2 U 44/03 – Filterpapiereinsätze für Kaffeemaschinen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 310

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. November 2004, Az. 2 U 44/03

Vorinstanz: 4 O 587/99

1.
Die Berufung des Beklagten gegen das am 27. März 2003 verkündete Urteil der 4 b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

2.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 35.000,– € abwenden, wenn nicht die Klägerin ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 511.291,88 €

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin stellt her und vertreibt u.a. Kaffeeautomaten nebst Zubehör. Zu ihrem Vertriebsprogramm gehören auch Filterpapiereinsätze, die sie bei der JK###11 Spezialpapier GmbH in JK###11 herstellen lässt.

Der Beklagte stellt in Dänemark her und vertreibt unter der Firma KJl11 u.a. auch in Deutschland Filterpapiereinsätze für E-Kaffeemaschinen.

Die Klägerin bot für von ihr vertriebene größere Kaffeemaschinen, deren Filterbehälter etwa pyramidenförmig gestaltet waren, unter der Bezeichnung „202“ Filterpapiereinsätze an, die in zusammengefaltetem Zustand ein Rhombus bildeten. Um die Jahreswende 1998/99 änderte die Klägerin entsprechend der Lehre des europäischen Patents 0 442 061, dessen Inhaberin eine ihrer Schwestergesellschaften ist, die Filterbehälter der genannten Kaffeemaschinen dahin ab, dass die Innenecken abgeschrägt wurden. Um zu verhindern, dass die Filterpapiereinsätze nach ihrem Einsatz in die abgeänderten Filterbehälter im Bereich der Ecken nach oben vorstanden, änderte die Klägerin ihre Filterpapiereinsätze u.a. in der Weise ab, dass jeweils drei Ecken des Rhombus abgeschnitten wurden. Die geänderten Filterpapiereinsätze haben die Bezeichnung „202 S“.

Jedenfalls seit etwa Mai/Juni 1999 werden die Filterpapiereinsätze „202 S“ in der Weise hergestellt, dass an derjenigen Ecke des Rhombus, die sich beim Einsetzen in den Filterbehälter unten befindet und nicht beschnitten ist, ein Teil des Papiers stehen bleibt, wie aus der nachfolgend wiedergegebenen Abbildung ersichtlich ist:

Bei einem Treffen auf dem Flughafen Kopenhagen am 29. Juni 1999 übergab der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin dem Beklagten ein Exemplar eines solchen Filterpapiereinsatzes.

Der Beklagte meldete am 16. Juli 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt das Gebrauchsmuster 199 12 448 (Anlage K 5, im Folgenden: Wiederklagegebrauchsmuster) an, das am 9. Dezember 1999 eingetragen worden ist und dessen Inhaber der Beklagte nach wie vor ist. Der einzige Schutzanspruch dieses Gebrauchsmusters lautet:

Ein im Wesentlichen rhombenförmiger Filterpapiereinsatz (20) zur Verwendung in einem im Wesentlichen pyramidenförmigen Filterbehälter, bei dem die Innenecken zwischen den Seiten abgefast oder abgeschrägt sind, wobei der Filterpapiereinsatz (20) zwei Schichten aus Filterpapier aufweist, das entlang einer Faltungslinie (11) gefaltet ist, und mit einer Naht (13) versehen ist, welche die zwei Schichten aneinander befestigt sowie mit der Faltungslinie (11) einen stumpfen Winkel bildet, wobei die Faltungslinie (11) und die Naht (13) zwei benachbarte Seiten des Rhombus bilden und die Spitze des Filterpapiereinsatzes (20) darstellen, und wobei die zwei gegenüberliegenden Seiten des Rhombus freie Ränder (12, 22) sind, an denen die zwei Schichten des Filterpapiers getrennt werden können und wo die drei Ecken (21 a, 21 b, 21 c) an den freien Rändern (12, 22) abgeschnitten sind entsprechend den abgeschrägten Innenecken des Filterbehälters, um sicherzustellen, dass beim Anordnen des Filterpapiereinsatzes (20) in dem Filterbehälter und beim Kontakt mit dessen Innenseiten die freien Ränder des Filterpapiereinsatzes (20) sich im Wesentlichen in einer einzigen Ebene befinden,

dadurch gekennzeichnet,

dass an der Spitze ein Teil (23) vorliegt, der von der Naht (13) vorsteht sowie eine Größe und eine Form aufweist, die zu der abgeschnittenen
Ecke (21 c) am gegenüberliegenden Ende der Faltungslinie (11) komplementär ist.

Die nachfolgend wiedergegebene Figur aus der Wiederklagegebrauchsmusterschrift verdeutlicht den Gegenstand der geschützten Erfindung. Das dort mit der Bezugszahl 23 versehene Teil wird im Folgenden als „Zwickel“ bezeichnet.

Der Beklagte mahnte die Klägerin mit Patentanwaltsschreiben vom 10. Dezember 1999 unter Hinweis auf das Widerklagegebrauchsmuster wegen des Vertriebs der Filter „202 S“ mit Zwickel ab. Die Klägerin hat daraufhin die den vorliegenden Rechtsstreit einleitende Klage gegen ihn erhoben, mit der sie die Feststellung begehrt hat, dass sie durch das Herstellen, Anbieten, Inverkehrbringen, Gebrauchen, Einführen und Besitzen der näher bezeichneten Filterpapiereinsätze mit Zwickel das Widerklagegebrauchsmuster nicht verletze.

Nachdem der Beklagte Widerklage erhoben hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Klage übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Beklagte hat geltend gemacht:

Mit der Herstellung und dem Vertrieb der angegriffenen Filterpapiereinsätze verletze die Klägerin das Widerklagegebrauchsmuster, für das er eine Ausstellungspriorität vom 30. Januar 1999, hilfsweise eine solche vom 6. Mai 1999, in Anspruch nehme. Er habe die erfindungsgemäßen Filterpapiereinsätze bis Anfang Januar 1999 entwickelt und bereits am 8. Januar 1999 der Firma NM## International A/S in Dänemark einen Auftrag zur Fertigung eines besonders ausgestalteten Schneidwerkzeuges für die Produktion der neuen Filterpapiereinsätze erteilt, das die Firma NM## ihm dann im April 1999 geliefert habe.

Auf seine Bitte hin hätten die dänischen Firmen U##1 A/S und U##2 auf ihren Ständen anlässlich der Messe „Premiere Paperworld“ in Frankfurt am Main vom 30. Januar bis zum 3. Februar 1999 Abbildungen des neuen Filterpapiereinsatzes ausgestellt, auf denen er – der Beklagte – als Erfinder angegeben gewesen sei.

Außerdem seien auf seine Bitte hin erfindungsgemäße Filterpapiereinsätze auch auf der Messe „Interpack“ in Düsseldorf (vom 6. bis 12. Mai 1999) auf dem Stand der italienischen Firma U##4 S.p.A. ausgestellt gewesen.

Für beide Messen sei durch Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz vom 9. Dezember 1998 Ausstellungsschutz gemäß dem Gesetz betreffend den Schutz von Mustern auf Ausstellungen gewährt worden.

Der Beklagte hat mit seiner Widerklage beantragt,

I.

die Klägerin zu verurteilen,

1.
es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

einen im Wesentlichen rhombenförmigen Filterpapiereinsatz zur Verwendung in einem im Wesentlichen pyramidenförmigen Filterbehälter

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei welchem die Innenecken zwischen den Seiten abgefast oder abgeschrägt sind, welcher Filterpapiereinsatz zwei Schichten aus Filterpapier aufweist, das entlang einer Faltungslinie gefaltet ist und mit einer Naht versehen ist, welche die beiden Schichten aneinander befestigt sowie mit der Faltungslinie einen stumpfen Winkel bildet, bei welchem die Faltungslinie und die Naht zwei benachbarte Seiten des Rhombus bilden und die Spitze des Filterpapiereinsatzes darstellen, bei welchem die zwei gegenüberliegenden Seiten des Rhombus freie Ränder sind, an denen die zwei Schichten des Filterpapiers getrennt werden können und wo die drei
Ecken an den freien Rändern abgeschnitten sind entsprechend den abgeschrägten Innenecken des Filterbehälters, um sicherzustellen, dass beim Anordnen des Filterpapiereinsatzes in dem Filterbehälter und beim Kontakt mit dessen Innenseiten die freien Ränder des Filterpapiereinsatzes sich im Wesentlichen in einer einzigen Ebene befinden, und bei welchem an der Spitze ein Teil vorliegt, der von der Naht vorsteht sowie eine Größe und eine Form aufweist, die zu der abgeschnittenen Ecke am gegenüberliegenden Ende der Faltungslinie komplementär ist;

2.
ihm – dem Beklagten – unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziff. I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 9. Januar 2000 begangen habe, und zwar unter Angabe

a)
der Herstellungsmengen und –zeiten oder, falls die Klägerin nicht Herstellerin sei, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet

sowie

e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

3.
die in ihrem – der Klägerin – unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter Ziff. I. 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihm – dem Beklagten – zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre – der Klägerin – Kosten herauszugeben;

sowie

II.

festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet sei, ihm allen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die unter Ziff. I. 1. bezeichneten, seit dem 9. Januar 2000 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde.

Die Klägerin hat um Abweisung der Widerklage gebeten und eingewendet:

Selbst wenn, was sie bestreite, Abbildungen der in Rede stehenden Filterpapiereinsätze in der vom Beklagten behaupteten Weise ausgestellt worden seien, stehe dem Beklagten kein Ausstellungsschutz zu. Die Ausstellung bloßer Abbildungen reiche dafür nicht aus, auch sei die Messe „Premiere Paperworld“ als Messe für „Office, Papeterie, School, Art & Graphics“ hinsichtlich der Ausstellung von Filterpapiereinsätzen für Kaffeemaschinen fachfremd gewesen; weder die Firma U##1 A/S noch die Firma U##2 seien mit dem Vertrieb von Filterpapiereinsätzen befasst, sie seien auch nach dem Vorbringen des Beklagten keine Lizenznehmer oder dergleichen hinsichtlich des Gegenstandes des Widerklagegebrauchsmusters, sondern unbeteiligte Firmen, deren Handeln dem Beklagten als dem Anmelder des Widerklagegebrauchsmusters nicht zugerechnet werden könne.

Ihre – der Klägerin – Lieferantin, die JK###11 Spezialpapier GmbH, stelle die in Rede stehenden Filterpapiereinsätze seit dem 16. März 1999 mit Zwickel her; dazu sei es gekommen, nachdem man im Februar 1999 habe feststellen müssen, dass es bei den bis dahin verwendeten Schneidwalzen, die so ausgestaltet gewesen seien, dass sie den Zwickel abgeschnitten hätten, an dieser Stelle leicht zu Ausbrüchen des Messers habe kommen können. Versuche hätten dann ergeben, dass der Zwickel die Funktion der Filterpapiereinsätze nicht beeinträchtige, so dass man sich entschlossen habe, die Schneidwalzen so abzuändern, dass der Zwickel stehen bleibe, womit Schäden der früher festgestellten Art an den Schneidwalzen vermieden werden könnten. Sie – die Klägerin – habe Filterpapiereinsätze „202 S“ mit Zwickel ab April 1999 an verschiedene Abnehmer ausgeliefert, u.a. mit Rechnung vom 23. April 1999 an die Verbandsgemeindeverwaltung H.

Da mithin der Gegenstand des Widerklagegebrauchsmusters vor dessen Prioritätstag offenkundig vorbenutzt worden sei, sei das genannte Gebrauchsmuster nicht schutzfähig.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Widerklage abgewiesen und dem Beklagten auch die Kosten des erledigten Teiles des Rechtsstreits auferlegt. Auf das Urteil vom 27. März 2003 wird Bezug genommen.

Der Beklagte hat Berufung eingelegt, mit der er seine bisherigen Anträge weiterverfolgt, während die Klägerin um Zurückweisung des Rechtsmittels bittet.

Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr bisheriges Vorbringen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat dem Beklagten mit Recht die geltend gemachten Ansprüche aus dem Widerklagegebrauchsmuster aberkannt, weil dieses nicht schutzfähig ist.

1.
Das Widerklagegebrauchsmuster betrifft einen Filterpapiereinsatz zum Zubereiten von Kaffee oder Tee, der in einen sich nach oben öffnenden Hohlraum eingesetzt wird, welcher im Wesentlichen die Form einer Pyramide hat.

Nach den Ausführungen in der Widerklagegebrauchsmusterschrift sind derartige Filterpapiereinsätze u.a. aus der EP 0 442 061 bekannt; der dort gezeigte Filter ist zum Einsatz in einen pyramidenförmigen Filterbehälter bestimmt, dessen Innen-ecken abgeschrägt sind, wodurch an sich die vier Ecken des Filterpapiereinsatzes angehoben werden und dann über den oberen Rand des Filterbehälters hinausragen. Um eine perfekte Anpassung des Filterpapiereinsatzes an den Filterbehälter zu erhalten, ist es nötig, den oberen Rand des Einsatzes an den Ecken abzuschneiden, wobei, wie aus der oben wiedergegebenen Figur aus der Widerklagegebrauchsmusterschrift ersichtlich ist, Papierabfall entsteht.

Die Widerklagegebrauchsmusterschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, den Abfall aus der Filterherstellung zu minimieren.

Das so bezeichnete technische Problem soll erfindungsgemäß gelöst werden durch

1.
einen im Wesentlichen rhombenförmigen Filterpapiereinsatz zur Verwendung in einem im Wesentlichen pyramidenförmigen Filterbehälter,

2.
bei dem die Innenecken zwischen den Seiten abgefast oder abgeschrägt sind,

3.
wobei der Filterpapiereinsatz zwei Schichten aus Filterpapier aufweist;

4.
das Filterpapier ist entlang einer Faltungslinie gefaltet und mit einer Naht versehen;

5.
die Naht befestigt die zwei Schichten aneinander und bildet mit der Faltungslinie einen stumpfen Winkel;

6.
die Faltungslinie und die Naht bilden zwei benachbarte Seiten des Rhombus und stellen die Spitze des Filterpapiereinsatzes dar;

7.
die zwei gegenüberliegenden Seiten des Rhombus sind freie Ränder,

8.
an denen die zwei Schichten des Filterpapiers getrennt werden können und wo die drei Ecken an den freien Rändern abgeschnitten sind entsprechend den abgeschrägten Innenecken des Filterbehälters, um sicherzustellen, dass beim Anordnen des Filterpapiereinsatzes in dem Filterbehälter und beim Kontakt mit dessen Innenseiten die freien Ränder des Filterpapiereinsatzes sich im Wesentlichen in einer einzigen Ebene befinden;

9.
an der Spitze liegt ein Teil vor, der von der Naht vorsteht sowie eine
Größe und eine Form aufweist, die zu der abgeschnittenen Ecke am gegenüberliegenden Ende der Faltungslinie komplementär ist.

Die Widerklagegebrauchsmusterschrift hebt hervor, durch das Belassen des kleinen dreieckigen Teiles am Filter werde erreicht, dass weniger Abfall entstehe und man eine hohe Herstellgeschwindigkeit beibehalten könne; außerdem werde so das Schneidwerkzeug weniger kompliziert.

2.
Wie offensichtlich ist und auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt wird, verwirklichen die angegriffenen Filterpapiereinsätze wortsinngemäß alle Merkmale des Widerklagegebrauchsmusters.

3.
Gleichwohl verletzt die Klägerin das genannte Gebrauchsmuster nicht, weil es nicht schutzfähig ist; es war nämlich am Prioritätstage nicht mehr neu (§§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 GbmG).

Prioritätstag des Widerklagegebrauchsmusters ist der 16. Juli 1999, der Tag seiner Anmeldung. Auf eine (frühere) Ausstellungspriorität gemäß dem Gesetz betreffend den Schutz von Mustern auf Ausstellungen (AusstellungsG) kann sich der Beklagte nicht berufen.

a)
Die behauptete Ausstellung des erfindungsgemäßen Filterpapiereinsatzes auf der Messe „Interpack“ in Düsseldorf im Mai 1999 kann eine Ausstellungspriorität schon nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten nicht begründen, weil er selbst behauptet, der Gegenstand der Erfindung sei bereits auf der Messe „Premiere Paperworld“ im Januar 1999 ausgestellt gewesen.

b)
Soweit es um die behauptete Ausstellung auf der zuletzt genannten Messe geht, ist es bereits nicht zweifelsfrei, ob der Beklagte alle Voraussetzungen für einen Ausstellungsschutz schlüssig vorgetragen hat. Zum einen sollen nämlich dort keine erfindungsgemäßen Filterpapiereinsätze selbst ausgestellt worden sein, sondern nur Abbildungen ohne jede Erläuterung der Erfindung; zum anderen sollen dort lediglich die Firmen U##1 A/S sowie U##2 ausgestellt haben, die
weder Anmelder des Widerklagegebrauchsmusters waren noch vom Anmelder
– dem Beklagten – irgendwelche Rechte an der Erfindung (z.B. Lizenzrechte) herleiten konnten und können.

Ob der Beklagte die Voraussetzungen für einen Ausstellungsschutz schlüssig vorgetragen hat, kann aber letztlich dahingestellt bleiben, weil er seine Behauptungen über die Ausstellung von Abbildungen der erfindungsgemäßen Filterpapiereinsätze auf der Messe „Premiere Paperworld“ 1999 jedenfalls nicht bewiesen hat.

c)
Gegen die Glaubhaftigkeit dieser Behauptungen spricht bereits das eigene Verhalten des Beklagten: Obwohl er seit seinem Treffen mit dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin auf dem Flughafen von Kopenhagen am 29. Juni 1999 wusste, dass die Klägerin über Filterpapiereinsätze verfügte, die entsprechend der Erfindung einen Zwickel aufwiesen (denn der Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin hatte ihm bei diesem Treffen ein derartiges Exemplar ausgehändigt), hat er bei der knapp drei Wochen später erfolgenden Anmeldung des Widerklagegebrauchsmusters nicht erklärt, er nehme eine Ausstellungspriorität vom 30. Januar 1999 in Anspruch. Träfe der Vortrag des Beklagten zu einer solchen Ausstellungspriorität zu, so wäre aber zu erwarten gewesen, dass er bereits bei der Anmeldung des Widerklagegebrauchsmusters gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt die Erklärung abgegeben hätte, er berufe sich auf die genannte Ausstellungspriorität; denn der Beklagte musste sicher damit rechnen, die Klägerin werde sich spätestens dann, wenn sie von ihm wegen der Herstellung und des Vertriebs der Filterpapiereinsätze „202 S“ mit Zwickel aus dem angemeldeten Gebrauchsmuster in Anspruch genommen würde, darauf berufen, sie habe solche Einsätze bereits vor dem Anmeldungstage des Gebrauchsmusters besessen, so dass ihr zumindest ein privates Vorbenutzungsrecht (§ 13 Abs. 3 GbmG i.V.m. § 12 PatG) zustehe; es lag auch nahe, anzunehmen, die Klägerin werde des Weiteren geltend machen, sie habe die erfindungsgemäßen Filterpapiereinsätze bereits vor dem Anmeldungstage des Gebrauchsmusters offenkundig vorbenutzt, so dass dieses, wenn man – wie es allgemein der Fall ist – für seine Priorität auf den Anmeldungstag abstellen würde, nicht schutzfähig sei (§§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1, 1 Abs. 1, 3 Abs. 1 GbmG).

Hätte der Beklagte, wie er behauptet, nicht nur die in Rede stehenden Filterpapiereinsätze mit Zwickel sowie ein Schneidwerkzeug zu ihrer Produktion bis Anfang 1999 entwickelt gehabt, sondern auch bereits am 8. Januar 1999 einen Auftrag zur Herstellung eines solchen Schneidwerkzeuges (zu einem Preis von immerhin 33.648 dänischen Kronen) erteilt (was nur erklärlich ist, wenn er zu dieser Zeit bereits den Entschluss gefasst hatte, die neuen Filterpapiereinsätze auch herzustellen und zu vertreiben), so wäre zu erwarten gewesen, dass er, statt den mit mancherlei Unsicherheiten verbundenen Weg zur Erlangung einer Ausstellungspriorität (und zwar über eine Ausstellung durch Unternehmen, die mit der Herstellung und/oder dem Vertrieb von Filterpapiereinsätzen für Kaffeeautomaten weder befasst waren noch befasst werden sollten) einzuschlagen, alsbald ein Schutzrecht – z.B. ein Gebrauchsmuster – für die Erfindung angemeldet hätte, was er aber in der ersten Jahreshälfte 1999 nicht getan hat.

Zwar haben die vom Beklagten benannten Zeugen ZU11 und Z77 bei ihrer Vernehmung vor dem Landgericht bekundet, sie hätten anlässlich der Messe „Premiere Paperworld“ in Frankfurt am Main in der Zeit vom 30. Januar bis zum
3. Februar 1999 auf ihren Messeständen jeweils eine Abbildung des erfindungsgemäßen Filterpapiereinsatzes ausgestellt, wobei der Beklagte als Erfinder angegeben gewesen sei. Das Landgericht hat aber mit Recht angenommen, die Aussagen der genannten Zeugen seien nicht geeignet, eine Überzeugung von der Richtigkeit des von ihnen bestätigten Beklagtenvortrags zu begründen.

d)
Abgesehen von den oben dargelegten Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit des Beklagtenvortrages bestehen weitere Zweifel auch an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen ZU11.

Dieser hat bei seiner Aussage zunächst (vgl. S. 2 der Vernehmungsniederschrift vom 29. März 2001, Bl. 138 GA) erklärt, es sei nicht ungewöhnlich, dass ihn der ihm bis dahin völlig unbekannte Beklagte Anfang Januar 1999 angerufen und ihn gebeten habe, gefälligkeitshalber auf seinem Messestand eine Abbildung des neuen Filterpapiereinsatzes auszustellen; der Zeuge hat das damit begründet, seine Firma U##1 Danmark A/S sei „in der ganzen Welt bekannt“, sie verkaufe „in 50 Ländern“. Er hat dann auch (vgl. S. 6 und 7 der Niederschrift, Bl. 142 f. GA) nähere Angaben zu der Größe seines Unternehmens gemacht (z.B. Betriebsgebäudegröße 6.500 qm, Mitarbeiterzahl ca. 25 bis 30, tägliche Produktionszahl 15.000 Tafeln), die dafür sprechen, dass dieses in der Tat nicht unbedeutend ist. Dann aber erscheint es wenig glaubhaft, dass, wie der Zeuge ebenfalls ausgesagt hat (vgl. S. 8 der Niederschrift, Bl. 144 GA), jeder, der bei dem Unternehmen des Zeugen anruft und Herrn ZU11 verlangt, ohne Weiteres zu ihm durchgestellt werden soll und dass außerdem nicht nur das von dem Zeugen vorgelegte, an sein Unternehmen gerichtete und auf den 19. Januar 1999 datierte Schreiben des Beklagten, sondern jedes im Unternehmen des Zeugen eingehende Schreiben nicht mit einem Eingangsstempel versehen werden soll, wie der Zeuge erklärt hat (vgl. S. 12 der Niederschrift, Bl. 148 GA), und zwar mit der Begründung, „wir“ seien „nur eine kleine Firma“.

Wenig glaubhaft erscheint es auch, dass der Beklagte, der mit der behaupteten Ausstellung von Abbildungen der erfindungsgemäßen Filterpapiereinsätze allein den Zweck verfolgt haben will, sich für eine spätere Gebrauchsmusteranmeldung eine Priorität gemäß dem Ausstellungsgesetz zu sichern, weder, wie der Zeuge ZU11 bekundet hat, auf die Schaffung irgendwelcher aussagekräftiger Dokumente über die Ausstellung (etwa datierter, mit unterschriebenen Erklärungen versehener Fotos des Ausstellungsstandes, die das ausgestellte Exemplar erkennen ließen) Wert gelegt haben noch sich nach der Messe auch nur bei dem Zeugen danach erkundigt haben soll, ob und in welcher Weise dieser die Abbildung des Filtereinsatzes ausgestellt habe.

Nicht recht erklärlich ist schließlich, warum der Zeuge ZU11 trotz des von ihm geschilderten Ausbleibens irgendwelcher Interessebekundungen seitens des Beklagten in der Zeit nach dem Ende der Messe in Frankfurt nicht nur das an ihn
– den Zeugen – gerichtete, auf den 19. Januar 1999 datierte Schreiben des Beklagten (das in keinerlei Beziehung zu irgendwelchen Geschäften des Zeugen stand und daher für ihn ohne jede Bedeutung war) anschließend mehr als zwei Jahre (nämlich bis zu seiner Vernehmung vor dem Landgericht im März 2001) aufbewahrt haben will, sondern auch noch die von ihm bei seiner Vernehmung zusätzlich überreichte Ablichtung der nach seiner Bekundung ausgestellten Abbildung, die er im Original (vgl. S. 6 der Niederschrift, Bl. 142 GA) nach der Messe an den Beklagten zurückgeschickt haben will, wobei er es sogar als möglich dargestellt hat, die von ihm bei seiner Vernehmung überreichte Ablichtung sei vor der Rücksendung des Originals an den Beklagten eigens in seinem – des Zeugen – Unternehmen angefertigt worden.

Angesichts aller dieser Umstände hat das Landgericht mit Recht angenommen, die Aussage des Zeugen ZU11 reiche zum Beweis der Behauptung des Beklagten nicht aus, eine Abbildung des erfindungsgemäßen Filterpapiereinsatzes sei auf dem Messestand der Firma U##1 Danmark A/S bei der Messe „Premiere Paperworld“ 1999 ausgestellt gewesen.

e)
Der Beklagte hat auf S. 12 seines Schriftsatzes vom 9. September 2004 (Bl. 712 GA), also kurz vor der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren, einen weiteren Zeugen für seine Behauptung zur Ausstellung einer Abbildung des erfindungsgemäßen Filterpapiereinsatzes auf dem Messestand der Firma U##1 Danmark A/S benannt, nämlich den Zeugen Z33. Mit diesem Beweisantritt ist er jedoch ausgeschlossen, weil keiner der in § 531 Abs. 2 ZPO abschließend aufgeführten Zulassungsgründe für neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorliegt.

Weder betrifft der neue Beweisantritt einen Gesichtspunkt, den das Landgericht übersehen oder für unerheblich gehalten hätte (§ 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) – denn das Landgericht hat ja über die behauptete Ausstellung Beweis erhoben -, noch ist irgend etwas dafür ersichtlich, dass der Beklagte den Beweisantritt infolge eines Verfahrensfehlers des Landgerichts im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht habe (§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), noch kann angenommen werden, das Unterlassen des weiteren Beweisantritts durch den Beklagten im ersten Rechtszug beruhe auf anderen Gründen als auf Nachlässigkeit (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

Nach seinen eigenen Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte den Zeugen ZU11 (der ihn dann später auf den Zeugen Z33 hingewiesen habe) erstmals im September 2003 – also etwa ein halbes Jahr nach Erlass des zu seinem Nachteil ergangenen landgerichtlichen Urteils – danach gefragt, ob er ihm irgend jemanden benennen könne, der auf seinem – des Zeugen – Frankfurter Messestand bei der Messe „Premiere Paperworld“ 1999 die Abbildung des neuen Filterpapiereinsatzes gesehen habe. Zu derartigen Erkundigungen hatte der Beklagte aber bereits seit Anfang Juli 2001 allen Anlass, weil nämlich seit dieser Zeit für ihn, jedenfalls aber für seine sachkundigen Prozessbevollmächtigten, deren mögliches Verschulden bei einem etwaigen Unterbleiben einer notwendigen Aufklärung des Beklagten dieser gemäß § 85 Abs. 2 ZPO gegen sich gelten lassen muss, klar sein musste, dass das Landgericht aufgrund der Vernehmung der Zeugen ZU11 und Z77 den Beweis für die behauptete Ausstellung von Abbildungen des neuen Filterpapiereinsatzes auf der Messe „Premiere Paperworld“ 1999 nicht als erbracht ansah.

Das ergab sich eindeutig daraus, dass das Landgericht, welches zunächst mit seinem Beweisbeschluss vom 7. Dezember 2000 (Bl. 122 GA) eine Beweiserhebung nur über die Behauptungen des Beklagten hinsichtlich der Ausstellung auf der Messe „Premiere Paperworld“ angeordnet hatte, nach der Erledigung dieses Beweisbeschlusses dann am 18. Juni 2001 einen ergänzenden Beschluss erlassen hat (den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellt am 3. Juli 2001, vgl. Bl. 189 GA), wonach nunmehr umfangreich Beweis erhoben werden sollte über die Behauptungen der Klägerin zu Vorbenutzungshandlungen in der Zeit ab April 1999. Eine solche Beweisaufnahme wäre unverständlich gewesen, wenn das Landgericht die Behauptungen des Beklagten zu einer Ausstellungspriorität vom 30. Januar 1999 als bewiesen angesehen hätte, und ergab deshalb nur dann einen Sinn, wenn das Landgericht bereits zur Zeit des Erlasses des ergänzenden Beweisbeschlusses der Ansicht war, mit der Vernehmung der Zeugen ZU11 und Z77 habe der Beklagte den ihm obliegenden Beweis für eine Ausstellungspriorität vom 30. Januar 1999 nicht geführt.

Hätte der Beklagte, wie es angesichts dessen einer sorgfältigen Prozessführung entsprochen hätte, den Zeugen ZU11 schon im Sommer/Herbst 2001 auf weitere mögliche Zeugen angesprochen, so muss angenommen werden, dass dieser, weil die Vorgänge damals ja noch wesentlich kürzer zurücklagen als im Jahre 2003, ihn bereits damals, also noch weit vor Abschluss des ersten Rechtszuges, auf den Zeugen Z33 aufmerksam gemacht hätte und der Beklagte diesen dann hätte benennen können.

f)
Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, hat der Beklagte auch mit der Aussage des Zeugen Z77 seine Behauptungen zu einer Ausstellungspriorität vom 30. Januar 1999 nicht bewiesen, weil auch gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundungen dieses Zeugen nicht unerhebliche Bedenken bestehen.

Auch der Zeuge Z77 (vgl. dazu die S. 12 bis 20 und 24 bis 26 der Vernehmungsniederschrift vom 29. März 2001, Bl. 148 bis 156 sowie 160 bis 162 GA) hat erklärt, ihm sei der Beklagte bis etwa Mitte Januar 1999 völlig unbekannt gewesen, gleichwohl habe er sich auf seine – des Beklagten – zunächst telefonisch geäußerte Bitte hin gefälligkeitshalber bereit gefunden, die ihm übergebene Abbildung des neuen Filterpapiereinsatzes auf seinem Messestand während der Messe „Premiere Paperworld“ 1999 auszustellen.

Bereits das erscheint wenig glaubhaft: Während der Zeuge ZU11 Pinwände und ähnliches vertreibt, also Tafeln, die an sich leer sind und erst von ihrem Benutzer mit irgendwelchen Schriftstücken oder dergleichen versehen werden sollen, so dass es die Interessen eines Ausstellers von Pinwänden auf einer Messe nicht beeinträchtigt, wenn er auf den ausgestellten Pinwänden irgendwelche von anderen Personen stammenden Abbildungen oder dergleichen anbringt, vertreibt der Zeuge Z77 Bilder (Kunstkarten und dergleichen), muss also ein Interesse daran haben, auf einer Messe gerade diese Bilder auszustellen und die ohnehin begrenzte Fläche auf Ausstellungswänden oder –regalen nicht zum Teil mit völlig artfremden Dingen wie etwa der Abbildung eines neuen Filterpapiereinsatzes für Kaffeeautomaten zu besetzen, d.h. mit Gegenständen, die er gar nicht vertreiben will. Das behauptete Ausstellen einer Abbildung des neuen Filterpapiereinsatzes hätte also eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Interessen des Zeugen Z77 bedeutet, was es unwahrscheinlich macht, dass der Zeuge dies gleichwohl – und dann auch noch im Wesentlichen unentgeltlich, abgesehen von der Übergabe einer Kiste Rotwein durch den Beklagten, von welcher der Zeuge bei seiner Aussage gesprochen hat – getan haben sollte.

Der Zeuge Z77 hat im Übrigen bei seiner Aussage zunächst angegeben, die in Rede stehende Abbildung sei während der gesamten Messe „Premiere Paperworld“ 1999 auf einer sogenannten „Plonge“ an derjenigen Schmalseite seines nur etwa 6 x 2 Meter breiten Messestandes aufgehängt gewesen, die sich, wenn man auf dem Gang entlang des Standes vor dessen Breitseite gestanden habe, rechts befunden habe; der Zeuge hat diese Stelle auf der von ihm während seiner Vernehmung angefertigten Skizze (Bl. 166 GA) mit einem Pfeil bezeichnet. Als ihm dann vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin Fotos seines damaligen Messestandes (die die Zeugin Z###3 aufgenommen hatte) vorgehalten wurden, die an der von dem Zeugen Z77 vorher bezeichneten Stelle eine „Plonge“ zeigten, auf der sich ausschließlich Bildkarten etc. befanden, aber nicht die Abbildung des neuen Filterpapiereinsatzes gemäß Anlage B 13 a, von welcher der Zeuge unmittelbar vorher gerade bekundet habe, er habe sie seinerzeit ausgestellt, hat er dann erklärt, möglicherweise habe die Abbildung des in Rede stehenden Filterpapiereinsatzes doch an einer anderen Stelle des Standes gehangen oder sei im Laufe der Messe umgehängt worden; vielleicht seien die ihm vorgelegten Fotos auch schon während des Standaufbaues aufgenommen worden, also zu einer Zeit, als der Stand noch nicht fertig gewesen sei. Gegen die letztere Version spricht allerdings der Umstand, dass der Stand auf den Fotos einen kompletten Eindruck macht (so steht z.B. bereits ein Blumenstrauß auf dem Schränkchen oder dergleichen in der Mitte des Standes) und dass auch die Umgebung des Standes vollständig „aufgeräumt“ aussieht. Dass eines der Fotos u.a. einen Nachbarstand zeigt, auf dem irgendetwas mit einem Tuch abgedeckt ist, muss nicht besagen, z. Zt. der Aufnahme sei die Messe noch nicht eröffnet gewesen, denn nach den eigenen Bekundungen des Zeugen Z77 ist es nicht unüblich, dass einzelne Aussteller ihre Stände am Abend eines jeden Messetages in dieser Weise mit Abdeckungen versehen.

Gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen Z77 zur Ausstellung der in Rede stehenden Abbildung des erfindungsgemäßen Filterpapiereinsatzes spricht vor allem auch die Aussage der Zeugin Z###3 vor dem Landgericht (vgl. S. 21 bis 23 sowie 26 der Vernehmungsniederschrift vom 29. März 2001, Bl. 157 bis 159 sowie Bl. 162 GA).

Diese – ebenfalls mit Bildkarten und dergleichen handelnde – Zeugin hatte auf der Messe „Premiere Paperworld“ 1999 ihren Messestand unmittelbar gegenüber dem Stand des Zeugen Z77 und hat ihrer Aussage zufolge damals die dem Zeugen Z77 anlässlich seiner Vernehmung vorgehaltenen Fotos von dessen Stand deshalb gemacht, weil sie diesen Stand für besonders gut gelungen hielt.

Die Zeugin, bei der ein Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht erkennbar ist, hat bekundet, sie sei bei der Messe „Premiere Paperworld“ Ende Januar/Anfang Februar 1999 an allen Tagen bis auf den letzten Tag anwesend gewesen. Sie habe eine Abbildung wie die ihr während ihrer Vernehmung vorgehaltene Anlage B 13 a auf dem Messestand des Zeugen Z77 an keinem Messetage bemerkt, obwohl sie sich besonders für den genannten Stand interessiert habe; auf Nachfrage hätten ihr auch ihre bei der genannten Messe anwesend gewesenen Mitarbeiterinnen erklärt, eine solche Abbildung nicht bemerkt zu haben. Da einerseits der Stand des Zeugen Z77 nur klein und ausserdem übersichtlich war, so dass man alle dort vorhandenen Einzelheiten gut erkennen konnte, auch wenn man den Stand selbst nicht betrat, und da andererseits eine auf einer der „Plongen“ oder dergleichen befindliche Abbildung wie die gemäß der Anlage B 13 a sofort ins Auge hätte fallen müssen, weil sie überhaupt nicht zu dem übrigen Erscheinungsbild des Standes gepasst hätte, wäre zu erwarten gewesen, dass auch der Zeugin Z###3 und ihren Mitarbeiterinnen eine solche Abbildung, wenn sie entsprechend den Bekundungen des Zeugen Z77 vorhanden gewesen wäre, aufgefallen wäre, so dass die Bekundungen der Zeugin Z###3 in hohem Maße dafür sprechen, dass eine Abbildung des erfindungsgemässen Filterpapiereinsatzes auf dem Messestand des Zeugen Z77 nicht ausgestellt war.

Angesichts aller dieser Umstände hat daher das Landgericht mit Recht angenommen, der Beklagte habe seine Behauptungen zu einer Ausstellungspriorität vom 30. Januar 1999 nicht bewiesen.

g)
Bewiesen hat dagegen die Klägerin ihre Behauptung, sie habe Filterpapiereinsätze der erfindungsgemäßen Art, also solche mit Zwickel, bereits vor dem – nach den obigen Ausführungen für die Priorität des Widerklagegebrauchsmusters maßgeblichen – Anmeldungstage des genannten Schutzrechts offenkundig vorbenutzt.

Die Zeugen Z1, Z2, Z3, Z4 und Z5 haben bei ihrer Vernehmung vor dem Landgericht im Wesentlichen übereinstimmend bekundet, nachdem es im Februar 1999 an der damals verwendeten Schneidwalze zu Ausbrüchen des Messers an der Stelle gekommen sei, an der von den Filterpapiereinsätzen jeweils der Zwickel habe abgeschnitten werden sollen, habe man sich bei der JK###11 Spezialpapier GmbH in Absprache mit der Klägerin entschlossen, die Schneidwalzen so abzuändern, dass bei den herzustellenden Filterpapiereinsätzen jeweils der Zwickel stehen bleibe; seit dem 16. März 1999 seien die Filterpapiereinsätze „202 S“ mit den abgeänderten Schneidwalzen, also nur noch mit Zwickel hergestellt worden. Für die Richtigkeit dieser Bekundungen sprechen nicht nur verschiedene schriftliche Unterlagen aus der fraglichen Zeit, die die Klägerin oder die Zeugen überreicht haben, sondern diese ergibt sich vor allem aus der Beschaffenheit und dem Inhalt der Kartons mit Filterpapiereinsätzen des Typs „202 S“, die der von der Klägerin damit beauftragte Notar N## ausweislich seiner Urkunde vom 17. September 2001 – UR-Nr. 864/2001 – (Bl. 553 bis 557 GA) an dem genannten Tage bei der Verbandsgemeindeverwaltung H vorgefunden hat. Darunter befanden sich nämlich sechs Kartons mit dem eingeprägten Code „3119“, der nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin den Herstellungstag bezeichnet, nämlich den 3. Tag der 11. Kalenderwoche des Jahres 1999, also den 17. März 1999. In den – noch ungeöffneten – genannten Kartons, die der Notar N## mit Anschreiben vom 17. September 2001 (Bl. 552 GA) dem Landgericht übersandt hat, befanden sich, wie das Landgericht während der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2003 festgestellt hat, jeweils Filterpapiereinsätze mit Zwickel, die angesichts des Codes auf den Verpackungen am 17. März 1999 hergestellt worden sein müssen.

Dass der vom Beklagten benannte Zeuge Rechtsanwalt RA##Z bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht (vgl. Bl. 372 ff. GA) bekundet hat, ihm sei anlässlich eines Tages der Offenen Tür bei der JK###11 Spezialpapier GmbH an
einem Sonntag Ende Juli 1999 von einer Arbeiterin, die die Maschine zur Herstellung von Filterpapiereinsätzen mit Zwickel bedient habe und bei der es sich um die bei der Vernehmung des Zeugen RA##Z ebenfalls anwesende Zeugin Z8 gehandelt habe, auf seine Frage erklärt worden, die gerade produzierten Filterpapiereinsätze mit Zwickel würden bei der Firma JK###11 Spezialpapier GmbH seit etwa 6 oder 8 Wochen hergestellt, ist nicht geeignet, durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit des Klägervortrages zum Beginn der Produktion der in Rede stehenden Filterpapiereinsätze zu begründen. Bereits die von dem Zeugen Rechtsanwalt RA##Z geschilderte Auskunft der Arbeiterin war recht vage gehalten und besagte eigentlich nur, seit Aufnahme der Produktion sei noch keine sehr lange Zeit vergangen, was auch dann stimmte, wenn der Produktionsbeginn etwa Mitte März 1999 gewesen war; Nachfragen, die zu präziseren Angaben der Arbeiterin hätten führen können, hat der Zeuge RA##Z seiner Aussage zufolge der Arbeiterin nicht gestellt.

Insbesondere aufgrund des eingeprägten Codes auf den Kartons mit Filterpapiereinsätzen „202 S“, die der Notar N## am 17. September 2001 bei der Verbandsgemeindeverwaltung H vorgefunden hat, ist eindeutig bewiesen, dass das Vorbringen der Klägerin zum Beginn der Produktion der Filterpapiereinsätze mit Zwickel zutrifft.

Schließlich steht aufgrund der vor dem Landgericht erfolgten Aussage des Zeugen Z9, des Hausmeisters der Verbandsgemeindeverwaltung H (vgl. die Niederschrift vom 27. September 2001, Bl. 308 ff. GA) fest, dass die Klägerin erfindungsgemäße Filterpapiereinsätze bereits im April 1999 an „normale“ Abnehmer ausgeliefert, also im Sinne des § 3 GbmG offenkundig vorbenutzt hat.

Der Zeuge Z9, bei dem ein Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits nicht erkennbar ist, hat bekundet, er habe vor seiner Vernehmung letztmals 1999 für die Gemeindeverwaltung H bei der Klägerin Filterpapiereinsätze der in Rede stehenden Art bestellt, die er nach der Lieferung in den Räumen der Gemeindeverwaltung eingelagert habe. Im Frühjahr 2000 habe er – nach Rücksprache mit dem Bürgermeister – auf Bitten der Klägerin hin einen Karton aus jener Lieferung an diese zurückgesandt und dafür kostenlos fünf neue Kartons mit Filterpapiereinsätzen erhalten, die er wiederum eingelagert habe. Alle im September 2001 bei der Verbandsgemeindeverwaltung H vorhandenen Kartons mit Filterpapiereinsätzen – die entweder aus der entgeltlichen, im April 1999 von der Klägerin in Rechnung gestellten Lieferung oder aus der kostenlosen Ersatzlieferung vom Frühjahr 2000 gestammt hätten – seien dann am 17. September 2001 von dem Notar N## mitgenommen worden.

Dass die Aussage des Zeugen Z9 zum Zeitpunkt der Bestellungen von Filterpapiereinsätzen bei der Klägerin richtig ist, ergibt sich nicht zuletzt aus den Feststellungen, die der Notar N## ausweislich seiner o.g. Urkunde am
17. September 2001 bei der Finanzabteilung der Verbandsgemeinde H
über die Bezahlung von Rechnungen an die Klägerin getroffen hat.

Da nach der glaubhaften Aussage des Zeugen Z9 die Klägerin der Verbandsgemeindeverwaltung H im Jahre 2000 lediglich fünf Kartons mit Filterpapiereinsätzen übersandt hat, am 17. September 2001 bei der Verbandsgemeindeverwaltung H aber sechs Kartons mit erfindungsgemäßen Filterpapiereinsätzen und dem eingeprägten Code „3119“ vorhanden waren, muss mindestens einer dieser Kartons bereits im April 1999 von der Klägerin an die Verbandsgemeindeverwaltung H ausgeliefert worden sein.

4.
War damit der Gegenstand des Widerklagegebrauchsmusters bereits im April 1999 der Öffentlichkeit, nämlich jedenfalls der Verbandsgemeindeverwaltung H, zugänglich gemacht worden, und zwar ohne dass dies auf Handlungen des späteren Anmelders, des Beklagten, beruhte, so war er am Prioritätstage, dem 16. Juli 1999, nicht mehr neu (§ 3 GbmG), so dass das Widerklagegebrauchsmuster nicht schutzfähig ist.

Dem Beklagten stehen daher keine Ansprüche gegen die Klägerin wegen Verletzung des Widerklagegebrauchsmusters zu (§§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 GbmG) mit der Folge, dass die Widerklage unbegründet ist.

Daraus folgt gleichzeitig, dass die Klage auf Feststellung der Nichtverletzung bis zur Erledigungserklärung begründet war, so dass das Landgericht mit Recht angenommen hat, auch die auf die Klage entfallenden Kosten seien gemäß § 91 a ZPO vom Beklagten zu tragen.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) kam nicht in Betracht, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind: Die vorliegende Rechtssache, die einen reinen Einzelfall betrifft, hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

R1 R2 R4