Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. August 2007, Az. 2 U 49/06
Vorinstanz: 4a O 581/05
I.
Die Berufung der Restitutionsklägerinnen gegen das am 6. April 2006 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage, soweit sie Restitutionsklage ist, als unzulässig verworfen wird.
II.
Den Restitutionsklägerinnen werden auch die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Restitutionsklägerinnen wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Restitutionsbeklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Restitutionsbeklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Der Streitwert beträgt auch für das Berufungsverfahren 500.000,– Euro.
G r ü n d e
I.
Die Restitutionsbeklagte ist Gesamtrechtsnachfolgerin der A-Werke GmbH, zu deren Gunsten das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte europäische Patent 0 515 xxx (Klagepatent, Anlage K 2) betreffend ein Spundfass eingetragen war. Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung ist am 21. Dezember 1990 unter Inanspruchnahme zweier deutscher Unionsprioritäten vom 15. Februar und vom 23. Mai 1990 eingereicht und am 2. Dezember 1992 im Patentblatt veröffentlicht worden; der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 29. Dezember 1993 im Patentblatt bekannt gemacht worden. Anspruch 1 des Klagepatentes lautet wie folgt:
Spundfass aus thermoplastischem Kunststoff mit einem im Nahbereich des
Oberbodens (12) an der Fasswandung (22) angeordneten umlaufenden Trage- und Transportring (30) und mit wenigstens einem im Randbereich des Oberbodens (12) angeordneten Spundlochstutzen (16), der in einem Spundlochstutzengehäuse (18) derart eingesenkt ist, dass die Stirnfläche des Spundlochstutzens (16) bündig mit oder geringfügig unterhalb der Außenfläche des Oberbodens (12) abschließt,
dadurch gekennzeichnet, dass der Oberboden (12) zusätzlich zum bzw. neben dem Spundlochstutzengehäuse (18) ein im wesentlichen kreisabschnittsförmiges Flächenteil bzw. eine Abschrägung (10) aufweist, die symmetrisch beidseitig zum Spundlochstutzen (16) ausgebildet ist und – in Normalposition des Fasses betrachtet – flach schräg nach innen in den Fasskörper abgeschrägt verlaufend eingezogen ist, wobei die Abschrägung (10) ihre tiefste Stelle auf der Seite des Fassmantels (22) im Nahbereich des Spundlochstutzens (16) aufweist und dort in die tiefer liegende Ebene des Spundlochstutzengehäusebodens (20) bzw. in den Spundlochstutzen (16) einmündet.
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 1 bis 4 und 10 zeigen Ausführungsbeispiele der Erfindung, und zwar Figur 1 eine Schnittdarstellung eines erfindungsgemäßen Fasses im Bereich des Spundloches, Figur 2 das in Figur 1 dargestellte Fass in gekippter Restentleerungsposition, Figur 3 ein abgewandeltes Ausführungsbeispiel, bei dem die Einsenkung des Spundlochgehäuses mit der oberen Knickkante der Abschrägung zusammenfällt und bei dem zwischen Fasswandung und Spundlochstutzen im Spundlochstutzengehäuseboden eine rippenartige Erhebung mit einer innen ausgebildeten rillenartigen Vertiefung vorgesehen ist. Figur 4 zeigt den hier interessierenden Teil des Fassoberbodens in Draufsicht, und Figur 10 gibt ein erfindungsgemäßes Fass in perspektivischer Gesamtansicht wieder.
Das Klagepatent war im Umfang seiner Ansprüche 1 bis 3 und 6 Gegenstand einer Nichtigkeitsklage der in Italien ansässigen B S.p.A., die das Bundespatentgericht mit Urteil vom 14. Oktober 1997 abgewiesen hat; die dagegen eingelegte Berufung hat der Bundesgerichtshof nach sachverständiger Beratung (vgl. Anlage K 3) mit Urteil vom 9. Mai 2000 (X ZR 45/98, Anlage rop 1) zurückgewiesen. Beide Gerichte legten ihren Urteilen die von der damaligen Nichtigkeitsklägerin vorgeschlagene Merkmalsgliederung des Patentanspruches 1 zugrunde (vgl. BGH, a.a.O., S. 7 u. 8 des Umdruckes), bei der der Teil
„dass der Oberboden (12) zusätzlich zum bzw. neben den Spundlochstutzengehäuse (18) ein im wesentlichen kreisabschnittsförmiges Flächenteil bzw. eine Abschrägung aufweist …“
des Anspruchskennzeichens in die Merkmale
„4.1
Der Oberboden (12) weist zusätzlich zum bzw. neben dem Spundlochstutzengehäuse (18) ein im wesentlichen kreisabschnittsförmiges Flächenteil auf oder
4.2
der Oberboden weist zusätzlich zum bzw. neben dem Spundlochstutzengehäuse (18) eine Abschrägung (10) auf“
untergliedert ist.
Die Restitutionsklägerin zu 1., deren persönlich haftende Gesellschafterin die Restitutionsklägerin zu 2. ist, vertrieb unter der Bezeichnung „XY1“ von ihr hergestellte 136 l – Spundfässer, die die Restitutionsbeklagte für klagepatentverletzend hielt und die Restitutionsklägerinnen im Verfahren Landgericht Düsseldorf 4a O 131/02 (im Folgenden: Vorprozess) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Gegenstände und Schadenersatz in Anspruch nahm. Die Ausgestaltung des Fasses in den hier interessierenden Teilbereichen, insbesondere des Trage- und Transportringes, des Oberbodens und des Spundlochstutzens nebst Umgebung ist aus der nachstehend wiedergegebenen dem Tatbestand des im Vorverfahren ergangenen landgerichtlichen Urteils vom 13. März 2003 (Anlage K 1, S. 11 und BA Bl. 95) entnommenen Abbildung zu erkennen.
Das Landgericht gab im Vorverfahren der Klage statt und verurteilte die Restitutionsklägerinnen,
1. es bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen und im einzelnen im Urteilsausspruch angegebenen Ordnungsmittel zu unterlassen,
Spundfässer aus thermoplastischem Kunststoff mit einem im Nahbereich des Oberbodens an der Fasswandung angeordneten umlaufenden Trage- und Transportring und mit wenigstens einem im Randbereich des Oberbodens angeordneten Spundlochstutzen, der in einem Spundlochstutzengehäuse derart eingesenkt ist, dass die Stirnfläche des Spundlochstutzens bündig mit oder geringfügig unterhalb der Außenfläche des Oberbodens abschließt,
herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
bei denen der Oberboden zusätzlich zum bzw. neben dem Spundlochstutzengehäuse ein im wesentlichen kreisabschnittsförmiges Flächenteil bzw. eine Abschrägung aufweist, die symmetrisch beidseitig zum Spundlochstutzen ausgebildet ist und – in Normalposition des Fasses betrachtet – flach schräg nach innen in den Fasskörper abgeschrägt verlaufend eingezogen ist, wobei die Abschrägung ihre tiefste Stelle auf der Seite des Fassmantels im Nahbereich des Spundlochstutzens aufweist und dort in die tiefer liegende Ebene des Spundlochstutzengehäusebodens bzw. in den Spundlochstutzen einmündet, wobei Fässer gemäß den Spezifikationen der im Urteilstenor im Anschluss daran wiedergegebenen VCI-Rahmenbedingungen ausgenommen sind;
2. der Klägerin in dem im Urteilsausspruch angegebenen Umfang Rechnung zu legen,
3. die im unmittelbaren und mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten befindlichen unter Ziffer 1 beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten oder nach Wahl der dortigen Beklagten an einen von der dortigen Klägerin zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der dortigen Beklagten herauszugeben.
Außerdem hat es festgestellt, dass die Restitutionsklägerinnen als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Restitutionsbeklagten allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I.1. bezeichneten, seit dem 29. Januar 1994 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
In seiner Begründung hat das Landgericht sich nicht auf das Merkmal 4.1, sondern ausschließlich auf das Merkmal 4.2 gestützt und dem Einwand der Restitutionsklägerinnen, das angegriffene Fass habe statt kreisabschnittsförmiger [und flächiger] Abschrägungen zwei schmale sich absenkende in Umfangsrichtung des Fasses verlaufende rampenartige Stege, entgegengehalten, der Wortsinn von Anspruch 1 des Klagepatentes beschränke sich nicht auf schräge Flächen (vgl. Anlage K 1, S. 20, 21; BA Bl. 104, 105).
Die Restitutionsklägerinnen legten gegen das Urteil des Landgerichts Berufung ein und machten u.a. erneut geltend, Merkmal 4 umfasse nicht zwei verschiedene Varianten, sondern beschreibe denselben technischen Sachverhalt zweifach. Die Abschrägung müsse im wesentlichen kreisabschnittsförmig sein (Bl. 189 BA). Das angegriffene Fass weise demgegenüber keine Abschrägung in Form eines kreisabschnittsförmigen Flächenteils auf, sondern zwei sich absenkende in Umfangsrichtung verlaufende rampenartige Stege, die bei Überkopfentleerung keine schräge Fläche, sondern enge Ablaufrinnen am Deckelrand bildeten (Bl. 190, 191 BA). Dem hielt die Restitutionsbeklagte entgegen, die angegriffene Vorrichtung verwirkliche auch das Merkmal 4.1 (Bl. 199, 200 BA).
In der mündlichen Berufungsverhandlung vom 29. April 2004 teilte der erkennende Senat mit, er betrachte die Berufung im Ergebnis als aussichtslos. Selbst wenn man davon ausgehe, die Abschrägung müsse ein im wesentlichen kreisabschnittsförmiges Flächenteil darstellen, so könne dieser durch das Spundlochstutzengehäuse durchbrochen sein und müsse – wie die Ausführungsbeispiele zeigten – nicht durchgehend sein. Das Klagepatent lege die Ausdehnung des Gehäuses nicht fest, so dass die verbleibenden abgeschrägten Flächenteile relativ schmal ausfallen könnten. Kurz vor dem Verkündungstermin nahmen die Restitutionsklägerinnen ihre Berufung mit Schriftsatz vom 14. Juni 2004 zurück (Bl. 212, 213 BA).
Unter dem 6. April 2004 erhob die Restitutionsklägerin zu 1. gegen den deutschen Teil des Klagepatentes erneut Nichtigkeitsklage, die das Bundespatentgericht durch Urteil vom 8. November 2005 (Anlage K 4) abwies. In der schriftlichen Begründung des Urteils (vgl. Anlage K 4, S. 5-9) führt das Bundespatentgericht allerdings aus, es halte die Aufgliederung des Merkmals 4 in die Untermerkmale 4.1 und 4.2 entsprechend dem Urteil des Bundesgerichtshofes für unzutreffend. Richtig müsse das Merkmal lauten:
Der Oberboden (12) weist zusätzlich zum und räumlich neben dem Spundlochstutzengehäuse (18) einen im wesentlichen kreisabschnittsförmiges Flächenteil in Form einer Abschrägung (10) auf (Anlage K 4, S. 7 und 8).
Dieser Auslegung des Anspruches 1 durch den Senat hätten beide Parteien in der mündlichen Verhandlung zugestimmt.
Die Restitutionsklägerin zu 1. hat gegen das Nichtigkeitsurteil Berufung eingelegt; eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs hierüber ist noch nicht ergangen.
Die Restitutionsbeklagte vollstreckt aus dem landgerichtlichen Urteil des Vorverfahrens den ihr zuerkannten Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung; das unter dem 2. August 2005 eingeleitete Zwangsgeldverfahren ruht gemäß Beschluss des Landgerichts vom 19. August 2005.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Restitutionsklägerinnen die Aufhebung des im Vorverfahren ergangenen Urteils und Abweisung der damaligen Verletzungsklage, hilfsweise die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil. Sie machen geltend, die Restitutionsbeklagte und Patentinhaberin habe im zweiten Nichtigkeitsverfahren durch den Leiter ihrer Patentabteilung und durch ihren patentanwaltlichen Vertreter der vom Bundespatentgericht vorgenommenen Auslegung des Patentanspruches 1 zugestimmt, um die Nichtigerklärung des Klagepatentes abzuwenden; unter Berücksichtigung dieser Auslegung und der Zustimmung der Restitutionsbeklagten hätte die damalige Klage abgewiesen werden müssen, weil das angegriffene Fass kein kreisabschnittsförmiges Flächenteil in Form einer Abschrägung besitze. Die Auffassung des Bundespatentgerichts müsse als gewichtige fachkundige Stellungnahme auch im Verletzungsprozess berücksichtigt werden. Nicht nur bei einer nachträglichen (Teil)Vernichtung des Klageschutzrechtes, sondern auch in Fällen einer vom Nichtigkeitsbeklagten ausdrücklich zugestandenen einschränkenden Auslegung des Patentanspruches, die zu einer Abweisung der Verletzungsklage hätte führen müssen, sei eine Restitutionsklage nach § 580 Nr. 6 und 7b ZPO möglich. Im übrigen müsse sich die Restitutionsbeklagte nach § 242 BGB auch im Verletzungsverfahren an ihrem im Nichtigkeitsverfahren erklärten Geständnis festhalten lassen; sie sei schuldrechtlich daran gehindert, aus dem Urteil des Vorverfahrens weiterhin Rechte geltend zu machen.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 6. April 2006 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Restitutionsklage nach § 580 Nr. 6 ZPO scheitere daran, dass das Klagepatent nicht durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt worden sei. Das Urteil des Bundespatentgerichts vom 8. November 2005 sei zudem nicht rechtskräftig. Entgegen der Ansicht der Restitutionsklägerinnen stehe der rechtskräftigen Vernichtung eines Patentes nicht gleich, dass die Schutzrechtsinhaberin im Nichtigkeitsverfahren einer einschränkenden Auslegung ihres Patentes zugestimmt habe und die rechtskräftig zugesprochene Verletzungsklage auf der Grundlage dieser Auslegung hätte abgewiesen werden müssen. Der gesetzliche Katalog der Restitutionsgründe sei grundsätzlich abschließend und nur in eng begrenzten Ausnahmefällen entsprechend anwendbar, wie sie insbesondere für den Fall eines Verwaltungsaktes – zu denen auch das erteilte Patent gehöre – anerkannt sei. Einen von § 580 Nr. 7b ZPO erfassten Tatbestand, dass der Restitutionskläger eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihm günstigere Entscheidung herbeigeführt hätte, hätten die Restitutionsklägerinnen nicht vorgetragen.
Die hilfsweise erhobene Vollstreckungsgegenklage scheitere daran, dass die Restitutionsklägerinnen ihr mit der späteren Beurteilung durch das Bundespatentgericht übereinstimmendes Verständnis vom Sinngehalt des Klagepatentanspruches 1 schon im Vorverfahren geltend gemacht hätten. Darauf, dass das Bundespatentgericht ihre Auffassung nach rechtskräftigem Abschluss des damaligen Prozesses bestätigt habe, könnten die Restitutionsklägerinnen sich nicht mit Erfolg berufen, weil die Verletzungsgerichte an die Auslegung des Patents in einem nichtigkeitsklageabweisenden Urteil nicht gebunden seien. Dass die Patentinhaberin dieser Auslegung in der mündlichen Verhandlung des Nichtigkeitsverfahrens zugestimmt habe, sei unerheblich, weil Patente aus der Sicht des angesprochenen Durchschnittsfachmannes und nicht aus derjenigen des Schutzrechtsinhabers auszulegen seien. Die Äußerung im Nichtigkeitsverfahren hätte zwar, wäre sie schon damals im Verletzungsprozess vorgetragen worden, berücksichtigt werden müssen, aber das bedeute noch nicht, dass die Kammer sich diesem Verständnis angeschlossen hätte. Da diese Erklärung nach dem Vorbringen der Restitutionsklägerinnen auch erst nach Abschluss des Vorverfahrens abgegeben worden sei, habe sie dort keinen Vertrauenstatbestand begründen können; § 242 BGB sei nicht anwendbar.
Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgen die Restitutionsklägerinnen ihr bisher erfolglos gebliebenes Begehren weiter. Zur Begründung führen sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens aus, das Landgericht habe nicht beachtet, dass der Schutzbereich des Klagepatentes im Nichtigkeitsverfahren eingeschränkt worden sei; an diese Beschränkung sei auch das Verletzungsgericht gebunden. Da das Bundespatentgericht die Schutzfähigkeit des Klagepatentes gegenüber dem Stand der Technik gerade mit in den Entgegenhaltungen nicht vorhandenen kreisabschnittsförmigen Flächenteilen in Form einer Abschrägung begründet habe und das angegriffene Fass solche schräg verlaufenden Flächenteile nicht aufweise, könne es vom Wortsinn des Patentanspruches 1 nicht mehr erfasst werden.
Bei der Abweisung der Vollstreckungsgegenklage habe das Landgericht übersehen, dass die Parteien durch ihre Erklärungen im Nichtigkeitsverfahren die Reichweite des Klagepatentanspruches 1 nachträglich durch vertragliche Vereinbarung mit schuldrechtlicher Wirkung eingeschränkt und auf die Geltendmachung des Anspruches 1 in dem ursprünglich vertretenen weitergehenden Umfang verzichtet hätten. Außerdem verhalte die Restitutionsbeklagte sich widersprüchlich und missbrauche die Zuständigkeit unterschiedlicher Gerichte für das Patentverletzungs- und das Nichtigkeitsverfahren, indem sie Anspruch 1 des Klagepatentes mit widersprüchlichen Argumenten einerseits im Verletzungsprozess weit auslege, um den angegriffenen Gegenstand noch zu erfassen, andererseits aber im Nichtigkeitsverfahren eng auslege, um der Nichtigerklärung des Schutzrechtes zu entgehen. Die Restitutionsbeklagte müsse sich an ihrem eingeschränkten Anspruchsverständnis aus dem Nichtigkeitsverfahren auch für den vorausgegangenen Verletzungsprozess festhalten lassen; setze sie dem zuwider die Zwangsvollstreckung aus dem damaligen landgerichtlichen Urteil fort, handele sie rechtsmissbräuchlich.
Die Restitutionsklägerinnen beantragen,
1. das angefochtene Urteil aufzuheben und das im Vorverfahren 4a O 131/02 ergangene rechtskräftige Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. März 2003 aufzuheben und die dortige Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Zwangsvollstreckung aus dem vorbezeichneten Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. März 2003 für unzulässig erklären,
hilfsweise, die Restitutionsbeklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, aus dem letztgenannten Urteil gegen sie, die Restitutionsklägerinnen, zu vollstrecken;
2. die Restitutionsbeklagte zu verurteilen, an sei, die Restitutionsklägerinnen, die vollstreckbare Ausfertigung des letztgenannten Urteils herauszugeben.
Die Restitutionsbeklagte beantragt,
die Berufung der Restitutionsklägerinnen zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts und tritt den Ausführungen der Restitutionsklägerinnen unter ergänzender Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag entgegen. Sie trägt weiterhin vor, sie habe im Nichtigkeitsverfahren keine verbindliche Aussage zur Auslegung des Klagepatentes gemacht, sondern sich der eindeutig geäußerten Auffassung des Bundespatentgerichtes gebeugt. Sie habe auch nicht erklärt, für das angegriffene Fass keinen Patentschutz mehr zu begehren. Auch wenn man von dem vom Bundespatentgericht geäußerten Anspruchsverständnis ausgehe, verwirkliche die angegriffene Ausführungsform den Anspruch 1 unter Schutz gestellte technische Lehre.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten LG Düsseldorf 4a O 131/02 (OLG Düsseldorf 2 U 46/03) lagen zur Information vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die Berufung der Restitutionsklägerinnen ist zulässig, aber im Ergebnis unbegründet. Die Klägerinnen haben weder einen Anspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens noch auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus dem im Vorprozess ergangenen Urteil des Landgerichts. Die Restitutionsklage ist in jedem Falle nach § 582 unzulässig, so dass die Klage insoweit nach § 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen war.
1.
Die Restitutionsklage ist unzulässig.
a)
Die Klägerinnen haben keinen Restitutionsgrund im Sinne des § 580 Nr. 6 ZPO – § 580 Nr. 7 Buchstabe b ZPO kommt ersichtlich nicht in Betracht – dargelegt. § 580 Nr. 6 ZPO setzt voraus, dass ein präjudizielles Urteil, auf dem das mit der Restitutionsklage angegriffene Urteil beruht, durch rechtskräftiges Urteil aufgehoben worden ist; Verwaltungsakte, auf die sich das angegriffene Urteil gestützt hat, werden einem präjudiziellen Urteil gleichgestellt (vgl. BGH, NJW 1988, 1914, 1915 = MDR 1988, 566; Musielak, ZPO, 5. Aufl., § 580, Rdnr. 12; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 580 Rdnr. 13 m.w.N.). Aus diesen Gründen ist zwar grundsätzlich anzuerkennen, dass § 580 Nr. 6 ZPO jedenfalls analog anzuwenden ist, wenn ein erteiltes Patent, das Grundlage eines rechtskräftigen Vollstreckungstitels ist, durch ein rechtskräftiges Urteil des Bundespatentgerichts oder des Bundesgerichtshofes für nichtig erklärt oder so teilvernichtet wird, dass der als patentverletzend bewertete angegriffene Gegenstand nicht mehr vom Schutzbereich des Patentes erfasst wird (LG Düsseldorf, GRUR 1987, 628, 629 – Restitutionsklage; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG GbMG, 10. Aufl., § 139 PatG Rdnr. 149; Schulte, PatG, 7. Aufl., § 21 Rdnr. 125 m.w.N.; Musielak, a.a.O.). Voraussetzung ist jedoch, dass die das Patent ganz oder teilweise vernichtende Entscheidung rechtskräftig ist. Schon diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
aa)
Das Urteil des Bundespatentgerichts vom 8. November 2005, das nach Auffassung der Restitutionsklägerinnen die gegen sie ergangene Verurteilung zu Fall bringen soll, ist nicht rechtskräftig. Dem Eintritt der Rechtskraft steht zum einen die Berufung der Restitutionsklägerin zu 1. gegen dieses Urteil entgegen. Wollte man zugunsten der Restitutionsklägerinnen annehmen, die Ausführungen des Bundespatentgerichts zu Merkmal 4 des Klagepatentanspruches 1 schränkten dessen Schutzbereich ein und die Restitutionsbeklagte und Patentinhaberin werde durch diese Beschränkung beschwert, hätte darüber hinaus auch die Restitutionsbeklagte noch die Möglichkeit, dieses Urteil anzufechten, denn im Nichtigkeitsverfahren kann sie abweichend von § 524 Abs. 2 ZPO bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof Anschlussberufung einlegen (BGH, GRUR 2005, 888 – Anschlussberufung im Patentnichtigkeitsverfahren; Benkard/Rogge, a.a.O., § 110 PatG Rdnr. 4; ebenso zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozessrechts vom 27. Juli 2001 BGH GRUR 1955, 531, 532 l. Sp. unten – Schlafwagen).
bb)
Abgesehen davon hat das Bundespatentgericht das Klagepatent auch nicht teilvernichtet bzw. beschränkt. Es hat weder den Hauptanspruch noch die Patentbeschreibung geändert, so dass die Restitutionsbeklagte und Patentinhaberin auch nicht beschwert ist (vgl. Benkard/Rogge, a.a.O., Rdnr. 3). Es hat auch keine die Beschreibung ändernde „Klarstellung“ vorgenommen, für die es ohnehin keine gesetzliche Grundlage gäbe (BGH GRUR 1988, 757, 760 = BGHZ 103, 262, 263 ff. – Düngerstreuer; Benkard/Rogge, a.a.O., § 22 PatG Rdnr. 85). Das Bundespatentgericht hat lediglich Anspruch 1 des Klagepatentes abweichend von dem Verständnis ausgelegt, das Merkmal 4 im ersten Nichtigkeitsverfahren durch die damals zur Entscheidung berufenen Gerichte erfahren hat. Diese Auslegung bindet das Verletzungsgericht schon deshalb nicht, weil die Nichtigkeitsklage ohne Änderung des Anspruches und der Beschreibung abgewiesen worden ist.
Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob die vom Bundespatentgericht in seinem zweiten Nichtigkeitsurteil vom 8. November 2005 vorgenommene Auslegung des Merkmals 4 einer Einbeziehung des angegriffenen Fasses in den Schutzbereich des Klagepatentes entgegen stehen könnte. Selbst wenn dass der Fall wäre (vgl. dazu unten Abschnitt c) bb)), stellte dies keinen Wiederaufnahmegrund dar. Da die Auslegung des Klagepatentes eine Rechtsfrage betrifft (BGHZ 160, 204, 212 = GRUR 2004, 1023, 1025 – Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; Urteil vom 13. Februar 2007 – X ZR 74/05 – Kettenradanordnung, Tz. 18; Urteil vom 17. April 2007 – X ZR 1/05 – Pumpeneinrichtung, Tz. 20), liefe die Anerkennung einer im Nichtigkeitsverfahren vorgenommenen abweichenden Auslegung des die Grundlage des Vorprozesses bildenden Patentes als Restitutionsgrund darauf hinaus, dass schon auf die Behauptung hin, das rechtskräftige Urteil des Vorprozesses beruhe auf einer unrichtigen Rechtsansicht, eben diese Rechtsansicht in einem Restitutionsverfahren erneut zur Überprüfung gestellt werden könnte. Das ist mit der Rechtsnatur des Wiederaufnahmeverfahrens jedoch nicht vereinbar. Die Rechtskraft von Gerichtsentscheidungen sollen nur dann durchbrochen werden, wenn ihre Grundlagen für jedermann erkennbar in einer für das allgemeine Rechtsgefühl unerträglichen Weise erschüttert sind (BGH NJW 1988, 1914, 1915). Im Falle des § 580 Nr. 6 ZPO setzt das voraus, dass zwischen dem Restitutionsgrund und der Vorentscheidung ein solcher ursächlicher Zusammenhang besteht, dass der Restitutionsgrund dem angegriffenen Urteil eine der Grundlagen entzieht, auf denen es beruht (BGH, NJW-RR 1994, 894, 895; VersR 1984, 453, 455; NJW 1988, 1914, 1915; Musielak, a.a.O., § 580, Rdnr. 4). Wurde der Restitutionskläger im Vorprozess rechtskräftig wegen Verletzung eines Patentes verurteilt, ist diese Voraussetzung nur erfüllt, wenn schon ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, welches die Nichtigkeit des Patentes ausspricht und damit die Grundlage für die Zuerkennung der aus dem Patent zuerkannten Ausschließlichkeitsrechte in der rechtskräftigen Vorentscheidung im Verletzungsprozess endgültig entfallen lässt. Die unbegrenzte Erhebung der Restitutionsklage löste deren Ausnahmecharakter auf und widerspräche der vom Gesetzgeber in § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffenen Abwägung zwischen dem Interesse an einem materiell rechtlich zutreffenden Urteil und dem Eintritt des Rechtsfriedens sowie der Bestandskraft rechtskräftiger Entscheidungen.
b)
Die Zulässigkeit der Restitutionsklage scheitert im übrigen auch an § 582 ZPO. Dasjenige, was die Klägerinnen als Restitutionsgrund geltend machen, nämlich die unrichtige Auslegung des Merkmals 4 durch das Landgericht, haben sie bereits im vorausgegangenen Verletzungsverfahren sowohl in der ersten Instanz als auch im Berufungsverfahren eingewandt. Die Rechtsfrage der zutreffenden Auslegung des Klagepatentes hätte dort geklärt werden können, hätten die Restitutionsklägerinnen ihre Berufung nicht zurückgenommen, sondern trotz der ihnen ungünstigen Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2004 auf einer Entscheidung durch den Senat bestanden und die Sache im Falle eines ihnen ungünstigen Ausgangs dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Dass es dazu infolge der Berufungsrücknahme nicht mehr kommen konnte, wirkt sich zu Lasten der Restitutionsklägerinnen aus. Die eine Wiederaufnahme hindernde Möglichkeit der Geltendmachung im Vorprozess hat dann bestanden, wenn der Restitutionsgrund schon damals bekannt war und er ist schuldhaft im Sinne des § 582 ZPO nicht geltend gemacht worden, wenn sein Vorbringen seinerzeit eine begründete Aussicht auf Erfolg gehabt hätte; dass seine Geltendmachung mit absoluter Gewissheit zu einer anderen Entscheidung geführt hätte, ist nicht erforderlich (RG; JW 1901, 33, 34; RGZ 99, 168, 170; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 582 Rdnr. 4; Braun in: MünchKommZPO, 2. Aufl., § 582, Rdnr. 8; Musielak, a.a.O., § 582, Rdnr. 3; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 582, Rdnr. 4; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 582, Rdnr. 4 ). Zwar wird von einem Restitutionskläger nicht verlangt, dass er im Vorprozess Einwände erhebt, mit denen er erkennbar nicht durchdringen kann, er muss jedoch, wenn er Einwände schriftsätzlich bereits geltend gemacht hat, die im Vorprozess bestehenden Möglichkeiten nutzen und sich darum bemühen, das Gericht von deren Begründetheit zu überzeugen und im Fall einer ungünstigen Entscheidung deren Korrektur im Rechtsmittelverfahren zu erreichen. Geht man hiervon aus, entfällt das Verschulden der Restitutionsklägerinnen nicht schon dadurch, dass ihre schriftsätzlichen Einwände den Senat im Vorprozess zunächst nicht überzeugt hatten und der Senat ihnen im Verhandlungstermin des Berufungsverfahrens seine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage auch mitgeteilt hatte. Sie hätten ihre Einwände nicht durch Berufungsrücknahme faktisch fallen lassen dürfen, sondern hätten sie, wäre der Senat ihnen nicht gefolgt, im Revisionsverfahren dem Bundesgerichtshof unterbreiten müssen; dafür, dass dies erkennbar aussichtslos gewesen wäre, sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich.
c)
Im übrigen hätte die vom Bundespatentgericht nunmehr vorgenommene abweichende Auslegung des Anspruches 1 zu keinem anderen Ergebnis des Vorverfahrens geführt. Auch auf der Grundlage dieses Verständnisses entspricht das angegriffene Fass wortsinngemäß der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre.
aa)
Die nach Anspruch 1 des Klagepatentes geschützte Lehre betrifft entsprechend dem Oberbegriff dieses Patentanspruches ein Spundfass aus thermoplastischem Kunststoff mit einem Trage- und Transportring und mit einem Spundlochstutzen im Nahbereich des Deckels, den Anspruch 1 als Oberboden bezeichnet. Die Patentbeschreibung geht ersichtlich davon aus, dass es bei vorbekannten Fässern dieser Art bereits bekannt war, den Spundlochstutzen, um ihn gegen äußere Kraftangriffe zu stützen und die wünschenswerte Stapelfähigkeit zu wahren, in einem in das Innere des Fasses hineinragenden Gehäuse derart einzusenken, dass seine Stirnfläche bündig mit der Oberfläche des Oberbodens abschließt oder geringfügig darunter liegt.
Die Einsenkung des Spundlochstutzens und des ihn umgebenden Gehäuses führen jedoch zu Schwierigkeiten bei der Restentleerung. Bei einem bis zum Schluss in Schräglage auf den Kopf gestellten Fass kann an der Innenseite des Fassdeckels bzw. Oberbodens verbleibende Restflüssigkeit auch bei manuellem Hin- und Herschwenken nicht mehr in die Ausflussöffnung des in das Fass hineinragenden und nunmehr höher liegenden Spundlochstutzens fließen.
An der aus der europäischen Patentanmeldung 0 287 966 bekannten Vorrichtung, bei der zur möglichst restfreien Fassentleerung in der üblichen Schräglage der Entleerungsspundstutzen nahe an der Behälterwandung angeordnet ist, wird in der Klagepatentbeschreibung beanstandet, der Spundlochstutzen sei auch bei Anordnung in einem als muldenförmige Vertiefung ausgebildeten Stutzengehäuse wenig gegen seitlich von außen auf das Fass einwirkende Kräfte geschützt (Klagepatentschrift, S. 2, Zeilen 26-30); außerdem ist am Rand des Stutzengehäusebodens eine Verformungszone vorgesehen, die von außen eine eingeformte Falte und von innen eine Schwelle bildet (vgl. Anlage K 3, Bilder 14-16), die auch dazu beiträgt, in der letzten Phase der Entleerung das restliche Füllgut noch im Bereich des Spundlochstutzengehäuses besser zu sammeln und unter Verschwenken des Fasses in alle Schrägstellungen durch den Spundlochstutzen zu entleeren (Klagepatentschrift, S. 2, Zeilen 31-39).
Die Aufgabe (das technische Problem) der Erfindung besteht objektiv darin, eine zumindest annähernd vollständige Restentleerung ohne Verschwenken zu ermöglichen, wobei der Spundlochstutzen weiterhin in an sich bekannter Weise auch gegen seitliche Krafteinwirkungen geschützt sein soll (vgl. BGH, Anl. rop 1, S. 6 Abs. 1 a.E.).
Zur Lösung dieses Problems soll das in Anspruch 1 vorgeschlagene Spundfass aus thermoplastischem Kunststoff folgende Merkmale aufweisen und kombinieren:
1. einen im Nahbereich des Oberbodens (12) an der Fasswandung (22) angeordneten umlaufenden Trage- und Transportring (30),
2. wenigstens einen im Randbereich des Oberbodens angeordneten Spundlochstutzen (16), der
3. in einem Spundlochstutzengehäuse (18) derart eingesenkt ist, dass die Stirnfläche des Spundlochstutzens bündig mit oder geringfügig unterhalb der Außenfläche des Oberbodens abschließt;
4. der Oberboden weist zusätzlich zum bzw. neben dem Spundlochstutzengehäuse ein im wesentlichen kreisabschnittsförmiges Flächenteil bzw. eine Abschrägung (10) auf,
5. die Abschrägung ist symmetrisch beidseitig zum Spundlochstutzen ausgebildet,
6. die Abschrägung ist – in Normalposition des Fasses betrachtet – flach schräg nach innen in den Fasskörper abgeschrägt verlaufend eingezogen,
7. die Abschrägung weist ihre tiefste Stelle auf der Seite des Fassmantels (22) im Nahbereich des Spundlochstutzens auf,
8.1 die Abschrägung mündet auf der Seite des Fassmantels im Nahbereich des
Spundlochstutzens in der tiefer gelegenen Ebene des
Spundlochstutzengehäusebodens ein oder
8.2 die Abschrägung mündet auf der Seite des Fassmantels im Nahbereich des
Spundlochstutzens in den Spundlochstutzen ein.
Die in diesen Merkmalen umschriebene Lösung enthält im wesentlichen den Vorschlag, bei einem an sich bekannten Fass mit versenktem Spundlochstutzengehäuse einen Teil des Fass-Oberbodens beiderseits des Stutzengehäuses in bestimmter Weise abgeschrägt in Richtung auf die Außenwand und den Innenraum des Fasses verlaufen zu lassen. Diese Maßnahme verkleinert zwar einerseits den Fassinnenraum und die waagerechte Fläche des Fass-Oberbodens, ermöglicht aber andererseits, dass bei einem zur Restentleerung in Schräglage auf den Kopf gestellten Fass der tiefste Teil des Innenraums nicht mehr unterhalb der Ausflussöffnung des Spundlochstutzens liegt, so dass der Fassinhalt in statischer Schrägposition des Fasses ohne Hin- und Herschwenken weitgehend vollständig zum Spundloch hin abfließen kann (BGH, Anl. rop 1, S. 6 Absatz 2). Eine vollständige Restentleerung kann mit der in den Figuren 3 bis 5 gezeigten Ausführungsform erreicht werden.
Das Bundespatentgericht legt das Merkmal 4 im Nichtigkeitsurteil vom 8. November 2005 mit folgendem Inhalt aus:
Der Oberboden weist zusätzlich zum und räumlich neben dem Spundlochstutzengehäuse ein im wesentlichen kreisabschnittsförmiges Flächenteil in Form einer Abschrägung auf (vgl. Anlage K 4, S. 7 bis 9).
Auch bei diesem Verständnis entnimmt der Durchschnittsfachmann – ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Herstellung und Verwendung von Kunststoff-Fässern (vgl. BGH, Anl. rop 1, S. 10 Abs. 1 a.E.; BPatG, a.a.O., S. 10 Abs. 1; Nichtigkeitsgutachten [Anlage K 3] S. 6 letzter Absatz) – der in der vorstehenden Merkmalsgliederung beschriebenen technischen Lehre nicht die Anweisung, die Abschrägung entsprechend den Figurendarstellungen in der Klagepatentschrift insgesamt möglichst nah an den Spundlochstutzen heranzuführen. Anspruch 1 gibt ihm nur vor, die Abschrägung räumlich neben dem Spundlochstutzengehäuse und symmetrisch beidseitig zum Spundlochstutzen anzuordnen, wobei auch über die Ausdehnung des Spundlochstutzengehäuses keine näheren Angaben gemacht werden. Das Gehäuse muss lediglich so beschaffen sein, dass es für den Spundlochstutzen einen gewissen Schutz gegen vertikale und horizontale Krafteinwirkungen bietet, wobei dieser Schutz nach der patentierten technischen Lehre nicht vollkommen sein muss. Das ergibt sich für den angesprochenen Durchschnittsfachmann schon daraus, dass das Gehäuse in den tiefer gelegenen Bereichen der Abschrägungen, insbesondere dort, wo diese in den Gehäuseboden einmünden und der Stutzen das Gehäuse überragt, ohnehin nur einen begrenzten Schutz bieten kann.
Die Vorgabe, die Abschrägung müsse ein kreisabschnittsförmiges Flächenteil bilden, besagt nur, dass die Abschrägung von einem oder mehreren Teilausschnitten der insgesamt kreisförmigen Fassdeckelfläche gebildet wird. Anspruch 1 enthält jedoch nichts Näheres darüber, wie groß der entsprechende Flächenanteil im Verhältnis zur Ausdehnung des Spundlochstutzengehäuses sein soll. Ebenso wenig enthalten die Merkmale 6 bis 8 hierzu nähere Anweisungen; aus ihnen ergibt sich lediglich, dass die Abschrägungen vom Bereich des Spundlochstutzens zum Inneren des Fasskörpers hin ansteigend verlaufen und mit ihrer tiefsten Stelle entweder in die tiefer liegende Ebene des Spundlochstutzengehäusebodens oder in den Spundlochstutzen selbst einmünden sollen. Die Angabe „im Nahbereich des Spundlochstutzens“ in Merkmal 8.1 zeigt, dass bei dieser Alternative – anders als in Merkmal 8.2 – auch an der Einmündungsstelle ein gewisser seitlicher Abstand vom Spundlochstutzen vorhanden sein kann. Entscheidend ist, dass die Schrägflächen ein Abfließen der im Fass enthaltenen Restflüssigkeit ermöglichen. Die Klagepatentbeschreibung besagt im Zusammenhang mit dem Ausführungsbeispiel in Figur 9 auch, dass die beiden Flächenhälften der Abschrägung auch nach außen gewölbt ausgebildet sein können; das umfasst nicht nur die in Figur 9 gezeigte Wölbung entlang der Knickkante, sondern lässt auch eine Wölbung der gesamten Fläche zu. Vor diesem Hintergrund ist dem Durchschnittsfachmann klar, dass das kreisabschnittsförmige Flächenteil, das nach dem nunmehrigen Verständnis des Bundespatentgerichts zugleich die Abschrägung bilden soll, durch das Stutzengehäuse unterbrochen werden kann, und den Vorgaben des Klagepatentanspruches 1 auch dann entsprochen wird, wenn die vom Gehäuse nicht erfassten Schrägflächen nur noch verhältnismäßig schmale Konfigurationen beschreiben, die nach ihrem Aussehen auch als Stege bezeichnet werden könnten. Darauf hatte der Senat die Parteien bereits in der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2004 im Vorverfahren hingewiesen.
bb)
Auch wenn man die jetzige Auslegung des Bundespatentgerichts zugrunde legt, hätte der Senat die Berufung der damaligen Beklagten und jetzigen Klägerinnen als unbegründet zurückweisen müssen und hätte auch so entschieden, wäre die Berufung nicht zurückgenommen worden. Das angegriffene Fass weist neben dem Spundlochstutzengehäuse beidseitig kreisabschnittsförmige Flächenteile auf. Kreisabschnittsförmig sind sie deshalb, weil sie die vom Oberboden vorgegebene Form seines Kreisumfangs aufnehmen und entlang dem Außenumfang bzw. benachbart zum Trage- und Transportring nach vorn zum Stutzen hin fortsetzen. Obwohl sie sehr schmal ausgebildet sind und nur einen Bruchteil der in den Ausführungsbeispielen dargestellten Flächenausdehnung erreichen, handelt es sich auch um Flächenteile, die gleichwohl noch eine deutliche Ausdehnung in der Ebene des Fassoberbodens aufweisen, so dass sie auf der Fassinnenseite Rinnen bilden, in denen sich die zu entleerende Restflüssigkeit sammeln und zum Spundloch hin abfließen kann. Ob dabei der gleiche Fließweg entsteht wie beim Ausführungsbeispiel des Klagepatentes, ist unerheblich. Die Abschrägung verläuft entsprechend den Merkmalen 6 und 7 von der Seite des Fassmantels im Nahbereich des Spundlochstutzens zum übrigen Oberboden hin flach schräg nach innen ansteigend und sie mündet entsprechend Merkmal 8.1 auf der Seite des Fassmantels im Nahbereich des Stutzens in die tiefer liegende Ebene des Spundlochstutzengehäusebodens ein.
d)
Die Restitutionsklägerinnen können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Restitutionsbeklagte habe im Nichtigkeitsverfahren zu erkennen gegeben, aus dem Klagepatent keinen Schutz mehr für die angegriffene Ausführungsform zu beanspruchen. Da die Auslegung des Anspruches 1 durch das Bundespatentgericht im zweiten Nichtigkeitsverfahren an der Übereinstimmung des angegriffenen Fasses mit der unter Schutz gestellten technischen Lehre nichts ändert, konnte einem Einverständnis der Patentinhaberin mit dieser Auslegung auch keine Erklärung dieses Inhalts entnommen werden. Die von den Restitutionsklägerinnen herangezogene Entscheidung „Weichvorrichtung“ des Bundesgerichtshofes“ (Mitteilungen 1997, 364 = NJW 1997, 3377) ist daher nicht einschlägig. Erst recht hat die Patentinhaberin im Nichtigkeitsverfahren nicht erklärt, sie werde das beanstandete Fass unabhängig davon nicht mehr aus dem Klagepatent angreifen, ob es auf der Grundlage der Auslegung des Merkmals 4 durch das Bundespatentgericht noch in den Schutzbereich des Klagepatentanspruches 1 fällt oder nicht.
aa)
Erklärungen des Schutzrechtsinhabers im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren können unter bestimmten Umständen zugunsten eines an diesem Verfahren beteiligten Dritten einen Einwand aus Treu und Glauben gegen die Inanspruchnahme wegen einer Patentverletzung begründen. Lässt sich der Anmelder oder Inhaber angesichts eines sich bereits anbahnenden Verletzungsrechtsstreits auf die Erörterung einer entgegengehaltenen konkreten Ausführungsform des Einsprechenden oder Nichtigkeitsklägers ein und gibt er dann ernsthaft und in einer Vertrauen begründenden Weise die Erklärung ab, diese Ausführungsform werde von dem begehrten Schutz nicht erfasst, um seine Chancen zu erhöhen, das Patent erfolgreich verteidigen zu können, so muss er sich an dieser Erklärung festhalten lassen. Hierbei geht es nicht um den durch Auslegung des Patentanspruchs gemäß § 14 PatG zu bestimmenden objektiven Schutzbereich des Patents gegenüber jedermann, sondern ausschließlich um das Verhältnis der am Einspruchsverfahren und im Verletzungsrechtsstreit beteiligten Parteien zueinander (BGH, NJW 1997, 3377, 3380 = Mitteilungen 1997, 364, 366 f. – Weichvorrichtung II; Urteil vom 7. Juni 2006, X ZR 105/04, Umdruck Tz. 25 und 27 – Luftabscheider für Milchsammelanlage). In solche Fällen ist der Schutzrechtsinhaber schuldrechtlich gehindert, die Ausführungsform entgegen seiner Erklärung im Nichtigkeits- oder Einspruchsverfahren weiterhin anzugreifen. Derartige Erklärungen hat die Restitutionsbeklagte im zweiten Nichtigkeitsverfahren jedoch nicht abgegeben. Dass beide Parteien in der dortigen mündlichen Verhandlung der Auslegung des Merkmals 4 des Klagepatentanspruches 1 durch das Bundespatentgericht zugestimmt haben, umfasst nicht die Erklärung der Restitutionsbeklagten, für die angegriffene Ausführungsform keinen Schutz mehr beanspruchen zu wollen. Dass die angegriffene Ausführungsform Gegenstand der Erörterungen im Nichtigkeitsverfahren war, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
bb)
Die Restitutionsklägerinnen können sich ebenso wenig mit Erfolg darauf berufen, die Zustimmung der Restitutionsbeklagten habe die prozessuale Wirkung eines Geständnisses, an das diese gemäß § 290 ZPO gebunden sei. Zugestanden werden können nur Tatsachenbehauptungen, während die Auslegung eines Patentes Rechtsfrage ist und die Übereinstimmung in Rechtsauffassungen an der Geständniswirkung nicht teilnimmt.
e)
Die von den Restitutionsklägerinnen hilfsweise angeregte Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs im zweiten Nichtigkeitsverfahren kommt nicht in Betracht. Restitutionsrechtsstreitigkeiten können nicht ausgesetzt werden, um Wiederaufnahmeklagen erst zulässig oder begründet zu machen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O., § 585 Rdnr. 8). Wie sich aus den bisherigen Ausführungen ergibt, kann die Rechtskraft von Gerichtsentscheidungen nur durchbrochen werden, wenn die Grundlage für die rechtskräftigen Entscheidungen im Patentverletzungsprozess durch eine rechtskräftige Nichtigkeit des Schutzrechtes aussprechendes Urteil endgültig entfallen ist. Allein das Bestreben der Restitutionskläger, dass dies so sein möge, reicht dazu nicht aus. Ließe man unbegrenzt die Erhebung der Restitutionsklage zu und setzte – automatisch – den Prozess bis zur abschließenden Durchführung des Nichtigkeitsverfahrens aus, löste man ebenfalls den Ausnahmecharakter der Restitutionsklage auf und setzte sich in Widerspruch zu der vom Gesetzgeber in § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO getroffenen Abwägung zwischen dem Interesse an einem materiell-rechtlich zutreffenden Urteil einerseits und dem Eintritt des Rechtsfriedens sowie Bestandskraft rechtskräftiger Entscheidungen andererseits. Die in § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO festgelegte Grenze von 5 Jahren ist hinzunehmen und kann nicht durch ein Aussetzen des Verfahrens umgangen werden.
Damit wird den Restitutionsklägerinnen nicht die Möglichkeit genommen, ihre im Vorverfahren erfolgte Verurteilung wegen Verletzung des Klagepatentes nach einem für sie endgültig erfolgreichen Ausgang des Nichtigkeitsverfahrens anzugreifen. Sollte der Bundesgerichtshof den deutschen Teil des Klagepatentes vernichten, bleibt ihnen eine erneute Restitutionsklage unbenommen.
2.
Auch die hilfsweise erhobene Vollstreckungsgegenklage hat keinen Erfolg.
Geht man davon aus, dass zur Zulässigkeit einer Vollstreckungsgegenklage wegen den allgemeinen Prozessvoraussetzungen auch gehört, dass Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen und die im Vorprozess nicht mehr geltend gemacht werden können, schlüssig behauptet werden (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 767 Rdnr. 39 a.E.; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 767 Rdnr. 11; Geissler, NJW 1985, 1867), erweist sich die Vollstreckungsgegenklage bereits als unzulässig. Wie bereits ausgeführt wurde, wiederholen die Klägerinnen im vorliegenden Verfahren lediglich ihren bereits im Vorprozess in beiden Instanzen geltend gemachten Einwand, das Klagepatent verlange in Merkmal 4, dass die Schrägfläche einen Flächenteil bilden müsse, das durchgehend jedenfalls bis an den Nahbereich des Spundlochstutzens herangeführt werde und erfasse nicht die angegriffene Ausführungsform, die weder ein Spundlochstutzengehäuse noch kreisabschnittsförmige Flächen in Form von Abschrägungen aufweise, sondern stattdessen gebogene stegartige Arme. Was die Klägerinnen als Einwendungsgrund anführen, ist lediglich der Umstand, dass sie sich durch die Auffassung des Bundespatentgerichtes zum Verständnis des Merkmals 4 nunmehr in ihrer schon im vorausgegangenen Verletzungsverfahren vertretenen Rechtsansicht bestätigt sehen. Aus den bereits dargelegten Gründen hat die Auffassung des Bundespatentgerichts indessen keine Bedeutung für die Frage, ob der Vorprozess richtig entschieden worden ist oder nicht.
Lässt man zur Zulässigkeit einer Vollstreckungsgegenklage das Vorliegen der allgemeinen Prozessvoraussetzungen genügen und zählt die schlüssige Behauptung der in § 767 genannten Einwendungen zur Begründetheit der Klage (so Zöller/Herget, a.a.O., Rdnr. 8; entgegen Rdnr. 11), ist die Vollstreckungsklage aus den vorgenannten Gründen jedenfalls unbegründet.
III.
Da die Berufung der Restitutionsklägerinnen erfolglos geblieben ist, haben sie nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten ihres unbegründeten Rechtsmittels zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
Zur Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, denn als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.