2 U 42/04 – Verbundring

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 454

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. September 2005, Az. 2 U 42/04

1.
Die Berufung der Klägerin gegen das am 16. März 2004 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
2.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 22.000,– Euro abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
5.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 150.000,– Euro.

Entscheidungsgründe:

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 15. Juni 1999 angemeldeten deutschen Gebrauchsmusters 299 ####1 betreffend einen Verbundring (Klagegebrauchsmuster, Anlage K 1), dessen Eintragung vom 12. August 1999 am 23. September 1999 im Patentblatt bekannt gemacht worden ist. Seine Schutzansprüche 1, 2, 3 und 5 haben folgenden Wortlaut:
1.
Verbundring aus Beton zur Bildung von Mauern und Wänden, zur Hangbefestigung oder zur Verwendung als Pflanzkübel, bestehend aus vier Seitenwänden und gegebenenfalls einer von oben einlegbaren Bodenplatte, wobei die Seitenwände einen etwa rechteckigen Ringkörper bilden und an ihren Außenflächen eine sich gleichmäßig wiederholende Verbundstruktur aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbundstruktur durch einen wellenartig gekrümmten Verlauf der Seitenwände (1, 2, 3, 4) gebildet ist.
2.
Verbundring nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die wellenartig gekrümmten Seitenwände (1, 2, 3, 4) über ihre Längserstreckung eine konstante Wanddicke aufweisen.
3.
Verbundring nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Ringkörper (5) aus jeweils zwei gleichlangen kürzeren (3, 4) und zwei gleichlangen längeren Seitenwänden (1, 2) besteht.
5.
Verbundring nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Wellen der Seitenwände (1, 2, 3, 4) etwa sinusförmig verlaufen.

Die nachstehend wiedergegebenen Figurendarstellungen aus der Klagegebrauchsmusterschrift zeigen ein Ausführungsbeispiel der Erfindung, und zwar Figur 1 eine Draufsicht auf einen erfindungsgemäßen Verbundring, der die Merkmale der Ansprüche 1 und 2 aufweist, und Figur 2 den Wandquerschnitt eines solchen Verbundringes.

Die Bezeichnung der eingetragenen Inhaberin im Gebrauchsmusterregister und in der Klagegebrauchsmusterschrift lautete ursprünglich „C. & Co. GmbH, 57XXX X-Stadt, DE“. Dem Antrag vom 8. Mai 2003, das Klagegebrauchsmuster auf die Klägerin unter ihrer im Aktivrubrum dieses Verfahrens angegebenen Firma umzuschreiben (vgl. Anlage B 2) entsprach das Deutsche Patent- und Markenamt am 27. Juni 2003 (vgl. Anlage K 8).
Die Beklagte zu 1., deren persönlich haftende Gesellschafterin die unter der Geschäftsführung des Beklagten zu 3. stehende Beklagte zu 2. ist, stellt her und vertreibt Verbundringe aus Beton, deren Ausgestaltung aus den nachstehend wiedergegebenen von der Klägerin als Anlage K 6 vorgelegten Abbildungen ersichtlich ist.

Wie aus der Abbildung hervorgeht, verlaufen die Seitenwände dieser Verbundringe sowohl innen- als auch außenseitig wellenförmig, wobei sich auf der Innen- und Außenseite jeweils Wellenberge und Wellentäler gegenüberstehen, so dass im Bereich der Wellenberge die maximale und im Bereich der Wellentäler die minimale Wandstärke erreicht wird.
Die Klägerin hält die Herstellung und den Vertrieb dieser Verbundringe für eine Verletzung des Klagegebrauchsmusters und hat vor dem Landgericht ausgeführt, der für die Erfindung wesentliche sowohl innen als auch außen wellenartige Verlauf der Seitenwände werde auch bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht.
Die Beklagte hat eingewandt, das Klagegebrauchsmuster sei nicht wirksam entstanden, weil die ursprünglich als Inhaberin eingetragene C. & Co. GmbH niemals existiert habe und daher weder Anmelderin noch Inhaberin eines gewerblichen Schutzrechts habe sein können. Das Klagegebrauchsmuster sei auch nicht schutzfähig. Sein Schutzanspruch 1 beziehe sich auf Vorrichtungen mit nur außenseitig wellenförmigen Seitenwänden. Eine solche Ausgestaltung sei sowohl durch die deutsche Offenlegungsschrift 38 ####2 (Anlage K 3) als auch durch das deutsche Gebrauchsmuster 94 ####3 (Anlage K 4) neuheitsschädlich vorweggenommen. Die angegriffene Ausführungsform, die sowohl außen als auch innen wellenförmige Wandstrukturen aufweise, entspreche nicht der in Schutzanspruch 1 beschriebenen Lehre.
Durch Urteil vom 16. März 2004 hat das Landgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters sei im Umfang des geltend gemachten Schutzanspruches 1 wegen fehlender Neuheit gegenüber dem Gebrauchsmuster 94 ####3 nicht schutzfähig. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.
Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Begehren weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

I.
die Beklagten zu verurteilen,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, zu unterlassen,
im Bereich der Bundesrepublik Deutschland Verbundringe aus Beton zur Bildung von Mauern und Wänden, zur Hangbefestigung oder zur Verwendung als Pflanzkübel, bestehend aus vier Seitenwänden und gegebenenfalls einer von oben einlegbaren Bodenplatte, wobei die Seitenwände einen etwa rechteckigen Ringkörper bilden und an ihren Außenflächen eine sich gleichmäßig wiederholende Verbundstruktur aufweisen,
herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen
oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,
bei denen die Verbundstruktur durch einen wellenartig gekrümmten Verlauf der Seitenwände gebildet ist,
insbesondere, wenn der Ringkörper aus jeweils zwei gleich langen kürzeren und zwei gleich langen längeren Seitenwänden besteht;
und/oder die Wellen der Seitenwände etwa sinusförmig verlaufen;
2.
der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses und der entsprechenden Belege, wie Aufträge, Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Liefer- und Zollpapiere, vollständig darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 23. Oktober 1999 begangen haben, und zwar unter Angabe
a)
der Herstellungsmengen und –zeiten,
b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie gegebenenfalls Typenbezeichnungen, ferner der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen, ferner gegebenenfalls nach Typenbezeichnungen sowie der
Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs-kosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese können ausnahmsweise den zu Ziff. I. 1. genannten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden,
wobei
den Beklagten auf Antrag vorbehalten bleiben mag, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch dessen Einschaltung entstehenden Kosten übernehmen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist;

II.
festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu erstatten, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten und seit dem 23. Oktober 1999 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

III.
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, die in ihrem Eigentum oder unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindlichen, vorstehend zu I. 1. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten.

Die Beklagten beantragen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und treten den Ausführungen der Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber im Ergebnis unbegründet. Das Klagegebrauchsmuster ist zwar gegenüber dem Stand der Technik neu, beruht aber gegenüber dem älteren Gebrauchsmuster 94 ####3 weder mit dem Gegenstand seines primär von der Klägerin geltend gemachten Schutzanspruches 1 noch mit der hilfsweise geltend gemachten Kombination seiner Schutzansprüche 1, 3 und 5 auf einem erfinderischen Schritt, so dass seine Eintragung nach § 13 Abs. 1 GbMG keine Schutzwirkungen begründet hat, die die gegen die Beklagten erhobenen Ansprüche tragen könnten.

1.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Klägerin allerdings Inhaberin des Klagegebrauchsmusters, und dieses ist auch wirksam entstanden. Sie war von Anfang an im Gebrauchsmusterregister als Inhaberin eingetragen. Dass in der Gebrauchsmustereintragung die in ihrer im Handelsregister eintragenen Firma vorhandenen Zusätze über ihren Unternehmensgegenstand fehlen (vgl. Anlage K 7), steht dem nicht entgegen, sondern hat die Inhaberin lediglich unvollständig bezeichnet. Der Handelsregisterauszug gemäß Anlage K 7 zeigt, dass die Klägerin bereits seit 1976 unter ihrem seit der Umschreibung angegebenen Namen im Handelsregister eingetragen ist; ein Unternehmen mit der ursprünglich eingetragenen Bezeichnung „C. & Co. GmbH“ hat ausweislich der als Anlage B 3 von den Beklagten vorgelegten Handelsregisterauskunft am Geschäftssitz der Inhaberin zu keinem Zeitpunkt existiert. Dass die Klägerin auch unter ihrer tatsächlich eingetragenen Firma nicht bestanden hat, behaupten auch die Beklagten nicht. Unter diesen Umständen konnten bei der Anmeldung des Klagegebrauchsmusters keine Zweifel darüber aufkommen, wem die Anmeldung zugerechnet werden sollte. Dass die Klägerin seit dem 27. Juni 2003 unter ihrer vollständigen Firma im Gebrauchsmusterregister eingetragen ist, dokumentiert keinen Übergang auf einen anderen Rechtsträger, sondern beruht auf einer Berichtigung der Bezeichnung der eingetragenen Inhaberin.
2.
Das Klagegebrauchsmuster ist nicht schutzfähig.
a)
Es betrifft einen Verbundring aus Beton mit den den Oberbegriff seines Schutzanspruches 1 bildenden Merkmalen 1 bis 4 der nachstehenden Merkmalsgliederung. Nach den einleitenden Ausführungen der Klagegebrauchsmusterschrift (S. 1, Zeilen 20 bis 27) lassen sich derartige Verbundringe durch die Verbundstruktur der Seitenwand-Außenflächen zur Bildung einer Mauer oder einer Hangbefestigung mechanisch miteinander verklammern, so dass ohne Mörtel zwischen den einzelnen Verbundringen beträchtliche Drücke des zu befestigenden Erdreiches aufgenommen werden können. Diesem Verwendungszweck dient auch der aus der als Stand der Technik in der Beschreibung einleitend (vgl. Klagegebrauchsmusterschrift S. 1, Zeile 34 bis S. 2, Zeile 25) erörterten deutschen Offenlegungsschrift 38 ####2 (Anlage K 3) vorbekannte Verbundring. Auch er weist die Merkmale 1 bis 4 der nachstehenden Merkmalsgliederung auf, wobei die Gestaltung der Verbundstruktur im dortigen Hauptanspruch 1 nicht näher vorgegeben wird und Unteranspruch 2 eine aus von oben nach unten gleichförmig durchlaufende Verbundstruktur aus Nut und Feder beschreibt, wie sie in den nachstehenden Figuren 1, 19, 20 und 21 der älteren Druckschrift dargestellt wird.

Verbundstrukturen der Außenflächen aus parallel verlaufenden Nuten bzw. Federn zur Verklammerung der einander zugewandten Außenflächen benachbarter Verbundringe schreibt die Klagegebrauchsmusterschrift neben ihrem unästhetischen Aussehen und der durch die winklige Verbundstruktur bedingten erschwerten Reinigung vor allem den Nachteil zu, die Stetigkeitssprünge zwischen Nuten und Federn in den Seitenwänden riefen eine Kerbwirkung hervor, die bei einer mechanischen Belastung des Verbundrings – etwa durch gefrierendes Wasser oder durch höheren Erddruck – zu Rissen bis hin zu einer Zerstörung des Ringkörpers führen könne; um diese Gefahr zu verringern, müssten die Seitenwände relativ dick sein, so dass die einzelnen Verbundringe insgesamt ein hohes Gewicht erreichten und damit einen relativ hohen Verlegeaufwand verursachten. Dem angesprochenen Durchschnittsfachmann ist klar, dass diese Nachteile keine Belastungen betreffen, denen der Verbundring bei einer Verwendung als Pflanzkübel durch das darin eingefüllte Erdreich ausgesetzt ist, sondern die Belastungen insbesondere durch den Erddruck von außen, denen die Verbundringe standhalten müssen, insbesondere wenn sie zur Hangbefestigung eingesetzt werden. Dann besteht nämlich bei der bekannten Verbundstruktur aus Nut und Feder die Gefahr, dass die Seitenwände im Bereich der Nutgründe, wo die Wanddicke geringer ist als im Bereich der Vorsprünge, durch das anstehende Erdreich eingedrückt werden und reißen, sofern man nicht auch im Bereich der Nutböden eine ausreichende Materialstärke vorsieht, die die Seitenwand den anstehenden Außendrücken Stand halten lässt.
Auch die in der Klagegebrauchsmusterbeschreibung weiterhin erwähnte Belastung des Verbundringes durch gefrierendes Wasser, die sich insbesondere an den Verbindungsflächen zweier Verbundringe auswirkt, hängt mit der an der Außenfläche bestehenden Nut- und Federstruktur zusammen. Auch hier geht es nicht um die von innen entstehenden Belastungen, wenn ein Verbundring mit Erdreich gefüllt und bepflanzt ist; die benötigte Materialstärke der Verbundringe richtet sich nach den von außen auf den Verbundring einwirkenden wesentlich höheren Kräften; die von innen durch eine mögliche Ausdehnung gefrierenden Erdreiches verursachten Spannungen fallen demgegenüber nicht ins Gewicht, weil der Durchschnittsfachmann davon ausgeht, dass ein Verbundring, der Außenkräften aus einem zu befestigenden Erdhang standhält, auch aus dem eingefüllten Erdreich stammenden Kräften gewachsen ist.
Der aus dem dem Klagegebrauchsmuster am nächsten kommenden deutschen Gebrauchsmuster 94 ####3 (Anlage K 4) vorbekannte Verbundring besitzt Seitenwände, die an ihrer Außenseite eine sinuskurvenartig wellenförmig gekrümmte Verbundstruktur aufweisen, wobei die Seitenwände ein Rechteck, vorzugsweise ein Quadrat bilden; die Innenflächen der Seitenwände verlaufen glattflächig (vgl. dortige Schutzansprüche 1 bis 3 und die nachstehend wiedergegebenen Figuren 1 und 2 der älteren Druckschrift).

Die Aufgabe (das technische Problem) der Erfindung besteht nach den Ausführungen der Klagegebrauchsmusterschrift (S. 2, Zeilen 27 bis 30) darin, einen Verbundring der eingangs genannten Art zu schaffen, der bei vergleichsweise geringem Gewicht hohen mechanischen Belastungen standhalten kann, wobei für den Durchschnittsfachmann selbstverständlich ist, dass auch dieser Verbundring wie die vorbekannten Gegenstände in einem Mauerverbund eine mechanische Verklammerung der einzelnen Elemente ohne Mörtel ermöglichen soll.
Zur Lösung dieser Aufgabe wird in den Schutzansprüchen 1, 3 und 5 des Klagegebrauchsmusters ein Verbundring vorgeschlagen, der folgende Merkmale kombiniert (die Merkmale der Unteransprüche 3 und 5 sind kursiv wiedergegeben):
1.
Es handelt sich um einen Verbundring aus Beton zur Bildung von Mauern und Wänden, zur Hangbefestigung oder zur Verwendung als Pflanzkübel;
2.
der Verbundring besteht aus vier Seitenwänden und gegebenenfalls einer von oben einlegbaren Bodenplatte;
3.
die Seitenwände bilden einen etwa rechteckigen Ringkörper, der aus jeweils zwei gleich langen kürzeren und zwei gleich langen längeren Seitenwänden besteht;
4.
die Seitenwände weisen an ihren Außenflächen eine sich gleichmäßig
wiederholende Verbundstruktur auf,
5.
die Verbundstruktur ist durch einen wellenartig gekrümmten Verlauf der Seitenwände gebildet, wobei die Wellen der Seitenwände etwa sinusförmig verlaufen.

Der eindeutige und klare Wortlaut des Merkmals 5 besagt aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmannes, dass die Seitenwände insgesamt, also an ihrer Außen- und an ihrer Innenfläche, wellenförmig verlaufen müssen. Diese Ausbildung der Seitenwände hat zur Folge, dass (auch) an der Außenfläche der Seitenwände eine entsprechende Verbundstruktur besteht, die die vorstehend erörterten Nachteile nicht mehr aufweist. Der Wortlaut des Merkmals 5 beschränkt sich nicht auf die Vorgabe eines wellenartig gekrümmten Verlaufs der Verbundstruktur – die, wie der Zusammenhang des Merkmals 5 mit Merkmal 4 belegt, nur die Außenflächen erfasst hätte –, sondern verlangt, dass die Seitenwände als solche wellenartig gekrümmt verlaufen, so dass dieser Verlauf der Seitenwände dann auch die Verbundstruktur prägt. Dementsprechend weist die Klagegebrauchsmusterschrift im allgemeinen Teil ihrer Beschreibung (Anlage K 1, S. 2, Zeile 36 bis S. 3, Zeile 2) auf die Vorteile einer wellenartigen Ausbildung der Seitenwände insgesamt hin, die darin gesehen werden, bei mechanischer Belastung durch Druck oder Frost könne keine Kerbwirkung mehr auftreten und die mechanische Stabilität sei bei vergleichbaren Wanddicken verhältnismäßig groß. Auch die Unteransprüche, die Erläuterung des Ausführungsbeispiels und die Figurendarstellungen in der Klagegebrauchsmusterschrift zeigen dem Durchschnittsfachmann – in Übereinstimmung mit der Fassung des Schutzanspruches 1 – unmissverständlich, dass die Seitenwände als solche und nicht nur deren außenliegende Oberfläche wellenartig gekrümmt verlaufen müssen. Unteranspruch 2 beschreibt entgegen der Ansicht des Landgerichts und der Beklagten nicht erstmals einen derartigen Verlauf der gesamten Seitenwände, sondern er setzt ihn als allgemeine Lehre des Schutzanspruches 1 voraus und lehrt dann als Besonderheit einen phasengleichen Verlauf der Wellen innen und außen, der eine konstante Wanddicke über den gesamten Wandverlauf zur Folge hat.
Dass die in der Klagegebrauchsmusterschrift am Stand der Technik geübte Kritik sich nur auf die Gestaltung der Außenflächen der Seitenwände bezieht, veranlasst den Durchschnittsfachmann zu keinem anderen Verständnis und ändert an der vorstehenden Beurteilung nichts. Der Inhalt des in Merkmal 5 eindeutig formulierten Schutzanspruches 1 darf nicht allein auf dem Hintergrund dieser Kritik bestimmt werden. Ein solches Vorgehen verschaffte dem Gegenstand des Schutzanspruches 1 einen weiteren Schutzbereich, als er nach dem unmissverständlichen Wortsinn wirklich möglich ist. Das wäre zum einen mit dem gleichwertig neben der angemessenen Belohnung des Erfinders stehenden Gebot einer ausreichenden Rechtssicherheit für Dritte unvereinbar und würde zum anderen technische Lösungsmerkmale aus der unter Schutz gestellten technischen Lehre eliminieren, die einen relevanten Unterschied zum Stand der Technik begründen könnten und zu dem unbefriedigenden und den Anmelder des Schutzrechts zu Unrecht benachteiligenden Ergebnis führen, dass die von ihm angemeldete Erfindung gegenüber dem Stand der Technik nicht neu ist. Die technische Lehre des Klagegebrauchsmusters würde ungerechtfertigt auf den Offenbarungsgehalt des Anspruches 1 der deutschen Offenlegungsschrift 38 ####2 (Anlage K 3) und des Schutzanspruches 1 des Gebrauchsmusters 94 ####3 (Anlage K 4) beschränkt.

b)
Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters ist jedoch nicht schutzfähig, und zwar unabhängig davon, ob man der Prüfung nur die von der Klägerin in erster Linie geltend gemachte im Hauptanspruch beschriebene technische Lehre zugrunde legt oder ob man davon ausgeht, die Klägerin begehre hilfsweise auch Schutz für eine Kombination des Schutzanspruches 1 mit den Merkmalen der in erster Linie nur „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 3 und 5, und der Schutzfähigkeitsprüfung die Kombination dieser drei Schutzansprüche zugrundelegt.
Zwar ist das Klagegebrauchsmuster gegenüber dem Stand der Technik neu, denn weder die in der Klagegebrauchsmusterschrift erörterte deutsche Offenlegungsschrift 38 ####2 noch das Gebrauchsmuster 94 ####3 offenbaren einen Verbundring, dessen Seitenwände insgesamt, also auch mit ihren Innenflächen, wellenförmig gekrümmt verlaufen.
Es fehlt jedoch an einem erfinderischen Schritt gegenüber dem deutschen Gebrauchsmuster 94 ####3. Die Seitenwände, deren sinuskurvenartig wellenförmiger Verlauf auf der Außenseite am Prioritätstag aus diesem Gebrauchsmuster bekannt war, auch an ihrer bisher glattflächigen Innenseite ebenfalls nach Art einer Sinuskurve wellenförmig auszubilden, lag für den angesprochenen Durchschnittsfachmann im Bereich handwerklichen Könnens und war ihm durch die bekannte wellenförmige Ausbildung der Außenseite nahegelegt. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung, in der der Senat auf seine diesbezüglichen Bedenken hingewiesen und die Frage auch der erfinderischen Qualität des Klagegebrauchsmusters mit den Parteien erörtert hat, keine Gründe aufzuzeigen vermocht, die die Zuerkennung eines erfinderischen Schrittes rechtfertigen könnten. Die Erkenntnis, dass eine auch innen wellenförmige Ausbildung der Seitenwände die mechanische Belastbarkeit des Verbundringes bei relativ geringer Wandstärke erhöht, verleiht einer solchen Maßnahme nicht die Qualität eines erfinderischen Schrittes. Die aus dem Gebrauchsmuster 94 ####3 bekannte wellenförmige Ausbildung der Seitenwände auf ihrer Außenseite hatte ebenso wie die aus der deutschen Offenlegungsschrift 38 ####2 bekannte Ausbildung der äußeren Verbundstruktur mit Nuten und Federn den in der Klagegebrauchsmusterschrift angegebenen Nachteil, dass entweder in den Wellentälern Schwachstellen entstehen, an denen der Verbundring unter den von außen anstehenden Erddrücken einreißen oder brechen kann, oder dass die Seitenwände, um das Entstehen derartiger Schwachstellen zu vermeiden, insgesamt stärker ausgebildet werden müssen, wodurch sich aber das Gewicht des Verbundringes erhöht. Der Durchschnittsfachmann, der die bekannte wellenförmige Gestaltung der Verbundstruktur beibehalten, aber sowohl Schwachstellen vermeiden als auch das Gewicht des Verbundringes begrenzen will, wird schon durch diese Zielsetzung zwangsläufig zu der Überlegung geführt, auch auf der Innenseite der Seitenwände an geeigneten Abschnitten Ausnehmungen vorzusehen und auf diese Weise Material und Gewicht einzusparen. Hierbei liegt es auch im Bereich handwerklichen Könnens, die von der Außenseite her bekannte wellenförmige Ausgestaltung auf die Innenseite zu übertragen, zumal die Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Senat selbst vorgetragen hat, eine solche Material- und Gewichtsersparnis trete unabhängig von Form und Länge der Wellen in jedem Fall ein, und dieses Wissen gehöre auch zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Durchschnittsfachmanns.
Der für die Zuerkennung des Gebrauchsmusterschutzes notwendige erfinderische Schritt lässt sich entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht auch nicht damit begründen, die Seitenwände nähmen bei einem auch innen wellenförmigen Verlauf von innen einwirkende Kräfte aus dem eingefüllten Erdreich in erhöhtem Umfang auf. Dass die im Klagegebrauchsmuster beschriebene technische Lehre auch solchen Kräften entgegen wirken soll, geht aus der Beschreibung nicht hervor, die sich nur mit von außen kommenden Belastungen und Kräften befasst, denen der Verbundring insbesondere in einem etwa zur Hangsicherung dienenden Mauerverbund ausgesetzt ist. Dass die auch innen wellenförmige Ausbildung der Seitenwände bei der Aufnahme dieser in der Klagegebrauchsmusterschrift erörterten Kräfte über die Material- und Gewichtsbegrenzung und die Vermeidung von Schwachstellen hinausgehende Vorteile bringt, geht aus dem Vorbringen der Klägerin nicht hervor.
Auch die Kehle in den Übergangsbereichen zwischen zwei benachbarten Seitenwänden, auf die die Klagegebrauchsmusterschrift in der Beschreibung (S. 3, Zeilen 6 bis 8 und S. 4, Zeilen 30/31) und in Figur 1 hinweist, ist kein Beleg dafür, dass dem wellenförmigen Verlauf der Seitenwände auch an den Innenflächen die Qualität eines erfinderischen Schrittes zukommt. Die Kehle wird weder in Schutzanspruch 1 noch in einem der Unteransprüche erwähnt und entspricht ebenfalls nur einer als besonders vorteilhaft bevorzugten Ausführungsform. Darauf, dass sie dennoch ein wesentliches Element der in Schutzanspruch 1 beschriebenen Ausgestaltung bildet oder dass ein innen wellenförmiger Verlauf der Seitenwände unabdingbar notwendig ist, um eine solche Kehle ausbilden zu können, enthält die Gebrauchsmusterbeschreibung keine Hinweise. Das Vorsehen einer Kehle setzt technisch keine wellenförmigen Innenflächen voraus, sondern ist, wie der vorstehend erörterte Stand der Technik belegt, auch bei außerhalb des Kehlbereiches geradem Wandverlauf durchaus möglich (s. z.B. Fig.1 und 2 der Gebrauchsmusterschrift 94 ####2 [Anlage K 4] und Fig. 19 – 21 der deutschen Offenlegungsschrift 38 ####2 [Anlage K 3]). Aus den als Anlage K 11 und K 12 vorgelegten Grafiken ergibt sich nichts Gegenteiliges. Sie befassen sich mit Spannungen im Ringkörper, die aus von innen wirkenden Druckkräften resultieren sollen. Diese Druckkräfte mögen dem Durchschnittsfachmann zwar auch bekannt sein, mit ihnen befasst sich das Klagegebrauchsmuster aber nicht. In welcher Weise Druckkräfte und/oder Spannungen von außen auf den Ringkörper einwirken und in welcher Weise eine Kehle im Übergangsbereich zweier Wände die Ableitung solcher Außenkräfte günstig beeinflusst, zeigen die Grafiken nicht.

III.
Da die Berufung der Klägerin erfolglos geblieben ist, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die dafür in § 543 ZPO n.F. niedergelegten Voraussetzungen ersichtlich nicht gegeben sind. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

R1 R2 Dr. R3