Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 23. Februar 2010, Az. 4a O 212/06
I. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland
a) Kombinationen einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss, wobei an dem einen Ende eines Schließkabels des Kabelschlosses ein in einem Schließwerksgehäuse untergebrachtes Schließwerk angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels ein mit dem Schließwerk kuppelbares Riegelstück angebracht ist und wobei Schließwerk und Riegelstück im gekuppelten Zustand an der Halterung im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind, bei denen an der Halterung eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche des Schließwerksgehäuses und eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses begrenzende Anschlagfläche vorgesehen sind, die sicherstellt, dass eines der beiden Schließteile, nämlich das Schließwerk, beim Verrasten, bei dem das Riegelstück in eine die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk einkuppelbar ist, sich in einer vorbestimmten Position befindet, und bei denen das Schließwerksgehäuse in der Linearführung durch Reibschluss und gegebenenfalls durch Verrastung gesichert ist,
b) Kombinationen einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss, wobei an dem einen Ende eines Schließkabels des Kabelschlosses ein in einem Schließwerksgehäuse untergebrachtes Schließwerk angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels ein mit dem Schließwerk kuppelbares Riegelstück angebracht ist und wobei Schließwerk und Riegelstück im gekuppelten Zustand an der Halterung im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind, bei denen die Halterung in einen Befestigungsabschnitt und einen Aufnahmeabschnitt aufgeteilt ist, der eine Durchgangsbohrung aufweist, die sich nach einem Absatz radial erweitert, wobei die Mantelfläche der Durchgangsbohrung und die der Mantelfläche gegenüberliegende Innenfläche der Erweiterung die Linearführung bilden, bei denen an der Halterung eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche des Schließwerksgehäuses und eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses begrenzende Anschlagfläche an dem Absatz vorgesehen sind, die sicherstellt, dass eines der beiden Schließteile, nämlich das Schließwerk, beim Verrasten, bei dem das Riegelstück in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk einkuppelbar ist, sich in einer vorbestimmten Position befindet und bei denen das Schließwerksgehäuse in einer Linearführung durch Reibschluss und/oder durch Verrastung gesichert ist,
in der Zeit vom 05.05.1990 bis zum 06.10.2009 angeboten oder in Verkehr gebracht oder zu diesen Zwecken eingeführt oder besessen haben, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der dafür bezahlten Preise, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, Auflagen und Stückzahlen pro Werbeträger, nach Verbreitungsgebieten und Verbreitungszeiten,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei
– sich die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung für die Zeit vor dem 01.05.1992 auf Handlungen in dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 02.10.1990 bestehenden Grenzen beschränkt;
– von den Beklagten zu 2) und 3) sämtliche Angaben und von allen Beklagten die Angaben zu e) nur für die Zeit vom 28.05.1994 bis zum 06.09.2009 zu machen sind;
– die Angaben zu a) nur für die Zeit seit dem 01.07.1990 zu machen sind;
– die Angaben zu den Einkaufspreisen (vorstehend zu a)) sowie zu den Verkaufsstellen (vorstehend zu b)) nur für die Zeit seit dem 01.09.2008 zu machen sind;
– die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürfte Details außerhalb der rechnungslegungspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
– den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmt bezeichnete Lieferung, ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt,
1. dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin für die vorstehend unter I. bezeichneten, in der Zeit vom 05.05.1990 bis zum 27.05.1994 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2. dass die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der A, B, C, im Zeitraum 28.05.1994 bis 13.11.2001 sowie der Klägerin im Zeitraum 14.11.2001 bis zum 06.09.2009 durch die vorstehend unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
III. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit insoweit erledigt hat, als die Klägerin im Hinblick auf die angegriffene Ausführungsform II beantragt hat, die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an den Beklagten zu 2) und 3), zu unterlassen,
Kombinationen einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss, wobei an dem einen Ende eines Schließkabels des Kabelschlosses ein in einem Schließwerksgehäuse untergebrachtes Schließwerk angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels ein mit dem Schließwerk kuppelbares Riegelstück angebracht ist und wobei Schließwerk und Riegelstück im gekuppelten Zustand an der Halterung im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind,
im Geltungsbereich des deutschen Teils DE 589 07 XXX des europäischen Patents EP 0 361 XXX anzubieten oder in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen an der Halterung eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche des Schließwerksgehäuses und eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses begrenzende Anschlagfläche vorgesehen sind, die sicherstellt, dass eines der beiden Schließteile, nämlich das Schließwerk, beim Verrasten, bei dem das Riegelstück in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk einkuppelbar ist, sich in einer vorbestimmten Position befindet, und bei denen das Schließwerksgehäuse in der Linearführung durch Reibschluss und gegebenenfalls durch Verrastung gesichert ist.
IV. Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit insoweit erledigt hat, als die Klägerin im Hinblick auf die angegriffenen Ausführungsformen I und II beantragt hat, die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an den Beklagten zu 2) und 3), zu unterlassen,
Kombinationen einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss, wobei an dem einen Ende eines Schließkabels des Kabelschlosses ein in einem Schließwerksgehäuse untergebrachtes Schließwerk angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels ein mit dem Schließwerk kuppelbares Riegelstück angebracht ist und wobei Schließwerk und Riegelstück im gekuppelten Zustand an der Halterung im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind,
im Geltungsbereich des deutschen Teils DE 589 07 XXX des europäischen Patents EP 0 361 XXX anzubieten oder in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Halterung in einen Befestigungsabschnitt und einen Aufnahmeabschnitt aufgeteilt ist, der eine Durchgangsbohrung aufweist, die sich nach einem Absatz radial erweitert, wobei die Mantelfläche der Durchgangsbohrung und die der Mantelfläche gegenüberliegende Innenfläche der Erweiterung die Linearführung bilden, bei denen an der Halterung eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche des Schließwerksgehäuses und eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses begrenzende Anschlagfläche an dem Absatz vorgesehen sind, die sicherstellt, dass eines der beiden Schließteile, nämlich das Schließwerk, beim Verrasten, bei dem das Riegelstück in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk einkuppelbar ist, sich in einer vorbestimmten Position befindet und bei denen das Schließwerksgehäuse in der Linearführung durch Reibschluss und/oder durch Verrastung gesichert ist.
V. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 9.028,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.04.2006 zu bezahlen.
VI. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VII. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 1/5 und den Beklagten zu 4/5 auferlegt.
VIII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,- EUR und für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage gegen die Beklagten Ansprüche wegen Verletzung des europäischen Patentes 0 361 XXX (Anlage K 1, nachfolgend Klagepatent) geltend.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatentes betreffend die Kombination einer zweiradseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss. Das Klagepatent wurde am 06.09.1989 unter Inanspruchnahme zweier Prioritäten vom 07.09.1988 und 24.04.1989 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet, die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 04.04.1990. Der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 27.04.1994 bekannt gemacht worden. Mit Urteil vom 02.04.2009 hat der Bundesgerichtshof den deutschen Teil des Klagepatents (DE 589 07 XXX C5) im Rahmen eines durch die Beklagte zu 1) eingeleiteten Nichtigkeitsverfahrens beschränkt aufrecht erhalten.
Eingetragene Inhaberin des Klagepatents war zunächst die A, B, welche ihre Rechte an dem Klagepatent auf die Klägerin übertrug. Die Umschreibung des Klagepatents auf die Klägerin erfolgte am 14.11.2001. Mit Vertrag vom 19.05.2003 trat die A alle Ansprüche auf Entschädigung, Schadenersatz oder Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung an die Klägerin ab.
Die hier allein maßgebenden Patentansprüche 1a und 1b des Klagepatents lauten:
1a.
„Kombination einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung (60) mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss (50), wobei an dem einen Ende eines Schließkabels (53) des Kabelschlosses (50) ein in einem Schließwerksgehäuse (54) untergebrachtes Schließwerk (51) angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels (53) ein mit dem Schließwerk (51) kuppelbares Riegelstück (52) angebracht ist und wobei Schließwerk (51) und Riegelstück (52) im gekuppelten Zustand an der Halterung (60) im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind, dadurch gekennzeichnet, dass an der Halterung (60) eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung (48) zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche (55) des Schließwerksgehäuses (54) und eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses (54) begrenzende Anschlagfläche (78) vorgesehen sind, die sicherstellt, dass eines der beiden Schließteile (51, 52), nämlich das Schließwerk (51), beim Verrasten, bei dem das Riegelstück (52) in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk (51) einkuppelbar ist, sich in einer vorbestimmten Position befindet, und dass das Schließwerksgehäuse (54) in der Linearführung (48) durch Reibschluss und gegebenenfalls durch Verrastung gesichert ist.“
1b.
„Kombination einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung (60) mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss (50), wobei an dem einen Ende eines Schließkabels (53) des Kabelschlosses (50) ein in einem Schließwerksgehäuse (54) untergebrachtes Schließwerk (51) angeordnet ist und am anderen Ende des Schließkabels (53) ein mit dem Schließwerk (51) kuppelbares Riegelstück (52) angebracht ist und wobei Schließwerk (51) und Riegelstück (52) im gekuppelten Zustand an der Halterung (60) im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Halterung (60) in einen Befestigungsabschnitt (63) und einen Aufnahmeabschnitt (62) aufgeteilt ist, der eine Durchgangsbohrung (61) aufweist, die sich nach einem Absatz (65) radial erweitert, wobei die Mantelfläche (64a) der Durchgangsbohrung (64) und die der Mantelfläche (64a) gegenüberliegende Innenfläche (66a) der Erweiterung (66) die Linearführung bilden, dass an der Halterung (60) eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung (48) zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche (55) des Schließwerksgehäuses (54) und eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses begrenzende Anschlagfläche (78) an dem Absatz (65) vorgesehen sind, die sicherstellt, dass eines der beiden Schließteile (51, 52), nämlich das Schließwerk (51), beim Verrasten, bei dem das Riegelstück (52) in einer die Linearführungsrichtung querende(n) Richtung in das Schließwerk (51) einkuppelbar ist, sich in einer vorbestimmten Position befindet und dass das Schließwerksgehäuse (54) in der Linearführung (48) durch Reibschluss und/oder durch Verrastung gesichert ist.“
Nachfolgend gezeigt sind die verkleinert wiedergegebenen Figuren 3, 4 und 7 der Klagepatentschrift, welche in Figur 3 einen Querschnitt durch eine erfindungsgemäße Kombination aus einem Halter und einem Zweiradschloss, in Figur 4 einen Schnitt entlang der Linie IV-IV und in Figur 7 eine perspektivische Darstellung eines weiteren Ausführungsbeispiels zeigen.
Die Beklagte zu 1), deren verantwortlich handelnde Verwaltungsräte die Beklagten zu 2) und zu 3) sind, bietet in der Bundesrepublik Deutschland an und vertreibt unter anderem Spiralkabelschlösser mit Halterungen, welche wie aus der Anlage K 7 ersichtlich gestaltet sind (angegriffene Ausführungsform I).
Des Weiteren lieferte die Beklagte zu 1) unter der Bezeichnung „D“ Schlösser an E, welche von E im Februar 2006 in der Bundesrepublik Deutschland angeboten und vertrieben worden sind und die folgende Gestaltung aufweisen:
Ein Exemplar dieser Schlösser hat die Klägerin als Anlage K 11 zur Akte gereicht, wobei die Klägerin in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, dass die darüber hinaus als Anlagen K 16 und K 17 zur Akte gereichten Schlösser in ihrer konstruktiven Gestaltung dem Schloss gemäß Anlage K 11 entsprechen, so dass es sich dabei insgesamt um eine angegriffene Ausführungsform handelt (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform II).
Schließlich entstammt dem Unternehmen der Beklagten zu 1) ein Schloss, dessen Gestaltung nachfolgend wiedergegeben ist und welches die Beklagte zu 1) in die Bundesrepublik Deutschland an F liefert (angegriffene Ausführungsform III):
Nach Auffassung der Klägerin machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch.
Die Klägerin hat daher mit Schriftsatz vom 19.06.2006 gegen die Beklagten Klage erhoben. Nachdem das Klagepatent durch das Bundespatentgericht mit einem am 29.10.2007 verkündeten Urteil für nichtig erklärt worden ist, hat die Kammer die Verhandlung mit Beschluss vom 06.12.2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem gegen das Klagepatent gerichteten Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt. Mit Urteil vom 02.04.2009 hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Bundespatentgerichts teilweise abgeändert und das Klagepatent mit den hier streitgegenständlichen Ansprüchen aufrecht erhalten. Die Schutzdauer des Klagepatents ist am 06.09.2009 abgelaufen. Deshalb hat der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 06.10.2009 die Klageanträge zu I. 1. (Unterlassung), I. 3. (Vernichtung) und I. 4. (Rückruf) für erledigt erklärt. Die Beklagten haben sich dieser teilweisen Erledigterklärung nicht angeschlossen. Mit Schriftsatz vom 13.01.2010 hat die Klägerin die zunächst nur auf die angegriffenen Ausführungsformen I und II gerichtete Klage auf die angegriffene Ausführungsform III erweitert, wobei der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, dass er hinsichtlich dieser angegriffenen Ausführungsform nur diejenigen Anträge stellt, die er in Bezug auf die angegriffenen Ausführungsformen I und II nicht für erledigt erklärt hat (Auskunft und Rechnungslegung, Entschädigung, Schadenersatz).
Die Klägerin beantragt nunmehr,
zu erkennen wie geschehen, jedoch mit der Maßgabe, die Beklagten auch hinsichtlich einer Verletzung des Patentanspruchs 1a durch die angegriffene Ausführungsform I zu verurteilen
und weiter festzustellen, dass sich der Rechtsstreit bezüglich der angegriffenen Ausführungsformen I und II auch insoweit erledigt hat, als die Klägerin beantragt hat,
die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter Ziffer I. des Tenors bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihnen zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben und
die vorstehend unter Ziffer I. des Tenors bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen endgültig zu entfernen, indem die Beklagten diese Erzeugnisse wieder an sich nehmen oder die Vernichtung derselben beim Besitzer veranlassen, wobei dieser Antrag auf die Zeit ab dem 29.04.2006 beschränkt ist.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie tragen im Wesentlichen vor, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, da dort das Schließwerksgehäuse nicht in der Linarführung durch Reibschluss und gegebenenfalls Verrastung (bzw. nach Patentanspruch 1b durch Reibschluss und/oder Verrastung) gesichert sei. Insbesondere könne der Begriff „Verrastung“ nicht mit dem Kuppeln von Riegelstück und Schließwerk gleichgesetzt werden. Da das Riegelstück immer in das Schließwerk eingekuppelt werde, müsse denknotwendig die Verrastung als zusätzliche Sicherung etwas anderes sein.
Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg. Der Klägerin stehen gegen die Beklagten Ansprüche auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung, Entschädigung sowie Schadenersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG i.V.m. §§ 242, 259 BGB zu, wobei diese Ansprüche in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I ausschließlich auf einer Verletzung von Patentanspruch 1b, nicht aber von Patentanspruch 1a beruhen. Darüber hinaus haben die Beklagten die außergerichtlichen Kosten der Klägerin aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG bzw. aus §§ 683 S. 1, 670 BGB analog zu erstatten. Soweit die Klägerin den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt hat, konnte die Erledigung ausschließlich hinsichtlich des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs und in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I auch nur hinsichtlich des Patentanspruchs 1b festgestellt werden, nicht aber in Bezug auf die ebenfalls einseitig für erledigt erklärten Ansprüche auf Entfernung der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen und Vernichtung, da sich der Rechtsstreit insoweit nicht erledigt hat.
I.
Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft eine Kombination einer zweirradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss, wobei an dem einen Ende eines Schließkabels des Kabelschlosses ein in einem Schließwerksgehäuse untergebrachtes Schließwerk angeordnet und am anderen Ende des Schließkabels ein mit dem Schließwerk kuppelbares Riegelstück angebracht ist und wobei Schließwerk und Riegelstück im gekuppelten Zustand an der Halterung im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind.
Eine solche Halterung für Ringschlösser ist nach den Ausführungen der Klagepatentschrift aus der DE 33 35 662 bekannt. Darüber hinaus ist die Verwendung einer Halterung auch bei sogenannten Langbügelschlössern durch offenkundige Vorbenutzung bekannt geworden.
Das Handhaben von Kabelschlössern ist verhältnismäßig schwierig, insbesondere bei unzureichenden Beleuchtungsverhältnissen. Dies rührt daher, dass die Kabelschlösser einerseits in nächster Nähe ihrer Schließstelle exakt gehalten und geführt werden müssen, um die Schließteile in gegenseitigen Eingriff bringen und miteinander verrasten zu können, und dass andererseits der exakten relativen Positionierung der Schließteile die exzentrische Gewichtsverteilung des Kabelschlosses mit einem in der Regel weit außerhalb der die Schließteile erfassenden Hände liegenden Schwerpunkt und regelmäßig auch die elastischen Rückstellkräfte entgegen wirken, welche versuchen, das Schließkabel in eine Konfiguration zu bringen, die nicht der bei Verbindung der Schließteile miteinander erzwungenen Konfiguration entspricht.
Bei der aus der DE-A1 33 35 662 bekannten Kombination ist ein Führungsweg der Halterung für beide Schließteile nur äußerst kurz bemessen. Deshalb können diese Schließteile beim Zusammenstecken kippen, wodurch die beiden Schließteile nicht mehr miteinander verrastbar sind. Insbesondere bei Dunkelheit kann deshalb das Zweiradschloss nur schwer in der Halterung fixiert werden.
Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik liegt der Erfindung nach dem Klagepatent die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, die Herstellung der Verbindung zwischen Kabelschloss und Kabelschlosshalterung zu erleichtern. Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Klagepatent in seinen für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentansprüchen 1a und 1b ein Kabelschloss mit einer Kabelschlosshalterung mit folgenden Merkmalen vor:
1a.
Kombination einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung (60) mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss (50), wobei
1. an einem Ende eines Schließkabels (53) des Kabelschlosses (50) ein in einem Schließwerksgehäuse (54) untergebrachtes Schließwerk (51) angeordnet ist und
2. an einem anderen Ende des Schließkabels (53) ein mit dem Schließwerk (51) kuppelbares Riegelstück (52) angebracht ist und
3. Schließwerk (51) und Riegelstück (52) im gekuppelten Zustand an der Halterung (60) im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind.
4. An der Halterung (60) sind vorgesehen
a) eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung (48) zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche (55) des Schließwerksgehäuses (54) und
b) eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses (54) begrenzende Anschlagfläche (78).
5. Die Anschlagfläche stellt sicher, dass eines der beiden Schließteile (51, 52), nämlich das Schließwerk (51), beim Verrasten sich in einer vorbestimmten Position befindet.
6. Bei dem Verrasten ist das Riegelstück (52) in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk (51) einkuppelbar.
7. Das Schließwerksgehäuse (54) ist in der Linearführung (48) durch Reibschluss und gegebenenfalls durch Verrastung gesichert.
1b.
Kombination einer zweiradrahmenseitigen Kabelschlosshalterung (60) mit einem von dieser betriebsmäßig trennbaren Kabelschloss (50), wobei
1. an dem einen Ende eines Schließkabels (53) des Kabelschlosses (50) ein in einem Schließwerksgehäuse (54) untergebrachtes Schließwerk (51) angeordnet ist und
2. am anderen Ende des Schließkabels (53) ein mit dem Schließwerk (51) kuppelbares Riegelstück (52) angebracht ist.
3. Schließwerk (51) und Riegelstück (52) sind im gekuppelten Zustand an der Halterung (60) im Wesentlichen unbeweglich festgelegt.
4. Die Halterung (60) ist in einen Befestigungsabschnitt (63) und einen Aufnahmeabschnitt (62) aufgeteilt.
5. Der Aufnahmeabschnitt (62) weist eine Durchgangsbohrung (61) auf, die sich nach einem Absatz (65) radial erweitert.
6. Die Mantelfläche (64a) der Durchgangsbohrung (64) und die der Mantelfläche (64a) gegenüberliegende Innenfläche (66a) der Erweiterung (66) bilden die Linearführung.
7. An der Halterung (60) sind vorgesehen:
a) eine drehsichernde und kippsichernde Linearführung (48) zum Zusammenwirken mit einer Linearführungsfläche (55) des Schließwerksgehäuses (54) und
b) eine den Einführungsweg des Schließwerksgehäuses (54) begrenzende Anschlagfläche (78) an dem Absatz (65).
8. Die Anschlagfläche stellt sicher, dass eines der beiden Schließteile (51, 52), nämlich das Schließwerk (51), beim Verrasten sich in einer vorbestimmten Position befindet.
9. Bei dem Verrasten ist das Riegelstück (52) in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk einkuppelbar.
10. Das Schließwerksgehäuse (54) ist in der Linearführung (48) gesichert durch
a) Reibschluss
und/oder
b) durch Verrastung.
II.
Die angegriffenen Ausführungsformen II und III, nicht aber die angegriffene Ausführungsform I, machen von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 1a wortsinngemäß Gebrauch. Zurecht ist zwischen den Parteien nicht umstritten, dass die Merkmale 1. bis 5. dieses Patentanspruchs bei den angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht sind, so dass es diesbezüglich keiner weiteren Ausführungen bedarf. Darüber hinaus sind bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III jedoch auch die Merkmale 6 und 7 verwirklicht.
1.
Soweit sich die Beklagten darauf berufen, bei der angegriffenen Ausführungsform II erfolge das Kuppeln durch Eindrücken des Schlosszylinders in Richtung der Linarführung, steht dies der Verwirklichung der patentgemäßen Lehre nicht entgegen. Merkmal 6 verlangt lediglich, dass beim Verrasten das Riegelstück in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk (51) einkuppelbar ist. Dies ist – was die Beklagten auch nicht bestreiten – jedoch auch bei der angegriffenen Ausführungsform II der Fall. Weitere Vorgaben, wie und mit welchen Mitteln das Kuppeln erfolgen soll, enthält Patentanspruch 1a demgegenüber nicht. Entscheidend ist vielmehr lediglich, dass, wie auch bei der angegriffenen Ausführungsform II, Schließwerk (51) und Riegelstück (52) im gekuppelten Zustand an der Halterung (60) im Wesentlichen unbeweglich festgelegt sind.
2.
Bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III, nicht aber bei der angegriffenen Ausführungsform I, ist das Schließwerksgehäuse (54) in der Linearführung (48) durch Reibschluss und gegebenenfalls durch Verrastung gesichert (Merkmal 7).
a)
Den Gegenstand des Patentanspruchs 1a bildet eine Kombination aus einer Kabelschlosshalterung mit einem davon trennbaren Kabelschloss. Grundsätzlich sollen – wenn sich das Kabelschloss in der Halterung befindet – die beiden Enden des Kabelschlosses, bestehend aus dem Riegelstück und dem Schließwerk, im gekuppelten Zustand an der Halterung unbeweglich festgelegt sein (vgl. Merkmal 3). Dafür wird zunächst das Schließwerksgehäuse entlang der an der Halterung befindlichen Linearführung in die Halterung eingeführt. Die Linearführung hat dabei die Funktion, dass wenigstens ein Schließteil – hier das Schließwerksgehäuse – in der Halterung sicher geführt ist und nicht auskippen kann (vgl. Merkmal 4 und Anlage K 1, Sp. 2, Z. 2 – 5). Die weiterhin vorgesehene Anschlagfläche (Merkmal 4 b)) hat darüber hinaus die Funktion, dass sich das Schließwerk beim Verrasten – sprich beim Kuppeln mit dem Riegelstück – in einer vorbestimmten Position befindet (vgl. Merkmal 5 und Anlage K 1, Sp. 2, Z. 5 – 11).
Soweit darüber hinaus das Schließwerksgehäuse in der Linarführung durch Reibschluss – die Verrastung sei an dieser noch außer acht gelassen – gesichert sein soll, dient dies bei funktionaler Betrachtung dazu, das Kabelschloss auch während der Fahrt in der Halterung sicher zu fixieren, damit es nicht herausfallen kann (vgl. Anlage K 1, Sp. 2, Z. 18 – 21). Dieses Ziel muss aber nicht allein durch die reibschlüssige Verbindung von Schließwerksgehäuse und Linearführung errreicht werden. Vielmehr ergibt sich aus Merkmal 7, dass das Schließwerksgehäuse zusätzlich durch Verrastung gesichert werden kann („und gegebenenfalls durch Verrastung“). Gleichwohl muss der Reibschluss in Abgrenzung zum Stand der Technik zumindest auch einen Beitrag zur Sicherung des Schlosses vor dem Herausfallen aus der Halterung leisten. Eine Verwirklichung der technischen Lehre von Patentanspruch 1a) setzt somit eine Verbindung zwischen Schließwerksgehäuse und Linearführung voraus, die beim Herausfallen des Schlosses aus der Halterung aufgrund der Reibung zwischen diesen Teilen eine Kraft entgegensetzt.
Die erfindungsgemäßen Vorteile werden weiterhin auch erreicht, wenn das Schließwerksgehäuse (54) lediglich dann in der Linearführung durch Verrasten fixiert ist, wenn Schließwerk (51) und Riegelstück (52) gekuppelt sind. Auf eine Fixierung des Schließwerksgehäuses vor dem Kuppeln von Riegelstück und Schließwerk kommt es patentgemäß nicht an. Soweit in der Klagepatentschrift eine zusätzliche Verrastung vorgeschlagen wird, mittels derer das Schloss zusätzlich in der Halterung gehalten wird, handelt es sich lediglich um ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel (vgl. Anlage K 1, Sp. 2, Z. 21 – 25), wobei auch diese zusätzliche Verrastung lediglich gewährleisten soll, dass das Schloss in der Halterung auch während der Fahrt und damit im geschlossenen Zustand fixiert ist und nicht herausfallen kann.
Daraus ergibt sich zugleich die Bedeutung der Sicherung durch Verrastung. Im Gegensatz zum Reibschluss wird bei der Verrastung die Verbindung zwischen den Bauteilen durch Formschluss hergestellt. Dem steht nicht entgegen – wie auch der Bundesgerichtshof in seiner Nichtigkeitsentscheidung festgehalten hat – dass die Verrastung dadurch erfolgt, dass das Riegelstück mit dem Schließwerk gekuppelt ist (vgl. Merkmal 6). Das Kuppeln muss sich nicht denknotwendig von der in Merkmal 7 genannten Verrastung unterscheiden. Vielmehr muss das Kuppeln nicht das Schließwerksgehäuse in der Linearführung sichern, kann es aber, so dass Merkmal 7 gegenüber Merkmal 6 auch bei dieser Auslegung eine eigenständige Bedeutung zukommt.
b)
Davon ausgehend machen die angegriffenen Ausführungsformen II und III, nicht aber die angegriffene Ausführungsform I von der technischen Lehre von Patentanspruch 1a Gebrauch. Wie sich bei einer Inaugenscheinnahme der angegriffenen Ausführungsformen erkennen lässt, ist bei den angegriffenen Ausführungsformen II und III das Schließwerksgehäuse nicht nur durch Verrasten gesichert. Vielmehr tritt bei diesen Ausführungsformen eine spürbare Reibung zwischen Schließwerksgehäuse und Linearführung auf, die zumindest auch einen Beitrag zur Halterung des Schließwerksgehäuses leistet. Demgegenüber erfolgt die Sicherung bei der angegriffenen Ausführungsform I ausschließlich durch Verrasten, eine über eventuell bestehende Fertigungstoleranzen hinausgehende Reibung, die in Form eines Reibschlusses auch einen Beitrag zur Halterung des Schließwerksgehäuses leistet, ist dort nicht erkennbar.
III.
Die angegriffenen Ausführungsformen I bis III machen von der technischen Lehre von Patentanspruch 1b wortsinngemäß Gebrauch. Zurecht gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen die Merkmale 1 – 4 sowie 7 und 8 von Patentanspruch 1b wortsinngemäß verwirklicht sind. Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt dies darüber hinaus auch für die Merkmale 5 und 6 sowie 9 und 10.
1.
Bei den angegriffenen Ausführungsformen weist der Aufnahmeabschnitt eine Durchgangsbohrung (61) auf, die sich nach einem Absatz (65) radial erweitert (Merkmal 5).
Ein Beispiel für eine mögliche Ausgestaltung einer derartigen radialen Erweiterung der Durchgangsbohrung offenbart das Klagepatent dem Fachmann in den Figuren 3 und 4 in Verbindung mit der zugehörigen Beschreibung. Der dort abgebildete Aufnahmeabschnitt (62) besitzt eine Durchgangsbohrung (64), die sich nach einem Absatz (65) radial erweitert. Die radiale Erweiterung (66) besitzt einen im Wesentlichen quadratischen Querschnitt, wobei die Innenmaße der Durchgangsbohrung (64) und der radialen Erweiterung (66) den Außenmaßen des zylindrischen Gehäuses (54) und des Steckführungsblocks (56) des Schlosses (50) entsprechen (vgl. Anlage K 1, Sp. 7, Z. 26 – 34).
Soweit die Beklagten in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform III die Verwirklichung von Patentanspruch 1b mit der Begründung in Abrede stellen, bei dieser angegriffenen Ausführungsform habe die Halterung eine durchgehende Bohrung, aus der seitlich im Bereich der Einstecköffnung für das Riegelstück ein rechteckiger Vorsprung herausragt, der zur Aufnahme des vom Schließwerksgehäuses vorstehenden Wulstes dient, entspricht diese Gestaltung dem in der Klagepatentschrift beschriebenen Ausführungsbeispiel für eine radiale Erweiterung, so dass das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten bereits aus diesem Grund keinen Erfolg haben kann.
2.
Damit bilden die Mantelfläche (64a) der Durchgangsöffnung (64) und die der Mantelfläche (64a) gegenüberliegende Innenfläche (66a) der Erweiterung (66) zugleich die Linarführung (Merkmal 6).
Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten, die Linearführung für das Schließwerksgehäuse werde bei den angegriffenen Ausführungsformen durch die kreiszylindrische Innenwand der Bohrung des Halters, nicht aber durch die Innenfläche der nach Auffassung der Beklagten nicht vorhandenen Erweiterung gebildet, kann unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Merkmal 5 ebenfalls keinen Erfolg haben.
3.
Schließlich ist das Riegelstück (52) in einer die Linearführungsrichtung querenden Richtung in das Schließwerk (51) einkuppelbar (Merkmal 9), wobei das Schließwerksgehäuse (54) in der Linearführung (48) durch Reibschluss und/oder Verrastung gesichert ist (Merkmal 10). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zu den Merkmalen 6 und 7 von Patentanspruch 1a Bezug genommen, wobei das Schließwerksgehäuse bei der angegriffenen Ausführungsform I zwar nicht durch Reibschluss, aber durch Verrastung gesichert ist. Für eine Verwirklichung der technischen Lehre von Patentanspruch 1b ist dies – anders als bei Patentanspruch 1a – nach dem klaren Wortlaut des Patentanspruchs ausreichend.
IV.
Da nach alledem die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen (die angegriffene Ausführungsform I allerdings nur von der technischen Lehre des Patentanspruchs 1b), rechtfertigen sich nach Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents die folgenden Rechtsfolgen:
1.
Weil die Beklagten wenigstens fahrlässig gehandelt haben, sind sie der Klägerin zum Ersatz des durch die Patentverletzung bis zum 06.09.2009 entstandenen Schadens verpflichtet, wobei sich die Pflicht zum Schadenersatz für die Zeit bis zum 14.11.2001 (Eintragung der Klägerin als Patentinhaberin im Patentregister) auf den der A, B, C entstandenen Schaden erstreckt, Art. 64 EPÜ i.V.m.
§ 139 Abs. 2 PatG. Dabei haben die Beklagten in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I jedoch nur den Schaden zu ersetzen, der auf einer Verletzung des Patentanspruchs 1b beruht.
2.
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten im zuerkannten Umfang zur Rechnungslegung verpflichtet (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus werden die Beklagten durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00).
3.
Des Weiteren hat die Klägerin gegen die Beklagten einen Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 2 PatG bzw. §§ 683 S. 1, 670 BGB analog.
4.
Soweit die Klägerin den Rechtsstreit einseitig für erledigt erklärt hat, konnte die Erledigung nur im tenorierten Umfang festgestellt werden, da sich der Rechtsstreit nur insoweit tatsächlich erledigt hat.
a)
Da die Beklagten durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch machen (in Bezug auf die angegriffene Ausführungsform I allerdings nur von der technischen Lehre von Patentanspruch 1b), waren sie gegenüber der Klägerin bis zum Zeitablauf des Klagepatents zur Unterlassung verpflichtet (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG). Entsprechend konnte nunmehr, nachdem die Klägerin den Rechtsstreit im Hinblick auf die angegriffenen Ausführungsformen I und II einseitig teilweise für erledigt erklärt hat, die Erledigung des Rechtstreits festgestellt werden.
b)
Demgegenüber hat die Klägerin die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Vernichtung der im Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Patents sind, aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 1 S. 1 PatG nicht schlüssig dargelegt. Da die Beklagten in der Schweiz und damit im Ausland ansässig sind, hätte es hierfür, worauf die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen wurde, eines dahingehenden Vortrages bedurft, dass die Beklagten tatsächlich in der Bundesrepublik Deutschland verletzende Gegenstände im Eigentum oder Besitz haben beziehungsweise hatten (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 7, 139 – Thermocycler; Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 4. Auflage, Rz. 797). Da die Klage somit in Bezug auf den Antrag auf Vernichtung keinen Erfolg gehabt hätte, hat sich der Rechtsstreit insoweit auch nicht erledigt.
c)
Schließlich konnte auch im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch auf Entfernung aus den Vertriebswegen (vgl. Schriftsatz vom 19.05.2009, Ziffer I. 4.) eine Erledigung des Rechtstreits nicht festgestellt werden, da sich der Rechtsstreit insoweit nicht erledigt hat. Grundsätzlich tritt eine Erledigung dann ein, wenn die eingereichte Klage zulässig und begründet war, aber durch ein nach Anhängigkeit eintretendes Ereignis gegenstandslos geworden ist (vgl. BGH NJW 1992, 2236 m. w. N.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Auflage, § 91a Rz. 44). Dies ist im Hinblick auf den Anspruch auf endgültige Entfernung der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140 a Abs. 1 PatG) jedoch nicht der Fall, da die angegriffenen Ausführungsformen, die nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Enforcementrichtlinie (29.04.2006), aber vor Ablauf des Klagepatents am 06.09.2009 angeboten, in Verkehr gebracht oder zu diesen Zwecken eingeführt oder in Besitz gehalten wurden, nach wie vor aus den Vertriebswegen zu entfernen wären, so dass die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf endgültige Entfernung aus den Vertriebswegen durch den Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents auch nicht gegenstandslos geworden ist.
V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO.
Der Streitwert wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt.