Düsseldorfer Entscheidungs Nr.: 2468
Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Oktober 2015, Az. 4b O 13/10
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
III.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des europäischen Patents 1 884 XXX B1 (fortan: Klagegepatent, Anlage B&B 2c) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Rückruf sowie Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Die Klägerin ist alleinige Inhaberin des Klagepatents. Dieses wurde am 08.09.2003 unter Inanspruchnahme einer französischen Priorität vom 12.09.2002 angemeldet. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 06.02.2008. Der Hinweis auf die Patenterteilung erfolgte am 13.05.2009. Das Klagepatent steht in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft.
Die Beklagte legte gegen die Erteilung des Klagepatents Einspruch bei dem Europäischen Patent- und Markenamt ein. In der mündlichen Einspruchsverhandlung widerrief dieses das Klagepatent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit. Auf die Beschwerde der Klägerin hin, hob die Beschwerdekammer des Europäischen Patent- und Markenamtes den Beschluss der Einspruchsabteilung unter dem 21.05.2014 (Anlage B&B 8a) auf und wies die Sache mit der Maßgabe an die erste Instanz zurück, das Patent in abgeänderter Form auf Basis des Satzes von Ansprüchen 1-17 mit den Figuren 1 bis 6 der Patentschrift und einer anzupassenden Beschreibung aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte stellte sodann unter dem 17.09.2014 Antrag auf Überprüfung durch die Große Beschwerdekammer wegen angeblicher Verletzung rechtlichen Gehörs. Diesen Antrag nahm sie indes mit weiterem Schreiben vom 08.05.2015 zurück, so dass die Große Beschwerdekammer am 12.05.2015 das Verfahren für abgeschlossen erklärte.
Mit Schriftsatz vom 29.05.2015 reichte die Beklagte Nichtigkeitsklage in Bezug auf das Klagepatent bei dem Bundespatentgericht ein. Über die Nichtigkeitsklage ist noch nicht entschieden worden.
Das Klagepatent betrifft einen Adapter zur Befestigung eines Scheibenwischerblatts auf einem Arm.
Der in diesem Rechtsstreit maßgebliche Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der französischen Originalfassung wie folgt:
„Adaptateur (6), destiné à la fixation d’un balai (1, 3, 4, 5) d’essuie-glace, par liaison pivotante autour d’un axe (4), sur un bras (2) comportant une tige d’extrémité destinée à être enfichée longitudinalment dans l’adaptateur, dans lequel,
– l’adaptateur (6) est destiné à être monté sur le balai (1, 3, 5, 4), le balai comportant l’axe (4) de pivotement transversal traversant;
– l’adaptateur (6) est de section sensiblement en U dont les ailes (6A, 6B) comportent chacune un orifice d’encliquetage sur l’axe (4) et dont une extrémité dite extrémité d’entrée (6C) est ouvert pour l’enfichage de la tige d’extrémité du bras (2); et dans lequel,
– l’adaptateur (6) comporte des moyens de blocage transversal et de moyens de blocage longitudinal du bras (2), les moyens de blocage longitudinal étant constitués d’une partie articulée (7) pourvue d’un tenon (9) venant s’emboîter dans un orifice (10) agencé sur la tige, lorsque celle-ci est enfichée;
l’adaptateur (6) étant en matière plastique et comportant en outré des seconds moyens de blocage longitudinal constitués d’un logement (11) agencé sur la surface interne de l’âme (6D) de l’adaptateur (6) à proximité de son extrémité opposée à l’extrémité d’entrée (6C) dans lequel vient en prise une butée (12) de la tige, lorsque celle-ci est enfichée, ladite butée est agencée à l’extrémité de la tige.”
Demgegenüber lautet die aufrechterhaltene Fassung nach der beim EPA eingereichten Übersetzung in deutscher Sprache wie folgt:
„Adapter (6), der für die Befestigung eines Scheibenwischerblatts (1, 3, 4, 5) eines Scheibenwischers durch eine Schwenkverbindung um eine Achse (4) an einem Arm (2) bestimmt ist, der eine Stange aufweist, die dazu bestimmt ist, längs in den Adapter eingesteckt zu werden, wobei
– der Adapter (6) dazu bestimmt ist, auf das Scheibenwischerblatt (1, 3, 5, 4) montiert zu werden, wobei das Scheibenwischerblatt die in Querrichtung verlaufende Durchgangsschwenkachse (4) aufweist;
– der Adapter (6) einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat, dessen Schenkel (6A, 6B) jeweils eine Öffnung zum Einklinken auf der Achse (4) aufweisen und von dem ein als Eingangsende (6C) bezeichnetes Ende zum Einstecken der Stange des Arms (2) offen ist, und wobei
– der Adapter (6) transversale Blockiermittel und longitudinale Blockiermittel für den Arm (2) aufweist, wobei die longitudinalen Blockiermittel aus einem auslenkbaren Teil (7) bestehen, der mit einem Zapfen (9) versehen ist, der in eine an der Stange ausgebildete Öffnung (10) eingreift, wenn dieser eingesteckt wird,
wobei der Adapter (6) aus einem Kunststoffmaterial besteht und ferner zweite longitudinale Blockiermittel aufweist, die aus einer Aufnahme (11) bestehen, die auf der inneren Fläche des Kerns (6D) des Adapters (6) in der Nähe seines dem Eingangsende (6C) entgegengesetzten Endes ausgebildet ist, in die ein Anschlag (12) der Stange eingreift, wenn diese eingesteckt ist, und wobei der Anschlag (12) am Ende der Stange ausgebildet ist.“
Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung, die der Klagepatentschrift entnommen sind. Figur 1 zeigt eine perspektivische Ansicht der erfindungsgemäßen Befestigungsanordnung. Figur 2 ist eine analoge perspektivische Ansicht im Längsschnitt. Figur 3 zeigt eine Ansicht im Längsschnitt der erfindungsgemäßen Befestigungsanordnung.
Bei den Parteien des Rechtsstreits handelt es sich um Wettbewerber auf dem Gebiet der Herstellung und dem Vertrieb von Zubehörteilen für die Automobilindustrie, unter anderem von Scheibenwischersystemen.
Die in der Türkei ansässige Beklagte produziert Scheibenwischersysteme die von namhaften Automobilherstellern in Europa, so beispielsweise von der Firma A eingesetzt werden. Dabei stellt sie unter anderem ein Modell von Adaptern zur Befestigung eines Scheibenwischerblatts her, bei welchem sich ein Materialvorsprung am äußersten Ende der Aufnahme befindet (angegriffene Ausführungsform 1). Zur Veranschaulichung werden nachfolgend Lichtbilder der angegriffenen Ausführungsform 1 wiedergegeben, die von der Klägerin stammen. Dabei zeigt Bild 1 den Adapter der angegriffenen Ausführungsform. Bild 2 den Querschnitt des Adapters der angegriffenen Ausführungsform. Bilder 3 und 4 eine Ansicht im Längsschnitt der angegriffenen Ausführungsform, sowie Bild 5 die innere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform 1.
Bild 1
Bild 2
Bild 3:
Bild 4:
Bild 5:
Die Beklagte bietet überdies Adapter an, bei denen am äußersten Ende der Aufnahme ein Materialvorsprung fehlt (angegriffene Ausführungsform 2). Ansonsten bestehen keinerlei Unterschiede zu der angegriffenen Ausführungsform 1. Zur Verdeutlichung werden nachfolgend ebenfalls Lichtbilder der inneren Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform 2 wiedergegeben:
Die Klägerin meint, die Beklagte verletze mit dem Angebot und dem Vertrieb beziehungsweise dem Gebrauchen der angegriffenen Ausführungsformen das Klagepatent bezüglich des Anspruchs 1 unmittelbar. Die Durchgangsschwenkachse müsse nicht auf dem Scheibenwischerblatt angeordnet sein. Der Fachmann erkenne, dass es unerheblich ist, ob die Schwenkachse entweder durch einen von außen in eine Öffnung eingeschobenen Stift oder durch das Einklinken der Öffnung auf den Stift hergestellt werde. Deshalb würden diese Merkmale nach dem Grundsatz der Äquivalenz verwirklicht.
Nach der patentgemäßen Lehre komme es nicht darauf an, wie der Zapfen in die Öffnung der Stange eingreife, sondern allein darauf, dass er sich nach dem Einstecken der Stange in der Öffnung der Stange befinde. Für die Verwirklichung der klagepatentgemäßen Lösung sei deshalb ohne Bedeutung, ob die Verbindung zwischen Zapfen und Öffnung in einem oder mehreren Verfahrensschritten erfolge. Die französische Begrifflichkeit „venant s’emboîter … lorsque celle-ci enfichée“ sei mit „der sich…einfügt“ zu übersetzen.
Es sei nach der patentgemäßen Lehre nicht erforderlich, dass das auslenkbare Teil des ersten longitudinalen Blockiermittels elastisch ausgebildet ist. Auch sei es bezüglich des zweiten longitudinalen Blockiermittels nicht erforderlich, dass zwischen der Aufnahme des Adapters und dem Anschlag des Wischarms ein sogenannter Formschluss bestehe. Das Klagepatent verstehe unter der Begrifflichkeit „Aufnahme“ nichts anderes, als dass der Adapter so ausgebildet sein müsse, dass er den Arm des Wischers aufnehmen könne. Bei dem Begriff „Anschlag“ hingegen gehe das Klagepatent von einem Teil des Wischarms aus, das mit der Aufnahme des Adapters in Berührung kommt, wenn der Arm eingesteckt werde. Dabei sei der französische Originalwortlaut des Klagepatentanspruchs 1 hinsichtlich dieses Merkmals („vient en prise“) mit „in Eingriff kommt“ zu übersetzen.
Die Blockiermittel müssten weder in ihrer Ausgestaltung noch in ihrer Funktion identisch sein. Die zweiten longitudinalen Blockiermittel seien nur dazu gedacht, bei dem Ausfall der ersten Blockiermittel das Weiterwischen so lange zu ermöglichen, bis die Wischerblätter ausgetauscht werden. Bei dem Kern des Adapters handele es sich zunächst um den gesamten Adapter, abzüglich der besonders zugewiesenen Elemente und explizit vom Kern ausgenommener Elemente wie beispielsweise der Schenkel. Dies ergebe sich auch anhand der vergebenen Bezugsziffern.
Nachdem die Klägerin den Antrag auf Vernichtung mit Schriftsatz vom 18.03.2010 (Bl. 48 d.A.) zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,
I. die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihrem Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen,
a) Adapter (6), der für die Befestigung eines Scheibenwischerblatts (1, 3, 4, 5) eines Scheibenwischers durch eine Schwenkverbindung um eine Achse (4) an einem Arm (2) bestimmt ist, der eine Stange aufweist, die dazu bestimmt ist, längs in den Adapter eingesteckt zu werden, wobei
– der Adapter (6) dazu bestimmt ist, auf das Scheibenwischerblatt (1, 3, 4, 5) montiert zu werden, wobei das Scheibenwischerblatt die in Querrichtung verlaufende Durchgangsschwenkachse (4) aufweist;
– der Adapter (6) einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat, dessen Schenkel (6A, 6B) jeweils eine Öffnung zum Einklinken auf der Achse (4) aufweisen, und von dem ein als Eingangsende (6C) bezeichnetes Ende zum Einstecken der Stange des Arms (2) offen ist, und wobei
– der Adapter (6) transversale Blockiermittel und longitudinale Blockiermittel für den Arm (2) aufweist, wobei die longitudinalen Blockiermittel aus einem auslenkbaren Teil (7) bestehen, der mit einem Zapfen (9) versehen ist, der sich in eine an der Stange ausgebildete Öffnung (19) einfügt, wenn dieser eingesteckt ist,
wobei der Adapter (6) aus einem Kunststoffmaterial besteht und ferner zweite longitudinale Blockiermittel aufweist, die aus einer Aufnahme (11) bestehen, die auf der inneren Fläche des Kerns (6D) des Adapters (6) in der Nähe seines dem Eingangsende (6C) entgegengesetzten Endes ausgebildet ist, in die in Eingriff kommt ein Anschlag (12) der Stange, wenn diese eingesteckt ist, und wobei der Anschlag (12) am Ende der Stange ausgebildet ist,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
hilfsweise
b) Adapter (6), der für die Befestigung eines Scheibenwischerblatts (1, 3, 4, 5) eines Scheibenwischers durch eine Schwenkverbindung um eine Achse (4) an einem Arm (2) bestimmt ist, der eine Stange aufweist, die dazu bestimmt ist, längs in den Adapter eingesteckt zu werden, wobei
– der Adapter (6) dazu bestimmt ist, auf das Scheibenwischerblatt (1, 3, 5, 4) montiert zu werden, wobei das Scheibenwischerblatt die in Querrichtung verlaufende Durchgangsschwenkachse (4) aufweist;
– der Adapter (6) einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt hat, dessen Schenkel (6A, 6B) jeweils eine Öffnung zum Einschieben der Achse (4) aufweisen, und von dem ein als Eingangsende (6C) bezeichnetes Ende zum Einstecken der Stange des Arms (2) offen ist, und wobei
– der Adapter (6) transversale Blockiermittel und longitudinale Blockiermittel für den Arm (2) aufweist, wobei die longitudinalen Blockiermittel aus einem auslenkbaren Teil (7) bestehen, der mit einem Zapfen (9) versehen ist, der sich in eine an der Stange ausgebildete Öffnung (19) einfügt, wenn dieser eingesteckt wird,
wobei der Adapter (6) aus einem Kunststoffmaterial besteht und ferner zweite longitudinale Blockiermittel aufweist, die aus einer Aufnahme (11) bestehen, die auf der inneren Fläche des Kerns (6D) des Adapters (6) in der Nähe seines dem Eingangsende (6C) entgegengesetzten Endes ausgebildet ist, in die in Eingriff kommt ein Anschlag (12) der Stange, wenn diese eingesteckt ist, und wobei der Anschlag (12) am Ende der Stange ausgebildet ist,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
2. ihr Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie – die Beklagte – die zu Ziffer 1 bezeichneten Handlungen seit dem 13.05.2009 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse bestimmt waren,
c) der Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden;
wobei zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. ihr Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang sie – die Beklagte – die zu Ziffer 1. bezeichneten Handlungen seit dem 13.06.2009 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, ihr – der Klägerin – auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
4. die unter 1. bezeichneten, seit dem 13.05.2009 in Verkehr gebrachten Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des … vom ..) festgestellten patentverletzenden Zustand der Sache und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr – der Klägerin – durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 13.06.2009 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, den Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts über den Rechtsbestand des deutschen Teils des europäischen Patents EP 1 884 XXX B1 (DE 603 27 XXX.9) im parallelen Nichtigkeitsverfahren auszusetzen.
Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.
Die Beklagte meint, die Klage sei mangels Patentverletzung unbegründet. Das Klagepatent erfordere, dass das Scheibenwischerblatt eine körperlich durchgehende Achse aufweise, welche durch den am Scheibenwischer vorstehenden Drehzapfen gebildet werde. Die Öffnung in den Schenkeln des Adapters müsse zur Verbindung des Adapters mit dem Scheibenwischer auf diesen Drehzapfen einrasten. Dies erfordere, dass entweder der Zapfen oder aber die Schenkel des Adapters flexibel ausgestaltet seien.
Im Hinblick auf die ersten longitudinalen Blockiermittel sei zu fordern, dass das auslenkbare Teil elastisch sei beziehungsweise elastisch an dem Adapter befestigt sei. Der Zapfen müsse automatisch und ohne Zwischenschritte in die Öffnung eingreifen, wenn der Stift eingesteckt werde. Im Hinblick auf die zweiten longitudinalen Blockiermittel werde vorausgesetzt, dass die Aufnahme derart angeordnet und ausgebildet sei, dass diese eine Vertiefung zum Hineinragen eines die Bewegung begrenzenden Anschlags bilde, also die Aufnahme und der Anschlag einen Formschluss zum Blockieren des Wischarms in Ausschubrichtung bilden. Ein Eingreifen beziehungsweise Hineinragen des Anschlags sei ausschließlich dann gegeben, wenn sich der Anschlag quer zu der Ausschubrichtung erstrecke und in die entsprechende Aufnahme hineinrage beziehungsweise eingreife. Das zweite longitudinale Blockiermittel müsse dazu geeignet sein, eine Bewegung des Wischerarms in Ausschubrichtung allein und dauerhaft verhindern zu können. Vor diesem Hintergrund müssten sie mit den ersten Blockiermitteln funktional vergleichbar sein.
Bei dem Kern des Adapters im Sinne des Klagepatents handele es sich um die obere Seite des U-förmigen Adapters, also die Verbindung der Schenkel des U’s.
Unter Berücksichtigung dessen verwirklichten die angegriffenen Ausführungsformen nicht sämtliche Merkmale des Klagepatentanspruchs. Die angegriffenen Ausführungsformen wiesen insbesondere keine zweiten longitudinalen Blockiermittel auf. Entgegen der Auffassung der Klägerin stelle eine Verbindung mit einem Stift auch keine äquivalente Verwirklichung dieses Merkmals dar.
Im Hinblick auf die als Anlage B&B 15 überreichte neue Übersetzung des Klagepatentanspruchs bestreitet die Beklagte deren Richtigkeit und beruft sich auf einen Anscheinsbeweis für die Richtigkeit der ursprünglich von der Klägerin gewählte Übersetzung.
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung in Bezug auf alle Handlungen bis zum 31.12.2010 betreffend die angegriffene Ausführungsform 2.
Die Beklagte meint weiterhin, die Verhandlung sei auszusetzen. Sie ist der Auffassung, das Klagepatent sei nicht schutzfähig, weil die patentgemäße Lehre jedenfalls durch die DE 102 28 494 A1, die FR 2 070 567, sowie die GB 1 365 157 neuheitsschädlich vorweggenommen werde. Überdies fehle es ausgehend von der FR 2 070 567, der JPU 1984078156 beziehungsweise der GB 1 365 157 und der US 4,094,039 jedenfalls an einer erfinderischen Tätigkeit.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Die Einbeziehung auch des Sachverhalts betreffend die angegriffene Ausführungsform 2 ist zulässig. Denn dieser Sachverhalt bildet mit demjenigen bezüglich der angegriffenen Ausführungsform 1 einen einheitlichen Streitgegenstand. Eine Klageänderung im Sinne des § 263 ZPO liegt damit nicht vor.
1.
Bei einer Patentverletzungsklage wird der Streitgegenstand regelmäßig im Wesentlichen durch die üblicherweise als angegriffene Ausführungsform bezeichnete tatsächliche Ausgestaltung eines bestimmten Produkts im Hinblick auf die Merkmale des geltend gemachten Patentanspruchs bestimmt. Die Identität des Klagegrundes wird dabei erst dann aufgehoben, wenn dieser Kern des in der Klage angeführten Lebenssachverhalts durch neue Tatsachen verändert wird (vgl. BGH, a.a.O.; GRUR 2007, 172 – Lesezirkel II; GRUR 2003, 716 – Reinigungsarbeiten).
2.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze handelt es sich bezüglich beider Ausgestaltungen von Adaptern um einen einheitlichen Streitgegenstand. Zwischen den Parteien des Rechtsstreits steht außer Streit, dass sich die beiden angegriffenen Ausführungsformen lediglich dadurch unterscheiden, dass bei der angegriffenen Ausführungsform 2 ein Materialvorsprung am äußersten Ende des dem Eingangsende entgegengesetzten Endes des Adapters fehlt, welcher für die Frage einer Patentverletzung nicht von Bedeutung ist. Damit hat die Klägerin das Klagebegehren auf eine Ausführungsform bezogen und damit auf einen identischen Lebenssachverhalt. Eine Änderung des Antrags war mit der Erstreckung der Klage auch auf die angegriffene Ausführungsform 2 nicht verbunden, auch hat sich der Kern der in der Klage angeführten Lebenssachverhalte nicht geändert, so dass auch vor diesem Hintergrund nicht ausnahmsweise vom Vorliegen zweier Streitgegenstände auszugehen ist.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Dem Kläger stehen gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung, Rückruf und Feststellung der Schadensersatzpflicht gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit den §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 3 S. 1 Var. 1 PatG, 140b Abs. 1 und 3 PatG, 242, 259 BGB zu.
1.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Erfindung betrifft einen Adapter zur Befestigung eines Scheibenwischerblatts an einem Arm.
Das Klagepatent führt einleitend aus, dass es bekannt sei, ein derartiges Wischerblatt an einen spezifischen, so genannten Arm mit Abdeckung anzupassen, denn er umfasse ein durch Rollen um den Arm als U-Profil aus Stahlblech realisiertes Ende. Gemäß einem bekannten Ausführungsmodus werde ein als Adapter bezeichnetes unabhängiges Stück auf dem Wischerblatt angebracht, wobei dieser Adapter mit zum Einklinken auf der Achse bestimmten gegenüberliegenden Öffnungen auf seinen Schenkeln versehen sei, und am Ende des Arms in U-Form auf diesem Adapter zum Eingreifen komme und blockiert werde, wobei die Öffnung des „U“ zum Wischerblatt gerichtet sei. Diese Arme mit Abdeckung seien jedoch komplex und kostspielig bei ihrer Herstellung.
Die Klagepatentschrift nimmt sodann Bezug auf die US-A-4094039, welche einen Adapter offenbart, der zum Verbinden eines Scheibenwischerblatts mit einem Stangenarm durch Stecken in letztere vorgesehen ist. Der Adapter weise einen Hauptkörper mit im Wesentlichen U-förmigem Querschnitt auf und umfasse longitudinale Blockiermittel, die in einer Steckhülse ausgebildet seien, die sich vom Hauptkörper zu einem freien Ende erstreckten. Diese Blockiermittel hätten die Form eines Sporns, der direkt unter einem Zapfen einer flexiblen Metalllamelle vorgesehen sei.
Schließlich nimmt die Klagepatentschrift Bezug auf die FR-A-2070567, welche eine Verriegelungsvorrichtung zwischen einem Scheibenwischerblatt und einem Schwenkarm betreffe, wobei das Stangenende des Armes zum längs Hineinstecken in ein Verbindungsstück vorgesehen sei. Das Verbindungsstück weise dabei eine einzige Öffnung auf, die zur Aufnahme einer Scharnierachse zur schwenkbaren Verbindung mit dem Scheibenwischerblatt vorgesehen sei. Das Verbindungsstück weise einen langen und hohlen Schenkel auf, der die Stange des Schwenkarms aufnehme. Dieser Arm umfasse zwei gegenüberliegende Wände, die derart ausgebildet seien, dass sie jeweils eine elastische Lamelle bilden, die jeweils mit einem longitudinalen Blockiermittel ausgestattet sei.
Dem Klagepatent liegt somit die Aufgabe zugrunde, das benannte Problem zu lösen und die Anbindung von Armen besonders einfacher Konzeption zu erlauben, wie zum Beispiel Arme mit Stange.
Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent in Anspruch 1 einen Adapter mit folgenden Merkmalen vor:
1. Adapter der für die Befestigung eines Scheibenwischerblatts (1, 3, 4, 5) eines Scheibenwischers durch eine Schwenkverbindung um eine Achse (4) an einem Arm (2) bestimmt ist, der eine Stange aufweist, die dazu bestimmt ist, längs in den Adapter eingesteckt zu werden,
2. wobei der Adapter (6) dazu bestimmt ist, auf das Scheibenwischerblatt (1, 3, 5, 4) montiert zu werden, wobei das Scheibenwischerblatt die in Querrichtung verlaufende Durchgangsschwenkachse (4) aufweist;
3. der Adapter hat einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt,
3.1. dessen Schenkel (6A, 6B) jeweils eine Öffnung zum Einklinken auf der Achse (4) aufweisen,
3.2. und von dem ein als Eingangsende (6C) bezeichnetes Ende zum Einstecken der Stange des Arms (2) offen ist,
4. und wobei der Adapter (6) transversale Blockiermittel des Arms (2) aufweist,
5. und wobei der Adapter (6) longitudinale Blockiermittel des Arms (2) aufweist,
5.1 wobei die longitudinalen Blockiermittel aus einem auslenkbaren Teil (7) bestehen,
5.2. das auslenkbare Teil ist mit einem Zapfen (9) versehen,
5.3. der Zapfen (9) greift in eine an der Stange ausgebildete Öffnung (10) ein, wenn diese eingesteckt wird,
6. wobei der Adapter (6) aus einem Kunststoffmaterial besteht
7. und ferner zweite longitudinale Blockiermittel aufweist
7.1. die aus einer Aufnahme (11) bestehen, die auf der inneren Fläche des Kerns (6D) des Adapters (6) in der Nähe seines dem Eingangsende (6C) entgegengesetzten Endes ausgebildet ist,
7.2. in die Aufnahme greift ein Anschlag (12) der Stange ein, wenn diese eingesteckt ist,
7.3 und wobei der Anschlag (12) am Ende der Stange ausgebildet ist.
2.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Sie verwirklichen nicht die Merkmalsgruppe 7., da sie keine Aufnahme auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters aufweisen.
a)
Der Klagepatentanspruch bedarf im Hinblick auf die Merkmalsgruppe 7. der Auslegung.
Nach der Merkmalsgruppe 7. weist der Adapter zweite longitudinale Blockiermittel auf, die aus einer Aufnahme bestehen, die auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters in der Nähe seines dem Eingangsende entgegengesetzten Endes ausgebildet ist und in die ein Anschlag der Stange eingreift, wenn diese eingesteckt ist, wobei der Anschlag am Ende der Stange ausgebildet ist.
Die Kammer ist der Auffassung, dass das französische „lorsque celle-ci est enfichée“ grammatikalisch sowohl mit „wenn diese eingesteckt wird“ als auch mit „wenn diese eingesteckt ist“ übersetzt werden kann und damit beide Bedeutungen umfasst (vgl. die in der mündlichen Verhandlung von der Klägerin überreichte linguistische Stellungnahme von Prof. Dr. B). Auch soweit „venir en prise“ mit „in Eingriff kommen“ zu übersetzen ist, sieht die Kammer in technischer Hinsicht keinen Unterschied zur Bedeutung „eingreifen“.
Der Fachmann entnimmt dem Begriff der zweiten longitudinalen Blockiermittel und ihrer räumlich-körperlichen Gestaltung, dass die Funktion dieser Blockiermittel darin besteht, eine Bewegung der in den Adapter eingesteckten Stange jedenfalls entgegen der Einsteckrichtung aus dem Adapter zu blockieren. Insoweit entsprechen die zweiten Blockiermittel in ihrer Funktion den ersten Blockiermitteln, wobei der Klagepatentanspruch über die Anordnungen in der Merkmalsgruppe 7 hinaus keine weiteren Festlegungen dazu trifft, wie eine solche Bewegung verhindert werden soll und in welchem Umfang. Auch der Beschreibung des Klagepatents ist dazu nichts zu entnehmen.
Räumlich-körperlich bestehen die zweiten longitudinalen Blockiermittel aus einer Aufnahme (franz. „logement“), die auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters ausgebildet ist. Begrifflich kann unter einer Aufnahme allgemein ein räumlich-körperliches Gebilde verstanden werden, in die ein anderes Element oder Bauteil zur Aufnahme gelangt. Nach der Lehre des Klagepatents handelt es sich bei diesem anderen Element oder Bauteil um den in Merkmal 7.2 genannten Anschlag, der am Ende der Stange ausgebildet ist. Dieser Anschlag soll in die Aufnahme eingreifen, wenn die Stange in den Adapter eingesteckt ist. „Eingreifen“ oder „in Eingriff kommen“ meint in diesem Zusammenhang, dass der Anschlag in die Aufnahme gelangt und dort an der Umgrenzung der Aufnahme zur Anlage gelangt, was auch durch den Begriff des „Anschlags“ zum Ausdruck kommt. Das Klagepatent setzt also ein Ineinanderfügen beider Elemente voraus. Durch den Eingriff des Anschlags in die Aufnahme wird mithin die Verbindung zwischen Stange und Adapter geschaffen, die – mit oder neben den ersten Blockiermitteln – ein Herausgleiten des Wischerarms aus dem Eingangsende des Adapters ganz oder bis zu einem gewissen Maß verhindern soll.
Der Klagepatentanspruch verlangt weiter, dass die Aufnahme auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters ausgebildet ist (Merkmal 7.1). Nach der Lehre des Klagepatents hat der Adapter einen im Wesentlichen U-förmigen Querschnitt (Merkmal 3). Bei dem Kern des Adapters handelt es sich mithin in Abgrenzung zu den ebenfalls im Patentanspruch genannten Schenkeln um den Bereich, der den zentralen Teil des U-förmigen Adapters bildet, an den die Schenkel des U’s angebunden sind. Dieses Verständnis entspricht auch der Auslegung der Beschwerdekammer beim EPA (vgl. Anlage B&B8a, Seite 23) und findet sich so auch in der Beschreibung des Klagepatents wieder (Abs. [0030] und Figur 2 der Anlage B&B2c). Zu unterscheiden ist der Kern des Adapters von den Schenkeln, dem auslenkbaren Teil – welches in dem Raum zwischen den Schenkeln befindlich ist –, einer Traverse sowie dem Eingangsende des Adapters, bei denen es sich um jeweils eigenständige Vorrichtungsbestandteile handelt, die im Klagepatentanspruch oder in der Beschreibung des Klagepatents auch als solche benannt werden. Von dem Kern des Adapters wird damit nicht jedes zwischen den beiden Schenkeln des Adapters befindliche Bauteil und schon gar nicht der gesamte Innenraum des Adapters erfasst. Durch die U-Form des Adapters besteht der Adapter im Grundsatz aus drei Abschnitten, die der Klagepatentanspruch als Schenkel und Kern bezeichnet, wobei letzterer lediglich das Verbindungsstück zwischen den beiden Schenkeln darstellt.
Maßgeblich ist nach der erfindungsgemäßen Lehre ferner, dass die Aufnahme auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters ausgebildet ist. Unter der inneren Fläche ist die in den Innenraum des Adapters weisende Fläche des Kerns zu verstehen, nicht aber die Begrenzung des Adapters nach außen. Nach dem vorher Gesagten genügt es nicht, wenn die Innenfläche des Kerns als ebene Fläche ausgebildet ist, entlang der die Stange in den Adapter eingesteckt wird. Denn die zweiten Blockiermittel in Form der Aufnahme sollen auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters („sur le surface“) ausgebildet sein. Begrifflich muss daher die innere Fläche des Kerns eine räumlich-körperliche Gestalt aufweisen, die als Aufnahme im Sinne des Klagepatents bezeichnet werden kann. Eine ebene Fläche stellt für sich genommen bereits keine solche Gestaltung dar. Zudem ist nicht ersichtlich, wie ein am Ende der Stange ausgebildeter Anschlag allein in eine ebene Fläche in Eingriff gelangen kann, um so eine Bewegung der Stange entgegen der Einsteckrichtung zu blockieren. Vielmehr ist für die Aufnahme eine räumlich-körperlich ausgebildete Gestalt auf der – ansonsten gegebenenfalls ebenen – Innenfläche des Kerns („sur le surface“) erforderlich.
Nach dem Wortlaut des Klagepatentanspruchs bedarf es weiterhin einer räumlich-körperlichen Ausbildung eines Anschlags am Ende der Stange. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Aufnahme auf der Innenfläche des Kerns des Adapters ausgebildet sein muss, ist zur Ausbildung einer Aufnahme im Sinne des Klagepatents folglich ein räumlich-körperliches Gebilde auf der inneren Fläche des Adapterkerns erforderlich, in oder hinter dem ein auf der Stange räumlich-körperlich ausgebildeter Anschlag zur Anlage und somit in Eingriff kommen kann, so dass eine Bewegung der Stange entgegen der Einsteckrichtung ganz oder bis zu einem gewissen Maß blockiert wird.
Im Hinblick auf die Ausbildung einer Aufnahme im Sinne der patentgemäßen Lehre sind alle Formen von Vorsprüngen, Hinterschneidungen, Ausnehmungen, Vertiefungen und ähnliches, an oder in denen ein Anschlag zur Anlage gelangen kann, so dass die Bewegung der Stange entgegen der Einsteckrichtung gehindert wird, denkbar. Insoweit ist der Klagepatentanspruch 1 weiter zu verstehen als der Unteranspruch 2, welcher den Eingriff einer am Ende der Stange ausgebildeten Profilklinke in eine auf der inneren Fläche des Adapters ausgebildete profilierte Einklinkrippe vorsieht. Eine solche Ausgestaltung erläutert das Klagepatent auch im Rahmen eines Ausführungsbeispiels, wonach die Aufnahme mittels einer profilierten Einklinkrippe geformt sein kann (vgl. Absatz [0013] der Anlage B&B 2c sowie Figur 3 der Anlage B&B 1). Hierbei wird der Raum, in dem der Anschlag in Eingriff gelangt, durch die Innenfläche des Kerns und die Einklinkrippe ausgebildet. Der Anschlag in Form einer Profilklinke gelangt dergestalt in der Aufnahme in Eingriff, dass die Profilklinke in Einsteckrichtung hinter der Einklinkrippe zur Anlage kommt, also anschlägt und damit eine Bewegung der Stange entgegen der Einsteckrichtung hindert. Auch derartige Ausbildungen sind von dem Klagepatentanspruch 1 umfasst, welcher indes nicht hierauf beschränkt ist.
Allerdings kann aus dem gegenüber dem Ausführungsbeispiel oder dem Unteranspruch 2 weiter gefassten Klagepatentanspruch 1 nicht hergeleitet werden, dass unter einer Aufnahme jeder Teil des Adapters (mit Ausnahme der Schenkel) verstanden werden kann, der dem Eingangsende gegenüberliegt und eine Bewegung der Stange entgegen der Einsteckrichtung verhindert. Denn dann bliebe das Erfordernis, dass die Aufnahme auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters ausgebildet sein soll, ohne jede Bedeutung. Gleiches gilt im Verhältnis der ersten Blockiermittel zu den zweiten Blockiermitteln. Während bei ersteren konkrete Anforderungen an die Ausgestaltung gestellt werden, nämlich ein auslenkbarer Teil gefordert wird, der mit einem Zapfen versehen ist, welcher in eine an der Stange ausgebildete Öffnung eingreift, verlangen die zweiten longitudinalen Blockiermittel zumindest eine auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters ausgebildete Aufnahme, in die ein Anschlag der Stange eingreift.
Ob das Klagepatent einen Reibschluss als einziges Mittel zur Blockierung der Bewegung ausschließt, bedarf keiner Entscheidung. Das Klagepatent differenziert nicht zwischen Reib- und Formschluss. Es ist aber kaum vorstellbar, wie eine Ausführungsform entsprechend den vom Klagepatent aufgestellten räumlich-körperlichen Anforderungen an die Aufnahme als zweites Blockiermittel gestaltet sein sollte, bei der die Blockierung nicht durch einen Formschluss zwischen Aufnahme und Anschlag erreicht wird. Entsprechend hat auch das EPA in seiner Beschwerdeentscheidung ausgeführt, dass in den Anmeldeunterlagen gerade kein Element offenbart ist, das für einen Reibschluss sprechen könnte (vgl. Anlage B&B 8a, Seite 21). Den diesbezüglichen Ausführungen des EPA kommt insoweit die Bedeutung einer gewichtigen sachverständigen Stellungnahme zu (vgl. BGH, GRUR 1996, 895 – Regenbecken). Diese Ausführungen sind auch auf die hiesige Patentschrift übertragbar, die keinen über die Patentanmeldung hinausgehenden Inhalt hat.
Demnach genügt es auch nicht, wenn der Kern des Adapters zusammen mit den Schenkeln und gegebenenfalls weiteren, dem Kern gegenüberliegenden Flächen lediglich eine Tasche ausbildet, in der das Ende einer Stange eingreift und dort gegebenenfalls durch Reibschluss gehalten wird. Denn hierbei wird bereits keine Aufnahme auf der inneren Fläche des Kerns ausgebildet, so dass auch kein am Ende der Stange ausgebildeter Anschlag in dieser Tasche zum Eingreifen gelangen kann. Würde man eine derartige Ausführungsform noch als von der patentgemäßen Lehre umfasst ansehen, wäre jede bauliche Gestaltung am Ende des dem Eingangsende entgegengesetzten Bereichs des Adapters, bei der es zu einer irgendwie gearteten Blockierung der Stange kommen würde, ausreichend, so dass das Merkmal 7.1 bedeutungslos würde. Demgemäß hat auch das EPA in seiner Beschwerdeentscheidung bezüglich der in Absatz [0005] des Klagepatents in Bezug genommenen US-Schrift 4 094 039 (Anlage HL12) nicht in Erwägung gezogen, dass die dort beschriebene Tasche als zweites Blockiermittel in Betracht kommt. In der Druckschrift wird gerade eine Tasche beschrieben, die in ihrer Form genau dem freien Ende des Arms des Schweibenwischers entspricht (Anlage B7, Spalte 3, Zeilen 33-35), wobei die ausgebildete Tasche zum sicheren Blockieren und Halten des Arms in Position dient (vgl. Anlage B7, Spalte 5, Zeilen 56-59). Daraus schließt der Fachmann, dass die Stange der in dieser Druckschrift offenbarten Vorrichtung – anders als nach der Lehre des Klagepatents – auch durch die Ausgestaltung der Tasche – also ohne Protuberanzen und Haken – allein durch Reibschluss gehalten werden kann.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Stellungnahme des Prof. Ballot (Anlage B&B 18a), da dieser das Merkmal „in Eingriff kommen“ (frz.: „venir en prise“) isoliert auslegt und dabei die übrigen räumlich-körperlichen Anforderungen des Klagepatentanspruchs außer Acht lässt.
b)
Durch das Angebot der angegriffenen Ausführungsformen 1 und 2 macht die Beklagte von der technischen Lehre des Klagepatentanspruchs 1 nicht unmittelbar wortsinngemäß Gebrauch. Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen die Merkmalsgruppe 7 nicht. Denn sie verfügen nicht über eine Aufnahme auf der inneren Fläche des Kerns des Adapters.
Bei der angegriffenen Ausführungsform ist zwar in der Nähe des dem Eingangsende entgegengesetzten Endes der inneren Fläche des Kerns des Adapters eine Formveränderung dergestalt zu ersehen, dass eine Verengung des Einschubkanals erfolgt. Eine Aufnahme im Sinne einer Vertiefung, in die ein am Ende der Stange ausgebildeter Anschlag in Eingriff gelangen kann, weisen die angegriffenen Ausführungsformen indes nicht auf. Durch die Formveränderung des Kerns des Adapters unter Hinzutreten eines Stegs zwischen den beiden Schenkeln wird vielmehr lediglich eine Tasche ausgebildet, in die die Stange hineingeschoben wird. Derartige Taschen waren nach dem Stand der Technik, so beispielsweise aus der US-Schrift 4 094 039 bekannt und wurden auch von dem EPA im Rahmen seiner Beschwerdeentscheidung nicht als Blockiermittel in Erwägung gezogen. Die Stufenform am Ende des Adapters dient vielmehr allenfalls der aerodynamischen oder ästhetischen Anpassung der äußeren Form des Adapters. Eine Aufnahme im Sinne der geschützten Lehre, in die ein Anschlag eingreifen könnte, wird hierdurch aber nicht geschaffen.
Da mangels Vorliegens der Merkmalsgruppe 7. eine Verwirklichung der im Klagepatent unter Schutz gestellten Lehre nicht festzustellen ist, erübrigen sich Ausführungen zu den weiterhin zwischen den Parteien streitigen Punkten wie dem hilfsweise geltend gemachten Aussetzungsantrag oder der erhobenen Einrede der Verjährung.
III.
Die Entscheidung über die prozessualen Nebenentscheidungen beruht auf den
§§ 91, 709 ZPO.
Der Streitwert wird auf 500.000,00 € festgesetzt.