4a O 295/06 – Pelargoniensorte (Sortenschutz)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 627

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 13. November 2007, Az. 4a O 295/06

Rechtsmittelinstanz: 2 U 125/07

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin zu 1) 135.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der zwischen der Klägerin zu 1) und den Beklagten am 31.03.2006 geschlossene Vergleich wirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 2) 50 % der Gerichtskosten und 50 % der außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) und 50 % der Gerichtskosten. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin zu 1) ist ein Pflanzenzuchtunternehmen und Inhaberin beziehungsweise ausschließlich Nutzungsberechtigte zahlreicher Pflanzensorten. Die Beklagte zu 1) ist ein österreichischer Gartenbaubetrieb. Mit Zusammenschlussvertrag vom 28.09.2005 übernahm die Beklagte zu 1) von der „A GbR“ den Betrieb. Der Beklagte zu 2) ist der Sohn der Gesellschafter der A GbR und einer der persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten zu 1). Zugleich ist er auch an der B Ltd, Kenia, mit 99 % beteiligt.

B Ltd. produzierte im Jahr 2000 die Pelargoniensorte „X“. Die Sorte „X“ ist seit dem 16.11.1987 für die C GmbH & Co. KG geschützt. Sie hat einen mit der Sorte „Y“ identischen genetischen Fingerabdruck und beide Sorten sind auch phenotypisch weitgehend identisch. Gleichwohl sind beide Sorten selbstständig als Sorte geschützt und in die Sortenschutzrolle des Bundessortenamts eingetragen. Die genetische Identität der Sorten „X“ und „Y“ wurde vor etwa 10 Jahren festgestellt. Die Klägerinnen und die C& Co. KG einigten sich darauf, dass jeder von dem ihm erteilten Sortenschutz ungehindert Gebrauch machen kann. Ab dem Jahr 2001 produzierte B Ltd. durchweg eine rote Pelargoniensorte unter der Bezeichnung „D“ oder „E“. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich bei den Pflanzen tatsächlich um die geschützte Sorte „Y“ oder „X“ handelt. Die unter der Bezeichnung „D“ gezüchteten Pflanzen wurden nicht im Katalog beworben. Kunden wurde lediglich mitgeteilt, es handele sich um die freie Sorte „D“, es sei dasselbe wie „Y“. Die Pflanzen wurden überwiegend an die A GbR in Graz geliefert, im Übrigen an Dritte. Auch die Gartenbaubetriebe F, G und H wurden von der B Ltd. beziehungsweise der A GbR beliefert.

Bereits im Jahr 2005 nahm die Klägerin zu 1) die G Jungpflanzen GbR anlässlich der Lieferung von mit „D“ gekennzeichneten Pflanzen gerichtlich in Anspruch. Der Rechtsstreit endete im Oktober 2005 mit einem gerichtlichen Vergleich, in dem sich die G Jungpflanzen GbR zur Unterlassung des Vertriebs der Pelargoniensorte „Y“ und zur Zahlung von 8.000,00 EUR verpflichtete. Anfang 2006 erfuhr die Klägerin zu 1) von weiteren Lieferungen. Bei einer Betriebskontrolle des Gartenbaubetriebs H im März 2006 wurden weitere mit „D“ gekennzeichnete Stecklinge gefunden.

Der Beklagte zu 2) wandte sich schließlich am 21.03.2006 telefonisch an die Klägerin zu 1) und sprach mit T. Am selben Tag wandte sich der Beklagte zu 2) auch an die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen, um die drohende gerichtliche Auseinandersetzung außergerichtlich zu beenden. Der konkrete Inhalt beider Gespräche ist zwischen den Parteien streitig. Am 22.03.2007 bot Rechtsanwalt J den Beklagten telefonisch an, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, wenn sie die übliche Lizenzgebühr für alle gelieferten Stecklinge zahlten. Damit war der Beklagte zu 2) einverstanden. Mit Email vom 23.03.2006 bot die Klägerin zu 1) der A GbR den mündlich besprochenen Vergleichsabschluss an. Mit Email vom 24.03.2006 erklärte sich der Beklagte zu 2) mit dem Vergleichsvorschlag einverstanden, verlangte von den Klägerinnen aber noch die Bestätigung, dass seine Kunden nach Offenlegung ihrer Daten schadlos gehalten würden. Mit Email vom 27.03.2006 sandten die Bevollmächtigten der Klägerin zu 1) dem Beklagten zu 2) eine überarbeitete Version des Vergleichsvorschlags. Darauf reagierte der Beklagte zu 2) nicht. Daraufhin beantragte die Klägerin zu 1) am 29.03.2006 beim Landgericht Düsseldorf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Herrn und Frau A, handelnd unter der Firma A GbR. Die beantragte Verfügung war auf Unterlassung und Auskunft bezüglich der Verletzung von Sortenschutzrechten an der Sorte „Y“ in der Bundesrepublik Deutschland gerichtet. Mit Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 29.03.2006 wurde die einstweilige Verfügung unter dem Aktenzeichen 4b O 128/06 erlassen. In Unkenntnis der einstweiligen Verfügung teilte der Beklagte zu 2) noch am selben Abend Rechtsanwalt J per Email mit, er könne ihm keinen Kompromiss anbieten, da er „bei der Firma C die Sorte X unter Vertrag habe“ und er „nicht bei 2 Firmen die Lizenz bezahlen“ könne.

Mit Schreiben vom 30.03.2006 übersandte die Klägerin zu 1) den Antragsgegnern die einstweilige Verfügung vorab und forderte sie zur Auskunft über sämtliche Lieferungen von Stecklingen der Sorte „Y“ auf. Auf Bitten des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner und hiesigen Prozessbevollmächtigten, Herrn K, verlängerten die Klägerinnen am 31.03.2006 die Frist zur Abgabe der Unterlassungserklärung bis Montag, 03.04.2006, 16:00 Uhr. Daraufhin besprachen die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit dem Beklagten zu 2) am 31.03.2006 das weitere Vorgehen. Es wurde vereinbart, keine Unterlassungserklärung abzugeben, da den Eheleuten A und den Beklagten ein Verstoß gegen das Sortenschutzrecht nicht zur Last falle. Außerdem sollten Schutzschriften zugunsten der Abnehmer der B Ltd hinterlegt werden.

Am 31.03.2006 rief dann um 16:26 Uhr der Beklagte zu 2) bei den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen an und sprach mit Rechtsanwalt J über Einigungsmöglichkeiten. Der Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Es dauerte ausweislich eines Verbindungsnachweises des klägerischen Prozessbevollmächtigten 36:22 Minuten. Etwa gegen 18:15 Uhr telefonierten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zuletzt mit dem Beklagten zu 2) und forderten weitere Unterlagen für die Rechtsverteidigung an. Schließlich fand zwischen Rechtsanwalt J und dem Beklagten zu 2) gegen 19:30 Uhr ein weiteres, 6,5 Minuten andauernden Telefonat statt, dessen Inhalt streitig ist. Noch am 31.03.2006 abends sandte Rechtsanwalt J nach Rücksprache mit den Klägerinnen ein vom Geschäftsführer der Klägerin zu 1) unterzeichnetes Vergleichsangebot, das der Beklagte zu 2) in Vertretung für die Beklagte zu 1) und für sich persönlich ebenfalls unterschrieb. In der Vereinbarung verpflichteten sich die Beklagten unter anderem zur Zahlung von 135.000,00 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die Kopie derselben (Anlage K7) Bezug genommen.

Mit einem am 04.04.2006 bei den Klägerinnen eingegangenen Schreiben erklärte der Beklagte zu 2) für sich selbst, die Beklagte zu 1) und die A GbR die Anfechtung des Vergleichs vom 31.03.2006 unter allen rechtlichen Gesichtspunkten und begründete dies damit, dass seitens des Rechtsanwalts J falsche Angaben über die rechtliche Situation getätigt worden seien und mit Schwierigkeiten für die Kunden gedroht worden sei. Ohne den Druck, die Drohungen und die Täuschung über die Rechtslage hätte der Beklagte zu 2) die Vergleichsvereinbarung nicht unterschrieben. Mit Schreiben vom 31.05.2006 forderte sie – gestützt auf den Vergleich – die Beklagten zur Zahlung von 135.000,00 EUR auf. Die Beklagten zahlten nicht.

Die Klägerinnen behaupten, die Klägerin zu 2) sei Inhaber des Schutzrechts an der Sorte „Y“ der botanischen Art „Pelargonium L’Her. ex Aiton“ und die Klägerin zu 1) sei ausschließlich Nutzungsberechtigte. In der Saison 2005/2006 habe eine „Firma A“ Pflanzenmaterial der Sorte „Y“ an Abnehmer in Deutschland geliefert. Die Sorten seien unter der Bezeichnung der freien Sorte „D“ oder „E“ und ohne Zustimmung der Klägerinnen unter anderem an die Gartenbaubetriebe H und F, geliefert worden.
Im Telefonat am 21.03.2006 mit T habe der Beklagte zu 2) eingeräumt, Pflanzenmaterial der Sorte „Y“ an verschiedene Abnehmer geliefert zu haben. Er habe zur außergerichtlichen Beilegung des Streits die Zahlung von 20.000,00 EUR angeboten. Wegen der geringen Summe sei es zu keiner Einigung gekommen. Gegenüber Rechtsanwalt J habe der Beklagte zu 2) erklärt, dass es sich bei der unter der Bezeichnung „D“ gelieferten Sorte um die Sorte „Y“ handele, von der er bis zu 800.000 Stecklinge in Länder geliefert habe, in denen „Y“ geschützt sei. Lizenzgebühren seien nicht verlangt worden.
Im ersten Telefonat am Nachmittag des 31.03.2006 habe Rechtsanwalt J den Beklagten zu 2) darauf hingewiesen, dass er sich hinsichtlich einer Einigung mit Rechtsanwalt K in Verbindung setzen müsse. Der Beklagte zu 2) habe aber erklärt, das sei erledigt, „sein Anwalt solle ihm die Rechnung fertig machen.“ Daraufhin habe Rechtsanwalt J mitgeteilt, dass die Klägerin zu 1) wegen der laufenden Verkaufssaison zügig gegen den nicht lizenzierten Vertrieb von Vermehrungsmaterial der Sorte „Y“ durch die Abnehmer des Beklagten zu 2) gerichtlich vorgehen wolle. Um dies zu verhindern, habe der Beklagte zu 2) angeboten, für den Vertrieb der Stecklinge der Sorte „Y“ eine Lizenzgebühr von 100.000,00 EUR zu zahlen und die Sorte zukünftig mit einer Lizenz der Klägerin zu 1) zu vertreiben. Rechtsanwalt J habe darauf bestanden, dass eine Lizenzgebühr für alle von den Beklagten verkauften Stecklinge gezahlt werde, die von dem Beklagten zu 2) mit 150.000,00 EUR berechnet worden sei. Er habe Rechtsanwalt J gebeten, bei der Klägerin zu 1) anzufragen, ob nicht eine geringere Summe ausreiche. Nach Rücksprache mit der Klägerin zu 1) habe Rechtsanwalt J dem Beklagten zu 2) in dem zweiten Telefonat am 31.03.2006 abends mitgeteilt, dass die Klägerin zu 1) bereit sei, die Angelegenheit gegen Zahlung von 135.000,00 EUR beizulegen. Darauf habe der Beklagte zu 2) mit – so wörtlich – „Super, danke.“ reagiert.

Die Klägerinnen beantragen,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 135.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 zu zahlen

2. im Wege der Zwischenfeststellungsklage festzustellen, dass der zwischen den Parteien am 31.03.2006 geschlossene Vergleich wirksam ist.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, bei den unter der Bezeichnung „D“ oder „E“ gelieferten Stecklingen handele es sich nicht um die Sorte „Y“, sondern um die Sorte „X“. Die A GbR habe seit 1998/1999 über eine Produktions- und Vertriebslizenz für die Sorte „X“ aufgrund eines Lizenzvertrages mit der C GmbH & Co. KG verfügt. Nach der Aufgabe des Geschäftsbetriebs durch die A GbR sei die Beklagte zu 1) in den Lizenzvertrag eingetreten. Der Gartenbaubetrieb H habe das Pflanzenmaterial von der B Ltd. und nicht von der A GbR erhalten.
Die Beklagten behaupten weiter, bereits im Telefonat am 21.03.2006 mit T habe der Beklagte zu 2) darauf hingewiesen, dass er lediglich die Sorte „X“ in Lizenz vertrieben habe. Zu dem ersten Telefonat am 31.03.2006 sei der Beklagte zu 2) von einem Bekannten überredet worden. Die Prozessbevollmächtigten seien nicht informiert gewesen. Es habe sich um ein etwa 30-minütiges, eher allgemein gehaltenes Gespräch gehandelt. Der Beklagte zu 2) habe darin lediglich erklärt, er habe nicht die Sorte „Y“, sondern die Sorte „X“ gegen Lizenzgebühren von 80.000,00 EUR vertrieben. In dem nachfolgenden Gespräch mit den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) sei das Telefonat mit Rechtsanwalt J nicht Gesprächsthema gewesen.
In dem zweiten Gespräch am Abend des 31.03.2006 mit Rechtsanwalt J habe dieser dem Beklagten zu 2) erklärt, er „müsse“ noch „heute“ einen Vergleich abschließen. Obwohl der Beklagte zu 2) immer wieder erklärt habe, dass er von einer alten Mutterpflanze der Sorte „X“ aufbaue und nicht die Sorte „Y“ in den Verkehr gebracht habe, habe Rechtsanwalt J darauf hingewiesen, dass dieser Umstand keine Rolle spiele. Seine Kunden würden am Montag erhebliche Probleme bekommen, wenn er nicht „vergleichs“-bereit sei. Da der Beklagte zu 2) seine Kunden um jeden Preis habe schützen wollen, habe er schließlich Rechtsanwalt J aufgefordert, einen Vergleichsvorschlag zu machen. Dieser habe gefordert, der Beklagte zu 2) solle alle Stecklinge der Sorte „Y“, die er in den letzten 2 Jahren verkauft habe, mit der normalen Lizenz abführen. Der Beklagte zu 2) habe erwidert, er habe doch nur „X“ verkauft. Herr J habe erneut auf die Schwierigkeiten für die Kunden der Beklagten hingewiesen. Schließlich habe der Beklagte zu 2) einen Pauschalbetrag von 100.000,00 EUR vorgeschlagen und zugleich deutlich gemacht, dass er damit bei seinen Kunden einen Auslieferungsstop verhindern wolle. Rechtsanwalt J habe erklärt, dass er dies mit der Klägerin zu 1) besprechen müsse und den Beklagten zu 2) zurückrufen werde. Der Beklagte zu 2) selbst habe seine Rechtsanwälte nicht erreichen können. Nach einiger Zeit habe Rechtsanwalt J den Beklagten zu 2) zurückgerufen und eine Erledigung der Angelegenheit gegen Zahlung von 150.000,00 EUR angeboten. Dies sei dem Beklagten zu 2) zuviel gewesen und nach erneuter Rücksprache mit der Klägerin zu 1) habe man sich auf eine Zahlung von 135.000,00 EUR geeinigt. Rechtsanwalt J habe erklärte, der Beklagte zu 2) „müsse“ den Vertrag noch „heute“ unterschreiben.
Die Beklagten sind der Ansicht, die Drohung mit gerichtlichen Schritten sei rechtswidrig, weil sie trotz einer noch laufenden Frist und unter Umgehung der gegnerischen Rechtsanwälte erfolgt sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

A Zwischenfeststellungsklage

I.
Die Zwischenfeststellungsklage ist zulässig, da die Voraussetzungen des § 256 Abs. 2 ZPO vorliegen. Die Klägerinnen haben die Zwischenfeststellungsklage bereits mit der Hauptklage erhoben. Der Feststellungsantrag betrifft ein zwischen den Parteien streitiges Rechtsverhältnis. Denn beide Parteien streiten über die Wirksamkeit eines am 31.03.2006 zwischen ihnen geschlossenen Vergleichs. Da die Klägerinnen mit der Hauptklage aus diesem Vergleich Zahlung verlangen, hängt die Entscheidung über den Zahlungsantrag vom Bestehen oder Nichtbestehen dieses vergleichsweise geregelten Rechtsverhältnisses ab. Umgekehrt werden durch ein Urteil über den Zahlungsantrag die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht abschließend geregelt, da der Vergleich neben der streitigen Zahlungsverpflichtung unter anderem auch Unterlassungs- und Auskunftspflichten enthält.

II.
Die Zwischenfeststellungsklage ist teilweise begründet. Der am 31.03.2006 geschlossene Vergleich ist zwischen der Klägerin zu 1) einerseits und den Beklagten andererseits wirksam, zwischen der Klägerin zu 2) und den Beklagten hingegen unwirksam.

1. Bei der zwischen den Parteien am 31.03.2006 geschlossenen Vereinbarung handelt es sich begrifflich um einen Vergleich im Sinne von § 779 Abs. 1 BGB.

a) Die Vereinbarung stellt einen Vertrag dar, der durch das am 31.03.2006 per Email den Beklagten zu 2) übersandte Vergleichsangebot und die noch am selben Abend per Telefax erfolgte Rücksendung der unterzeichneten Vereinbarung zustande kam. Vertragsparteien sind ausweislich der Anlage K7 die Klägerin zu 1) auf der einen Seite und die Beklagten auf der anderen Seite, wobei die Beklagte zu 1) durch den Beklagten zu 2) wirksam vertreten wurde. Die Klägerin zu 2) ist im Kopf des Vergleichs zwar namentlich benannt, sie hat den Vertrag aber nicht unterzeichnet. Die Klägerinnen haben auch nichts dazu vorgetragen, dass die Klägerin zu 2) im Sinne von § 164 Abs. 1 S. 1 BGB wirksam vertreten wurde. Es ist nicht dargelegt, dass der die Verhandlungen führende Rechtsanwalt J oder der Geschäftsführer der Klägerin zu 1), der den Vertrag unterzeichnete, auch von ihr bevollmächtigt war. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem zur Zeit des Vertragsschlusses am 31.03.2006 anhängigen einstweiligen Verfügungsverfahren. Die Verfahrensbevollmächtigte der damaligen Antragstellerin war zwar wie im vorliegenden Fall die L Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Aber für die hiesige Klägerin zu 2) bestand anlässlich des einstweiligen Verfügungsverfahrens keine Vollmacht, weil die Klägerin zu 2) nicht Beteiligte des damaligen Verfahrens war. Die fehlende Beteiligung der Klägerin zu 2) am Vertragsschluss stellt die Wirksamkeit des Vergleichs nicht in Frage, da die Klägerin zu 1) nach dem Inhalt des Vertrages die alleinige Nutzungsberechtigte an der Sorte „Y“ ist, deren Ansprüche aus der streitigen Sortenschutzverletzung abgegolten werden sollten. Zudem galt es, das einstweilige Verfügungsverfahren zu beenden, in dem die Klägerin zu 1) Antragstellerin war. Aus § 139 Abs. 1 BGB lässt sich eine Unwirksamkeit nicht herleiten, da der Vertrag nicht teilweise nichtig oder unwirksam war.

b) Zwischen den Parteien bestand Streit und Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis.
aa) Streit oder Ungewissheit im Sinne von § 779 Abs. 1 S. 1 BGB kann auf tatsächlichem oder rechtlichem Gebiet liegen. Sie beruhen auf Zweifeln beider Parteien über das Ausgangsrechtsverhältnis oder auf Zweifeln einer Partei, die der anderen bekannt sind. Auf die objektive Rechtslage kommt es nicht an. Es genügen Streit oder Ungewissheit der Parteien, die den Bestand des Ausgangsverhältnisses betreffen (Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl.: § 779 Rn 4).
Im vorliegenden Fall bestand zwischen den Parteien Unsicherheit und Streit über das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen einer Verletzung von Sortenschutzrechten und die daraus resultierenden Rechtsfolgen, nämlich Unterlassungsansprüche, Auskunftsansprüche und Schadensersatzansprüche. Unstreitig boten verschiedene Gartenbaubetriebe Anfang 2006 Pflanzen unter der Bezeichnung „D“ an. Die Klägerinnen vertraten die Auffassung, bei den Pflanzen der Sorte D handele es sich um die für die Klägerinnen geschützte Sorte „Y“, die von der A GbR ohne Zustimmung der Klägerinnen in die Bundesrepublik geliefert worden seien. Infolgedessen machte die Klägerin zu 1) Ansprüche aus den §§ 37, 37b SortG geltend. Dies erfolgte erstmals ausdrücklich mit dem schriftlichen Vergleichsangebot der Klägerin zu 1) vom 23.03.2006 und außerdem durch die beantragte einstweilige Verfügung vom 29.03.2006, weiterhin durch die Aufforderung zur Auskunftserteilung vom 30.03.2006.
Die A GbR und die Beklagten waren der Ansicht, Sortenschutzrechte oder Nutzungsrechte der Klägerinnen seien nicht verletzt worden, da es sich nach ihrer Auffassung bei den mit „D“ bezeichneten Pflanzen um die Sorte „X“ und nicht „Y“ handele, für die Sorte „X“ eine Lizenz seitens der CGmbH & Co. KG bestehe und die Pflanzen von der B Ltd. geliefert worden seien. Diese Auffassung war der Klägerin zu 1) bekannt, denn sie wurde in den Vergleichsverhandlungen durch den Beklagten zu 2) wiederholt geäußert. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten wies der Beklagte zu 2) bereits im Telefonat am 21.03.2006 gegenüber T und per Email vom 29.03.2006 darauf hin, dass er die Sorte „X“ vertreibe und dafür eine Lizenz habe. In einem der Telefonate am 31.03.2006 äußerte der Beklagte zu 2) dies auch gegenüber dem Rechtsanwalt J. Bis zum Vergleichsschluss am 31.03.2006 wurden Ansprüche der Klägerin zu 1) von den Beklagten zurückgewiesen.
bb) Die streitige Sortenschutzverletzung und die sich daraus ergebenden Ansprüche begründeten zwischen den Parteien ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 779 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Begriff des Rechtsverhältnisses ist weit zu fassen, erfordert aber, dass sich die Rechtsbeziehungen zwischen den Vergleichspartnern schon so verdichtet und konzentriert haben, dass der eine Teil auf die Entschließungsfreiheit des anderen einwirken kann. Dies ist im Einzelfall nach den für das Rechtsverhältnis geltenden gesetzlichen Vorschriften zu beurteilen (Palandt/Sprau, BGB, 66. Aufl.: § 779 Rn 5). Auf den objektiven Bestand des Ausgangsrechtsverhältnisses kommt es nicht an (a.a.O. Rn 4). Insofern kann es dahinstehen, ob die Beklagten oder die A GbR tatsächlich Sortenschutzrechte oder Nutzungsrechte der Klägerinnen verletzten. Die Beziehungen zwischen den Parteien hatten sich bereits soweit verdichtet, dass die Klägerin auf die Entschließungsfreiheit der Beklagten einwirken konnte. Denn unstreitig wurden bei Abnehmern der A GbR beziehungsweise der späteren Beklagten zu 1) Pflanzen mit der Bezeichnung „D“ gefunden, bei denen es sich tatsächlich entweder um die Sorte „X“ oder „Y“ handelte, wobei beide Sorten genetisch und weitgehend auch phenotypisch identisch sind. Außerdem erklärte der Beklagte zu 2) im Rahmen der Vergleichsverhandlungen mehrfach, die Sorte „X“ – nach seiner Behauptung mit einer Lizenz der CGmbH & Co. KG – vertrieben zu haben. Für die Klägerin zu 1), die das Vorliegen der Lizenz für die damaligen Lieferungen bezweifelt, bestand dadurch begründeter Anlass, von einer Sortenschutzverletzung auszugehen. Dieser Anlass konnte auch von den Beklagten nicht ignoriert werden. Denn immerhin hatte der Gartenbaubetrieb G bereits im November 2005 mit der Klägerin zu 1) einen Unterlassungsvergleich mit einer Schadensersatzzahlung geschlossen und der Beklagte zu 2) selbst wollte ausweislich seiner Email an T vom 21.03.2006 aus eigenem Antrieb das Problem „D/Y/X endgültig aus der Welt schaffen“. Schließlich bestand zwischen der Klägerin zu 1) und der A GbR, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte zu 1) ist, aufgrund des einstweiligen Verfügungsverfahren ein Prozessrechtsverhältnis.

c) Der Streit und die Ungewissheit zwischen der Klägerin zu 1) und den Beklagten über eine Sortenschutzverletzung und die daraus resultierenden Ansprüche wurden durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt. Ein Nachgeben bedeutet ein Zugeständnis irgendwelcher Art, um zu einer Einigung zu kommen. Es genügt, dass die Parteien sich auf eine bestimmte Geldsumme einigen oder dass eine Seite den Anspruch ganz befriedigt und die andere eine Gegenleistung anderer Art übernimmt (Palandt/Sprau, BGB 66. Aufl.: § 779 Rn 9).
Ein Nachgeben der Beklagten in der Vereinbarung vom 31.03.2006 ist darin zu sehen, dass sie ihre Auffassung von der streitigen Schutzrechtsverletzung aufgaben und in der Präambel und in § 1 des Vergleichs unstreitig stellten, ohne Zustimmung der Klägerin zu 1) in der Saison 2004/2005 und 2005/2006 Stecklinge der Sorte „Y“ an Abnehmer in Deutschland und den Niederlanden geliefert zu haben. Zudem wurde der von der Klägerin zu 1) geltend gemachte Unterlassungsanspruch und Auskunftsanspruch anerkannt, indem sich die Beklagten in § 2 und § 3 des Vergleichs zur Unterlassung und Auskunft verpflichteten. Weiterhin verpflichteten sich die Beklagten zur Zahlung von 135.000,00 EUR, § 4 des Vergleichs.
Die Klägerin zu 1) gab ihrerseits nach. Denn die Beklagten verpflichteten sich zur Zahlung von 135.000,00 EUR, obwohl die Klägerin zu 1) in den dem Vergleich vorhergehenden Verhandlungen ursprünglich 150.000,00 EUR verlangt hatte. Ebenso erklärte die Klägerin zu 1) in § 5 des Vergleichs, auf weitere Schadensersatzforderungen und auf ihre Rechte aus der einstweiligen Verfügung zu verzichten, falls Zahlung und Auskunft seitens der Beklagten vollständig erfolgen sollten. Weiterhin verzichtete sie auf Ansprüche gegen die Abnehmer der Beklagten hinsichtlich der in der Vergangenheit gelieferten Stecklinge.

2. Der Vergleich ist nicht gemäß § 779 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Voraussetzung für die Unwirksamkeit eines Vergleichs nach dieser Regelung ist unter anderem, dass der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht. Der Begriff des Sachverhalts umfasst alle Verhältnisse tatsächlicher und rechtlicher Art. Als feststehend zugrunde gelegt ist der unstreitige Sachverhalt, von dem die Parteien übereinstimmend bei Abschluss des Vergleichs ausgehen, der also von ihnen nach dem Inhalt des Vergleichs als Grundlage und wesentliche Voraussetzung für die erzielte Beilegung ihres Streits betrachtet wird und sich außerhalb des Streits oder der Ungewissheit befindet. Nicht erfasst ist der Sachverhalt, der vor dem Vergleich als unstreitig oder ungewiss angesehen wurde (Palandt/Sprau, BGB 66. Aufl.: § 779 Rn 14 f).
Vor diesem Hintergrund ist eine Unwirksamkeit des Vergleichs zu verneinen. Die Beklagten haben nicht dargelegt, von welchem Sachverhalt sie und die Klägerin zu 1) beim Abschluss des Vergleichs übereinstimmend ausgingen, der tatsächlich nicht der Wirklichkeit entsprach. Erforderlich ist insoweit, dass die Vorstellung beider Parteien beim Vertragsschluss von der Wirklichkeit abweicht, sie insofern beide einem Irrtum erliegen. Welche fehlerhaften Vorstellungen beide Parteien von den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen hatten, ist nicht vorgetragen. Die Beklagten können in dieser Hinsicht auch nicht einwenden, der Beklagte zu 2) sei von Rechtsanwalt J über die rechtliche Situation der Beklagten getäuscht worden; Rechtsanwalt J habe gegenüber dem Beklagten zu 2) erklärt, es sei unerheblich, wenn der Beklagte zu 2) Stecklinge der Sorte „X“ gezüchtet und geliefert habe. Denn diese Auffassung war gerade zwischen den Vertragsparteien streitig und kann nicht „von den Parteien als feststehend zugrunde gelegter Sachverhalt“ im Sinne von § 779 Abs. 1 S. 1 BGB angesehen werden. Der Beklagte zu 2) wies als Einwand gegen einen Vergleichsschluss nach seinem eigenen Vortrag in dem Telefonat, das dem Vergleichsschluss unmittelbar voranging, wiederholt darauf hin, keine Stecklinge der Sorte „Y“, sondern der Sorte „X“ geliefert zu haben. Daraus wird deutlich, dass der Beklagte zu 2) durchaus anderer Auffassung als die Klägerin zu 1) war und von einer Haftung der Beklagten nicht ausging.
Schließlich ergibt sich ein anderes Ergebnis auch nicht aus der Präambel und § 1 des Vergleichs, in denen ein bestimmter Sachverhalt festgehalten wurde. Denn die dort aufgeführten Umstände können nicht als feststehend zugrunde gelegter Sachverhalt verstanden werden, da sie beim Vergleichsschluss zwischen den Parteien streitig waren – und auch jetzt noch sind. Der Beklagte zu 2) hat noch unmittelbar vor dem Abschluss des Vergleichs im Telefonat mit Herrn J bestritten, Vermehrungsmaterial der Sorte „Y“ unter dem Namen „D“ geliefert zu haben. Soweit diese Umstände in der Präambel und in § 1 des Vergleichs aufgeführt sind, machen sie zusammen mit § 2 und § 3 des Vergleichs den anerkennenden Teil des Vergleichs aus. Denn ein Anerkenntnis kann auch lediglich in einseitigen, tatsächlichen Erklärungen eines Schuldners liegen, die mit dem Zweck abgegeben werden, den Gläubiger von Maßnahmen gegen den Schuldner abzuhalten und/oder ihm den Beweis zu erleichtern (Palandt/Sprau, BGB 66. Aufl. § 781 Rn 6). So liegt der Fall hier, denn die Beklagten haben vorgetragen, der Beklagte zu 2) habe den Vergleich abgeschlossen, um Maßnahmen der Klägerinnen gegen die Abnehmer der Beklagten zu vermeiden. Zudem führt ein solches Anerkenntnis zu Beweiserleichterungen hinsichtlich der Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Beklagten.

3. Der Vergleicht ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Es kann dahinstehen, ob Rechtsanwalt J durch den Vergleichsschluss mit dem Beklagten zu 2) ohne Beteiligung der damaligen Verfahrensbevollmächtigten und jetzigen Prozessbevollmächtigten gegen § 12 Abs. 1 BORA verstieß. Denn § 134 BGB ordnet nicht für jeden Fall, in dem ein Rechtsgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ausnahmslos die Nichtigkeit an. Vielmehr ist die Nichtigkeit gemäß § 134 BGB davon abhängig, dass sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. Soweit das gesetzliche Verbot selbst keine Rechtsfolge anordnet, ist eine normbezogene Abwägung erforderlich, ob es mit dem Sinn und dem Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar ist, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen bzw. bestehen zu lassen.
Nach diesen Grundsätzen führt ein Verstoß gegen das Verbot des § 12 Abs. 1 BORA nicht zur Nichtigkeit des Vergleichs. Denn § 12 Abs. 1 BORA wendet sich nicht gegen den Inhalt des abgeschlossenen Rechtsgeschäfts, sondern gegen die Umstände seines Abschlusses. Schon dies spricht grundsätzlich gegen die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Zweck des Verbots sind der Schutz des gegnerischen Rechtsanwalts vor Eingriffen in dessen Mandatsverhältnis, der Schutz des gegnerischen Mandanten und der Schutz der Rechtsprechung vor der Belastung mit Auseinandersetzungen, die ihren Grund in Einlassung der nicht von ihrem Anwalt beratenen Partei haben. Diese Zwecke gebieten es nicht, ein unter Verstoß gegen § 12 Abs. 1 BORA zustande gekommenes Rechtsgeschäft als nichtig zu werten. Die Achtung von § 12 Abs. 1 BORA ist durch die standesrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten der Rechtsanwaltskammern hinreichend gewährleistet. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht der Beklagten folgt aus der standesrechtlichen Sanktionsmöglichkeit gerade nicht, dass es sich um eine elementare Verbotsnorm handele, deren Nichtbeachtung zwangsläufig zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führe. Vielmehr spricht gegen dessen Nichtigkeit, dass sich das Verbot aus § 12 Abs. 1 BORA nicht gegen die Beteiligten des Rechtsgeschäfts, sondern gegen die Rechtsanwälte richtet. Zudem wirkt das Verbot nur einseitig, weil immer nur einer der Rechtsanwälte am Zustandekommen des Geschäfts mitwirkt (vgl. dazu BGH NJW 2003, 3692.).

4. Der Vergleich ist nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig. Dass die Voraussetzungen von § 134 BGB nicht eingreifen, führt nicht notwendig zum Ausschluss der Anwendbarkeit von § 138 BGB. Allerdings haben die Beklagten keine Umstände dargelegt, die einen Verstoß gegen die guten Sitten begründen. Der Inhalt des Rechtsgeschäfts, hier des Vergleichs, begegnet insoweit keinen Bedenken. Aber auch das Zustandekommen des Vergleichs führt nicht zum Vorwurf der Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts. Der angebliche Verstoß gegen § 12 Abs. 1 BORA vermag allein einen solchen Vorwurf nicht zu begründen, weil – wie zuvor dargestellt – Sinn und Zweck der Verbotsnorm dahingehend auszulegen sind, dass ein Verbotsverstoß nicht zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts gemäß § 134 BGB führt. Würde die Sittenwidrigkeit allein mit dem Normverstoß begründet, liefe die speziellere Regelung des § 134 BGB aufgrund der Anwendung des § 138 BGB regelmäßig ins Leere. Soweit die Beklagten der Ansicht sind, der Beklagte zu 2) sei getäuscht und bedroht worden, führt auch eine derartige Einflussnahme auf die Willensbildung für sich genommen noch nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gemäß § 138 Abs. 1 BGB (arg. § 123 BGB), so dass die Beklagten auf die Anfechtung zu verweisen sind. Die Nichtigkeit könnte allenfalls dadurch begründet werden, dass das Rechtsgeschäft ein sittenwidriges Gesamtgepräge aufweist. Dem vermag sich die Kammer aber allein auf Grundlage des angeblichen Verstoßes gegen die Verbotsnorm des § 12 Abs. 1 BORA und der von den Beklagten behaupteten Drohung und Täuschung nicht anzuschließen. Die Umstände des Zustandekommens des Vergleichs begegnen im Hinblick auf den Vorwurf der Sittenwidrigkeit auch dann keinen Bedenken, wenn der Vortrag der Beklagten als wahr unterstellt wird.

5. Der Vergleich ist auch nicht gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig. Ein Anfechtungsgrund liegt nicht vor.
a) Für einen Irrtum im Sinne von § 119 BGB ist nichts dargetan.
b) Ebenso wenig wurden die Beklagten zum Abschluss des Vergleichs durch eine arglistige Täuschung bestimmt. Eine Täuschung liegt vor, wenn zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums Tatsachen vorgespiegelt, entstellt oder trotz Aufklärungspflicht verschwiegen werden. Insofern kann auch in der Äußerung einer Rechtsansicht die Vorspiegelung einer Tatsache liegen, wenn dadurch die materielle Rechtslage unrichtig dargestellt wird (Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl.: § 123 Rn 3). Die Beklagten tragen vor, Rechtsanwalt J habe auf den Einwand des Beklagte zu 2), die Sorte „X“ vertrieben zu haben, erklärt, dass dies unerheblich sei. Der Vorwurf der Beklagten geht dahin, damit seien sie über die tatsächliche Rechtslage getäuscht worden. Dieser Vorwurf trifft jedoch nicht zu, auch wenn das tatsächliche Vorbringen der Beklagten insoweit als zutreffend unterstellt wird. Denn über die Rechtslage im engeren Sinne wurde von Rechtsanwalt J in den telefonisch geführten Vergleichsverhandlungen am 31.03.2006 überhaupt keine Aussage gemacht.
Der Erklärung des Rechtsanwalts J kann schon nicht entnommen werden, ob dieser den Einwand des Beklagten zu 2), die Sorte „X“ und nicht „Y“ vertrieben zu haben, in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht als „unerheblich“ ansieht. Für ersteres spricht bereits das Schreiben des Rechtsanwalts J vom 30.03.2006. Denn darin erklärt er, dass er den Einwand, es bestehe eine Lizenz für die Sorte „X“, für unglaubhaft und unerheblich halte, da der Beklagte zu 2) Lieferungen der Sorte „Y“ bereits zugegeben habe. Im zweiten Fall hätte Rechtsanwalt J lediglich seinen eigenen Rechtsstandpunkt vertreten. Nach dem maßgeblichen Verständnishorizont eines durchschnittlichen Empfängers der klägerseitigen Erklärung war diese Erklärung des Rechtsanwalts J nicht zur Irreführung geeignet. Ein bestimmtes Vorstellungsbild von einer konkreten Rechtslage wurde nicht vermittelt.
Das gilt erst recht, wenn auch die übrigen Umstände des Vergleichsabschlusses berücksichtigt werden. Denn vor den telefonisch geführten Vergleichsverhandlungen am 31.03.2006 besprach der Beklagte zu 2) mit seinen späteren Prozessbevollmächtigten, keine Unterlassungserklärung abzugeben, da sie der Auffassung waren, dass den Beklagten ein Verstoß gegen das Sortenschutzrecht nicht zur Last falle. Es wäre lebensfremd anzunehmen, dass mit den Prozessbevollmächtigten nicht die Rechtslage hinsichtlich der Lieferung der Sorte „X“ besprochen wurde und die Verteidigung gegen die einstweilige Verfügung nicht auch auf diesen Umstand gestützt werden sollte – zumal der Beklagte zu 2) noch am 29.03.2006 per Email Rechtsanwalt J darauf hingewiesen hatte, „bei der Firma C die Sorte X unter Vertrag“ zu haben und „nicht bei 2 Firmen die Lizenz bezahlen“ zu können. Wie vor diesem Hintergrund beim Beklagten zu 2) nach der Besprechung mit seinen Rechtsanwälten ein Irrtum über die Rechtslage durch die angebliche Erklärung des Rechtsanwalts J hätte hervorgerufen werden können, erschließt sich der Kammer nicht.
c) Schließlich sind die Beklagten auch nicht widerrechtlich durch eine Drohung zum Abschluss eines Vergleichs bestimmt worden. Dabei kann die angebliche, von den Beklagten behauptete Ankündigung des Rechtsanwalts J, die Abnehmer der Beklagten würden am Montag erhebliche Probleme bekommen, zwar als Drohung aufgefasst werden. Da diese „Probleme“ als gerichtliche Inanspruchnahme der Abnehmer zu verstehen sind – dies ergibt sich aus einem der von den Klägerinnen behaupteten Telefonate –, stellte der Rechtsanwalt J ein künftiges Übel in Aussicht, durch das die Beklagten, die ihre Kundenbeziehungen schützen wollten, in eine Zwangslage versetzt wurden.
Die von den Beklagten behauptete Drohung ist jedoch nicht widerrechtlich. Die Widerrechtlichkeit kann sich aus dem angedrohten Mittel, dem erstrebten Zweck oder der Zweck-Mittel-Relation ergeben. Sie ist hinsichtlich des Mittels – hier der gerichtlichen Inanspruchnahme der Abnehmer der Beklagten – zu verneinen. Denn grundsätzlich ist eine Drohung mit der Anrufung eines Gerichts auch dann rechtmäßig, wenn der geltend gemachte Anspruch möglicherweise nicht besteht.
Der mit der Drohung angestrebte Zweck – hier der Vergleichsschluss – ist ebenfalls nicht widerrechtlich. Dafür genügt es nicht, dass der Drohende keinen Rechtsanspruch auf die erstrebte Willenserklärung hat. Vielmehr muss der erzwungene Erfolg verboten oder sittenwidrig sein. Dafür bestehen im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte.
Schließlich führt auch das Verhältnis von Mittel und Zweck der Drohung nicht zu ihrer Rechtswidrigkeit. Bei der Beurteilung der Zweck-Mittel-Relation ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese dann nicht anstößig ist, wenn bei einer Drohung mit einem erlaubten Mittel ein Rechtsanspruch des Drohenden auf den angestrebten Erfolg besteht. Umgekehrt führt aber das Fehlen eines Rechtsanspruchs nicht schon zur Rechtswidrigkeit der Drohung. Entscheidend ist, ob der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks ein berechtigtes Interesse hat und die Drohung nach Treu und Glauben noch als ein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen ist. Erforderlich ist dafür die Würdigung aller Umstände, wobei von der Sicht des Drohenden auszugehen ist. Nimmt er in vertretbarer Beurteilung an, dass sein Vorgehen rechtmäßig ist, entfällt die Widerrechtlichkeit (Palandt/Heinrichs, BGB 66. Aufl.: § 123 Rn 21 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen ist die Zweck-Mittel-Relation im vorliegenden Fall nicht rechtswidrig. Dabei kann dahinstehen, ob objektiv ein Rechtsanspruch der Klägerin zu 1) auf den Abschluss des Vergleichs bestand. Denn die Klägerin zu 1) hatte ein berechtigtes Interesse an dem Vergleichsschluss. Aus ihrer Sicht hatten die Beklagten und deren Abnehmer Sortenschutzrechte verletzt, so dass nach Auffassung der Klägerin zu 1) Unterlassung-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche bestanden. Zur Durchsetzung dieser Ansprüche sah sich die Klägerin zu 1) nun vor die Alternativen gestellt, die von ihr behaupteten Ansprüche gegen die einzelnen Verletzer gerichtlich geltend zu machen oder mit den Beteiligten eine außergerichtliche Einigung herbeizuführen. Diese Sichtweise war nach dem damaligen Kenntnisstand der Klägerin zu 1) auch naheliegend, zumal sie bereits gegen die G Jungpflanzen GbR durch den gerichtlichen Vergleich Ansprüche zumindest teilweise verwirklichen konnte.
Die Ankündigung, die Abnehmer der Beklagten gerichtlich in Anspruch zu nehmen, stellt sich nach Treu und Glauben als ein angemessenes Mittel zur Durchsetzung des Vergleichsschlusses dar. Denn der Inhalt der vergleichsweisen Regelung – hier die von der Klägerin zu 1) behaupteten Ansprüche – standen in einem engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang zu der von der Klägerin zu 1) in Aussicht gestellten gerichtlichen Inanspruchnahme der Abnehmer. Aus Sicht der Klägerin zu 1) bestand der begründete Verdacht einer Sortenschutzverletzung durch die Beklagten. Dies begründete zugleich gegenüber den Abnehmern der Beklagten den Verdacht von Sortenschutzverletzungen, so dass die Klägerin zu 1) zur Durchsetzung etwaiger Ansprüche auch gegenüber den Abnehmern der Beklagten gerichtliche Verfahren einleiten konnte und durfte. Im Übrigen mussten die Beklagten aus Sicht der Klägerin zu 1) aufgrund der Lieferbeziehungen im Falle einer erfolgreichen gerichtlichen Inanspruchnahme der Abnehmer ohnehin mit etwaigen Schadensersatzansprüchen ihrer Abnehmer rechnen – wenn nicht die Abnehmer sogar positive Kenntnis von den zumindest aus Sicht der Klägerin zu 1) zu bejahenden Sortenschutzrechtsverletzungen der Beklagten hatten und damit die Schutzrechtsverletzungen gemeinschaftlich begingen. In keinem der Fälle ist die Zweck-Mittel-Relation anstößig.
Dies gilt auch dann, wenn berücksichtigt wird, dass Rechtsanwalt J noch vor dem den Beklagten gewährten Fristende die Drohung mit der gerichtlichen Inanspruchnahme der Abnehmer aussprach. Denn aus der Ankündigung ergibt sich nicht, dass auch die gerichtliche Inanspruchnahme vor Fristablauf erfolgen sollte. Das Fristende war für Montag, 16:00 Uhr bestimmt und der Rechtsanwalt J kündigte erst ab Montag die „erheblichen Probleme“ für die Abnehmer an, die somit durchaus nach Fristablauf hätten eintreten können. Zeitdruck allein erfüllt jedoch nicht einmal die Voraussetzungen einer Drohung. Mit dieser Begründung ist auch die Behauptung der Beklagten, Rechtsanwalt J habe erklärt, der Beklagte zu 2) „müsse“ noch „heute“ einen Vergleich abschließen, als unbeachtlich anzusehen. Mit diesem Wortlaut wurde der Beklagte zu 2) vielleicht unter Druck gesetzt. Die Aussage ist aber vor dem Hintergrund der nun schon mehrere Tage andauernden Vergleichsverhandlungen zu sehen, in denen beide Parteien ihre Position typischerweise druckvoll vertreten. Eine Drohung oder gar rechtswidrige Drohung ging mit dieser Aussage nicht einher.

III.
Die Zwischenfeststellungsklage ist im Übrigen unbegründet.

Zwischen der Klägerin zu 2) und den Beklagten besteht kein wirksamer Vergleich. Die Klägerin zu 2) hat den am 31.03.2006 abgeschlossenen Vergleich nicht unterzeichnet. Es ist auch nicht dargelegt, dass Rechtsanwalt J oder der Geschäftsführer der Klägerin zu 1) die Klägerin zu 2) wirksam vertreten haben. Wegen der weiteren Begründung wird auf die obigen Ausführungen zur Begründetheit der Zwischenfeststellungsklage verwiesen.

B Zahlungsantrag

I.
Der Zahlungsantrag ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

Die Klägerin zu 1) hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 135.000,00 EUR aus § 4 Ziff. 1 der Vergleichsvereinbarung i.V.m. § 311 Abs. 1 BGB.

Zwischen der Klägerin zu 1) und den Beklagten bestand ein wirksamer Vergleichsvertrag, der am 31.03.2006 geschlossen wurde. Darin verpflichteten sich die Beklagten zur Zahlung von 135.000,00 EUR an die Klägerin zu 1). Zur Begründung der Wirksamkeit des Vergleichs wird auf die Ausführung zur Zwischenfeststellungsklage verwiesen.

Der Zahlungsanspruch ist gemäß § 4 Ziff. 2 der Vergleichsvereinbarung fällig. Ursprünglich sollte der Betrag in monatlichen Raten zu 20.000,00 EUR und einer Schlussrate von 15.000,00 EUR zahlbar sein, fällig jeweils zum 21. eines Kalendermonats, erstmals aber am 28.04.2006. Gesamtfälligstellung sollte eintreten, wenn sich die Beklagten länger als drei Tage mit einer Ratenzahlung in Verzug befanden. Das war hier gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB der Fall. Denn durch die Fälligkeitstermine war die Zahlung der Raten kalendermäßig bestimmt. Bislang wurde aber keine Rate gezahlt, so dass Verzug mit einer Rate und Gesamtfälligstellung des Zahlungsbetrages bereits am 02.05.2006 eintrat.

Schließlich hat die Klägerin zu 1) gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2006 aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagten wurden mit anwaltlichem Schreiben vom 31.05.2006, das den Anwälten der Beklagten am selben Tag per Telefax zuging, zur Zahlung aufgefordert. Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus § 288 Abs. 2 BGB können jedoch nicht verlangt werden, weil es sich bei dem Zahlungsanspruch nicht um eine Entgeltforderung für die Lieferung von Waren und Dienstleistungen handelt. Ausweislich der Regelung in § 4 Ziff. 1 der Vergleichsvereinbarung handelt es sich vielmehr um einen Schadensausgleich.

Die Beklagten sind Gesamtschuldner gemäß § 421 BGB.

II.
Im Übrigen ist der Zahlungsantrag unbegründet.

Die Klägerin zu 2) hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 135.000,00 EUR aus § 4 Ziff. 1 der Vergleichsvereinbarung, da die Beklagte zu 2) nicht Vertragspartnerin geworden ist.

Eine andere Anspruchsgrundlage kommt nicht in Betracht. Ansprüche aus §§ 10, 37 SortG haben die Klägerinnen nicht geltend gemacht. Denn die von den Klägerinnen behaupteten Sortenschutzrechtsverletzungen stellen einen anderen Streitgegenstand dar, über den nicht zu entscheiden ist. Die Klägerinnen haben in der Replik ausdrücklich erklärt, dass ein Sortenschutzverletzungsprozess nicht gewollt sei, sondern der abgeschlossene Vergleich die Ansprüche verleihe.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert: 235.000,00 EUR.
– 135.000,00 EUR für den Zahlungsantrag
– 100.000,00 EUR für den Zwischenfeststellungsantrag