Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. Juni 2007, Az. 2 U 136/05
Vorinstanz: 4b O 396/04
Die Berufung der Beklagten zu 1. und 3. gegen das am 17. November 2005 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu 1. und 3. zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 255.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 255.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e:
I.
Die bisherigen Inhaber des europäische Patents 0 623 xxx (nachfolgend Klagepatent, Anlage K 1) hatten der Klägerin – jedenfalls mit Wirkung seit dem 14. Oktober 2004 – eine ausschließliche Lizenz eingeräumt. Das u.a mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte Klagepatent ist unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 25. Januar 1992 am 16. Januar 1993 angemeldet worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 3. Juli 1996. Der deutsche Teil des Klagepatents, das einen Wickelträger betrifft, wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 593 03 xxx geführt. Der in diesem Rechtsstreit interessierende Anspruch 1 lautet wie folgt:
„Wickelträger (1, 21) zur Aufnahme von Garnen, mit rotationssymmetrischem Körper (9), dessen Außenfläche eine das Garn tragende Oberfläche (7) bildet, mit an einem Ende axial vorstehendem Bund (4) mit einer Faden
reservenut (6) und einer am anderen Ende befindlichen Aufnahme (2) für den Bund (4),
dadurch gekennzeichnet,
dass der Wickelträger (1, 21) an dem die Aufnahme (2) aufweisenden Ende einen Zusatzbund (3) aufweist, der radial zur Aufnahme (2) nach innen versetzt in seinen äußeren Abmessungen den Innenabmessungen des am anderen Ende befindlichen Bundes (4) entspricht, wobei der Zusatzbund (3)
axial bis etwa zur Stirnseite der Aufnahme (2) oder darüber hinaus reicht.“
Der Beklagte zu 1) war zunächst vorläufiger Insolvenzverwalter. Er ist seit dem
1. Oktober 2004 Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. J. A- GmbH & Co KG. Die Beklagte zu 2), die B- Beteiligungs-GmbH, war die Komplementärin der Insolvenzschuldnerin. Der Beklagte zu 3) war in der Zeit vom 6. Oktober 2001 bis 12. Mai 2004 als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) im Handelsregister eingetragen.
Die Insolvenzschuldnerin stellte her und vertrieb Wickelträger, wie sie aus dem als Anlage K 8 überreichten Musterstück ersichtlich sind. Der Beklagte zu 1) veräußerte sämtliche zum Geschäftsbetrieb der Insolvenzschuldnerin gehörenden Gegenstände. Darunter befanden sich auch der Warenvorrat an Wickelträgern nach der angegriffenen Ausführungsform sowie die diesbezüglichen Herstellungswerkzeuge.
Die Klägerin hat die Beklagten wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch genommen. Die wortsinngemäße Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform steht vorliegend nicht im Streit.
Der Beklagte zu 1) hat gegen den deutschen Teil des Klagepatents Nichtigkeitsklage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Die Beklagten haben geltend gemacht, das Klagepatent werde sich im Nichtigkeitsverfahren als nicht rechtsbeständig erweisen und die Aussetzung des Verfahrens beantragt.
Das Landgericht hat gegen die Beklagte zu 2) Versäumnisurteil, gegen das Einspruch nicht eingelegt worden ist, erlassen und sämtliche Beklagte verurteilt,
I.
1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 2) an ihrem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Wickelträger zur Aufnahme von Garnen, mit rotationssymmetrischem Körper, dessen Außenfläche eine das Garn tragende Oberfläche bildet, mit an einem Ende axial vorstehendem Bund (4) mit einer Fadenreservenut und einer am anderen Ende befindlichen Aufnahme für den Bund,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen;
bei denen der Wickelträger an dem die Aufnahme aufweisenden Ende einen Zusatzbund aufweist, der radial zur Aufnahme nach innen versetzt in seinen äußeren Abmessungen den Innenabmessungen des am anderen Ende befindlichen Bundes entspricht, wobei der Zusatzbund axial bis etwa zur Stirnseite der Aufnahme oder darüber hinaus reicht;
2.
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 14. Oktober 2004 begangenen haben, und zwar unter Angabe
a)
der Herstellungsmengen- und zeiten,
b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen, den Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen, den Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagehöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
wobei
den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;
der Beklagte zu 3) nur für solche Benutzungshandlungen zur Rechnungslegung verpflichtet ist, die bis zum 12. April 2005 begangen worden sind.
II.
Es hat festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 14. Oktober 2004 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Schadensersatzverpflichtung des Beklagten zu 3) auf solche Handlungen beschränkt, die bis zum 12. April 2005 begangen worden sind und der Beklagte zu 3) im Rahmen seiner Schadensersatzverpflichtung gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 2) haftet.
Bezüglich des Antrags der Klägerin, die gesamtschuldnerische Haftung aller Beklagten festzustellen und keinen Wirtschaftsvorbehalt auszusprechen, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Das Landgericht hat u.a. ausgeführt, dass ein Aussetzungsgrund nach § 148 ZPO nicht gegeben sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten zu 1) und 3). Sie machen geltend, das Klagepatent sei inzwischen von den bisherigen Inhabern auf die C- Development Inc., USA, übertragen worden. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die neue Inhaberin der Klägerin eine ausschließliche Lizenz am Klagepatent erteilt habe und Rechte aus dem Klagepatent abgetreten habe.
Jedenfalls sei die Aussetzung der Verhandlung geboten, weil das Klagepatent im Hinblick auf den Stand der Technik, nämlich die europäische Patentanmeldung 0 201 xxx (Anlage K 4) und die PCT-Anmeldung WO 80/xxx(Anlage rop 1) nicht rechtsbeständig sei.
Die Beklagten zu 1) und 3) beantragen,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin bittet um Zurückweisung der Berufung und tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) und 3) ist nicht begründet.
1.
Die Rechtsstellung der Klägerin als ausschließliche Lizenznehmerin ist durch eine zwischenzeitlich erfolgte Veräußerung und Übertragung des Klagepatents unberührt geblieben, wie sich aus § 15 Abs. 3 PatG ergibt.
2.
Das Klagepatent betrifft einen Wickelträger zur Aufnahme von Garnen.
Aus der vorveröffentlichen europäischen Patentanmeldung EP 0 201 xxx (Anlage K 4) sind Wickelträger zur Aufnahme von Garnen nach dem Oberbegriff des Klagepatents bekannt, die an ihren beiden Enden jeweils mit einer ringförmig verlaufenden Verzahnung versehen sind, deren Zähne in axialer Richtung vorstehen. Die radial außen liegenden Flächen der Verzahnungen schließen sich stufenlos an die das Garn tragende Oberfläche der Wickelträger an. Die Zähne der an einem Wickelträger befindlichen Verzahnungen sind jeweils den Zahnzwischenräumen der am anderen Ende befindlichen Verzahnung angepasst. Setzt man zwei Wickelträger übereinander, greifen die sich gegenüberliegenden, ringförmig verlaufenden Verzahnungen ineinander. Die nicht bespulten Teile der Verzahnung werden dabei unter die Wickel der gegenüberliegenden Wickelträger geführt. Auf diese Weise liegen die Wickel ohne Zwischenraum mit ihren Stirnseiten aneinander. Dies verhindert ein Abgleiten der Wickel beim Transport, auf die Verwendung von sichernden Zwischentellern und –lagen kann verzichtet werden, Lager- und Transportraum wird gespart und zum Färben steht eine homogene Garnsäule zur Verfügung. Zur Verbesserung der Führung benachbarter Wickelträger ist an dem einen Ende ein axial vorstehender Bund vorgesehen, auf dem eine Faden-
reservenut untergebracht werden kann, an dem anderen Ende eine dem Bund angepasste Aufnahme. Als Nachteilig hieran sieht es das Klagepatent an, dass der Innendurchmesser des Wickelträgers im Bereich des Bundes kleiner sei als am gegenüberliegenden Ende, was zu Problemen bei den Spulmaschinen führe, Bei der Verzahnung könne es zu Quetschungen oder einem Abriss der Fadenreserve kommen (Sp. 2 Z. 5 ff.).
Dem Klagepatent liegt daher die Aufgabe zu Grunde, einen Wickelträger gattungsgemäßer Art auszubilden, bei dem, unter Beibehaltung der Vorteile, ein axiales Übereinandersetzen der bespulten Wickelträger ohne Gefahr der Fadenbeschädigung oder
Fadenklemmung möglich ist.
Zur Lösung der Problemstellung sieht Patentanspruch 1 des Klagepatents folgende Merkmalskombination vor:
1. Der Wickelträger (1, 21) besitzt einen rotationssymmetrischen Körper (9).
2. Die Außenfläche des Körpers (9) bildet eine das Garn tragende Oberfläche (7).
3. Der Wickelträger besitzt an einem Ende einen axial vorstehenden Bund (4) mit einer Fadenreservenut (6).
4. Der Wickelträger besitzt ferner eine am anderen Ende befindliche Aufnahme (2) für den Bund (4).
5. Der Wickelträger (1, 21) weist an dem die Aufnahme (2) aufweisenden Ende einen Zusatzbund (3) auf.
6. Der Zusatzbund ist radial zur Aufnahme (2) nach innen versetzt.
7. Der Zusatzbund entspricht in seinen äußeren Abmessungen den Innenabmessungen des am anderen Ende befindlichen Bundes (4).
8. Der Zusatzbund (3) reicht axial bis etwa zur Stirnseite der Aufnahme (2) oder darüber hinaus.
3.
Die wortsinngemäße Verwirklichung der Merkmale des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform steht nicht in Streit.
4.
Dass und warum die Beklagten zu 1. und 3. zur Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Schadensersatz verpflichtet sind, ergibt sich zutreffend aus der Begründung des landgerichtlichen Urteils.
5.
Eine Aussetzung der Verhandlung bis zur Entscheidung des Bundespatentgerichts in dem den deutschen Teil des Klagepatents betreffenden Nichtigkeitsverfahren (§ 148 ZPO) kommt nicht in Betracht.
Angesichts des Umstandes, dass ein Patent seinem Inhaber nur ein zeitlich begrenztes Ausschließlichkeitsrecht gewährt, dessen Durchsetzung durch eine Aussetzung der Verhandlung eines Verletzungsrechtsstreits – selbst dann, wenn bereits, wie hier, ein nur gegen Sicherheitsleistung des am Patent Berechtigten vorläufig vollstreckbares Urteil vorliegt – jedenfalls erheblich erschwert würde, kommt eine Aussetzung nur in Betracht, wenn ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents in dem gegen dieses Recht anhängigen Verfahren nicht nur möglich, sondern überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. dazu außer BGH, GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug – auch Senat, Mitt. 1997, 257 ff – Steinknacker – sowie GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe). Dabei ist zwar, wie der Senat in seiner Entscheidung „Steinknacker“ ausgeführt hat, bei der Prüfung der Aussetzungsfrage im Berufungsverfahren dann ein weniger strenger Maßstab anzulegen, wenn der Berechtigte bereits – wie hier – über einen erstinstanzlichen Titel gegen seinen Prozessgegner verfügt, aus dem er – wenn auch gegen Sicherheitsleistung – vorläufig vollstrecken kann; eine hinreichende Erfolgsaussicht für den Angriff auf das Klageschutzrecht ist aber auch in derartigen Fällen erforderlich. Vorliegend fehlt es jedoch an einer solchen. Denn dass die Nichtigkeitsklage des Beklagten zu 1) Erfolg haben wird, ist nicht hinreichend wahrscheinlich.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die beiden Entgegenhaltungen, auf die sich die Nichtigkeitsklage des Beklagten zu 1 (vgl. Anlagen B 6 und rop 2) stützt, bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt und geprüft worden sind. Die EP 0 201 xxx (Anlage K 4 = N 2) ist in der Beschreibung der Klagepatentschrift im einzelnen gewürdigt worden. Die PCT-Anmeldung WO 80/02xxx(Anlage rop 1 = N 4) war Gegenstand des internationalen Recherchenberichts vom 23. April 1993 (Anlage BB 1) und wird auf dem Deckblatt der Klagepatentschrift erwähnt.
Es erscheint auch durchaus nachvollziehbar, dass der Prüfer des Europäischen Patentamts die Entgegenhaltung N4 nicht als schutzhindernd gewertet hat; jedenfalls gibt es vernünftige Argumente für diesen Standpunkt. Zwar werden, worüber zwischen den Parteien kein Streit besteht, bis auf Merkmal 3 alle Merkmale des Patentanspruchs 1 des Klagepatents von dieser Entgegenhaltung vorweggenommen. Den Beklagten kann jedoch nicht bei ihrer Argumentation gefolgt werden, eine Fadenreserve sei auch bei Hülsen für Garnspulen der in N 4 geoffenbarten Art selbstverständlich, komme zwangsläufig nur an der in Anlage N 4 c mit „F“ markierten Bereich auf der Außenseite des Bundes (4) oberhalb des Flansches (5) in Betracht und es werde zumindest durch die Entgegenhaltung N 2 nahegelegt, dort eine Nut zur Unterbringung der Fadenreserve vorzusehen. Es mag zwar unterstellt werden, der auf dem hier interessierenden technischen Gebiet tätige Durchschnittsfachmann würde eine Fadenreserve auch bei einer in N 4 offenbarten Hülse voraussetzen und nach einem geeigneten Ort suchen, um die Fadenreserve unterzubringen. Es ist aber keineswegs zwingend, diesen Ort außen auf dem Bund (4) oberhalb des Flansches (5) vorzusehen. Zuzugeben ist den Beklagten, dass sich die Zylinderoberflächen (4, 6) (roter Bereich in Anlagen N 4 d und N 4 e) wegen der ausdrücklich erwähnten Dichtungsfunktion verbieten. Es erscheint aber willkürlich, den Bereich „F“ hierfür als einzig mit der Beschreibung der Entgegenhaltung N 4 vereinbar in den Blick zu nehmen. Im Gegenteil: Die Anschläge (5) und (7) würden einen Faden, der über sie hinausginge, möglicherweise quetschen und schädigen. Außerdem heißt es in der Beschreibung ausdrücklich, dass die Anschläge ein Begrenzungsmittel für das auf die Hülse aufgespulte Garn bilden (N 4 S. 7 Z. 8 – 10; dt. Übersetzung S. 4). Der Durchschnittsfachmann mag daher daran denken, etwa den kurz vor den Flanschen (7) und/oder (5) gebildeten Raum für eine Fadenreserve vorzusehen, nicht aber die oberhalb des Flansches (5) verbleibende Außenwand des Bundes (4).
Die Bemerkung: „Die Endringe (d.h. die Bünde (3) und (4)) können wahlweise mit Perforationen (8) versehen sein, so dass die Flüssigkeit von innen durch das Garn hindurchtreten kann, welches bis zu den Flanschen 3 [richtig 5] und 7 auf die Hülse aufgespult ist“ (N 4, dt. Übersetzung S. 4) bestätigt diese Überlegungen. Zwar ist in der Zylinderwandung (6) und der Außenwandung (10) vor dem Flansch (7) (Fig. 1 unten) kein Durchtritt gezeigt (anders als Fig. 1 oben), nach der Beschreibung müssen diese jedoch vorhanden sein (N 4, dt. Übersetzung. S. 4). Es wäre dem Ziel der Erfindung nach N 4 aber absolut abträglich, die Färbeflüssigkeit – wie von den Beklagten in Anlage N 4e gezeigt – vom sog. Aufnahmeraum „A“ durch einen Spalt zwischen den Flanschen (5) und (7) über einen Fadenreserveraum „F“ entweichen zu lassen, nur um bei „F“ die Möglichkeit zu haben, die Fadenreserve zu färben. Das Landgericht hat daher letztlich richtig entschieden, wenn es davon ausgeht, die Überlegungen der Beklagten würden dem Durchschnittsfachmann aus der Sicht der Entgegenhaltung N 4 als nicht brauchbar erscheinen, weil sie den im Vordergrund stehenden Dichteffekt beeinträchtigen.
Zum anderen ist dem Durchschnittsfachmann die Lehre nach dem Klagepatent auch ausgehend von EP 0 201 xxx (N2 = K 4) in Kombination mit N 4 nicht nahegelegt. Die N 2, als nächstliegender Stand der Technik in der Klagepatentschrift gewürdigt, betrifft einen Wickelträger, bei dem die vier Merkmale der Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 verwirklicht sind. Die Annahme, der Durchschnittsfachmann werde, ausgehend von den vier Merkmalen des Oberbegriffs aus N 2 in Verbindung mit den Merkmalen 5 bis 8 aus N 4 ohne erfinderisches Bemühen zu der Lehre nach dem Klagepatent gelangen, stellt eine rückschauende Betrachtung in Kenntnis des Klagepatents dar. Es mag zutreffen, dass die mit den „Verzahnungen“ verbundenen Nachteile (Klagepatent Sp. 1 und 2, Z. 23 ff.) nicht auf alle in N 2 beschriebenen Ausführungen zutreffen, weil die Zähne (10, 11) nur optional sind. Im Hinblick auf die verbliebenen Nachteile (Klagepatent Sp. 1, Z. 52 – Sp. 2, Z. 9) und das Bestreben, die Vorteile einer verdeckten Fadenreserve beizubehalten, hätte der Durchschnittsfachmann jedoch nach anderen Lösungsmöglichkeiten gesucht. N 4 hätte ihm insoweit keine Anregung geben können, weil nichts über eine Fadenreserve gesagt wird und insbesondere nichts dazu, wo eine derartige Fadenreserve angeordnet werden sollte. Die N 4 befasst sich nämlich weder in der Beschreibung noch in den Abbildungen mit einer Fadenreservenut und dem Problem des störungsfreien Führens der Fadenreserve. Vielmehr geht es um die wirkungsvolle Abdichtung der ineinander gesteckten Wickelträger, um beim Färben der Garne einen Durchtritt des Färbemittels zwischen den Spulen (statt durch den Wickelträger und damit „durch“ das Garn hindurch) zu verhindern.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) kam nicht in Betracht, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind: Die vorliegende Rechtssache, die einen reinen Einzelfall betrifft, hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.