2 U 95/09 – Künstliches Kniegelenk II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1544
Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 13. Januar 2011, Az. 2 U 95/09

Vorinstanz: 4a O 206/08

I.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. Juni 2009 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e :
I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 31. Januar 1992 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 11. Dezember 1991 angemeldeten und am 17. Juni 1993 veröffentlichten deutschen Patentes 42 02 XXX (Klagepatent, Anlage K 10) betreffend ein künstliches Gelenk; aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rückruf und Entfernung der angegriffenen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen, Vernichtung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.
Anspruch 1 des Klagepatentes lautet wie folgt:
Künstliches Gelenk, insbesondere Endoprothese für das menschliche Kniegelenk, bestehend aus mindestens zwei zueinander sich bewegenden Gelenkteilen (1, 2; 8, 9), einem Gelenkkopf und einer Gelenkpfanne mit toroidförmigen Gelenkflächen (4, 5; 11, 12), die in zueinander senkrechten Ebenen – einer Längsebene und einer Querebene – unterschiedliche kreisförmige Schnittkonturen aufweisende Funktionsflächen besitzen, wobei die Krümmungsverhältnisse der Funktionsflächen in jeder der Ebenen entweder konvex-konvex, konvex-konkav oder konkav-konkav sind, und die Gelenkgeometrie der Funktionsflächen zueinander in jeder der beiden Ebenen durch eine Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen (dimere Gelenkkette) bestimmt ist, die durch die Rotationszentren (M 1, M 2, M 11, M 22; M 8, M 9, M 81, M 91) der Funktionsflächen mit den Radien R 1, R 2, R 11, R 22; R 8, R 9, R 81, R 91 der jeweils zugehörigen Schnittkonturen laufen.
Wegen des Wortlauts der lediglich „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 3, 5, 6, 8 und 9 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 bis 4 der Klagepatentschrift zeigen Ausführungsbeispiele der unter Schutz gestellten Erfindung, und zwar die Figuren 1 und 2 ein mediales Gelenkteil, wobei Figur 1 einen Schnitt in der sagittalen (Längs-) Ebene und Figur 2 einen Schnitt in der frontalen (Quer-) Ebene zeigt und die Figuren 3 und 4 ein laterales Gelenk betreffen, wobei Figur 3 wiederum einen Schnitt in der sagittalen und Figur 4 einen Schnitt in der Querebene zeigen.

Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Kniegelenkprothesen unter der Bezeichnung „A Bi-Cruciate Stabilized Knee System“, bestehend aus einem femoralen Gelenkteil mit zwei Gelenkköpfen und einem tibialen Gelenkteil mit zwei Gelenkflächen bzw. –pfannen. Die Gelenkköpfe und die Gelenkflächen sind gekrümmt; sowohl im Frontal- als auch im Sagittalschnitt ergeben sich jeweils Schnittkonturen, die aus Kreissegmenten mit verschiedenen Radien zusammengesetzt sind. Die nachfolgenden Abbildungen zeigen eine solche Ausführungsform und verschiedene Perspektiv- und Schnittansichten der einzelnen Gelenkteile, die von der Beklagten gefertigt und beschriftet wurden.

Die Klägerin sieht durch diese Prothesen das Klageschutzrecht verletzt und meint, die vorbezeichneten Gegenstände verwirklichten die in Anspruch 1 unter Schutz gestellte technische Lehre wortsinngemäß, hilfsweise mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Die unter Schutz gestellte technische Lehre lasse es zu, jedes Gelenkteil mit mehreren verschiedenen toroidförmigen Gelenkflächen und – wie bei den angegriffenen Gegenständen – in einer Ebene verschiedenen Funktionsflächen zu versehen, die unterschiedliche Krümmungsradien aufweisen könnten. Eine Funktionsfläche im Sinne der Erfindung sei nur diejenige Teilfläche, die bei einer bestimmten Gelenkbewegung (z.B. Stehen oder Gehen) beansprucht werde, und zwar der Bereich um den jeweiligen Kontaktpunkt zwischen zwei Gelenkteilen. Entsprechend der Zahl möglicher Gelenkbewegungen existiere demgemäß eine Mehrzahl von Funktionsflächen in jeder Ebene. Es genüge, dass jede einzelne in diesem Sinne verstandene Funktionsfläche kreisförmig schnittkonturiert und dadurch die jeweilige Gelenkfläche toroidförmig gestaltet sei. Das unterscheide die klagepatentgemäße Lehre von aus dem Stand der Technik bekannten Gelenkprothesen mit sphärischen Flächen, ohne dass sie sich auf einen streng mathematischen Torus beschränke. Jede einzelne Funktionsfläche definiere auch ein Rotationszentrum, so dass bei kontaktierenden Gelenkteilen immer eine eindeutige Gelenkkette mit zwei Rotationszentren bestehe. In jedem Fall lösten die angegriffenen Gegenstände die Aufgabe des Klagepatentes, die Bewegungsfreiheit auf eine Gelenkebene zu reduzieren und die mechanische Stabilität beizubehalten, ebenso wie Gelenkflächen im Sinne der wortsinngemäßen Lehre des Klagepatentanspruches.
Die Beklagte stellt eine Verletzung des Klageschutzrechtes in Abrede und hat vor dem Landgericht eingewandt, das Klagepatent verstehe unter einer „Funktionsfläche“ die gesamte Fläche einer Ebene, die auf dem vollständigen Beugungsweg des Gelenkes beim Durchlaufen sämtlicher Gelenkfunktionen wirksam werde. In Bezug auf die komplette potentielle Kontaktfläche fordere das Klagepatent im Schnitt eine Kreisform mit konstantem Radius. Der Begriff „toroidförmig“ verlange, dass die Form der Gelenkflächen einem Segment eines mathematischen Torus entspreche, was auf die Gelenkflächen der angegriffenen Prothese nicht zutreffe. Diese habe vielmehr komplexe Kurven, weil die Funktionsflächen in jeder einzelnen Ebene unterschiedliche Radien besäßen. Dementsprechend habe jedes Gelenk zu jedem Abschnitt der verschiedenen Funktionsflächen verschiedene Rotationszentren mit verschiedenen Gelenkachsen und damit auch verschiedene Gelenkketten. Das Klagepatent sehe hingegen eine einzige Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen vor.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 30. Juni 2009 abgewiesen. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, die angegriffene Prothese weise keine toroidförmigen Gelenkflächen auf, die in zueinander senkrechten Ebenen Funktionsflächen mit unterschiedlichen kreisförmigen Schnittkonturen besäßen. Infolge dessen werde die Gelenkgeometrie der Funktionsflächen zueinander auch nicht in jeder der beiden Ebenen durch eine Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen bestimmt. Die erfindungsgemäße Gelenkfläche entspreche derjenigen Fläche, entlang der die Bewegung zwischen den Gelenkteilen ablaufe und die bei einer Bewegung des Gelenks mit der Gelenkfläche des anderen Gelenkteils in Kontakt kommen könne. Die so verstandene Gelenkfläche müsse insgesamt toroidförmig gestaltet sein und nicht nur in einzelnen Abschnitten oder Kontaktpunkten. Toroidförmig sei ein Gebilde in der Form eines Torus im herkömmlichen geometrischen Sinne, das dadurch entstehe, dass ein Kreis entlang einer weiteren Kreisbahn verschoben werde. Von der Oberfläche eines solchen Gebildes müsse die gesamte Gelenkfläche ein Segment darstellen.
Das Klagepatent verlange weiter, dass die Gelenkfläche eines jeden Gelenkteils zwei Funktionsflächen aufweise, nämlich eine in der Längs- und eine in der Querebene. Insoweit betrachte das Klagepatent korrespondierend mit der Toroidform der Gelenkflächen einen Schnitt durch das gesamte Gelenkteil. Die kreisförmigen Schnittkonturen der beiden Funktionsflächen unterschieden sich lediglich in ihrem Radius.
Von der so verstandenen Lehre des Klagepatentes machten die angegriffenen Gegenstände weder wortsinngemäß noch in äquivalenter Form Gebrauch. Eine wortsinngemäße Übereinstimmung scheitere daran, dass die Gelenkflächen der Gelenkteile nicht toroidförmig seien und in der Quer- und Längsebene auch keine unterschiedliche kreisförmige Schnittkonturen aufweisenden Funktionsflächen besäßen. Da die Gelenkflächen aller Gelenkteile der angegriffenen Prothese aus Funktionsflächen mit in jeder einzelnen Ebene aus Kreissegmenten mit unterschiedlichen Radien zusammengesetzten Schnittkonturen bestünden, sei die Funktionsfläche einer Gelenkfläche nicht mehr kreis- und die Gelenkfläche selbst nicht mehr toroidförmig. Hierdurch werde die Gelenkgeometrie der Funktionsflächen zueinander auch nicht durch eine Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen bestimmt; vielmehr bestünden mehrere Gelenkketten mit wechselnden Gelenkachsen in Abhängigkeit davon, in welchem Abschnitt der Gelenkfläche sich die Gelenkteile gerade kontaktierten. Mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln werde die unter Schutz gestellte technische Lehre nicht verwirklicht, weil die abweichende Ausführung nicht als dem im Wortsinn des Klagepatentanspruchs 1 beschriebenen Gelenk gleichwertige Lösung anzusehen sei. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich erfolglos geltend gemachten Ansprüche weiter. Zur Begründung führt sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages aus: Die Lehre des Patentanspruches 1 sei funktionsorientiert auszulegen. Das Klagepatent wolle das menschliche Kniegelenk und die natürliche Artikulation zwischen Ober- und Unterschenkel ersetzen und dazu das menschliche Kniegelenk mit seiner Vielzahl unterschiedlich gekrümmter Segmente innerhalb der jeweiligen Gelenkfläche möglichst naturgetreu nachbilden. Eine Gelenkfläche könne auch mehrere Funktionsflächen besitzen, die in Abhängigkeit der der Funktionsfläche zugeordneten Kniefunktion (Stehen/Gehen, Sitzen, tiefe Beugung) jeweils unterschiedliche kreisförmige Segmente aufweisen könnten. Gefordert sei nur, dass die Gelenkflächen unterschiedliche Radien in unterschiedlichen Ebenen aufwiesen. Das entspreche der Abgrenzung des Klagepatentes vom Stand der Technik gemäß der deutschen Offenlegungsschrift 39 08 958 (Anlagen K 4, K 13); im Gegensatz zu den dort offenbarten sphärisch geformten lehre das Klagepatent in unterschiedliche Richtungen verschieden stark gekrümmte Flächen, die insofern dem Segment eines Torus ähnlich seien, der unterschiedliche Konfigurationen aufweisen könne. Unter Funktionsfläche verstehe das Klagepatent diejenigen Teile der Gelenkfläche, die mit derjenigen des anderen Gelenkteils druckkraftschlüssig in Kontakt gelangten und Gelenkkräfte übertrügen. Dementsprechend beziehe sich die Vorgabe einer kreisförmigen Schnittkontur nicht auf die gesamte Gelenkfläche, sondern nur auf die jeweilige Funktionsfläche. In der Berufungsreplik und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat macht die Klägerin erstmals geltend, das Klagepatent beschränke sich auf einen Ersatz der Funktionen „Stehen“ und „Gehen“, lasse aber auch weitere Funktionen zu. Verwende man etwa den in Figur 1 der Klagepatentschrift dargestellten einheitlichen Radius in allen gezeigten Bereichen, sei nur eine Bewegungsfreiheit bis zu 30° möglich; bei stärkerer Beugung des Knies hebe der obere vom unteren Gelenkteil ab. Die in Anspruch 1 weiterhin vorgesehene Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen zur Bestimmung der Gelenkgeometrie der Funktionsflächen zueinander in jeder der beiden Ebenen werde immer dann verwirklicht, wenn für jedes Paar sich berührender Funktionsflächen immer genau zwei durch die Rotationszentren der Funktionsfläche verlaufende Achsen existierten.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und
A.
die Beklagte zu verurteilen,
I.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
1.
künstliche Gelenke, insbesondere Endoprothesen für das menschliche Kniegelenk,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wenn die künstlichen Gelenke aus mindestens zwei zueinander sich bewegenden Gelenkteilen, einem Gelenkkopf und einer Gelenkpfanne bestehen, mit toroidförmigen Gelenkflächen, die in zueinander senkrechten Ebenen – einer Längsebene und einer Querebene – unterschiedliche kreisförmige Schnittkonturen aufweisende Funktionsflächen besitzen, wobei die Krümmungsverhältnisse der Funktionsflächen in jeder der Ebenen entweder konvex-konvex, konvex-konkav oder konkav-konkav sind, und die Gelenkgeometrie der Funktionsflächen zueinander in jeder der beiden Ebenen durch eine Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen (dimere Gelenkkette) bestimmt ist, die durch die Rotationszentren (M 1, M 2, M 11, M 22; M 8, M 9, M 81, M 91) der Funktionsflächen mit den Radien R 1, R 2, R 11, R 22, R 8, R 9, R 81, R 91 der jeweils zugehörigen Schnittkonturen verlaufen,
2.
insbesondere wenn die vorbezeichneten Gelenke auch die Merkmale der Unteransprüche 3, 5, 6, 8 und/oder 9 verwirklichen;

I.a
hilfsweise, es bei Meidung der vorbezeichneten Ordnungsmittel zu unterlassen,
künstliche Gelenke, insbesondere Endoprothesen für das menschliche Kniegelenk,
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wenn die künstlichen Gelenke aus mindestens zwei zueinander sich bewegenden Gelenkteilen, einem Gelenkkopf und einer Gelenkpfanne bestehen, mit jeweils einer oder mehreren toroidförmigen Gelenkflächen, die in zueinander senkrechten Ebenen – einer Längsebene und einer Querebene – unterschiedliche kreisförmige Schnittkonturen aufweisende eine oder mehrere Funktionsflächen besitzen, wobei die Krümmungsverhältnisse der Funktionsflächen in jeder der Ebenen entweder konvex-konvex, konvex-konkav oder konkav-konkav sind, und die Gelenkgeometrie der Funktionsflächen zueinander in jeder der beiden Ebenen durch eine Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen (dimere Gelenkkette) bestimmt ist, die durch die Rotationszentren (M 1, M 2, M 11, M 22; M 8, M 9, M 81, M 91) der Funktionsflächen mit den Radien R 1, R 2, R 11, R 22, R 8, R 9, R 81, R 91 der jeweils zugehörigen Schnittkonturen verlaufen;
II.
der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen wie Rechnungen oder Lieferscheinen oder Quittungen, hinsichtlich der Angaben zu 1. bis 2. darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu A. I. – hilfsweise die zu A. I. a) – bezeichneten Handlungen seit dem 1. August 2000 begangen hat, und zwar unter Angabe
1.
der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
2.
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
–preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
3.
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
4.
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
im Falle von Internetwerbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume und bei direkter Werbung, wie Rundbriefen, der Namen und Anschriften der Empfänger,
5.
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
III.
die vorstehend zu A. I. – hilfsweise A. I. a) – bezeichneten, seit dem 29. April 2006 im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen,
indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass der Senat mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des deutschen Patentes 42 02 XXX erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben, und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird,
und endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst;

B.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu A.I. – hilfweise zu A.I.a) – bezeichneten und seit dem 1. August 2000 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

C.

die Beklagte zu verurteilen, die seit dem 1. August 2008 in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu A.I. – hilfsweise zu A.I.a) – bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten – Kosten herauszugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages entgegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu, denn die angegriffenen Kniegelenkprothesen verwirklichen die technische Lehre des Klagepatentes weder wortsinngemäß noch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.
1.
Das Klagepatent betrifft ein künstliches Gelenk, insbesondere eine Endoprothese für das menschliche Kniegelenk, bestehend aus mindestens zwei zueinander sich bewegenden Gelenkteilen mit gekrümmten Gelenkflächen.

Wie die Klagepatentschrift zu Beginn der Beschreibung ausführt (Spalte 1, Zeilen 8 ff.), ist aus der deutschen Patentanmeldung 39 08 958 (Anlagen K 4/K 13) eine künstliche Prothese zum Ersatz insbesondere menschlicher Gelenke bekannt, das aus mindestens zwei Gelenkteilen mit zueinander sich bewegenden sphärischen Funktionsflächen besteht. Die Krümmungsverhältnisse der eine kreisförmige Schnittkontur aufweisenden Funktionsflächen sind zueinander konvex-konvex, konvex-konkav oder konkav-konkav, und die Gelenkgeometrie ist durch eine dimere Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen bestimmt, die durch die Rotationszentren der Funktionsflächen verlaufen. Diese Anforderungen an die Schnittkontur der Funktionsflächen werden auch im Klagepatent übernommen.

Die kugelförmige Ausbildung der Gelenkflächen ermöglicht der vorbekannten Prothese eine Gleitbewegung mit fünf Freiheitsgraden; als nachteilig daran wird in der Klagepatentschrift beanstandet (Spalte 1, Zeilen 22-25), derartige Gelenke könnten spezielle Gelenkfunktionen, beispielsweise solche des menschlichen Kniegelenkes, nicht nachbilden.

Als Aufgabe (technisches Problem) der Erfindung ist in der Klagepatentschrift angegeben (Spalte 1, Zeilen 26 bis 31), ein künstliches Gelenk zu schaffen, das nur in einer Gelenkebene Bewegungsfreiheit besitzt und gleichzeitig eine hohe mechanische Stabilität mit einer großen Variationsbreite zur Anpassung an individuelle Gegebenheiten aufweist.

Zur Lösung dieser Aufgabe wird in Anspruch 1 des Klagepatentes eine Prothese mit folgenden Merkmalen vorgeschlagen:

1.
Künstliches Kniegelenk, insbesondere Endoprothese für das menschliche Kniegelenk.

2.
Das Gelenk besteht aus mindestens zwei zueinander sich bewegenden Gelenkteilen (1, 2; 8, 9), einem Gelenkkopf und einer Gelenkpfanne.

3.
Die Gelenkflächen (4, 5; 11, 12)

a)
sind toroidförmig und

b)
besitzen Funktionsflächen.

4.
Die Funktionsflächen weisen in zueinander senkrechten Ebenen – einer Längsebene und einer Querebene – unterschiedliche kreisförmige Schnittkonturen auf.

5.
Die Krümmungsverhältnisse der Funktionsflächen in jeder der Ebenen sind entweder konvex-konvex, konvex-konkav oder konkav-konkav.

6.
Die Gelenkgeometrie der Funktionsflächen zueinander ist in jeder der beiden Ebenen durch eine Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen (dimere Gelenkkette) bestimmt.

7.
Die Gelenkachsen verlaufen durch die Rotationszentren (M 1, M 2, M 11, M 22; M 8, M 9, M 81, M 91) der Funktionsflächen mit den Radien (R 1, R 2, R 11, R 22; R 8, R 9, R 81, R 91) der jeweils zugehörigen Schnittkonturen.

Die vorstehend wiedergegebene Merkmalskombination beschreibt eine dreidimensionale Form, die die beim Bewegen des Gelenkes miteinander in Kontakt kommenden Gelenkflächen des Gelenkkopfes und der Gelenkpfanne dazu befähigt, aufeinander zu gleiten und zu rollen. Der Kern der vorbeschriebenen technischen Lehre besteht darin, die vorbekannte Kugelform der Gelenkflächen durch die in Merkmal 3 a vorgegebene Toroidform zu ersetzen (Klagepatentschrift Spalte 1, Zeilen 62-67; Spalte 4, Zeilen 1-4 und Spalte 5, Zeilen 13-18). Die toroidförmigen Gelenkflächen reduzieren die bisherige Beweglichkeit in fünf Freiheitsgraden auf eine solche in nur einer Ebene, womit vorzugsweise die Längsebene gemeint ist (Klagepatentschrift Spalte 1, Zeilen 57 bis 67, Spalte 2, Zeilen 38 bis 41; Spalte 3, Zeilen 8 bis 11 und Spalte 5, Zeilen 59 bis 62).

Die Lehre des Klageschutzrechtes richtet sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht darauf, die komplexe Oberflächengestalt natürlicher menschlicher Gelenkflächen von Gelenkkopf und –pfanne (etwa des menschlichen Kniegelenkes) möglichst naturgetreu nachzubilden. Es geht vielmehr darum, an Stelle dieser komplizierten mit einer einfachen geometrischen Form sämtliche Kniegelenkfunktionen ebenso gut zu erfüllen. Daran lässt die zur Auslegung des Patentanspruches 1 mit heranzuziehende Beschreibung des Klagepatentes keinen Zweifel. Als erfindungsgemäß zu behebender Nachteil des aus der deutschen Offenlegungsschrift 39 08 958 bekannten künstlichen Gelenkes mit kugelförmigen Gelenkflächen wird nicht die fehlende Übereinstimmung mit der Form der natürlichen Gelenkflächen des menschlichen Kniegelenkes bemängelt, sondern deren unzureichende Funktionalität, nämlich ihre fehlende Eignung, spezielle Gelenkfunktionen, etwa des menschlichen Kniegelenkes, nachzubilden (Anlage K 10, Spalte 1, Zeilen 22 bis 25). Dementsprechend funktionsorientiert formuliert die Klagepatentschrift – auch objektiv zutreffend – die vorstehend bereits referierte Aufgabenstellung der Erfindung (vgl. Anlage K 10, Spalte 1, Zeilen 26 bis 31). Als Lösung werden insbesondere toroidförmige Gelenkflächen vorgeschlagen, und als den Erfindungsgedanken allgemein charakterisierende Quintessenz der Erfindung wird die als überraschend eingestufte Erkenntnis angegeben, dass die (mithin sämtliche) Gelenkbahnen des menschlichen Kniegelenkes durch jeweils toroidförmige Flächen der erfindungsgemäßen Ausbildung der Schnittkonturen in den zueinander senkrechten Ebenen ersetzt werden könnten (Anlage K 10, Spalte 1, Zeilen 62 bis 67). Diese Geometrie ist es, die das unter Schutz gestellte künstliche Kniegelenk an Stelle der Konfiguration eines menschlichen Kniegelenkes aufweisen soll; das wird auch an den in der Klagepatentschrift erörterten bevorzugten Ausführungsformen und Ausführungsbeispielen wiederholt hervorgehoben (Anlage K 10, Spalte 2, Zeilen 30 bis 35; Spalte 2, Zeile 68 bis Spalte 3, Zeile 5; Spalte 3, Zeilen 55 bis 59 und Spalte 4, Zeile 66 bis Spalte 5, Zeile 4).

Aus Merkmal 3b) des Patentanspruches 1 und der dieses Merkmal konkretisierenden soeben wiedergegebenen Umschreibung des allgemeinen Charakters der Erfindung geht weiterhin hervor, dass die unter Schutz gestellte kreisförmige Ausbildung der Schnittkonturen der Funktionsflächen in den zueinander senkrechten Ebenen gleichzeitig die Toroidform der Gelenkflächen erzeugt. Wie schon der Anspruchswortlaut des Merkmals 3b) ausdrückt, betreffen Gelenkflächen und Funktionsflächen insofern dasselbe Objekt, nämlich denjenigen Teil von Gelenkkopf und Gelenkpfanne, der im Einsatz des Gelenkes jeweils mit der entsprechenden Gegenfläche des anderen Teils in Kontakt steht und mit diesem kraftübertragend zusammenwirkt. Über die Funktionsflächen legt das Klagepatent die – an sich einer Beschreibung in drei Dimensionen bedürftige – Geometrie der Gelenkflächen fest, indem es für erstere in jeder der beiden sich überlagernden Ebenen kreisförmige Schnittkonturen vorschreibt. Der Verlauf der Funktionsflächen betrifft lediglich einen Ausschnitt insofern, als seine Geometrievorgaben sich nur auf die beiden quer zueinander verlaufenden Ebenen beziehen. Damit wird zwar jeweils nur eine Ebene und werden mit beiden Ebenen nur zwei Dimensionen beschrieben, da sich aber in jeder der beiden Ebenen durch die jeweils kreisförmige Schnittkontur ein zweidimensionaler Gegenstand ergibt, dessen eine Dimension durch den Verlauf der Kreisbogensehne bestimmt wird und dessen andere Dimension in radialer Richtung verläuft, ergibt sich aus beiden Ebenen zusammen die dreidimensionale Gestalt der Gelenkflächen. Bezogen auf eine Betrachtung in der Längs- oder in der Querebene bezeichnet deshalb auch der Begriff „Funktionsfläche“ denjenigen Bereich von Gelenkkopf und Gelenkpfanne, in dem beide während der Bewegung des Gelenks aufeinander gleiten und rollen. Die Bezeichnung dieses Bereichs als Funktionsfläche im Anspruch 1 spielt darauf an, dass es um die „Fläche“ geht, über die das Gelenk im Zusammenwirken mit der Gegenfläche seine Funktion erfüllt. In diesem Sinne verwendet auch die deutsche Offenlegungsschrift 39 08 958 den Begriff „Funktionsfläche“ (vgl. Anlagen K 4/K 13, Spalte 1, Zeile 8 bis 9 und Zeilen 43 bis 47); aus ihr hat das Klagepatent die Terminologie offensichtlich übernommen, wie sich daran zeigt, dass es dasjenige, was die genannte Schrift offenbart, ebenfalls „Funktionsflächen“ nennt. Im Kontext der genannten Offenlegungsschrift bezeichnet „Funktionsfläche“ nicht nur einen unter bestimmten Gelenkbewegungen wirksamen Teilbereich, sondern die gesamte (konvexe oder konkave) Fläche (3, 4, 23, 24) der Gelenkteile, die im Zuge einer Gelenkbewegung miteinander in Kontakt kommen können (vgl. Anlagen K 4/K 13, Spalte 2, Zeilen 16 bis 24; Spalte 3, Zeilen 1 bis 5, 21 bis 34 und 44 bis 60). Die Klagepatentschrift weicht von diesem Verständnis nicht ab. Zwar ist in den Merkmalen 3b) und 4 bis 7 von „Funktionsflächen“ die Rede. Der verwendete Plural findet seine Erklärung jedoch ohne Weiteres darin, dass jeweils sämtliche Gelenkflächen in Bezug genommen werden, von denen das beanspruchte Kunstgelenk insgesamt mindestens zwei besitzt. Nirgends in der Klagepatentschrift findet sich ein Hinweis darauf, dass mit der „Funktionsfläche“ nicht die gesamte potentielle Kontaktfläche in einer Ebene gemeint sein könnte, sondern nur ein Teil davon. Das gegenteilige Verständnis, dass in jeder betrachteten Ebene nur eine (einzige) „Funktionsfläche“ vorliegt, liegt vielmehr auch den Ausführungsbeispielen der Erfindung zugrunde (vgl. Anlage K 10, Spalte 4, Zeilen 9, 17 und 28 bis 35 und Spalte 5, Zeilen 18 bis 28, 34 bis 49 und 57 bis 62).

So wie sich, wie bereits dargelegt wurde, aus der kreisbogenförmigen Schnittkontur der Funktionsflächen die toroidförmige Gestalt der Gelenkflächen ergibt, bestimmt umgekehrt die Toroidform der Gelenkflächen in Merkmal 3a) die kreisbogenförmige Struktur der Funktionsflächen und besagt, dass die in Merkmal 4 angesprochene kreisförmige Schnittkontur über die gesamte Funktionsfläche einen einheitlichen Radius aufweisen muss, damit dreidimensional ein Toroid entsteht. Beide Vorgaben stehen miteinander in Wechselbeziehung.

Sowohl in der Längs- als auch in der Querebene sollen die Gelenkflächen toroidförmig ausgebildet sein, wobei Toroid ein Segment aus einem Torus meint. Ein Torus ist nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts ein geometrisches Gebilde, das dadurch entsteht, dass ein Kreis – der erzeugende Kreis – entlang einer weiteren rechtwinklig zu ihm verlaufenden Kreisbahn verschoben wird. Hierdurch entsteht ein ringförmiger Körper mit überall kreisförmigem Querschnitt, wie ihn etwa Reifenschläuche, Donuts und Rettungsringe bilden. Es braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden, ob die Toroidform der Gelenkflächen erfindungsgemäß nur von einem Torus in seiner geometrisch einfachsten Konfiguration abgeleitet sein darf oder ob auch die von der Klägerin herangezogenen komplexeren Formen wie ein sich verjüngender Torus (vgl. K 18, Abbildung 3, Berufungsbegründung Rdnr. 10) oder ein sternförmiger Torus (Anlage K 18, Abbildung 5; Berufungsbegründung a.a.O.) in Betracht kommen. Auch für Letztere ist kennzeichnend, dass der Durchmesser des entstehenden geometrischen Körpers an jeder beliebigen Stelle einen geschlossenen Kreis bildet, seine Krümmung also im Querschnitt keinen Veränderungen unterliegt. Lediglich in Richtung des Verlaufs des erzeugenden Kreises können sich am sich verjüngenden Torus Durchmesserveränderungen ergeben; auch hier bildet der Körper im Querschnitt aber stets einen geschlossenen Kreis. Da jede der Gelenkflächen von einem Torus abgeleitet wird, also einen Ausschnitt aus einem Torus verkörpern soll, muss sie an jeder Stelle ihrer Längserstreckung im Querschnitt eine kreissegmentförmige Gestalt haben; dieser muss einen einheitlichen Radius besitzen, denn bei wechselnden Radien könnte man die einzelnen Segmente nicht zu einem Kreis ergänzen und hätte demzufolge auch keine toroide Form.

Eine Toroidform im Sinne des Klagepatentes setzt aufgrund der Wechselwirkung der Merkmale 3 b) und 4 weiter voraus, dass in zwei senkrecht zueinander liegenden Ebenen eine Krümmung verwirklicht ist; auch bei einem Gelenk, das wie der beanspruchte Gegenstand in einer von zwei Ebenen nur eingeschränkt beweglich ist, bedeutet das, dass die Gelenkfläche auch in beiden Ebenen im Querschnitt kreissegmentförmig im vorstehenden Sinne ausgebildet sein muss.

Weil die Schnittkonturen der Funktionsflächen in zwei senkrecht zueinander stehenden Ebenen liegen müssen und gleichzeitig Teil der toroidförmigen Gelenkflächen sind, hat auch jede Schnittkontur über die gesamte Erstreckung der Funktionsfläche einen einheitlich kreissegmentförmigen Querschnitt mit gleichbleibendem Radius. Während der aus der deutschen Offenlegungsschrift 39 08 958 bekannte Stand der Technik bedingt durch die Kugelform der Gelenkflächen Funktionsflächen mit in allen Ebenen einheitlicher Schnittkontur vorsah, ergeben sich durch die erfindungsgemäß gelehrte Toroidform der Gelenkflächen in beiden Ebenen unterschiedliche Schnittkanten der Funktionsflächen, weil die Toroidform in beiden Ebenen unterschiedliche Radien für die Funktionsflächen in beiden Ebenen ebenfalls unterschiedliche Radien entstehen lässt. Das ändert aber nichts daran, dass der Radius der einzelnen Schnittkontur unverändert bleibt. Weil es um diese beiden Konturen in beiden Ebenen geht, spricht das Merkmal 4 des Klagepatentanspruches 1 auch von Schnittkonturen im Plural. Demgemäß ist auch nur eine einzige dimere Gelenkkette vorgesehen. Auch die Ausführungsbeispiele zeigen nichts anderes, nämlich Schnittstrukturen der Funktionsflächen mit über ihre gesamte Erstreckung gleichbleibendem Radius. Soweit die Klägerin geltend macht, auch das in Figur 1 der Klagepatentschrift gezeigte Ausführungsbeispiel weise im Randbereich andere Radien auf als im mittleren Bereich, liegen diese Bereiche außerhalb der Funktionsflächen.

Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, bei einem einheitlichen Krümmungsradius der Schnittkonturen könne die unter Schutz gestellte Prothese nicht sämtliche Funktionen des menschlichen Kniegelenks erfüllen; insbesondere beim Sitzen oder einer tiefen Beugung werde der Gelenkkopf aus der Gelenkpfanne heraus gehoben, was bei dem in Figur 1 der Klagepatentschrift gezeigten Ausführungsbeispiel schon bei einem Beugen des Gelenkes um etwa 90° geschehe. Die Figuren der Klagepatentschrift sind entsprechend allgemeiner Übung nur Prinzipdarstellungen und keine Konstruktionszeichnungen. Aus dem genannten Ausführungsbeispiel folgt auch nicht, dass die unter Schutz gestellte Erfindung, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, nur sicherstellen soll, dass das Kniegelenk lediglich in dem für die Funktionen „Gehen“ und „Stehen“ benötigten Beugungswinkelbereich von 25° bis 30° zuverlässig funktioniert und die beiden weitergehenden Beugungswinkelbereiche für die Funktionen „Sitzen“ mit 30° bis 90° und „tiefe Beuge“ mit 80° bis 110° als fakultativ und damit vernachlässigbar betrachtet. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass ein Kniegelenk, das dem Patienten nur noch das Gehen und/oder Stehen ermöglicht, für den praktischen Gebrauch nicht tauglich wäre, weil der Patient zum Sitzen oder zum Aufrichten aus einer liegenden oder sitzenden Position stets auf fremde Hilfe angewiesen wäre. Dass das Klagepatent solche unbrauchbaren Ausführungsformen nicht unter Schutz stellt und auch nicht die Gestaltung der Funktionsflächen in den anderen Beugungswinkelbereichen mit einem abweichenden Radius vorsieht, zeigen die Ausführungen in der Patentbeschreibung, die (alle) Gelenkbahnen des menschlichen Kniegelenkes sollten durch die erfindungsgemäße Vorrichtung ersetzt werden (Anlage K 10, Spalte 2, Zeilen 30 bis 35; Spalte 2, Zeile 68 bis Spalte 3, Zeile 5; Spalte 3, Zeilen 55 bis 59 und Spalte 4, Zeile 66 bis Spalte 5, Zeile 4). Auf welche Weise die Funktionstüchtigkeit des patentgeschützten Gelenkes in allen Beugungswinkelbereichen sichergestellt werden kann und im Einzelfall werden soll, überlässt das Klagepatent dem angesprochenen Durchschnittsfachmann; er verfügt über entsprechende Möglichkeiten, etwa eine passende Auswahl der in Merkmal 5 angegebenen Krümmungsverhältnisse, einer geeigneten Dimensionierung der Gelenkteile hinsichtlich Krümmungsgrad, Krümmungswinkel und Oberflächengröße, bei der etwa für die Gelenkpfanne eine wesentlich flachere und für den Gelenkkopf ein größerer Krümmungswinkelbereich bzw. ein größeres Kreisbogensegment als in den Figurendarstellungen der Klagepatentschrift gewählt werden kann, oder in der Klagepatentbeschreibung angesprochene Zwischenkörper zur Druckverteilung und zum Ausgleich zwischen Gelenkkopf und –pfanne vorgesehen werden (vgl. Anlage K 10, Spalte 2, Zeilen 2 bis 9; Spalte 3, Zeilen 30 bis 40 und 68; Spalte 4, Zeile 36; Spalte 5, Zeile 63 bis Spalte 6, Zeile 12). Das erstmals mit der Berufungsreplik eingeführte Vorbringen der Klägerin, bei dessen Richtigkeit unstreitig auch die in der deutschen Offenlegungsschrift 39 08 958 gelehrte Vorrichtung nur eingeschränkt funktionsfähig wäre, widerspricht darüber hinaus ihrem in erster Instanz und auch noch in der Berufungsbegründung geltend gemachten Sachvortrag, die erfindungsgemäße Prothese müsse sämtliche bestimmungsgemäßen Funktionen erfüllen können, wobei für jede dieser Funktionen in dem betreffenden Beugungswinkelbereich eine eigene Funktionsfläche auf der Gelenkfläche vorgesehen sei.

Auch Figur 5 der Klagepatentschrift und die Erläuterungen in der Klagepatentbeschreibung (Spalte 6, Zeile 26 bis Spalte 7, Zeile 10) sollen nicht zum Ausdruck bringen, dass sich das Klagepatent entgegen dem Inhalt der übrigen Patentbeschreibung nur auf eine Gewährleistung der Funktionen „Gehen/Stehen“ beschränkt. Figur 5 zeigt die Anordnung eines rechten menschlichen Knies im sagittalen Schnitt von der Seite gesehen und erläutert lediglich, dass das künstliche Gelenk so konstruiert ist, dass wie auch beim menschlichen Gelenk bei der Wirkung der kraftschlüssigen kompressiven Kräfte der Unterschenkel nur nach hinten – und nicht nach vorn gegenüber dem Oberschenkel – schwenken kann.

Nicht zuzustimmen vermag der Senat auch der Auffassung der Klägerin, das Merkmal 4 hätte bei der hier vorgenommenen Auslegung keine eigenständige Bedeutung mehr, sondern wäre in seinem technischen Sinngehalt bereits vollständig von Merkmal 3a) erfasst. Zwar ist es richtig, dass sich für die „dreidimensionale“ Gelenkfläche eine Form ergibt, die dem Ausschnitt aus einem Torus entspricht, wenn in der Längsebene und in der Querebene eine „zweidimensionale“ Form vorliegt, deren Schnitt einer einzigen Kreisform mit konstantem Radius entspricht. Das Merkmal 4 macht aber dennoch Sinn, weil es festlegt, dass sich der Torus durch unterschiedliche Radien in seiner Längs- und seiner Querebene auszeichnet, was dem Begriff „Torus“ als solchem nicht eigen ist.

2.
Die vorstehend erörterte unter Schutz gestellte technische Lehre wird in der angegriffenen Prothese weder wortsinngemäß noch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklicht. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Abbildungen gemäß Anlagen rop 2 bis 6 den angegriffenen Gegenstand zutreffend wiedergeben. Sie verdeutlichen, dass die Gelenkköpfe und –pfannen im Schnitt keine Kreisform mit einheitlich konstantem Radius aufweisen, sondern sich aus Kreissegmenten mit unterschiedlichen Radien zusammen setzen.

a)
Eine wortsinngemäße Verwirklichung der klagepatentgeschützten Lehre durch die angegriffene Prothese scheitert daran, dass es in beiden Ebenen an der in Merkmal 3a) geforderten Toroidform der Gelenkfläche und an einer kreisförmigen Schnittstruktur der Funktionsflächen im Sinne des Merkmals 4 fehlt. Wie im vorstehenden Abschnitt ausgeführt wurde, müssen die Funktionsflächen auf die gesamte bei bestimmungsgemäßem Gebrauch mögliche Bewegungsbahn der beiden Gelenkteile bezogen werden und erfindungsgemäß auf eben dieser Fläche eine kreisförmige Schnittkontur mit ein- und demselben Radius aufweisen. Bei den angegriffenen Gegenständen verändert sich der Radius der Krümmung jedoch auf dem Weg der Bewegungsbahn und ist für die Funktionen „Stehen/Gehen“, „Sitzen“ und „tiefe Beugung“ jeweils ein anderer. Das ergibt sich aus den im vorstehenden Abschnitt I. wiedergegebenen Abbildungen ohne Weiteres und ist zwischen den Parteien auch nicht streitig.

Unter diesen Umständen ist auch die Vorgabe des Merkmals 6 nicht verwirklicht, dass die Gelenkgeometrie der Funktionsflächen zueinander in jeder der beiden Ebenen durch eine Gelenkkette mit zwei Gelenkachsen bestimmt ist. Auch hier genügt es zur Verwirklichung der unter Schutz gestellten technischen Lehre nicht, dass jeder konkreten Funktion eine eigene Gelenkkette zugeordnet ist, vielmehr muss für die Gelenkgeometrie der gesamten Funktionsflächen jeweils eine einzige Gelenkkette bestimmend sein.

3.
Die angegriffene Gelenkprothese verwirklicht die in Anspruch 1 des Klagepatentes niedergelegte technische Lehre auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln. Auch eine nicht wortsinngemäß mit sämtlichen Merkmalen des Klagepatentanspruches übereinstimmende Ausführung benutzt die unter Schutz gestellte Erfindung mit äquivalenten Mitteln, wenn der Fachmann aufgrund von Überlegungen, die am Sinngehalt der Ansprüche, d.h. der darin beschriebenen Erfindung anknüpfen, die bei der angegriffenen Ausführungsform eingesetzten abgewandelten Mittel mit Hilfe seiner Fachkenntnisse zur Lösung des der Erfindung zugrundeliegenden Problems als gleichwirkend auffinden konnte (BGH GRUR 1986, 803, 806 – Formstein; BGH GRUR 1988, 896 – Ionenanalyse; BGH GRUR 1989, 903 – Batteriekastenschnur; BGH GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil). Eine Verwirklichung mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln setzt Dreierlei voraus, nämlich dass

– das in der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte abgewandelte Mittel objektiv gleichwirkend zu dem in dem Patentanspruch genannten Mittel ist, d.h. die gleiche vom Schutzrecht erstrebte Wirkung zur Lösung des zugrundeliegenden Problems entfaltet;

– das abgewandelte Mittel für den Fachmann am Prioritätstag des Schutzrechtes ohne erfinderische Überlegungen aufgrund seines Fachwissens auffindbar war, und

– diejenigen Überlegungen, die der Fachmann anzustellen hat, um zu der gleichwirkenden Abwandlung zu gelangen, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten Lehre orientiert sind, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung in Betracht zieht (vgl. BGH GRUR 2002, 511 – Kunststoffrohrteil; BGH GRUR 2007, 959 – Pumpeneinrichtung).

Die bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Abwandlung, die die Klägerin ausweislich der Fassung ihres Hilfsantrages darin sieht, dass Gelenkkopf und Gelenkpfanne statt der im Wortsinn beschriebenen Ausführung mit jeweils einer toroidförmigen Gelenkfläche und einer Funktionsfläche in jeder Ebene, deren mehrere besitzen, erfüllt keine der drei vorgenannten Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz. Es genügt zu einer technischen Gleichwirkung nicht, dass auch die angegriffene Prothese ein künstliches Kniegelenk mit den Funktionen „Stehen/Gehen“, „Sitzen“ und „tiefe Beuge“ zur Verfügung stellt, sondern es muss auch von den für die unter Schutz gestellte Lehre maßgebenden technischen Gedanken Gebrauch gemacht werden, wobei die geschützte Vorrichtung als Ganzes in den Blick zu nehmen ist (vgl. BGH GRUR 2000, 1005, 1006 – Bratgeschirr). Auf die angegriffene Prothese trifft das nicht zu, weil sie nicht wie patentgemäß gefordert durch eine einheitliche Geometrie die komplizierten Konfigurationen des menschlichen Kniegelenks ersetzt, sondern ebenfalls eine gegenüber der unter Schutz gestellten Ausbildung recht komplizierte Ausgestaltung verwirklicht, bei der die Funktionsfläche im Bereich jeder der zur Verfügung gestellten Kniegelenkfunktionen einen jeweils eigenen Krümmungsradius verwirklicht.

Eine solche Lösung lag am Prioritätstag des Klagepatentes für den Fachmann aufgrund seines Fachwissens auch nicht nahe, denn die Klagepatentschrift erörtert durchweg nur Ausführungsformen, bei denen die Funktionsflächen über ihre gesamte Erstreckung einen einheitlichen Krümmungsradius haben und enthält keinen Hinweis darauf, die gesamte einheitliche Funktionsfläche auch auf unterschiedliche jeweils nur einer Gelenkfunktion zugeordnete mehrere Teilflächen mit unterschiedlichen Krümmungsradien zu erstrecken. Da die bei der angegriffenen Ausführungsform verwendete Ausgestaltung den im Klagepatent grundlegenden technischen Gedanken einer einheitlichen Geometrie für alle möglichen Gelenkfunktionen an Stelle der komplizierten Gestaltung des natürlichen menschlichen Knies nicht verwirklicht und statt dessen eine Konfiguration mit unterschiedlichen Krümmungsradien für die Funktionsflächen vorsieht, führt sie von der unter Schutz gestellten technischen Lehre weg, so dass die Überlegungen, die der Fachmann zum Auffinden der bei der angegriffenen Vorrichtung verwendeten Abwandlung hätte anstellen müssen, auch nicht als der gegenständlichen Lehre gleichwertige Lösung anzuerkennen sind.

III.

Da die Berufung der Klägerin erfolglos geblieben ist, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen. Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.