4a O 271/09 – Patente Schüssel total legal

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1470

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 27. Juli 2010, Az. 4a O 271/09

Die Klage wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Restitutionsklägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Restitutionsbeklagte nahm die Restitutionsklägerin aufgrund der von dieser getätigten werblichen Äußerung „Patente Schüssel total legal“ für die von ihr angebotenen Profil-Fräsautomaten „easy entrie“ auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. Mit Urteil vom 10.05.2005 (Az. 4a O 301/04) – rechtskräftig seit dem 07.07.2005 – wurde die Restitutionsklägerin verurteilt. Neben der Verurteilung zur Unterlassung und Auskunftserteilung und der Feststellung der Schadensersatzpflicht wurden der Restitutionsklägerin unter Ziffer III. des Urteilstenors die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung führte die Kammer aus, bei der Äußerung handele es sich um eine irreführende Angabe im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 UWG, weil die mit der Äußerung angesprochenen Verkehrskreise davon ausgingen, die Nachfertigung von Schlüsseln mit dem Profil-Fräsautomaten „easy-entrie“ könne stets ohne Verstoß gegen das Patentrecht der Restitutionsbeklagten erfolgen. Tatsächlich könnten mit dem Automaten aber Schlüssel hergestellt werden, die unter den vom Patent unter Schutz gestellten Gegenstand fielen. Dazu führte die Kammer wörtlich aus:

„Das ergibt sich aus dem Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 03. Mai 2005, das in dem zwischen den hiesigen Parteien geführten Rechtsstreit 4b O 187/04 ergangen ist. Die Akte dieses Rechtsstreits lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung dieses Rechtsstreits. Zwecks Vermeidung unnötiger Wiederholungen macht sich die Kammer die Entscheidungsgründe des Urteils vollinhaltlich zu eigen, soweit darin festgestellt wird, dass mit dem von der Beklagten vertriebenen Profilfräsautomat „easy-entrie“ Schüssel hergestellt werden können, die den Gegenstand von Patentanspruch 1 des Streitpatents verwirklichen (…).“

In dem zwischen den beiden Parteien geführten Rechtsstreit 4b O 187/04 war die Restitutionsklägerin mit Urteil vom 03.05.2005 wegen mittelbarer Patentverletzung aufgrund des Vertriebs der Profil-Fräsautomaten „easy-entrie“ zur Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung und Schadensersatz dem Grunde nach verurteilt worden. Auf die Berufung der Restitutionsklägerin wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28.08.2008 (Az. I-1 U 75/05) das am 03.05.2005 verkündete Urteil aufgehoben und die Klage der Restitutionsbeklagten abgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die daraufhin von der Restitutionsbeklagten beim Bundesgerichtshof eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 18.11.2009 (Az. Xa ZR 108/08) zurückgewiesen. Der Beschluss wurde der Restitutionsklägerin am 24.11.2009 zugestellt.

Außergerichtlich forderte die Restitutionsklägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 08.12.2009 die Restitutionsbeklagte unter Hinweis auf eine andernfalls erforderliche Restitutionsklage auf, auf die Rechte aus der Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 10.05.2005 (Az. 4a O 301/04) zu verzichten. Wegen der Einzelheiten dieses Aufforderungsschreibens wird auf die bei der Akte befindliche Kopie derselben (Anlage K 7) Bezug genommen. Da die Restitutionsbeklagte eine solche Erklärung zunächst verweigerte, arbeiteten die Prozessbevollmächtigten der Restitutionsklägerin auftragsgemäß die Restitutionsklageschrift aus. Mit anwaltlichem Schreiben vom 16. und 17.12.2009 erklärte die Restitutionsbeklagte jedoch den Verzicht auf die Rechte aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10.05.2005, nahm aber die Kostengrundentscheidung ausdrücklich von diesem Verzicht aus.

Mit der am 21.12.2009 eingereichten und der Restitutionsbeklagten am 04.03.2010 zugestellten Restitutionsklage macht die Restitutionsklägerin neben der Änderung der Kostengrundentscheidung die Zahlung von außergerichtlich entstandenen Kosten für die Einschaltung der Prozessbevollmächtigten in Höhe von einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale bei einem Gegenstandswert von 200.000,00 EUR geltend, mithin 2.380,00 EUR. Außerdem verlangt sie die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 726,40 EUR für die Erstellung des Restitutionsklageentwurfs.

Die Restitutionsklägerin ist der Auffassung, das Urteil vom 10.05.2005 (Aktenzeichen 4a O 301/04) sei in der Kostenentscheidung aufzuheben, weil es auf dem mittlerweile rechtskräftig aufgehobenen Urteil vom 03.05.2005 (Az. 4b O 187/04) gründe. Für die Erstellung des Restitutionsklageentwurfs sei eine 0,8 Verfahrensgebühr entstanden, von der sie nach Anrechnung eine 0,4 Gebühr bei einem Gegenstandswert von 200.000,00 EUR verlangen könne.

Die Restitutionsklägerin beantragt,

1. das rechtskräftige Urteil umgekehrten Rubrums des Landgerichts Düsseldorf vom 10.05.2005, Aktenzeichen 4a O 301/04 im Umfang der Kostenentscheidung (Ziffer III. der Entscheidung) aufzuheben;

2. die im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 4a O 301/04 erhobene Klage der jetzigen Beklagten und früheren Klägerin insofern zurückzuweisen, dass der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 3.107,20 EUR zuzüglich Zinsen ab Klageerhebung zu zahlen;

hilfsweise ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.

Die Restitutionsbeklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden.

Sie ist der Auffassung, das Urteil vom 10.05.2005 (Az. 4a O 301/04) gründe nicht auf dem Urteil vom 03.05.2005, weil die Kammer aufgrund eigener Überlegungen die Vorfrage der Patentverletzung bejaht habe und nur zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil 4b O 187/04 verwiesen habe. Weiterhin habe es die Restitutionsklägerin versäumt, den angeblichen Restitutionsgrund in einem früheren Verfahren – insbesondere durch eine Berufung – geltend zu machen. Im Übrigen habe die Restitutionsklägerin weitere Behauptungen aufgestellt, die eine Verurteilung gerechtfertigt hätten, mit denen sich die Kammer aber – aufgrund der Annahme der Patentverletzung – nicht habe auseinandersetzen müssen. Hinsichtlich der geltend gemachten Kostenerstattung habe die Restitutionsklägerin übersehen, dass die Hälfte der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet werde und zudem ein Teil des außergerichtlichen Streitgegenstands – nämlich 20.000,00 EUR – Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden und daher nicht erstattungsfähig sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

I.
Die Klageanträge zu 1. und 2. sind in entsprechender Anwendung von § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig.

Gemäß § 99 Abs. 1 ZPO ist die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Diese Regelung ist für das Wiederaufnahmeverfahren entsprechend anwendbar (BGHZ 239, 244 f; MüKo/Braun, ZPO 3. Aufl.: § 578 Rn 24; Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl.: vor § 578 Rn 12). Da die Restitutionsklägerin mit den Klageanträgen zu 1. und 2. ausdrücklich nur die Aufhebung des Urteils vom 10.05.2005 (Az. 4a O 301/04) im Umfang der Kostenentscheidung geltend macht und die Zurückweisung der ursprünglichen Klage nur insofern verlangt, dass der Restitutionsbeklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt werden, geht die Restitutionsklage nicht über die Anfechtung der Kostengrundentscheidung hinaus. Dieses Vorgehen ist in entsprechender Anwendung von § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig. In der Literatur wird zwar die Ansicht vertreten, dass Einschränkungen des § 99 Abs. 1 ZPO, wie sie in der neueren Rechtsprechung befürwortet werden, sich auch auf die Wiederaufnahme auswirken müssen (MüKo/Braun, ZPO 3. Aufl.: § 578 Rn 24). Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Weder sind die Voraussetzungen von § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO gegeben, noch wird geltend gemacht, dass die isolierte Anfechtung – wie von einzelnen Instanzgerichten vertreten (vgl. MüKo/Braun, ZPO 3. Aufl.: § 578 Rn 24 m.w.N.; Zöller/Herget, ZPO 27. Aufl.: § 99 Rn 1 m.w.N.) – zulässig sei, weil die Kammer vorrangige Kostenregelungen übersehen oder fälschlich angewandt hätte.

II.
Der Klageantrag zu 3., mit dem die Restitutionsklägerin von der Restitutionsbeklagten die Zahlung außergerichtlich entstandener Anwaltskosten verlangt, ist unzulässig.

Abgesehen davon, dass der Antrag zu 3., soweit er auf die Zahlung von Zinsen gerichtet ist, mangels Angabe der konkreten Zinshöhe nicht hinreichend bestimmt ist im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, kann der Zahlungsantrag nicht im Restitutionsverfahren geltend gemacht werden. Die Restitutionsklägerin hat den Klageantrag zu 3. kumulativ neben den Anträgen auf Aufhebung der ursprünglichen Kostenentscheidung und Verurteilung der Restitutionsbeklagten zur Kostentragung im ursprünglichen Rechtsstreit gestellt. Die Voraussetzungen von § 260 ZPO für eine solche kumulative Klagehäufung liegen jedoch nicht vor.

Gemäß § 260 ZPO können mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist. Die Restitutionsklägerin hat ausdrücklich eine Restitutionsklage erhoben. Dem entsprechen auch die Anträge zu 1. und 2. Der auf die Zahlung eines Geldbetrages gerichtete Antrag zu 3. muss jedoch in einem gewöhnlichen Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden. Die Verbindung einer Wiederaufnahmeklage mit einer gewöhnlichen Klage ist grundsätzlich unzulässig, weil es sich um verschiedene Prozessarten handelt (RGZ 91, 195, 196; MüKo/Becker-Eberhard, ZPO 3. Aufl.: § 260 Rn 35). Allenfalls dann, wenn die Restitutionsklage zulässig ist und die ursprüngliche Hauptsache gemäß § 590 Abs. 1 ZPO neu verhandelt wird, kann ein Zahlungsantrag gegebenenfalls im Wege der Klageerweiterung oder auch im Wege der Widerklage geltend gemacht werden (vgl. RGZ 91, 195, 196). Das ist hier aber nicht der Fall.

Vor diesem Hintergrund ist der Klageantrag zu 3. als unzulässig zu verwerfen, § 589 Abs. 1 S. 2 ZPO. Eine Abtrennung des Antrags gemäß § 145 ZPO kommt nicht in Betracht, da die Restitutionsklägerin ausweislich der Überschrift des Klageschriftsatzes von vornherein ein Wiederaufnahmeverfahren eröffnen und ausdrücklich eine Restitutionsklage erheben wollte, somit auch den Zahlungsantrag im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens geltend machen wollte. Entsprechend wäre der Zahlungsantrag auch im Falle der Abtrennung aufgrund der falschen Prozessart abzuweisen (vgl. Musielak/Foerste, ZPO 7. Aufl.: § 260 Rn 10).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 709 S. 1 und 2 ZPO. Dem von der Restitutionsklägerin hilfsweise geltend gemachten Vollstreckungsschutzantrag war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.

Streitwert: 16.623,70 EUR
Der Streitwert setzt sich zusammen aus dem mit 13.516,50 EUR zu bemessenden Streitwert der Klageanträge zu 1. und 2. (das sind die von der Restitutionsklägerin nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28.05.2005 im ursprünglichen Verfahren zu tragenden Kosten) und dem mit 3.107,20 EUR anzusetzenden Streitwert des Klageantrags zu 3.