2 U 25/06 – CD/DVD-Behälter

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 802

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 6. September 2007, Az. 2 U 25/06

Vorinstanz: 4a O 452/05

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Februar 2006 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Sicherheiten können jeweils auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaften eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts geleistet werden.

IV. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 500.000,00 € festgesetzt.

G r ü n d e

I.
Die in Italien ansässige Klägerin ist eingetragene Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 676 xxx (nachfolgend: Klagepatent, Anlage K 1), das unter Inanspruchnahme zweier italienischer Prioritäten vom 15. Juli 1994 und 19. Januar 1995 am 4. Juli 1995 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 11. November 1995. Das Klagepatent, dessen deutscher Teil beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Patentnummer DE 695 01 xxx (Anlage K 2) geführt wird, steht in Kraft. Über die von dritter Seite gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage (2 Ni 1/06 (EU)) vom 5. Januar 2006 (Anlage WKS 4) hat das Bundespatentgericht noch nicht entschieden.

Das in englischer Verfahrenssprache abgefasste Klagepatent betrifft einen Behälter für mehrere Platten, insbesondere kompakte Platten. Patentanspruch 1 lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:

„Behälter für eine Vielzahl von Platten, insbesondere CD’s, umfassend einen tablettartigen Körper (10, 110), der Sitze zum Aufnehmen von wenigstens zwei Platten bildet, wobei der tablettartige Körper (10, 110) wenigstens einen ersten Bereich (20) zum Aufnehmen von wenigstens einer ersten Platte (21, 121, 122) und wenigstens einen zweiten Bereich (30) zum Aufnehmen von wenigstens einer zweiten Platte (31, 131, 132) aufweist, der auf einem höheren Niveau als der erste Bereich (20) liegt, wobei die Platten (21, 31, 121, 131, 122, 132) axial in den Sitzen gehalten sind, so dass jede der Platten (21, 31, 121, 131, 122, 132) individuell erfasst und axial abgenommen werden kann, um von den Sitzen entfernt zu werden, in denen sie gehalten sind, dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine zweite Platte (31, 131, 132) in dem zweiten Bereich (30) derart angeordnet ist, dass sie davon unter Abstand liegt und die wenigstens eine erste Platte (21, 121, 122) in einer axial versetzten Weise teilweise überlappt.“

Wegen des Wortlautes der übrigen Ansprüche wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus dem Klagepatent und dienen der Erläuterung der Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels. Die Figur 2 zeigt einen erfindungsgemäßen Behälter für zwei Platten in geöffneter Position und Figur 3 eine Schnittdarstellung des erfindungsgemäßen Behälters für zwei Platten.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführerin die Beklagte zu 2) ist, bietet an und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unter der „XY“ eine Verpackung in aufklappbarer Buchform für mehrere CDs oder DVDs (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Die fertige Verpackung besteht aus einem Kunststoffbehälter und einem bedruckten Kartonteil, auf den der Behälter aufgeklebt wird. Die CDs liegen entlang einer ebenen Fläche eines tablettartigen Körpers schuppenartig überlappend nebeneinander, wobei sie einander nicht berühren. Gehalten werden sie von an ihrer Peripherie angeordneten Federelementen. Beim Einlegen einer CD gelangt deren Rand in einen Schlitz, der am inneren Umfang parallel zur Schmalseite verläuft. Drückt man die CD in den Sitz hinein, schnappen zwei nasenartige Vorsprünge über deren Außenrand.
Die weitere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aus den zur Akte gereichten Mustern (Anlagen K 12 und WKS 6), den Werbeanzeigen der Beklagten zu 1) in Fachzeitschriften (Anlage K 10) und den von der Klägerin gefertigten Fotografien (Anlage K 11) sowie schematischen Zeichnungen (Anlagen BB 1 bis BB 3) der angegriffenen Ausführungsform. Auf die Anlagen wird Bezug genommen. Zur Veranschaulichung werden die ersten beiden Fotografien der Anlage K 11 eingeblendet.

Die Klägerin ist der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform verwirkliche die Merkmale des Klagepatents wortsinngemäß. Sie nimmt deshalb die Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz in Anspruch.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 21. Februar 2006 der Klage stattgegeben. Es hat

I.
die Beklagten verurteilt,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,– Euro oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,

Behälter für eine Vielzahl von Platten, insbesondere CDs, umfassend einen tablettartigen Körper, der Sitze zum Aufnehmen von wenigstens zwei Platten bildet, wobei der tablettartige Körper wenigstens einen ersten Bereich zum Aufnehmen von wenigstens einer ersten Platte und wenigstens einen zweiten Bereich zum Aufnehmen von wenigstens einer zweiten Platte aufweist, der auf einem höheren Niveau als der erste Bereich liegt, wobei die Platten axial in den Sitzen gehalten sind, so dass jede der Platten individuell erfasst und axial abgenommen werden kann, um von den Sitzen entfernt zu werden, in denen sie gehalten sind,

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die wenigstens eine zweite Platte in dem zweiten Bereich derart angeordnet ist, dass sie von der einen ersten Platte beabstandet ist und diese teilweise überlappt und zwar in einer axial beabstandeten Weise.

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu I. 1 bezeichneten Handlungen seit dem 21. Februar 1998 begangen haben, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und gegebenenfalls der Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten nach ihrer Wahl und auf ihre Kosten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und nicht gewerblichen und gewerblichen Angebotsempfänger nur einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

II.
festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorstehend unter Ziffer I. 1 bezeichneten, seit dem 21. Februar 1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlich ausgeführt, die zwischen den Parteien zu Recht allein umstrittenen Fragen, ob die angegriffene Ausführungsform einen tablettartigen Körper mit einem zweiten Bereich aufweise, der auf einem höheren Niveau als der erste Bereich liege, und ob die erste und zweite Platte der angegriffenen Ausführungsform hinreichend voneinander beabstandet seien, seien im Sinne der Klägerin zu beantworten. Unter den Bereichen des tablettartigen Körpers verstehe der Durchschnittsfachmann bei technisch funktionaler Betrachtungsweise den dreidimensionalen Raum, in dem die wenigstens eine erste Platte gegenüber der wenigstens einen zweite Platte aufgenommen werde. Von Bedeutung sei allein die relative Höhenanordnung der Platten zueinander, die es ermögliche, Behälter zu vermeiden, bei denen die Platten (etwa CDs) Seite an Seite liegen, und aufgrund derer es dem Benutzer möglich sei, jede der Platten dem Behälter ohne Schwierigkeiten zu entnehmen. Darauf, ob die Teilfläche des Behältnisses, über der die wenigstens eine erste Platte angeordnet sei und die Teilfläche über der sich die wenigstens eine zweite Platte befinde, auf unterschiedlichen Ebenen lägen, komme es demgegenüber nicht entscheidend an. Als ausreichender Abstand der Platten zueinander genüge nach dem Klagepatent nicht jeder noch so kleine Abstand. Vielmehr müsse der Abstand zwischen den Bereichen so gewählt sein, dass jede der Platten – also auch die untere wenigstens eine Platte – leicht und sicher entnommen werden könne. Dies sei, wie das beigefügte Muster erkennen lasse, bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Die erste CD könne dem Behältnis auch ohne vorherige Entnahme der zweiten CD problemlos entnommen werden, in aller Regel auch ohne Berührung des Randes der zweiten CD. Selbst wenn es dabei gelegentlich doch zu einer Berührung kommen sollte, werde dadurch die Sicherheit der Entnahme nicht Frage gestellt, weil davon die allein kratzempfindlichen Teilbereiche der Unterseiten der CDs nicht berührt würden.
Wegen des Wortlauts des angefochtenen Urteils im übrigen wird auf Bl. 83 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Gegen das ihnen am 2. März 2006 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 13. März 2006, bei Gericht am selben Tag eingegangen, Berufung eingelegt. Sie sind der Auffassung, die angegriffene Ausführungsform mache von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen führen sie aus, für die Definition der Bereiche des tablettartigen Körpers komme es nicht auf das relative Höhenverhältnis der Platten an, sondern auf die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Behälters selbst, genauer gesagt der flachen Oberfläche des tablettartigen Körpers. Dieser sei maßgeblich für die Frage, ob ein Höheunterschied gegeben sei. Da die Oberfläche der Unterseite bei der angegriffenen Ausführungsform unstreitig keinerlei Niveauunterschied aufweise, sei sie mithin ohne entsprechende Bereiche ausgeführt und es gebe keinen zweiten Bereich des Körpers, der höher als ein erster Bereich liege. Ferner sei bei der angegriffenen Ausführungsform die zweite Platte so dicht über der ersten Platte angeordnet, dass die Platten bei einer etwaigen Entnahme nur der ersten Platte stets und zwingend kollidierten. Eine leichte, individuelle Entnahme der einzelnen CDs sei deshalb nicht möglich. Erstmalig in der Berufungsinstanz bestreiten die Beklagten zudem, dass die CDs bei der angegriffenen Ausführungsform im Sinne des Klagepatents „axial gehalten“ würden. Das Klagepatent gebe den Ort der Halterung vor und verlange eine zentrale, mittige Halterung der CD an ihrer Achse. Eine – wie bei der angegriffenen Ausführungsform allein gegebene – Halterung in axialer Richtung durch auf den Rand der CDs angreifende Federelemente genüge demgegenüber nicht. Der Rechtsstreit sei jedenfalls auszusetzen, da sich das Klagepatent in dem anhängigen Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen werde.

Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21.02.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Firma A, Belgien, erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und Vertiefung desselben das Urteil des Landgerichts als zutreffend. Das Bestreiten einer axialen Halterung der CDs bei der angegriffenen Ausführungsform erstmalig in der Berufungsinstanz sei überdies unzulässig.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen die gegen die Beklagten erhobenen Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadenersatz nicht zu. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

1.
Das Klagepatent betrifft einen Behälter für eine Vielzahl von Platten, insbesondere CDs.
Ein solcher wird – so das Klagepatent einleitend – bekanntermaßen im allgemeinen aus einem tablettartigen Körper gebildet, der Seite an Seite liegende Ausnehmungen oder Sitze zur Aufnahme von CDs bildet. Diese Anordnung bewirkt Abmessungen des Behälters im Verhältnis von 2:1. Dies führt – wie das Klagepatent kritisch anmerkt – zu Außenabmessungen des Behälters, die von einem ästhetischen Standpunkt aus kaum effektiv sind, und die ein leichtes, platzsparendes Unterbringen des Behälters nicht ermöglichen. Dies ist unbefriedigend.
Als Stand der Technik benennt das Klagepatent sodann die aus der DE- U 86 25 285 (Anlage K 5) und der US-A 5 322 162 (Anlage K 6) bekannten Behälter sowie ausdrücklich den Behälter für eine Vielzahl von Platten, der unter Offenbarung aller Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des Klagepatents in der WO-A 92 15505 (Anlage K 4) gezeigt ist.
Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, einen Behälter für eine Vielzahl von Platten bereitzustellen, der es ermöglicht, zwei oder mehrere Platten aufzunehmen, wobei diese einzeln entnommen werden können, und dessen äußere Abmessungen reduziert sind, so dass die Unterbringung des Behälters leichter und einfacher ist. Im Rahmen dieser Aufgabe ist es eine spezielle Aufgabe, das Verhältnis der Außenabmessungen so zu beschaffen, dass zusätzlich zu einem gefälligen ästhetischen Effekt eine einfache Verwendung des Behälters gegeben ist. Als weitere Aufgabe bezeichnet es das Klagepatent, einen Behälter vorzusehen, der aufgrund seiner speziellen, konstruktiven Merkmale die größte Sicherheit in bezug auf Zuverlässigkeit und Gebrauchssicherheit liefert. Schließlich soll er aus gewöhnlich im Handeln erhältlichen Elementen und Materialien hergestellt werden können und ökonomisch konkurrenzfähig sein.

Zur Lösung dieser Aufgaben sieht Anspruch 1 des Klagepatents die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Behälter für eine Vielzahl von Platten, insbesondere CDs, umfassend

2. einen tablettartigen Körper (10, 110), der
a) Sitze zum Aufnehmen von wenigstens zwei Platten bildet und
b) Bereiche aufweist,
aa) einen ersten Bereich (20) zum Aufnehmen von wenigstens einer ersten Platte (21, 121, 122) und
bb) wenigstens einen zweiten Bereich (30) zum Aufnehmen von wenigstens einer zweiten Platte (31, 131, 132), wobei
cc) der zweite Bereich (30) auf einem höheren Niveau als der erste Bereich (20) liegt;

3. die Platten (21, 31, 121, 131, 122, 132) sind axial in den Sitzen gehalten, so dass
a) jede der Platten (21, 31, 121, 131, 122, 132) individuell erfasst und
b) axial abgenommen werden kann,
um von den Sitzen entfernt zu werden, in denen sie gehalten sind.

4. Die wenigstens eine zweite Platte (31, 131, 132) ist in dem zweiten Bereich (30) derart angeordnet, dass sie
a) von der wenigstens einen ersten Platte (21, 121, 122) in einer axial versetzten Weise beabstandet ist und
b) die wenigstens eine erste Platte (21, 121, 122) in einer axial versetzten Weise teilweise überlappt.

2.
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht Anspruch 1 des Klagepatents nicht. Jedenfalls die Merkmale 2 b) cc) und 3) sind bei ihr nicht gegeben.

a)
Die Merkmalsgruppe 2 des Klagepatents sieht einen Behälter für eine Vielzahl von Platten vor, der einen tablettartigen Körper umfasst, welcher neben Sitzen zum Aufnehmen von wenigstens zwei Platten einen ersten und einen zweiten Bereich aufweist, wobei der zweite Bereich nach dem Merkmal 2 b) cc) auf einem höheren Niveau als der erste Bereich liegt.

aa)
Als Bereiche des tablettartigen Körpers sind – entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil – nicht die dreidimensionalen Räume zu begreifen, die geeignet sind, wenigstens eine Platte aufzunehmen, sondern Teile des tablettartigen Körpers selbst. Die erfindungsgemäßen Bereiche definieren keinen virtuellen Raum. Sie beschreiben vielmehr gegenständlich vorhandene, räumlich-körperlich ausgebildete Bereiche des Körperbodens. Diese Bereiche müssen einen Niveauunterschied in der Art aufweisen, dass der zweite Bereich höher als der erste Bereich liegt. Der Boden des tablettartigen Körpers muss demnach stufen- oder treppenartig ausgebildete Bereiche haben.

Zu dieser Erkenntnis führt den Durchschnittsfachmann zunächst der Wortlaut des Anspruchs 1, der allein einen Behälter zum Gegenstand hat, und nach welchem – auch in der maßgeblichen englischen Originalfassung – der tablettartige Körper (10, 110) die in Rede stehenden Bereiche aufweisen soll. Die erfindungsgemäße Ausgestaltung des tablettartigen Körpers beschreibt die Merkmalsgruppe 2, und zwar in der Weise, dass die Bereiche (20, 30) dem Körper selbst zugeordnet sind; sie sollen Bestandteile dieses Körpers sein bzw. infolge dessen Ausgestaltung ausgebildet werden. Sie dienen dem Anspruchswortlaut nach zudem der Aufnahme von wenigstens einer ersten bzw. zweiten Platte (21, 31, 121, 131, 122, 132), woraus zu schließen ist, dass die Bereiche des Körpers bereits definiert bzw. vorhanden sind und keinesfalls erst dann ausgebildet werden, indem / wenn die Platten tatsächlich aufgenommen sind. Darüber hinaus gibt der Wortlaut des Merkmals 2b) cc) – unabhängig davon, ob der Begriff der englischen Originalfassung „level“ mit Niveau oder Ebene zu übersetzen ist – den Anknüpfungspunkt für den erfindungsgemäßen Höhenunterschied eindeutig vor: dieser muss zwischen dem ersten Bereich (20) und dem zweiten Bereich (30) des tablettartigen Körpers bestehen. Allein diese Bereiche des Körpers sind folglich insoweit maßgeblich, nicht hingegen ein etwaiger relativer Höhenunterschied zwischen den (aufgenommenen) Platten.
Die aufzunehmenden Platten selbst sind in Anspruch 1 nicht unter Schutz gestellt. Soweit ihre Halterung und Anordnung in die Merkmale 3 und 4 Eingang gefunden hat, dient dies lediglich der Beschreibung der dafür erforderlichen räumlich-körperlichen Ausgestaltung des Behälters bzw. des tablettartigen Körpers. Im Übrigen ist auch weder in Merkmal 3 noch in Merkmal 4 von einem Raum, in dem die Platten aufgenommen werden und/oder von einem Niveauunterschied der Platten zueinander oder der durch sie eingenommenen Räume die Rede.

Um den vom Anspruch geforderten Niveauunterschied zwischen dem zweiten Bereich (30) und dem ersten Bereich (20) vorsehen zu können, bedarf es denknotwendigerweise der Bestimmung eines Bezugspunktes bzw. einer Basis. Nur von einer solchen Basis ausgehend, ist zu erkennen, ob ein Bereich auf einem höheren Niveau als ein anderer liegt. In einem nur virtuellen Raum oder einem Raum, der geeignet ist eine Platte aufzunehmen, kann dies nicht gesagt werden. Da dieser nicht „gegenständlich“ bzw. nicht ausgefüllt ist und kein Bezugspunkt zur Bemessung vorhanden ist, kann es keinen Höhenunterschied geben. Ein solcher ist erst dann möglich, wenn der Raum – mit den aufgenommenen Platten – ausgefüllt ist. Dann käme jedoch nur die Feststellung eines etwaigen Niveauunterschieds zwischen den durch die Platten ausgefüllten Raum in Frage, auf den der Anspruch 1 jedoch gerade nicht abstellt.
Die Basis zur Bestimmung der unterschiedlichen Niveaus kann vorliegend nur durch den beide Bereiche aufweisenden tablettartigen Körper, genauer gesagt durch dessen Boden bzw. Unterseite, gebildet werden.

In eben diese Richtung zeigen auch der in der Klagepatentschrift beschriebene Stand der Technik, die Beschreibung sowie die Zeichnungen des Klagepatents.
Das Klagepatent benennt bei der Darlegung des Standes der Technik ausdrücklich die WO–A 92 15505 (Anlage K 4) als die Offenbarung, aus welcher die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 entnommen sind. Da das Merkmal 2 b) cc) Teil des Oberbegriffs ist, wird der Fachmann zu dessen Auslegung die WO–A 92 15505 zu Rate ziehen und erkennen, dass die Erfindung nach dem Klagepatent auf dem dortigen Anspruch 4 basiert. Auch wenn in diesem Anspruch 4 bzw. in der dortigen Beschreibung der im Klagepatent verwendete Begriff der „regions“ (Bereiche) nicht gebraucht wird, so zeigt diese Schrift – insbesondere auf Seite 6, erster Absatz und in Figur 6 – Bereiche zur Aufnahme von Platten („disc retention parts (3, 24)“), die als Teile eines Behälters selbst („containers“) ausgebildet und die – im geschlossenen Zustand – auf unterschiedlichem Niveau angeordnet sind („lowermost retention part 24“ / „uppermost retention part 3“).

Gleiches folgt aus der Beschreibung der Erfindung, wobei der Fachmann diese nicht deshalb minder bewerten wird, weil es sich allein um eine Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele handelt. Auch wenn ihm geläufig ist, dass die beschriebenen Ausführungsbeispiele den Schutzbereich des Anspruchs grundsätzlich nicht einzuschränken vermögen, so wird er die vorhandenen Erläuterungen, gerade weil das Klagepatent auf eine allgemeine Beschreibung der Erfindung verzichtet, besonderes intensiv zur Kenntnis nehmen und versuchen, daraus allgemeine Überlegungen zur Erfindung an sich abzuleiten. Dies auch deshalb, weil es in verschiedenen Passagen des besonderen Beschreibungsteils trotz der Zuordnung zu bevorzugten Ausführungsbeispielen heißt, die dort näher erläuterten Merkmale seien „Merkmale der Erfindung“. Angesprochen sind angesichts dieser allgemein gehaltenen Formulierung mithin nicht nur ausschließliche Merkmale des jeweiligen Ausführungsbeispiels, sondern solche, die die Erfindung insgesamt kennzeichnen. Hinzu tritt, dass sämtliche beschriebene Ausführungsbeispiele in den hier in Rede stehenden Punkte übereinstimmen und damit den selben Weg weisen.
Aus der Beschreibung des Klagepatents und den Figuren gewinnt der Fachmann die Erkenntnis, dass „ein Merkmal der Erfindung … in der Tatsache (besteht), die in den Figuren 2 und 3 gezeigt ist, dass der tablettartige Körper 10 einen ersten Bereich 30 – gemeint ist 20 – zur Aufnahme einer ersten CD 21 definiert; dieser Bereich hat in an sich bekannter Weise Umfangsausnehmungen 22, die …“ (Anlage K 2, S. 3, Z. 19 – 24; Anlage K 1, Sp. 2, Z. 37 – 43). Erläutert wird ferner, dass „ein weiteres Merkmal der Erfindung … durch die Tatsache gebildet (wird), dass ein zweiter Bereich (30) zur Aufnahme einer zweiten CD (31) vorgesehen ist, wobei dieser Bereich auf einem höheren Niveau als der erste Bereich (20) angeordnet ist.“ (Anlage K 2, S. 3, Z. 25 – 27; Anlage K 1, Sp. 2, Z. 44 – 47). Beschrieben sind somit durch den Körper ausgebildete gegenständliche Bereiche, von denen der zweite höher als der erste angeordnet bzw. gelegen sein muss. Deutlicher formuliert wird dies für das Ausführungsbeispiel, welches in Unteranspruch 6 gesondert unter Schutz gestellt ist. Hierzu heißt es, dass „ein wichtiges Merkmal der Erfindung … durch die Tatsache gebildet (wird), dass der tablettartige Körper an seiner Unterseite eine erste flache Oberfläche (111) und eine zweite flache Oberfläche (112) bildet, die Seite an Seite an unterschiedlichen Niveaus angeordnet sind.“ (Anlage K 2, S. 5, Z. 4 – 6; Anlage K 1, Sp. 3, Z. 33 – 36). Bei diesen Oberflächen handelt es sich, wie die Figuren 8 bis 12 erhellen, um die Teile, die in den übrigen Figuren als erster und zweiter Bereich gezeigt sind. Es sind Bestandteile des tablettartigen Körpers selbst, wobei der zweite Teil ausgehend von der Unterseite des Körpers höher liegt als der erste. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang schließlich auch die figürlichen Darstellungen, die allesamt die Bereiche als solche des Körpers selbst zeigen und den tablettartigen Körper als Basis zur Bemessung des Höhenunterschieds darstellen. Alle Figuren zeigen einen stufen- bzw. treppenartig ausgebildeten Körperboden.

Nicht außer Acht gelassen werden kann ferner Unteranspruch 4. Dieser stellt als besonders bevorzugte Ausführungsform einen Behälter unter Schutz, der dadurch gekennzeichnet ist, dass er an dem ersten Bereich (20) und dem zweiten Bereich (30) Ausnehmungen (22) aufweist, die senkrecht angeordnet sind, um einen Zugriff zum Entnehmen der Platte zu gestatten. Die Ausnehmungen (22) befinden sich nach der Beschreibung und der figürlichen Darstellung erkennbar an dem tablettartigen Körper selbst, nicht hingegen an den Platten oder an/in einem dreidimensionalen Raum, der geeignet ist, die Platten aufzunehmen. Ein Anbringen derartiger Ausnehmungen an einem solchen virtuellen Raum wäre tatsächlich auch gar nicht möglich. Obgleich ein abhängiger Unteranspruch – wie der Fachmann weiß – grundsätzlich nicht zur Einschränkung des Schutzbereichs des Anspruchs führt, auf den er rückbezogen ist, so wird der Fachmann es gleichwohl berücksichtigen, wenn ein Unteranspruch (nur) bei einer Auslegungsvariante unter den Hauptanspruch fällt, während er bei Zugrundelegen eines anderen technischen Verständnisses ohne Sinn bleibt bzw. nicht durchführbar ist. Der verständige Fachmann wird in diesem Fall den Hauptanspruch so interpretieren, dass auch der abhängige Anspruch darunter fällt.

Die anzustellende technisch funktionale Betrachtungsweise wird den Fachmann letztlich nicht zu einem abweichenden Verständnis führen. Zwar ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass die Anordnung des zweiten Bereichs auf einem höheren Niveau als dem ersten Bereich im Zusammenwirken mit der Merkmalsgruppe 4 dem Zweck dient, aufgabengemäß einen Behälter bereit zu stellen, dem die einzelnen Platten individuell ohne Schwierigkeiten entnommen werden können und der zudem kleinere, ästhetischere Außenabmessungen als im Verhältnis von 2:1 aufweist (Anlage K 2, S. 1, Z. 18, S. 3, Z. 28 – S. 4, Z. 2, S. 6, Z. 5 – 12; Anlage K 1, Sp. 1, Z. 23, Z. 27 – 31, Sp. 2, Z. 53 – 55, Sp. 4, Z. 14 – 23). Mag somit letztendlich die Aufnahme, Halterung und vor allem die individuelle Entnahme der Platten für den erfindungsgemäßen Gebrauch des Behälters für den Benutzer wesentlich sein, so wird der Fachmann trotzdem nicht den Schluss ziehen, dass es nach der Erfindung nur entscheidend darauf ankommt, dass die wenigstens eine zweite Platte (31, 131, 132) in aufgenommenen Zustand oberhalb der wenigstens einen ersten Platte (21, 121, 122) liegt. Das Klagepatent gibt nämlich nicht nur das Ergebnis – wenigstens eine zweite Platte oberhalb der wenigsten ersten Platte – vor. Dies hätte allein mittels der (kennzeichnenden) Merkmalsgruppe 4 erzielt werden können, da eine axial versetzte Beabstandung und das Überlappen der aufgenommenen Platten notwendigerweise dazu führt, dass in dem überlappenden Teil die wenigstens eine zweite Platte oberhalb der wenigstens einen ersten ist. Des Merkmals 2 b) cc) hätte es dann nicht bedurft. Da der Fachmann jedoch – zu Recht – davon ausgehen wird, dass jedem Anspruchsmerkmal eine (eigenständige) technische Funktion inne wohnt, kann er aus dem Vorhandensein und den Vorgaben des Merkmals 2 b) cc) nur schließen, dass sich mit diesem das Klagepatent auf einen bestimmten Weg zum Erreichen des erforderlichen Höhenunterschieds festgelegt hat.

Dass der Fachmann die vorstehenden Überlegungen anstellen und dabei zu dem hier aufgezeigten Verständnis gelangen wird, bekräftigen im übrigen die Entscheidungen der parallelen europäischen Verfahren. Sowohl das Tribunal de Grande Instance de Rennes (Urteil vom 12. Februar 2007, Anlagen WKS 11 / WKS 11a) wie auch der High Court of Justice, London (Urteil vom 20. Juni 2006, Anlagen WKS 7 / WKS 9) und der Court of Appeal, London (Urteil vom 22. Juni 2007, Anlagen WKS 10 / WKS 10 a) sind bei der Auslegung des Anspruchs des französischen bzw. britischen Teils des Klagepatents zu dem selben Ergebnis gelangt.

bb)
Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht das Merkmal 2 b) cc) demnach nicht wortsinngemäß. Ihr tablettartiger Körper hat eine ebene (Boden-)Fläche; es finden sich in ihm unstreitig keinerlei Niveauunterschiede.

Eine äquivalente Verletzung ist nicht geltend gemacht, käme jedenfalls mangels Naheliegens auch nicht in Betracht.

b)
Es fehlt des weiteren an einer Verwirklichung der Merkmalsgruppe 3, die vorsieht, dass die Platten (21, 31, 121, 131, 122, 132) axial in den Sitzen gehalten sind, so dass (a) jede der Platten (21, 31, 121, 131, 122, 132) individuell erfasst und (b) axial abgenommen werden kann, um von den Sitzen entfernt zu werden, in denen sie gehalten sind. Eine axiale Halterung in diesem Sinne weist die angegriffene Ausführungsform nicht auf.

aa)
Obschon die Beklagten erst in der Berufungsinstanz bestritten haben, dass die angegriffene Ausführungsform Merkmal 3 verwirklicht, führt dies nicht zur Unzulässigkeit des Bestreitens gemäß §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Die Beklagten haben keine neuen Tatsachen vorgebracht – die tatsächliche Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform wurde von ihnen in der ersten Instanz so dar- bzw. unstreitig gestellt, wie sie auch jetzt geltend gemacht wird –, sondern lediglich die Verwirklichung des Merkmals 3 durch die angegriffene Ausführungsform erstmalig in Abrede gestellt. Dies deshalb, weil sie (nunmehr) dem Anspruch augenscheinlich einen anderen Sinngehalt beimessen als das Landgericht dies in dem angefochtenen Urteil getan hat. Der Sinngehalt eines Patentanspruchs ist jedoch nach den anerkannten Grundsätzen durch Auslegung zu ermitteln; was sich hieraus als geschützter Gegenstand ergibt, ist eine Rechtsfrage (BGH, GRUR 2007, 410 – Kettenradanordnung; BGHZ 160, 204 (213) – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung). Zur Überprüfung und zur Beantwortung von Rechtsfragen ist das Berufungsgericht jedenfalls dann, wenn die Tatsachengrundlage nicht verändert wird, jederzeit in vollem Umfang befugt.

bb)
Axial gehalten im Sinne des Klagepatents ist eine Platte dann, wenn an ihrer Achse eine zentrale Halterung vorhanden ist. Notwendig ist eine mittige Halterung. Nicht ausreichend ist ein Halten der Platte allein in axialer Richtung.

Hierfür spricht zunächst der Wortlaut des Anspruchs. Dieser schreibt weder (nur) vor, dass die Platten in den Sitzen gehalten werden müssen, was dem Fachmann jegliche Freiheit hinsichtlich der Art und Weise des Haltens eröffnen würde. Noch gibt er an, dass eine Halterung der Platten in axialer Richtung vorzusehen ist. Stattdessen heißt es, dass „die Platten axial in den Sitzen gehalten“ sein müssen. Es findet sich demnach nicht nur das Erfordernis des Haltens als solches, sondern zugleich die Angabe, an welchem Ort die Platten zu halten sind.

Sinn und Zweck des Haltens ist es – wie der Fachmann unschwer erkennt –, die Platten vor einem ungewollten Herausfallen aus den Sitzen zu sichern und etwaige Bewegungen der in den Sitzen aufgenommenen Platten zu verhindern. Da beides zu Beschädigungen und im schlimmsten Fall zur Unbrauchbarkeit der Platten führen kann, sieht das Klagepatent auch nicht nur ein Halten in eine bestimmte Richtung oder nur die Vermeidung einer bestimmten Art der Bewegung vor. Es hat sich vielmehr zum Ziel gesetzt, einen Behälter bereitzustellen, der aufgrund seiner speziellen, konstruktiven Merkmale die „größte Sicherheit“ in Bezug auf Zuverlässigkeit und Gebrauchssicherheit liefert (Anlage K 2, S.1, Z. 25 – 27; Anlage K 1, Sp. 1, Z. 32 – 35). Gebannt werden soll somit jede Bewegung und Beschädigungsgefahr der in den Sitzen aufgenommenen Platten. Effektiv möglich ist dies nur dann, wenn nicht nur eine Bewegung in axialer bzw. senkrechter Richtung zur Achse ausgeschlossen ist, sondern auch eine Bewegung entlang der Ebene bzw. der Oberfläche der Platten. Folglich wird der Fachmann allein eine zentrale Halterung der Platten an ihrer Achse als erfindungsgemäß ansehen, zumal diese problemlos Schutz vor sämtlichen Bewegungen bietet.
Hinzu tritt, dass – wenn der Anspruch auch nur den Ausschluss einer Bewegung in axialer Richtung erfassen würde – der Anspruch lediglich ein Mittel zur Halterung benennen würde, die axiale Halterung. Ein weiteres Mittel, das sodann eine Bewegung in die radiale Richtung verhindert, ließe das Klagepatent dann vermissen.

Der Fachmann wird das Erfordernis des axialen Haltens auch im Angesicht der Beschreibung des Standes der Technik, der bevorzugten Ausführungsbeispiele sowie der figürlichen Darstellung des Klagepatents als Ortsangabe begreifen.
Das Klagepatent benennt, wie bereits angeführt, ausdrücklich die WO-A 92/15505 (Anlage K 4) als den Stand der Technik, aus dem sich der Oberbegriff des Anspruchs 1 ergibt. Merkmal 3 ist Teil dieses Oberbegriffs. Der WO-A 92/15505 (Anlage K 4) ist durchweg allein ein solcher Behälter zu entnehmen, bei dem die aufgenommenen Platten durch eine zentrale Halterung an ihrer Achse gehalten werden. Gleiches gilt im Übrigen für das ebenso als Stand der Technik benannte US-Patent 5,322,162 (Anlage K 6). Auch dieses offenbart nur ein solches Behältnis, bei dem eine Halterung an der Achse der CDs stattfindet. Soweit das deutsche Gebrauchsmuster 86 25 285 (Anlage K 5) davon abweichend, eine Bewegung der Platten (nur) in axialer Richtung durch die Grenzen der dort offenbarten Steckfächer vermeidet, basiert dieses Aufbewahrungssystem auf einem gänzlich anderem Prinzip. Dieses wird der Fachmann infolge der ausdrücklichen Bezugnahme des Klagepatents auf die WO-A 92/15505 nicht als maßgebend ansehen.

Der Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele kann der Fachmann überdies entnehmen, dass die Platten „in an sich bekannter Weise durch ein Kopplungselement 23, das axial wirkt, gehalten“ sind (Anlage K 2, S. 3, Z. 21 – 24; Anlage K 1, Sp. 2., Z. 40 – 43) bzw. dass die Platten „in an sich bekannter Weise durch die herkömmliche, mittige Kupplung 123“ oder eine „herkömmliche, mittige Kupplung 133“ gehalten sind (Anlage K 2, S. 5, Z. 10-12, Z. 20-21; Anlage K 1, Sp. 3., Z. 41-42, 52-53). Auch hier ist folglich von einer in der Mitte der Platte angebrachten bzw. wirkenden Halterung die Rede. Eine andere Art der Halterung wird demgegenüber in keinem der Ausführungsbeispiele gezeigt.

Soweit die Klägerin auf den Unteranspruch 9 Bezug nimmt und ausführt, erst dieser sehe ein axiales Kupplungselement vor, so dass der Schutzbereich des Anspruchs 1 auch aus diesem Grunde weiter zu fassen sei, kann dem nicht beigetreten werden. Abgesehen davon, dass auch Unteranspruch 9 nicht von einem in axialer Richtung wirkenden, sondern von einem axial wirkenden Kupplungselement spricht, ist Gegenstand dieses Unteranspruchs das Kupplungselement, mittels dessen die Platten in einer im allgemeinen flachen Anordnung in den Sitzen liegen sollen. Es wird (nur) eine bestimmte Art und Weise der mittigen „axialen“ Halterung unter Schutz gestellt, nicht aber erstmalig eine zentrale Halterung geschützt.

Zu erwähnen bleibt auch in diesem Zusammenhang, dass die ebenfalls mit dem Klagepatent bzw. den jeweiligen nationalen Teilen befassten anderen europäischen Gerichte das Merkmal 3 entsprechend dem hier dargelegten Verständnis ausgelegt haben. Sowohl das Tribunal de Grande Instance de Rennes (Urteil vom 12. Februar 2007, Anlagen WKS 11 / WKS 11a) wie auch der High Court of Justice, London (Urteil vom 20. Juni 2006, Anlagen WKS 7 / WKS 9) und der Court of Appeal, London (Urteil vom 22. Juni 2007, Anlagen WKS 10 / WKS 10 a) betrachten die „axiale Halterung“ als Ortsangabe.

cc)
Bei der angegriffenen Ausführungsform erfolgt die Halterung der in den Sitzen aufgenommenen Platten unstreitig nicht mittels einer axialen, zentralen Halterung, sondern über an der Peripherie angeordnete Federelemente. Beim Einlegen einer Platte gelangt deren Rand in einen Schlitz, der am inneren Umfang parallel zur Schmalseite verläuft. Beim Eindrücken der Platten in den Sitz schnappen zwei nasenartige Vorsprünge über deren Außenrand.
c)
Da die angegriffene Ausführungsform, wie die Ausführungen unter II. 2 a) und b) zeigen, bereits die Merkmale 2 a) bb) und 3) des Anspruchs 1 des Klagepatents nicht erfüllt, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der weiteren zwischen den Parteien umstrittenen Frage, ob die in der angegriffenen Ausführungsform aufgenommene wenigstens eine zweite Platte derart in dem zweiten Bereich angeordnet ist, dass sie von der wenigstens einen ersten Platte in einer axial versetzten Weise im Sinne des Klagepatents beabstandet ist. Auf die (Nicht-)Erfüllung des Merkmals 4a) kommt es nicht mehr an.

4.
Da eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform nicht festzustellen ist, ist eine Entscheidung über den hilfsweise gestellten Antrag auf Aussetzung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage nicht vonnöten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO i. V. m. § 108 Abs. 1 ZPO.
Zur Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung. Die Rechtssache hat als reine Einzelfallentscheidung weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlich.