20 U 68/10 – Rückleuchte

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1872

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. Januar 2011, Az. 20 U 68/10

Vorinstanz: 4b O 240/08

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. März 2010 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, eine Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 125.000,00 € abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe
A)
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz Ansprüche in Bezug auf eine Rückleuchte für Nutzkraftfahrzeuge geltend. Das Landgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung die Beklagte antragsgemäß unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland die im Tenor des erstinstanzlichen Urteils abgebildete Universal-Rückleuchte für Nutzkraftwagen anzubieten oder zu vertreiben oder anzubieten oder vertreiben zu lassen, die durch folgende Merkmale gekennzeichnet ist:
– in der Vertikalachse asymmetrisches Format der Glasabdeckung, das auf der einen Seite einem Rechteck mit geraden Seiten entspricht, zur anderen Seite hin jedoch übergehend in die Form eines „Rechtecks“ mit nach außen gewölbten Seiten,
– Glasabdeckung, deren Lichtdurchlasssegmente jeweils zumindest an einer Seite gebogen sind,
– wobei die beiden äußeren Segmente zwei Kreise darstellen und eines dieser kreisförmigen Lichtdurchtrittssegmente das andere kreisförmige Lichtdurchtrittssegment überlappt, so dass dieses die Form eines zu- bzw. abnehmenden Mondes aufweist.
Das Landgericht hat die Beklagte ferner zur Auskunft mit näher bezeichneten Angaben zum Umfang der vorbeschriebenen Handlungen sowie zur Angabe der Lieferanten und gewerblichen Abnehmer verurteilt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt.
Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten. Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Sie meint insbesondere, dem Produkt der Klägerin könne kein wettbewerblicher Schutz zukommen, weil es auch keinen Sonderrechtsschutz beanspruchen könne. Eine Nachahmung liege nicht vor. Insoweit meint sie, es handele sich bei dem von ihr angebotenen Produkt um ein Ersatzteil, für welches ein optisches „B“ gegeben sei. Im Falle eines Defekts sei dem Kunden ein paarweiser Austausch nicht zuzumuten. Zudem sei ihr Herstellerkennzeichen optisch ohne weiteres erkennbar. Das Produkt werde zudem nicht nach optischen, sondern allein technischen Gegebenheiten ausgewählt. Eine Nachahmung könne nicht daraus hergeleitet werden, dass das klägerische Produkt unstreitig viele Jahre vor dem Produkt der Beklagten auf dem Markt gewesen sei, weil es insoweit auf die Marktpräsenz in Deutschland ankomme. Die Rückleuchte werde auf dem deutschen Markt zudem allein mit dem Fahrzeughersteller in Verbindung gebracht. Die Rückleuchte weise auch keine wettbewerbliche Eigenart auf, weil bei den allein angesprochenen Fachkreisen optische Merkmale keine Rolle spielten und vergleichbare Rückleuchten auch von Dritten angeboten würden. Das Produkt werde auch allenfalls mit der früheren Konzernmutter der Klägerin und nicht mit dieser selbst in Verbindung gebracht. Das Landgericht habe auch nicht von einer gewissen Bekanntheit der Leuchten ausgehen dürfen. Eine Herkunftstäuschung sei durch ihr Zeichen auf den Rückleuchten, deren Verpackung und den Umstand ausgeschlossen, dass sie selbst das Produkt nur unter ihrer Angabe als Hersteller anbiete. Dafür, dass unstreitig ihr Produkt von deutschen Ersatzteilhändlern ohne Herstellerangabe und in neutraler Verpackung veräußert werde, sei sie nicht verantwortlich. Im Übrigen mache sich der Käufer eines Ersatzteils ohnehin keine Gedanken über dessen betriebliche Herkunft.
Die Beklagte beantragt,
das am 30.03.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Sachvortrages.
Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
B)
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, hat das Landgericht der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche aus § 8 Abs. 1, §§ 9, 3 Abs. 1, 4 Nr. 9 a) UWG bzw. § 242 BGB zuerkannt.
Zu Recht hat die Kammer festgestellt, dass die zeitliche Begrenzung der Sonderschutzrechte, insbesondere des Geschmacksmusterrechts, der Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche nicht entgegen steht, denn Anknüpfungspunkt der Regelung des ergänzenden wettbewerblichen Leistungsschutzes ist nicht die Nachahmung als solche, sondern sind die besonderen, die Unlauterkeit der Nachahmung begründenden Umstände, also insbesondere eine vermeidbare Herkunftstäuschung oder Rufausbeutung. Der ergänzende wettbewerbliche Leistungsschutz besteht daher so lange, wie das nachgeahmte Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart aufweist und die besonderen, die Unlauterkeit begründenden Merkmale nicht weggefallen sind (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rn. 9.70). Soweit die Beklagte insoweit auf die Besonderheiten des Ersatzteilmarktes abstellen will, führt dies nicht zu einer generellen zeitlichen Beschränkung des Schutzes. Allerdings können die Besonderheiten dieses Marktes dazu führen, dass eine mit der Nachahmung verbundene Herkunftstäuschung unvermeidbar ist und insoweit ein Anspruch aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz nicht besteht (Köhler, a.a.O. Rn. 9.50). Das Landgericht hat jedoch in dem Vertrieb des beanstandeten Produktes zu Recht eine vermeidbare Herkunftstäuschung gesehen, wie später auszuführen sein wird.
Die von der Beklagten vertriebenen Rückleuchten stellen eine Nachahmung der klägerischen Leuchten in Form der fast identischen Leistungsübernahme dar. Eine Nachahmung setzt voraus, dass dem Hersteller der Nachahmung das nachgeahmte Vorbild bekannt war und der Gesamteindruck der Produkte übereinstimmt. Die Frage, ob die Übernahme der Merkmale vermeidbar war, stellt sich auch hier nicht. Unstreitig ist das Produkt der Klägerin seit 1998 auf dem Markt. Die Beklagte hingegen hat – ebenfalls unstreitig – ihr Produkt erst Jahre später auf den Markt gebracht. Die Produkte stimmen auch fast völlig überein, wie die im landgerichtlichen Urteil wiedergegebene Gegenüberstellung zeigt. Aus dem Prospektmaterial ist ferner ersichtlich, dass auch die Abmessungen exakt übereinstimmen. Der einzige Unterschied besteht in dem unterschiedlichen Kennzeichen auf dem Glas. Bei einer derart genauen Übereinstimmung wird aber vermutet, dass es sich um eine Nachahmung handelt, dass also insbesondere dem Nachahmer das Vorbild bekannt war. Dabei kommt es entgegen der Ansicht der Beklagten nicht auf die Frage an, ab wann das Produkt der Klägerin auf dem deutschen Markt bekannt war, denn es geht um die rein tatsächliche Frage, ob die Beklagte das klägerische Produkt kannte, als sie ihre Rückleuchte schuf. Die hierfür bestehende Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt. Sie hat nicht dargelegt oder unter Beweis gestellt, dass die – bis auf den Millimeterbereich genaue – Übereinstimmung mit der von der Klägerin hergestellten Leuchte das Ergebnis einer selbständigen, in Unkenntnis der klägerischen Rückleuchten erfolgten, Zweitentwicklung ist. Dies liegt angesichts der genauen Übereinstimmung auch fern.
Das klägerische Produkt weist auch die erforderliche wettbewerbliche Eigenart auf, wie die Kammer ebenfalls zu Recht und mit zutreffender Begründung erkannt hat. Wettbewerbliche Eigenart liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (vgl. BGH GRUR 2005, 166, 167 – Puppenausstattungen; BGH GRUR 2006, 79 Tz 21 – Jeans I; BGH GRUR 2007, 339 Tz 26 – Stufenleitern; BGH GRUR 2007, 795 Tz 25 – Handtaschen; BGH GRUR 2008, 1115 Tz 20 – ICON; BGH WRP 2009, 1372 Tz 10 – Ausbeinmesser). Die wettbewerbliche Eigenart muss sich gerade aus den übernommenen Gestaltungsmerkmalen des Erzeugnisses ergeben. Es müssen also gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sein, im Verkehr auf eine bestimmte betriebliche Herkunft oder auf die Besonderheit des jeweiligen Erzeugnisses hinzuweisen (BGHZ 141, 329, 340 = GRUR 1999, 923, 927 – Tele-Info-CD; BGH GRUR 2007, 795 Tz 32 – Handtaschen). Dass die Gestaltungsmerkmale durch den Gebrauchszweck bedingt sind, ist unerheblich, sofern sie willkürlich wählbar und frei austauschbar sind (BGH WRP 2005, 878, 880 – Handtuchklemmen). Die wettbewerbliche Eigenart geht verloren, wenn die prägenden Gestaltungsmerkmale des nachgeahmten Originals, z.B. durch eine Vielzahl von Nachahmungen, Allgemeingut geworden sind, der Verkehr sie also nicht mehr einem bestimmten Hersteller oder einer bestimmten Ware zuordnet (BGH GRUR 2007, 984 Tz 24 – Gartenliege).
Gemessen an diesen Maßstäben weist die C der Klägerin wettbewerbliche Eigenart auf. Dies kann der Senat auch dann selbst beurteilen, wenn er nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählt (BGH GRUR 2006, 79 Tz. 27 – Jeans). Die im Tenor des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Merkmale, nämlich
– in der Vertikalachse asymmetrisches Format der Glasabdeckung, das auf der einen Seite einem Rechteck mit geraden Seiten entspricht, zur anderen Seite hin jedoch übergehend in die Form eines „Rechtecks“ mit nach außen gewölbten Seiten,
– Glasabdeckung, deren Lichtdurchlasssegmente jeweils zumindest an einer Seite gebogen sind,
– wobei die beiden äußeren Segmente zwei Kreise darstellen und eines dieser kreisförmigen Lichtdurchtrittssegmente das andere kreisförmige Lichtdurchtrittssegment überlappt, so dass dieses die Form eines zu- bzw. abnehmenden Mondes aufweist;
weist in dieser Kombination keine andere B für Nutzfahrzeuge auf dem deutschen Markt auf. Das markante, runde Design hebt sich deutlich vom wettbewerblichen Umfeld ab. Die Beklagte zeigt auch mit der Berufung keine in der Gestaltung auch nur ähnlichen Rückleuchten auf, die auf dem deutschen Markt in nennenswertem Umfang vertrieben würden. In welchem Umfang die erstinstanzlich angeführten Rückleuchten der Firma C. in Deutschland vertrieben werden, hat die Beklagte nicht dargetan. Das gilt auch für die Leuchten der Firma D. oder die in der mündlichen Verhandlung überreichten Unterlagen betreffend die Firma E. Dass diese Leuchten in einem Umfang in Deutschland vertrieben würden, dass die sich deutlich vom sonstigen wettbewerblichen Umfeld abhebende Form zum Allgemeingut geworden wäre, ist damit nicht dargetan.
Diese ästhetischen Merkmale sind auch geeignet, den Verkehr auf die betriebliche Herkunft der Rückleuchte hinzuweisen. Unstreitig ist, dass anders als bei Personenkraftwagen bei Nutzkraftfahrzeugen die Gestaltung der Rückleuchten nicht durch das Fahrzeug vorgegeben ist, da diese nicht in der Karosserie eingelassen werden, sondern mittels eines separaten Gehäuses an der Karosserie angebracht werden. Ebenso unstreitig ist, dass die Hersteller für die Erstausstattung auch bei gleichen Fahrzeugmodellen unterschiedlich gestaltete Leuchten verschiedener Zulieferer verwenden. Dann lässt aber die Gestaltung den Verbraucher gerade dann, wenn er Angehöriger der Fachkreise ist, aus der Gestaltung den Schluss ziehen, dass eine in bestimmter Weise gestaltete Rückleuchte nur von einem bestimmten Zulieferer stammen könne.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang meint, die angesprochenen Verkehrskreise mäßen der äußeren Form keine Bedeutung bei, weil sie allein auf technische Eigenschaften achten würden, steht dies im Widerspruch zu ihren Ausführungen dahin, die Rückleuchten müssten optisch absolut identisch sein, weil die Verbraucher ansonsten gezwungen wären, beide Rückleuchten auszutauschen.
Nicht erforderlich ist, worauf bereits das Landgericht zu Recht hingewiesen hat, dass die angesprochenen Verkehrskreise gerade auf die Klägerin als Herstellerin schließen. Es reicht vielmehr aus, dass sie mit der Gestaltung die Vorstellung verbinden, derart gestaltete Rückleuchten stammten aus einem bestimmten Betrieb, auch wenn sie ihn nicht kennen.
Schließlich liegt auch die die Unlauterkeit der Nachahmung begründende vermeidbare Herkunftstäuschung vor. Bei der Beurteilung der Herkunftstäuschung und deren Vermeidbarkeit ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität der Nachahmung und den ihre Unlauterkeit begründenden Umständen. Bei einer fast identischen Übernahme sind damit an die Herkunftstäuschung geringere Anforderungen zu stellen, als bei einer bloß nachschaffenden Übernahme (Köhler a.a.O. Rn. 9.36).
Voraussetzung für eine Herkunftstäuschung ist, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise erlangt hat, denn andernfalls kann die Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht bestehen (BGH GRUR 2002, 820, 822 – Bremszangen; BGH GRUR 2005, 166, 16, 169 – Puppenausstattungen; BGH GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; BGH GRUR 2006, 79 Tz 35 – Jeans I; BGH GRUR 2007, 984 Tz 34 – Gartenliege). Bekanntheit setzt nur Kenntnis des nachgeahmten Originals, nicht auch die Kenntnis des Namens des Originalherstellers voraus (BGH GRUR 2006, 79 Tz 36 – Jeans I). Es genügt die Vorstellung, dass das Erzeugnis von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen mag, oder von einem ihm verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht wurde (BGH GRUR 2007, 339 Tz 40 – Stufenleitern; BGH GRUR 2007, 984 Tz 32 – Gartenliege; BGH GRUR 2009, 79 Tz 31 – Gebäckpresse). Die Bekanntheit kann sich nicht nur aus hohen Absatzzahlen, sondern auch aus entsprechenden Werbeanstrengungen ergeben.
Zu Recht hat das Landgericht die gewisse Bekanntheit der Rückleuchte der Klägerin schon daraus gefolgert, dass die Leuchte als Aufmacher in dem Prospekt eines der größten deutschen KFZ-Teile-Händlers, der Firma F. verwendet wurde und bereits seit 1998 ständig mit einem eigenen Hochglanzprospekt allein für dieses Modell beworben wurde. Das Landgericht konnte schon deshalb davon ausgehen, dass es sich bei der Firma F. um einen der größten deutschen Teilhändler handelt, weil dieser Umstand erstinstanzlich unstreitig war. Eine genaue Marktkenntnis des Landgerichts war daher nicht erforderlich. Sollten die entsprechenden Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung als erstmaliges Bestreiten zu bewerten sein – was zweifelhaft erscheint – wäre es jedenfalls ein neues Verteidigungsmittel, das nur unter den im Streitfall nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen wäre. Eine derart umfangreich beworbene Rückleuchte, die sich zudem durch ihre auffällige Formgebung deutlich vom wettbewerblichen Umfeld abhebt, erreicht durch eine solche Bewerbung jedenfalls eine ausreichende Bekanntheit, dass bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise die Gefahr einer unmittelbaren Herkunftstäuschung vorliegt.
Die Herkunftstäuschung ist schließlich auch vermeidbar. Die Herbeiführung der Gefahr einer Herkunftstäuschung ist hinzunehmen, wenn sie unvermeidbar ist. Vermeidbar ist sie dann, wenn sie durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann (BGH GRUR 2000, 521, 525 – Modulgerüst; BGH GRUR 2001, 443, 445 – Viennetta; BGH GRUR 2002, 820, 822 f – Bremszangen; BGH GRUR 2004, 941, 943 – Metallbett; BGH GRUR 2005, 166, 167 – Puppenausstattungen; BGH GRUR 2007, 339 Tz 43 – Stufenleitern; BGH WRP 2009, 1374 Tz 12 – Knoblauchwürste). Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, bei der auch das Interesse der Abnehmer an einem Wettbewerb der Anbieter im Hinblick auf Preis und Austauschbarkeit der Erzeugnisse zu berücksichtigen ist (Köhler a.a.O. Rn. 9.45).
Die Wahl einer unterschiedlichen Produktbezeichnung ist schon deshalb ungeeignet, eine Herkunftstäuschung zu vermeiden, weil deren Verwendung in der weiteren Vertriebskette nicht gewährleistet ist. Jedenfalls bei einem nicht unerheblichen Teil der Händler ist belegt, dass diese weder Produkt-, noch Herstellerangaben in ihren Katalogen machen. Hieraus ist jedoch nicht zu folgern, dass der Verkehr auf den Hersteller keinen Wert legen würde, vielmehr kann er gerade das klägerische Produkt an seiner eigentümlichen Gestaltung erkennen.
Auch die Anbringung des eigenen Kennzeichens auf der Leuchte ist ungeeignet, eine Herkunftstäuschung auszuschließen. Ob das Hinzufügen einer eigenen unterscheidenden Herkunftskennzeichnung zumutbar und geeignet ist, eine Herkunftsverwechslung auszuschließen, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (BGH GRUR 1966, 97, 101 – Zündaufsatz; BGH GRUR 1966, 617, 619 f – Saxophon; BGH GRUR 1970, 510, 512 – Fußstützen; BGH GRUR 1977, 665, 667 – Einbauleuchten; BGH GRUR 1999, 751, 753 – Güllepumpen; BGH GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst; BGH GRUR 2001, 443, 445 – Viennetta; BGH GRUR 2002, 820, 822 – Bremszangen; BGH GRUR 2002, 275, 277 – Noppenbahnen; BGH GRUR 2005, 166, 170 – Puppenausstattungen). An einer hinreichenden Herkunftskennzeichnung fehlt es, da das angebrachte Zeichen derart klein und kontrastarm ist, dass es ohne größere Anstrengung mit bloßem Auge nicht wahrgenommen werden kann. Hiervon konnte sich der Senat in der mündlichen Verhandlung anhand des von der Beklagten vorgelegten Originalteils selbst überzeugen.
Ob eine deutlich mit der Firmenaufschrift versehene Verpackung ausreicht, eine Herkunftstäuschung zu vermeiden, bedarf keiner Entscheidung, denn durch den unstreitigen Testkauf der Klägerin bei einer Firma G. steht fest, dass die Leuchten der Beklagten in Deutschland jedenfalls auch in neutralen Verpackungen vertrieben werden. Dass dieser Vertrieb nicht durch die Beklagte selbst erfolgt ist insoweit unbeachtlich; denn entweder hat die Beklagte die Firma G. mit der neutral verpackten Leuchte beliefert oder keine – zur Vermeidung der Herkunftstäuschung aber erforderlichen – Maßnahmen gegen eine Entfernung der von ihr gelieferten Verpackung vor der Weiterveräußerung getroffen. Dies zeigt im Übrigen, dass es zum Beispiel in Bezug auf die Verpackung nahe liegende Möglichkeiten gibt, die Gefahr einer Herkunftstäuschung zu vermeiden. Denkbar wäre zum Beispiel die Anbringung eines vor Montage zu entfernenden Aufklebers oder das Einschweißen in eine mit der Herkunftsangabe versehene durchsichtige Hülle.
Die Beklagte ist auch entgegen ihrer Ansicht nicht darauf angewiesen, gerade solche Rückleuchten anzubieten, die das Erscheinungsbild der klägerischen Rückleuchte imitieren. Es ist ihr vielmehr zumutbar, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen, in der Gestaltung der Rückleuchte selbst einen hinreichenden Abstand zu dem Modell der Klägerin zu wählen. Zwar gehört zu den bei der Zumutbarkeitsprüfung zu berücksichtigenden Interessen der Abnehmer auch ein Kompatibilitätsinteresse, nämlich das Interesse, auf den Anbieter eines kompatiblen Produkts ausweichen zu können (Köhler a.a.O. Rn. 9.50). Allerdings ist diesem Kompatibilitätsinteresse der Abnehmer schon deshalb Rechnung getragen, weil die Rückleuchten von Nutzkraftfahrzeugen frei wählbar sind. Der Abnehmer ist also nicht auf ein technisch passendes Teil angewiesen, wie dies etwa bei einer PKW-Rückleuchte der Fall ist, sondern kann im Falle eines Austauschbedarfs die Rückleuchte nebst Gehäuse auswechseln und durch eine anders gestaltete Rückleuchte ersetzen. Hierin unterscheidet sich der Fall zum Beispiel von Klemmbausteinen oder einem Modulgerüst, aber auch zum Beispiel Einbauleuchten. Insoweit ist es auch ohne weiteres möglich, beide Rückleuchten zu ersetzen. Ein Fall, den die Beklagte als „B“ bezeichnet und der eine Herkunftstäuschung unvermeidbar machen würde, liegt nicht vor.
Jedenfalls durch das Angebot der streitigen Leuchten auf der Messe H. 2007 und die Ermöglichung des Vertriebs durch die Firma G. sind auch inländische Verletzungshandlungen gegeben, die eine Wiederholungsgefahr begründen.
Da die Beklagte schuldhaft handelte, hat die Klägerin neben ihrem Unterlassungsanspruch nach § 9 UWG auch einen Schadensersatzanspruch. Auf die zuerkannten Auskünfte ist sie zur Bezifferung und Einstellung weiterer Rechtsverletzer angewiesen. Sie ist in entschuldbarer Weise in Unkenntnis über diese Tatsachen, während die Auskünfte von der Beklagten unschwer zu erteilen sind.
Die Berufung hat nach alledem keinen Erfolg. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Es besteht kein begründeter Anlass, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO).
Streitwert: I € (entsprechend der von den Parteien in der Berufungsinstanz nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung).