4a O 251/07 – Otoskop

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1344

Landgericht Düsseldorf
Schlussurteil vom 23. Februar 2010, Az. 4a O 251/07

I. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand:

Mit Schriftsatz vom 03.12.2007 hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage wegen Verletzung des europäischen Patents 0 788 XXX in Bezug auf ein durch die Beklagte auf der Messe A 2006 in B ausgestelltes Otoskop erhoben. Hinsichtlich der Gestaltung dieses Otoskops wird auf die Anlage K 4 Bezug genommen.

Nachdem die Klage der Beklagten am 18.12.2009 auf der Messe „A 2009“ zugestellt worden war, hat sie die Klageforderung, ohne zuvor einen Antrag gestellt zu haben, im schriftlichen Vorverfahren mit Schriftsatz vom 11.01.2010 unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt. Das Landgericht Düsseldorf hat die Beklagte daraufhin mit einem Teil-Anerkenntnisurteil vom 12.01.2010 verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EURO, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Kupplungen für ein Otoskop zur Verbindung eines Halters mit einem Kopfteil, dessen mit einer Rastnut versehener Schaft in einen rohrförmigen Aufsatz des Halters mit zwei Rastgliedern einrastbar ist und bei dem die Entrastung durch eine am Aufsatz angeordnete Hülse erfolgt,

in der Bundesrepublik Deutschland feilzuhalten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen,

wobei als Rastglieder zwei Bolzen vorgesehen sind, welche in einem quer zur Längsachse des Aufsatzes an zwei von innen nach außen zum Halter hin verlaufenden Schrägschlitzen des Aufsatzes gelagert sind, wobei die Lagerung der beiden Bolzen gleitend gegen eine zum Innenteil des Schlitzes gerichtete Federkraft erfolgt und die auf den Aufsatz axial zum Halter hin verschiebbare Hülse auf den beiden Bolzen aufliegt;

der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) Handlungen nach Ziffer I. seit dem 22.02.2003 begangen hat, und zwar

1. unter Angabe des Namens und der Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

2. der gewerblichen Abnehmer und der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse

3. sowie über den mit den Handlungen nach Ziffer I. erzielten Gewinn, gegliedert nach Jahren.

Des Weiteren hat das Landgericht Düsseldorf in diesem Teil-Anerkenntnisurteil festgestellt,

dass die Beklagte der Klägerin allen Schaden zu ersetzen hat, der dieser aus Handlungen nach Ziffer I. seit dem 22.02.2003 entstanden ist oder noch entstehen wird.

Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das Landgericht Düsseldorf in Bezug auf die Kostenentscheidung gemäß § 128 Abs. 3 ZPO das schriftliche Verfahren angeordnet und den Verhandlungsschlusszeitpunkt auf den 12.02.2010 bestimmt.

Die Beklagte trägt vor, weder den Akten der Patentanwalts-, noch der Rechtsanwaltskanzlei könnten Unterlagen entnommen werden, die auf eine schriftliche Abmahnung der Beklagten vor Klageeinreichung beziehungsweise deren Zustellung hinweisen würden. Allerdings hätten Mitarbeiter der Klägerin anlässlich der Messe A 2006 in B am 17.06.2006 den dortigen Stand der Beklagten aufgesucht und sich das dort angebotene Otoskop angesehen. Dabei sei eine Patentverletzung festgestellt worden. Herr C, Mitarbeiter der Klägerin, habe daraufhin denjenigen, der sich als Verantwortlicher für den Messeauftritt der Beklagten ausgegeben habe, im Rahmen eines Gesprächs darauf hingewiesen, dass das von der Beklagten ausgestellte Otoskop patentverletzend sei, die Klägerin dies nicht toleriere und dies Konsequenzen nach sich ziehen werde.

Ergänzend wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 ZPO. Die Beklagte hat die Klageforderung im schriftlichen Vorverfahren mit Schriftsatz vom 11.01.2010 noch vor dem Stellen eines Klageabweisungsantrages und damit sofort anerkannt. Da die Beklagte auch keine Veranlassung zur Klage gegeben hat, waren die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin aufzuerlegen.

Anlass zur Klage ist dann gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die bei der Klägerin vernünftigerweise die Überzeugung oder Vermutung hervorrufen mussten, sie werde ohne die Klage nicht zu ihrem Recht kommen. Der Verletzte muss daher in der Regel den Verletzer vor Erhebung der Unterlassungsklage abmahnen, wenn er für den Fall des sofortigen Anerkenntnisses der Kostenfolge des
§ 93 ZPO entgehen will. Dabei muss die Abmahnung neben der Beschreibung des Verletzungstatbestandes insbesondere die Aufforderung an den Verletzer, binnen einer in der Abmahnung gesetzten Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, enthalten (vgl. Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Auflage, § 139, Rz. 163).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Klägerin die Beklagte nicht ordnungsgemäß abgemahnt. Der bloße mündliche Hinweis auf der Messe, die Klägerin werde die durch sie festgestellte Patentverletzung nicht tolerieren, genügt den Anforderungen an eine Abmahnung jedenfalls auch dann nicht, wenn damit – wie von der Klägerin vorgetragen – der Hinweis verbunden war, die Patentverletzung werde „Konsequenzen nach sich ziehen“.

Die vorherige Mahnung der Beklagten war auch nicht entbehrlich. Eine Abmahnung ist grundsätzlich nur dann entbehrlich, wenn die mit der vorherigen Mahnung notwendig verbundene Verzögerung unter Berücksichtigung der gerade im konkreten Fall gegebenen außergewöhnlichen Eilbedürftigkeit schlechthin nicht mehr hinnehmbar war, wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte für die Klägerin feststand, dass eine Abmahnung der Beklagten erfolglos bliebe, oder sich der Klägerin bei objektiver Sicht der Eindruck geradezu aufdrängen musste, die Beklagte baue auf die grundsätzliche Abmahnpflicht und wolle sich diese zunutze machen.

Anhaltspunkte hierfür sind jedoch weder vorgetragen, noch ersichtlich. Insbesondere genügt allein die Tatsache, dass die Beklagten ihren Sitz im Ausland haben, hierfür ebenso wenig wie der Umstand, dass die Beklagte die angegriffene Ausführungsform auf einer Messe ausgestellt hat. Auch dann wäre eine, möglicherweise mit einer sehr kurzen Frist versehene, Abmahnung möglich gewesen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2; 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 175.000,- EUR festgesetzt.