Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. Oktober 2011, Az. 2 U 85/10
Vorinstanz: 4b O 42/09
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. Juli 2010 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Tenor zu I. 3. des landgerichtlichen Urteils nach
Teil-Klagerücknahme wie folgt gefasst wird:
Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, die vorstehend unter Ziffer 1. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte zu 1. oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die 4b. Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1129XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zu 1. zurückzugeben, sowie die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen,
wobei diese Verpflichtung nur für ab dem 30. April 2006 vertriebene Erzeugnisse gilt.
II.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.500.000,00 Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.500.000,00 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents (Klagepatent, Anlage K 6; deutsche Übersetzung [DE 699 11 XXY T2] Anlage K 6a). Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung, Vernichtung der als patentverletzend angegriffenen Gegenstände sowie Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.
Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 11. November 1999 unter Inanspruchnahme einer niederländischen Priorität vom 11. November 1998 eingereicht. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 1. Oktober 2003. Der deutsche Teil des Klagepatents wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 699 11 XXY geführt (vgl. Anlage K 6a). Das Klagepatent steht in Kraft.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Beschichten von Gegenständen mittels PVD. Der im vorliegenden Rechtsstreit in erster Linie geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet wie folgt:
“Apparatus for applying at least one coating to objects by means of vapour deposition (PVD) under vacuum, comprising:
– a PVD device for coating the object under a vacuum;
– at least one lock separating the PVD-device from the ambient;
– a transport device which extends though the PVD-device and into the lock;
– wherein the transport device is adapted to transport objects arranged on carriers;
– the PVD device is adapted for semi-continuous treatment of objects arranged on the carriers;
– a preprocessing device for performing a preprocessing on the object;
– a postprocessing device for postprocessing the objects; and
– wherein the transport device extends though said at least one lock, the preprocessing device and the postprocessing device,
characterized in that the preprocessing device comprises an application device for applying onto the objects for treating a lacquer which cures with radiation, for instance UV or IR radiation, and a device for irradiating the lacquered objects with the relevant radiation.”
Die vom deutschen Patent- und Markenamt veröffentlichte deutsche Übersetzung dieses Patentanspruchs lautet wie folgt:
„Vorrichtung zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend:
– eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck;
– wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt;
– eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt;
– wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren,
– die PVD-Richtung (Anm.: es muss richtig PVD-Vorrichtung [ „PVD device”] heißen) für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist,
– eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand:
– eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände, und
– wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels Strahlung, beispielsweise UV- oder IR-Strahlung, aushärtet, und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit der relevanten Strahlung.“
Wegen des Wortlauts der nur „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 2 bis 6 und 12 bis 16 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.
Die nachfolgend wiedergegebene Figur 1 der Klagepatentschrift erläutert die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Sie zeigt eine perspektivische schematische Ansicht eines kompletten Gerätes gemäß der vorliegenden Erfindung.
Die Beklagte zu 1. hat am 19. Mai 2010 beim Bundespatentgericht Nichtigkeitsklage (Anlage B 7) gegen den deutschen Teil des Klagepatents eingereicht.
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. bis 4. sind, stellt her und bietet unter der Bezeichnung „CREAMET rapid“ und insbesondere unter der Modellbezeichnung „CREAMET rapid 515“ automatisierte Anlagensysteme (nachfolgend auch: angegriffene Ausführungsform) an, deren generelle Ausgestaltung sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 12 überreichten Angebotsschreiben der Beklagten zu 1. vom 11. Mai 2007, dem als Anlage K 13 zu den Akten gereichten Demonstrationsvideo, der als Anlage K 14 vorgelegten Produktbeschreibung sowie der als Anlage K 15 überreichten Werbebroschüre ergibt. Die Beklagte zu 1. lieferte Ende des Jahres 2007 eine derartige Anlage an die B GmbH, ein Tochterunternehmen der A GmbH & Co. KG.
Nachfolgend wird eine schematische Gesamtübersicht (Anlage K 16) der angegriffenen Ausführungsform wiedergegeben, die dem Demonstrationsvideo gemäß Anlage K 13 entnommen ist.
Die nachfolgend ferner wiedergegebenen Abbildungen stammen aus der als Anlage K 14 überreichten Produktbeschreibung:
Die Klägerin sieht in Herstellung und Vertrieb dieser Anlagen eine Verletzung des Klagepatents. Sie hat vor dem Landgericht geltend gemacht, dass die angegriffene Ausführungsform wortsinngemäß von der Lehre des Klagepatents Gebrauch mache. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche sämtliche Merkmale von Patentanspruch 1. Insbesondere verfüge sie über eine Transportvorrichtung im Sinne des Klagepatents, die sich u. a. durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstrecke.
Die Beklagten, die um Klageabweisung und hilfsweise um Aussetzung des Rechtsstreits bis zur Entscheidung über die Nichtigkeitsklage gebeten haben, haben eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt. Sie haben geltend gemacht, dass die angegriffene Ausführungsform nicht über eine klagepatentgemäße Transportvorrichtung verfüge, die sich durch die PVD-Vorrichtung, die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstrecke. Ihr Anlagensystem gehöre zu einer anderen Einrichtungsgattung als die patentgemäße Vorrichtung. Während das Klagepatent eine so genannte Inline-Anlage betreffe, sei die angegriffene Ausführungsform als so genannte Batch- bzw. Chargen-Anlage konzipiert. Eine solche Anlage unterscheide sich von einer „Inline-Anlage“ dadurch, dass bei ihr kein durchgehendes Transportsystem vorliege, sondern die zu bearbeitenden Gegenstände gesondert zugeführt und wieder entnommen werden müssten, um alsdann einem anderen Bearbeitungsprozess zugefügt werden zu können. Vor diesem Hintergrund mache die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch, weil bei ihr die zu behandelnden Gegenstände vor der PVD-Vorrichtung auf einen Beschichtungskäfig gesetzt würden, der dann in die PVD-Vorrichtung hineingefahren werde; nach Durchführung des Beschichtungsprozesses werde der Beschichtungskäfig wieder aus der PVD-Vorrichtung entnommen und die beschichteten Gegenstände heruntergenommen. Im Übrigen sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, weshalb der Verletzungsrechtsstreit zumindest auszusetzen sei.
Durch Urteil vom 22. Juni 2011 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen entsprochen, wobei es in der Sache wie folgt erkannt hat:
„I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft im Falle der Beklagten zu 1) an ihren jeweiligen Geschäftsführern zu vollstrecken ist, zu unterlassen,
Vorrichtungen zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck, wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt, eine Transportvorrichtung, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstreckt, wobei die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, zu transportieren, die PVD-Vorrichtung für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände, die auf den Trägern angeordnet sind, angepasst ist, eine Vorverarbeitungsvorrichtung zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand, eine Nachverarbeitungsvorrichtung zum Nachverarbeiten der Gegenstände, wobei sich die Transportvorrichtung durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachbearbeitungsvorrichtung erstreckt,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Vorverarbeitungsvorrichtung einer Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände aufweist, der mittels Strahlung, beispielsweise UV- oder IR-Strahlung, aushärtet und eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit der relevanten Strahlung;
2.
der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Rechnungen hinsichtlich der Angaben zu a) bis c) darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 1.11.2003 begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,
b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten oder anderer Vorbesitzer,
c) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
-preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,
d) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
-preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
e) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
im Falle von Internet-Werbung der Domain, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume,
f) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;
3.
die vorstehend unter Ziffer 1. bezeichneten, im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagte oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP 1129XXX B1 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten zugesagt wird und endgültig zu entfernen, indem die Beklagte diese Erzeugnisse wieder an sich nimmt oder die Vernichtung derselben beim jeweiligen Besitzer veranlasst;
4.
– insoweit nur die Beklagte zu 1) – die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu 1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihr zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Beklagten zu 1) – Kosten herauszugeben (alternativ an einen zur Vernichtung bereiten Gerichtsvollzieher).
II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten und seit dem 1. November 2003 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.“
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Sie verfüge insbesondere über eine klagepatentgemäße Transportvorrichtung.
Die Transportvorrichtung werde in Patentanspruch 1 dadurch näher konkretisiert, dass sie sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse hinein erstrecke, dass sie ferner dazu angepasst sei, Gegenstände, die auf Trägern angeordnet seien, zu transportieren, und dass sie sich durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstrecke. Abgesehen von diesen Kriterien würden keine zwingenden Vorgaben an die konstruktive Ausgestaltung der Transportvorrichtung gestellt; der Anspruchswortlaut schließe insbesondere eine mehrteilige Ausgestaltung der Transportvorrichtung nicht aus. Wesentlich sei nur, dass ein Transport der Gegenstände ermöglicht werde, wie er der Aufgabenstellung und den klagepatentgemäß hervorgehobenen Vorteilen entspreche. Der entsprechende technische Sinn und Zweck könne auch erreicht werden, wenn die Transportvorrichtung aus verschiedenen Abschnitten bestehe, solange die Gegenstände nicht per Hand von einer zu anderen Vorrichtungskomponente umgeladen werden müssten, sondern auf den Trägern verblieben und letztere automatisiert zwischen/auf verschiedene Abschnitte umgeladen werden könnten. In dieser Sichtweise werde der Fachmann durch das in Figur 2 gezeigte Ausführungsbeispiel und die zugehörige Patentbeschreibung bestärkt..
Hiervon ausgehend verfüge die angegriffene Ausführungsform in Gestalt des in der Anlage K 16 rot gezeichneten Vorrichtungsteils über eine klagepatentgemäße Transportvorrichtung. Dieses ermögliche einen Transport der zu behandelnden Gegenstandes durch die gesamte Anlage, ohne dass diese oder die Träger, auf denen sie angeordnet seien, vor oder nach den verschiedenen Einzelvorrichtungen jeweils erst von Hand be- und entladen werden müssten. Ohne Erfolg machten die Beklagten geltend, es fehle an einer Benutzung des Klagepatents, weil der eine Teil der Transportvorrichtung an der Rotorbestückungseinheit ende, der andere Teil erst wieder an der Rotorentstückungseinheit beginne und die Rotorhandlingseinheit nicht zur Transportvorrichtung gehöre. Zum einen stehe eine mehrteilige Ausgestaltung der Transportvorrichtung einer Benutzung des Anspruchs 1 nicht entgegen. Zum anderen werde der Fachmann auch den durch den Rotor gebildeten Abschnitt der Anlage als Teil der funktional zu verstehenden „Transportvorrichtung“ ansehen. Das Klagepatent setze nicht voraus, dass kein Umladen der Träger innerhalb der Transportvorrichtung erfolge. Es gehe vielmehr darum, im Interesse einer größeren Automatisierung währenddessen ein (manuelles) Entfernen der Gegenstände von den Trägern zu vermeiden. Das Klagepatent beschränke sich auch nicht auf einen bestimmten Anlagentypus.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.
Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen sie geltend:
Die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Entgegen der Beurteilung des Landgerichts weise ihre Anlage keine Transportvorrichtung im Sinne des Klagepatents aus. Denn ihre Anlage verfüge nicht über einen durch alle Anlagenteile durchgehende Transportvorrichtung. Es handele sich um eine „Batch-Anlage“. Bei einer solchen Anlag erfolge ein Bestückten auf einem separaten Gestell bzw. Käfig, welches/welcher sodann in die PVD-Einrichtung hineingeführt und nach Durchführung des Beschichtungsvorgangs wieder hinausgeführt werde. Nach der Durchführung des Beschichtungsvorgangs sei sodann ein entsprechendes Entstücken des Gestells/Käfigs erforderlich. Das Klagepatent vermeide diese Vorgehensweise. Es betreffe ausschließlich eine „Inline-Anlage“, bei welcher die zu beschichtenden Substrate ohne weiteren Chargierungs- und Dechargierungsvorgang in die PVD-Vorrichtungen eingeführt und wieder hinausgeführt. Bei der klagepatentgemäß Anlage handele sich hingegen um eine Durchlauf-Anlage, die die Verfahrensschritte des Bestückten und Entstückens und damit das Verwenden eines Gestells – insbesondere auch beim Beschichtungsvorgang aufgrund Hineinerstreckens der Transportvorrichtung in die PVD-Vorrichtung – vermeide.
Darüber hinaus sei das Klagepatent nicht rechtsbeständig, weshalb das Verfahren jedenfalls bis zur Entscheidung des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen sei. Der Gegenstand des Klagepatents sei nicht patentfähig, weil er im Hinblick auf den im Nichtigkeitsverfahren entgegengehaltenen Stand der Technik nicht neu sei, zumindest aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen,
das Berufungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Nichtigkeitsverfahrens auszusetzen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe, dass
• ein Rückrufanspruch gegen die Beklagten zu 2., zu 3. und zu 4. nicht mehr geltend gemacht wird;
• ein Anspruch auf endgültige Entfernung der patentverletzenden Gegenstände aus den Vertriebswegen nicht mehr geltend gemacht wird, in den Tenor zu I. 3. des landgerichtlichen Urteils allerdings als Teil des Rückrufanspruchs zur Klarstellung aufgenommen werden soll, dass die Beklagte zu 1. die an sie zurückgegebenen patentverletzenden Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen hat;
• der gegenüber der Beklagten zu 1. geltend gemachte Rückrufanspruch nur Erzeugnisse betrifft, die ab dem 30. April 2006 vertrieben worden sind.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und tritt den Ausführungen der Beklagten unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die angegriffene Ausführungsform als wortsinngemäße Übereinstimmung mit der in Anspruch 1 des Klagepatentes unter Schutz gestellten technischen Lehre beurteilt. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Anlass zu einer Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage besteht nicht.
A.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Beschichten von Gegenständen mittels eines so genannten PVD-Verfahrens (PVD = physical vapour deposition). Auf Deutsch wird dies als „physikalische Dampfablagerung“ oder auch als „physikalische Gasphasenabscheidung“ bezeichnet. Darunter versteht man eine Gruppe von vakuumbasierten Beschichtungsverfahren bzw. Dünnschichttechnologien, bei denen die Schicht direkt durch Kondensation eines Ausgangsmaterials gebildet wird.
Wie die Klagepatentschrift in ihrer Einleitung ausführt, sind solche PVD-Geräte allgemein bekannt (Anlage K 6a, Abs. [0002]). Sie werden beispielsweise dazu verwendet, eine dünne Schicht aus Metall auf Plastik aufzubringen, um dem Gegenstand ein metallisches Erscheinungsbild zu geben. Beispiele hierfür sind Kappen für Kosmetikflaschen, bei Sportveranstaltungen präsentierte Preise, Fahrzeugkomponenten und dergleichen (Anlage K 6a, Abs. [0002]).
Gemäß den Angaben der Klagepatentschrift werden die Gegenstände herkömmlicherweise zunächst zur Verarbeitung auf Gestellen platziert und mit einem Lacküberzug versehen. Der Lacküberzug erhöht die Klebekraft zwischen dem Plastik und dem Metallüberzug. Darüber hinaus sorgt der Lacküberzug für eine gleichmäßigere Oberfläche, so dass die Reflexion des Metallsüberzugs verbessert wird (Anlage K 6a, Abs. [0003]). Die Vorbehandlung kann auch eine Behandlung vor dem Lackieren umfassen, wie z. B. eine FIammbehandlung. Hierdurch werden die Oberflächeneigenschaften des Plastikgegenstandes verändert, so dass der anschließend aufgebrachte Lack besser auf dem Plastik haftet (Anlage K 6a, Abs. [0004]).
Wie die Klagepatentschrift einleitend ferner ausführt, werden die zu verarbeitenden Gegenstände nachfolgend in einem Unterdruckbehälter platziert. Anschließend wird in dem Unterdruckbehälter ein Vakuum erzeugt und mittels Verdampfung von Metall wird ein Metalldampf in den UnterdruckbehäIter eingeführt, der sich auf den lackierten Gegenständen ablagert. Diesen Prozess bezeichnet man als „physikalische Dampfablagerung“ (Anlage K 6a, Abs. [0005]). Die Verdampfung kann dabei auf verschiedenen Wegen erreicht werden, z.B. durch so genanntes Sputtern bzw. mittels Kathodenzerstäubung (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0011]). Hierbei wird das zu verdampfende Metall durch Ionen beschossen, so dass sich das Material löst und in einen gasförmigen Zustand gerät. Bekannt ist es auch, Metall stark zu erhitzen, so dass es verdampft. Aufgrund des Vakuums im Unterdruckbehälter setzten sich die verdampften Metallpartikel auf dem im Unterdruckbehälter platzierten Gegenstand ab und beschichten diesen mit einer Metallschicht.
Nach der vollständigen Verdampfung des relevanten Elementes wird wieder Luft in den Behälter gelassen, wonach die metallisierten Gegenstände auf den Gestellen entfernt werden können (Anlage K 6a, Abs. [0007]).
Danach werden die Gegenstände einer Nachbehandlung unterzogen, die im AIlgemeinen durch eine Lackierbehandlung realisiert wird. Da die aufgebrachte Metallschicht extrem dünn ist und leicht beschädigt werden kann, wird hierbei zum Schutz dieser Schicht ein Schutzlacküberzug aufgebracht. Dieser Lacküberzug gewährt des Weiteren die Möglichkeit, die Farbe zu ändern. Im Allgemeinen wird Aluminium als PVD-Material verwendet, wobei es durch Färben des Lacks möglich ist, die Farbe beispielsweise in eine Gold- oder Kupferfarbe zu variieren (Anlage K 6a, Abs. [0008]).
An dem vorbeschriebenen herkömmlichen Verfahren kritisiert die Klagepatentschrift als nachteilig, dass viele Vorgänge unvermeidlich manuell durchgeführt werden müssten und die betreffende Arbeit daher mühevoll und schwierig sei. Grund hierfür sei der diskontinuierliche Charakter des PVD-Prozesses sowie die relativ lange Trocknungszeit der auf die Plastikgegenstände aufgebrachten Lacke (Anlage K 6a, Abs. [0009]).
Die Klagepatentschrift geht sodann noch auf die WO-A-97/28290 (Anlage K 8) ein, die ein Gerät zur Aufbringung von wenigstens einem Überzug auf Gegenstände mittels PVD unter Vakuum offenbart. Dieses bekannte Gerät weist gemäß den Angaben der Klagepatentschrift eine PVD-Vorrichtung zum Überziehen des Gegenstandes unter einem Vakuum, wenigstens eine Schleuse, die die PVD-Vorrichtung von der Umgebung trennt, sowie eine Transportvorrichtung auf, die sich durch die PVD-Vorrichtung und in die Schleuse erstreckt und die dazu angepasst ist, auf Trägern angeordnete Gegenstände zu transportieren, wobei die PVD-Vorrichtung („PVD device“) für ein halbkontinuierliche Behandlung von auf Trägern angeordneten Gegenständen angepasst ist (Anlage K 6a, Abs. [0010]). Das Gerät ist dazu hergerichtet, Kathodenstrahlröhren zu benutzen, die das Sputtern von Metallüberzügen auf Glas mit sich bringen (Anlage K 6a, Abs. [0011]).
Als Aufgabe der Erfindung gibt die Klagepatentschrift vor diesem Hintergrund an, ein Gerät zu schaffen, das dazu angepasst ist, einen Metallüberzug auf Materialien aufzubringen, die nur überzogen werden können, wenn sie durch einen Lacküberzug bedeckt worden sind (Anlage K 6a, Abs. [0011]). Wie der Durchschnittsfachmann insbesondere der bereits erwähnten Kritik der Klagepatentbeschreibung am Stand der Technik sowie den Vorteilsangaben der Klagepatentschrift (Anlage K 6a, Abs. [0014]), entnimmt, geht es konkreter formuliert darum, eine Vorrichtung zum Beschichten von zunächst mit einem Lacküberzug versehenen Gegenständen mittels PVD bereitzustellen, bei der sich der notwendige Arbeits- und Zeitaufwand verringert und die daher eine verbesserte Effizienz hat.
Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Anspruch 1 des Klagepatents eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
(1) Vorrichtung (1) zur Aufbringung wenigstens eines Überzuges auf Gegenstände (24) mittels einer Dampfablagerung (PVD) unter Unterdruck, aufweisend:
(1.1) eine PVD-Vorrichtung (2) zum Überziehen des Gegenstandes unter Unterdruck,
(1.2) wenigstens eine Schleuse („lock“), die die PVD-Vorrichtung (2) von der Umgebung trennt,
(1.3) eine Transportvorrichtung (5),
(1.4) eine Vorverarbeitungsvorrichtung (3) zur Durchführung einer Vorverarbeitung an dem Gegenstand (24) und
(1.5) eine Nachverarbeitungsvorrichtung (4) zum Nachverarbeiten der Gegenstände (24).
(2) Die PVD-Vorrichtung (2) ist für eine halbkontinuierliche Behandlung der Gegenstände (24), die auf Trägern (15) angeordnet sind, angepasst.
(3) Die Transportvorrichtung (5)
(3.1) erstreckt sich durch die PVD-Vorrichtung (2) und in die Schleuse hinein;
(3.2) ist dazu angepasst, Gegenstände (24), die auf Trägern (15) angeordnet sind, zu transportieren,
(3.3) erstreckt sich durch die wenigstens eine Schleuse, die Vorverarbeitungsvorrichtung (3) und die Nachverarbeitungsvorrichtung (4).
(4) Die Vorverarbeitungsvorrichtung (3) weist
(4.1) eine Anwendungsvorrichtung zum Aufbringen eines Lackes auf die zu behandelnden Gegenstände (24) auf, der mittels Strahlung, beispielsweise UV- oder IR-Strahlung, aushärtet, und
(4.2) eine Vorrichtung zum Bestrahlen der lackierten Gegenstände mit der relevanten Strahlung auf.
Hinsichtlich der Vorteile des Gegenstandes der Erfindung hebt die Klagepatentschrift in Absatz [0014] hervor:
„Die halbkontinuierliche Eigenschaft der PVD-Vorrichtung ermöglicht eine nachfolgende Behandlung der Träger mit einer Serie von Gegenständen. Da die Transportvorrichtung zu diesem Zweck angepasst ist und sich darüber hinaus durch die Vorverarbeitungsvorrichtung und die Nachverarbeitungsvorrichtung erstreckt, wird es möglich, die Gegenstände für die Dampfbeschichtung ohne Belade- und Entladevorgänge zu behandeln. Diese Kombination von Maßnahmen ermöglicht somit die Nutzung eines gewissen Automatisierungsgrades; nur am Start müssen die Gegenstände auf den Trägern platziert werden und nach der Beendigung der Nachverarbeitung können sie davon entfernt werden. Das Handhaben der Gegenstände zwischen den Behandlungen, wenn sie ohnehin auf den Gestellen platziert sind, wird eingespart.“
Im Hinblick auf den Streit der Parteien bedürfen die Merkmale (1.3) und (3) der vorstehenden Merkmalsgliederung näherer Erläuterung.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung weist hiernach eine „Transportvorrichtung“ auf (Merkmal (1.3). Diese ist anspruchsgemäß so ausgestaltet, dass sie die zu behandelnde Gegenstände, welche auf Trägern angeordnet sind, transportieren kann (Merkmal (3.1). Anspruchsgemäß erstreckt sich die Transportvorrichtung durch alle in Patentanspruch 1 genannten Komponenten bzw. Einrichtungen der erfindungsgemäßen Vorrichtung (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0018]). So erstreckt sie sich durch die PVD-Vorrichtung (Merkmal (3.1)) und in die Schleuse hinein (Merkmal (3.1)) sowie durch diese hindurch (Merkmal (3.3)). Des Weiteren erstreckt sie sich durch die Vorverarbeitungsvorrichtung (Merkmal (3.3)) und die Nachverarbeitungsvorrichtung (Merkmal (3.3)). Mit der sich damit durch die gesamte Anlage bzw. durch alle Prozessstationen erstreckenden, die einzelnen Einrichtungen der Anlage miteinander verbindenden Transportvorrichtung wird es ermöglicht, dass die zu behandelnden Gegenstände lediglich zu Beginn des Verfahrens (vor Beginn der Vorverarbeitung) auf den Trägern platziert werden müssen, anschließend (bis zum Abschluss der Nachverarbeitung) aber ohne jedes weitere manuelles Be- und Entladen den einzelnen Verfahrensschritten in den jeweiligen Stationen unterzogen werden können. Lediglich am Ende des Prozesses – nach der Nachverarbeitung – müssen die Gegenstände wieder von den Trägern entfernt werden (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0014]). Ein jeweiliges Be- und Entladen der Gegenstände per Hand zur Durchführung der einzelnen Behandlungsschritte, wie es nach den Angaben der Klagepatentschrift im Stand der Technik erforderlich war (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0009]), entfällt; die auf den Trägern angeordneten Gegenstände können im Transportsystem verbleiben und an den einzelnen Einrichtungen jeweils in Serie behandelt werden. Hierdurch wird ein erhöhter Automatisierungsgrad erreicht (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0014]), wodurch die Effizienz der Anlage verbessert wird.
Dieses Ziel ermöglicht jede Transportvorrichtung, die dazu geeignet ist, die zu behandelnden Gegenstände auf Trägern durch die verschiedenen Stationen der Anlage zu transportieren, ohne dass ein manuelles Be- und Entladen der Gegenstände zwischen den Behandlungen und somit ein manuelles Herausnehmen der Gegenstände aus dem Transportkreislauf erfolgen muss. Der Begriff „Transportvorrichtung“ ist denkbar allgemein; er beschreibt lediglich die Funktion der Vorrichtung. Der Fachmann wird diesen Begriff deshalb funktionsorientiert auslegen und hierunter jede Vorrichtung verstehen, die die vorbeschriebene Funktion erfüllt. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Transportvorrichtung macht Anspruch 1 keine weiteren Vorgaben; diese überlässt er dem Belieben des Fachmanns. Die „Transportvorrichtung“ muss nur den Vorgaben der Merkmale (3.2) und (3.1) sowie (3.3) entsprechen.
Bei der „Transportvorrichtung“ kann es sich sowohl um eine „einheitliche“ Transportvorrichtung als auch um eine sich aus mehreren miteinander kombinierten Transporteinheiten zusammengesetzte Vorrichtung handeln, wobei zum Ausgleich der zeitlichen Unterschiede zwischen dem kontinuierlichen Betreiben der Vorverarbeitungsvorrichtung und Nachverarbeitungsvorrichtung und dem halbkontinuierlichen Betreiben der PVD-Vorrichtung bzw. zur Synchronisierung der im Wesentlichen kontinuierlich arbeitenden Vorverarbeitungsanlage und der Nachbearbeitungsanlage mit dem halbkontinuierlichen Betrieb der PVD-Anlage auch Puffer bzw. Ausweichflächen (6) vorgesehen sein können (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0018], [0039], [0040] und [0053] sowie Unteranspruch 9).
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, muss die Transportvorrichtung insoweit nicht einteilig – z. B. als durchlaufendes Förderband – ausgebildet sein, sondern sie kann durchaus auch aus mehreren, zusammenwirkenden Einheiten bestehen. Wie die erfindungsgemäße „Vorrichtung zur Aufbringung eines Überzuges auf Gegenstände“ selbst, bei der es sich ersichtlich um eine aus mehreren Komponenten bzw. Einrichtungen (PVD-Vorrichtung; Vorverarbeitungsanlage, Nachverarbeitungsvorrichtung und Transportvorrichtung) bestehende Gesamtanlage handelt, kann auch die Transportvorrichtung wiederum aus mehreren Einheiten bestehen, die zusammen ein Transportsystem bilden, dass einen Transport der zu behandelnden Gegenstände durch die gesamte Anlage ermöglicht. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, spricht hierfür insbesondere auch das in der Klagepatentschrift figürlich dargestellte und beschriebene Ausführungsbeispiel. Wie aus Figur 2 zu ersehen ist, hat bei diesem die Transportvorrichtung (5) an einer Stelle eine U-Form, wobei an den Positionen, an denen die Transportvorrichtung einen Winkel bildet, spezielle Rotationsvorrichtungen (20) angeordnet sind, von denen jede eine Rotationsscheibe (21) besitzt. Mittels dieser Rotationsscheiben (21) ist es möglich, den Träger (15), auf dem die Gegenstände (24) angeordnet sind, um einen Winkel von 90o zu drehen (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0041]).
Dass die klagepatentgemäße Transportvorrichtung grundsätzlich auch „mehrteilig“ ausgebildet sein kann, räumen die Beklagten in zweiter Instanz auch selbst ein (vgl. Berufungsbegründung, Seite 5 f. [Bl. 199 f. GA]). Sie sind allerdings der Auffassung, dass das Klagepatent lediglich eine so genannte Inline-Anlage bzw. Durchlaufanlage, nicht hingegen eine so genannte Chargen- bzw. Batch-Anlage betreffe, wobei der Unterschied zwischen diesen Anlagen nach dem Vorbringen der Beklagten darin liegen soll, dass bei einer „Inline-Anlage“ die zu beschichtenden Gegenstände unmittelbar, d. h. ohne gesonderten Chargierungs- und Decharchierungsvorgang in die PVD-Vorrichtung verbracht und wieder entladen werden, während bei der „Chargen-“ bzw. „Batch-Anlage“ zunächst ein Bestücken eines separaten Gestells oder Käfigs erfolgt, welcher sodann in die PVD-Vorrichtung eingebracht und nach Durchführung des Beschichtungsvorgangs wieder aus dieser hinausgeführt wird. Eine Beschränkung auf einen bestimmten Anlagetyp, nämlich auf eine so genannte Inline-Anlage, lässt sich – wovon das Landgericht mit Recht ausgegangen ist – dem Klagepatent indes nicht entnehmen.
Patentanspruch 1 spricht allgemein von einer „Vorrichtung zur Aufbringung wenigstens eines Bezugs auf Gegenstände“ und ist insoweit denkbar weit gefasst. Eine entsprechende Beschränkung lässt sich auch den übrigen Merkmalen von Anspruch 1 nicht entnehmen. Das gilt insbesondere für die die Transportvorrichtung betreffenden Merkmale. Der Begriff „Transportvorrichtung“ als solcher ist – wie bereits erwähnt – ebenfalls denkbar weit. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Transportvorrichtung verlangt Merkmal (3.2) lediglich, dass diese so hergerichtet ist, dass sie Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, transportieren kann. Die weiteren Merkmale (3.1) und (3.3) besagen nur, dass sich die Transportvorrichtung durch die in Anspruch 1 genannten Komponenten der Vorrichtung (PVD-Vorrichtung, Schleuse, Vorverarbeitungsvorrichtung und Nachverarbeitungsvorrichtung) erstreckt. Daraus folgt allein, dass die Träger mit den auf ihnen angeordneten Gegenstände mittels der Transportvorrichtung durch die gesamte Anlage transportiert werden können, so dass die Notwendigkeit eines manuellen Be- und Entladens der Gegenstände zwischen den einzelnen Behandlungsstationen entfällt. Dies ist jedoch nicht nur bei einer „Inline-Anlage“, sondern auch bei „Chargen“ – bzw. „Batch-Anlage“ der Fall.
Dass es sich bei der Transportvorrichtung zwingend um ein „einheitliches“ Transportsystem handeln muss, bei dem die Träger mit den zu behandelnden Gegenständen ohne vorheriges (automatisches) Beladen eines Gestells, eines Käfigs oder einer sonstigen Aufnahmeeinrichtung in die jeweilige Einzelvorrichtung der Anlage hinein transportiert und nach der jeweiligen Behandlung ohne entsprechendes Entladen wieder aus dieser hinausgeführt werden, verlangt Anspruch 1 nicht. Von einer „einheitlichen“ Transportvorrichtung ist in Anspruch 1 nicht die Rede.
Dieser fordert auch nicht, dass die Transportvorrichtung dazu angepasst sein muss, die zu behandelnden Gegenstände „linear“, vergleichbar der Bewegung auf einem Schienenstrang, zu transportieren. Anspruchsgemäß muss die Transportvorrichtung nur so ausgestaltet sein, dass sie auf Trägern angeordnete Gegenstände transportieren kann (Merkmal (3.2), und zwar – wie aus den Merkmalen (3.1) und (3.3) folgt – durch die gesamte Anlage. Wie der Transport zu erfolgen hat, lässt Anspruch 1 offen. Er macht insbesondere hinsichtlich der Transportbewegung des Trägers keine Vorgaben. Von einem „Linearantriebsteil“, einer „Linearbewegung des Trägers“ und einer „linearen Antriebsvorrichtung“ ist lediglich in der besonderen Patentbeschreibung in Bezug auf das in den Figuren gezeigte bevorzugte Ausführungsbeispiel die Rede (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0056], [0057] und [0058]). Ebenso schlägt erst Unteranspruch 6 eine besondere Ausgestaltung nach Anspruch 1 vor, die sich u. a. dadurch auszeichnet, dass die Transportvorrichtung dazu angepasst ist, die Träger „im Wesentlichen in der Längsrichtung“ zu bewegen. Der allgemeinere Patentanspruch 1 verlangt derartiges nicht.
Dass das Klagepatent nur so genannte Inline-Anlagen, nicht aber so genannte Batch-Anlagen bzw. Chargen-Anlagen betrifft, lässt sich auch der Klagepatentbeschreibung nicht entnehmen. Die Klagepatentschrift verwendet diese Terminologie nicht. Sie erwähnt weder den Begriff „Inline-Anlage“ noch den Begriff „Batch-Anlage“ oder „Chargen-Anlage“. Die Klagepatentschrift führt auch nicht aus, dass es verschiedene Anlagentypen gibt, und sie kritisiert auch keinen bestimmten Anlagentyp als nachteilig.
Eine Beschränkung des Klagepatents auf „Inline-Anlagen“ lässt sich auch der eingangs bereits zitierten Beschreibungsstelle in Absatz [0014] nicht entnehmen. Soweit es dort heißt, dass es die Erfindung ermögliche, die Gegenstände für die Dampfbeschichtung ohne Belade- und Entladevorgänge zu behandeln, ist dies nicht dahin zu verstehen, dass die Träger mit den auf ihnen angeordneten Gegenständen vor dem Einführen in eine der Vorrichtungen der Anlage nicht zunächst mit den Trägern (automatisiert) auf ein Gestell, in einen Käfig oder in eine ähnliche Aufnahmevorrichtung verbracht und dort gesammelt werden dürfen, bevor sie dann weiter in die betreffende Behandlungsvorrichtung transportiert werden. Vielmehr ist diese Vorteilsbeschreibung im Lichte der einleitend am Stand der Technik geübten Kritik (Anlage K 6a, Abs. [0009]) zu lesen. Bei den im Stand der Technik bekannten Vorrichtungen ist der Klagepatentschrift zufolge nachteilig, dass – aufgrund der langen Trocknungszeit der zunächst auf die zu metallisierenden Gegenstände aufgebrachten Lacke sowie aufgrund des diskontinuierlichen Charakters des
PVD-Prozesses – viele Vorgänge „manuell“ durchgeführt werden müssen, was offensichtlich insbesondere für das Handhaben der Gegenstände zwischen den einzelnen Behandlungsschritten gilt. Dies will das Klagepatent ändern. Es schlägt deshalb die Anordnung einer Transportvorrichtung vor, die so ausgestaltet ist, dass sie Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, transportieren kann, und die so angeordnet ist, dass sie die auf den Trägern angeordneten Gegenstände durch die gesamte Anlage transportiert. Die Transportvorrichtung ermöglicht es aufgrund dessen, dass die zu behandelnden Gegenstände lediglich zu Beginn des Verfahrens auf den Trägern platziert werden müssen, anschließend aber ohne manuelles Be- und Entladen den einzelnen Verfahrensschritten unterzogen werden können, bis sie am Ende des Prozesses wieder von den Trägern entfernt werden. Soweit die Klagepatentschrift hervorhebt, dass es die Erfindung ermöglicht, die Gegenstände für die Dampfbeschichtung „ohne Belade- und Entladevorgänge „zu behandeln, wird damit vor diesem Hintergrund nur zum Ausdruck gebracht, dass ein manuelles Be- und Entladen der Gegenstände für die einzelnen Behandlungsschritte nicht mehr erforderlich ist. Die auf den Trägern angeordneten Gegenstände können nunmehr vielmehr durchlaufend im Transportsystem verbleiben. Demgemäß heißt es in besagter Beschreibungsstelle auch, dass die vorgeschlagene Kombination von Maßnahmen die Nutzung eines „gewissen Automatisierungsgrades“ ermöglicht (Anlage K 6a, Abs. [0014]). Ein gewisser „Automatisierungsgrad“ wird durch erreicht, dass – anders als im Stand der Technik – ein manuelles Be- und Entladen der Gegenstände zwischen den einzelnen Behandlungen nicht mehr stattfindet. Die zu behandelnden Gegenstände müssen nur noch am Start per Hand auf den Trägern platziert werden und nach der Beendigung der Nachverarbeitung können sie von diesen wieder entfernt werden. Eben dies ist – auch wenn die Klagepatentschrift dies nicht ausdrücklich sagt – gemeint, wenn es in der Klagepatentbeschreibung unmittelbar nach dem Hinweis darauf, dass die vorgeschlagene Kombination von Maßnahmen die Nutzung eines „gewissen Automatisierungsgrades“ ermöglicht, noch im selben Satz heißt, dass die Gegenstände nur am Start auf den Trägern platziert werden müssen und sie nach der Beendigung der Nachverarbeitung davon entfernt werden könne, und sodann im nächsten Satz angegeben wird, dass ein „Handhaben“ der Gegenstände zwischen den Behandlungen eingespart wird. Ein Verbringen und Sammeln der Träger mit den auf diesen angeordneten Gegenständen auf einem Gestell, in einen Käfig oder eine ähnliche Aufnahmeeinrichtung, mit welchen die Träger samt den auf ihnen angeordneten Gegenständen dann weiter in die Behandlungsvorrichtung hinein transportiert und mit welcher sie im Anschluss an die Behandlung wieder aus der Behandlungsvorrichtung heraus transportiert werden, wird damit nicht ausgeschlossen.
Für die Richtigkeit der vorstehenden Auslegung spricht auch folgende Überlegung: Wie bereits erwähnt, lässt das Klagepatent die Anordnung von Puffern bzw. Ausweichflächen zum Ausgleich der zeitlichen Unterschiede zwischen dem kontinuierlichen Betreiben der Vorverarbeitungsvorrichtung und Nachverarbeitungsvorrichtung und dem halbkontinuierlichen Betreiben der PVD-Vorrichtung bzw. zur Synchronisierung der im Wesentlichen kontinuierlich arbeitenden Vorverarbeitungsanlage und der Nachbearbeitungsanlage mit dem halbkontinuierlichen Betrieb der PVD-Anlage einen Puffer bzw. eine Ausweichfläche ausdrücklich zu (vgl. Anlage K 6a, Abs. [0018], [0039], [0040] und [0053]). Unteranspruch 9 schlägt hierzu eine besondere Ausgestaltung vor, bei der ein Puffer für die Träger zwischen der Vorverarbeitungsvorrichtung und der PVD-Vorrichtung angeordnet ist, wie dies auch bei dem in den Figuren dargestellten und in der Klagepatentbeschreibung beschriebenen bevorzugten Ausführungsbeispiel der Fall ist (vgl. Figur 1). In der Pufferzone bzw. Ausweichfläche (6) werden die Träger mit den auf ihnen angeordneten Gegenständen gesammelt, bevor sie dann weiter in die PVD-Vorrichtung verbracht werden. Wie die Träger von dem Puffer weiter in die PVD-Vorrichtung verbracht werden, lässt Unteranspruch 9 offen. Klar ist nur, dass dies durch eine zumindest funktionell der Transportvorrichtung zuzuordnende Transporteinheit geschehen muss. Insoweit ist ohne weiteres denkbar, dass der Weitertransport nicht auf die bisherige Weise erfolgt, sondern in einer anderen Weise, z. B. dadurch, dass die Träger in eine gesonderte Aufnahmevorrichtung bewegt werden, mit welcher sie dann in automatisierte Form in die PVD-Vorrichtung hineingeführt und nach der PVD-Behandlung wieder aus dieser herausgeführt werden. Ebenso ist es denkbar, dass die Träger – anstatt sie zunächst auf einer Ausweichfläche zu sammeln und dort einen bestimmten Zeitraum stehen zu lassen – sogleich in eine derartige Aufnahmevorrichtung verbracht werden, wobei die notwenige Synchronisierung dadurch erfolgt, dass das Beladen der Aufnahmeeinrichtung mit den Trägern über einen bestimmten Ausgleichszeitraum erfolgt.
Dass die Figuren der Klagepatentschrift aus Sicht des Fachmanns eine „Inline-Anlage“ zeigen mögen, rechtfertigt keine anderweitige Auslegung des Patentanspruchs 1. Es handelt sich hierbei lediglich um ein Ausführungsbeispiel der Erfindung. Ausführungsbeispiele dienen grundsätzlich lediglich der Beschreibung von Möglichkeiten der Verwirklichung des Erfindungsgedankens; sie erlauben daher regelmäßig keine einschränkende Auslegung eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruchs (BGHZ 160, 204, 210 = GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH, GRUR 2007, 778, 779, 780 – Ziehmaschinenzugeinheit; GRUR 2008, 779, 783 – Mehrgangnabe). Aus Ausführungsbeispielen darf dementsprechend nicht auf ein engeres Verständnis des Patentanspruchs geschlossen werden, als es dessen Wortlaut für sich genommen nahe legt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen ergibt, dass nur bei Befolgung einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der erfindungsgemäß mit den im Anspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll (BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Dass ist hier – aus den vorstehenden Gründen – jedoch nicht der Fall.
Letztlich legt die Beklagte zu 1. Patentanspruch 1 im Nichtigkeitsverfahren selbst ohne derartige Einschränkungen aus. So führt sie dort – zutreffend – aus, dass die Transportvorrichtung sehr breit definiert sei und diese lediglich Gegenstände, die auf Trägern angeordnet sind, transportieren können müsse (Schriftsatz an das Bundespatentgericht v. 10.03.2011, Anlage BK 3, S. 10). Ferner spricht sie dort in Bezug auf die Transportvorrichtung von einer alle Schritte verbindenden Transportvorrichtung (Anlage BK 3, S. 14), von einer Transportvorrichtung beliebiger Art, die alle Prozessschritte verbinde (Anlage BK 3, S. 15), von Transportvorrichtungen, die einen zu bearbeitenden Gegenstand durch verschiedene Prozessschritte unterschiedlicher Dauer führten (Anlage BK 3, S. 15), von einer Transportvorrichtung, die die zu beschichtenden Gegenstände zwischen deren „Aufgabe“ und deren „Abnahme“ transportiere (Anlage BK 3, S. 17), von einer Durchlaufanlage für den gesamten Prozess, also einer Transportvorrichtung, die sich durch alle Prozessschritte erstrecke (Anlage BK 3, S. 18), von einer automatischen Transportanlage (Anlage BK 3, S. 21) sowie davon, dass das Transportsystem durch alle Prozessschritte führe (Anlage BK 3, S. 26). Ferner stellt die Beklagte zu 1. im Nichtigkeitsverfahren zutreffend heraus, dass eine genaue konstruktive Ausgestaltung von Patentanspruch 1 des Klagepatents nicht verlangt wird (Anlage BK 3, S. 18). Alles dies entspricht der vorstehenden Auslegung.
Sie steht auch weitgehend im Einklang mit den Ausführungen der Klägerin im Nichtigkeitsverfahren. Denn die Klägerin führt im Nichtigkeitsverfahren aus, dass klagepatentgemäß eine Transportvorrichtung vorgesehen sei, die sich durch sämtliche Prozessstationen der Anlage erstrecke, einschließlich der PVD-Vorrichtung, wohingegen beim Stand der Technik die Gegenstände „manuell“ von einer Prozessstation zur anderen befördert und bewegt würden (vgl. Schriftsatz an das BPatG v. 19.5.2011, Anlage ROKH 4, S. 10). Die Gegenstände würden erfindungsgemäß während des gesamten Prozesses auf denselben Trägern platziert bleiben, und die Träger würden durch eine Transportvorrichtung ohne zwischenzeitliche „manuelle“ Handhabung durch sämtliche Prozessesstationen transportier (vgl. Schriftsatz an das BPatG vom 19.5.2011, Anlage ROKH 4, S. 12). Lediglich soweit die Klägerin auch von einer „einzigen Transportvorrichtung“ (Schriftsatz an das BPatG v 25.11.2010, Anlage ROKH 2, S. 21; Schriftsatz an das BPatG v. 19.5.2011, Anlage ROKH 4, S. 10). spricht und hieraus folgen sollte, dass die Klägerin im Nichtigkeitsverfahren eine einteilige oder einheitliche Ausbildung der Transportvorrichtung im Auge hat, kann dem aus den vorstehenden Gründen nicht beigetreten werden.
C.
Zu Recht ist das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die angegriffene Ausführungsform der unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß entspricht.
1.
Hinsichtlich der Merkmale (1), (1.1), (1.4), (1.5), (2) und (4) ist das auch in zweiter Instanz unstreitig und bedarf deshalb keiner weiteren Begründung.
2.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht auch das Merkmal (1.2) wortsinngemäß, was die Beklagten wohl auch weiterhin gar nicht in Abrede stellen wollen. Im Hinblick auf ihre Ausführungen in dem letzten Schriftsatz vom 15. Juli 2001 ist hierzu allerdings vorsorglich Folgendes zu bemerken:
Nach dem maßgeblichen englischen Anspruchsfassung weist die erfindungsgemäße Vorrichtung ein „lock“ auf, was sich auch mit „Verschluss“ ins Deutsche übersetzen lässt. Das betreffende Bauteil hat anspruchsgemäß die Funktion, die
PVD-Vorrichtung von der Umgebung zu trennen, d. h. dafür Sorge zu tragen, dass die PVD-Vorrichtung so verschlossen werden kann, dass der für das PVD-Verfahren notwendige Unterdruck erzeugt werden kann. Gleichzeitig muss das als „lock“ bezeichnete Bauteil selbstverständlich die Einführung der zu behandelnden Gegenständen in die PVD-Vorrichtung erlauben. Der Fachmann versteht den Begriff „lock“ daher funktional dahingehend, dass es sich um ein Bauteil handelt, das für die Abtrennung des Inneren der PVD-Vorrichtung von ihrer äußeren Umgebung sorgt und dass zugleich die Ein- und Ausführung der zu behandelnden Gegenstände in die PVD-Vorrichtungen erlaubt. Dies kann durch unterschiedlichste Verschlussvorrichtungen geschehen, so z. B. durch einer Tür, mit der die PVD-Vorrichtung nach Einführung der zu behandelnden Gegenstände verschlossen werden kann. Eine derartige Verschlusseinrichtung weist auch die angegriffene Ausführungsform auf. Wie die Klägerin in ihrer Klageschrift vorgetragen hat, ist bei der Anlage der Beklagten vor der PVD-Vorrichtung einer verschiebbare Wand angeordnet, die durch Verschieben nach links bzw. rechts die PVD-Vorrichtung verschließt und wieder öffnet. Durch das Verschließen wird die PVD-Vorrichtung von der Umgebung getrennt, so dass dort das für das PVD-Verfahren notwendige Vakuum geschaffen werden kann. Durch Öffnen der Wand können die zu behandelnden Gegenstände vor ihrer Behandlung in die PVD-Vorrichtung hinein und nach der Behandlung wieder aus ihr heraus transportiert werden.
3.
Verwirklicht sind vor dem Hintergrund der oben erläuterten Lehre des Klagepatents auch die Merkmale (1.3) und (3).
Die angegriffene Ausführungsform besitzt eine Transportvorrichtung im Sinne des Klagepatents. Bei dieser handelt es sich um das in der Zeichnung gemäß Anlage
K 16 rot kolorierte Transportsystem. Dieses ermöglicht einen Transport der zu behandelnden Gegenstände durch die gesamte Anlage, ohne dass diese oder die Träger, auf denen sie angeordnet sind, vor oder nach den verschiedenen Einzelvorrichtungen jeweils erst von Hand be- und entladen werden müssen. Die Transportvorrichtung ist ersichtlich dazu angepasst, auf Trägern angeordnete Gegenstände zu transportieren. Denn die zu behandelnden Gegenstände werden unstreitig auf Trägern platziert, auf welchen sie während des Transports durch die gesamte Anlage verbleiben. Das bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte Transportsystem erstreckt sich auch durch die gesamte Anlage. Es geht durch die PVD-Vorrichtung (gelb), in und durch die Schleuse (orange) sowie durch die Vorverarbeitungsvorrichtung (grün) und die Nachverarbeitungsvorrichtung (blau). Die zu behandelnden, auf den Trägern angeordneten Gegenstände bleiben durchlaufend im Transportsystem. Lediglich zu Beginn des Verfahrens müssen sie auf den Trägern platziert werden, während hiernach ein manuelles Be- und Entladen der Gegenstände zwischen den einzelnen Behandlungsschritten entfällt. Ebenso müssen die Träger selbst nicht per Hand bewegt werden.
Dass die Träger mit den auf ihnen angeordneten Gegenständen nach dem Transport zur PVD-Vorrichtung zunächst auf einen Rotor (Beschichtungskäfig/Drehkorb) geschoben werden, welche nach vollständiger Belegung – ebenfalls automatisch – in die PVD-Vorrichtung hinein verbracht und nach der Durchführung der PVD-Beschichtung wieder aus der PVD-Vorrichtung heraus verbracht wird, wonach die Träger mit den auf ihnen angeordneten Gegenständen wieder automatisch aus der Rotorbestückungseinheit herausgeschoben werden, und anschließend in der ursprünglichen Weise weitertransportiert werden, steht einer Verwirklichung der in Rede stehenden Merkmale nicht entgegen. Wie bereits ausgeführt, kann die klagepatentgemäße Transportvorrichtung auch aus mehreren, miteinander kombinierten Transporteinheiten bestehen, wobei diese Transporteinheiten auch unterschiedlich ausgebildet sein können. Auch verbietet das Klagepatent ein (automatisches) Umladen der Träger mit den auf diesen angeordneten Gegenständen innerhalb des Transportsystems von einer Transporteinheit auf eine andere Transporteinheit nicht. Es muss nur gewährleistet sein, dass die Träger mit den auf ihnen angeordneten Gegenständen automatisch durch die gesamte Anlage transportiert werden können, ohne dass ein manuelles Be- und Entladen zwischen den einzelnen Behandlungsschritten erforderlich ist. Das ist bei der angegriffenen Ausführungsform ersichtlich der Fall. Der Rotor ist – ebenso wie die Rotorbestückungs- und die Rotorentstückungseinheit – bei der gebotenen funktionalen Betrachtung als Teil der Transportvorrichtung anzusehen, weil er die Träger mit den zu behandelnden Gegenständen in die PVD-Vorrichtung automatisch hinein transportiert, in dieser auf einer Kreisbahn bewegt und nach dem Behandlungsvorgang auch wieder automatisch aus der PVD-Vorrichtung heraus transportiert. Ein manuelles Be- und Entladen der Gegenstände sowie der Träger findet bei der angegriffenen Ausführungsform auch im Zusammenhang mit dem PVD-Behandlungsschritt nicht statt.
Ohne Erfolg machen die Beklagten geltend, dass bei der angegriffenen Ausführungsform ein Transport in der PVD-Vorrichtung selbst nicht erfolge. Bei der angegriffenen Anlage werden die Träger samt Gegenständen mittels der Rotorbestückungseinheit in die PVD-Vorrichtung hinein transportiert und nach Abschluss des PVD-Vorgangs wieder aus dieser heraus transportiert, wobei die Rotorbestückungseinheit während der PVD-Behandlung in der PVD-Vorrichtung verbleibt. Mehr verlangt Merkmal (3.1) nicht. Dieses ist nicht etwa so zu verstehen, dass die Transportvorrichtung an einem Ende in die PVD-Vorrichtung eintreten und an dem gegenüberliegenden Ende austreten muss. Auch wird hiermit nicht gefordert, dass sich die Transportvorrichtung räumlich durch die gesamte PVD-Vorrichtung erstrecken muss, damit die Träger mit den auf ihnen angeordneten Gegenständen die PVD-Vorrichtung komplett durchlaufen können. Zwar mag hierfür auf den ersten Blick der Wortlaut des Patentanspruchs 1 sprechen. „Inhalt“ der Patentansprüche im Sinne des Art. 69 Abs. 1 EPÜ bedeutet jedoch nicht Wortlaut, sondern Sinngehalt. Eine rein philologische Betrachtung greift zu kurz; der Patentanspruch ist vielmehr seinem technischen Sinn nach aufzufassen. Eine sprachliche oder logisch-wissenschaftliche Begriffsbestimmung ist deshalb nicht ausschlaggebend, sondern die Auffassung des praktischen Fachmanns, so wie ein unbefangener, technisch geschulter Leser die in der Patentschrift verwendeten Begriffe versteht. Hier erkennt der Fachmann, dass es dem Klagepatent nur darauf ankommt, dass die Träger mit den zu behandelnden Gegenständen mittels der Transportvorrichtungen durch die ganze Anlage von Station zu Station transportiert werden, wobei sie mittels der Transportvorrichtung jeweils in die einzelnen Stationen hinein und nach der Behandlung wieder aus diesen heraus transportiert werden sollen. Ein Transport in der Behandlungsvorrichtung selbst ist nicht notwendig. Unabhängig davon findet bei der angegriffenen Ausführungsform allerdings auch ein Transport in der PVD-Vorrichtung während des PVD-Vorganges statt. Denn der Rotor bewegt sich unstreitig auf einer Kreisbahn durch die PVD-Vorrichtung, wodurch die Träger mit den zu behandelnden Gegenständen in der PVD-Vorrichtung selbst entsprechend bewegt und damit transportiert werden. Hinsichtlich der Transportrichtung und der Art der Transportbewegung macht Patentanspruch 1 keine Vorgaben.
C.
Dass die Beklagten im Hinblick auf die festgestellte Schutzrechtsverletzung zur Unterlassung und, weil sie das Klagepatent, schuldhaft verletzt haben, auch zum Schadenersatz verpflichtet sind und der Klägerin, um ihr die Berechnung ihres Schadensersatzanspruches zu ermöglichen, über den Umfang ihrer Benutzungs- und Verletzungshandlungen Rechnung zu legen haben, und die Beklagte zu 1. darüber hinaus die patentverletzenden Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen hat, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt; auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen mit folgenden Maßgaben Bezug genommen:
1.
Nachdem die Klägerin ihre Klage hinsichtlich der auch gegen die Beklagten zu 2.
bis 4. erhobenen und ihr vom Landgericht zugesprochenen Rückrufansprüche in zweiter Instanz zurückgenommen hat, ist allein die Beklagte zu 1. zum Rückruf der patentverletzenden Erzeugnisse verpflichtet, und zwar – wie von der Klägerin nunmehr nur noch beantragt – hinsichtlich ab dem 30. April 2006 vertriebener Erzeugnisse. Für die Zeit ab Umsetzung der Enforcement-Richtlinie am
1. September 2008 ergibt sich der Anspruch auf Rückruf unmittelbar aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140a Abs. 3 PatG. Darüber hinaus steht der Klägerin ein entsprechender Anspruch auch für vor diesem Zeitraum liegende, ab dem 30. April 2006 begangene Handlungen zu. Mangels besonderer Überleitungsbestimmungen gilt die Neufassung des § 140a Abs. 3 PatG nur für solche Entstehungstatbestände, die nach Inkrafttreten der Bestimmung am 1. September 2008 verwirklicht worden sind (BGH, GRUR 2009, 515, 517 – Motorradreiniger). Für die Zeit nach dem
29. April 2006, bis zu welchem Zeitpunkt die Enforcement-Richtlinie spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war, folgt der Rückrufanspruch aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 PatG, 823 BGB, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. Art. 10 Abs. 1 der Enforcement-Richtlinie (vgl. Senat, InstGE 13, 15 – Bajonett-Anschlussvorrichtung; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 5. Aufl., Rdnr. 1083). Für Normen, die in Vollzug einer EG-Richtlinie erlassen worden sind, aber auch für früher erlassenes Recht, gilt der Grundsatz richtlinienkonformer Auslegung (vgl. nur Palandt/Sprau, BGB, 69. Aufl., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Die nationalen Gerichte haben unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung seiner Auslegungsmethoden alles zu tun, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie zu gewährleisten und in diesem Rahmen auch das nationale Recht richtlinienkonform fortzubilden (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Die Pflicht zur richtlinienkonform Auslegung beginnt mit Ablauf der Umsetzungsfrist (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Hält der Gesetzgeber die Frist für die Umsetzung einer Richtlinie nicht ein, müssen die Gerichte prüfen, ob die Richtlinie, etwa auf der Grundlage von Generalklauseln des nationalen Rechts, durch richtlinienkonforme Auslegung umgesetzt werden kann (Palandt/Sprau, a.a.O., Einl. Rdnr. 43 m. w. Nachw.). Nach Art. 10 der Enforcement-Richtlinie, welche bis zum 29. April 2006 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsordnungen vorsehen, dass dem Verletzten eine Möglichkeit gegeben wird, den Rückruf der patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen zu erreichen. Diese Rechtsfolge lässt sich im Wege richtlinienkonformer Auslegung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog herleiten, denn diese Vorschrift berechtigt den Verletzten dazu, die „Beseitigung“ der Beeinträchtigung zu verlangen. Darunter lässt sich der Rückruf patentverletzender Ware aus den Vertriebswegen subsumieren (vgl. a. LG Düsseldorf, Urt. v. 12.02.208 – 4b 220/08; ebenso LG Mannheim, InstGE 12, 207/208 – Stickstoffmonoxid-Nachweis). Entsprechend sieht Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140 a Abs. 3 PatG in Umsetzung der Enforcement-Richtlinie einen Anspruch auf Rückruf patentverletzender Erzeugnisse aus den Vertriebswegen vor. Die Entscheidung „Motorradreiniger“ des Bundesgerichtshofs (GRUR 2009, 515) steht dem nicht entgegen. Mit der Frage einer richtlinienkonformen Auslegung bislang bereits geltender Vorschriften des nationalen Rechts hat sich der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung nicht befasst und musste dies auch nicht tun. Denn das dortige Verfahren hatte – worauf der Bundesgerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat (GRUR 2009, 515, 517 Tz. 22) – in der Revisionsinstanz nur rechtsverletzende Handlungen zum Gegenstand, die einen Zeitraum betrafen, der sowohl vor dem Inkrafttreten des Durchsetzungsgesetzes am 1. September 2008 als auch vor dem 29. April 2006 lag, bis zu dem die Durchsetzungsrichtlinie nach ihrem Art. 20 Satz 1 spätestens von den Mitgliedstaaten umzusetzen war.
2.
Die Beklagte zu 1. ist auch verpflichtet, die zurückgerufenen und an sie zurückgegebenen patentverletzenden Gegenstände wieder an sich zu nehmen. Diese Verpflichtung ist bereits Teil der Rückrufverpflichtung der Beklagten (vgl. Senat, Urt. v. 06.05.2010 – I-2 U 98//09, Umdr. Seite 27; vgl. a. Kühnen, a.a.O., Rdnr. 1100). Den geltend gemachten weitergehenden Entfernungsanspruch hat die Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Senat – gegenüber allen Beklagten – zurückgenommen. Zur Klarstellung und im Hinblick auf die in der Berufungsinstanz vorgenommene zeitliche Beschränkung des Rückrufanspruchs hat der Senat den betreffenden Ausspruch im landgerichtlichen Urteil insgesamt neu gefasst.
D.
Zu einer Aussetzung der mündlichen Verhandlung (§ 148 ZPO) bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Beklagten zu 1. gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobenen Nichtigkeitsklage besteht kein Anlass nach dem das Bundespatentgericht die Nichtigkeitsklage unter Berücksichtigung der Entgegenhaltungen durch Urteil vom abgewiesen hat.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.