4a O 13/10 – Oxycodonhydrochlorid

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1335

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 30. März 2010, Az. 4a O 13/10

Rechtsmittelinstanz: 2 U 55/10

1. Auf den Hilfsantrag zu 1. lit. c) werden die Antragsgegnerinnen zu 1), 3) und 4) verurteilt,

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, jeweils zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen,

kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsformen zur oralen Verabreichung an menschliche Patienten, umfassend 10 mg bis 40 mg Oxycodonhydrochlorid, umfassend eine kontrolliert freisetzende Matrix, umfassend Oxycodonhydrochlorid und ein kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial, wobei die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, die in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform enthalten sind, ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus bekömmlichen („digestible“), langkettigen (C8-C50), substituierten und nicht-substituierten Fettsäuren, Fettalkoholen, Glycerylestern von Fettsäuren, pflanzlichen Ölen und Wachsen, und wobei die Dosierungsform eine in-vitro-Auflösung der Dosierungsform bereitstellt, wobei, bei Messung nach dem USP-Paddle-Verfahren, bei 100 UpM in 900 ml wässrigem Puffer (pH zwischen 1,6 und 7,2) bei 37° C, zwischen 12,5 Gew.-% und 42,5 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach einer Stunde freigesetzt sind, zwischen 25 Gew.-% und 56 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach zwei Stunden freigesetzt sind, zwischen 45 Gew.-% und 75 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach vier Stunden freigesetzt sind und zwischen 55 Gew.-% und 85 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach sechs Stunden freigesetzt sind, und wobei die in-vitro-Freisetzung unabhängig vom pH-Wert ist,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 1 810 xxx B1 herzustellen (nur die Antragsgegnerin zu 4)), anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.

2. Im Übrigen wird der Antrag vom 22.01.2010 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Antragsstellerin 1/4 der Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 2). Die Antragsgegnerinnen zu 1), 3) und 4) tragen jeweils 1/4 der Gerichtskosten und 1/4 der außergerichtlichen Kosten der Antragsstellerin. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

4. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch die Antragsstellerin ist davon abhängig, dass die Antragsstellerin Sicherheit in Höhe von 7.500.000,00 EUR leistet.

5. Das Urteil ist für die Antragsgegnerin zu 2) vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin zu 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin zu 2) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerinnen wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 810 xxx (Verfügungspatent) im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch. Das Verfügungspatent wurde am 05.01.2007 von der A (Cambridge/Großbritannien) als Teilanmeldung zur europäischen Patentanmeldung EP 1 438 XXX eingereicht, die auf die Stammanmeldung EP 0 576 XXX zurückgeht. Das Verfügungspatent nimmt den Anmeldetag der Stammanmeldung vom 25.11.1992 und eine US-amerikanische Priorität vom 27.11.1991 in Anspruch. Am 10.12.2009 wurde die Antragstellerin als Anmelder des Verfügungspatents eingetragen. Der Hinweis auf die Erteilung des Verfügungspatents wurde am 06.01.2010 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft. Die Antragsgegnerin zu 2) hat mit Schreiben vom 26.02.2010 gegen die Erteilung des Verfügungspatents Einspruch beim Europäischen Patentamt (EPA) eingelegt, über den noch nicht entschieden wurde.

Das Verfügungspatent bezieht sich auf Oxycodonzusammensetzungen mit kontrollierter Freisetzung. Der ursprünglich erteilte und von der Antragstellerin mit dem Hauptantrag geltend gemachte Patentanspruch 1 des Verfügungspatents, dessen Verfahrenssprache englisch ist, lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt:

1. Kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsform zur oralen Verabreichung an menschliche Patienten, umfassend 10 mg bis 40 mg Oxycodonhydrochlorid, umfassend
eine kontrolliert freisetzende Matrix, umfassend
– Oxycodonhydrochlorid, und
– ein kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial,
wobei die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien enthalten in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Fettsäuren, Fettalkoholen, Glycerylestern von Fettsäuren, pflanzlichen Ölen und Wachsen, und
wobei die Dosierungsform eine in-vitro-Auflösung der Dosierungsform bereitstellt, wobei, bei Messung nach dem USP-Paddle-Verfahren, bei 100 UpM in 900 ml wässrigem Puffer (pH zwischen 1,6 und 7,2) bei 37° C, zwischen 12,5 Gew.-% und 42,5 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach einer Stunde freigesetzt sind, zwischen 25 Gew.-% und 56 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach zwei Stunden freigesetzt sind, zwischen 45 Gew.-% und 75 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach vier Stunden freigesetzt sind und zwischen 55 Gew.-% und 85 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach sechs Stunden freigesetzt sind, und wobei die in-vitro-Freisetzung unabhängig vom pH-Wert ist.

Mit den Hilfsanträgen macht die Antragstellerin den Verfügungspatentanspruch in eingeschränkter Fassung geltend. Wegen des Wortlauts der Einschränkungen wird auf die nachfolgend wiedergegebenen Hilfsanträge Bezug genommen.

Die Antragsgegnerinnen gehören zum N.-Konzern und sind sämtlich im Pharmabereich tätig. Die Antragsgegnerinnen zu 1), 2) und 3) sind unter anderem Inhaber einer für die Bundesrepublik Deutschland geltenden arzneimittelrechtlichen Zulassung für Retardtabletten mit dem Wirkstoff Oxycodonhydrochlorid in den Stärken 5 mg, 10 mg und 20 mg. Entsprechend werden Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 10 mg (angegriffene Ausführungsform 1) beziehungsweise 20 mg (angegriffene Ausführungsform 2) von der Antragsgegnerin zu 1) unter der Bezeichnung „Oxycodon-HCL Sandoz Retardtabletten“ und von der Antragsgegnerin zu 3) unter der Bezeichnung „Oxycodonhydrochlorid 1A Pharma Retardtabletten“ in der Bundesrepublik Deutschland vertrieben. Die Antragsgegnerin zu 2) vertreibt unter der Bezeichnung „Oxycodon-HCl Hexal 5 mg Retardtabletten“ mit einem Wirkstoffgehalt von 5 mg Oxycodonhydrochlorid. Retardtabletten mit 10 oder 20 mg Wirkstoff werden von ihr nicht angeboten. Sämtliche genannten Retardtabletten werden von der Antragsgegnerin zu 4) hergestellt.

Neben dem Wirkstoff Oxycodonhydrochlorid sind in den zum Zulassungsantrag gehörenden Gebrauchsinformationen als weitere Bestandteile des Tablettenkerns der angegriffenen Ausführungsformen hydriertes Rizinusöl, Copovidon, Glycerol(mono,tri)docosanoat, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat (Ph, Eur.), Maisstärke, hochdisperses Siliciumdioxid und mittelkettige Triglyceride angegeben. Während des dezentralisierten Zulassungsverfahren fiel der schwedischen Gesundheitsbehörde auf, dass die Bezeichnung Glycerol(mono,tri)docosanoat für das zugrundeliegende Produkt Compritol HD 5 ATO nicht korrekt ist. Stattdessen handelt es sich bei dem Tablettenbestandteil um Behenoyl Polyoxyglyceride.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Patentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Bei dem hydrierten Rizinusöl, den Behenoyl Polyoxyglyceriden und den mittelkettigen Triglyceriden handele es sich um die alleinigen, erfindungsgemäß kontrolliert freisetzenden Matrixbestandteile der angegriffenen Ausführungsformen. Es handele sich um Glyceride von Fettsäuren mit Ausnahme der in den Behenoyl Polyoxyglyceriden enthaltenen Ester der Behensäure mit Polyethylenglykolen, bei denen es sich um Wachse handele. Die übrigen Bestandteile der Matrix seien Bindemittel, Füllstoffe oder ähnliches. Insbesondere die Lactose stelle lediglich einen Porenbildner dar, der jedoch die Freisetzung des Wirkstoffs nicht verzögere. Weiterhin ergebe sich aus dem Untersuchungsbericht des Zentrallaboratoriums der Deutschen Apotheker (ZLA) (Anlage ASt 23), den in einem englischen Verfahren vorgelegten Messergebnissen der B (Anlage AG 16) und den weiteren Untersuchungen des Labors C (Anlage ASt 49), dass die angegriffenen Ausführungsformen den Wirkstoff erfindungsgemäß freisetzten. Im Übrigen sei auch ein Verfügungsgrund gegeben. Aufgrund Einwendungen Dritter während des Erteilungsverfahrens habe sich das EPA mit den Einwendungen der Antragsgegnerinnen im Einzelnen auseinandergesetzt, so dass der Rechtsbestand des Verfügungspatents hinreichend gesichert sei. Da Oxycodonhydrochlorid im Stand der Technik nicht als mit Morphin vergleichbarer Wirkstoff zur Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen bekannt gewesen sei, sei die Erfindung nicht nahegelegt gewesen. Abgesehen davon bestehe die Gefahr, dass eine Festbetragsgruppe unter Berücksichtigung der von den Antragsgegnerinnen geforderten, günstigeren Preisen gebildet werde und dadurch unwiederbringliche Umsatzeinbußen für die Antragstellerin einhergingen.

Die Antragstellerin beantragt,

1. den Antragsgegnerinnen zu untersagen,

a) kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsformen zur oralen Verabreichung an menschliche Patienten, umfassend 10 mg bis 40 mg Oxycodonhydrochlorid, umfassend eine kontrolliert freisetzende Matrix, umfassend Oxycodonhydrochlorid und ein kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial, wobei die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, die in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform enthalten sind, ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Fettsäuren, Fettalkoholen, Glycerylestern von Fettsäuren, pflanzlichen Ölen und Wachsen, und wobei die Dosierungsform eine in-vitro-Auflösung der Dosierungsform bereitstellt, wobei, bei Messung nach dem USP-Paddle-Verfahren, bei 100 UpM in 900 ml wässrigem Puffer (pH zwischen 1,6 und 7,2) bei 37° C, zwischen 12,5 Gew.-% und 42,5 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach einer Stunde freigesetzt sind, zwischen 25 Gew.-% und 56 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach zwei Stunden freigesetzt sind, zwischen 45 Gew.-% und 75 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach vier Stunden freigesetzt sind und zwischen 55 Gew.-% und 85 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach sechs Stunden freigesetzt sind, und wobei die in-vitro-Freisetzung pH-unabhängig ist;

b) hilfsweise

kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsformen nach lit. a),

wobei die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, die in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform enthalten sind, ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus bekömmlichen („digestible“) Fettsäuren, Fettalkoholen, Glycerylestern von Fettsäuren, pflanzlichen Ölen und Wachsen;

c) weiterhin hilfsweise

kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsformen nach lit. a),

wobei die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, die in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform enthalten sind, ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus bekömmlichen („digestible“) langkettigen (C8-C50) substituierten und nicht substituierten Fettsäuren, Fettalkoholen, Glycerylestern von Fettsäuren, pflanzlichen Ölen und Wachsen;

d) weiterhin hilfsweise

kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsformen nach lit. c),

so dass der Plasmaspitzenspiegel von Oxycodon, wie in vivo erhalten, zwischen 2 und 4,5 Stunden nach Verabreichung der Dosierungsform eintritt,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 1 810 xxx B1 herzustellen (nur die Antragsgegnerin zu 4)), anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2. den Antragsgegnerinnen für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1. ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, jeweils zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, anzudrohen.

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

den Verfügungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerinnen sind der Auffassung, die angegriffenen Ausführungsformen machten von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs nicht wortsinngemäß Gebrauch. Die in den Behenoyl Polyoxyglyceride enthaltenen Ester von der Behensäure mit Polyethylenglykolen seien funktionell den Polyalkylenglykolen zuzuordnen, die aber nicht beansprucht seien. Abgesehen davon sei es jedenfalls kein pflanzliches Wachs. Das im Tablettenkern der angegriffenen Ausführungsformen enthaltene Lactose-Monohydrat stelle ein „kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial“ dar, das aber nicht im Verfügungspatentanspruch genannt sei. Die Substanz trage zur kontrollierten Freisetzung des Wirkstoffs bei, indem nach Einnahme der Tablette die Lactose aus dem Tablettenkern herausgelöst werde und erst über diese Poren das Oxycodonhydrochlorid freigesetzt werde. Weiterhin ergebe sich aus den in einem englischen Verfahren vorgelegten Messergebnissen der B (Anlage AG 16), dass die angegriffenen Ausführungsformen bei einem pH-Wert von 1,6 mehr als 85 Gew.-% an Oxycodonhydrochlorid freisetzten und daher weder das geforderte Freisetzungsverhalten zeigten, noch das Freisetzungsprofil pH-Wert-unabhängig sei. Abgesehen davon sei die Antragsgegnerin zu 2) nicht zur Unterlassung verpflichtet, weil die von ihr gehaltene arzneimittelrechtliche Zulassung nicht die Annahme rechtfertige, dass der Vertrieb erfindungsgemäßer Dosierungsformen unmittelbar bevorstehe.

Im Übrigen fehle es an einem Verfügungsgrund. Der Rechtsbestand des Verfügungspatents sei nicht hinreichend gesichert, weil die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen sei und das Verfügungspatent bislang in keinem kontradiktorischen Verfahren anerkannt worden sei. Unter anderem sei der Erfindungsgegenstand unzulässig erweitert, weil die Antragsstellerin aus der ursprünglichen Patentanmeldung willkürlich Matrixmaterialien ausgewählt habe. Die genannten Matrixmaterialien gehörten in der Patentanmeldung zur Gruppe der verdaulichen, langkettigen (C8-C50) substituierten und nicht-substituierten Kohlenwasserstoffe, die ebenso wenig wie das in-vivo-Freisetzungsverhalten der Matrix in den Verfügungspatentanspruch aufgenommen worden seien. Dies sei auch deswegen beachtlich, weil das hydrierte Rizinusöl und die Ester der Behensäure mit den Polyethylenglykolen mehr als 50 Kohlenstoffatome aufweisen würden und daher nicht erfindungsgemäß seien. Teilweise seien die Bestandteile auch nicht verdaulich. Im Übrigen sei die Lehre des Verfügungspatentanspruchs im Stand der Technik nahegelegt gewesen, weil der Wirkstoff Oxycodonhydrochlorid als Schmerzmittel ebenso wie eine Vielzahl verschiedener Retardformulierungen bekannt gewesen seien.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, hat aber sowohl nach dem Hauptantrag, als auch nach dem ersten Hilfsantrag in der Sache keinen Erfolg. Nach dem zweiten Hilfsantrag ist der Verfügungsantrag überwiegend begründet.

A
Der Hauptantrag und auch der erste Hilfsantrag haben in der Sache keinen Erfolg. Der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund ist nicht gegeben, weil insoweit durchgreifende Zweifel am Rechtsbestand des Verfügungspatents bestehen.

I.
Das Verfügungspatent schützt mit dem Patentanspruch 1 eine kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsform.

In der Verfügungspatentschrift wird ausgeführt, dass bei der Behandlung von Schmerzen mit Opioid-Analgetika in Reaktion auf eine verabreichte Dosis eines gegebenen Wirkstoffs eine beträchtliche inter-individuelle Variation und daher eine beträchtliche Variabilität zwischen Patienten bei der Dosierung von Opioid-Analgetika bestehe. Aus Reihenuntersuchungen lasse sich die Vermutung ableiten, dass ein ungefähr achtfacher Bereich in täglichen Dosierungen von zur Schmerzbehandlung eingesetzten Opioid-Analgetika bei ungefähr 90 % der Patienten notwendig sei. Das heißt, aufgrund der unterschiedlichen individuell erforderlichen Schmerzkontrolle bei jedem Patienten seien die täglichen Dosierungen an Opioid-Analgetika für jeden Patienten verschieden und würden hinsichtlich ihrer Menge um den Faktor 8 variieren, wenn 90 % der Schmerzpatienten wirksam behandelt werden sollten (Dosierungsbandbreite).

Dieser außerordentlich breite Bereich von geeigneten Dosierungen mache den Titrationsprozess – das ist der Vorgang, mit dem für jeden Patienten zu Beginn der Schmerztherapie die individuell erforderliche Dosis gefunden werden muss, um die Schmerzen wirksam zu lindern – besonders zeit- und ressourcenaufwendig und lasse den Patienten für eine recht lange Zeitdauer ohne annehmbare Schmerzkontrolle. Seitens des Klinikpersonals sei bei der Bestimmung der geeigneten Dosis bei jedem Patient ein zeitaufwendiger Titrationsvorgang notwendig, der einer sorgfältigen Bewertung sowohl der therapeutischen Effekte als auch der Nebenwirkungen bedürfe. Die Dosierungsanpassungen seien über einen Zeitraum von Tagen und manchmal länger erforderlich, bevor die geeignete Dosierung bestimmt sei. Zudem werde aufgrund der großen Variabilität empfohlen, analgetische Verordnungen zu verschreiben, die die Bereitstellung von Zusatzdosen einschließen, und intravenöse Schnellinjektionen und Infusionen zu verwenden, um rasche Erleichterung bei starken Schmerzen zu erzielen. Jedes Analgetikum solle einer adäquaten Erprobung durch Dosistitration unterzogen werden, bevor auf einen anderen Wirkstoff gewechselt werde.

In der Verfügungspatentschrift wird daher darauf hingewiesen, dass eine Opioid-Analgetikumbehandlung mit akzeptabler Schmerzkontrolle bei einem wesentlich engeren Tagesdosisbereich (Dosisbandbreite) die Wirksamkeit und Qualität der Schmerzbehandlung wesentlich verbessern würde. Insofern sei es nach der Verfügungspatentschrift im Stand der Technik bereits bekannt gewesen, dass Zusammensetzungen mit kontrollierter Freisetzung von Opioid-Analgetika wie Morphin, Hydromorphin oder deren Salze in einer geeigneten Matrix hergestellt werden können. Beispielsweise beschreibe die Patentschrift US 4,990,341 („Goldie“) Hydromorphon-Zusammensetzungen, in denen die in-vitro-Auflösungsrate, gemessen durch die USP-Paddle-Methode bei 100 UpM in 900 ml wässrigem Puffer (pH zwischen 1,6 und 7,2) bei 37° C, nach einer Stunde zwischen 12,5 Gew.-% und 42,5 Gew.-%, nach zwei Stunden zwischen 25 Gew.-% und 55 Gew.-%, nach vier Stunden zwischen 45 Gew.-% und 75 Gew.-% und nach sechs Stunden zwischen 55 Gew.-% und 85 Gew.-% freigesetztes Hydromorphon betrage. Zudem werde in der Patentanmeldung EP 0 253 XXX eine Formulierung mit 9,2 mg freier Oxycodon-Base offenbart.

Dem Verfügungspatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das Problem) zu Grunde, ein Verfahren zur wesentlichen Verbesserung der Wirksamkeit und Qualität der Schmerzbehandlung bereitzustellen. Eine weitere Aufgabe besteht darin, eine Opioid-Analgetikum-Formulierung bereitzustellen, welche die Wirksamkeit und Qualität der Schmerzbehandlung beträchtlich verbessert. Weiterhin formuliert die Verfügungspatentschrift als Aufgabe, ein Verfahren und Formulierungen bereitzustellen, welche die ungefähr achtfache Breite in Tagesdosierungen, die zur Schmerzkontrolle bei ungefähr 90 % der Patienten notwendig sind, wesentlich verringern. Ebenso soll die Variabilität in den Tagesdosierungen und Formulierungsanforderungen, die zur Schmerzkontrolle bei fast allen Patienten notwendig sind, beträchtlich verringert werden. Eine weitere Aufgabe besteht darin, eine Methode zur wesentlichen Verringerung der für die Titration der einer Schmerzlinderung durch Opioid-Analgetika bedürftigen Patienten notwendigen Zeit und Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Schließlich sollen Opioid-Formulierungen mit kontrollierter Freisetzung bereitgestellt werden, die eine wesentlich geringere inter-individuelle Variation hinsichtlich der Dosis des Opioid-Analgetikums, die zur Schmerzkontrolle ohne inakzeptale Nebenwirkungen notwendig ist, aufweisen.

Dies soll durch den Verfügungspatentanspruch 1 erreicht werden, dessen Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

1. Eine kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsform zur oralen Verabreichung an menschlichen Patienten.
2. Die Dosierungsform umfasst
2.1 10 mg bis 40 mg Oxycodonhydrochlorid,
2.2 eine kontrolliert freisetzende Matrix, umfassend
2.2.1 Oxycodonhydrochlorid und
2.2.2 ein kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial.
3. Die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, die in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform enthalten sind, sind ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Fettsäuren, Fettalkoholen, Glycerylestern von Fettsäuren, pflanzlichen Ölen und Wachsen.
4. Die Dosierungsform stellt eine in-vitro-Auflösung bereit,
4.1 wobei
4.1.1 zwischen 12,5 Gew.-% und 42,5 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach einer Stunde freigesetzt sind,
4.1.2 zwischen 25 Gew.-% und 56 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach zwei Stunden freigesetzt sind,
4.1.3 zwischen 45 Gew.-% und 75 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach vier Stunden freigesetzt sind und
4.1.4 zwischen 55 Gew.-% und 85 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach sechs Stunden freigesetzt sind,
wenn nach dem USP-Paddle-Verfahren bei 100 UpM in 900 ml wässrigem Puffer (pH zwischen 1,6 und 7,2) bei 37° C gemessen wird,
4.2 wobei die in-vitro-Freisetzung unabhängig vom pH-Wert ist.

Die Merkmale des mit dem ersten Hilfsantrag eingeschränkt geltend gemachten Verfügungspatentanspruchs lassen sich in gleicher Weise gliedern, wobei sich lediglich hinsichtlich der Matrixmaterialien Abweichungen ergeben:

(…)
3. Die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, die in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform enthalten sind, sind ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus bekömmlichen („digestible“) Fettsäuren, Fettalkoholen, Glycerylestern von Fettsäuren, pflanzlichen Ölen und Wachsen.
(…)

II.
Als Verfügungsgrund erfordert der Erlass einer einstweiligen Verfügung die unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu ermittelnde Dringlichkeit der einstweiligen Regelung. Durch Veränderung des bestehenden Zustandes muss entweder die Verwirklichung der Rechte des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden können (§ 935 ZPO) oder die Regelung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheinen (§ 940 ZPO). Diese Prüfung erfordert unter anderem eine Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, die gegen die Interessen des Antragstellers abgewogen werden müssen (Benkard/Rogge/Grabinski, PatG 10. Aufl., § 139 PatG Rn 153a m.w.N.). Dabei sind neben dem Interesse des Patentinhabers, sein zeitlich begrenztes Ausschlussrecht sofort durchzusetzen, und den mit dem Erlass einer einstweiligen Verfügung verbundenen Nachteilen für den Schuldner auch Zweifel an der Schutzfähigkeit des Patents und die Wahrscheinlichkeit seines Rechtsbestands zu berücksichtigen (Schulte/Kühnen, PatG 8. Aufl.: § 139 Rn 391). Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin einen Verfügungsgrund nicht dargelegt, weil durchgreifende Zweifel am Rechtsbestand des Verfügungspatents bestehen. Die erfindungsgemäße Lehre sowohl des ursprünglich erteilten Verfügungspatentanspruchs 1 als auch in seiner mit dem ersten Hilfsantrag beschränkten Fassung beruht auf einer unzulässigen Erweiterung, die den Widerruf des Verfügungspatents im Einspruchsverfahren erwarten lässt.

Gemäß Art. 123 Abs. 2 EPÜ dürfen eine europäische Patentanmeldung und auch ein europäisches Patent nicht in einer Weise geändert werden, dass ihr Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Der Gegenstand des Patents wird durch die technische Lehre des jeweiligen Patentanspruchs bestimmt, wobei Beschreibung und Zeichnungen lediglich zur Auslegung heranzuziehen sind. Demgegenüber gehört zum Inhalt der ursprünglichen Patentanmeldung die gesamte technische Information, soweit sie in den Anmeldungsunterlagen dem Fachmann als zur Erfindung gehörig offenbart wird. Die geänderte europäische Patentanmeldung beziehungsweise das europäische Patent darf nichts enthalten, was nicht unmittelbar und eindeutig aus den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen hervorgeht (Singer/Stauder/Blumer, EPÜ 4. Aufl.: Art. 123 Rn 24 und 34). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Erfindungsgegenstand hinsichtlich der ursprünglichen Teilanmeldung unzulässig erweitert.

In der ursprünglichen Anmeldung EP 1 810 xxx A2 (Anlage AG 6) wird ausgeführt, dass sich die vorliegende Erfindung auf eine feste kontrolliert freisetzende orale Dosierungsform beziehe, die 10 bis 40 mg Oxycodon oder ein Salz davon in einer Matrix enthalte, wobei die Freisetzungsrate der Dosierungsform in-vitro zwischen 12,5 und 42,5 Gew.-% freigesetztes Oxicodon nach einer Stunde, zwischen 25 und 56 Gew.-% nach zwei Stunden, zwischen 45 und 75 Gew.-% nach vier Stunden und zwischen 55 und 85 Gew.-% nach sechs Stunden beträgt und die in-vitro-Freisetzungsrate im Wesentlichen unabhängig vom pH-Wert ist, so dass („such that“) in-vivo nach einer bestimmten Zeit eine bestimmte Plasmaspitzenkonzentration erreicht wird (Abs. [0011] der Anlage AG 6). Es bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob der Erfindungsgegenstand durch die Beschränkung auf eine kontrolliert freisetzende Matrix und durch die Auswahl bestimmter kontrolliert freisetzender Matrixmaterialien über den Inhalt der ursprünglichen Patentanmeldung hinausgeht. Jedenfalls werden in der Patentanmeldung auch die im Verfügungspatentanspruch genannten Matrixmaterialien erwähnt (Abs. [0033] der Anlage AG 6). Allerdings werden die Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester von Fettsäuren, pflanzlichen Öle und Wachse nur beispielshaft als Matrixmaterialien aus der Gruppe der bekömmlichen beziehungsweise verdaulichen langkettigen (C8-C50, insbesondere C12-C40) substituierten oder nicht-substituierten Kohlenwasserstoffe aufgeführt, die wiederum neben den Gruppen der hydrophilen Polymere und der Polyalkylenglykole genannt werden (Abs. [0033] der Anlage AG 6).

Da in dem Verfügungspatentanspruch sowohl nach dem Hauptanspruch als auch nach dem ersten Hilfsantrag aus der Gruppe der langkettigen Kohlenwasserstoffe (vgl. Gruppe (b) in Abs. [0033] der Anlage AG 6) einzelne Matrixmaterialien ausgewählt sind, ohne dass diese im Verfügungspatentanspruch auf langkettige (C8-C50) Kohlenwasserstoffe beschränkt sind, geht der Erfindungsgegenstand über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus. Die Gruppe der Kohlenwasserstoffe wird in der Patentanmeldung dadurch näher beschrieben und begrenzt, dass es sich um bekömmliche – nach Auffassung der Antragsgegnerinnen verdauliche – langkettige (C8-C50, insbesondere C12-C40), substituierte oder unsubstituierte Kohlenwasserstoffe handeln soll (Abs. [0033] der Anlage AG 6). Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Angabe C8-C50 sei nur beispielhaft zu verstehen. Dem kann jedoch nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Vielmehr wird aus der korrespondierenden Textstelle der Patentanmeldung deutlich, dass weniger die Kettenlänge C8-C50 als der Bereich C12-C40 bevorzugt wird, weil es heißt: „C8-C50, especially C12-C40“ (Abs. [0033] der Anlage AG 6). Im Übrigen wird im Patentanspruch 5 der ursprünglichen Anmeldung eine Matrix offenbart, die aus substituierten oder unsubstituierten Kohlenwasserstoffen von etwa 8 bis etwa 50 Kohlenstoffatomen besteht („from about 8 to about 50 carbon atoms“, S. 17 Z. 8 f der Anlage AG 6). Daraus folgt, dass nach dem Verständnis der Patentanmeldung die Kettenlänge der für eine kontrolliert freisetzende Matrix geeigneten Kohlenwasserstoffe jedenfalls etwa 8 bis etwa 50 Kohlenstoffatome betragen muss. Ohne diese Einschränkung im Verfügungspatentanspruch gehören nunmehr aber Kohlenwasserstoffe mit einer Kettenlänge von weniger als etwa 8 C-Atomen – insbesondere also kurz- und mittelkettige Kohlenwasserstoffe – beziehungsweise von mehr als etwa 50 C-Atomen zum Erfindungsgegenstand. Dass jenseits dieser Grenzen keine Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester von Fettsäuren, pflanzlichen Öle und Wachse existieren, hat die Antragstellerin nicht dargelegt. Ohne die Einschränkung auf langkettige (C8-C50) Kohlenwasserstoffe geht der Erfindungsgegenstand aber über die ursprüngliche Patentanmeldung hinaus.

B
Der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags überwiegend begründet.

I.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerinnen zu 1), 3) und 4) einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Herstellung (nur Antragsgegnerin zu 4)) und des weiteren Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG. Der Anspruch besteht jedoch nicht gegen die Antragsgegnerin zu 2), weil diese bislang keine Verletzungshandlung begangen hat und eine (Erst-)Be-gehungsgefahr für eine Patentverletzung nicht bejaht werden kann.

1.
Hinsichtlich des im Verfügungspatent gewürdigten Standes der Technik, seiner Nachteile und des zu lösenden technischen Problems wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag und zum ersten Hilfsantrag verwiesen (Abschnitt A I.). Der nunmehr mit dem zweiten Hilfsantrag eingeschränkt geltend gemachte Verfügungspatentanspruch lässt sich wie folgt gliedern:

1. Eine kontrolliert freisetzende Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsform zur oralen Verabreichung an menschlichen Patienten.
2. Die Dosierungsform umfasst
2.1 10 mg bis 40 mg Oxycodonhydrochlorid,
2.2 eine kontrolliert freisetzende Matrix, umfassend
2.2.1 Oxycodonhydrochlorid und
2.2.2 ein kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial.
3. Die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, die in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform enthalten sind, sind ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus bekömmlichen („digestible“), langkettigen (C8-C50), substituierten und nicht-substituierten Fettsäuren, Fettalkoholen, Glycerylestern von Fettsäuren, pflanzlichen Ölen und Wachsen.
4. Die Dosierungsform stellt eine in-vitro-Auflösung bereit,
4.1 wobei
4.1.1 zwischen 12,5 Gew.-% und 42,5 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach einer Stunde freigesetzt sind,
4.1.2 zwischen 25 Gew.-% und 56 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach zwei Stunden freigesetzt sind,
4.1.3 zwischen 45 Gew.-% und 75 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach vier Stunden freigesetzt sind und
4.1.4 zwischen 55 Gew.-% und 85 Gew.-% Oxycodonhydrochlorid nach sechs Stunden freigesetzt sind,
wenn nach dem USP-Paddle-Verfahren bei 100 UpM in 900 ml wässrigem Puffer (pH zwischen 1,6 und 7,2) bei 37° C gemessen wird, und
4.2 wobei die in-vitro-Freisetzung unabhängig vom pH-Wert ist.

2.
Die mit dem Verfügungspatentanspruch geschützte Dosierungsform besteht aus 10 mg bis 40 mg Oxycodonhydrochlorid und verschiedenen kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialen, die eine entsprechend kontrolliert freisetzende Matrix bilden. Dabei übernimmt das Oxycodonhydrochlorid die Funktion des schmerzlindernden Wirkstoffs, dessen Dosierungsbandbreite nach dem Verfügungspatent wesentlich geringer sein soll als die der im Stand der Technik bekannten Schmerzmittel (Abs. [0021]; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der mit Absätzen beschrifteten deutschen Übersetzung der Verfügungspatentschrift, Anlage ASt 2a). Die kontrolliert freisetzende Matrix hat bei der Verabreichung der Dosierungsform die Aufgabe, den Wirkstoff verzögert freizusetzen. Dies geschieht mit den im Merkmal 3 genannten kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, die als Matrix das in der Merkmalsgruppe 4 beschriebene Freisetzungsverhalten aufweisen sollen.

a) Das Verfügungspatent versteht den Begriff „kontrolliert freisetzend“ entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen nicht allgemein als örtlich oder zeitlich gesteuerte Freisetzung des Wirkstoffs, sondern in Abgrenzung zur „sofortigen Freisetzung“ als eine „verlängerte Freisetzung“. Das heißt, die Wirkung des Oxycodonhydrochlorid soll im Vergleich zu sofort freisetzenden Formulierungen langsamer einsetzen und länger anhalten. Dies ergibt sich aus der zur Auslegung des Verfügungspatentanspruchs gemäß Art. 69 EPÜ heranzuziehenden Beschreibung des Verfügungspatents, in der die kontrollierte Freisetzung der sofortigen Freisetzung gegenübergestellt wird (vgl. Abs. [0024] und [0071]) und durchweg als verlängerte Freisetzung verstanden wird.

Nach der Beschreibung des Verfügungspatents führen Oxycodon-Formulierungen mit kontrollierter Freisetzung, verabreicht alle 12 Stunden, im Vergleich zu oralem Oxycodon mit sofortiger Freisetzung, verabreicht alle sechs Stunden, in der gleichen täglichen Gesamtdosis zu vergleichbaren Absorptionswerten sowie vergleichbaren maximalen und minimalen Konzentrationen. Der Unterschied liegt darin, dass der Zeitpunkt der maximalen Konzentration bei kontrollierter Freisetzung ungefähr 2 bis 4,5 Stunden nach oraler Verabreichung im Vergleich zu ungefähr einer Stunde bei sofortiger Freisetzung (Abs. [0024]) und damit verlängert erreicht wird. Die Auswirkungen einer „kontrollierten Freisetzung“ auf das Verhalten des Wirkstoffs werden im Rahmen der Darstellung der Vergleichsausführungen am Ende des Beispiels 17 dahingehend zusammengefasst, dass eine kontrolliert freisetzende Oxycodon-Formulierung ein wirksames orales Analgetikum mit einem langsameren Einsetzen der Wirkung, aber einer längeren Wirkungsdauer im Vergleich zu sofort freisetzenden Oxycodon-Formulierungen darstellt (Abs. [0081]). Auch wenn es sich bei den Beispielen nicht um erfindungsgemäße Ausführungsformen handelt, ändert dies nichts daran, dass der Begriff der kontrollierten Freisetzung in der Verfügungspatentschrift durchweg als verlängerte Freisetzung im vorgenannten Sinne verstanden wird.

Dem können die Antragsgegnerinnen nicht mit Erfolg den Hinweis in der Verfügungspatentschrift entgegenhalten, dass es auf pharmazeutischem Gebiet üblich sei, für einen mindestens zwölfstündigen therapeutischem Effekt einer kontrolliert freisetzenden Dosierungsform eine Formulierung zu bilden, die einen maximalen Plasmaspiegel des Wirkstoffs nach vier bis acht Stunden nach der Verabreichung erreiche, und überraschend gefunden worden sei, dass im Fall von Oxycodon ein maximaler Plasmaspiegel bereits nach zwei bis viereinhalb Stunden für einen zwölfstündigen therapeutischen Effekt sorge. Denn dem Verfügungspatent geht es nicht darum, den gegebenenfalls anderweitig üblichen Verzögerungseffekt von vier bis acht Stunden zu verkürzen, sondern überhaupt eine Dosierungsform mit dem Wirkstoff Oxycodonhydrochlorid und einer kontrollierten, das heißt verlängerten, statt sofortigen Freisetzung bereitzustellen.

Diese Auslegung deckt sich weitgehend mit dem allgemeinen Verständnis des Fachmanns vom Begriff der kontrollierten Freisetzung (vgl. S. 19 li. Sp. der Anlage ASt 45 und S. 833 der Anlage ASt 47). Zwar wird in dem Handbuch „Die Tablette“ von Ritschel und Bauer-Brandl die fehlende Eindeutigkeit der Vielzahl verschiedener Bezeichnungen für eine kontrollierte beziehungsweise verlängerte Freisetzung bemängelt, so dass die Wahl der spezifischen Bezeichnung letztlich dem Einzelfall überlassen bleibe. Es wird aber auch festgestellt, dass die verschiedenen Bezeichnungen mehr oder weniger das gleiche meinen (S. 19 li. Sp. der Anlage ASt 45). In der Tat ist es vom technischen Wortsinn des Begriffs „kontrolliert freisetzend“ her verfehlt, jedwede örtliche und zeitliche Steuerung der Wirkstofffreisetzung als kontrollierte Freisetzung im Sinne des Verfügungspatents zu verstehen, weil dann sogar die sofortige Freisetzung kontrolliert – nämlich hier und jetzt – ablaufen würde. Wie die kontrollierte Freisetzung im Fall einer erfindungsgemäßen Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsform erfolgen soll, ist im Verfügungspatentanspruch durch die Anforderungen an das konkrete in-vitro-Freisetzungsprofil der Dosierungsform normiert. Demnach wird der Wirkstoff Oxycodonhydrochlorid eben nicht sofort freigesetzt, sondern verzögert: Nach zwei Stunden sollen erst zwischen 12,5 Gew.-% und 56 Gew.-% des Wirkstoffs freigesetzt sein und nach sechs Stunden zwischen 55 Gew.-% und 85 Gew.-%. Mit dem erfindungsgemäßen Freisetzungsprofil wird nichts anderes als eine verlängerte Freisetzung in Abgrenzung zu einer sofortigen Freisetzung beschrieben.

b) Als kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien im Sinne der Lehre des Verfügungspatentanspruchs sind alle matrixbildenden Bestandteile zu verstehen, die als solche bewirken, dass der Wirkstoff nicht sofort, sondern verlängert freigesetzt wird. Nach dem Wortlaut des nunmehr eingeschränkt geltend gemachten Verfügungspatentanspruchs darf es sich bei den Matrixmaterialien lediglich um bekömmliche („digestible“) langkettige (C8-C50), substituierte und nicht-substituierte Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester von Fettsäuren, pflanzliche Öle und Wachse handeln. Nach seinem technischen Sinngehalt ist die erfindungsgemäße Lehre jedoch dahingehend zu verstehen, dass die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien nur aus bekömmlichen („digestible“) langkettigen (C8-C50) substituierten und nicht substituierten Kohlenwasserstoffen bestehen dürfen, von denen wiederum nur Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester von Fettsäuren, pflanzliche Öle und Wachse zugelassen sind. Die Eigenschaften „langkettig“ und „(nicht) substituiert“ beziehen sich zunächst auf Kohlenwasserstoffe in ihrer Allgemeinheit, was im vorliegenden Fall bereits durch die Beschränkung des Begriffs „langkettig“ durch die Kettenlänge C8-C50 deutlich wird. Aber auch aus der Beschreibung des Verfügungspatents ergibt sich, dass gerade die Kohlenwasserstoffe spaltbar, langkettig (C8-C50, insbesondere C12-C40) und (nicht-)substituiert sein müssen (Abs. [0033]).

aa) Nach dem Wortlaut des nunmehr beschränkt geltend gemachten Verfügungspatentanspruchs sollen die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien bekömmlich sein. Dieses Merkmal geht auf den in der englischen Originalfassung der Patentanmeldung verwendeten Begriff „digestible“ zurück (vgl. Abs. [0033] der Anlage AG 6), der sich zu Klarstellungszwecken auch im zweiten Hilfsantrag wiederfindet. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen werden die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien durch den Begriff „digestible“ nicht auf verdauliche Matrixbestandteile im Sinne spaltbarer oder zersetzbarer Materialien beschränkt, sondern umfassen auch bekömmliche, das heißt für den Menschen genießbare, wenn auch unverdauliche Matrixmaterialien. In der englischen Sprache umfasst der Begriff „digestible“ beide Bedeutungen – bekömmlich und verdaulich – und muss daher in diesem Sinne verstanden werden. Für diese Auslegung spricht, dass in der Beschreibung des Verfügungspatents Mineralöle genannt werden („mineral oils“, Abs. [0033] Z. 49 der Anlage ASt 1), die unverdaulich, aber teilweise bekömmlich sind (vgl. Anlage ASt 53: „indigestible“). Ebenso werden in den im Verfügungspatent beschriebenen Vergleichsausführungen der nicht verdauliche, aber für den Menschen verträgliche Cetostearylalkohol und dessen Bestandteil Stearylalkohol (vgl. Anlagen ASt 54 und 55) als Matrixmaterial verwendet (bspw. Abs. [0036], [0039] oder [0057]). Es handelt sich nach der Beschreibung des Verfügungspatents um bevorzugte Materialien in der Form aliphatischer Fettalkohole (Abs. [0033]). Zwar sind die im Verfügungspatent angeführten Vergleichsausführungen nicht erfindungsgemäß. Mit Blick auf die Vielzahl der in der Verfügungspatentschrift angegebenen – wenn auch nicht immer beanspruchten – geeigneten Matrixmaterialien kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass durch den Begriff „digestible“ gerade Cetostearylalkohol oder Stearylalkohol und mit ihm alle unverdaulichen, aber bekömmlichen Fettalkohole als Bestandteile einer erfindungsgemäßen Matrix ausgeschlossen werden sollten. Dass die Vergleichsausführungen nicht der Lehre des Verfügungspatentanspruchs entsprechen, hat seine Ursache vielmehr darin, dass die Dosierungsformen Eudragit RS PM beziehungsweise Hydroxyethylcellulose beinhalten, die zur nicht beanspruchten Gruppe der hydrophilen Polymere gehören.

bb) Das Merkmal „langkettig (C8-C50)“ beschreibt die jeweilige substituierte oder nicht substitutierte Kohlenstoffkette der Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester von Fettsäuren, Öle und Wachse. Bereits begrifflich kommt es dabei nicht auf die Gesamtzahl der Kohlenstoffatome innerhalb der Verbindung an, sondern auf die Länge der jeweiligen Kohlenstoffkette, die erfindungsgemäß acht bis 50 Kohlenstoffatome umfassen darf. Die Antragstellerin hat durch das dritte Ergänzungsgutachten des von ihr beauftragten Sachverständigen Dglaubhaft gemacht, dass für die Kettenlänge eines Kohlenwasserstoffs üblicherweise die längste ununterbrochene Kohlenstoffkette maßgeblich ist (S. 4 der Anlage ASt 73). Es besteht kein Anlass, hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „langkettig (C8-C50)“ im Verfügungspatentanspruch von diesem Verständnis abzuweichen und stattdessen die Gesamtzahl der Atome einer Verbindung zugrunde zu legen. Dies würde dazu führen, dass viele Fettsäuren für sich genommen zwar langkettige (C8-C50) Kohlenwasserstoffe und damit geeignete Matrixmaterialien bilden, die im Verfügungspatentanspruch genannten Glycerylester – insbesondere die Triglyceride – dieser Fettsäuren aber aufgrund der höheren Gesamtzahl der Kohlenstoffatome nicht mehr als langkettige (C8-C50) Kohlenwasserstoffe angesehen werden könnten, obwohl Glycerylester dieser Fettsäuren durchaus kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien bilden. Anhaltspunkte für die Auffassung der Antragsgegnerin, die Gesamtzahl der Kohlenstoffatome innerhalb einer Verbindung zugrunde zu legen, finden sich weder in der Verfügungspatentschrift, noch haben die Antragsgegnerinnen glaubhaft gemacht, dass dem Begriff „langkettig (C8-C50)“ in der Fachwelt ein solches Verständnis zukommt.

cc) Bei den im Verfügungspatentanspruch genannten „bekömmlichen, langkettigen (C8-C50) substituierten und nicht substituierten“ Kohlenwasserstoffen handelt es sich nur dann um erfindungsgemäße Matrixmaterialien, wenn es sich zugleich um Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester, pflanzlichen Öle oder Wachse handelt. Andere Materialien, die als solche eine verlängerte Freisetzung des Oxycodonhydrochlorids bewirken, sind ausgeschlossen. Das heißt jedoch nicht, dass die Matrix keine weiteren Bestandteile aufweisen darf. In der Beschreibung des Verfügungspatents wird ausgeführt, dass die Matrix neben den genannten kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien geeignete andere Bestandteile wie beispielsweise Verdünnungsmittel, Schmiermittel, Bindemittel, Granulierungshilfen, Färbemittel, Aromastoffe und Gleitmittel enthalten kann, die auf pharmazeutischem Gebiet üblich sind (Abs. [0034] und Unteranspruch 2). Es darf sich insofern lediglich nicht um kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien handeln. An dieser Stelle bestätigt sich erneut, dass der Begriff „kontrolliert freisetzend“ nur als „verlängert“, und nicht allgemein als „gesteuert freisetzend“ verstanden werden kann. Denn weitgehend alle Bestandteile einer Matrix, darunter auch die Verdünnungsmittel und Bindemittel, sogar der Wirkstoff selbst, beeinflussen das Freisetzungsverhalten der Dosierungsform. Gleichwohl gehören nach der Lehre des Verfügungspatentanspruchs nicht alle Bestandteile, die das Freisetzungsverhalten beeinflussen (und insofern steuern), zu den kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien. Das sind nur die Matrixbestandteile, die als solche die Wirkstofffreisetzung verzögern.

dd) Die im Verfügungspatentanspruch konkret genannten Matrixmaterialien bedürfen im vorliegenden Fall bis auf die Wachse keiner näheren Definition. Die Öle und Wachse stehen im Verfügungspatentanspruch neben den chemisch definierten Fettsäuren, Fettalkoholen und Glycerylestern von Fettsäuren. Gleichwohl ist der technische Sinngehalt des Begriffs „Wachse“ im Verfügungspatentanspruch entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen nicht rein chemisch in dem Sinne zu verstehen, dass es sich bei Wachsen um Ester von höheren einwertigen Alkoholen (Fettalkoholen) mit Fettsäuren handeln muss. Bereits systematisch ist der Ansatz, den Begriff der Wachse allein über die anderen Untergruppen geeigneter Matrixmaterialien (Fettsäuren, Fettalkoholen und Glycerylestern von Fettsäuren) zu definieren, nicht zwingend, zumal auch die Öle nicht rein chemisch zu bestimmen sind. Erforderlich ist zunächst nur, dass es sich um bekömmliche, langkettige (C8-C50) substituierte oder nicht-substituierte Kohlenwasserstoffe handelt. Darüber hinaus hat die Antragstellerin durch das zweite Ergänzungsgutachten des von ihr beauftragten Sachverständigen D(Anlage ASt 42) glaubhaft gemacht, dass der Begriff Wachs im Stand der Technik eine Sammelbezeichnung für eine Reihe natürlich oder künstlich gewonnener Stoffe darstellt, die durch ihre mechanisch-physikalischen Eigenschaften definiert sind (Rn 3.2 der Anlage ASt 42 und die zugehörigen Anlagen 33-35). Auch der von den Antragsgegnerinnen beauftragte Sachverständige E weist in seinem Gutachten auf ein Lehrbuch für Pharmazeuten hin, in dessen Abschnitt über Salben der Autor List zunächst diese Definition des Begriffs der Wachse heranzieht und anschließend eine abweichende Definition vorschlägt (S. 305 der Anlage WF 4 zur Anlage AG 2). Demnach sollen die Wachse zur Gruppe der Ester höherer Fettsäuren mit höheren Alkoholen gehören. Eine Einschränkung auf einwertige Fettalkohole findet sich gerade nicht. Diese wird nur in der vorgelegten Propädeutischen Arzneiformenlehre von Graf und Beyer (Anlage WF 3 zur Anlage AG 22) vorgenommen. Selbst die Arzneiformenlehre von Weidenauer und Beyer beschreibt Wachse als Gemische von Estern langkettiger, einwertiger, seltener zweiwertiger Alkohole oder von Stearinen mit langkettigen Fettsäuren (Anlage WF 2 zur Anlage AG 22).

Ausgehend von einer funktionalen Betrachtung sind unter Wachsen im Sinne der Lehre des Verfügungspatents alle Substanzen zu verstehen, die aufgrund ihrer mechanisch-physikalischen Eigenschaften, wie sie in der Fachwelt für den Begriff der Wachse anerkannt sind, für die Verwendung als kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien geeignet sind. Erforderlich ist lediglich, dass es sich bei den Bestandteilen des jeweiligen Wachses um bekömmliche, langkettige (C8-C50) substituierte oder nicht-substituierte Kohlenwasserstoffe handelt. Die allein chemische Definition der Antragsgegnerinnen scheidet unter funktionalen Gesichtspunkten bereits deswegen aus, weil sie auch Flüssigkeiten umfasst, die zur Verwendung in einer kontrolliert freisetzenden Matrix ungeeignet sind. Im Übrigen hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht, dass durch die Definition der Antragsgegnerinnen eine Vielzahl von Substanzen nicht erfasst wird, die in pharmazeutischen Lehrbüchern als Wachse klassifiziert sind (S. 8 der Anlage ASt 73). Soweit zu diesen Substanzen auch Wachse gehören, die für eine kontrolliert freisetzende Matrix geeignet sind, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies vom Verfügungspatent gewollt ist. Dass infolge der Definition der Wachse anhand ihrer mechanisch-physikalischen Eigenschaften auch Polyalkylenglykole unter den Begriff der Wachse fallen, steht der hier vorgenommenen Auslegung nicht entgegen, auch wenn die Polyalkylenglykole in der Beschreibung des Verfügungspatents als dritte Gruppe geeigneter Matrixmaterialien neben den hydrophilen Polymeren und den langkettigen Kohlenwasserstoffen genannt, aber vom Verfügungspatent nicht beansprucht sind. Denn unter funktionalen Gesichtspunkten ist es für die Aufzählung der kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien nicht erforderlich, dass sich die drei genannten Gruppen gegenseitig ausschließen, zumal es Polyalkylenglykole gibt, die keine Wachse darstellen.

ee) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen sind die im Verfügungspatentanspruch genannten Wachse nicht auf pflanzliche Wachse beschränkt, weil sich der Begriff „pflanzlich“ allein auf die vorgenannten Öle bezieht. In sprachlicher Hinsicht ist dieser Bezug zwar nicht eindeutig, ergibt sich aber aus der Beschreibung des Verfügungspatents. Darin werden als geeignete Matrixmaterialien unter anderem mineralische und pflanzliche Öle und Wachse genannt (Abs. [0033]). Es ist ohne weiteres ersichtlich, dass mit dem in der englischen Fassung des Verfügungspatents verwendeten Begriff „mineral oils“ (Abs. [0033] Z. 49 der Anlage ASt 1) die allgemein bekannten Mineralöle gemeint sind. Hingegen ist eine Beschränkung auf mineralische und pflanzliche Wachse unter funktionalen Gesichtspunkten nicht angebracht: Der in der mündlichen Verhandlung anwesende Privatgutachter der Antragstellerin hat zwar erklärt, dass es mineralische Wachse gebe, hat aber ein solches Wachs aus dem Stehgreif nicht benennen können. Ebenso hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass in der Pharmazie hauptsächlich Bienenwachs eingesetzt werde. Dies berücksichtigend kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die in Absatz [0033] genannten Eigenschaften „mineralisch und pflanzlich“ gerade das in der Pharmazie häufig eingesetzte Bienenwachs von den geeigneten Matrixmaterialien ausgeschlossen, mineralische Wachse aber erfasst werden sollen.

c) Das bereits angesprochene Freisetzungsprofil einer erfindungsgemäßen Dosierungsform soll sich nach der Lehre des Verfügungspatentanspruchs ergeben, wenn die Gewichtsanteile des freigesetzten Oxycodonhydrochlorids in einer in-vitro-Auflösung nach dem USP-Paddle-Verfahren bei 100 UpM in 900 ml wässrigem Puffer mit einem pH-Wert zwischen 1,6 und 7,2 gemessen werden. Es handelt sich dabei um ein Messverfahren, das in der United States Pharmacopeia beschrieben ist, einem Arzneibuch mit einer Sammlung der anerkannten pharmazeutischen Standards zur Prüfung, Lagerung und Bezeichnung von Arzneimitteln (siehe die als Anlage ASt 24.1 vorgelegte USP XXII von 1990, dort den Versuch <724> „Drug Release“, der auf den Versuch <711> „Dissolution“ rückbezogen ist, und die entsprechende deutsche Übersetzung, Anlage ASt 24.2). Der Verweis auf das USP-Paddle-Verfahren im Verfügungspatentanspruch bedeutet jedoch nicht, dass alle Einzelheiten vom Versuchsaufbau bis hin zur Interpretation der Ergebnisse anhand der Akzeptanz-Tabellen für die Verwirklichung der patentgemäßen Lehre maßgeblich sind. Insbesondere bedarf es keiner zwei- oder gar dreistufigen Analyse von zweimal sechs Tabletten und gegebenenfalls weiteren 12 Tabletten und einer anschließenden Berechnung von Mittelwerten, um die Messergebnisse interpretieren zu können (vgl. „Interpretation“ und „Acceptance Table 1“ in re. Sp. auf. S. 1580 der Anlage ASt 24.1). Mit einem solchen Verfahren soll überprüft werden, ob Tabletten tatsächlich das auf der Verpackung angegebene Freisetzungsverhalten aufweisen. Insofern ist die Bildung von Mittelwerten sinnvoll, wenn einzelne Abweichungen vom Freisetzungsverhalten toleriert werden können, wie es nach den Erläuterungen des USP-Paddle-Verfahrens in der USP XXII zu Versuch <724> der Fall zu sein scheint. Gegenstand des Verfügungspatentanspruchs ist nach seinem Wortlaut jedoch eine einzelne Oxycodonhydrochlorid-Dosierungsform und nicht eine ganze Charge, die den Anforderungen an das patentgemäße Freisetzungsprofil genügen muss. In der Verfügungspatentschrift findet sich daher kein Hinweis darauf, das Freisetzungsverhalten der Dosierungsform über die Bildung von Mittelwerten mehrerer Dosierungsformen zu bestimmen, wie es im Versuch <724> der USP XXII beschrieben ist. Eine vergleichbare Anweisung zur Berücksichtigung von Mittelwerten findet sich lediglich im Zusammenhang mit der Bestimmung der pH-Wert-Unabhängigkeit des Freisetzungsprofils (vgl. Abs. [0014]), was nicht erforderlich gewesen wäre, wenn die Verfügungspatentschrift bereits von der Anwendung des gesamten USP-Paddle-Verfahrens einschließlich der auf die Interpretation der Messergebnisse gerichteten Teile ausginge.

d) Der Begriff „im Wesentlichen pH-Wert-unabhängig“ wird in der Verfügungspatentschrift definiert. Demnach ist das Freisetzungsverhalten der erfindungsgemäßen Dosierungsform vom pH-Wert unabhängig, wenn die Differenz zwischen der Menge an freigesetztem Oxycodon bei einem ersten pH-Wert und die freigesetzte Menge bei jedem anderen pH-Wert zu jeder beliebigen Zeit 10 Gew.-% oder weniger beträgt. Die freigesetzten Mengen werden in vitro unter Verwendung des USP-Paddle-Verfahrens bei 100 UpM in 900 ml wässrigem Puffer bestimmt und „stellen in allen Fällen einen Mittelwert aus mindestens drei Experimenten dar“ (Abs. [0014]). Nur bezüglich der pH-Wert-Unabhängigkeit soll also für jeden pH-Wert ein Mittelwert über die in drei Experimenten bestimmten freigesetzten Wirkstoffmengen gebildet und anschließend die prozentualen Abweichungen der Mittelwerte verschiedener pH-Werte berechnet werden.

3.
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der Lehre des Verfügungspatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch. Dies ist zwischen den Parteien für die Merkmale 1 bis 2.2.2 und die Merkmale 4 bis 4.1.3 zu Recht unstreitig. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen weisen die angegriffenen Ausführungsformen aber auch die Merkmale 3, 4.1.4 und 4.2 auf.

a) Von den im Tablettenkern der angegriffenen Ausführungsformen enthaltenen Bestandteilen gehören die mittelkettigen Triglyceride unstreitig zu den im Merkmal 3 genannten Glycerylestern von Fettsäuren und damit zu kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien im Sinne des Verfügungspatentanspruchs. Aber auch das hydrierte Rizinusöl und die Behenoyl Polyoxyglyceride stellen erfindungsgemäße Matrixmaterialien dar. Die Existenz weiterer Bestandteile im Tablettenkern, darunter Lactose-Monohydrat, ist für die Verwirklichung der erfindungsgemäße Lehre unbeachtlich, weil diese Bestandteile nicht kontrolliert freisetzend sind.

aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei hydriertem Rizinusöl um ein Glycerylester von Fettsäuren handelt, da es aus Triglyceriden von 12-Hydroxystearinsäure und – in geringeren Anteilen – von anderen Fettsäuren wie Palmitinsäure, Stearinsäure oder Arachidinsäure besteht. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen handelt es sich bei hydriertem Rizinusöl aber auch um einen langkettigen (C8-C50), substituierten Kohlenwasserstoff, da die maßgebliche 12-Hydroxystearinsäure 18 Kohlenstoffatome lang ist und mit einer Glycerylester-Funktion am C-1-Atom und einer Hydroxygruppe am C-12-Atom substituiert ist. Die Antragstellerin hat durch das dritte Ergänzungsgutachten des von ihr beauftragten Sachverständigen D glaubhaft gemacht, dass es sich bei der 12-Hydroxystearinsäure um die längste ununterbrochene Kohlenstoffkette mit 18 Kohlenstoffatomen handelt und sich die Zählweise der Kettenlänge auch im Falle von Glycerylestern dieser Fettsäuren nicht ändert (S. 4 f der Anlage ASt 73). Diesen Vortrag der Antragstellerin haben die Antragsgegnerinnen nicht substantiiert bestritten. Ihr Vortrag beschränkt sich im Wesentlichen auf die von ihr vertretene Auffassung, dass sich der Begriff „langkettig (C8-C50)“ auf die Gesamtzahl der Kohlenstoffatome innerhalb der Verbindung beziehe. Dieser Einwand bleibt aufgrund der vorstehenden Ausführungen zur Auslegung des Verfügungspatentanspruchs ohne Erfolg.

bb) Bei den Behenoyl Polyoxyglyceriden handelt es sich ebenfalls um kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien im Sinne des Verfügungspatentanspruchs. Sie bestehen aus Mischungen von Estern der Behensäure mit Glycerol und von Estern der Behensäure mit Polyethylenglykolen. Die erstgenannten Verbindungen stellen unstreitig langkettige (C8-C50), substituierte Kohlenwasserstoffe in der Form von Glycerylestern von Fettsäuren dar und gehören damit zu den erfindungsgemäßen Matrixmaterialien. Bei den Estern der Behensäure mit Polyethylenglykolen handelt es sich hingegen um langkettige (C8-C50), substituierte Kohlenwasserstoffe in der Form erfindungsgemäßer Wachse. Dies hat die Antragstellerin mit den von ihr vorgelegten zweiten und dritten Ergänzungsgutachten von D (Anlage ASt 42 und ASt 73) und den dazugehörigen Anlagen glaubhaft gemacht.

Behensäure ist eine Fettsäure mit einer Säurefunktion und einer Kettenlänge von 22 Kohlenstoffatomen. Es handelt sich somit um einen langkettigen (C8-C50), substituierten Kohlenwasserstoff im Sinne der Lehre des Verfügungspatentanspruchs (S. 7 der Anlage ASt 73). Im Fall der Ester der Behensäure mit Polyethylenglykolen ist die Säurefunktion durch eine Esterfunktion – hier durch Polyethylenglykol – ersetzt (S. 7 der Anlage ASt 73). Die Verbindung bildet jedoch weiterhin einen langkettigen (C8-C50), substituierten Kohlenwasserstoff mit einer Kettenlänge von 22 Kohlenstoffatomen, bei dem lediglich der Substituent verändert wurde. Auch wenn diese Verbindung vordergründig eine einzige, unverzweigte Kette darstellt, können sich die Antragsgegnerinnen nicht mit Erfolg darauf berufen, dass für die Bestimmung der Kettenlänge sämtliche Kohlenstoffatome der gesamten Kette heranzuziehen seien. Diese Auffassung verkennt, dass die jeweilige Gesamtkette durch einen Ester von Verbindungen verschiedener Gruppen, nämlich zum einen der Behensäure und zum anderen der Polyethylenglykole, gebildet wird. Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Behensäure, deren Säurefunktion durch eine Esterfunktion ersetzt wurde. Allein der Umstand, dass diese Verbindung nunmehr eine durchgehende Kette bildet, rechtfertigt es nicht, statt der Kettenlänge der Behensäure die Gesamtzahl aller Kohlenstoffatome zugrunde zu legen, zumal es sich nicht um eine durchgehende Kohlenstoffkette handelt, sondern die Veresterung dafür sorgt, dass die Polyethylenglykole jeweils über ein Sauerstoffatom mit der Behensäure verbunden sind. Andere Gründe, aufgrund derer die Kohlenstoffatome der gesamten Kette bestehend aus den Estern der Behensäure mit den Polyethylenglykolen für die Bestimmung der Kettenlänge heranzuziehen sein sollte, haben die Antragsgegnerinnen nicht glaubhaft machen können. Ebenso wenig greift der weitere von den Antragsgegnerinnen in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand durch, die Polyethylenglykol-Kette sei so groß, dass die Ester der Behensäure mit Polyethylenglykol keine Kohlenwasserstoffe mehr darstellten. Abgesehen davon, dass die mittlere Zahl der Ethylenoxid-Einheiten 9 beträgt (S. 5 der Anlage AG 22), führt der Umstand, dass die Säurefunktion durch einen anderen, größeren Substituenten – hier das Polyethylenglykol – ersetzt ist, nicht dazu, dass die Ester der Behensäure mit Polyethylenglykolen nicht mehr als substituierter Kohlenwasserstoff angesehen werden können.

Bei den Estern der Behensäure mit Polyethylenglykolen handelt es sich weiterhin um Wachse im Sinne der Lehre des Verfügungspatentanspruchs. In dem als Anlage zu dem zweiten Ergänzungsgutachten beigefügten Auszug der „Encyclopedia of Chemistry“ von van Nostrand werden die Ester der Behensäure mit Polyethylenglykolen als synthetisches Wachs bezeichnet (S. 1014 der Anlage 35 zur Anlage ASt 42). Entsprechend werden in dem Aufsatz „Sustained release wax matrix formulations of Ketorolac Tromethamine with Compritol 888 ATO and HD 5 ATO“ von Genç u.a. Formulierungen mit verlängerter Wirkstofffreisetzung beschrieben, deren Wachsmatrix aus Compritol HD 5 ATO gebildet wurde (Anlage 36 zur Anlage ASt 42). Bei Compritol HD 5 ATO handelt es sich genau um das Produkt, mit dem im Tablettenkern der angegriffenen Ausführungsform die Behenoyl Polyoxyglyceride bereitgestellt werden. Auch in der als Anlage AG 13 vorgelegten USP Monographie wird dieser Bestandteil der angegriffenen Ausführungsform als wächsern bezeichnet. Die Antragsgegnerinnen haben vor diesem Hintergrund nicht hinreichend substantiiert bestritten, dass die Ester der Behensäure mit Polyethylenglykolen nicht die mechanisch-physikalischen Eigenschaften von Wachsen im Sinne der Lehre des Verfügungspatentanspruchs aufweisen. Allein der Hinweis, dieser Bestandteil des Tablettenkerns komme strukturell und funktionell den in der Verfügungspatentschrift genannten, aber nicht als Matrixmaterial beanspruchten Polyalkylenglykolen (vgl. Abs. [0033]) am nächsten, greift ohne nähere Begründung nicht durch. Abgesehen davon handelt es sich bei den Estern der Behensäure mit Polyethylenglykolen auch nicht um Polyalkylenglykole, sondern um Ester von Polyalkylenglykolen. Dass es sich bei den Estern der Behensäure mit Polyethylenglykolen um synthetische Wachse handelt, ist unschädlich, da der Verfügungspatentanspruch nicht auf pflanzliche Wachse beschränkt ist. Dass diese Verbindung bekömmlich (und nicht zwingend verdaulich) ist, haben auch die Antragsgegnerinnen nicht bestritten.

cc) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen, ist der weitere Bestandteil Lactose-Monohydrat im Tabletten-Kern kein kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial, da es als solches nicht die Freisetzung des Wirkstoffs Oxycodonhydrochlorid verlängert. Unstreitig übernimmt die Lactose in den angegriffenen Ausführungsformen die Funktion eines Porenbildners. Das heißt, das den Wirkstoff fixierende Matrixgerüst ist zusätzlich mit rasch löslicher Lactose durchsetzt. Nach Einnahme der Tablette wird der an der Oberfläche lokalisierte Wirkstoff, aber auch die Lactose schnell gelöst. Dadurch entstehen Kapillare und Hohlräume im Matrixgerüst, durch die weiterer Wirkstoff im Innern des Tablettenkerns gelöst werden kann (siehe die Abbildungen auf S. 6 f der Anlage AG 11). Das Ausmaß der Wirkstofffreisetzung hängt vom Masseverhältnis zwischen Wirkstoff(-konzentration), Gerüstsubstanz und Anzahl und Struktur der Kapillaren und Hohlräume ab. Letztere können durch den Typ des matrixbildenden Hilfsstoffes – darunter auch Lactose – gesteuert werden (vgl. S. 311 der Anlage 9 zur Anlage ASt 17). Aufgrund dieser Wirkungszusammenhänge infolge der schnellen Löslichkeit kann Lactose nicht als kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial angesehen werden, da es zu einer verlängerten Freisetzung des Wirkstoffs als solches nicht beiträgt. Daher wird Lactose auch nicht in der Verfügungspatentschrift – und sei es im Zusammenhang mit nicht erfindungsgemäßen Dosierungsformen – als kontrolliert freisetzendes Matrixmaterial genannt, obwohl es in zahlreichen Vergleichsausführungen Bestandteil der Formulierung ist (vgl. die Beispiele ab Abs. [0036]). Vielmehr kann nach dem Vortrag der Antragstellerin Lactose durchaus als ein Streckmittel oder Verdünnungsmittel („diluent“ in der maßgeblichen englischen Fassung der Verfügungspatentschrift, Abs. [0034] der Anlage ASt 1) angesehen werden, die nach der Verfügungspatentschrift keine kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien darstellen. Entsprechend wird in dem anlässlich der arzneimittelrechtlichen Zulassung veröffentlichten „Public Assessment Report“ des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte bezüglich der angegriffenen Ausführungsformen ausgeführt, dass die verlängerte Freisetzung der Arzneimittelsubstanz durch die Hilfsstoffe Glycerol(mono,tri)docosanoat (nunmehr Behenoyl Polyoxyglyceride), mittelkettige Triglyceride und hydriertes Rizinusöl bewirkt werde (S. 5/7 der Anlage ASt 9 und ASt 10). Von Lactose-Monohydrat ist an dieser Stelle keine Rede.

Der Einwand der Antragsgegnerinnen, die Funktion der einzelnen Tablettenbestandteile könne nicht allgemein bestimmt werden, sondern sei von der konkreten Zusammensetzung abhängig, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn die porenbildende Eigenschaft der Lactose ist zwischen den Parteien unstreitig und durch entsprechende Parteigutachten belegt. Eine die Wirkstofffreisetzung verlängernde Wirkung der Lactose haben die Antragsgegnerinnen im Übrigen nicht dargelegt.

dd) Die weiteren Bestandteile des Tablettenkerns wie Copovidon, Magnesiumstearat (Ph, Eur.), Maisstärke und hochdisperses Siliciumdioxid stellen unstreitig keine kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien im Sinne der Lehre des Verfügungspatentanspruchs dar.

b) Die angegriffenen Ausführungsformen weisen ein Freisetzungsprofil auf, wie es nach der erfindungsgemäßen Lehre gefordert ist. Dies ergibt sich aus den vom ZLA vorgenommenen Untersuchungen, die die Antragstellerin als Anlage ASt 23 vorgelegt hat und auf die hier Bezug genommen wird. Demnach wurden mit dem im Verfügungspatentanspruch genannten USP-Paddle-Verfahren jeweils 18 Tabletten der angegriffenen Ausführungsform 1 und 18 Tabletten der angegriffenen Ausführungsform 2 bei einem pH-Wert von 1,6, 4,6, 6,8 und 7,2 untersucht. Bei der angegriffenen Ausführungsform 1 wurden nur bei einer der 72 untersuchten Tabletten nach sechs Stunden mehr als 85 Gew.-% des Oxycodonhydrochlorids freigesetzt (pH-Wert von 1,6). Bei der angegriffenen Ausführungsform 2 zeigte ebenfalls nur eine der 72 untersuchten Tabletten nach sechs Stunden ein Freisetzungsverhalten, das außerhalb des erfindungsgemäßen Bereichs lag (87 Gew.-% bei einem pH-Wert von 6,8).

Die Antragsgegnerinnen haben die von der Antragstellerin vorgelegten Untersuchungsergebnisse nicht substantiiert bestritten. Soweit sie mit der Anlage AG 16 einen Versuchsbericht der B aus einem englischen Rechtsstreit vorgelegt haben, ist dieser nicht geeignet, die Untersuchungsergebnisse des ZLA in Zweifel zu ziehen. Abgesehen davon, dass der Versuchsbericht der B unstreitig eine andere Charge von Tabletten betraf als die Untersuchung des ZLA und sich zudem nur auf Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 10 mg bezog, befinden sich unter den untersuchten Tabletten durchaus einzelne Dosierungsformen, die das erfindungsgemäße Freisetzungsprofil aufweisen: beispielsweise die Tabletten 3 der Lösungen 2 und 3 (pH-Wert von 1,6); die Tabletten 5 der Lösungen 1 und 2 (pH-Wert von 4,6); die Tabletten 6 der Lösungen 2 und 3 (pH-Wert 6,8) und die Tabletten 4 der Lösungen 1 bis 4 (pH-Wert 7,2). Dies genügt für eine Verwirklichung der Merkmalsgruppe 4.1. Die abweichende Auffassung der Antragsgegnerinnen stützt sich hingegen auf gemittelte Freisetzungswerte, die nach der Auslegung des Verfügungspatentanspruchs für die Beurteilung des Freisetzungsprofils gerade nicht zugrunde gelegt werden dürfen.

c) Schließlich ist das in-vitro-Freisetzungsverhalten der angegriffenen Ausführungsform auch vom pH-Wert unabhängig. Denn die Mittelwerte der freigesetzten Wirkstoffmengen für jeden pH-Wert weichen weniger als 10 % voneinander ab. Dies hat die Antragstellerin anhand der Untersuchungen des ZLA (Anlage ASt 23) im Einzelnen gezeigt. Das pauschale Bestreiten der Antragsgegnerinnen ist in dieser Hinsicht nicht ausreichend. Der auf den Versuchsbericht der B gestützte Vortrag, zumindest bei einer Freisetzung nach sechs Stunden scheine die in-vitro-Freisetzung nicht unabhängig vom pH-Wert zu sein, weil die Mittelwerte bei anderen pH-Werten entsprechend geringer seien, genügt nicht, um die Ausführungen der Antragstellerin zur pH-Wert-Unabhängigkeit der angegriffenen Ausführungsformen anzugreifen. Vielmehr hat die Antragstellerin auch für den Versuchsbericht der B gezeigt, dass die Mittelwerte der Freisetzungsprofile für die einzelnen pH-Werte weniger als 10 % voneinander abweichen.

4.
Die Patentverletzung wird dadurch begründet, dass die Antragsgegnerinnen zu 1), 3) und 4) die beanstandeten Dosierungsformen anbieten und in Verkehr bringen, die Antragsgegnerin zu 4) diese auch herstellt, § 9 S. 2 Nr. 1 PatG. Aufgrund der bereits eingetretenen Patentverletzung besteht auch die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr.

Hingegen steht der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 2) kein Unterlassungsanspruch aus Art. 64 EPÜ i.V.m. § 139 Abs. 1 PatG zu, weil künftige Rechtsverletzungen nicht ernsthaft zu besorgen sind. Da es an einer rechtswidrigen Verletzungshandlung der Beklagten zu 2) fehlt, besteht keine tatsächliche Vermutung für eine Wiederholung einer Patentverletzung, so dass es allein auf das Bestehen einer (Erst-)Begehungsgefahr ankommt. Insofern ist über die objektive Möglichkeit einer zukünftigen Patentverletzung hinaus erforderlich, dass konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verletzung ernsthaft und greifbar zu besorgen ist (BGH GRUR 1992, 612, 614 – Nicola m.w.N.). Ausführungsformen, deren Herstellung und Vertrieb der Verletzer weder vorgenommen noch beansprucht hat, können nicht Gegenstand eines Unterlassungsanspruchs sein. Es müssen vielmehr Umstände vorliegen, die darauf schließen lassen, dass der Betreffende den Entschluss zur Verletzung bereits gefasst hat und es nur noch von ihm abhängt, ob es zu einer Verletzung kommt oder nicht (BGH GRUR 1992, 612, 614 f – Nicola; OLG Düsseldorf Mitt. 2006, 426). Unter anderem lässt sich aus dem Betreiben eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens nicht generell schließen, der Betreiber werde nach Erhalt der Zulassung das betreffende Arzneimittel ohne Rücksicht auf den zugunsten eines anderen bestehenden Patentschutz auf den Markt bringen. Das Bemühen um eine arzneimittelrechtliche Zulassung lässt gegebenenfalls erwarten, dass der Betreiber dieses Verfahrens das betreffende Präparat nach Erteilung der Genehmigung auf den Markt bringen wird. Ein Hinweis auf einen bestimmten Zeitpunkt des bevorstehenden erstmaligen Inverkehrbringens ist darin jedoch nicht enthalten (OLG Düsseldorf Mitt. 2006, 426). Ebenso wenig begründet die rechtmäßige Benutzung des Erfindungsgegenstands während des Offenlegungszeitraums die Besorgnis der rechtswidrigen Fortsetzung nach der Patenterteilung (Schulte/Kühnen, PatG 8. Aufl.: § 139 Rn 37).

Nach diesen Grundsätzen kann nicht davon ausgegangen werden, dass zukünftige Vertriebshandlungen der Antragsgegnerin zu 2) hinsichtlich erfindungsgemäßer Dosierungsformen ernsthaft und greifbar zu besorgen sind. Die Antragsgegnerin zu 2) ist zwar wie auch die Antragsgegnerinnen zu 1) und 3) Inhaber einer arzneimittelrechtlichen Zulassung für erfindungsgemäße Oxycodon-Dosierungsformen (Bezeichnung: „Kancodal Hexal 10 mg / 20 mg Retardtabletten“). Diese arzneimittelrechtliche Zulassung begründet im vorliegenden Fall jedoch lediglich die objektive Möglichkeit einer zukünftigen Patentverletzung. Es fehlen weitere Anhaltspunkte, die ernsthaft befürchten lassen, dass eine Patentverletzung unmittelbar bevorsteht. Denn die Antragsgegnerin zu 2) war bereits zu einem Zeitpunkt Inhaber der arzneimittelrechtlichen Zulassung, als das Verfügungspatent noch nicht erteilt war und die Benutzung des Erfindungsgegenstands rechtmäßig erfolgen konnte. Da die Antragsgegnerinnen zu 1) und 3) die von der Antragstellerin beanstandeten Produkte bereits seit September 2008 in der Bundesrepublik Deutschland vertreiben, bestand auch die arzneimittelrechtliche Zulassung, die von den Antragsgegnerinnen zu 1) bis 3) gemeinsam betrieben wurde, bereits zu diesem Zeitpunkt. Der Hinweis auf die Erteilung des Verfügungspatents wurde jedoch erst am 06.01.2010 veröffentlicht. So wie die Benutzung der Erfindung im Offenlegungszeitraum eine Erstbegehungsgefahr nicht zu begründen vermag, bietet auch eine bereits in diesem Zeitraum eingeholte arzneimittelrechtliche Zulassung, die eine zwingende Voraussetzung für eine Benutzung darstellt, keinen greifbaren Anhaltspunkt für eine Benutzung der Erfindung nach Erteilung des Patents. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin zu 2) anders als ihre Schwesterunternehmen im Novartis-Konzern – die Antragsgegnerinnen zu 1) und 3) – weder vor noch nach der Erteilung des Verfügungspatents erfindungsgemäße Dosierungsformen vertrieben hat, obwohl eine arzneimittelrechtliche Zulassung bestand und weiterhin besteht. Mangels weiterer Anhaltspunkte lässt die bloße Existenz der arzneimittelrechtlichen Zulassung nicht den Schluss zu, die Antragsgegnerin zu 2) habe nunmehr den Entschluss gefasst, den Erfindungsgegenstand zu benutzen und erfindungsgemäße Dosierungsformen zu vertreiben. Die Oxycodon-Dosierungsform mit nur 5 mg Wirkstoffgehalt stellt ein anderes Produkt dar, so dass deren Vertrieb durch die Antragsgegnerin zu 2) keine Rückschlüsse auf eine zukünftige Patentverletzung zulässt. Ebenso wenig kann von dem Verhalten der Schwestergesellschaften auf das zukünftige Verhalten der Antragsgegnerin zu 2) geschlossen werden, zumal diese sich bislang anders verhält als die Antragsgegnerinnen zu 1) und 3).

II.
Die Antragstellerin hat den für den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach dem zweiten Hilfsantrag erforderlichen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht.

Der Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte setzt voraus, dass die begehrte Regelung gemäß § 940 ZPO zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin nötig erscheint. Dies verlangt nicht nur eine „Dringlichkeit“ in einem rein zeitlichen Sinne, sondern darüber hinaus eine materielle Rechtfertigung des vorläufigen Unterlassungsgebotes aus den dem Schutzrechtsinhaber ohne das gerichtliche Eingreifen drohenden Nachteilen, welche gegen die Interessen des als Verletzer in Anspruch genommenen Antragsgegners abgewogen werden müssen. Anders als im Wettbewerbsrecht wird das Vorliegen eines Verfügungsgrundes in Patentverletzungsstreitigkeiten nicht vermutet. § 12 Abs. 2 UWG ist wegen der besonderen Komplexität der Sach- und Rechtslage nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar (vgl. zum Ganzen OLG Düsseldorf, GRUR 1983, 79, 80 – AHF-Konzentrat; Mitt 1982, 230 – Warmhaltekanne; GRUR 1994, 508; Mitt 1996, 87, 88 – Captopril; InstGE 9, 140, 144 = Mitt. 2008, 327 = GRUR-RR 2008, 329 – Olanzapin). Eine einstweilige Unterlassungsverfügung wegen Patentverletzung setzt in der Regel nicht nur voraus, dass die Übereinstimmung des angegriffenen Gegenstandes mit der schutzbeanspruchten technischen Lehre und die Benutzungshandlungen entweder unstreitig oder für das Gericht hinreichend klar zu beurteilen sind, insbesondere kein Sachverständiger hinzugezogen werden muss. Darüber hinaus muss vielmehr auch die Rechtsbeständigkeit des Antragsschutzrechtes hinlänglich gesichert sein. Zweifel an der grundsätzlich zu respektierenden Schutzfähigkeit des Verfügungspatentes können das Vorliegen eines Verfügungsgrundes anerkanntermaßen ausschließen; sie spielen eine wesentliche Rolle im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR 1983, 79, 80 – AHF-Konzentrat; Mitt 1996, 87, 88 – Captopril; InstGE 9, 140, 146 – Olanzapin; OLG Karlsruhe, GRUR 1988, 900 – Dutralene; OLG Hamburg, GRUR 1984, 1005 – Früchteschneidemesser; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 143 PatG Rdnr. 328; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 139 PatG Rdnr. 153 b; Schulte, PatG, 8. Aufl., § 139 Rdnr. 391 und 392).

1.
Nachdem die Antragstellerin den Verfügungspatentanspruch mit dem zweiten Hilfsantrag nur noch eingeschränkt geltend macht, bestehen am Rechtsbestand des Verfügungspatents keine durchgreifenden Zweifel mehr.

a) Die Antragsgegnerinnen sind der Auffassung, das Verfügungspatent verstoße gegen die Anforderungen des Art. 76 Abs. 1 S. 2 EPÜ, weil das Verfügungspatent auf eine Sequenz von Teilanmeldungen zurückgehe und in der früheren Teilanmeldung EP 0 722 XXX die Verwendung eines Acrylharzes als Matrixmaterial explizit ausgeschlossen worden sei, der Verfügungspatentanspruch aber eine Verwendung eines Acrylharzes als Matrixmaterial zulasse. Dieser Auffassung vermag die Kammer nicht zu folgen. Nach der Lehre des Verfügungspatentanspruchs kommen als kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien ausschließlich Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester von Fettsäuren, pflanzliche Öle und Wachse in Betracht. Neben diesen kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien können in einer erfindungsgemäßen Matrix auch noch weitere Bestandteile wie Verdünnungsmittel, Schmiermittel, Bindemittel, Granulierungshilfen, Färbemittel, Aromastoffe und Gleitmittel enthalten sein, soweit sie nicht (auch) die kontrollierte Freisetzung des Wirkstoffs in der Form einer verlängerten Freisetzung bewirken. Zu diesen Bestandteilen gehören jedoch nicht die Acrylharze. Vielmehr wird Acrylharz im Verfügungspatent als geeignetes (aber nicht beanspruchtes) Material für eine Matrix mit kontrollierter Freisetzung beschrieben und kommt bereits deshalb als Matrixmaterial für eine erfindungsgemäße Dosierungsform nicht in Betracht, weil es nicht zu der im Verfügungspatentanspruch genannten Gruppe kontrolliert freisetzender Matrixmaterialien gehört.

b) Weiterhin kann mit der für das Verfügungsverfahren erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Verfügungspatent entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen nicht auf einer unzulässigen Erweiterung im Sinne von § 123 Abs. 2 EPÜ beruht.

aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob der nunmehr eingeschränkte Erfindungsgegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht, ist wiederum Absatz [0011] der ursprünglichen Patentanmeldung EP 810 xxx A2 (Anlage AG 6; vgl. die Ausführungen im Abschnitt A II.). Darin wird eine kontrolliert freisetzende orale Dosierungsform beschrieben, die 10 bis 40 mg Oxycodon oder ein Salz davon in einer Matrix enthält, wobei die Dosierungsform in-vitro das erfindungsgemäße Freisetzungsprofil aufweist und die in-vitro-Freisetzungsrate im Wesentlichen unabhängig vom pH-Wert ist, so dass („such that“) in-vivo nach einer bestimmten Zeit eine bestimmte Plasmaspitzenkonzentration erreicht wird (Abs. [0011] der Anlage AG 6). Das in-vivo-Freisetzungsverhalten wird dahingehend beschrieben, dass die in-vivo erhaltene Plasmaspitzenkonzentration von Oxycodon innerhalb von 2 bis 4,5 Stunden nach Verabreichung der Dosierungsform eintritt (Abs. [0011] der Anlage AG 6). Der nunmehr eingeschränkt geltend gemachte Verfügungspatentanspruch unterscheidet sich von dieser in der Patentanmeldung beschriebenen Dosierungsform im Wesentlichen dadurch, dass die kontrollierte Freisetzung des – nunmehr auf Oxycodonhydrochlorid beschränkten – Wirkstoffs durch eine Matrix mit bestimmten kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien erfolgen soll und das in-vivo-Freisetzungsverhalten nicht Gegenstand des Verfügungspatentanspruchs ist.

bb) Es begegnet keinen Bedenken, wenn der geltend gemachte Verfügungspatentanspruch im Vergleich zu der in der Patentanmeldung offenbarten Dosierungsform auf eine kontrolliert freisetzende Matrix beschränkt ist, weil in der ursprünglichen Patentanmeldung als Mittel zur kontrollierten Freisetzung des Wirkstoffs eine kontrolliert freisetzende Matrix und eine die Wirkstofffreisetzung steuernde Beschichtung genannt werden (vgl. Abs. [0033], [0042] und Anspruch 5 und 7 der Anlage AG 6) und für den Durchschnittsfachmann unmittelbar und eindeutig erkennbar ist, dass es sich um zwei abgrenzbare Ausführungsformen handelt.

cc) Der Einwand der Antragsgegnerinnen, die Patentanmeldung werde in unzulässiger Weise als Reservoir benutzt, aus dem willkürlich verschiedene Merkmale, nämlich das Freisetzungsverhalten und die kontrolliert freisetzende Matrix mit nicht näher definierten kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien, ausgewählt und kombiniert würden, greift nicht durch. Ausgehend von der in Abs. [0011] der Patentanmeldung beschriebenen kontrolliert freisetzenden Dosierungsform erfährt der Fachmann in Absatz [0033] der Patentanmeldung, dass die kontrollierte Freisetzung durch eine entsprechende Matrix oder eine Beschichtung erfolgen kann. Dort heißt es, dass die vorliegende Matrix (das ist die „normale“ Matrix zur Aufnahme des Wirkstoffs) durch jede Matrix gebildet werden könne, die eine in-vitro-Freisetzungsrate von Oxycodon innerhalb der geforderten engen Bereiche gewährleistet und das Oxycodon in einer vom pH-Wert unabhängigen Art und Weise freisetzt (Abs. [0033] der Anlage AG 6). Es wird ausgeführt, dass eine kontrolliert freisetzende Matrix bevorzugt ist; im Anschluss werden verschiedene kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien aufgezählt (Abs. [0033] der Anlage AG 6). Dadurch wird in der Patentanmeldung unmittelbar und eindeutig das erfindungsgemäße Freisetzungsprofil einer festen oralen Dosierungsform von Oxycodon offenbart (Abs. [0011] der Anlage AG 6) und dass dieses Freisetzungsverhalten (insofern: „innerhalb der geforderten engen Bereiche“) mit einer kontrolliert freisetzenden Matrix erreicht wird (Abs. [0033] der Anlage AG 6). Aufgrund der eindeutigen Bezugnahmen ist die Kombination aus dem in-vitro-Freisetzungsprofil und einer kontrolliert freisetzenden Matrix mit den erfindungsgemäßen Matrixmaterialien nicht willkürlich gewählt.

dd) Die konkrete Auswahl einzelner kontrolliert freisetzender Matrixmaterialien im Verfügungspatentanspruch begründet ebenfalls keine unzulässige Erweiterung im Sinne von § 123 Abs. 2 EPÜ. Denn in der ursprünglichen Anmeldung werden – ebenfalls im Absatz [0033] – auch die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien offenbart. Es werden in drei Gruppen unter (a), (b) und (c) geeignete Materialien für den Einschluss in einer kontrolliert freisetzenden Matrix genannt („suitable materials for inclusion in a controlled release matrix are (…)“, Abs. [0033] der Anlage AG 6). Die Matrixmaterialien der Gruppe (b) werden beschrieben als bekömmliche („digestible“), langkettige (C8-C50), substituierte oder nicht-substituierte Kohlenwasserstoffe wie Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester von Fettsäuren, mineralische und pflanzliche Öle und Wachse. Gegen eine Auswahl einzelner Materialien aus der genannten Gruppe – die mineralischen Öle werden im Verfügungspatentanspruch nicht genannt – bestehen keine Bedenken, weil die Materialien selbstständig nebeneinander stehen und aufgrund der Fülle geeigneter Matrixmaterialien unmittelbar ersichtlich ist, dass für eine kontrolliert freisetzende Matrix einer Dosierungsform einzelne Matrixmaterialien ausgewählt werden müssen.

Ebenso ist es nach Auffassung der Kammer unschädlich, wenn der Begriff der Kohlenwasserstoffe nicht in den beschränkt geltend gemachten Verfügungspatentanspruch übernommen wurde, da unmittelbar ersichtlich ist, dass sich die Eigenschaften „langkettig (C8-C50), substituiert und nicht-substituiert“ zunächst allgemein auf Kohlenwasserstoffe beziehen, von denen dann ausschließlich Fettsäuren, Fettalkohole, Glycerylester von Fettsäuren, pflanzliche Öle und Wachse zum Erfindungsgegenstand gehören. Zur näheren Begründung wird insofern auf die Ausführungen zur Auslegung dieser Merkmale im Abschnitt B I. 2b) verwiesen. Im Übrigen haben auch die Antragsgegnerinnen nicht substantiiert dargelegt, worin die unzulässige Erweiterung bestehen sollte, wenn nach dem Wortlaut des Verfügungspatentanspruchs die Eigenschaften „langkettig (C8-C50), substituiert und nicht-substituiert“ auf die konkret genannten Verbindungen (Fettsäuren usw.), und nicht wie in der Patentanmeldung auf Kohlenwasserstoffe bezogen sind.

Da in der Patentanmeldung unmittelbar und eindeutig darauf hingewiesen wird, dass die in den Gruppen (a), (b) und (c) genannten Matrixmaterialien die kontrollierte Freisetzung des Wirkstoffs Oxycodon bewirken (Abs. [0033] der Anlage AG 6), ist mit der Bezeichnung dieser Materialien als „kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien“ im Verfügungspatent keine unzulässige Erweiterung verbunden, zumal die Patentanmeldung den weiteren Hinweis enthält, dass eine kontrolliert freisetzende Matrix auch passende Mengen anderer Materialien wie beispielsweise Verdünnungsmittel, Schmiermittel, Bindemittel, Granulierungshilfen, Färbemittel, Aromastoffe und Gleitmittel enthalten kann (Abs. [0041] der Anlage AG 6).

ee) Nach Auffassung der Kammer liegt eine unzulässige Erweiterung auch nicht darin begründet, dass die kontrolliert freisetzenden Matrixmaterialien im Verfügungspatentanspruch nicht auf einen Gewichtsanteil von bis zu 60 % beschränkt sind. Die ursprüngliche Patentanmeldung enthält zwar für die Gruppe der langkettigen Kohlenwasserstoffe den Hinweis, die orale Dosierungsform könne bis zu 60 Gew.-% mindestens eines langkettigen Kohlenwasserstoffes enthalten („The oral dosage form may contain up to 60 % (by weight) of at least one digestible, long chain hydrocarbon“, Abs. [0033] der Anlage AG 6). Im Anspruch 5 der Patentanmeldung wird aber eine kontrolliert freisetzende Matrix beschrieben, die aus den drei Gruppen möglicher Matrixmaterialien (hydrophile und hydrophobe Polymere, substituierte und nicht-substituierte Kohlenwasserstoffe mit 8 bis 50 C-Atomen, Polyalkylenglykole und Mischungen von diesen) ausgewählt ist, ohne dass die Gewichtsanteile der Matrixmaterialien beschränkt sind. Daraus ist unmittelbar und eindeutig erkennbar, dass es für die kontrolliert freisetzende Matrix nicht darauf ankommt, mit welchen Gewichtsanteilen die einzelnen Matrixmaterialien enthalten sind.

Dagegen kann nicht mit Erfolg eingewandt werden, mit dem Verfügungspatentanspruch würden einzelne Merkmale aus der Patentanmeldung kombiniert, die nicht gemeinsam offenbart und daher willkürlich ausgewählt seien. Anspruch 5 der Patentanmeldung ist im Hinblick auf die Menge des Wirkstoffs (10 bis 160 mg statt 10 bis 40 mg) weiter, im Hinblick auf das Erfordernis eines Verdünnungsmittels und die Mengen des in-vivo freigesetzten Wirkstoffs enger gefasst als die im Absatz [0011] der Patentanmeldung beschriebene Dosierungsform. Gleichwohl sind die beiden Ansprüche miteinander vereinbar. Denn die Wirkstoffmenge von 10 bis 40 mg wird von den Mengen 10 bis 160 mg des Anspruchs 5 umfasst. Hinsichtlich des Verdünnungsmittels enthält die Patentanmeldung den Hinweis, dass eine kontrolliert freisetzende Matrix zusätzlich zu den genannten (kontrolliert freisetzenden) Matrixmaterialien auch passende Mengen anderer Materialien wie beispielsweise Verdünnungsmittel enthalten kann (Abs. [0042] der Anlage AG 6), so dass dieses Erfordernis im Anspruch 5 keine Auswirkungen auf das Freisetzungsverhalten der Matrix hat. Schließlich stellt das nach dem Anspruch 5 erforderliche in-vivo-Freisetzungsverhalten im Ergebnis eine Konkretisierung des in-vivo-Freisetzungsverhaltens der im Absatz [0011] der Patentanmeldung beschriebenen Dosierungsform dar, weil nunmehr konkrete Durchschnittswerte für die Plasmaspitzenkonzentration und Werte für den mittleren minimalen Plasmaspiegel genannt werden, so dass der Anspruch 5 ohne weiteres mit der in Absatz [0011] der Patentanmeldung offenbarten Dosierungsform kompatibel ist. Soweit sich die Antragsgegnerinnen zur Begründung ihrer abweichenden Auffassung auf den Annex zur Ladung zur mündlichen Verhandlung der Beschwerdekammer des EPA vom 24.03.2009 in der Sache T 1676/08-3XXX (Anlage AG 18) berufen, ist dies unbehelflich. Zum einen handelt es sich um eine vorläufige Rechtsauffassung zu einem anderen – wenn auch mit dem Verfügungspatent verwandten – Schutzrecht, zum anderen hat sich die Beschwerdekammer in dieser Stellungnahme nicht mit dem Offenbarungsgehalt des Anspruchs 5 auseinandergesetzt.

ff) Nach Auffassung der Kammer ist es im Hinblick auf den Einwand der unzulässigen Erweiterung auch unschädlich, dass sich das in Absatz [0011] der Patentanmeldung beschriebene in-vivo-Verhalten nicht im Verfügungspatentanspruch wiederfindet. Aus dem bereits genannten Absatz [0033] der ursprünglichen Patentanmeldung ist für den Fachmann klar erkennbar, dass das in Absatz [0011] beschriebene in-vivo-Freisetzungsverhalten für eine die Aufgabe des Verfügungspatents lösende Oxycodon-Dosierungsformulierung nicht erforderlich ist, solange das in-vitro-Freisetzungsprofil erreicht wird. In Absatz [0033] heißt es, dass die vorliegende Matrix – sprich: die in Absatz [0011] genannte Matrix – durch jede Matrix gebildet werden könne, die eine in-vitro-Freisetzungsrate von Oxycodon innerhalb der geforderten engen Bereiche gewährleistet und das Oxycodon in einer vom pH-Wert unabhängigen Art und Weise freisetzt (Abs. [0033] der Anlage AG 6). Die in Absatz [0011] genannte Dosierungsform kann also mit jeder Matrix gebildet werden, die das geforderte in-vitro-Freisetzungsverhalten aufweist. Ein bestimmtes in-vivo-Freisetzungsprofil wird im Absatz [0033] nicht verlangt. Für den Fachmann ergibt sich daraus, dass das im Absatz [0011] beschriebene in-vivo-Freisetzungsverhalten lediglich eine den Erfindungsgegenstand nicht weiter einschränkende Wirkungsangabe darstellt, was gerade auch durch die Wortwahl („such that“, Abs. [0011] Z. 52 der Anlage AG 6) deutlich wird. Das für die Wirkung der Dosierungsformulierung maßgebliche in-vivo-Freisetzungsverhalten wird demnach bereits allein dadurch erreicht, dass die Matrix das erforderliche in-vitro-Freisetzungsprofil aufweist.

Soweit sich die Antragsgegnerinnen für ihre Auffassung, das Verfügungspatent sei durch das Weglassen des in-vivo-Freisetzungsverhalten unzulässig erweitert, auf das Urteil des Bundespatentgerichts vom 24.03.2009 (Anlage AG 7, dort insbesondere S. 17-18) berufen, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Das Urteil des Bundespatentgerichts betrifft nicht das Verfügungspatent, sondern den deutschen Teil des EP 1 258 XXX B1, so dass die Erwägungen des Bundespatentgerichts nicht ohne weiteres übertragbar sind, auch wenn beide Patente auf dieselbe Stammanmeldung EP 0 576 XXX zurückgehen. Darüber hinaus hat das Bundespatentgericht die unzulässige Erweiterung im Wesentlichen damit begründet, dass der im erteilten Patentanspruch verwendete Begriff „Matrix“ anders als in der zugrunde liegenden Patentanmeldung sowohl eine kontrolliert freisetzende, als auch eine normal freisetzende Matrix umfassen konnte. Außerdem fehlte das Erfordernis der ph-Wert-Unabhängigkeit im angegriffenen Patent. Das fehlende in-vivo-Freisetzungsverhalten war daher quasi nur der dritte Erwägungsgrund des Bundespatentgerichts, um eine unzulässige Erweiterung zu begründen. Zudem hat sich das Bundespatentgericht mit dem Offenbarungsgehalt des Absatzes [0033] in diesem Zusammenhang gar nicht auseinandergesetzt. Die Kammer sieht daher keinen Anlass, von ihrer Auffassung abzuweichen, zumal das EPA im Einspruchsverfahren zum EP 1 258 XXX B1 den Einwand, dass das in-vitro-Freisetzungsverhalten ausschließlich mit dem in-vivo-Freisetzungsprofil offenbart sei, nicht als durchgreifend ansah und das Patent wie erteilt aufrechterhalten hat.

c) Weiterhin kann mit der für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Lehre des Verfügungspatentanspruchs nicht im Stand der Technik nahegelegt war.

aa) Nach der Verfügungspatentschrift besteht das zu lösende technische Problem darin, eine Opioid-Analgetikum-Formulierung bereitzustellen, welche die Wirksamkeit und Qualität der Schmerzbehandlung beträchtlich verbessert und die ungefähr um den Faktor acht divergierenden Tagesdosierungen, die zur Schmerzkontrolle bei ungefähr 90 % der Patienten notwendig sind, wesentlich verringert. Ebenso soll die Variabilität in den Tagesdosierungen und Formulierungsanforderungen, die zur Schmerzkontrolle bei fast allen Patienten notwendig sind, beträchtlich verringert werden mit der Folge, dass die für die Titration der einer Schmerzlinderung durch Opioid-Analgetika bedürftigen Patienten notwendigen Zeit und Ressourcen verringert wird.

Dieser Ansatz ist zutreffend gewählt. Denn im Stand der Technik waren verschiedene Opioid-Präparate zur Behandlung schwerer Schmerzen bekannt. Das Mittel der Wahl war Morphin, unter anderem in der kontrolliert freisetzenden Dosierungsform des Präparates „MS Contin“, mit der sich auch die Verfügungspatentschrift auseinandersetzt (Abs. [0023]; vgl. auch S. 3 Abs. 2 der Anlage ASt 60b). Eine andere kontrolliert freisetzende Opioid-Dosierungsform enthielt den Wirkstoff Hydromorphon (Abs. [0004]). Die im Stand der Technik bekannten Opioid-Dosierungsformen zur Behandlung schwerer Schmerzen wiesen jedoch laut Verfügungspatentschrift eine hohe Dosiserungsbandbreite auf, mit der Folge, dass sich der Titrationsprozess und damit die optimale Schmerzbehandlung des jeweiligen Patienten in die Länge zog. Dies haben auch die Antragsgegnerinnen nicht in Frage gestellt. Entgegen ihrer Auffassung wurde jedoch Oxycodonhydrochlorid in der Fachwelt allgemein nicht als gängiger Ersatz für oral einnehmbare Opioid-Analgetika, insbesondere für Morphin-Präparate, zur Behandlung schwerer Schmerzen angesehen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Wirkstoff Oxycodon bereits seit langer Zeit bekannt war. Die Antragstellerin hat jedoch glaubhaft gemacht, dass er nicht als gängige Alternative zu Morphin-Präparaten zur Behandlung schwerer Schmerzen in der Fachwelt anerkannt war. Im Stand der Technik waren Oxycodon-Präparate als sofort freisetzende Formulierungen für schwache und mittlere Schmerzen bekannt. Dies geht beispielsweise aus den Aufsätzen „Problems with the use of oxycodone in patients with chronic pain“ von Maruta und Swanson in der Zeitschrift Pain 1981 (vol. 11, dort S. 394) (Anlage ASt 61) oder „Roles of Oral and Parenteral Drugs in the Management of Intractable Pain“ von Foldes in der Zeitschrift Schmerz/Pain/Douleur 1988 (vo. 9 dort S. 286) (Anlage ASt 62) hervor. Darin wird Oxycodon eine allenfalls mit Codein vergleichbare Wirksamkeit zugesprochen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass sich Codein nicht zur Behandlung schwerer Schmerzen eignet. Die fehlende Wirksamkeit zur Behandlung starker Schmerzen ergibt sich ebenfalls aus dem Beitrag „A Rational Approach to Cancer Pain Management“ von Black in der Zeitschrift „The Journal of Family Practice“ 1989 (No. 3, dort S. 268). Zwischen den Parteien ist weiterhin unstreitig, dass Oxycodon-Präparate lediglich zur Behandlung schwacher bis mittlerer Schmerzen auf dem Markt waren, wobei der Wirkstoff Oxycodon häufig mit anderen nicht-Opioiden Analgetika kombiniert war (vgl. S. 639 der Anlage D 1 zur Anlage AG 17). Oxycodon-Dosierungsformen zur Behandlung schwerer Schmerzen waren nicht verfügbar (vgl. Anlage ASt 64). Die existierenden Oxycodon-Präparate wie E oder Supeudol sind wieder vom Markt verschwunden.

Die vorstehenden Ausführungen werden nicht durch die von den Antragsgegnerinnen vorgelegten Aufsätze „Morphine and oxycodone hydrochloride in the mangement of cancer pain“ von Kalso und Vainio in der Zeitschrift „Clin Pharmacol Ther“ Mai 1990, 639 ff (Anlage D 1 zur Anlage AG 17), „Analgesic Studies of Codeine and Oxycodone in Patients with Cancer“ von Beaver et al. in der Zeitschrift „The Journal of Pharmacology and Experimental Therapeutics“ 1987, 92 ff (Anlage AG 25) oder den Abstract 1201 in „Proceedings of Asco“ Vol. 10, März 1991, 339 (Anlage AG 24) in Frage gestellt, auch wenn dort wiederholt mit Morphin vergleichbare Wirkungen von Oxycodonhydrochlorid für die Schmerzbehandlung festgestellt werden. Es handelt sich bei den Aufsätzen um einzelne Studien zur Wirkung von Oxycodonhydrochlorid. Selbst in dem prioritätsnahen Aufsatz von Kalso und Vainio wird darauf hingewiesen, dass Oxycodonhydrochlorid zur Zeit – das heißt im Jahr 1991 – nur zur oralen Einnahme in Form von Tabletten mit 5 mg Wirkstoff oder in Kombination mit anderen analgetischen Wirkstoffen verfügbar sei und daher nur für schwächere bis mittlere Schmerzen eingesetzt worden sei. Es gebe im Übrigen nur wenige Studien zur Wirksamkeit von Oxycodonhydrochlorid an Patienten mit schweren Krebsschmerzen, pharmakokinetische Untersuchungen existierten gar nicht (S. 639 re. Sp. der Anlage D 1 zur Anlage AG 17). Von den wenigen Studien zur Wirksamkeit bei schweren Krebsschmerzen zitieren Kalso und Vainio den Aufsatz von Beaver et al.

Der als Anlage AG 27 vorgelegte Aufsatz „The pharmacokinetics of oxycodone after intravenous injection in adults“ aus der Zeitschrift „Br. J. clin. Pharmac.“ 1991, 32, 516 ff stammt unter anderem ebenfalls von Kalso. Zwar wird hier ausgeführt, dass Oxycodon und Morphin die am meisten verwendeten Opioide in Finnland seien und Oxycodon als Alternative zu Morphin angesehen werde, diese Ausführungen beziehen sich aber erkennbar auf die intravenöse und insofern sofort wirkende Verabreichung. In dem im gleichen Zeitraum erschienenen Aufsatz von Kalso und Vainio wird ausgeführt, dass Oxycodon zur oralen Einnahme nur in Form von Tabletten mit 5 mg Wirkstoff oder in Kombination mit anderen analgetischen Wirkstoffen verfügbar sei (S. 639 re. Sp. der Anlage D 1 zur Anlage Ag 17). Was das von der Antragsgegnerin zu 2) in der Nichtigkeitsklage angeführte Präparat „Endone“ angeht, lässt die im „Prescription Products Guide 1989“ (Anlage D 6 zur AG 17) angegebene Indikation zur Linderung mittlerer bis schwerer Schmerzen nicht den Schluss zu, dass dieses Präparat eine gleichwirkende Alternative zu Morphin-Präparaten darstellt. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass Pharmazieunternehmen, die sich mit der Entwicklung alternativer Opioid-Analgetika befassten, den Wirkstoff Oxycodon nicht ins Auge fassten (vgl. Anlage ASt 67a und 68b und ASt 60b), stattdessen aber Verbesserungen von Morphin-Formulierungen suchten. Auch der im Nichtigkeitsverfahren eingereichte Auszug aus dem Lehrbuch „Arzneimittelwirkungen“ von Mutschler (1986) gibt für die Frage, ob konkret der Wirkstoff Oxycodonhydrochlorid als Alternative zu morphinhaltigen Analgetika in Betracht kommt, nichts her, weil lediglich pauschal festgestellt wird, dass die als Analgetika verwendeten Morphin-, Dihydromorphin- und Morphinan-Derivate wie Morphin wirken (S. 176 der Anlage D 8 zur Anlage AG 17).

Die Kammer geht daher davon aus, dass Oxycodonhydrochlorid in der Fachwelt nicht als gängige Alternative für Morphin-Präparate zur Behandlung schwerer Schmerzen angesehen wurde, insbesondere wenn orale Darreichungsformen in Frage standen. Bestätigt wird diese Auffassung durch den Aufsatz „Oxycodone: new ‚old‘ drug“ von Olkkola und Hagelberg aus dem Jahr 2009, in dem festgestellt wird, dass der Verbrauch von Oxycodon erst in den 1990er Jahren durch die Markteinführung von unverzüglich und verzögert freisetzenden Oxycodon-Präparaten stieg und erst seit 15 Jahren wichtige in-vitro- und experimentelle Tier- und Humanstudien durchgeführt wurden, während Morphin als bevorzugtes Analgetikum seit langem eingehend untersucht wurde (vgl. Anlage ASt 70, dort S. 459 li. Sp.).

Nach den vorstehenden Ausführungen ist das im Verfügungspatent genannte technische Problem durchaus zutreffend formuliert. Hingegen scheint die von den Antragsgegnerinnen vertretene Ansicht, das technische Problem bestehe darin, eine möglichst einfache Retard-Formulierung mit äquivalenter kontrollierter Oxycodon-Freisetzung zu schaffen, verfehlt zu sein, weil sie einen Teil der Lösung, nämlich die Wahl des richtigen Wirkstoffs, bereits in das technische Problem verlagert (vgl. BGH GRUR 2010, 123 – Escitalopram).

bb) Geht man von dem oben genannten technischen Problem aus, ist die Lehre des Verfügungspatentanspruch nicht nahegelegt, weil für den Fachmann bereits kein Anlass bestand, Oxycodonhydrochlorid als Alternative zu den bekannten Wirkstoffen Morphin und Hydromorphon in einer kontrolliert freisetzenden Dosierungsform für die Behandlung schwerer und schwerster Schmerzen einzusetzen. Daher hätte ein Fachmann auf der Suche nach einer in ihren Wirkungen mit Morphin-Präparaten vergleichbaren Dosierungsform nicht die Entgegenhaltung EP 0 253 XXX A1 (Anlage D 9 zur Anlage AG 17, in deutscher Übersetzung als Anlage AG 19) herangezogen, weil sich diese allein mit Trägermassen für die kontrollierte Freisetzung pharmazeutischer Wirkstoff beschäftigt, nicht aber mit den therapeutischen Wirkungen von Analgetika. Ebenso wenig war die erfindungsgemäße Lehre ausgehend von den Patentanmeldungen EP 0 271 XXX A 2 (Anlage D 11 zur Anlage AG 17) beziehungsweise EP 0 249 347 A2 (Anlage D 12 zur Anlage AG 17) nahegelegt, weil sich diese Entgegenhaltungen nicht mit Oxycodonhydrochlorid, sondern mit einer kontrolliert freisetzenden Hydromorphon- beziehungsweise Hydrocodein-Zusammensetzung befassen. Die Auffassung, die erfinderische Leistung bestehe allein in einer Kombination des im Stand der Technik bekannten Wirkstoffs Oxycodonhydrochlorid mit einer bereits bekannten kontrolliert freisetzenden Trägermasse, die gegebenenfalls von anderen kontrolliert freisetzenden Opioid-Dosierungsformen bekannt sind, beruht erkennbar auf einer rückschauenden Betrachtung. Dies wird vor allem mit Blick auf die ebenfalls entgegengehaltene EP 0 097 XXX A2 (Anlage D 14 zur Anlage AG 17) deutlich, in der in einer Tabelle Oxycodon als eine von ungefähr 20 geeigneten weiteren Substanzen für die Verwendung in kontrolliert freisetzenden Dosierungsformen genannt wird. Obwohl die Entgegenhaltung als Prioritätsdatum den 21.06.1982 aufweist, hat es noch ungefähr 10 Jahre gedauert, bis erstmals eine kontrolliert-freisetzende Oxycodon-Dosierungsform zum Patent angemeldet wurde.

d) Der Einwand, die erfindungsgemäße Lehre sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne, greift nicht durch. Die technische Ausführbarkeit an sich steht nicht Frage. Die Kammer ist aber auch der Auffassung, dass die erfindungsgemäße Lehre in der Beschreibung des Verfügungspatents soweit offenbart ist, dass der Fachmann sie nacharbeiten kann. Das Verfügungspatent enthält zwar kein Ausführungsbeispiel, das konkret beschreibt, wie eine erfindungsgemäße Dosierungsform mit einer das nach dem Verfügungspatentanspruch geforderte Freisetzungsverhalten aufweisenden Matrix hergestellt wird. Gleichwohl ist – auch nach dem Vortrag der Antragsgegnerinnen – im Stand der Technik bekannt, wie eine kontrolliert freisetzende Matrix gebildet wird. Entsprechende Beispiele – wenn auch nicht mit den erfindungsgemäßen Matrixmaterialien – enthält auch das Verfügungspatent. Vor diesem Hintergrund kann vom Fachmann erwartet werden, dass er nach Durchführung weniger Versuche zu einer erfindungsgemäßen Dosierungsform gelangen kann.

e) Die Antragsgegnerinnen können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Erteilung des Verfügungspatents erst vor wenigen Wochen am 06.01.2010 veröffentlicht wurde und die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen ist, so dass der Rechtsbestand des Verfügungspatents nicht hinreichend gesichert sei. Den Antragsgegnerinnen ist zuzugeben, dass in Patentverletzungsstreitigkeiten das Vorliegen eines Verfügungsgrundes besonders sorgfältig zu prüfen ist. Auch wenn es keine festen Anforderungen an die Rechtsbeständigkeit gibt, kann sie im Allgemeinen nur dann als ausreichend gesichert angesehen werden, wenn die Patentfähigkeit des Antragsschutzrechtes bereits in einem kontradiktorischen Verfahren zumindest durch eine erstinstanzliche Entscheidung anerkannt worden ist, oder aber – unabhängig davon – der Bestand des Antragsschutzrechtes bereits jetzt für das Verletzungsgericht so eindeutig zugunsten des Antragstellers zu beantworten ist, dass eine fehlerhafte Entscheidung nicht ernstlich zu erwarten ist, zumindest aber unwahrscheinlich ist (zuletzt LG Düsseldorf, Beschluss vom 20.01.2010 – 4a O 262/09; vgl. auch OLG Düsseldorf, InstGE 9, 140, 146 – Olanzapin; GRUR-RR 2007, 219, 220 – Kleinleistungsschalter; LG Mannheim, InstGE 11, 159 – VA-LCD-Fernseher II). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass es – auch im Falle einer vorherigen mündlichen Verhandlung – dem Antragsgegner nach der Zustellung des Verfügungsantrags aufgrund der verhältnismäßig kurzen Zeit bis zum Verhandlungstermin regelmäßig nur erschwert möglich ist, die Rechtsbeständigkeit des geltend gemachten Schutzrechts zu beurteilen und seine Verteidigung aufzubauen (LG Düsseldorf, Beschluss vom 20.01.2010 – 4a O 262/09).

Im vorliegenden Fall hat sich das Verfügungspatent zwar noch nicht in einem kontradiktorischen Verfahren bewährt. Es besteht aber abweichend von den zuvor dargestellten Grundsätzen die Besonderheit, dass sowohl die Antragsgegnerin zu 2) als auch die Sandoz Ltd. bereits während des Erteilungsverfahrens Einwendungen im Sinne von Art. 115 EPÜ erhoben, mit denen unter anderem die unzulässige Erweiterung, die mangelnde Ausführbarkeit und das Fehlen einer erfinderischen Tätigkeit geltend gemacht wurden. Im Zusammenhang mit dem Einwand der unzulässigen Erweiterung wurde unter anderem vorgetragen, dass die Patentanmeldung als Reservoir benutzt werde, um einzelne kontrolliert freisetzende Matrixmaterialien auszuwählen, die in der Zusammensetzung des Verfügungspatentanspruchs nicht offenbart seien. In der Patentanmeldung werde angegeben, dass eine Dosierungsform bis zu 60 Gew.-% mindestens eines verdaubaren, langkettigen Kohlenwasserstoffs enthalten könne. Ebenso werde das in-vitro-Freisetzungsprofil immer mit dem in-vivo-Freisetzungsverhalten beschrieben (S. 6 ff der Anlage ASt 29). Hinsichtlich der fehlenden Erfindungshöhe wurde ausdrücklich auf die Entgegenhaltung EP 253 XXX A1 (Anlage AG 1) und das Schmerzmittel E beziehungsweise die „Rote Liste 1989“ hingewiesen (S. 10 f Anlage ASt 29). Aus den Einwendungen Dritter ist ersichtlich, dass der Prüfungsabteilung die Rechtsansichten der Antragstellerin und der Antragsgegnerinnen zur Formulierung des technischen Problems durchaus bekannt waren (S. 2 Anlage ASt 30).

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass sich die Antragsgegnerinnen nicht erst seit der Erteilung des Verfügungspatents oder gar erst seit der Zustellung des Verfügungsantrags mit dem Rechtsbestand des Verfügungspatents befassen. Zudem gehen die Angriffe der Antragsgegnerinnen gegen den Rechtsbestand des Verfügungspatents nur marginal über die Einwendungen hinaus, mit denen sich bereits das EPA im Erteilungsverfahren auseinanderzusetzen hatte. Trotz dieser Einwendungen, von denen nach der Mitteilung der Direktion „Unterstützung für das Qualitätsmanagement“ beim EPA vom 18.11.2009 ausgegangen werden muss, dass sie der Prüfungsabteilung vor der Patenterteilung vorlagen, hat das EPA als fachkundig besetzte Stelle das Verfügungspatent erteilt. Wird dann noch berücksichtigt, dass sich auch der High Court of Justice, Patents Court und der Supreme Court of Judicature, Court of Appeal (Civil Division) in Großbritannien und die Rechtbank ‚s-Gravenhage in den Niederlanden mit dem Rechtsbestand paralleler Patente, in denen ähnliche Einwände gegen die Schutzfähigkeit wie im vorliegenden Verfahren erhoben wurden, auseinandergesetzt und für nicht durchgreifend erachtet haben, ist es zumindest unwahrscheinlich, dass der Rechtsbestand des Verfügungspatents im vorliegenden Fall zu Unrecht als gesichert angesehen wird.

2.
Da das Vorliegen eines Verfügungsgrundes im Rahmen einer Gesamtabwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien zu ermitteln ist, dürfen die Anforderungen an den Rechtsbestand des Verfügungspatents mit Blick auf die weiteren in die Interessenabwägung einzustellenden Umstände, die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung maßgeblich sind, nicht überspitzt werden. Insofern ist zu beachten, dass das Verfügungspatent den Anmeldetag der Stammanmeldung vom 25.11.1992 in Anspruch nimmt und spätestens in etwas mehr als anderthalb Jahren durch Zeitablauf erlöschen wird. Geht man dann noch davon aus, dass es in der Regel über ein Jahr dauert, bis der Patentinhaber nach Einleitung eines Hauptsacheverfahrens einen für vorläufig vollstreckbar erklärten Vollstreckungstitel in Händen hält, verbleibt der Antragsstellerin gerade einmal ein halbes Jahr, um ihr Schutzrecht tatsächlich durchsetzen zu können. Dies steht außer Verhältnis zur zwanzigjährigen Schutzdauer und führt zu einer Entwertung des Schutzrechts, die von der Antragsstellerin nicht hingenommen werden muss. Insofern besteht ein besonderes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, weil es der Antragsstellerin nicht zugemutet werden kann, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten.

Die zuvor genannte „Entwertung“ des Schutzrechts äußert sich dahingehend, dass die Antragsstellerin Umsatzeinbußen hinnehmen muss, weil sie an ihre Mitbewerber, denen sie ohne einen vollstreckbaren Titel den weiteren Vertrieb erfindungsgemäßer Produkte nicht verbieten kann, Marktanteile verliert. Hinzu kommt, dass die patentverletzenden Produkte regelmäßig – so auch im vorliegenden Fall – günstiger als die Produkte des Patentinhabers angeboten werden. Dies allein vermag für sich genommen ein besonderes Interesse am Erlass einer einstweiligen Verfügung zwar nicht zu begründen. Im Arzneimittelbereich besteht aber abweichend von sonstigen Patentverletzungen zudem die Gefahr, dass der Patentinhaber aufgrund der Bildung einer Festbetragsgruppe regelmäßig gezwungen ist, seine Produkte dauerhaft unter den von ihm kalkulierten Verkaufspreisen anzubieten, weil die Festbeträge aufgrund einer Durchschnittsbetrachtung der Preise aller Arzneimittel mit vergleichbarem Wirkstoff festgesetzt werden. Insofern können sich die Antragsgegnerinnen auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Antragsstellerin kein erfindungsgemäßes Produkt anbiete. Es genügt, dass die Antragsstellerin mit dem Produkt F beziehungsweise G ein kontrolliert freisetzendes Oxycodonhydrochlorid-Präparat vertreibt, das aufgrund der gleichen Wirkungsweise durch die erfindungsgemäßen gegnerischen Produkte ersetzbar ist und infolgedessen mit ihnen einen einheitlichen Markt bildet. Da nicht ausgeschlossen ist, dass während eines Hauptsacheverfahrens ein Festbetragsverfahren eingeleitet wird, besteht auch in dieser Hinsicht ein besonderes Interesse der Antragsstellerin am Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Andererseits verkennt die Kammer nicht, dass die Antragsgegnerinnen zu 1), 3) und 4) die angegriffenen Ausführungsformen seit geraumer Zeit anbieten und die Untersagung des weiteren Vertriebs einen scharfen Eingriff in die wirtschaftliche Tätigkeit der Antragsgegnerinnen darstellt, der mit nicht wieder gutzumachenden Schäden verbunden sein kann. Da in dieser Hinsicht kein Anlass besteht, die Antragsstellerin besser zu stellen als in einem Hauptsacheverfahren, wird den Interessen der Antragsgegnerinnen dadurch hinreichend Rechnung getragen, wenn die Vollziehung der einstweiligen Verfügung gemäß §§ 936, 921 ZPO von der Leistung einer Sicherheit durch die Antragsstellerin abhängig gemacht wird.

C
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung bedarf es nicht, weil sich diese bereits unmittelbar aus dem Eilcharakter der einstweiligen Verfügung ergibt. Soweit die Antragsgegnerin zu 2) obsiegt hat, folgt Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Streitwert: 7.500.000,00 EUR