (Anlagenkonvolut B (B) 4), über den noch nicht entschieden ist.
Das Klagepatent betrifft unter anderem eine lichtemittierende Vorrichtung. Der Anspruch 1 des Klagepatents lautet in deutscher Übersetzung:
Lichtemittierendes Bauelement, das aufweist:
einen lichtemittierende Dioden (LED)-Chip, mit einem Verbindungshalbleiter auf Galliumnitridbasis und einer lichtemittierenden Schicht, die Licht mit einer Wellenlänge von 420 nm bis 490 nm emittieren kann und
einen Leuchtstoff, der durch das vom LED-Chip emittierte Licht angeregt wird und Licht emittiert, das in Beziehung von Komplementärfarben mit dem emittierten Licht steht,
wobei der Leuchtstoff in einem Beschichtungsmaterial enthalten ist, das den LED-Chip beschichtet, und
wobei das lichtemittierende Bauelement weißes Licht durch Mischen des durch den LED-Chip emittierten Lichts und des durch den Leuchtstoff emittierten Lichts emittiert, dadurch gekennzeichnet, dass
der LED-Chip eine Einquantentopfstruktur oder Mehrquantentopfstruktur hat, und der Leuchtstoff einen mit Cer aktivierten Granatleuchtstoff aufweist, der mindestens ein aus Y, Lu, Sc, La, Gd und Sm ausgewähltes Element und mindestens ein aus Al, Ga und In ausgewähltes Element enthält, aufweist.
Wegen des Wortlauts der in Form von „insbesondere wenn“-Anträgen geltend gemachten Unteransprüche 2 bis 4 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.
Nachfolgend wird in leicht verkleinerter Form Figur 2 der Klagepatentschrift wiedergegeben, die den schematischen Querschnitt einer lichtemittierenden Diode vom Chip-Typ zeigt.
Die Beklagte bietet an und vertreibt bundesweit folgende Leuchten mit eingebauten LED:
„C XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform A)
„D XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform B)
„E XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform C)
„F XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform D)
„G XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform E)
„H XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform F)
„I XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform G)
„J XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform H)
„K XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform I)
„L XXX – Art.-Nr. XXX“ (angegriffene Ausführungsform J)
Die angegriffenen Ausführungsformen A bis I bietet die Beklagte unter anderem über den auf der Homepage www.M.de abrufbaren Hauptkatalog 2015 (Auszug als Anlage TW B5 und TW B13) an, die angegriffene Ausführungsform J auf ihrer Homepage.
Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Soweit dieser verlange, dass das lichtemittierende Bauelement weißes Licht emittiere, sei damit das gesamte Spektrum des vom Menschen als weiß wahrnehmbaren Lichts gemeint. Dieses Farbspektrum umfasse Lichttemperaturen von 3000 bis 8000 Kelvin, die im unteren Bereich – ähnlich der Farbtemperatur einer konventionellen Glühbirne – auch in einen gelb-orangen Ton fallen könnten. Sie – die Klägerin – habe die angegriffenen Ausführungsform untersucht und festgestellt, dass die Leuchtmittel sämtlicher Ausführungsformen einen blaues Licht mit einer Wellenlänge von etwa 450 nm emittierenden LED-Chip mit einem Verbindungshalbleiter auf der Basis von Indiumgalliumnitrid (InGaN) enthielten. Der Überzug über dem LED-Chip enthalte Leuchtstoffpartikel. EDX-Untersuchungen hätten ergeben, dass in allen angegriffenen Ausführungsformen – neben anderen Leuchtstoffen – auch ein mit Cer aktivierter Granatleuchtstoff aus Yttrium (Y), Aluminium (Al), Gallium (Ga) und Sauerstoff (O) (in verschiedenen Mengenverhältnissen) vorhanden sei. Im Ergebnis emittierten sämtliche angegriffenen Ausführungsformen weißes Licht. Eine Aussetzung des Rechtsstreits sei nicht veranlasst, da sich das Klagepatent im Einspruchsverfahren als rechtsbeständig erweisen werde.
Die Klägerin beantragt,
zu erkennen wie geschehen, den Antrag zu I. 1 mit dem Zusatz
insbesondere wenn
die lichtemittierende Schicht aus InGaN hergestellt ist
(Unteranspruch 2 von EP 2 276 XXX);
und/oder
der mit Cer aktivierte Granatleuchtstoff durch die allgemeine Formel (Re1-rSmr)3(Al1-sGAs)5O12:Ce dargestellt ist, wobei 0 ≤ r ≤ 1 und 0 ≤ s ≤ 1 und Re aus Y und/oder Gd ausgewählt ist;
(Unteranspruch 3 von EP 2 276 XXX)
und/oder
die Konzentration des Leuchtstoffs von der Oberfläche des Beschichtungsmaterials zum LED-Chip zunimmt.
(Unteranspruch 4 von EP 2 276 XXX)
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit bis zum Abschluss des seitens der A Co. Ltd. gegen das Klagepatent beim Europäischen Patentamt geführten Einspruchsverfahrens auszusetzen.
Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
Die Beklagte ist der Ansicht, das Klagepatent werde durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen nicht verletzt. Der Fachmann wisse, dass die menschliche Farbwahrnehmung von Licht mit Hilfe des auch im Klagepatent erwähnten CIE-Normvalenzsystems beschrieben werden könne. Drei Koordinaten drückten die Farbwahrnehmung in einer zweidimensionalen Darstellung gemäß der Funktion z = 1 – x – y (x für rot, y für grün und z für blau) aus. Der Weißpunkt liege bei genau x = 0,33, y = 0,33 und z = 0,33. Nur Lichtemissionen in der Nähe dieses Punktes könnten als weiß im Sinne des Klagepatents angesehen werden. Sie – die Beklagte – bestreite mit Nichtwissen, dass die Klägerin die untersuchten Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland erworben habe und es sich bei den untersuchten Ausführungsformen um Produkte der Beklagten handele. Sie stellt zudem aufgrund von Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsformen, die von ihrer Muttergesellschaft, der A Co., Ltd., und dem von dieser beauftragten externen Labor N durchgeführt wurden, die Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten Testergebnisse in Abrede. Ein Teil der in den angegriffenen Ausführungsformen verwendeten Leuchtmittel unterscheide sich in der Bauform von den von der Beklagten untersuchten Leuchtmitteln. Die LEDs leuchteten zudem nicht weiß, sondern gelb bzw. gelb-orange. Regelmäßig seien Werte für die CIE-Koordinaten x und y von etwa 0,44 und 0,40 gemessen worden. Die Klägerin habe zudem für keine der angegriffenen Ausführungsformen dargetan, dass der Leuchtstoff der in den angegriffenen Ausführungsformen verbauten Leuchtmittel mit Cer aktiviert sei. Darauf könne auch nicht aus den vorgelegten EDX-Messungen geschlossen werden. Die Messungen, die sie – die Beklagte – habe durchführen lassen, hätten das Vorhandensein von Cer in den Leuchtstoffen der angegriffenen Ausführungsformen nicht bestätigen können. Im Übrigen sei zu erwarten, dass das Klagepatent im Einspruchsverfahren widerrufen werde. Nicht für alle Varianten des Klagepatentanspruchs könne die Priorität der verschiedenen japanischen Patentanmeldungen in Anspruch genommen werden, so dass die Lehre des Klagepatents gegenüber der nachveröffentlichten EP 0 862 XXX nicht neu sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Rückruf, Vernichtung sowie Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 S. 1, Abs. 3, 140b PatG, §§ 242, 259 BGB. Das Anbieten und der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen durch die Beklagte stellen eine unmittelbare Verletzung des Klagepatents dar, § 9 S. 2 Nr. 1 PatG.
I.
Das Klagepatent betrifft eine lichtemittierende Diode, die einen Leuchtstoff enthält, der die Wellenlänge des Lichts, das von einem lichtemittierenden Bauteil ausgesendet wird, umwandelt und Licht aussendet.
Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagepatents ist eine lichtemittierende Diode kompakt und sendet Licht einer klaren Farbe mit einem hohen Wirkungsgrad aus. Sie brennt zudem nicht durch und hat gute Anlaufeigenschaften, eine hohe Rüttelfestigkeit und Beständigkeit gegen wiederholtes Ein- und Ausschalten, weil es sich um ein Halbleiterbauelement handelt. Daher wird sie in großem Umfang in Anwendungsfällen wie verschiedenartigen Anzeigeelementen und verschiedenartigen Lichtquellen genutzt. In jüngster Zeit sind lichtemittierende Dioden für die RGB-Farben (rot, grün und blau) mit einer äußerst hohen Leuchtdichte und hohem Wirkungsgrad entwickelt worden. Auf solchen Dioden basierende LED-Displays können mit geringerer Leistung betrieben werden und zeichnen sich durch Eigenschaften wie geringes Gewicht und lange Lebensdauer aus, weshalb zu erwarten ist, dass sie in der Zukunft immer breitere Anwendung finden.
Jüngst sind verschiedene Versuche unternommen worden, Quellen weißen Lichts unter Verwendung von lichtemittierenden Dioden herzustellen. Da die lichtemittierende Diode ein günstiges Emissionsspektrum aufweist, um monochromatisches Licht zu erzeugen, erfordert die Herstellung einer Lichtquelle für weißes Licht, dass drei lichtemittierende R-, G- und B-Komponenten dicht beieinander angeordnet werden und das von diesen ausgesendete Licht gestreut und gemischt wird. Als nachteilig daran wird angesehen, dass aufgrund von Änderungen des Farbtons, der Leuchtdichte und anderer Faktoren der lichtemittierenden Komponente weißes Licht des gewünschten Tons nicht erzeugt werden konnte. Wenn die lichtemittierenden Komponenten aus unterschiedlichen Materialien bestehen, ist auch die für den Betrieb der jeweiligen Diode erforderliche elektrische Spannung unterschiedlich. Es müssten daher unterschiedliche Spannungen angelegt werden, was zu komplexen Stromkreisen für die Ansteuerung führt. Da die lichtemittierenden Komponenten Halbleiterbauelemente sind, ist außerdem der Farbton Änderungen unterworfen, die auf unterschiedliches Temperaturverhalten, auf das Zeitverhalten und die Betriebsumgebung zurückzuführen sind. Daneben kann die Farbungleichmäßigkeit auch durch Fehler beim gleichförmigen Mischen des von den lichtemittierenden Komponenten ausgesendeten Lichts verursacht sein.
Um diese Probleme zu lösen, sind im Stand der Technik lichtemittierende Dioden bekannt, die die Farbe des Lichts, das von lichtemittierenden Komponenten ausgesendet wird, mittels eines Fluoreszenzmaterials gemäß den japanischen Patenten JP-A-5-152609, JP-A-7-99345, JP-A-7-176794 und JP-A-8-7614 umwandeln. Die lichtemittierenden Dioden, die in diesen Veröffentlichungen beschrieben werden, sind bei Verwendung lichtemittierender Komponenten einer gewissen Art imstande, weißes Licht oder Licht anderer Farben zu erzeugen. Hergestellt werden sie, indem man eine lichtemittierenden Komponente mit einer hochenergetischen Bandlücke der lichtemittierenden Schicht in einer Kugelschale anbringt, die sich an der Spitze eines Leitrahmens befindet und ein Fluoreszenzmaterial enthält, das das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendete Licht absorbiert und Licht mit einer von der Wellenlänge des absorbierten Lichts abweichenden Wellenlänge (Wellenlängenumwandlung) aussendet und sich in einer Harzschmelze befindet, die die lichtemittierende Komponente bedeckt.
Die oben beschriebene lichtemittierende Diode, die imstande ist, weißes Licht durch das Mischen des Lichts aus einer Anzahl von Quellen auszusenden, kann hergestellt werden, indem man eine lichtemittierende Komponente benutzt, die imstande ist, blaues Licht auszusenden, und die lichtemittierende Komponente mit einem Harz verschmilzt, das ein Fluoreszenzmaterial enthält, welches das blaue Licht der Diode absorbiert und ein gelbliches Licht aussendet.
Nachteilig an diesen konventionellen lichtemittierenden Dioden ist nach dem Klagepatent insbesondere die Zustandsverschlechterung des Fluoreszenzmaterials, was zu einer Farbtonabweichung und zu einem Nachdunkeln des Fluoreszenzmaterials führt, was eine niedrigere Ausbeute an abgegebenem Licht zur Folge hat. Dieses Nachdunkeln wird bei Benutzung eines anorganischen Fluoreszenzmaterials wie beispielsweise (Cd, Zn)S (Cadmiumsulfid, Zinksulfid) dadurch verursacht, dass ein Teil der Metallelemente, die das Fluroreszenzmaterial bilden, ausgefällt wird oder seine Eigenschaften verändert, was zur Verfärbung führt und bei Benutzung eines organischen Fluoreszenzmaterials zum Aufbrechen einer Doppelbindung im Molekül. Besonders dann, wenn eine lichtemittierende Komponente aus einem Halbleiter mit einer hochenergetischen Bandlücke benutzt wird, um den Wandlungswirkungsgrad des Fluoreszenzmaterials zu erhöhen (das heißt die Energie des von dem Halbleiter emittierten Lichts wird erhöht, um die Anzahl der Photonen mit Energiewerten oberhalb eines Schwellwerts, die von dem fluoreszenten Material absorbiert werden können, steigt, was dazu führt, dass mehr Licht absorbiert wird), oder die Menge an eingesetztem Fluoreszenzmaterial wird herabgesetzt (d. h. das Fluoreszenzmaterial wird mit einer relativ höheren Energie bestrahlt), nimmt die vom Fluoreszenzmaterial absorbierte Lichtenenergie unweigerlich zu, was zu einem stärkeren Abbau des Fluoreszenzmaterials führt. Die Benutzung der lichtemittierenden Komponente mit einer höheren Intensität der Lichtemission über einen ausgedehnten Zeitraum verursacht auch einen stärkeren Abbau des Fluoreszenzmaterials.
In der EP-A-0 209 942 wird eine Niederdruck-Quecksilberdampf-Entladungslampe beschrieben. Diese Lampe hat eine Füllung aus Quecksilber und einem Edelgas und eine Lumineszenzschicht, die ein Lumineszenzmaterial enthält, dessen Emission hauptsächlich in Bereichen von 590–630 nm und 520–560 nm liegt. Das von dieser Entladungslampe emittierte Licht liegt in einem Wellenbereich, der nahezu unsichtbar ist und durch die Lumineszenzschicht umgewandelt werden muss, um sichtbar zu werden. Die Lampe hat eine Absorptionsschicht, die ein lumineszentes Aluminat enthält, das durch dreiwertiges Zer aktiviert wird und eine Granat-Kristallstruktur aufweist.
Das Fluoreszenzmaterial, das sich in der Nähe der lichtemittierenden Komponente befindet, kann einer hohen Temperatur ausgesetzt sein, verursacht entweder durch den Temperaturanstieg der lichtemittierenden Komponente oder die Wärme, die von der äußeren Umgebung übertragen wird (beispielsweise Sonnenlicht bei Benutzung im Freien). Zudem unterliegen einige Fluoreszenzmaterialien einem beschleunigten Abbau durch das Zusammenwirken von Feuchtigkeit, die von außen hineingelangt oder während des Herstellungsvorgangs hineingeraten ist, und dem Licht und der Wärme, die von der lichtemittierenden Komponente übertragen wird. Ist ein organischer Farbstoff mit ionischen Eigenschaften beteiligt, kann das direkte elektrische Feld in der Nähe des Chips zudem Elektrophorese verursachen, die zu einer Veränderung des Farbtons führt. Die Lampe kann nicht als eine einfache, kleine, leichte und billige Vorrichtung verwirklicht werden.
Ausgehend von diesem Stand der Technik stellt sich das Klagepatent die Aufgabe, eine lichtaussendende Vorrichtung vorzustellen, die nur einen äußerst geringen Grad der Abnahme der Intensität, des Wirkungsgrades und der Farbverschiebung des emittierten Lichts über einen langen Zeitraum der Benutzung mit hoher Leuchtdichte aufweist. Die lichtaussendende Vorrichtung mit einer lichtemittierenden Komponente und einem Fluroreszenzmaterial muss, um dieses Ziel zu erreichen, nach Absatz [0014] des Klagepatents die folgenden Anforderungen erfüllen:
1. Die lichtemittierende Komponente muss imstande sein, Licht hoher Leuchtdichte und mit Kenngrößen der Lichtemission auszusenden, die über eine lange Zeit des Einsatzes stabil sind.
2. Das Fluoreszenzmaterial in der Nähe der lichtemittierenden Komponente mit hoher Leuchtdichte muss eine ausgezeichnete Beständigkeit gegen Licht und Wärme haben, so dass sich seine Eigenschaften nicht ändern, auch wenn es über einen ausgedehnten Zeitraum benutzt und Licht hoher Intensität ausgesetzt wird, das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendet wird (insbesondere das Fluoreszenzmaterial in der Nähe der lichtemittierenden Komponente wird Licht einer Strahlungsintensität ausgesetzt, die etwa das 30- bis 40-fache der des Sonnenlichts beträgt, und es ist erforderlich, dass seine Lichtbeständigkeit umso größer ist, je höher die Leuchtdichte der lichtemittierenden Komponente ist).
3. Hinsichtlich der Beziehung zur lichtemittierenden Komponente muss das Fluoreszenzmaterial imstande sein, mit einem hohen Wirkungsgrad das stark monochromatische Licht, das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendet wird, zu absorbieren und Licht auszusenden mit einer Wellenlänge, die von der des Lichts abweicht, das von der lichtemittierenden Komponente ausgesendet wird.
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent eine lichtemittierende Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 vor, der nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben wird:
1. Lichtemittierendes Bauelement, das aufweist:
2. einen lichtemittierende Diode (LED)-Chip
2.1 mit einem Verbindungshalbleiter auf Galliumnitridbasis;
2.2 mit einer Einquantentopfstruktur oder Mehrquantentopfstruktur;
2.3 mit einer lichtemittierenden Schicht, die Licht mit einer Wellenlänge von 420 nm bis 490 nm emittieren kann;
3. einen Leuchtstoff,
3.1 der in einem Beschichtungsmaterial enthalten ist, das den LED-Chip beschichtet;
3.2 der durch das vom LED-Chip emittierte Licht angeregt wird und Licht emittiert, das in Beziehung von Komplementärfarben mit dem emittierten Licht steht;
3.3 der einen mit Cer aktivierten Granatleuchtstoff aufweist, der mindestens ein aus Y, Lu, Sc, La, Gd und Sm ausgewähltes Element und mindestens ein aus Al, Ga und In ausgewähltes Element enthält;
4. das lichtemittierende Bauelement emittiert weißes Licht durch Mischen des durch den LED-Chip emittierten Lichts und des durch den Leuchtstoff emittierten Lichts.
II.
Nach der patentgemäßen Lehre weist das lichtemittierende Bauelement einen LED-Chip (Merkmal 2) und einen Leuchtstoff (Merkmal 3) auf. Der LED-Chip verwendet einen Verbindungshalbleiter auf Galliumnitridbasis (Merkmal 2.1), so dass er Licht mit einer Wellenlänge zwischen 420 nm und 490 nm, mithin blaues Licht emittiert (Merkmal 2.3). Der Leuchtstoff dient dazu, Licht mit einer zum blauen Licht des LED-Chips komplementären Farbe zu emittieren, wenn er vom Licht des LED-Chips angeregt wird (Merkmal 3.2). Dafür soll der Leuchtstoff erfindungsgemäß einen mit Cer aktivierten Granatleuchtstoff aufweisen, der mindestens zwei verschiedene Elemente aus Y, Lu, Sc, La, Gd und Sm einerseits und Al, Ga und In andererseits enthält (Merkmal 3.3). Die Lehre des Klagepatents schließt es nicht aus, dass das Beschichtungsmaterial, in dem der Leuchtstoff enthalten ist, auch noch Leuchtstoff bestehend aus anderen Elementen enthält.
Die Funktion einer solchen Kombination von LED-Chip und Leuchtstoff besteht darin, dass das lichtemittierende Bauelement weißes Licht emittiert (Merkmal 4). Das blaue Licht des LED-Chips und das komplementärfarbene Licht des Granatleuchtstoffs sorgen dafür, dass im Ergebnis weißes Licht entsteht. Allerdings muss das vom LED-Chip und vom Granat-Leuchtstoff emittierte Licht nicht rein weißes Licht ergeben, etwa im Sinne des Weißpunkts, der nach dem CIE-Normvalenzsystem mit den Koordinaten x = 0,33; y = 0,33 (und damit z = 0,33) dargestellt werden kann, oder dessen unmittelbarer Umgebung. Vielmehr versteht das Klagepatent den Begriff des weißen Lichts im Sinne eines Spektrums von Farbtönen, die mit unterschiedlichen Abstufungen als weiß wahrgenommen werden. Dies ergibt sich bereits aus der Beschreibung des Klagepatents, nach der in Abhängigkeit vom Mischungsverhältnis von beispielsweise Y und Gd beziehungsweise von Al und Ga die Farbtemperatur mehr in Richtung rot oder mehr in Richtung grün verschoben wird (vgl. Abs. [0040] bis [0045] mit Tabelle 1 der Anlage TW B2). So zeigt das Farbtondiagramm der Figur 16 (Anlage TW B2), welche Farben die weißes Licht aussendende Diode in einer Ausführungsform – blaue LED mit einem Wellenlängenpeak von 465 nm – in Abhängigkeit von dem Gd- und dem Ga-Gehalt des Fluoreszenzmaterials (vgl. Tabelle 1 des Klagepatents) darstellen kann. Dabei wird der gesamte schraffierte Teil des Farbtondiagramms als der breite Bereich weißer Farbe im mittleren Teil des Farbtondiagramms bezeichnet (Absatz [0059] der Anlage TW B2). Demzufolge versteht das Klagepatent unter weißem Licht auch solche Farbtemperaturen, die in Abhängigkeit vom Mischungsverhältnis der Elemente des Granatleuchtstoffes mehr in Richtung grün oder mehr in Richtung rot verschoben sind. Entsprechende Farbtemperaturen werden in der Fig. 16 in Kelvin dargestellt und beziehen – ohne dass das Klagepatent darauf beschränkt wäre – Werte von 3000, 5000 und 8000 Kelvin ein. Allerdings ist das Spektrum weißen Lichts im Sinne des Klagepatents nicht zwingend auf die schraffierte Fläche der Figur 16 beschränkt, da es sich lediglich um die Darstellung eines Ausführungsbeispiels mit einer bestimmten Zusammensetzung eines Granatleuchtstoffs handelt. Im Beispiel 5 des Klagepatents wird beispielsweise auch eine Diode beschrieben, deren ausgesendetes Licht CIE-Koordinaten von x = 0,450; y = 0,420 aufweist und mit dem Licht einer Glühlampe verglichen wird.
III.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Dies ist für die Merkmale 1 bis 2.1 und 2.3 bis 3.2 unstreitig. Sie verwirklichen aber auch die Merkmale 2.2, 3.3 und 4.
1.
Alle angegriffenen Ausführungsformen weisen eine Mehrquantentopfstruktur im Sinne des Merkmals 2.2 auf. Die Klägerin hat dazu vorgetragen, eine Ein- oder Mehrquantentopfstruktur werde durch Vorsehen mindestens einer Quantentopfschicht mit einer Dicke in der Größenordnung von Nanometern zwischen zwei Grenzschichten erzielt, die jeweils eine größere Bandlücke als die Quantentopfschicht aufweise. Aufgrund der unterschiedlich großen Bandlücke werde die Bewegung der Elektronen und (Elektronen-)Löcher durch die Grenzschichten auf die Quantentopfschicht beschränkt und dadurch eine größere Anzahl frei beweglicher Elektronen gewährleistet, die wiederum eine Verbesserung der Lichtemission bewirken, wenn sie ihre Energie wieder abgeben. Für alle angegriffenen Ausführungsformen hat die Klägerin durch Untersuchungen mit dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) die Existenz einer Schichtenabfolge nachgewiesen, wobei die aktiven Schichten zur Lichterzeugung eine Dicke im Nanometerbereich besaßen und Indiumgalliumnitrid aufwiesen. Daraus leitet sie eine Mehrquantentopfstruktur im Sinne des Klagepatents ab.
Diesem schlüssigen Vortrag ist die Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten. Erstmals in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte im Hinblick auf die Bewertung des Offenbarungsgehalts der für den Aussetzungsantrag maßgeblichen Entgegenhaltung WO 98/12757 geltend gemacht, dass der Vortrag der Klägerin zur Mehrquantentopfstruktur der Halbleiterschichten in den angegriffenen Ausführungsformen nicht ausreiche. Dies stellt jedoch kein erhebliches Bestreiten dar. Vor allem hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt, dass die angegriffenen Ausführungsformen eine Mehrquantentopfstruktur aufweisen. Ebenso wenig hat sie erläutert, warum der Schluss von Schichtdicken im Nanometerbereich auf eine Mehrquantentopfstruktur nicht zulässig sei.
Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass die Klägerin die untersuchten Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland erworben habe und es sich bei den untersuchten Ausführungsformen überhaupt um Produkte der Beklagten handele, ist auch das unerheblich. Die Klägerin hat durch die Vorlage von Kopien von Quittungen den Erwerb aller angegriffenen Ausführungsformen belegt. Dem ist die Beklagte nicht weiter entgegengetreten.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die von der Muttergesellschaft der Beklagten und dem externen Labor N durchgeführten Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsformen an anderen LEDs erfolgten als die der Klägerin. Dies kann seine Ursache auch darin haben, dass verschiedene LED-Typen in verschiedenen Leuchten einer angegriffenen Ausführungsform verbaut wurden oder die Bauformen der in den angegriffenen Ausführungsformen verbauten LED zwischenzeitlich geändert wurden. Dafür spricht, dass die Beklagte die angegriffenen Ausführungsformen von Zulieferern erhält, die selbst die LEDs bei Dritten einkaufen, welche wiederum ihrerseits die Leuchtstoffe für die LEDs zukaufen. Der Hinweis der Beklagten, Bemühungen, Informationen von den Zulieferern zu erhalten, seien mangels eigener Kenntnisse der Zulieferer erfolglos gewesen, genügt jedenfalls nicht, um den der Beklagten obliegenden Informationspflichten nachzukommen, so dass sich die Beklagte auch nicht auf ein einfaches Bestreiten des Klägervortrags zurückziehen kann. Abgesehen davon stellen die von der Beklagten veranlassten Untersuchungen die Verwirklichung der Merkmale des Klagepatentanspruchs nicht in Frage. Die LEDs weichen allenfalls in der Bauform und in den verwendeten weiteren Leuchtstoffen von den von der Klägerin untersuchten LEDs, nicht aber in den patentrelevanten Merkmalen ab. Dass die Ein- oder Mehrquantentopfstruktur des Halbleitermaterials Gegenstand der Untersuchungen war, behauptet auch die Beklagte nicht.
2.
Es steht weiterhin zur Überzeugung der Kammer fest, dass das in den angegriffenen Ausführungsformen unstreitig als Leuchtstoff verwendete Yttrium-Aluminium-Granat (YAG) im Sinne des Merkmals 3.3 mit Cer aktiviert ist.
a)
Die Klägerin hat die LEDs aller angegriffenen Ausführungsformen einer energiedispersiven Röntgenspektroskopie (energy dispersive X-ray spectroscopy, nachfolgend: EDX; Untersuchungsergebnisse als Anlage TW B6, B8, B10, B15, B17, B19, B21, B23, B25 und B27) unterzogen. Im EDX-Spektrum ist die Energie einer Röntgenlinie, d. h. ihre Lage im Spektrum, ein Indikator dafür, um welches Element es sich handelt. Die Elemente Yttrium (Y), Aluminium (Al), Gallium (Ga) und Cer (Ce) erzeugen jeweils mehrere spezifische Peaks. Die Klägerin hat dafür jeweils mehrere Messpositionen für die EDX bestimmt und nachgewiesen, dass Leuchtstoffpartikel aus Yttrium (Y), Aluminium (Al), Gallium (Ga) und Sauerstoff (O) (in unterschiedlichen Mengenverhältnissen) in allen angegriffenen Ausführungsformen vorhanden sind. Darüber hinaus lässt sich nach dem Vortrag der Klägerin anhand der spezifischen Peaks Cer (Ce) nachweisen. Die daneben erkennbaren Peaks von Kohlenstoff (C) und die nicht gekennzeichneten Peaks bei 0 keV sind technisch bedingt und für das Messergebnis unbeachtlich. An anderen Positionen wurden hingegen andere Leuchtstoffe nachgewiesen.
Daneben hat die Klägerin für alle angegriffenen Ausführungsformen eine Untersuchung durch Prof. Dr. O, P-Universität Q, durchführen lassen. Die Leuchtstoffpartikel aus mehreren LED der angegriffenen Ausführungsformen wurden mechanisch isoliert und mittels Röntgenpulverdiffraktometrie analysiert (Untersuchungsergebnisse als Anlage TW B7, B9, B11, B16, B18, B20, B22, B24, B26 und B28). Bei den in den Anlagen enthaltenen weiteren Grafiken handelt es sich um die Untersuchung zweier Referenzproben mit zwei kommerziell erhältlichen YAG-Pulvern der Firma R und der Firma S. Die übereinstimmenden Ausschläge (Peaks) zwischen den bekannten YAG-Pulvern und den aus den angegriffenen Ausführungsformen isolierten Partikeln sind mit einem Sternchen markiert. Die Untersuchungen haben zu dem Ergebnis geführt, dass die Proben ein Granat-Fluoreszenzmaterial entsprechend einem mit Cer aktivierten YAG enthalten. Die charakteristischen Ausschläge sind für die Kristallstruktur eines mit Cer aktivierten YAG charakteristisch. Soweit weitere, nicht gekennzeichnete Peaks in der Grafik der angegriffenen Ausführungsformen vorhanden sind, können sie den weiteren Leuchtstoffen innerhalb der angegriffenen Ausführungsformen zugeordnet werden, die getrennt vom YAG-Leuchtstoff vorliegen. Dass ein gewisses „Grundrauschen“ (kleinere Ausschläge) in dem Röntgenpulverdiffraktogramm erkennbar ist, ist darauf zurückzuführen, dass die Leuchtstoffpartikel in ein Beschichtungsmaterial eingebettet vorlagen. Für das Untersuchungsergebnis ist dies jedoch unbeachtlich.
Damit hat die Klägerin die Verwirklichung des Merkmals 3.3 substantiiert dargetan. Auf der Grundlage ihrer eigenen Messungen, die sie nachvollziehbar erläutert und ausreichend belegt hat, ist feststellbar, dass alle angegriffenen Ausführungsformen als Leuchtstoff unter anderem ein Granatmaterial enthalten, das das Element Yttrium (Y) aus der ersten Elementengruppe sowie das Element Aluminium (Al), teilweise ersetzt durch Gallium (Ga), aus der zweiten Elementengruppe aufweist. Sie hat zudem Cer (Ce) nachgewiesen. Da der YAG-Leuchtstoff einen Aktivator benötigt und Cer (Ce) hierfür geeignet ist, ist mit dem Nachweis von Cer (Ce) auch dargetan, dass es sich dabei um den Aktivator handelt. Letzterem ist die Beklagte überdies nicht entgegengetreten, sondern hat nur den Nachweis von Cer (Ce) überhaupt in Frage gestellt. Zudem haben auch die Ergebnisse der Untersuchungen von Prof. Dr. O Ausschläge gezeigt, die für einen mit Cer aktivierten YAG-Leuchtstoff charakteristisch sind.
b)
Die von der Beklagten gegen die Messergebnisse der Klägerin vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Soweit die Beklagte zu in einem flacheren rechten Teil der Diagramme einzelner EDX-Untersuchungen der angegriffenen Ausführungsformen erkennbaren Peaks vorträgt, diese seien nicht signifikant und erschöpften sich in einem bloßen Rauschen, ist dieser Einwand nicht nachvollziehbar. Aus welchem Grund es sich bei den kleineren Ausschlägen nicht um spezifische Cer-Peaks handelt, legt die Beklagte nicht dar. Sie legt ferner nicht dar, aus welchem Grund die Tatsache, dass der im linken Teil der Diagramme einiger angegriffenen Ausführungsformen enthaltene größere Peak nach seiner Kennzeichnung sowohl Cer (Ce) als auch Gallium (Ga) abbildet, dem Nachweis von Cer entgegenstehen soll.
Soweit in den Diagrammen der anderen angegriffenen Ausführungsformen der Gallium-Peak nicht mit dem Cer-Peak zusammenfällt, setzt sich die Beklagte damit nicht auseinander. Auch setzt sich die Beklagte mit dem Ergebnis der Untersuchungen mittels Röntgenpulverdiffraktometrie, die von Herrn Prof. Dr. O durchgeführt wurden, nicht auseinander. Diese weisen aber ebenfalls den Aktivator Cer nach.
Unbeachtlich ist der Hinweis der Beklagten auf von dem Labor N durchgeführte Messungen, die das Vorhandensein von Cer nach dem Vortrag der Beklagten nicht bestätigen konnten. Die Beklagte teilt insoweit weder mit, welche Arten von Messungen durchgeführt wurden, noch legt sie die Messergebnisse vor. Sie teilt zudem mit, durch welchen anderen Aktivator – ein solcher ist nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Klägerin immer erforderlich – Cer ersetzt sein soll.
Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass die Klägerin die untersuchten Ausführungsformen in der Bundesrepublik Deutschland erworben habe und es sich bei den untersuchten Ausführungsformen überhaupt um Produkte der Beklagten handele, wird auf die Ausführungen zum Merkmal 2.2 verwiesen, die hier gleichermaßen gelten.
3.
Alle angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen auch das Merkmal 4. Sie emittieren Licht mit einer Lichttemperatur von 3000 Kelvin. Dies ergibt sich aus der Produktbeschreibung der angegriffenen Ausführungsformen, die das Licht zudem mit warm-weiß bewirbt. Dass die dort angegebene Lichttemperatur nicht mit dem tatsächlich abgestrahlten Licht übereinstimmt, hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Bei dem Licht mit einer Lichttemperatur von 3000 Kelvin handelt es sich nach obiger Auslegung um weißes Licht. Dass die wahrgenommene Lichtfarbe nach dem CIE-Normvalenzsystem Koordinaten bei allen angegriffenen Ausführungsformen im Bereich von x = 0,44; y = 0,40 aufweist und damit nicht im Weißpunkt (x = 0,33; y = 0,33) liegt, steht dem nach obiger Auslegung nicht entgegen. Vielmehr geht aus der Beschreibung des Klagepatents hervor, dass selbst Farbtemperaturen mit Koordinaten im Bereich von x = 0,45; y = 0,42 (Beispiel 5 der Anlage TW B2) noch als weiß anzusehen sind. Dies muss dann auch für die angegriffenen Ausführungsformen gelten.
IV.
Da die Klägerin die Lehre des Klagepatents durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein, stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche zu.
1.
Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG gegen die Beklagte zu.
2.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1, Abs. 2 PatG. Die Beklagte beging die Patentverletzung schuldhaft. Als Fachunternehmen hätte sie die Schutzrechtsverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist weiterhin nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist. Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, die Höhe des ihr zustehenden Schadensersatzes zu beziffern und ohne eine rechtskräftige Feststellung der Schadensersatzpflicht die Verjährung ihrer Ansprüche droht.
3.
Der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung besteht ebenfalls, Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BG. Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsformen ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstands unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus §§ 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.
4.
Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückruf der schutzrechtsverletzenden Erzeugnisse aus den Vertriebswegen gemäß Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 3 PatG, da die Beklagte die patentierte Erfindung entgegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 PatG benutzt. Für die Unverhältnismäßigkeit des Anspruchs bestehen keine Anhaltspunkte.
5.
Schließlich hat die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Vernichtung der streitgegenständlichen Erzeugnisse aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 1 S. 1 PatG. Auch insoweit bestehen keine Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit des Anspruchs.
V.
Eine Aussetzung der Verhandlung gemäß § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung in dem das Klagepatent betreffenden Einspruchsverfahren ist vorliegend nicht veranlasst.
Die Entscheidung über die Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits steht im Ermessen des Gerichts, wobei dieses summarisch die Erfolgsaussichten des Einspruchs bzw. der Nichtigkeitsklage überprüft. Aufgrund der Tatsache, dass die Auseinandersetzung für den Kläger wegen der langen Verfahrensdauer von Rechtsbestandsverfahren einen erheblichen Einschnitt in seine Rechte bedeutet und außerdem ein Missbrauch vermieden werden soll, kommt eine Aussetzung in der Regel nur dann in Betracht, wenn es hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass das Klagepatent aufgrund des Einspruchs widerrufen oder aufgrund der Nichtigkeitsklage vernichtet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 16.09.2014 – X ZR 61/13, GRUR 2014, 1237 – Kurznachrichten). Vor allem kommt eine Aussetzung zumeist dann nicht in Betracht, wenn der dem Klagepatent entgegengehaltene Stand der Technik demjenigen entspricht, der bereits im Erteilungsverfahren oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchsverfahren berücksichtigt worden ist (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Auflage 2016, Abschnitt E. Rn. 529).
1.
Zu Recht hat die Beklagte ihren Vortrag zu dem Widerrufsgrund, auf den sie den Aussetzungsantrag in der Klageerwiderung gestützt hat, nicht weiter verfolgt. Der BGH hat das Stammpatent uneingeschränkt aufrechterhalten. Er hat sich dabei im Einzelnen auch mit der Kombination der Entgegenhaltungen JP 05-152609 und EP 0 209 942 auseinandergesetzt und ausgeführt, dass die Lehre des Stammpatents durch die vorgenannte Kombination nicht nahegelegt sei. Mit den vom BGH ausgeurteilten Gründen ist auch im Streitfall die Erfindungshöhe der Lehre des Klagepatents zu bejahen.
2.
Die Lehre des Klagepatents ist aber auch neu hinsichtlich der EP 0 862 794 bzw. WO 98/127757 (nachfolgend: B (B) 8 bzw. 8a). Ob das Klagepatent die verschiedenen Prioritäten zu Recht in Anspruch nimmt und es sich daher bei der Entgegenhaltung B (B) 8 um (nachveröffentlichten) Stand der Technik im Sinne von Art. 54 Abs. 3 EPÜ handelt, kann dahinstehen. In der Entgegenhaltung wird jedenfalls nicht unmittelbar und eindeutig offenbart, dass die LED eine Ein- oder Mehrquantentopfstruktur aufweist. Dafür genügt es nicht, dass in der Entgegenhaltung ausgeführt wird, dass der Halbleiterkörper eine aktive Halbleiterschicht oder -schichtenfolge aufweist. Dabei muss es sich nicht zwingend um eine Ein- oder Mehrquantentopfstruktur handeln. Etwas anderes kann auch aus dem Vortrag der Klägerin zur Verletzungssubsumtion nicht hergeleitet werden. Denn die prozessualen Anforderungen an die Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags zur Patentverletzung unterscheiden sich maßgeblich von den materiellrechtlichen Anforderungen an den patentrechtlichen Offenbarungsbegriff.
VI.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO. Dabei war die Sicherheitsleistung in Höhe des Streitwerts festzusetzen.
Die Vollstreckungsschäden – und damit die Sicherheitsleistung – entsprechen in aller Regel dem festgesetzten Streitwert. Denn die Bestimmung des Streitwerts richtet sich nach dem Interesse der klagenden Partei an der begehrten gerichtlichen Entscheidung, für dessen Berechnung bei einem – auch im hier im Vordergrund stehenden – Unterlassungsanspruch nicht nur der Wert und die Bedeutung der verletzten Rechtsposition des Klägers, sondern ebenso der Umfang der angegriffenen Handlungen maßgeblich sind (OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2007, 256 – Sicherheitsleistung/Kaffeepads). Jedenfalls ist die Vollstreckungssicherheit typischerweise nicht höher als der Streitwert einzuschätzen. Denn während es für die Höhe der vom Landgericht anzuordnenden Vollstreckungssicherheit nur auf den mutmaßlichen Vollstreckungsschaden des Schuldners im kurzen Zeitraum bis zur Berufungsverhandlung und der sich daran anschließenden Verkündung der Berufungsentscheidung ankommt, weil mit ihr eine eigene, neue Vollstreckungsgrundlage geschaffen wird, und darüber hinaus nicht vollstreckbare Teile des Urteilsausspruchs (wie der Feststellungstenor) außer Betracht zu bleiben haben, fallen für die Streitwertbemessung sämtliche Klageansprüche und der gesamte Zeitraum bis zum regulären Ende der Patentlaufzeit ins Gewicht (OLG Düsseldorf, GRUR RR 2012, 304 – Höhe des Vollstreckungsschadens). Ist dagegen – ausnahmsweise – zu erwarten, dass eine in Höhe des Streitwerts festgesetzte Sicherheit den drohenden Vollstreckungsschaden nicht vollständig abdecken wird, ist es Sache des Beklagten, dem Gericht die dafür bestehenden konkreten Anhaltspunkte darzulegen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 9, 47). Hierfür bedarf es weder einer ins Einzelne gehenden Rechnungslegung noch der Ausbreitung von Geschäftsinterna. Ausreichend, aber auch erforderlich ist vielmehr eine generalisierende Darstellung, die die behaupteten Umsatz- und Gewinnzahlen nachvollziehbar und plausibel macht. Hierzu wird es vielfach genügen, auf Dritte ohnehin zugängliche Unterlagen wie Geschäftsberichte oder dergleichen zurückzugreifen oder eine nach Maßgabe der obigen Ausführungen spezifizierte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers oder eines sonst zuständigen Mitarbeiters vorzulegen (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 9, 47).
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend ein den Streitwert übersteigender Vollstreckungsschaden zu befürchten ist, hat die Beklagte nicht dargelegt. Die Beklagte beschränkt sich auf eine Bezifferung zu erwartender Umsatz- und Gewinneinbußen. Jedoch erläutert sie weder nachvollziehbar, wie diese Zahlen ermittelt worden sind, noch macht sie diese durch geeignete Mittel glaubhaft. Offen bleibt bereits, wie die Beklagte ermittelt hat, dass von einem etwaigen Unterlassungstenor 50 % der von ihr vertriebenen Produkte betroffen sein könnten. Diese von ihr als konservative Schätzung bezeichnete Zahl konnte auch auf Nachfrage in der Sitzung nicht weiter begründet werden. Zwar erklärte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten, es seien Stichproben vorgenommen worden, jedoch bezogen sich diese auch nach seinen Ausführungen nur auf die angegriffenen Ausführungsformen. Untersucht worden sind also 10 von 1.300 Produkten, was ohne nähere Erläuterung keine belastbare Aussage darüber zulässt, ob tatsächlich 50 % aller Produkte der Beklagten von einem Unterlassungstenor erfasst würden. Näheres ergibt sich auch nicht aus der im Termin zur Akte gereichten eidesstattlichen Versicherung des in leitender Funktion als Controller tätigen Mitarbeiters der Beklagten Herrn T vom 30.11.2016. Darin ist ebenfalls lediglich die Rede davon, die Zahl von 50 % sei der Einfachheit halber unterstellt worden. An der Notwendigkeit einer näheren Darlegung ändert auch nichts, dass es für die Beklagte, die ihre Produkte nicht selbst herstellt, sondern aus Lieferketten bezieht, schwierig sein mag, die konkrete Beschaffenheit aller Produkte zu ermitteln. Jedenfalls eine stichprobenartige Untersuchung der von ihr im Programm gehaltenen Produkte – nicht nur der angegriffenen Ausführungsformen – wäre ihr möglich und zumutbar gewesen, wenn sie geltend machen will, der Unterlassungstenor reiche weit über die angegriffenen Ausführungsformen hinaus.
Die Kammer hält es zwar nicht für ausgeschlossen, dass jedenfalls mehr Produkte der Beklagten von der Lehre des Klagepatents Gebrauch machen als von der Lehre des dem Verfahren 4b O 82/15 zugrundeliegenden Patents. Denn die Anzahl angegriffener Produkte ist im Streitfall höher als in dem Parallelverfahren, was nach dem Vortrag der Klägerin seine Ursache in der Verteilung der Konzentration des Granatleuchtstoffs hat, die sich nicht in allen Ausführungsformen im Parallelverfahren habe nachweisen lassen. Gleichwohl lässt dies nicht zwingend den Schluss zu, dass im Streitfall 50 % der Produkte der Beklagten patentgemäß sind. Im Übrigen spiegelt sich der Unterschied in der Anzahl angegriffener Ausführungsformen bereits in der Höhe des Streitwerts und damit auch in der Sicherheitsleistung wieder.
Ungeachtet dessen sind auch die weiteren von der Beklagten vorgetragenen Zahlen nicht näher begründet. So setzt die Beklagte eine „Umsatzmarge von 38 %“ voraus, ohne mitzuteilen, was sie darunter versteht. Zwar hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage erklärt, es handele sich dabei um den Rohertrag, von dem noch „Verwaltungskosten, Steuern und dergleichen“ abzuziehen seien. Hieraus vermag die Kammer gleichwohl mangels weiterer Angaben keine Gewinneinbuße abzuleiten. Auch hätte sich die Beklagte insoweit nicht auf eine bloße Behauptung beschränken dürfen, sondern hätte zumindest anhand eigener Unterlagen oder ähnlichem hierzu näher ausführen müssen. Dagegen, dass es sich um eine konkret ermittelte Zahl handelt, spricht zudem, dass in der eidesstattlichen Versicherung des Herrn T von einer „durchschnittlich unterstellten“ Umsatzmarge die Rede ist. Schließlich wird nicht dargelegt, auf welcher Grundlage Herr T zu erwartende Konventionalstrafen von € 450.000,00 oder die zu erwartenden Umsatzeinbußen durch den Verlust von Kunden ermittelt hat.
Der Streitwert wird auf 2.000.000,00 EUR festgesetzt.