4b O 47/15 – Reinigungssystem

Düsseldorfer Entscheidungsnummer: 2540

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 11. August 2016, Az. 4b O 47/15

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Reinigungssysteme

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

welche eine Vorrichtung zum Trocknen von Wischbezügen eines Wischgerätes mit einer Schleudervorrichtung umfassen, wobei die Schleudervorrichtung von einem Behälter für Reinigungsflüssigkeit getragen ist, und wobei die Schleudervorrichtung eine in dem Behälter drehbar gelagerte Aufnahme aufweist, in die ein Wischgerät einführbar ist, und welche ein Wischgerät mit einem drehbar gelagerten, über eine am Wischgerät vorgesehene Antriebsvorrichtung antreibbaren Wischkopf umfassen, wobei beim bestimmungsgemäßen Trockenschleudern die Antriebsenergie zum Ausschleudern über das Wischgerät auf die an der Vorrichtung zum Trocknen vorgesehene Schleudervorrichtung übertragen ist und die Vorrichtung hierzu geeignet ist;

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.12.2012 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei

zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 27.03.2008 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

die Angaben zu d) nur für die Zeit seit dem 12.01.2013 zu machen sind;

4. die im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder im Eigentum der Beklagten befindlichen, unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder – nach Wahl der Beklagten – an einen von der Klägerin zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben;

5. die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 12.01.2013 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

6. einen Betrag in Höhe von € 2.938,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 03.06.2015 an die Klägerin zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. der Klägerin für die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 27.03.2008 bis zum 11.01.2013 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 12.01.2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Die Widerklage wird abgewiesen.

IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 250.000,00 vorläufig vollstreckbar, wobei für die teilweise Vollstreckung des Urteils folgende Teilsicherheiten festgesetzt werden:

Ziffer I. 1., I. 3. und I. 4. des Tenors: € 200.000,00,

Ziffer I. 2. des Tenors: € 50.000,00

und für die Vollstreckung von Ziffer I. 6. des Tenors und wegen der Kosten 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 890 XXX B1 (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Zudem begehrt sie die Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht der Beklagten.

Die Klägerin ist Inhaberin des Klagepatents, das am 24.04.2006 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 27.02.2008 offengelegt. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 12.12.2012 veröffentlicht. Das Klagepatent steht in Kraft.

Die Beklagte legte mit am 24.09.2015 eingegangenem Schriftsatz eine das Klagepatent betreffende Nichtigkeitsklage (Anlage LR 1) vor dem Bundespatentgericht ein, über die noch nicht entschieden worden ist. Unter dem 12.05.2016 hat das Bundespatentgericht in einem gerichtlichen Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG seine vorläufige Rechtsauffassung mitgeteilt.

Das Klagepatent betrifft – unter anderem – ein Reinigungssystem bestehend aus einer Vorrichtung zum Trockenschleudern eines Wischkopfes einerseits und einem Wischgerät andererseits. Die Klägerin macht vorliegend eine Kombination der Patentansprüche 5 und 1 geltend.

Der Klagepatentanspruch 1 lautet wie folgt:

„Vorrichtung zum Trocknen (1) von Wischtüchern und/oder Wischbezügen und/oder Wischmopps und/oder Wischköpfen (29) eines Wischgerätes (31) mit einer Schleudervorrichtung (3), wobei die Schleudervorrichtung (3) von einem Behälter (15) für Reinigungsflüssigkeit (17) getragen ist oder zumindest teilweise innerhalb eines Gehäuses (9) angeordnet ist, das auf und/oder in einem Behälter (15) für Reinigungsflüssigkeit (17) angeordnet werden kann, und wobei die Schleudervorrichtung eine in dem Gehäuse (9) oder dem Behälter (15) drehbar gelagerte Aufnahme (5) aufweist, in die ein Wischtuch und/oder ein Wischbezug und/oder ein Wischmopp und/oder ein Wischgerät (31) und/oder eine Wischplatte einführbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorrichtung zum Trocknen derart eingerichtet ist, dass bei bestimmungsgemäßen Trockenschleudern die Antriebskraft und/oder Antriebsenergie zum Ausschleudern über ein Wischgerät (31) und/oder ein Bauteil eines Wischgerätes auf die Schleudervorrichtung (3) übertragen wird.“

Der Klagepatentanspruch 5 lautet wie folgt:

„Reinigungssystem, umfassend eine Vorrichtung (1) zum Trocknen nach einem der vorhergehenden Ansprüche sowie ein Wischgerät (31) mit einem drehbar gelagerten, über eine am Wischgerät (31) vorgesehene Antriebsvorrichtung (39) antreibbaren Wischkopf, wobei beim Trockenschleudern die Antriebskraft und/oder Antriebsenergie zum Ausschleudern über das Wischgerät und/oder ein Bauteil des Wischgeräts auf die an der Vorrichtung zum Trocknen (1) vorgesehene Schleudervorrichtung übertragen ist.“

Die nachfolgenden Abbildungen zeigen in Fig. 1 eine erfindungsgemäße Vorrichtung zum Trocknen mit einem Wischgerät. In Fig. 9 wird eine erfindungsgemäße Vorrichtung zum Trocknen eines Wischkopfes dargestellt.
Die Beklagte bietet an und vertreibt in Deutschland Reinigungssysteme unter der Bezeichnung „A“ (Anlage K 7, angegriffene Ausführungsform). Die nachfolgende Abbildung zeigt eine überblicksartige Abbildung der Funktionsweise, die sich auf einer der beiden Kopfseiten der Produktverpackung befindet:
Mit Schreiben vom 13.03.2016 (vgl. Anlagenkonvolut K 9) mahnten die Patentanwälte B die Beklagte im Auftrag der Klägerin ab und forderten sie zur Abgabe einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Hierfür entstanden Kosten in Höhe von € 2.928,90.

Die Klägerin ist der Auffassung, das Klagepatent werde durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform wortsinngemäß verletzt. Das Klagepatent werde sich auch im Nichtigkeitsverfahren als rechtsbeständig erweisen.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Reinigungssysteme

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

welche eine Vorrichtung zum Trocknen von Wischbezügen eines Wischgerätes mit einer Schleudervorrichtung umfassen, wobei die Schleudervorrichtung von einem Behälter für Reinigungsflüssigkeit getragen ist, und wobei die Schleudervorrichtung eine in dem Behälter drehbar gelagerte Aufnahme aufweist, in die ein Wischgerät einführbar ist, und welche ein Wischgerät mit einem drehbar gelagerten, über eine am Wischgerät vorgesehene Antriebsvorrichtung antreibbaren Wischkopf umfassen, wobei beim bestimmungsgemäßen Trockenschleudern die Antriebsenergie zum Ausschleudern über das Wischgerät auf die an der Vorrichtung zum Trocknen vorgesehene Schleudervorrichtung übertragen ist und die Vorrichtung hierzu geeignet ist;

(Ansprüche 1 und 5 in Kombination)

insbesondere wenn

das Wischgerät mechanisch zum Übertragen der Antriebskräfte mit der Vorrichtung zum Trocknen verkoppelbar ist;

(Anspruch 2)

und/oder

die Aufnahme zumindest teilweise als Sieb ausgebildet ist;

(Anspruch 3)

und/oder

zumindest eine Bremsvorrichtung zum Abbremsen drehbar gelagerter Elemente vorgesehen ist;

(Anspruch 4)

und/oder

die Antriebsvorrichtung einen Antrieb auf der Basis des Brummkreiselprinzips aufweist;

(Anspruch 13)

und/oder

die Antriebsvorrichtung einen Freilauf aufweist;

(Anspruch 16)

2. ihr darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.12.2012 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,

c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,

wobei

zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;

3. ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 27.03.2008 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei

die Angaben zu d) nur für die Zeit seit dem 12.01.2013 zu machen sind;

4. die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder – nach Wahl der Beklagten – an einen von ihr, der Klägerin, zu benennenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben;

5. die unter Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 12.01.2013 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;

6. einen Betrag in Höhe von € 2.938,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Klagezustellung (03.06.2015) an sie zu zahlen;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. ihr für die vorstehend zu Ziffer I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 27.03.2008 bis zum 11.01.2013 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2. ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I. 1. bezeichneten, seit dem 12.01.2013 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

den Rechtsstreit bis zur endgültigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage (BPatG 4 Ni 40/15 EP) gegen das Klagepatent auszusetzen.

Dem Aussetzungsantrag tritt die Klägerin entgegen.

Widerklagend beantragt die Beklagte,

die Klägerin zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von € 2.948,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Widerklagezustellung (28.07.2016) zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen,

Die Beklagte meint, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche das Merkmal 5.2 der patentgemäßen Lehre nicht, da sie nicht über einen „drehbar gelagerten Wischkopf“ verfüge. Der Wischkopf der angegriffenen Ausführungsform sei nur mit einem einzigen Bauteil des Wischgeräts, nämlich mit dem Stiel des Wischgeräts verbunden. Damit sei der Wischkopf gegenüber dem Stiel des Wischgeräts nicht drehbar gelagert.

Jedenfalls sei das Verfahren auszusetzen. Das Klagepatent sei nicht schutzfähig, weil die patentgemäße Lehre aufgrund der in der Nichtigkeitsklage bezeichneten Entgegenhaltungen neuheitsschädlich vorweggenommen werde. Zudem fehle es an einer erfinderischen Tätigkeit. Es gehöre bereits seit sehr langer Zeit zum allgemeinen Fachwissen jedes auf dem Gebiet der angetriebenen einfachen Reinigungsgeräte wie insbesondere Wischmopps tätigen Fachmanns, Drillstangenantriebe in den Stiel eines Wischmopps zu integrieren. Vor diesem Hintergrund werde sich das Klagepatent im Nichtigkeitsverfahren nicht als rechtsbeständig erweisen.

Im Wege der Widerklage macht die Beklagte den Ersatz der für die Abwehr der vorgerichtlichen Abmahnung der Klägerin aufgewandten Anwaltskosten geltend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Widerklage der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

A.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung, Rückruf sowie Schadensersatz und Entschädigung dem Grunde nach aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB, Art. II § 1 IntPatÜG. Sie hat außerdem einen Anspruch auf Zahlung von außergerichtlich entstandenen Abmahnkosten aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB.

I.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Trocknen des Wischkopfs eines Wischgerätes o. ä. (Anspruch 1) sowie ein Reinigungssystem, bestehend aus der Vorrichtung nach Anspruch 1 sowie einem entsprechenden Wischgerät (Anspruch 5).

Als bekannten Stand der Technik bezeichnet das Klagepatent die Schriften DE 102 23 074 C1, JP 2000350691 A, DE 103 11 812 B3, DE 103 11 799 B3, WO 9214394 A, DE 162 88 58, GB 235,684, US 2,777,144, DE 583 311, US 1,818,948, US 3,197,794 und US 4642 832. Bei einem Teil dieser Schriften weisen die Vorrichtungen – so das Klagepatent – eine in dem Reinigungsbehälter – nicht aber im oder am Wischgerät – angeordnete Antriebseinrichtung auf, die entweder elektrisch oder manuell zu betreiben ist. Der Benutzer müsse daher zur Bedienung das Wischgerät festhalten und gleichzeitig die Vorrichtungen zum Trocknen einschalten bzw. mit Hilfe einer Handkurbel oder eines Fußpedals antreiben, was umständlich und zeitraubend sei und außerdem sehr viel Geschick erfordere. Zudem sei die konstruktive Ausgestaltung und Herstellung dieser Vorrichtungen zum Ausschleudern durch die Notwendigkeit der vorzusehenden Antriebsvorrichtung aufwendig. Bei einem anderen Teil der benannten Schriften werde zwar der Wischkopf des Wischgeräts über eine am Wischgerät selbst angeordnete Antriebseinrichtung in Bewegung gebracht (z. B. GB 235,684 und US 3,197,794). Die Druckschrift US 3,197,794 offenbare auch bereits, dass der Wischkopf des Wischgeräts in einen Behälter eingeführt werde, mittels dem beim Trocknungsvorgang weggeschleuderte Schmutzpartikel aufgefangen würden. Nirgendwo im Stand der Technik finde sich allerdings eine Beschreibung eines Reinigungssystems, bei dem die Antriebsenergie zum Ausschleudern über das Wischgerät auf die an der Vorrichtung zum Trocknen vorgesehene Schleudervorrichtung übertragen wird.

Vor diesem Hintergrund macht es sich das Klagepatent zur Aufgabe, eine Vorrichtung zum Trocknen von Wischgeräten anzugeben, die bei einfacher Handhabung ein gutes Trocknungsergebnis erzielt und eine einfache Dosierung des Trocknungsgrades erlaubt.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent ein Reinigungssystem mit den Merkmalen der Patentansprüche 5 und 1 vor, die nachstehend in gegliederter Form wiedergegeben sind:

Reinigungssystem, umfassend

1. eine Vorrichtung zum Trocknen (1) von Wischbezügen eines Wischgerätes (31)

1.1 mit einer Schleudervorrichtung (3), wobei

1.2.(A) die Schleudervorrichtung (3) von einem Behälter (15) für Reinigungsflüssigkeit (17) getragen ist und eine in dem Behälter drehbar gelagerte Aufnahme aufweist, oder

1.2.(B) die Schleudervorrichtung (3) zumindest teilweise innerhalb eines Gehäuses (9) angeordnet ist, wobei das Gehäuse (9) auf und/oder in einem Behälter (15) für Reinigungsflüssigkeit (17) angeordnet werden kann, und wobei die Schleudervorrichtung (3) eine in dem Gehäuse (9) drehbar gelagerte Aufnahme aufweist,

1.3. und wobei in die Aufnahme (5) ein Wischgerät einführbar ist,
2. und ein Wischgerät (31)

2.1 mit einem drehbar gelagerten Wischkopf,

2.2 der über eine am Wischgerät (31) vorgesehene Antriebsvorrichtung (39) antreibbar ist, wobei

3. die Vorrichtung zum Trocknen derart eingerichtet ist, dass bei bestimmungsgemäßen Trockenschleudern die Antriebskraft und/oder Antriebsenergie zum Ausschleudern über das Wischgerät (31) und/oder ein Bauteil des Wischgerätes auf die Schleudervorrichtung (3) übertragen wird.
Als besonderer Vorteil der Erfindung wird hervorgehoben, dass der Benutzer sowohl zum Wischen als auch zum Ausspülen und Trocknen des Wischgeräts außer dem Wischgerät selbst keine anderen Bauteile anfassen muss.

II.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs 2.1 der geltend gemachten Anspruchskombination. Die Verwirklichung der weiteren Merkmale ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig.

Das Wischgerät der angegriffenen Ausführungsform verfügt über einen „drehbar gelagerten“, über eine am Wischgerät vorgesehene Antriebsvorrichtung antreibbaren Wischkopf. Der Wischkopf der angegriffenen Ausführungsform wird durch eine Auf und Ab-Bewegung des Anfasselements am Stiel in Drehung versetzt, wobei allerdings nicht nur der Wischkopf selbst, sondern auch der unterhalb des Anfasselements – das auch das Drehlager beinhaltet – befindliche Teil des Stiels in Drehung gerät.

Der Begriff des „drehbar gelagerten Wischkopfs“ ist nicht dahingehend zu verstehen, dass nur der Wischkopf im Verhältnis zum Stiel drehbar ist. Das Klagepatent unterscheidet zwar in seiner Beschreibung zwischen Ausführungsformen, bei denen der Wischkopf relativ zum Stiel gedreht werden kann und solchen, bei denen der Stiel mit dem Wischkopf drehbar ist. Entweder weist der Wischkopf selbst das Drehlager auf oder dieses ist im Stiel positioniert (Abs. [0034], [0035], [0045], [0046], [0054] sowie Fig. 2 und 3 bzw. Fig. 4 und 5 mit zugehöriger Beschreibung). Diese Unterscheidung hat jedoch im Klagepatentanspruch keinen Niederschlag gefunden. Insbesondere findet sich dort nicht das Erfordernis, dass der Wischkopf selbst das Drehlager enthalten muss. Dies ergibt sich erst aus dem Unteranspruch 6 und dort auch nur als bevorzugte Ausführungsform. Dass der Wischkopf drehbar gelagert ist, schließt daher nicht aus, dass dies nur mittelbar erfolgt und der Stiel das Drehlager aufweist, so dass der Wischkopf mit dem Stiel drehbar gelagert ist.

Entgegen der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung ergibt sich auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 10.05.2011 (X ZR 16/09, Okklusionsvorrichtung) nichts anderes. Danach sind bei Widersprüchen zwischen den Patentansprüchen und der Beschreibung solche Bestandteile der Beschreibung, die in den Patentansprüchen keinen Niederschlag gefunden haben, grundsätzlich nicht in den Patentschutz einbezogen. Ein solcher Widerspruch liegt jedoch nicht vor. Die Beklagte leitet einen solchen Widerspruch daraus ab, dass in Beschreibung und Ausführungsbeispielen beide Formen der Positionierung des Drehlagers enthalten seien – im Wischkopf oder im Stiel des Wischgeräts –, während im Patentanspruch nur diejenige Variante Niederschlag gefunden habe, dass sich das Drehlager im Wischkopf selbst befindet. Wie bereits ausgeführt, ist das jedoch nicht der Fall. Die Formulierung „drehbar gelagerter Wischkopf“ beinhaltet vielmehr selbst sowohl die unmittelbare Drehung als auch die mittelbare Drehung mit dem Teil des Stiels, oberhalb dessen sich das Drehlager befindet.

III.
Aufgrund der Patentverletzung stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche zu.

1.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung nach Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG (Antrag zu I. 1.).

2.
Es ist auf ihren Antrag hin auch die Schadensersatz- und Entschädigungspflichtpflicht der Beklagten festzustellen (Anträge zu II. 1. und 2.).

Das für die Zulässigkeit des Feststellungsantrags gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den konkreten Schaden zu beziffern und ohne die rechtskräftige Feststellung die Verjährung von Schadensersatzansprüchen droht.

Die Klägerin hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus Art. 64 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1, Abs. 2 PatG. Die Beklagte hat die Patentverletzung schuldhaft begangen. Als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Es ist zudem nicht unwahrscheinlich, dass der Klägerin durch die Patentverletzung ein Schaden entstanden ist.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte für den Zeitraum zwischen dem Ablauf eines angemessenen Prüfungszeitraums nach Offenlegung der Patentanmeldung und der Patenterteilung auch einen Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung dem Grunde nach aus Art. II § 1 IntPatÜG. Die Beklagte hat den Erfindungsgegenstand genutzt, obwohl sie wusste oder jedenfalls wissen musste, dass die benutzte Erfindung Gegenstand der Anmeldung des Klagepatents war.

3.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch ein Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 EPÜ i. V. m. §§ 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB zu (Anträge zu I. 2. und 3.). Der Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aufgrund der unberechtigten Benutzung des Erfindungsgegenstandes unmittelbar aus § 140b Abs. 1 PatG, der Umfang der Auskunftspflicht aus § 140b Abs. 3 PatG. Die weitergehende Auskunftspflicht und die Verpflichtung zur Rechnungslegung folgen aus §§ 242, 259 BGB, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern. Die Klägerin ist auf die tenorierten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

4.
Weiter hat die Klägerin einen Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Ausführungsform aus den Vertriebswegen nach Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 3 PatG (Antrag zu I. 5.), da die Beklagte die klagepatentgemäße Erfindung im Sinne von § 9 Abs. 2 Nr. 1 PatG benutzt, ohne dazu berechtigt zu sein. Dass der Rückruf unverhältnismäßig wäre, macht die Beklagte nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich.

5.
Der Klägerin steht auch ein Vernichtungsanspruch nach Art. 64 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 1 S. 1 PatG zu (Antrag zu I. 4.) zu. Auch insoweit ist weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich, dass die Vernichtung der patenverletzenden Erzeugnisse unverhältnismäßig wäre.

6.
Schließlich hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung der ihr entstandenen Abmahnkosten in Höhe von € 2.928,90 aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB (Antrag zu I. 6.). Der entsprechende Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Einschaltung der vorgerichtlich tätig gewordenen Patentanwälte war nach den Umständen des Falles erforderlich. Ihrer Höhe nach sind die abgerechneten Kosten ebenfalls nicht zu beanstanden, da sie ein stattdessen beauftragter Rechtsanwalt ohne weiteres hätte ebenso abrechnen können (1,3 Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von € 250.000,00 zuzüglich Auslagepauschale).

IV.
Eine Aussetzung der Verhandlung gemäß § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung in dem das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahren ist vorliegend nicht veranlasst.

Die Entscheidung über die Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits steht im Ermessen des Gerichts, wobei dieses summarisch die Erfolgsaussichten der Nichtigkeitsklage überprüft. Aufgrund der Tatsache, dass die Auseinandersetzung für den Kläger wegen der langen Verfahrensdauer von Nichtigkeitsklagen einen erheblichen Einschnitt in seine Rechte bedeutet und außerdem ein Missbrauch vermieden werden soll, kommt eine Aussetzung in der Regel nur dann in Betracht, wenn es hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass das Klagepatent aufgrund der Nichtigkeitsklage vernichtet wird (vgl. BGH, Beschluss vom 16.09.2014 – X ZR 61/13, Kurznachrichten). Vor allem kommt eine Aussetzung zumeist dann nicht in Betracht, wenn der dem Klagepatent entgegengehaltene Stand der Technik demjenigen entspricht, der bereits im Erteilungsverfahren oder in einem erfolglos durchgeführten Einspruchsverfahren berücksichtigt worden ist (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 8. Auflage 2016, E. Rn. 529).

Das Bundespatentgericht hat sich in seinem Zwischenbescheid vom 12.05.2016 bereits mit sämtlichen Aspekten der Nichtigkeitsklage, soweit sie für die Entscheidung der Kammer über die Aussetzung von Bedeutung sind, auseinander gesetzt. Die Kammer teilt die Auffassung des Bundespatentgerichts im Hinblick auf die Neuheit und Erfindungshöhe der patentgemäßen Lehre.

1.
Das Klagepatent ist auch nach Auffassung der Kammer gegenüber dem Stand der Technik neu.

a)
Die Druckschrift CN 258 25 32 Y (Anlage S14, in englischer Übersetzung vorgelegt als Anlage S14Ü, als deutsche Übersetzung der englischen Übersetzung vorgelegt als Anlage S14DE; fortan: S14) nimmt die erfindungsgemäße Lehre nicht neuheitsschädlich vorweg. Die darin offenbarte Lehre verwirklicht keines der alternativen Merkmale 1.2.(A) oder 1.2.(B) Es fehlt an einer in dem Behälter (1.2.(A)) bzw. dem Gehäuse (1.2.(B)) drehbar gelagerten Aufnahme. Um den Wischmopp auszuwaschen und zu trocknen wird vielmehr der Aufnahmezylinder vom oberen Ende her über den Wischstiel geschoben, um den Wischlappen aufzunehmen. Der Wischmopp wird sodann in dem Träger aufgehängt, das Seil wird herumgewunden, sodann gezogen und der Wischmopp rotiert mit hoher Geschwindigkeit, um getrocknet zu werden.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 19.07.2016. Weder zeigt die Bezugsziffer 7 ein Gehäuse noch zeigt die Bezugsziffer 1 eine darin drehbar gelagerte Aufnahme. Die Bezugsziffer 7 zeigt in der von der Beklagten zitierten Figur 4 den Träger, der ein im oberen Ende des Wischeimers angeordnetes Rohr aus Kunststoff oder Edelstahl ist. Die Bezugsziffer 1 zeigt den Aufnahmezylinder, dessen Funktion es – wie bereits ausgeführt – ist, während des Trocknungsvorgangs über den Wischstiel gestülpt zu werden.

b)
Auch die Druckschrift US 4,642,832 (Anlage S4, fortan: S4) lässt nicht den Schluss zu, das Klagepatent werde aufgrund fehlender Neuheit mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit im Nichtigkeitsverfahren vernichtet. Die S4, die offenbart zu dem im Erteilungsverfahren berücksichtigten Stand der Technik gehört, weder das Merkmal 1.2.(A) noch das alternative Merkmal 1.2.(B). Der in der S4 offenbarte gelochte Korb, der die Funktion einer Aufnahme erfüllt, wird weder von einem Behälter für Reinigungsflüssigkeit getragen (Merkmal 1.2.(A)) noch ist das Gehäuse auf und/oder in einem Behälter für Reinigungsflüssigkeit angeordnet (Merkmal 1.2.(B)). Auch das Merkmal 3., wonach bei bestimmungsgemäßen Trockenschleudern die Antriebsenergie zum Ausschleudern über das Wischgerät auf die Schleudervorrichtung übertragen wird, liegt nicht vor. Vielmehr wird bei der in der S4 offenbarten Lehre der gelochte Korb über den Antrieb in Drehung versetzt und nimmt das drehbar gelagerte Wischtuch mit, womit die Energieübertragung in umgekehrter Richtung zur klagepatentgemäßen Lehre stattfindet.

c)
Entsprechendes gilt auch für die Druckschrift AT 23 792 B (Anlage S23, fortan: S23). Diese offenbart keinen Behälter im Sinne des Merkmals 1.2.(A) und 1.2.(B) des Klagepatents. Nach der Lehre des Klagepatents ist unter dem dort genannten Behälter ein Gefäß mit Boden zu verstehen, in dem die Reinigungsflüssigkeit gesammelt oder zurückgehalten wird. Dies hat das Bundespatentgericht in seinem Zwischenbescheid ausgeführt (Seite 4) und es entspricht auch der Auffassung der Kammer. Dass das Klagepatent selbst von diesem Verständnis ausgeht, lässt sich der Beschreibung des Klagepatents entnehmen. Anders ließe sich die Funktion des Behälters, die Reinigungsflüssigkeit zu sammeln bzw. zurückzuhalten, nicht erfüllen. Dagegen ist die untere Kammer des Gehäuses in der in der S23 offenbarten Trocknungsvorrichtung nach unten offen und stellt damit keinen Behälter dar.

Die Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 19.07.2016 vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Auch danach verfügt der Boden der Kammer der in der S23 offenbarten Trocknungsvorrichtung über eine Öffnung und stellt damit keinen Behälter im Sinne der Merkmale 1.2.(A) und 1.2.(B) des Klagepatents dar.

d)
Schließlich nimmt auch die Druckschrift DE 102 23 074 C1 (Anlage S9, fortan: S9), die zudem zu dem im Erteilungsverfahren geprüften Stand der Technik gehört, die patentgemäße Lehre nicht neuheitsschädlich vorweg. Im Unterschied zu dem Klagepatent wird die Antriebskraft und/oder Antriebsenergie nicht über das Wischgerät und/oder ein Bauteil des Wischgeräts auf die Schleudervorrichtung übertragen (Merkmal 3.). Bei der in der S9 offenbarten Trocknungsvorrichtung wird die Schleudervorrichtung über eine in dem Behälter für Reinigungsflüssigkeit angeordnete Antriebsvorrichtung angetrieben.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den weiteren Ausführungen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 19.07.2016. Die S9, die zu den in der Klagepatentschrift als Stand der Technik benannten Druckschriften gehört, sieht bei „bestimmungsgemäßen Trockenschleudern“ (Merkmal 3.) gerade nicht vor, Antriebsenergie von dem Wischgerät auf die Schleudervorrichtung zu übertragen. Die von der Beklagten herangezogene Rutschkupplung [0021] dient ausweislich der S9 dazu, die Gefahr einer Verletzung bei unsachgemäßer Handhabung der Ausschleudervorrichtung zu vermindern. Sie bewirkt, dass die Wischkörperhalterung bei aktiver Antriebseinrichtung festgehalten werden kann, ohne dass eine Verletzungsgefahr besteht.

2.
Das Klagepatent ist erfinderisch. Das Bundespatentgericht hat im Einzelnen Gründe dafür aufgezeigt, dass das Klagepatent im Stand der Technik nicht nahegelegt war. Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Dies gilt insbesondere für die von der Beklagten betonte Kombination solcher Druckschriften, die Wischgeräte mit angetriebenem Wischkopf betreffen mit solchen, in denen Wischeimer oder dergleichen mit einer drehbaren Aufnahme offenbart werden. Die Kammer vermag nicht zu erkennen, welchen Anlass der Fachmann gehabt haben sollte, ausgehend von einem Wischgerät mit Drillstangenantrieb gerade eine der bekannten aktiv betriebenen Schleudervorrichtungen mit einer drehbar gelagerten Aufnahme und Freilauf in Betracht zu ziehen. Ebenso wenig ist eine Veranlassung zu erkennen, eine der aktiv betriebenen Aufnahmen, bei denen die Drehbewegung durch den Antrieb gerade gewährleistet wird, mit einem Wischgerät mit Drillstangenantrieb zu kombinieren. Im Übrigen liegen mit Ausnahme der S5 die von der Beklagten für die – von der Klägerin bestrittene – Tatsache, dass Wischgeräte mit Drillstangenantrieb dem Stand der Technik entsprechen, herangezogenen Druckschriften (S6, S7 und S8) entgegen dem Hinweis der Kammer in der Verfügung des Vorsitzenden vom 28.05.2015 nicht in deutscher Übersetzung vor.

3.
Die weiteren im Nichtigkeitsverfahren diskutierten Druckschriften sowie bestimmten Kombinationen von Druckschriften vermögen ebenfalls keine Aussetzung zu rechtfertigen. Die Parteien haben sie daher im hiesigen Verfahren zu Recht nicht weiter diskutiert. Die als Anlagen S10, S16, S17, S18, S19 überreichten Druckschriften finden zudem auch deshalb keine Berücksichtigung, weil sie nicht in deutscher Übersetzung vorliegen.

B.
Die Widerklage der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Da eine Patentverletzung durch die Beklagte vorliegt, hat die Klägerin die Beklagte zu Recht abgemahnt.

C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO. Auf Antrag der Klägerin waren Teilsicherheiten für die einzelnen titulierten Ansprüche festzusetzen, §§ 709, 108 ZPO.

D.
Der Streitwert wird auf € 250.000,00 festgesetzt.

Entgegen der Angabe in der Klageschrift waren die vorgerichtlich angefallenen Abmahnkosten bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen. Vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs wirken nicht werterhöhend, unabhängig davon, ob sie als der Hauptforderung hinzugerechnet werden oder Gegenstand eines eigenen Antrags sind (BGH, Beschluss vom 08.05.2012 – XI ZR 364/11; Beschluss vom 30.01.2007 – X ZB 7/06).

Nach § 45 Abs. 1 S. 3 GKG ebenfalls nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen war der Wert der Widerklage, da der darin geltend gemachte Anspruch denselben Gegenstand wie die Klage betrifft (vgl. Urteil der Kammer vom 17.12.2013 – 4b O 150/12).