2 U 34/06 – Stangenbearbeitungszentrum

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 806

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 16. August 2007, Az. 2 U 34/06

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der
4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom
14. März 2006 teilweise abgeändert. Die Klage wird
insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin
auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann
die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleis-
tung in Höhe von 35.000,00 € abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf € 500.000,00
festgesetzt.

G r ü n d e :
I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 196 35 xxx (Anlage K 2; nachfolgend: Klagepatent), das am 30. August 1996 angemeldet und dessen Erteilung am 12. Februar 1998 veröffentlicht worden ist. Das Klagepatent steht in Kraft.

Der Patentanspruch 1 des Klagepatents hat folgenden Wortlaut:

„Bohr – und Fräswerk zum Verarbeiten von Werkstoffstangen (W) zu einzelnen Werkstücken (W1), mit
– einem Maschinenbett (1), das eine Längsrichtung (X) und eine Querrichtung (Y) definiert,
– einem Fahrständer (12) , der auf dem Maschinenbett (10) längs und quer gesteuert verstellbar ist,
– zumindest einer Werkzeugspindel (18) , die am Fahrständer (12) entlang einer zur Längsrichtung (X) und zur Querrichtung (Y) normalen Spindelachse (Z) gesteuert dreheinstellbar ist und eine Spanneinrichtung (22) enthält, durch die eine Werkstoffstange (W) hindurchschiebbar ist, und in der die Werkstoffstange (W) festspannbar ist, wobei ein vorderer Abschnitt der Werkstoffstange (W) als zu bearbeitendes Werkstück (W 1) im Arbeitsbereich der Werkzeugspindel (18) angeordnet ist, und
– einer Zuführeinrichtung (40) zum Hindurchschieben der Werkstoffstange (W) durch die Spanneinrichtung (22),
dadurch gekennzeichnet, dass der Werkstückträger (20) um eine zur Spannachse (C) sowie zur Spindelachse (Z) normale Schwenkachse (D) gesteuert in einem Bereich schwenkbar ist, der sich mindestens von einer zur Spindelachse (C) bis zu einer zur Spindelachse (Z) parallelen Lage der Spannachse (C) erstreckt.“

Eine von der Beklagten unter dem Datum vom 5. Dezember 2005 erhobene Nichtigkeitsklage betreffend das Klagepatent (vgl. Anlage B 8), die vor allem auf die EP- 0 368 xxx (Anlage K 18), die AT 390 xxx (Anlage A 4 zur Anlage B 8), die DE 38 24 xxx (Anlage A 5 zur Anlage B 8) und die EP – 0 375 xxx (Anlage A 7 zur Anlage B 8 ) gestützt war, ist durch Urteil des Bundespatentgerichts vom 8. Mai 2007 abgewie-
sen worden (vgl. Anlage ROHK 4). Die Urteilsgründe liegen dem Senat nicht vor.

Die Beklagte stellt her und vertreibt Stangenbearbeitungszentren, deren Ausgestaltung sich aus den nachfolgend wiedergegebenen Prinzipzeichnung ergibt.

Die dargestellte angegriffene Ausführungsform kann u.a. so gesteuert werden, dass das vordere Ende der Werkstoffstange auf einen Anschlag aufgesetzt wird, bevor die Spanneinrichtung geöffnet wird. Anschließend wird der Werkstückträger nach oben bewegt, wobei die Werkstoffstange auf Grund der Schwerkraft auf dem Anschlag stehen bleibt und nicht durch Reibung in der Spanneinrichtung mitgenommen wird. Die Spanneinrichtung gleitet auf der Werkstoffstange nach oben. Sobald die Werkstoffstange mit ihrem vorderen Ende mit einer Länge aus der Spanneinrichtung herausragt, die dem als nächstes zu bearbeitenden Werkstück entspricht, wird die Spanneinrichtung wieder geschlossen (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 5. Juni 2007 Seite 4 – Bl. 258 GA).

Die Klägerin, die die Beklagte wegen Verletzung des Klagepatents durch Herstellung und Vertrieb der zuvor dargestellten und beschriebenen Vorrichtung (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) auf Unterlassung und Rechnungslegung in Anspruch nimmt und überdies die Verpflichtung der Beklagten wegen dieser patentverletzenden Handlungen zum Schadensersatz festgestellt haben will, hat geltend gemacht, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche mit Ausnahme der Merkmale 1.2 und 1. 4 der Merkmalsanalyse nach Anlage K 19 sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß. Die Merkmale 1.3 und 1.4 seien zwar nicht wortsinngemäß verwirklicht, jedoch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln.

Die Beklagte, die den Verletzungsvorwurf bestreitet, hat erstinstanzlich geltend gemacht, dass die angegriffene Ausführungsform über die Merkmale 1.3 und 1.4 der Merkmalsanalyse nach Anlage K 19 hinaus auch die Merkmale 1.2, 1.8, 1.9 und 1.10 dieser Merkmalsanalyse nicht dem Wortsinne nach verwirkliche. Die insoweit bei der angegriffenen Ausführungsform abweichend vom Wortsinn eingesetzten Mitteln seien den wortsinngemäßen Mitteln nicht patentrechtlich äquivalent. Hilfsweise hat sie sich auf den sog. Formsteineinwand berufen und geltend gemacht, dass die angegriffene Ausführungsform sich nahliegend aus dem Stand der Technik gemäß der EP 0 375 783 B 1 , der US-PS 4 484 387 und der AT-PS 390 023 B ergebe. Schließlich hat sie gegenüber dem von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch die Einrede der Verjährung erhoben.

Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen entsprochen und in der Sache wie folgt erkannt:

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

Bohr- und Fräswerke zum Verarbeiten von Werkstoffstangen zu einzelnen Werkstücken, mit einem Maschinenbett, das eine Längsrichtung und eine Querrichtung definiert, einem Spindelträger, der auf dem Maschinenbett längs und quer gesteuert verstellbar ist, zumindest einer eine Spindelachse aufweisenden Werkzeugspindel, die am Spindelträger gelagert ist, und relativ zu der ein Werkstückträger entlang einer zur Längsachse und zur Querachse normalen Hochachse gesteuert verstellbar ist, einem Werkstückträger, der eine Spannachse definiert, um die er gesteuert dreheinstellbar ist, wobei der Werkstückträger eine Spanneinrichtung enthält, durch die eine Werkstoffstange durchschiebbar ist, und in der die Werkzeugstange festspannbar ist, wobei ein vorderer Abschnitt der Werkstoffstange als zu bearbeitendes Werkstück im Arbeitsbereich der Werkzeugspindel angeordnet ist, und mit einer Zuführeinrichtung zum Hindurchbewegen der Werkstoffstange durch die Spanneinrichtung ,

gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen oder feilzuhalten,

bei denen der Werkstückträger um eine zur Spannachse sowie zur Spindelachse normale Schwenkachse gesteuert in einem Bereich verschwenkbar ist, und der Bereich sich mindestens von einer zur Spindelachse normalen Lage bis zu einer zur Spindelachse parallelen Lage der Spannachse erstreckt,

2.
der Klägerin Rechnung zu legen über den Umfang der in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen, die von ihr seit dem 12.März 1998 begangen worden sind, und zwar unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten, Lie-
ferpreisen und Typenbezeichnungen, sowie den Namen und Anschriften der Abneh-
mer und den mit diesen Lieferungen jeweils erzielten Umsätzen,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten,
Angebotspreisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der
Angebotsempfänger, und
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und
des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte die Kosten seiner Einschaltung trägt und ihn zugleich ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist,
und die Angaben zu d) nur für Handlungen zu machen sind, welche die Beklagte seit dem 1. Januar 2002 begangen hat.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I.1. bezeichne-
ten Handlungen, die in der Zeit seit dem 1. Januar 2002 begangen worden sind, ent-
standen ist;

2. an die Klägerin dasjenige herauszugeben, was sie (die Beklagte) durch die zu I.1.
bezeichneten, in der Zeit vom 12. März 1998 bis zum 31. Dezember 2001 begange-
nen Handlungen auf Kosten der Klägerin erlangt hat.

III.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Das Landgericht hat zur Begründung der Verurteilung der Beklagten im Wesentlichen ausgeführt, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Patentanspruches 1 des Klagepatents Gebrauch mache, wenn auch nicht im Hinblick auf sämtliche Merkmale dem Wortsinne nach. Die Merkmale 1 b, 3, 4 und 6 seiner Merkmalsgliederung (vgl. Seite 13 des Urteils) seien zwar dem Wortsinne nach nicht verwirklicht. Die insoweit bei der Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ge-wählten abweichenden Mittel seien den wortsinngemäßen Mitteln jedoch patentrechtlich äquivalent. Der Einbeziehung der angegriffenen Ausführungsform in den Äquivalenzbereich des Klagepatents stehe auch nicht der von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Formsteineinwandes entgegengehaltene Stand der Technik entgegen. Zu

einer Aussetzung des Rechtsstreits habe schon deshalb kein Anlass bestanden, weil die Beklagte nicht vorgetragen habe, überhaupt Nichtigkeitsklage erhoben zu haben. Sie habe die Erhebung einer solchen Klage lediglich für den Fall des Scheiterns von Vergleichsverhandlungen angekündigt gehabt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Die Parteien wiederholen in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.

Die Beklagte macht geltend, das Landgericht habe dem Anspruch 1 des Klagepatents einen Schutzumfang zuerkannt, der ihm erkennbar nicht gebühre. Das Klagepatent betreffe ein sog. Fahrständervorrichtung entsprechend den Merkmalen 1 b, 2, 3 und 4 der landgerichtlichen Merkmalsanalyse, wie sie auch in dem dem Klagepatent zugrunde liegenden Stand der Technik gemäß Anlage K 18 beschrieben sei, und zwar speziell eine vertikale Fahrständermaschine. Dies habe das Landgericht zwar gesehen, jedoch die Bedeutung und die Vorteile einer solchen Ausgestaltung nicht vollständig erfasst. Der Begriff vertikale Fahrständermaschine sei im Werkzeugmaschinenbau ein feststehender Begriff, der keine Umdeutung zulasse. Das wichtigste Kennzeichen einer solchen Fahrständermaschine nach Maßgabe der Merkmale 2, 3 und 4 sei, dass die werkzeugtragende Baugruppe (der Fahrständer mit Werkzeugspindel) immer alle drei Linearbewegungen ausführe, die für ein Bearbeitung eines Werkstückes im Raum erforderlich seien. Mithin erfolgten bei einer solchen Maschine sämtliche Verfahrbewegungen in der Längs- (X), in der Quer – (Y) sowie in senkrechter Richtung (Z) nur im Werkzeug. Dadurch werde erreicht, dass eine vielseitige/komplexe Fräs- und Bohrbearbeitung mit drei Linearbewegungen durchgeführt werde, wobei diese Linearbewegungen lediglich im Zusammenhang mit dem Werkzeug vollzogen würden. Das Werkstück bleibe dagegen vollständig in Ruhe, insbesondere auch bei der Fräsbearbeitung. Vor allem seien nicht verschiedene Auf- und Umspannungen des Werkstücks auszuführen. Das Werkstück könne in einer einmaligen /erstmaligen Aufspannung in Ruhe verbleiben. Dabei liege ein besonderer Vorteil einer solchen Gestaltung auch darin, dass die genaue Bearbeitung des Werkstückes unabhängig vom Werkstückgewicht erfolgen könne. Die Fahrständerbauweise habe des Weiteren den großen Vorteil , dass immer nur die fast gleichen Massen, nämlich diejenigen des Werkzeugträgers , bewegt und somit immer

nur gleichbleibende Massenkräfte bewältigt werden müssten. Die Massenunterschiede bei verschiedenen Werkzeugen seien nämlich sehr gering. Es ergebe sich somit eine sehe hohe und vor allem reproduzierbare Bearbeitungsgenauigkeit. Die angeführten Vorteile und Gegebenheiten einer vertikalen Fahrständermaschine seien dem durch die Klagepatentschrift angesprochenen Fachmann aufgrund seines Fachwissens bekannt, wie dies beispielhaft die Veröffentlichungen gemäß Anlagen B 13 und B 14 belegten. Die Muttergesellschaft der Klägerin werbe auch mit diesen Vorteilen (vgl. Anlage B 15). – Das Landgericht habe jedoch nicht nur die Bedeutung einer Fahrständerbauweise entsprechend den Merkmalen 1 b, 2, 3 und 4 verkannt, sondern auch die Bedeutung des Merkmals 6 der von ihm zugrundegelegten Merkmalsanalyse. Dieses Merkmal sei (nur) für eine vertikale Fahrständeranordnung notwendig, um eine Bearbeitung von Werkstoffstangen (W) zu einzelnen Werkstücken (W1) zu ermöglichen. Es sei nämlich der Ausgestaltung des Bohr- und Fräswerkzeugs im Sinne einer vertikalen Fahrständeranordnung geschuldet, dass man entsprechend Merkmal 6 eine Zuführeinrichtung (40) benötige, die zum Hindurchschieben der Werkstoffstange (W) durch die Spanneinrichtung (22) diene. Es sei das Typische einer vertikalen Fahrständeranordnung , dass sich das Werkzeug oberhalb des Werkstücks und zu diesem in „normaler“, d. h. senkrecht stehender Lage befinde während die Ausrichtung des Werkstückes im Wesentlichen waagerecht sei. Nur bei einer Fahrständeranordnung nach Maßgabe der Merkmale 2, 3 und 4, bei welcher das Werkstück im Wesentlichen waagerecht und unterhalb des Werkzeugträgers angeordnet sei, sei das Werkstück, hier die Werkstückstange mittels einer (besonderen) Zuführeinrichtung durch die Spanneinrichtung hindurchzuschieben.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, verfüge die angegriffene Ausführungsform über keinen Fahrständer, der auf dem Maschinenbett längs- und querge-steuert verstellbar und an welchem eine Werkzeugspindel entlang einer zur Längs- (X) und Querrichtung (Y) normalen (= senkrecht stehenden) Spindelachse (Z) gesteuert verstellbar sei. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei die Werkzeugspindel nicht an einem Fahrständer gesteuert verstellbar, sondern befinde sich an einem flachen nur horizontal verfahrbaren Verfahrschlitten und könne dort nicht vertikal verstellt werden. Diese Ausgestaltung und Anordnung der Werkzeugspindel in Verbindung mit einer

Ausgestaltung und Anordnung des Werkstückträgers dahin, dass er in Richtung der zu den beiden Bewegungsrichtungen des Schlittens und des darauf angebrachten Werkzeug-Spindelträgers normalen Achse verschiebbar ist, sei der wortsinngemäßen Gestaltung weder gleichwirkend, noch dem Fachmann als gleichwirkend und gleichwertig nahegelegt. Aus der Sicht des durch die Klagepatentschrift angesprochenen Fachmanns beschränke sich der Patentanspruch 1 auf eine Verbesserung der „vertikalen Fahrständeranordnung“ und habe nicht das allgemeine Prinzip der Vermeidung einer Übergabe von bearbeiteten Werkstücken von Werkstückstangen lösen oder unter Schutz stellen wollen. Aus der Sicht des Fachmannes werde auch nur dadurch die in der Klagepatentschrift angesprochene hohe Bearbeitungsgenauigkeit gewährleistet. Die gegenteilige Sichtweise des Landgerichts reduziere die Erfindung nach Anspruch 1 auf den allgemeinen Erfindungsgedanken einer Schwenkbarkeit der Werkstoffstange zur Vermeidung eines Umspannens. Einen solchen allgemeinen Erfindungsgedanken schütze Anspruch 1 jedoch gerade nicht, sondern eine Fahrständeranordnung entsprechend den Merkmalen 3 und 4. Im Übrigen könne auch entgegen der Argumentation des Landgerichts keine Rede von einer technischen Gleichwirkung und Gleichwertigkeit sein. Die oben im Einzelnen dargelegten Vorteile einer Ausgestaltung, bei der alle drei Linearachsen am Werkzeugträger verwirklicht sind, weise die angegriffene Ausführungsform, bei der sich die vertikale Achse am Werkstückträger befinde, gerade nicht auf. Der Fachmann, der sich an der im Patentanspruch umschriebenen und in der Beschreibung näher erläuterten Erfindung orientiere, werde davon abgehalten, über die im Patentanspruch angegebene Maschinenbauform in einer Weise hinauszugehen, dass er die vertikale Achse vom Werkzeugträger zum Werkstückträger verlagere. Schließlich habe das Landgericht völlig verkannt, dass das Merkmal 6 eine notwendige Folge des Vorliegens einer Fahrständeranordnung nach Maßgabe der Merkmale 1 b, 3 und 4 sei. Es habe zwar richtig erkannt, dass nach der technischen Lehre des Klagepatents die Spanneinrichtung horizontal ausgerichtet sei und dass es bei der horizontalen Ausrichtung erforderlich sei, die Werkstoffstange aktiv durch die Spanneinrichtung hindurch zu schieben, um die damit verbundene Wirkung, nach dem Abtrennen des bearbeiteten Werkstückes die Bearbeitung eines weiteren Abschnitts der Werkstoffstange zu ermöglichen, zu erreichen, und es habe auch zutreffend erkannt, dass bei der angegriffenen Ausführungsform nur die Schwerkraft wirke und diese entgegen dem Wortsinne des Merkmals 6 der technischen Lehre des Klagepatents nicht zum Hindurchschie-

ben der Werkstoffstange durch eine Spanneinrichtung diene, doch habe es gleichwohl Äquivalenz angenommen, obwohl eine „Zuführeinrichtung“ im Sinne der Lehre des Klagepatents bei der angegriffenen Ausführungsform ersatzlos fehle und auch ersatzlos fehlen könne, da sie eben keine Fahrständeranordnung mit den Merkmalen 1 b, 2, 3 und 4 aufweise.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts vom 14. März 2006 – 4b O 115/05
– aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erledigung
der gegen das Klagepatent anhängigen Nichtigkeitsklage aus
zusetzen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom
14. März 2006 – Az. 4b O 119/05 – zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend und widerspricht einer Aussetzung des Rechtsstreit unter Verweis darauf, dass die Nichtigkeitsklage der Beklagten durch Urteil des Bundespatentgerichts vom 7. Mai 2007 abgewiesen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften des Landgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das mit der Klage angegriffene Bohr- und Fräswerk macht, wie bereits das Landgericht zutreffend erkannt hat, von dem Wortsinn des Patentanspruches 1 des Klagepatents keinen Gebrauch.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts weist die angegriffene Ausführungsform aber auch keine Mittel auf, die sämtlichen nicht wortsinngemäß verwirklichten Mitteln patentrechtlich äquivalent sind: Vielmehr sind die Merkmale des Patentanspruches 1, nach denen das erfindungsgemäße Bohr- und Fräswerk einen Fahrständer mit zumindest einer Werkzeugspindel, die an ihm (dem Fahrständer) entlang einer zur Längs-richtung und zur Querrichtung normalen Spindelachse gesteuert verstellbar ist, aufweist und der auf einem Maschinenbett längs und quer gesteuert verstellbar ist, bei der angegriffenen Ausführungsform auch nicht mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklicht.

1.
Die Lehre des Klagepatents betrifft ein Bohr- und Fräswerk nach dem Oberbegriff von Anspruch 1 (Sp. 1, Z. 3 ,4), also merkmalsmäßig gegliedert einen Gegenstand, der sich durch die nachfolgenden Merkmale auszeichnet:

1. Bohr- und Fräswerk zum Verarbeiten von Werkstoffstoffstangen (W) zu
einzelnen Werkstücken (W 1) , mit
2. einem Maschinenbett (10) , das eine Längsrichtung (X) und eine Querrichtung
(Y) definiert,
3. einem Fahrständer (12), der auf dem Maschinenbett (10) längs und quer gesteuert
verstellbar ist,
4. zumindest einer Werkzeugspindel (18), die am Fahrständer (12) entlang einer zur
Längsrichtung (X) und zur Querrichtung (Y) normalen Spindelachse (Z) gesteuert
verstellbar ist,
5. einem Werkstückträger (20), der eine Spannachse (C) definiert, um die er gesteu-
ert dreheinstellbar ist,
6. wobei der Werkstückträger (20) eine Spanneinrichtung (22) enthält, durch die
eine Werkstoffstange (W) durchschiebbar ist, und in der die Werkstoffstange (W)
festspannbar ist,
7. wobei ein vorderer Abschnitt der Werkstoffstange (W) als zu bearbeitendes
Werkstück (W1) im Arbeitsbereich der Werkzeugspindel (18) angeordnet ist, und
mit

8. einer Zuführeinrichtung (40) zum Hindurchschieben der Werkstoffstange (W)
durch die Spanneinrichtung (22).

Die Klagepatentschrift bezeichnet einleitend ein Bohr- und Fräswerkzeug dieser Gattung als aus der EP 0 368 996 B 1 bekannt. Der durch die Klagepatentschrift angesprochene Fachmann, der in diese Schrift schaut, sieht, dass sie ein Bohr – und Fräswerk zum Gegenstand hat, mittels deren Werkstoffstangen 18 zu einzelnen Werkstücken 18´ verarbeitet werden. Das Bohr- und Fräswerkzeug hat ein Maschinenbett, das eine Längsrichtung und eine Querrichtung definiert und auf dem ein Fahrständer 20 , der auf dem Maschinenbett längs und quer gesteuert verstellbar ist, angeordnet ist. Eine Werkzeugspindel 25 ist mittels einer Vertikal-Bearbeitungseinrichtung 22 am Fahrständer 20 geführt, wobei die Werkzeugspindel am Fahrständer 20 entlang einer zur Längsrichtung und zur Querrichtung normalen Spindelachse (Z) gesteuert verstellbar ist. Die Vorrichtung besitzt überdies als Teil eines Rundtisches 28 einen Werkstückträger in Form eines Backenfutters 30, wobei der Werkzeugträger eine Spannachse definiert, um die er gesteuert dreheinstellbar ist. So heißt es auf Seite 3, Zeilen 45 ff wie folgt: „Zum Drehen der Werkstoffstange 18 in unterschiedliche Bearbeitungsstellungen , in denen der Endabschnitt 18´von je mindestens einem in der Werkzeugspindel 25 eingespannten Werkzeug bearbeitet wird, wird der Rundtisch 28 schrittweise um die Achse A gedreht. Der Endabschnitt 18´ kann also in jede beliebige Stellung in bezug auf das Werkzeug gedreht werden…“. Aus dem zuvor Ausgeführten ergibt sich im Wesentlichen bereits, dass der Werkstückträger eine Spanneinrichtung 30 enthält, durch die eine Werkstoffstange 18 durchschiebbar ist und in der die Werkstoffstange 18 festspannbar ist und dass ein vorderer Abschnitt der Werkstoffstange 18 als das zu bearbeitende Werkstück 18 ´im Arbeitsbereich der Werkzeugspindel 25 angeordnet ist. Die bekannte Vorrichtung weist am Fahrständer 20 zusätzlich eine unabhängig von der Werkzeugspindel arbeitende Abtrenneinheit 26 mit einer Kreissäge 26 ´ zum Abtrennen des bearbeiteten Werkstücks 18´ auf. Außerdem besitzt sie eine Greif- und Schwenkeinheit 44, die auf einem vom Fahrständer 20 unabhängigen Schlitten 40 verfahrbar ist. In der Fig. 1 ist eine Greif- und Schwenkeinheit 44 auf der Kreuzschlittenanordnung 40 montiert. Mittels Greifer 50 ist das Werkstück 18´ greifbar; nach Absägen des Werkstücks 18´ mittels der Kreissäge 26´ kann die Greif- und Schwenkeinheit 44 um eine Achse S

geschwenkt werden, welche die Längsachse A der Werkstoffstange 18 rechtwinklig schneidet. Nach einer Schwenkung um 90° wird die Kreuzschlittenanordnung 40 in Fig. 1 nach links bewegt; so kann die zuvor unbearbeitet gebliebene Trennfläche des Werkstückes 18 ` dem Werkzeug der Werkzeugspindel 25 gegenüberliegend positioniert und bearbeitet werden (Eine Variante der Kreuzschlittenanordnung mit einem Revolverkopf 58, der mehrere Werkszeugspindeln 56 trägt, ist in den Figuren 4 a und 4 b gezeigt).
– Wie nach der Bearbeitung und Abtrennung des Werkstücks 18´ die Werkstoffstange 18 mit ihrem zur Bearbeitung bestimmten vorderen Abschnitt in den Arbeitsbereich der Werkzeugspindel 25 gelangt, ist dieser Schrift nicht in Einzelheiten zu entnehmen. Die Figur 1 zeigt lediglich eine Abstützung 16 für die Werkstoffstange 18, und die Beschreibung besagt auf Seite 2 unten und im Anspruch 1 nur, dass der Werkstückträger 30 einen Durchlass aufweise, durch den eine Werkstoffstange 18 derart hindurchschiebbar sei, dass sie mit ihrem Endabschnitt 18´, welcher ein Werkstück bilde, in den Arbeitsbereich der Werkzeugspindel 25 hineinrage. Ob dieses Hindurchschieben mittels einer (besonderen) Zuführeinrichtung gleichsam automatisch oder von Hand aus erfolgt, lässt diese Schrift offen.

An dieser bekannten Vorrichtung, die, wie der europäischen Patentschrift 0 368 996 zu entnehmen ist, bereits erhebliche Vorteile gegenüber dem Stand der Technik, insbesondere auch im Hinblick auf die Bearbeitungsgenauigkeit bietet, kritisiert die Klagepatentschrift in Spalte 1, Zeilen 37 – 43 lediglich, dass sich nach der Übergabe des Werkstücks (18´) von der Spanneinrichtung am Werkstückträger (30) an das Spannfutter der Greif- und Schwenkeinheit (44) nicht eine ebenso hohe Bearbeitungsgenauigkeit wie vor der Übergabe erzielen lasse, da sich bei Werkstückübergaben Ungenauigkeiten einschleichen könnten. – An späterer Stelle der Klagepatentschrift wird überdies bemängelt, dass bei der bekannten Vorrichtung eine gesonderte Abtrenneinheit vorgesehen sei (vgl. Spalte 2, Zeilen 6 -12), ohne dass allerdings der Anspruch 1 sich über die Trennung des Werkstücks W 1 von der Werkstoffstange W verhält und/oder dass er das Vorhandensein einer gesonderten Abtrenneinheit ausschließen würde.

Die Aufgabe der Erfindung wird in Spalte 1, Zeilen 44 – 50 dahin formuliert, beim Verarbeiten von Werkstoffstangen auf einem Bohr- und Fräswerk eine besonders vielseitige

Bearbeitung des jeweils vordersten, noch mit der Werkstoffstange zusammenhängenden Werkstücks zu ermöglichen und insoweit die Bearbeitungsgenauigkeit zu steigern. Es soll also eine besonders vielseitige Bearbeitung des jeweils vordersten, noch mit der Werkstoffstange zusammenhängenden Werkstückes ermöglicht werden und insoweit die Bearbeitungsgenauigkeit gesteigert werden. Auch wenn der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 21. Dezember 2006 Seite 9 / Blatt 216 GA) zuzugestehen ist, dass es nicht darum geht, ganz allgemein die Bearbeitungsgenauigkeit zu steigern, so will die Erfindung nach Patentanspruch 1 doch, wie die Übernahme der Merkmale 1 bis 8 aus dem Stand der Technik zeigt, nicht hinter der Bearbeitungsgenauigkeit zurückbleiben, die gerade mit diesen Merkmalen des Standes der Technik verbunden ist.

Diese Aufgabe wird nach Spalte 1, Zeilen 51, 52 erfindungsgemäß mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst, also mit einer Kombination der oben genannten 8 Merkmale, zu denen auch die Merkmale 3, 4 und 8 zählen, mit den nachstehend genannten zwei weiteren Merkmalen 9 und 10:

9. Der Werkstückträger (20) ist um eine zur Spannachse (C) sowie zur Spin-
delachse (Z) normale Schwenkachse (D) gesteuert in einem Bereich
schwenkbar,

10. der sich mindestens von einer zur Spindelachse (Z) normalen Lage bis
einer zur Spindelachse (Z) parallelen Lage der Spannachse (C) er-
streckt.

Zur Verdeutlichung der Erfindung und insbesondere der in den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruches 1 gelehrten Schwenkbarkeit des Werkstückträgers kann auf die nachfolgend wiedergegebenen Figuren 6 bis 12 der Klagepatentschrift sowie auf die zugehörige Beschreibung in Spalte 3, Zeile 68 bis Spalte 5, Zeile 8 verwiesen werden. Aus alledem ergibt sich u. a. , dass die Werkstoffstange um eine horizontal verlaufende Schwenkachse verschwenkbar ist und dadurch die Vielfältigkeit der Bearbeitungsmöglichkeit am Werkstück, insbesondere seinen beiden Stirnseiten (Vorderseite, Rückseite), erhöht wird. Da insoweit keine Übergabe an eine Greif- und

Schwenkeinheit erforderlich ist, werden die damit verbundenen Genauigkeitsprobleme
vermieden.

Nach Spalte 1, Zeilen 53 ff wird mit der technischen Lehre des Klagepatents erreicht, dass das noch mit der Werkstoffstange zusammenhängende und ausschließlich durch diese in seiner Lage definierte Werkstück in jede beliebige durch Drehen um die
Spannachse und Schwenken um die Schwenkachse erreichbare Lage gebracht werden kann, ohne dass die ursprüngliche Einspannung der Werkstoffstange in der Spanneinrichtung gelöst wird. Bei allen Arbeitsgängen, die von an der Werkzeugspindel befestigten Werkzeugen an dem Werkstück ausgeführt werden, ist dadurch grundsätzlich die gleiche hohe Genauigkeit erreichbar, unabhängig davon, welchen Winkel die Spindelachse mit der Spannachse einschließt. Ein Werkstück beispielsweise aus einer Vierkantstange kann dadurch nicht nur an seiner Vorderseite und an seinen vier Längsseiten bearbeitet werden, sondern weitgehend auch schon an seiner Rückseite , solange noch eine ausreichend stabile Verbindung des Werkstücks mit dem Rest der Werkstoffstange besteht.

Angesichts des Streits der Parteien über die Bedeutung einzelner Merkmale bzw. Be-griffe besteht Veranlassung auf diese Merkmale bzw. Begriffe nachstehend einzugehen.

Dabei geht es zunächst einmal um den im Merkmal 2 (Merkmale 1 a u. 2 der Merkmalsanalyse nach Anlage B 12) enthaltenen Begriff eines „Maschinenbettes“ , das eine Längsrichtung und eine Querrichtung definiert. Man kann diesen Begriff wie im angefochtenen Urteil mit den Worten erklären, dass es sich um ein Grundelement eines Maschinengestells handelt, welches Kräfte aufnimmt und gegebenenfalls Führungsbahnen für Schlitteneinheiten und Befestigungsflächen für Peripherieeinheiten aufweist und sich horizontal auf dem Boden erstreckend für eine gute Dämpfung sorgt und eine hohe Eigensteifigkeit aufweist. In der Figurenbeschreibung der Klagepatentschrift wird es als Teil des Bohr- und Fräswerks dargestellt, auf dem ein Fahrständer 12 in einer waagerechten Ebene gesteuert verstellbar sein kann, nämlich in Längsrichtung X und in einer Querrichtung Y (vgl. Sp. 2, Zeilen 60 – 63 und Figuren 2, 3, 6, 10 u. 12, welche mit dem Bezugszeichen 10 das Maschinenbett verdeutlichen).

Der in den Merkmalen 3 und 4 (Merkmale 1 b , 3 u. 4 der Merkmalsanalyse nach Anlage B 12) enthaltene Begriff eines „Fahrständers“, der auf dem Maschinenbett längs und quer verstellbar ist und an welchem eine Werkzeugspindel entlang einer zur Längsrichtung X und zur Querrichtung Y normalen Spindelachse Z gesteuert verstellbar ist, bezeichnet, wie das Landgericht dies zutreffend gesehen hat, für den hier durch die Klagepatentschrift angesprochenen Fachmann eine spezielle Bauform von Bohr-/Fräsmaschinen (vgl. auch die Vorveröffentlichung gemäß Anlage B 2 a), bei der ein senkrecht ausgerichtetes Bauteil , der Fahrständer, längs und quer verstellbar ist und das Bauteil ein Werkzeug bzw. eine Werkzeugspindel trägt, das bzw. die in der Normalen, d. h. Senkrechten, zu den Bewegungsachsen des Ständers beweglich ist.

Diese sogenannte vertikale Fahrständerbauweise hat, wie der Fachmann aus Fachveröffentlichungen wie zum Beispiel Anlagen B 13, B 14 weiß, und wie die Muttergesellschaft der Klägerin in ihrer Werbung gemäß Anlage B 15 auch herausstellt, hinsichtlich der Bearbeitungsgenauigkeit erhebliche Vorteile, da die drei Linearbewegungen nur

vom Werkzeug durchgeführt werden und das Werkstück nicht bewegt wird, sondern stillsteht, so dass die Genauigkeit einer solchen Maschine unabhängig vom Werkstückgewicht ist. Bei einer erfindungsgemäßen Fahrständerbauweise ist die Genauigkeit der Maschine vom Werkstückgewicht abgekoppelt. Die Fahrständerbauweise hat überdies den Vorteil, dass immer nur die gleichen Massen bewegt werden und somit im Wesentlichen gleichbleibende Massenkräfte bewältigt werden müssen, wobei zu berücksichtigen ist, dass mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung Werkstoffstangen mit Durchmessern von 60 mm (Spalte 3, Zeile 3) und Längen von 800 bis 1000 mm (Spalte 3, Zeile 36) zu verarbeiten sind, so dass bei der Verarbeitung von Stahlstangen erhebliche Gewichte bewegt werden müssen. Die Klagepatentschrift spricht denn auch in Spalte 3, Zeilen 44 ff davon, dass die Gewichte so groß sein könnten, dass bei Bedarf ein Kran (Original: „dran“; aber ersichtlich wohl Kran gemeint) verwendet werden kann, um eine Werkstoffstange W auf der Stangenführung 38 abzulegen. Schließlich kann auch auf die von der Klägerin selbst herausgegebene Comicbroschüre „X“ (Anlage B 3) verwiesen werden, in welchem die Vorteile dieser Ausgestaltung auf heitere Weise dargestellt sind.

Schließlich ist noch auf das Merkmal „Zuführeinrichtung“ in Merkmal 8 (Merkmal 6 der Merkmalsanalyse nach Anlage B 12) einzugehen. Wie der Name bereits sagt, soll es sich um eine „Einrichtung“ und damit um ein Maschinen- bzw. Vorrichtungsteil handeln, welchen „zuführt“, und zwar soll mittels der Zuführeinrichtung die Werkstoffstange durch die Spanneinrichtung hindurchgeschoben werden. Es soll also ein Schubkraft auf die Werkstoffstange ausgeübt werden. Nach der erfindungsgemäßen Lehre ist, wie auch das Landgericht nicht verkannt hat, der Werkstückträger bzw. die Spanneinrichtung 22 horizontal ausgerichtet. Wie das Landgericht weiterhin richtig erkannt hat, ist es bei einer solchen Ausrichtung – deren Vorteile oben im Zusammenhang mit der vertikalen Fahrständerbausweise dargestellt worden sind – erforderlich, dass die Werkstückstange aktiv durch die Spanneinrichtung hindurch verschoben wird, um den vorderen Abschnitt der Werkstückstange als zu bearbeitenden Werkstück W 1 im Arbeitsbereich der Spindel anzuordnen und nach Bearbeitung und Abtrennung des bearbeiteten Werkstücks die Bearbeitung eines weiteren vorderen Abschnitts der Werkstoffstange zu ermöglichen.

Die Einzelheiten der Ausgestaltung der Zuführeinrichtung bleiben dem Fachmann überlassen, wobei im Ausführungsbeispiel des Klagepatents die Zuführeinrichtung 40 eine pneumatische Kolbenzylindereinheit mit einem Vorschubfinger 42 aufweist , der an das hintere in Fig. 1 und 3 linke Ende der Werkstoffstange W anlegbar ist, um diese vorwärts zu schieben (vgl. Spalte 3, Zeilen 48 – 52 und Spalte 4, Zeile 66 – Spalte 5, Zeile 8 in Verbindung mit Figur 12).

Sofern im Rahmen der Beschreibung der Ausführungsbeispiele nach den einleitenden Worten „Fig. 6 bis 12 zeigen , wie eine Werkstoffstange W zu Werkstücken W 1 verarbeitet wird“ in Spalte 4, Zeilen 13 ff davon die Rede ist, dass die Werkstoffstange W gemäß Fig. 7 manuell auf der Stangenführung 38 nach rechts abwärts in die Spanneinrichtung 22 hinein und durch sie hindurchgeschoben wird, kann daraus nicht hergeleitet werden, dass auf eine Zuführeinrichtung 40 zum Hindurchschieben der Werkstoffstange W durch die Spanneinrichtung 22 verzichtet werden kann und es lediglich eines manuellen Auflegens auf der Stangenführung 38 und eines manuellen Hineinschiebens der Werkstoffstange auf der Stangenführung 38 in die Spanneinrichtung hinein und durch sie hindurch bedarf. Abgesehen davon, dass schon diese Beschreibungsstelle derartiges nicht besagt, steht einer solchen Sichtweise, selbst wenn die Beschreibung derartiges besagen sollte, der Anspruchswortlaut entgegen, der auch bei einer abweichenden Beschreibung in der Patentschrift maßgebend ist. Die Einbeziehung von Beschreibung und Zeichnungen einer Patentschrift darf nicht nur zu einer Einengung des Anspruchs führen, sondern auch nicht zu einer inhaltlichen Erweiterung (vgl. BGH, Urteil vom 17. April 2007 Seite 10 – Az. X ZR 72/05 – Ziehmaschinenzugeinheit). – Die Erfindung setzt nach dem Anspruch eine Zuführeinrichtung zum Hindurchschieben der Werkstoffstange durch die Spanneinrichtung zwingend voraus, sie lässt es nur, wie bereits ausgeführt, offen, mit welchen Mitteln die Zuführeinrichtung die für das Hindurchschieben der Werkstoffstange durch die Spanneinrichtung erforderliche Schubkraft erzeugt. Es muss keine pneumatische Kolbenzylindereinheit, wie dies beispielhaft im Ausführungsbeispiel gezeigt wird, sein, die dies bewerkstelligt.

2.
a)
Bei der angegriffenen Ausführungsform, die oben unter Ziffer I. dieser Gründe abgebildet ist und die sich aus der Anlage K 24 sowie aus der Anlage B 7 ergibt, handelt es sich zwar um ein Bohr- und Fräswerk zum Verarbeiten von Werkstoffstangen zu einzelnen Werkstücken mit einem Maschinenbett, das eine Längsrichtung und eine Querrichtung definiert (Merkmale 1 und 2). Bei der angegriffenen Ausführungsform sind jedoch die Merkmale 3 und 4 dem Wortsinne nach nicht verwirklicht, weil sie keinen „Fahrständer“ im oben definierten Sinne aufweist, sondern über einen Schlitten, d. h. .ein horizontal ausgerichtetes Bauteil, welches mit einer Werkzeugspindel in Längs- und Querrichtung verschiebbar ist, verfügt und über ein vertikal ausgerichtetes feststehendes Bauteil (Ständer), an dem ein Werkstückträger bzw. eine Werkstückspindel angeordnet ist, die um eine Hochachse verschiebbar ist. Das Werkstück behält also nicht seine Lage bei und ist mit seiner Achse auch nicht horizontal ausgerichtet, sondern vertikal und wird von einem horizontal auf ihn einwirkenden Werkzeug bearbeitet.

Bei der angegriffenen Ausführungsform ist überdies auch das Merkmal 8 dem Wortsinne nach nicht verwirklicht, da es dort keine Zuführeinrichtung gibt, mittels der die Werkstoffstange durch die Spanneinrichtung hindurchgeschoben wird. Vielmehr wird die sich zunächst in einem rechten Winkel zum Ständer befindliche Werkstoffstange in der Weise aufgenommen, dass der Werkstückträger in eine waagerechte Position ge-mäß Anlage B 2 gebracht wird, um eine Werkstoffstange in den Hohlraum der Spindel einbringen zu können. Der Werkstückträger wird dann wieder in die Senkrechte verfahren. Wird das bearbeitete Werkstück abgetrennt, kann die restliche Werkstoffstange entweder dadurch in den Arbeitsbereich der Werkzeugspindel gelangen, dass, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erläutert hat, diese mittels Schwerkraft unter Einwirkung von Reibkräften durch von an ihr angreifenden Teilen der leicht geöffneten Spanneinrichtung kontrolliert abgesenkt wird, oder aber auch dadurch, wie die Klägerin dies in ihrem Schriftsatz vom 5. Juni 2007 Seite 4 (Bl. 258 GA) unbestritten von der Beklagten vorgetragen hat, die Spanneinrichtung auf der auf einem Anschlag feststehenden Werkstoffstange nach oben gleitet.

Zutreffend hat daher das Landgericht in dem angefochtenen Urteil festgestellt, dass die angegriffene Ausführungsform von dem Wortsinn der Merkmale 3, 4 und 8 keinen Gebrauch macht.

b)
Allein der Umstand, dass sich das Klagepatent auf eine bestimmte Fahrständerbauweise festgelegt hat, bei der die Beweglichkeit der Werkzeugspindel in den X-, Y- und Z-Achsen gegeben ist und die Spindelachse in der Normalen (senkrecht) zur Längs- (= X-Achse) und Querrichtung (= Y-Achse) ausgerichtet ist, zwingt entgegen der Auffassung der Beklagten noch nicht zu der Annahme, es handele sich dabei um unverzichtbare Merkmale in dem Sinne, dass sie ausschließlich wortsinngemäß benutzt werden müssten, wenn die beanspruchte Lehre zum technischen Handeln eingehalten werden soll (vgl. hierzu Benkard/Scharen, PatG, 10. Aufl., § 14 PatG Rdn. 116).

Das gilt vor allem nicht für die Angabe des Merkmals 8, die Zuführeinrichtung diene zum Hindurchschieben der Werkstoffstange durch die Spanneinrichtung. Zwar ist der Begriff des „Hindurchschiebens“ dahingehend eindeutig, dass eine gegen das Ende der Werkstoffstange gerichtete Kraft vorausgesetzt wird, damit eine „Schiebebewegung“ erfolgen kann. Doch ist dem durch die Klagepatentschrift angesprochenen Durchschnittsfachmann klar, dass das Schieben kein Selbstzweck ist, sondern dass es darauf ankommt, die Werkstoffstange so durch die Spanneinrichtung hindurch zu bewegen, dass in den Bearbeitungsphasen die jeweils benötigte Länge der Stange zur Bearbeitung zur Verfügung steht. Da auch der Anspruch 1 keine speziellen Mittel nennt, damit das „Hindurchschieben“ bewerkstelligt werden kann und nur in einem besonderen Ausführungsbeispiel auf die Möglichkeit verwiesen wird, einen mittels pneumatischer Kolbenzylindereinheit betätigbaren Vorschubfinger einzusetzen, der an das hintere Ende der Werkstoffstange anlegbar ist, um diese vorwärts zu schieben (vgl. Spalte 3, Zeilen 47 bis 52 und Spalte 4, Zeile 67 bis Spalte 5, Zeile 8), ist der Durchschnittsfachmann ohnehin weitgehend frei in seiner Suche nach geeigneten Bewegungsmitteln.

Der Patentanspruch 1 des Klagepatents schließt mithin entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung (vgl. hierzu Seite 25 der Berufungsbegründung vom 8. Juni

2007 – Blatt 179 Gerichtsakten) nicht die Anwendung von Äquivalenzgesichtspunkten aus.

c)
Die Voraussetzungen patentrechlicher Äquivalenz liegen hier jedoch entgegen der Auffassung der Landgerichts jedenfalls hinsichtlich der Merkmale 3 und 4 nicht vor, so dass die angegriffene Ausführungsform auch nicht unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt in den Schutzbereich des Patentanspruchs 1 des Klagepatents einbezogen werden kann. Ob die angegriffene Ausführungsform über eine Zuführeinrichtung verfügt, die der patentgemäßen Zuführeinrichtung entsprechend dem Merkmal 8 patentrechtlich äquivalent ist, kann daher dahin gestellt bleiben.

Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Äquivalenz kann eine vom Wortsinn abweichende Ausführungsform nur dann in den Schutzbereich einbezogen werden, wenn sie das der Erfindung zu Grunde liegende technische Problem mit abgewandelten, aber objektiv im wesentlichen gleichwirkenden Mitteln löst und seine Fachkenntnisse den Fachmann befähigen, die abgewandelten Mittel als im wesentlich gleichwirkend aufzufinden, wobei die Überlegungen, die der Fachmann anstellen muss, derart am Sinngehalt der im Patentanspruch unter Schutz gestellten technischen Lehre orientiert sein müssen, dass der Fachmann die abweichende Ausführung mit ihren abgewandelten Mitteln als eine der gegenständlichen Lösung gleichwertige Lösung in Betracht zieht (vgl. z. B. BGHZ 150, 161 ff = GRUR 2002, 511 ff = Mitt. 2002, 228 ff – Kunststoffhohlprofil).

Diese Voraussetzungen patentrechtlicher Äquivalenz liegen hier, wie bereits ausgeführt, hinsichtlich der Merkmale 3 und 4 nicht vor, wobei der Umstand, dass es sich dabei um Merkmale des Oberbegriffs handelt, die den eigentlichen „Witz“ der Erfindung nicht verkörpern, nichts daran ändert, dass auch diese Merkmale bei der angegriffenen Ausführungsform, wenn nicht wortsinngemäß, so doch mit zu ihnen patentrechtlich äquivalenten Mitteln verwirklicht sein müssen, um die angegriffene Ausführungsform als patentrechtlich äquivalent in den Schutzbereich des Patentanspruches 1 des Klagepatents einbeziehen zu können. Der Patentanspruch 1 des Klagepatents stellt mit den Merkma-

len 3 und 4 auf die sogenannte (vertikale) Fahrständerbauweise ab und ist nicht so formuliert, dass er für sämtliche Bauformen von Bohr- und Fräsmaschinen oder auch nur für sämtliche Bauformen vertikaler Bohr- und Fräsmaschinen, wie sie auf den Seiten 15 und 16 des angefochtenen Urteils des Landgerichts in Anknüpfung an eine entsprechende Darstellung in dem als Anlage B 2 a zu den Akten gereichten Lehrbuch dargestellt sind, Schutz für den sich aus den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruches 1 des Klagepatents ergebenden Erfindungsgedanken beansprucht.

Bei der Äquivalenzbetrachtung ist von den Funktionen auszugehen, die der entsprechend den zum Oberbegriff gehörenden Merkmalen 3 und 4 ausgestaltete Fahrständer erfüllen soll. Dies hat das Landgericht verkannt und hat bei seiner Äquivalenzbetrachtung in Bezug auf die technische Gleichwirkung (vgl. hierzu die Ausführungen auf den Seiten 17 bis 20 des angefochtenen Urteils /Blatt 122 bis 125 GA) nicht den zutreffenden Ausgangspunkt gewählt.

Es mag sein , dass die Maschinengattung „Fahrständermaschine“ letztlich keinen Einfluss auf die Leistung der in Spalte 1, Zeilen 44 bis 50 der Klagepatentschrift formulierten Aufgabe hat, solange die Schwenkbarkeit der Werkstoffstange gegeben ist (vgl. Seite 20 des angefochtenen Urteils/Blatt 125 GA). Darum geht es hier jedoch nicht. Die Funktionen, die der Durchschnittsfachmann mit den Merkmalen des Oberbegriffs verbindet, werden eben nicht im Rahmen der Aufgabenformulierung in Spalte 1, Zeilen 44 bis 50, die ohnehin ganz allgemein auf Bohr- und Fräswerke abstellt und nicht allein auf die Bohr- und Fräswerke entsprechend dem Oberbegriff des Patentanspruches 1, und nicht im Rahmen der Vorteilsangaben in Spalte 1, Zeile 53 bis Spalte 2, Zeile 12 der Klagepatentschrift beschrieben. Aufgabenformulierung und Vorteilsangaben bestimmen so lediglich die Funktionen, die dem „Kern der Erfindung“, nämlich der mit den kennzeichnenden Merkmalen 9 und 10 beschriebenen gesteuerten Schwenkbarkeit des Werkstückträgers, beigelegt werden.

Welche Funktionen nun aber der gattungsgemäß ausgestaltete Fahrständer gemäß den Merkmalen 3 und 4 erfüllen soll, wird in der Klagepatentschrift nicht ausdrücklich ge-

sagt. Dabei ist jedoch klar, dass an dieser Ausgestaltung , welche, wie oben unter Ziffer
1. dargelegt, aus der in der Klagepatentschrift genannten EP 0 398 996 (Anlage K 18) bekannt ist, keinerlei Kritik geübt wird. Sie wird von der patentgemäßen Lösung vorausgesetzt, für gut befunden und übernommen. In der gesamten Klagepatentschrift – auch nicht in der EP 0 368 996 (Anlage K 18) – gibt es keinen Hinweis, dass es sich bei der gattungsgemäßen Gestaltung um eine bloß beispielhafte Konfiguration handeln könnte und dass es im Belieben des Durchschnittsfachmann gestellt sein könnte, wie er die möglichen Bewegungsachsen, so wie sie im Lehrbuch „Werkzeugmaschinen, Fertigungssystem 1“ von Weck (Anlage B 2 a ) dargestellt sind (vgl. auch Seiten 15, 16 des angefochtenen Urteils / Blatt 120, 121 GA), auf Werkzeugträger und Werkstückträger aufteilt. Daran könnte gedacht werden, wenn die jeweiligen Varianten im Vergleich keine nennenswerten Vor- und Nachteile aufweisen würden und die gattungsgemäße Gestaltung gemäß Oberbegriff des Anspruches 1 nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns letztlich nur ein konkretisiertes Beispiel gleichwirkender und gleichwertiger Bauformen von Bohr-/Fräsmaschinen darstellen würde.

Derartiges lässt sich jedoch nicht feststellen. Vielmehr liegt es für den Durchschnittsfachmann, wie bereits oben unter Ziffer 1. angesprochen, auf der Hand, dass Maschinen nach dem sog. (vertikalen) Fahrständerkonzept , bei dem die drei Linearbewegungen vom Werkzeug ausgeführt werden und bei dem die Werkstückspannvorrichtung – bis auf die gemäß Merkmalen 9 und 10 vorgegebene Schwenkachsbewegung – ruhig steht, den Vorteil haben, dass die Werkstücke grundsätzlich – jedenfalls während der Bearbeitung – nicht bewegt werden; Werkstückgewicht und Werkstückgröße üben keine störenden Einflüsse auf die Werkzeugführung aus (vgl. z. B. die Veröffentlichung gemäß Anlage B 13, Seiten 36,37). Die Genauigkeit der Maschine ist insoweit unabhängig vom Werkstückgewicht (vgl. Anlagen B 15 und B 16), welches , wie man den Angaben in Spalte 3, Zeilen 31 bis 37 entnehmen kann, bei Stangenlängen von 80 bis 100 cm und im Hinblick auf den möglichen Einsatz eines Krans (vgl. Spalte 3, Zeile 45) beträchtlich sein kann. Unter diesen Umständen macht es für den Durchschnittsfachmann durchaus Sinn, die zur Bearbeitung nötigen drei Linearbewegungen dem Werkzeugträger zuzuordnen und den Werkstückträger – bis auf die Schwenkachsbewegung – ruhig zu halten. Die Zuordnung der Linearachsbewegungen zum Werkzeugträger ist daher

keine beispielhafte Beliebigkeit, sondern Ausdruck der Überlegung, den das Gewicht
der Werkstoffstange aufnehmenden Werkstückträger von allen nicht unbedingt erforderlichen Bewegungsvorgängen frei zu halten.

Diese Funktion wird dem Durchschnittsfachmann durchaus als wesentlich erscheinen, zumal auch die EP 0 368 996 (Anlage K 18) , von der das Klagepatent ausgeht, diese Gestaltung voraussetzt und nicht den geringsten Hinweis enthält, die Heranführung von Werkstoffstangen an die Bearbeitungsstelle mittels der im Merkmal 8 gelehrten Maßnahme könne in gleicher Weise auch mit abweichenden Bauformen von Bohr-/Fräsmaschinen praktiziert werden.

Nach allem lässt sich nicht feststellen , dass die mit der Klage angegriffene und sich vom Wortsinn des Anspruches 1 des Klagepatents unterscheidende Ausführungsform im Wesentlichen die gleichen technischen Wirkungen erzielt wie eine wortsinngemäße Ausführung. Möglicherweise können bei ihr durch einen erhöhten baulichen Aufwand die Schwierigkeiten bewältigt werden, welche dadurch zwangsläufig entstehen, dass der mit einer unter Umständen schweren Werkstoffstange belastete Werkstückträger eine der drei erforderlichen Linearachsenbewegungen durchführen muss. Ein solcher zusätzlicher baulicher Aufwand ist jedoch bei einer patentgemäßen Ausführungsform nicht erforderlich.

Abgesehen davon, dass mithin schon keine hinreichende technische Gleichwirkung zwischen einer den Merkmalen 3 und 4 entsprechenden Ausgestaltung und der angegriffenen Ausführungsform festzustellen ist, kann auch keine Rede davon sein, dass der Durchschnittsfachmann bei einer Orientierung an der im Patentanspruch 1 umschriebenen Erfindung zu der angegriffenen Ausführungsform mit ihren von den Merkmalen 3 und 4 abweichenden Gestaltung als gleichwertig hat finden können. Es mag ja für den Durchschnittsfachmann durchaus nahe liegen, insbesondere auch angesichts dessen, dass die Aufgabenformulierung in Spalte 1, Zeilen 44 bis 50 ganz allgemein auf Bohr- und Fräswerke abstellt, Maßnahmen, wie sie mit den kennzeichnenden Merkmalen 9 und 10 gelehrt werden , auf andere Bauformen von Bohr – und Fräswerken zu übertragen. Im Hinblick auf die ihm verständliche und vernünftig erscheinende Festle-

gung des Klagepatents im Anspruch 1 auf die Bauform „Fahrständer“ gemäß Merkma-
len 3 und 4 mit drei Linearachsbewegungen und vertikaler Spindelachsenausrichtung des Werkzeugträgers kann er aber die angegriffene Ausführung mit ihrer davon abweichenden Ausgestaltung nicht mehr als eine der patentgemäßen Lösung gleichwertige Lösung ansehen.

Da somit eine Verwirklichung der nicht wortsinngemäß verwirklichten Merkmale 3 und 4 auch mit patentrechtlich äquivalenten Mitteln nicht feststellbar ist, kann die angegriffene Ausführungsform nicht in den Schutzbereich des Patentanspruches 1 des Klagepatents einbezogen werden. Es kommt somit nicht mehr darauf ab, ob der Erstreckung des Schutzbereiches des Patentanspruches 1 des Klagepatents auf die angegriffene Ausführungsform auch der von der Beklagten geltend gemachte sogenannte Formsteineinwand entgegensteht.

3.
Nach alledem war auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil
abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Anordnung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 S. 2 ZPO.

Es bestand kein Anlass, die Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.