2 U 99/07 – Callunen-Sorten IV (Sortenschutz)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1057

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. Januar 2009, Az. 2 U 99/07

Vorinstanz: 4b O 320/06

I.
Die Berufung gegen das am 18. September 2007 verkündete Teilurteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 75.000,– €.

G r ü n d e

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten Übertragung von Sortenschutzrechten und Sortenschutzanmeldungen, Schadensersatz, hilfsweise Herausgabe des erzielten Gewinns als Bereicherungsausgleich, sowie Auskunftserteilung und Rechnungslegung.

Der Kläger nahm den Beklagten 1 vor dem Landgericht Düsseldorf u.a. auf Übertragung des ihm erteilten, jeweils im. November 1993 zur Anmeldung gebrachten Sortenschutzes zu der Kennnummer CLL 1 mit der Sortenbezeichnung „A“ und zu der Kennnummer CLL 2 mit der Sortenbezeichnung „B“ sowie auf Übertragung des Anspruchs auf Erteilung des Sortenschutzes für die vom Beklagten zu 1 unter demselben Datum unter der Bezeichnung „C“ angemeldeten Sorte mit der Kennnummer CLL 3 in Anspruch. Hinsichtlich der zuletzt genannten Sorte stellte das Landgericht die Erledigung der Hauptsache fest, nachdem der Beklagte zu 1 seinen Erteilungsantrag beim Bundessortenamt zurückgenommen hatte. Hinsichtlich der beiden weiteren Sorten verurteilte das Landgericht den Beklagten zu 1 zur Übertragung. Mit Urteil vom 13. September 2001 (Anlage K 1) wies der Senat die Berufung u.a. im Hinblick auf die Übertragung der Sorte „B“ und mit Urteil vom 2. Juni 2005 (Anlage K 3) die Berufung u.a. im Hinblick auf die Übertragung der Sorte „A“ zurück.

Im September/Oktober 1996 stellte der Beklagte zu 1 beim Bundessortenamt Sortenschutzanträge für die im Klageantrag zu I. näher bezeichneten Sorten „D“, „E“ und „F“. Für die beiden zuletzt genannten Sorten wurde dem Beklagten zu 1 Sortenschutz erteilt. Später beantragten die Beklagten auch für die im Klageantrag zu II. genannten Sorten Sortenschutz, der inzwischen für die Sorte mit der Bezeichnung „G“ gewährt wurde.

Der Kläger hat vor dem Landgericht vorgetragen, sämtliche der in Streit stehenden Sorten seien – wie er im Anschluss an einen im Jahr 2005 durchgeführten Testkauf festgestellt habe – entsprechend der nachfolgend wiedergegebenen Übersicht erste Ableitungen der ihm zustehenden Ausgangssorten.

Der Beklagte zu 1 habe sich anlässlich eines Besuchs bei ihm im Herbst 1992 in unrechtmäßiger Weise Pflanzenmaterial von Züchtungsergebnissen verschafft, indem er ohne Erlaubnis Pflanzenteile von neu gezüchteten Sorten abgeschnitten habe, um damit Pflanzen zu vermehren und im Rahmen des Anbaus Mutationen zu entdecken. Die Beklagten hätten Mutationen ohne das Entwenden seines auf dem freien Markt nicht erhältlichen Pflanzenmaterials nicht entdecken und infolge dessen die streitgegenständlichen Sortenschutzrechte nicht erhalten können. Nach Feststellung der Entwendung habe er selbst entsprechendes Pflanzenmaterial angepflanzt und durch Verklonung weitervermehrt. Am 30.09.1995 habe er Mutationen aus seinen Klonen „4“ und „5“ mit jeweils grauweißen Knospen entdeckt, die den Sorten „F und „E“ entsprächen. Bei einem Vergleich der von ihm erhaltenen Mutanten mit den von den Beklagten bei der Prüfstelle vorgelegten Registerpflanzen habe er festgestellt, dass deren Merkmale allein aufgrund unterschiedlicher Anbaubedingungen voneinander abwichen, aber als identisch anzusehen seien. Wegen der insoweit fehlenden Unterscheidbarkeit habe er von einer Anmeldung der von ihm entdeckten Mutanten abgesehen.
Der Kläger hat beantragt,

I.
den Beklagten zu 1 zu verurteilen, die nachstehenden Sortenschutzrechte, nämlich den durch Beschluss des Bundessortenamtes

– vom 21.06.1999 zur Kennnummer CLL 80 erteilten Sortenschutz für die Sorte mit der Sortenbezeichnung „E“,
– vom 02.05.2000 zur Kennnummer CLL 81 erteilten Sortenschutz für die Sorte mit der Sortenbezeichnung „F“

sowie

– die am 05.09.1996 unter der Kennnummer CLL 71 angemeldete Sorte mit der vorläufigen Bezeichnung „H“ (vorgeschlagene Sortenbezeichnung „I“),
auf ihn zu übertragen;

II.
die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen,

– das durch Beschluss des Bundessortenamtes vom 06.06.2006 unter der Kennnummer CLL 7 erteilte Sortenschutzrecht für die Sorte mit der Sortenbezeichnung „G“,

sowie

– die am 28.10.2002 unter der Kennnummer CLL 8 angemeldete Sorte mit der vorläufigen Sortenbezeichnung „W 8“ (vorgeschlagene Sortenbezeichnung „J“),
– die am 30.09.2003 unter der Kennnummer CLL 9 angemeldete Sorte mit der vorläufigen Sortenbezeichnung „W 12“,
– die am 30.09.2003 unter der Kennnummer CLL 10 angemeldete Sorte mit der vorläufigen Sortenbezeichnung „W 13“
auf ihn zu übertragen;

III. festzustellen, dass der Beklagte zu 1) verpflichtet ist,

1.
ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist und zukünftig entstehen wird, dass der Beklagte zu 1) Pflanzen der in Ziffer I. genannten Sorten sowie Vermehrungsmaterial hiervon in den Verkehr gebracht hat, hilfsweise den hiermit erzielten Gewinn wegen ungerechtfertigter Bereicherung herauszugeben;

2.
Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen hinsichtlich Vermehrungs- und Vertriebshandlungen zu Sorten gem. Ziffer I., und zwar hinsichtlich

– der Menge des hergestellten, ausgelieferten, erzeugten oder bestellten Pflanzenmaterials,
– der Verkaufsmenge, -zeit und –preise,
– des erzielten Umsatzes,
– des Inhalts von Angebotsschreiben unter Angabe der Auflagenhöhe, des Verbreitungszeitraumes sowie des Verbreitungsgebietes,
durch Vorlage eines Verzeichnisses unter Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten, der einzelnen Lieferungen, der Gestehungskosten mit Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie Vorlage der Rechnungen über Lieferungen an gewerbliche Abnehmer;

IV.
festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind,

1.
ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist und zukünftig entstehen wird, dass die Beklagten zu 1) und 2) Pflanzen der in Ziffer II. genannten Sorten sowie Vermehrungsmaterial hiervon in den Verkehr gebracht haben, hilfsweise den hiermit erzielten Gewinn wegen ungerechtfertigter Bereicherung herauszugeben;

2.
Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen hinsichtlich Vermehrungs- und Vertriebshandlungen zu Sorten gem. Ziffer II., und zwar hinsichtlich

– der Menge des hergestellten, ausgelieferten, erzeugten oder bestellten Pflanzenmaterials,
– der Verkaufsmenge, -zeit und –preise,
– des erzielten Umsatzes,
– des Inhalts von Angebotsschreiben unter Angabe der Auflagenhöhe, des Verbreitungszeitraumes sowie des Verbreitungsgebietes,

durch Vorlage eines Verzeichnisses unter Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten, der einzelnen Lieferungen, der Gestehungskosten mit Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie Vorlage der Rechnungen über Lieferungen an gewerbliche Abnehmer.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, die Sorten „E“ und „F“ seien Mutationen von Klonen des Beklagten zu 1. Bereits seit 1991 hätten sie – so die Beklagten zu 1 und 2 – verschiedene Typen violett blühender Knospenblüher in ihrem Betrieb gehabt; zu dieser Zeit habe zwischen den Parteien eine „normale“ Geschäftsbeziehung bestanden, in deren Rahmen der Kläger dem Beklagten zu 1 ständig geschützte und ungeschützte Pflanzen geliefert habe. Die Sorten „W8“ und „W12“ seien Mutationen der Ausgangssorte „E“, die Sorten „G“ und „W13“ solche der Sorte „F“. Die Beklagten haben außerdem gegenüber den mit den Klageanträgen zu I., III. und IV. geltend gemachten Ansprüchen die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der Klageanträge zu I. bis III. durch Teilurteil abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stünden die insoweit geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt der Kläger sein insoweit erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klagebegehren unter Bezugnahme und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Er macht im Wesentlichen geltend: Das Landgericht habe nicht hinreichend beachtet, dass die Ausgangssorten unmittelbar und ausschließlich auf die züchterische Leistung des Klägers zurückgingen und er sich seiner diesbezüglichen Eigentumsposition zu keiner Zeit freiwillig begeben habe. Da es sich bei Caluna Vulgaris um eine mutationsfreudige Pflanze handele, sei davon auszugehen, dass er die streitgegenständlichen Sortenmutationen selbst aufgefunden hätte. Im Übrigen reiche für das Vorliegen eines schadensersatzrechtlichen Übertragungsanspruchs die (inzwischen rechtskräftig vom Senat getroffene) Feststellung aus, dass der Beklagte zu 1 Pflanzenmaterial der Ausgangssorten widerrechtlich entwendet habe. Denn Teil seiner, der klägerischen, Eigentumsposition sei die Veranlagung des entwendeten Pflanzenmaterials, Mutationen hervorzurufen. Dies finde seine Bestätigung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur objektiven Schadensberechnung, im Rahmen derer die Herausgabe des Verletzergewinns verlangt werden könne. Ein Übertragungsanspruch ergebe sich auch aus Bereicherungsrecht. Die Beklagten hätten auf Kosten des Klägers die mangels freier Verfügbarkeit von Pflanzenmaterial der Ausgangssorten auf dem Markt allein ihm vorbehaltene (konkurrenzlose) Möglichkeit, mit Hilfe des Pflanzenmaterials Mutationen zu entdecken und zum Sortenschutz anzumelden, erlangt. Die Auffassung des Landgerichts, das sortenschutzrechtliche Züchterprivileg stehe einer solchen Annahme entgegen, sei rechtsfehlerhaft. Der Züchtervorbehalt könne nicht durchgreifen, wenn der Züchter das Ausgangsmaterial an Pflanzen in rechtswidriger Weise unter Eingriff in das Eigentumsrechts eines Dritten erlangt habe. Ferner ergebe sich der Übertragungsanspruch auch aus den Grundsätzen der angemaßten Eigengeschäftsführung.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und entsprechend seinen erstinstanzlich gestellten Klageanträgen zu I. bis III. zu erkennen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten unter Bezugnahme und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags dem Vorbringen des Klägers entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die mit den Klageanträgen zu I. bis III. geltend gemachten Ansprüche zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen die insoweit geltend gemachten Übertragungs-, Schadenseratz-, Bereicherungs-, Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche nicht zu.

1. a)
Die vom Kläger mit seinen Klageanträgen zu I. u. II. geltend gemachten Übertragsansprüche ergeben sich nicht aus § 9 Abs. 2 SortG. Denn auch unter Zugrundelegung des Klägervortrags sind die Beklagten, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 8 Abs. 1 SortG Entdecker der streitgegenständlichen Sorten und damit berechtigte Inhaber dieser Sorten. Da das Immaterialgüterrecht des Sortenschutzes nicht dem sachenrechtlichen Eigentum am Ausgangsmaterial folgt (BGH, GRUR 1976, 385 – Rosenmutation, Keukenschrijver, SortG, 2001, § 8 Rdn. 13), sind die Beklagten auch nicht deshalb im Sinne von § 9 Abs. 2 SortG als Nichtberechtigte anzusehen, weil der Beklagte zu 1 nach Behauptung des Klägers das Ausgangsmaterial widerrechtlich entwendet haben soll.

b)
Geht man – wie das Landgericht – von dem Klägervortrag aus, nach dem die streitgegenständlichen Sorten aus den Sorten des Klägers „C“, „A“ und „B“ abgeleitet wurden, die der Beklagte zu 1 auf dem Betriebsgelände des Klägers unerlaubt entwendet haben soll, stehen der Klägerin zwar dem Grunde nach Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung zu (§§ 989, 990 BGB; §§ 992, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 858 BGB oder 242 StGB; §§ 992, 823 Abs. 2 BGB). Mit Recht ist das Landgericht jedoch davon ausgegangen, dass sich hieraus in der Rechtsfolge nicht die begehrten Übertragungsansprüche herleiten lassen.

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre (Grundsatz der Naturalrestitution). Zum Ersatz verpflichtender Umstand ist bezogen auf die vorbezeichneten Anspruchsnormen die unerlaubte Entziehung des Besitzes und Eigentums an Pflanzenmaterial der Ausgangssorten des Klägers. Ausgehend hiervon kann der Kläger die Übertragung der streitgegenständlichen Sortenschutzrechte und Sortenanmeldungen unter Schadensersatzgesichtspunkten nur dann verlangen, wenn ohne die Entziehung er und nicht die Beklagten die streitgegenständlichen Sorten entdeckt und zum Sortenschutz angemeldet haben würde. Dafür, dass er die Sorten selbst entdeckt hat, ist der Kläger darlegungs- und beweisfällig geblieben. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt sich mangels objektiver Angaben zur Übereinstimmung von Sortenmerkmalen aus dem (wertenden) Vorbringen des Klägers, anlässlich einer Besichtigung in der Prüfstelle R Unterschiede seiner Klone 4 und 5 mit den Sorten „F“ und „E“ nicht erkannt haben zu wollen, nicht die Feststellung ableiten, dass Abweichungen von den Merkmalen der Sorten „F“ und „E“, die für die Feststellung der Sortenidentität relevant sind, nicht vorliegen. Auch hat der Kläger sein diesbezügliches Vorbringen nicht mehr in der Berufungsinstanz ergänzt. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger die Vorlage seiner Zuchtunterlagen angeboten hat.

Soweit der Kläger darauf verweist, dass es sich bei Caluna Vulgaris um eine mutationsfreudige Pflanze handelt, mag dies eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür begründen, dass der sachkundige Kläger Mutationen selbst hätte entdecken können. Die tatrichterliche Feststellung, dass der Kläger gerade auch die streitgegenständlichen Sorten entdeckt haben würde, lässt sich auf dieser Grundlage jedoch nicht treffen. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr, dass nach dem Sach- und Streitstand davon auszugehen ist, dass der Kläger keine der streitgegenständlichen Sorten (vor oder nach den Beklagten) selbst entdeckt hat.

Nicht beigetreten werden kann auch der Ansicht des Klägers, darauf, ob er die streitgegenständlichen Sorten selbst entdeckt hätte, könne es nicht ankommen, weil Teil seiner Eigentümerposition die Veranlagung des verwendeten Pflanzenmaterials, Mutationen hervorzurufen, gewesen sei. Inhalt des Eigentums an einer Sache ist die Befugnis des Eigentümers, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von der Einwirkung auf sie ausschließen zu können (§ 903 S. 1 BGB). Ohne die mit der Entwendung des Pflanzenmaterials verbundene Verletzung der Ausschließungsbefugnis hätten die Beklagten – den Vortrag des Klägers unterstellt – die streitgegenständlichen Sorten zwar nicht entdecken können. Das bedeutet aber nicht auf der Kehrseite, dass dem Kläger hierdurch ein entsprechender Schaden entstanden muss. Das zeigt sich schon darin, dass dem Kläger, der weiterhin im Besitz der Ausgangssorten blieb, durch die Entwendung des Pflanzenmaterials die Möglichkeit nicht genommen wurde, die streitgegenständlichen Mutationen zu entdecken. Darüber hinaus ändert der Eingriff in das Eigentum auch nichts daran, dass bezogen auf die Entdeckung von Mutationen dem Kläger ein eigener wirtschaftlicher Nachteil, der im Wege der Naturalrestitution auszugleichen ist, nur dann entstanden ist, wenn er ohne diesen Eingriff die streitgegenständlichen Sorten entdeckt und zum Sortenschutz angemeldet hätte. Das ist – wie bereits ausgeführt – zu verneinen.

Dass der Kläger die gleichen Mutationen wie die Beklagten entdeckt hätte, lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus der im Immaterialgüterrecht zugelassenen Schadensberechnungsmethode der Herausgabe des Verletzergewinns herleiten, bei der fingiert wird, dass der Verletzte durch die ausschließlich ihm vorbehaltene Verwertung des Schutzrechts den gleichen Gewinn wie der Verletzer erzielt hätte, ohne dass es darauf ankommt, ob der Verletzte hierzu tatsächlich in der Lage gewesen wäre (vgl. BGHZ 145, 366, 372 – Gemeinkostenanteil; BGHZ 150, 32, 44 – Unikatrahmen). Voraussetzung für die Zulassung dieser objektiven Schadensberechnung ist zumindest das Vorliegen einer dem Immaterialgüterrecht vergleichbaren Rechtsinhaberschaft (vgl. BGH, GRUR 1973, 478, 480 – Modeneuheiten). Das ist bezogen auf die streitgegenständlichen Sortenschutzanmeldungen jedoch zumindest deshalb nicht der Fall, weil gemäß § 10a Abs. 1 Nr. 3 SortG – ebenso wie gemäß § 10 S. 2 u. 3 SortG a.F. – die Züchtung und damit verbundene Entdeckung neuer Sorten vom immaterialgüterrechtlichen Sortenschutz nicht eingeschlossen wird, sich nach der gesetzgeberischen Wertung die mit der Züchtung der Ausgangssorte verbundene immaterielle Leistung insoweit also gerade nicht mit einer Ausschließungsbefugnis verbunden sein soll.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich die begehrten Übertragsansprüche auch nicht aus § 37 Abs. 2 SortG oder § 83 BGB. Denn auch hier gilt, dass dem Kläger nur dann durch die Sortenschutzanmeldungen der Beklagten ein ersatzfähiger Schaden entstanden sein kann, wenn er ohne die Verletzungshandlung die streitgegenständlichen Sorten selbst entdeckt und angemeldet hätte.

c)
Dem Kläger stehen die geltend gemachten Übertragungsansprüche ferner nicht gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 2 Alt. BGB (Eingriffskondiktion) zu.

Zwar ist für immaterielle Schutzrechte anerkannt, dass derjenige, der unberechtigt in den Zuweisungsgehalt eines solchen Ausschließlichkeitsrechts eingreift, in sonstiger Weise etwas – einen Vermögensvorteil – auf Kosten des Rechtsinhabers erlangt. Wie bereits dargelegt und auch vom Landgericht zutreffend erkannt wurde, ergibt sich jedoch aus § 10a Abs. 1 Nr. 3 SortG, dass die Züchtung und damit verbundene Entdeckung neuer Sorten dem Inhaber der Ausgangssorte nicht zugewiesen ist. Die von dem Kläger begehrte Rechtsfolge ergibt sich aber selbst dann nicht, wenn man zu seinen Gunsten eine entsprechende Ausschließungsbefugnis unterstellt. Denn das Erlangte kann in solch einem Fall nicht in der Konsumierung einer allein dem Schutzrechtsinhaber vorbehaltenen Marktchance und den hierdurch eröffneten Gewinnmöglichkeiten – hier der Entdeckung der streitgegenständlichen Sorten und der dadurch möglichen Erlangung von Sortenschutz – gesehen werden, weshalb die Gewinnherausgabe auch nicht verlangt werden kann (vgl. BGH, NJW 1982, 1154, 1155 f. – Kunststoffhohlprofil II).

Erlangt haben die Beklagten durch die vom Kläger behauptete Entwendung den Besitz an Pflanzenmaterial der Ausgangssorten. Dass die Erlangung des Besitzes unter Eingriff in die Eigentums- und Besitzrechte des Klägers an dem konkreten Pflanzenmaterial erfolgte, hat allerdings nicht zur Konsequenz, dass die Beklagten als Vermögensvorteil die streitgegenständlichen Sortenschutzrechte bzw. Sortenschutzanmeldungen auf Kosten des Klägers erlangt haben. Wie auch der in § 10a Abs. 1 Nr. 3 SortG niedergelegte Züchtervorbehalt bestätigt, folgt das Immaterialgüterrecht des Sortenschutzes nicht dem sachenrechtlichen Eigentum oder einem sonstigen Recht am Ausgangsmaterial; berechtigter Sortenschutzinhaber kann also auch der sein, der nicht zugleich Eigentümer oder berechtigter Besitzer der Ursprungspflanze oder Züchter der Ausgangssorte ist (vgl. BGH, GRUR 1976, 385, 386 – Rosenmutation). Das Sortenschutzrecht stellt demgemäß keinen Vermögenswert dar, der auf das Eigentum und den Besitz an konkretem Pflanzenmaterial zurückgeht, und kann damit auch nicht durch den Eingriff in diese Positionen auf Kosten des Rechtsinhabers erlangt werden und Gegenstand einer Eingriffskondiktion sein.

Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagten hätten auf seine Kosten etwas erlangt, weil er Pflanzenmaterial der Ausgangssorte nicht freiwillig an Dritte abgeben habe und daher allein ihm vorbehalten gewesen sei, aus den Ausgangssorten neue Sorten zu züchten und zu entdecken, führt auch das zu keinem bereicherungsrechtlichen Übertragungsanspruch des Klägers. Die geltend gemachte Position des Klägers beruht nicht allein auf seinem Eigentum und Besitz an dem konkret entwendeten Pflanzenmaterial, sondern darauf, dass er die Gesamtheit an Pflanzen der Ausgangssorten Dritten nicht zugänglich gemacht hat. Da er hiermit Dritte von jeder Benutzung der Ausgangssorten ausgeschlossen hat, hat er sein Eigentumsrecht faktisch in einer Weise ausgenutzt, als stünde ihm hinsichtlich der Verwendung der Ausgangssorten auch zu Züchtungszwecken ein Ausschließlichkeitsrecht zu. Aufgrund dieser faktischen Stellung kann der Kläger aber nicht besser gestellt sein, als er stünde, wenn ihm – wie oben zu seinen Gunsten unterstellt – ein entsprechendes immaterielles Ausschließlichkeitsrecht zustehen würde, bei dem die Herausgabe als Gewinn erlangter Sortenschutzrechte und Sortenanmeldungen gerade nicht verlangt werden kann. Damit würde – wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat – der Gesetzeszweck des Züchtervorbehalts der Förderung der züchterischen Forschungs- und Entwicklungsarbeit, bei der das gesamte vorhandene biologische Material für die Schaffung neuer Sorten verwendet können werden soll (vgl. Keukenschrijver, SortG, 2001, § 10 Rdn. 7), in unzulässiger Weise umgangen.

Da die vom Kläger geltend gemachte (faktische) Ausschließlichkeitsposition nicht allein auf sein Eigentum an dem konkret entwendeten Pflanzenmaterial zurückgeht, stellen sich die streitgegenständlichen Sortenschutzrechte und Sortenanmeldungen der Beklagten schließlich auch nicht im Sinne von §§ 818 Abs. 1 oder §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 15 BGB als Nutzungen oder Ersatz bzw. Surrogat des konkret erlangten Pflanzenmaterials dar.

d)
Dem Kläger steht auch kein Übertragungsanspruch wegen angemaßter Eigengeschäftsführung ohne Auftrag zu (§ 687 Abs.2 i.V.m. §§ 681 S. 2, 667 BGB). Aus den vorgenannten Gründen ist dem Kläger weder aus seinem Eigentum an dem entwendeten Pflanzenmaterial noch daraus, dass er die Gesamtheit an Pflanzen der Ausgangssorten Dritten nicht zugänglich gemacht hat, ein ausschließliches Züchtungsrecht unter Verwendung der Ausgangssorten zugewiesen. Bei der Verletzung absoluter Rechte kommt eine Herausgabepflicht wegen angemaßter Eigengeschäftsführung aber nur in Betracht, soweit der Zuweisungsgehalt des Rechts reicht (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl, § 687 Rdn. 5).

2.
Ebenfalls zu Recht hat das Landgericht die Klage abwiesen, soweit der Kläger mit seinem Klageantrag zu III. bezogen auf die Sorten „E“, „F“ und „D“ die Feststellung begehrt, dass der Beklagte zu 1 verpflichtet ist, ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch das in Verkehr bringen von Pflanzen oder Vermehrungsmaterial dieser Sorten entstanden ist und entstehen wird.

Da es sich bei den vorgenannten Sorten um Altsorten im Sinne von § 41 Abs. 6 SortG handelt, auf die die Regelung des § 10 Abs. 2 u. 3 SortG (n.F.) über die Erstreckung des Sortenschutzes auf im wesentlichen von der Ausgangssorte abgeleitete Sorten keine Anwendung findet, steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gemäß § 37 Abs. 2 SortG wegen unberechtigter Benutzung der Ausgangssorten zu. Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung scheitern an den unter 1.b) zu den geltend gemachten Übertragungsansprüchen genannten Gründen.

Aus den unter 1.c) genannten Gründen steht dem Kläger auch nicht nach Bereicherungsrecht der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des vom Beklagten zu 1 erzielten Gewinns zu.

3.
Auskunft- und Rechnungslegungsansprüche stehen dem Kläger schließlich mangels Vorliegens eines Hauptanspruchs, zu dessen Durchsetzung der Kläger die begehrten Angaben benötigen würde, ebenfalls nicht zu.

III.

Als im Berufungsverfahren unterlegene Partei hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 61, 108 Abs. 1 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch fordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung, da die Rechtslage durch die zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes („Rosenmutation“ u. „Kunststoffhohlprofil II“) hinreichend geklärt ist.