2 U 71/00 – Handschuh/Skistock

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 38 

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 8. November 2001, Az. 2 U 71/00

Die Berufung der Beklagten gegen das am 11. April 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Ziffer I.1. des dortigen Entscheidungsausspruches das Merkmal „Die Befestigungseinrichtungen sind auslösbar“ entfällt.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1 M3x. DM abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Sicherheitsleistungen können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland geschäftsansässigen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und der Wert der Beschwer der Beklagten betragen jeweils 1 M3x. DM.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des auch in der Bundesrepublik Deutschland Schutz beanspruchenden und in französischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 0 357 517 (Klagepatent, Anl. K 1, deutsche Übersetzung Anl. K 1 a) betreffend ein System zur Verbindung eines Elementes, beispielsweise eines Skistockes, mit der Hand des Benutzers; aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Beklagte auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.

Die dem Klagepatent zugrundeliegende Anmeldung ist am 15. Juni 1989 unter Inanspruchnahme einer französischen
Priorität vom 21. Juli 1988 eingereicht und am 7. März 1990 im Patentblatt veröffentlicht worden; der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 18. November 1993 im Patentblatt bekannt gemacht worden. Die von der Klägerin in erster Instanz in Kombination geltend gemachten Patentansprüche 1, 8, 9 und 12 lauten wie folgt:

1.
Ensemble gant/bâton de ski du type constitué d’une enveloppe (1) destinée à être enfilée sur la main (11) d’un utilisateur et d’un bâton de ski (2) muni d’une poignée (3), l’enveloppe (1) et la poignée (3) étant munies de moyens de fixation complémentaires respectivement (5, 4) pour la liaison de l’enveloppe (1) à la poignée (3), caractérisé en ce que les moyens de fixation (5, 4) de l’enveloppe et de la poignée (3) sont disposés au niveau du centre de rotation du bâton par rapport à la main lors de la pratique du ski, en ce que l’enveloppe (1) comporte des moyens (6) de transmission des efforts générés par l’utilisateur lors de la pratique du ski, et en ce que ces moyens de transmission des efforts (6) sont reliés aux moyens de fixation (5) de l’enveloppe pour une transmission directe de ces efforts au bâton lors de la pratique du ski.

8.
Ensemble gant/bâton selon l’une quelconque des revendications 1 à 7, caractérisé en ce que les moyens de fixation (4, 5) sont déclenchables.

9.
Ensemble gant/bâton selon l’une quelconque des revendications précédentes, caractérisé en ce que les moyens (6) de transmission des efforts comprennent une partie (7) formant manchette destinée à encercler le poignet de la main de l’utilisateur.

12.
Ensemble gant/bâton selon l’une des revendications 9 à 11, caractérisé en ce que les moyens (6) de transmission des efforts comprennent une partie (8) destinée à s’étendre le long du dos de la main et reliant les
moyens de fixation (5) à la partie (7) formant manchette.

Die in der Klagepatentschrift mitgeteilte deutsche Übersetzung dieser Patentansprüche lautet folgendermaßen:

1.
Gesamtheit Handschuh/Skistock von dem Typ, der durch eine Umhüllung (1) gebildet ist, die dazu bestimmt ist, über die Hand (11) eines Benutzers übergestreift zu werden und aus einem Skistock (2), der mit einem Handgriff (3) versehen ist, wobei die Umhüllung (1) und der Handgriff (3) mit Befestigungseinrichtungen (5, 4), die sich jeweils ergänzen, für die Verbindung der Umhüllung (1) mit dem Handgriff (3) versehen sind,

dadurch gekennzeichnet , dass

die Befestigungseinrichtungen (5, 4) der Umhüllung und des Handgriffes (3) auf dem Niveau des Drehzentrums des Stockes bezüglich der Hand beim Skifahren angeordnet sind, die Umhüllung (1) Einrichtungen zum Übertragen der vom Benutzer beim Skifahren erzeugten Kräfte aufweist, und die Einrichtungen zum Übertragen der Kräfte (6) mit den Befestigungseinrichtungen (5) der Umhüllung für eine direkte Übertragung dieser Kräfte auf den Stock beim Skifahren verbunden sind.

8.
Gesamtheit Handschuh/Stock gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Befestigungseinrichtungen (4, 5) auslösbar sind.

9.
Gesamtheit Handschuh/Stock gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einrichtungen (6) zum Übertragen der Kräfte einen Teil (7) aufweisen, der eine Manschette bildet, die dazu bestimmt ist, das Handgelenk der Hand des Benutzers zu umgeben.

12.
Gesamtheit Handschuh/Stock gemäß einem der Ansprüche 9 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Einrichtungen (6) zum Übertragen der Kräfte einen Teil (8) aufweisen, der dazu bestimmt ist, sich längs des Handrückens zu erstrecken, und der die Befestigungseinrichtungen (5) mit dem Teil (7), der eine Manschette bildet, verbindet.

Auf die Nichtigkeitsklage der Beklagten hat das Bundespatentgericht durch Urteil vom 7. November 2000 (Anl. B 23) den deutschen Teil des Klagepatentes im Umfang der Patentansprüche 1 bis 11 für nichtig erklärt und die weitergehende Nichtigkeitsklage abgewiesen; über die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof noch nicht entschieden. Im hiesigen Berufungsrechtszug stützt die Klägerin ihr Begehren nunmehr auf eine Kombination der Ansprüche 12, 9 und 1.

Die nachstehend wiedergegebenen Figurendarstellungen zeigen ein Ausführungsbeispiel der Erfindung; Figur 1 zeigt eine Perspektivansicht der Gesamtheit Handschuh/Skistock mit den Befestigungseinrichtungen 4 und 5, Figur 2 den Handschuh bzw. die Umhüllung auf der Hand-Innenflächenseite, Figur 3 den Handschuh bzw. die Umhüllung auf dem Handrücken mit dem sich längs des Handrückens erstreckenden Teil 8 zum Übertragen der Kräfte, Figur 4 das Übertragungssystem in der Abstütz- oder Abstoßphase und Figur 5 das System in der Rückführphase des Stockes.

Die Beklagte vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland mit dem Handgriff eines Skistockes verbundene, die Hand des Benutzers aufnehmende verstellbare geschirrartige Gurtsysteme, die die Hand des Benutzers u.a. im Bereich der Handwurzel und zwischen Daumen und Zeigefinger umgeben. Hierbei handelt es sich zum Teil um Modelle, bei denen die Verbindung mit dem Skistock durch Betätigen einer Drucktaste ohne weiteres lösbar ist, nämlich die Modelle mit den Bezeichnungen „Formula QLS Jr.“ (Muster gemäß Anl. B 4) und „Formula QLS“ (Ausführungsform I, beschrieben und dargestellt im Prospekt gemäß Anl. K 5, aus dem die nachstehende Ablichtung stammt),

und um das Modell „Formula QLS Max“ (Ausführungsform II, Muster gemäß Anl. K 6 und ebenfalls beschrieben und dargestellt im Prospekt gemäß Anl. K 5). Bei anderen Ausführungsformen ist die Verbindung der Schlaufe bzw. des Gurtsystems mit demHandgriff nur mit Hilfe eines Werkzeuges lösbar, nämlich bei der Verbindung des Griffes „Pro Ergo“ mit dem Geschirr „Evolution“ (Ausführungsform III, Muster gemäß Anl. K 9, beschrieben und dargestellt im Prospekt gemäß Anl. K 8), der Verbindung des Handgriffs „Aero“ mit dem Geschirr „Evolution“ (Ausführungsform IV, Muster gemäß Anl. B 18, beschrieben und dargestellt im Prospekt gemäß Anl. K 8 und in der nachstehend wiedergegebenen Zeichnung gemäß Anl. B 19)

und bei dem Modell „Controll C-Schlaufe/C-Griff-Exel Center
Force“ (Ausführungsform V, Muster gemäß Anlage Ast. 8 im Verfahren 2 U 102/01, dargestellt in Prospekt gemäß Anl. H 4 und in den nachstehend wiedergegebenen Figurendarstellung der Anlage AG 10 des letztgenannten Verfahrens).

Die Klägerin ist der Auffassung, alle fünf der vorgenannten Ausführungsformen verletzten das Klagepatent. Die Beklagte hat sich erstinstanzlich gegen den seinerzeit gegen die Ausführungsformen I bis IV gerichteten Angriff mit dem Einwand verteidigt, die Ausführungsform I habe im Handgelenk-Bereich zwar einen Verstellriemen; dieser sei aber entgegen der Lehre des Klagepatentes kein eine Manschette bildender, das Handgelenk des Benutzers umgebender Gurtteil und ermögliche deshalb keine direkte Übertragung der vom Benutzer beim Skifahren erzeugten Kräfte auf den Stock. Die Verbindungen der Ausführungsformen III und IV seien nicht mit auslösbaren Befestigungseinrichtungen versehen.

Durch Urteil vom 11. April 2000 (Bl. 116 ff. d.A.) hat das Landgericht dem Klageantrag entsprochen und die Beklagte verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 52x.02x DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren

zu unterlassen,

Gesamtheiten Handschuh/Skistock mit folgenden Merkmalen:

a) einer Umhüllung, die dazu bestimmt ist, über die Hand
eines Benutzers übergestreift zu werden,

b) einem Skistock, der mit einem Handgriff versehen ist;

c) die Umhüllung und der Handgriff sind mit Befesti-
gungseinrichtungen, die sich jeweils ergänzen, für
die Verbindung der Umhüllung mit dem Handgriff ver-
sehen;

d) die Befestigungseinrichtungen der Umhüllung und des
Handgriffes sind auf dem Niveau des Drehzentrums des
Stockes relativ zur Hand beim Skifahren angeordnet;

e) die Umhüllung weist Einrichtungen zum Übertragen der
vom Benutzer beim Skifahren erzeugten Kräfte auf;

f) die Einrichtungen zum Übertragen der Kräfte sind mit
den Befestigungseinrichtungen oder Umhüllung für eine
direkte Übertragung dieser Kräfte auf den Stock beim
Skifahren verbunden;

g) die Befestigungseinrichtungen sind auslösbar;

h) die Einrichtungen zum Übertragen der Kräfte weisen
einen Teil auf, der eine Manschette bildet, die dazu
bestimmt ist, das Handgelenk der Hand des Benutzers
zu umgeben;

i) die Einrichtungen zum Übertragen der Kräfte weisen
einen Teil auf, der dazu bestimmt ist, sich längs des
Handrückens zu erstrecken, und der die Befestigungs-
einrichtungen mit dem Teil, der eine Manschette bil-
det, verbindet;

anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen;

2.
der Klägerin Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die in Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 18. Dezember 1993 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Lie-
fermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und
Anschriften der Abnehmer,

b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Ange-
botsmengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und
Anschriften der Angebotsempfänger,

c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbe-
trägern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und
Verbreitungsgebiet,

d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüssel-
ten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei ihr vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Abnehmer und Angebotsempfänger anstelle der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

Außerdem hat das Landgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 18. Dezember 1993 begangenen Handlungen entstehe und künftig entstehen werde.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffenen Gegenstände machten von der Lehre des Klagepatents Gebrauch. Dies sei hinsichtlich der Ausführungsform II unstreitig, aber auch bei den anderen drei Ausführungsformen der Fall. Auch bei der Ausführungsform I wirke der Gurt, bestehend aus einem das Handgelenk in Form einer Manschette umgebenden und einem sich längs des Handrückens erstreckenden Teil, mit den Befestigungseinrichtungen in der erfindungsgemäßen Weise zum Zwecke einer direkten Übertragung der Kräfte auf den Stock zusammen. Dies werde dadurch sichergestellt, dass der sich längs des Handrückens erstreckende Teil des Gurtes die Befestigungseinrichtungen mit dem die Manschette bildenden Teil des Gurtes verbinde. Da dieser Teil aufgrund seiner festen Anordnung rund um den Bereich des Handgelenks nicht verrutschen könne, werde der Skifahrer in der für die Kraftübertragung entscheidenden Abstoßphase den Stock in einer Position umgreifen, in der eine direkte Kraftübertragung gewährleistet sei. Um eine Fehlpositionierung des Stockes auszuschließen, komme es allein darauf an, dass die Manschette, die über den Längsteil des Gurtes mit den Befestigungsmitteln und dadurch mit dem Stock verbunden sei, nicht so erheblich verrutschen könne, dass sich die Lage der Befestigungseinrichtungen verschiebe. Dies werde bei der Ausführungsform I durch die ringförmige Ausgestaltung und die Anpassung an die Dimensionierung des Handgelenks bzw. des Handwurzel-Bereichs und der Hand erreicht.

Auch die Ausführungsformen III und IV verwirklichten die Lehre des Klagepatentes wortsinngemäß.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht, ihr erstinstanzliches Vorbringen ergänzend, geltend, bei allen mit der Klage angegriffenen Ausführungsformen fehle der Handschuh; statt seiner sei nur eine Schlaufe vorhanden. Zum Skifahren benutze der Skifahrer daher seinen herkömmlichen Handschuh, mit welchem er in die Schlaufe hineinschlüpfe, so dass diese den Handschuh auf seiner Außenseite umgebe. Entgegen der Zielsetzung des Klagepatentes empfinde der Skifahrer den Stock bzw. die Schlaufe durch die Handschuhe. Darüber hinaus befänden sich die Befestigungseinrichtungen bei den Ausführungsformen III und IV nicht auf den Niveau des Drehzentrums des Stockes bezüglich der Hand beim Skifahren, sondern innerhalb des Handgriffs oberhalb des Drehzentrums.

Sie beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, ihr für den Fall ihrer Verurteilung zur Rechnungslegung nach ihrer Wahl zu gestatten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Angebotsempfänger unter den üblichen Voraussetzungen statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen,

hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,

zu erkennen wie geschehen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil im Umfang der vom Bundespatentgericht im Nichtigkeitsverfahren aufrechterhaltenen Fassung des Klagepatentes. Mit Schriftsatz vom 9. März 2001, der der Beklagten am 19. März 2001 zugestellt worden ist (Bl. 274, 285 d.A.) hat die Klägerin erstmals geltend gemacht, auf der Messe „ISPO“ im Februar 2001 habe die Beklagte auch die ebenfalls klagepatentverletzende Ausführungsform V ausgestellt.

Die Beklagte meint, die Ausführungsform V verwirkliche die technische Lehre des Klagepatentes ebensowenig wie die Ausführungsformen III und IV; außerdem besäßen die drei letztgenannten Ausführungsformen keine sich ergänzenden Befestigungsmittel. Bei den drei letztgenannten Ausführungsformen werde der Gurt nur durch einen zum Stock-Handgriff gehörenden Keil geführt und habe keine Mittel, mit denen er sich zur Befestigung an diesem Keil ergänze. Bei der Ausführungsform V könne man darüber hinaus auch die Gurtenden nicht als Befestigungseinrichtungen ansehen; bei dieser Betrachtungsweise sei der Handrückenteil nicht mit der Manschette verbunden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten 2 U 102/01 OLG Düsseldorf (4 a 0 85/01 LG Düsseldorf) lagen zur Information vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Die angegriffenen Gesamtheiten Handschuh/Skistock machen in allen vier erstinstanzlich beurteilten Ausführungsformen von der aufrechterhaltenen Lehre des Klagepatentes Gebrauch. Im Ergebnis hat das Landgericht die Beklagte deshalb mit Recht zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und dem Grunde nach zum Schadenersatz verurteilt, wobei aus dem Entscheidungsausspruch die Merkmale des nicht mehr geltend gemachten Patentanspruches 8 gestrichen worden sind. Darüber hinaus verwirklicht auch die im Berufungsrechtszug erstmals angegriffene Ausführungsform V die technische Lehre des Klageschutzrechtes.

I.

Das Klagepatent betrifft mit dem geltend gemachten Anspruch 12 in Verbindung mit den Ansprüchen 9 und 1 eine Gesamtheit von Handschuh und Skistock. Eine solche Gesamtheit soll zum einen den Verlust des Skistockes verhindern und zum anderen eine bessere Übertragung der Kräfte des Skiläufers, insbesondere in der Abstütz- bzw. Abstoßphase, auf den Skistock ermöglichen; das entnimmt der Durchschnittsfachmann den Ausführungen auf Seite 1 Zeilen 10-17 der deutschen Übersetzung der Klagepatentschrift (Anl. K 1a).

Der herkömmliche Faustriemen vermag dies zwar grundsätzlich zu leisten, er muss aber, um wirklich effektiv zu sein, so gehalten werden, dass er teilweise das Handgelenk umgibt, wobei die beiden mit dem Handgriff verbundenen Endstränge der Schlaufe durch die Unter- bzw. Innenfläche der Hand verlaufen und von dieser zusammen mit dem Skistock umgriffen werden; die eigentliche Schlaufe umgibt das Handgelenk von außen.

Die Mehrzahl der Skiläufer, insbesondere Anfänger, positionierten jedoch – so die Klagepatentschrift – den Faustriemen schlecht, was dessen Wirksamkeit und Kraftübertragung völlig beseitige. Sei der Faustriemen gut umgelegt, seien die durch ihn auf die Hand ausgeübten Kräfte auf eine sehr kleine Fläche der Hand konzentriert, was zu einer Behinderung und sogar zu Verletzungen führen könne. Insbesondere beim Langlauf-Skifahren verhindere der Faustriemen nicht immer den Stockverlust, vor allem in der Rückführphase des Stockes nach der Abstoßphase. Hinzu kämen die Probleme des Gleitens und schlechten Plazierens des Faustriemens, der Einstellung der Länge bezüglich der Hand (vor allem beim Langlauf-Skifahren) sowie das „Empfinden“ des Stockes über den Faustriemen durch die Handschuhe hindurch (Klagepatentschrift, deutsche Übersetzung Seite 1 Zeile 10 bis Seite 2 Zeile 10; BPatG, Anl. B 23 Seite 8).

Das technische Problem der Erfindung besteht darin, von den verschiedenen oben genannten Schwierigkeiten die bei Verwendung herkömmlicher Faustriemen häufige Fehlplazierung, die ungünstige Verteilung der Kräfte auf die Hand und die Gefahr des Stockverlustes zu beseitigen (vgl. deutsche Übersetzung der Klagepatentbeschreibung, Seite 3 Zeilen 10 ff., Seite 10 Zeilen 7-11 und 25 ff., Seite 11 Zeilen 5-29 und Seite 12 Zeilen 1-4).

Zur Lösung dieses Problems schlägt Anspruch 1 des Klagepatentes in der geltend gemachten Kombination der Ansprüche 12, 9 und 1 eine Gesamtheit Handschuh/Skistock vor, die folgende Merkmale aufweist:

a) Eine Umhüllung (1), die dazu bestimmt ist, über die
Hand (11) eines Benutzers übergestreift zu werden;

b) ein Skistock (2), der mit einem Handgriff versehen
ist;

c) die Umhüllung (1) und der Handgriff (3) sind jeweils
mit Befestigungseinrichtungen(5,4) versehen, die sich
für die Verbindung der Umhüllung (1) mit dem Hand-
griff (3) ergänzen;

d) die Befestigungseinrichtungen (5, 4) der Umhüllung
und des Handgriffes (3) sind auf dem Niveau des Dreh-
zentrums des Stockes relativ zur Hand beim Skifahren
angeordnet;

e) die Umhüllung (1) weist Einrichtungen (6) zum Über-
tragen der vom Benutzer beim Skifahren erzeugten
Kräfte auf;

f) die Einrichtungen (6) zum Übertragen der Kräfte sind
mit den Befestigungseinrichtungen (5) der Umhüllung
für eine direkte Übertragung dieser Kräfte auf den
Stock beim Skifahren verbunden,

g) die Einrichtungen (6) zum Übertragen der Kräfte wei-
sen einen Teil (7) auf, der eine Manschette bildet,
die dazu bestimmt ist, das Handgelenk der Hand des
Benutzers zu umgeben;

h) die Einrichtungen (6) zum Übertragen der Kräfte wei-
sen einen Teil (8) auf, der dazu bestimmt ist, sich
längs des Handrückens zu erstrecken, und der die Be-
festigungseinrichtungen (5) mit dem Teil (7),der eine
Manschette bildet, verbindet.

Entgegen der Ansicht der Beklagten verlangt das Klagepatent nicht, dass die Einrichtungen zum Übertragen der Kräfte einen klassischen Handschuh bilden, der die Hand einschließlich ihrer Finger nach außen vollständig umhüllt. Zwar betrifft die geltend gemachte Merkmalskombination eine Gesamtheit aus Handschuh und Skistock bestehend aus zwei Teilen, nämlich der Umhüllung und dem Stock, die Umhüllung ist aber durch ihre Funktion definiert, über die Hand des Benutzers übergestreift zu werden. Die patentgemäße Lösung, so wie sie sich aus den Ansprüchen 12, 9 und 1 ergibt, befasst sich vor allem mit der Ausgestaltung der Umhüllung, die aus der Sicht des Klagepatentes gleichbedeutend mit dem Handschuh ist. Der Durchschnittsfachmann erkennt, dass es nicht um die Ausgestaltung eines Handschuhs geht, der nach herkömmlicher Vorstellung die gesamte Hand einschließlich ihrer Finger insbesondere gegen Kälte schützen soll, sondern dass eine Verbindung zum Skistock geschaffen werden soll, die der Kraftübertragung dienen und vor dem Verlust des Stockes schützen soll. Inwieweit der Handschuh oder die Umhüllung Hand und Finger bedecken, stellt die geltend gemachte Anspruchskombination in das Belieben des Durchschnittsfachmanns. Patentgemäß geht es allein darum, das mühsame und häufig nicht effektive Positionieren des traditionellen Faustriemens durch ein einfaches Überstreifen des Handschuhs bzw. der Umhüllung zu ersetzen, das automatisch zu einem sicheren Sitz der Hand in bezug auf den Skistock führt. Es findet kein relatives Gleiten oder Verschieben des Stockes und des Handschuhs beim Skifahren mehr statt, wodurch das Risiko einer Blasenbildung vermieden und eine optimale Übertragung der ausgeübten Kräfte gewährleistet wird (deutsche Übersetzung Seite 3 Zeilen 20-29). Um diese Funktion erfüllen zu können, braucht die Umhüllung nur so ausgebildet zu sein, dass die Hand sich aus ihr nicht wie aus einem Faustriemen lösen kann. Ausdrücklich wird dem Durchschnittsfachmann am Ende der Klagepatentbeschreibung (deutsche Übersetzung Seite 12 Zeilen 16-21) mitgeteilt, das Verbindungssystem könne einfach auf eine Hülle geeigneter Form reduziert werden, die mit den Befestigungseinrichtungen versehen sei. Das Ergebnis ist dann eine Umhüllung in Gestalt einer Gurtkonstruktion, die das Bundespatentgericht (Anl. B 23 Seite 10 Abs. 2) zutreffend als „Geschirr“ bezeichnet hat. Dieses Geschirr ist insbesondere zur Übertragung der Kräfte und zur Herstellung eines sicheren Sitzes der Hand vorgesehen. Ein Schutz der Haut kann dann durch eine zusätzliche Umhüllung bzw. einen nach herkömmlichem Verständnis ausgebildeten Handschuh gewährleistet werden, der unter dem Geschirr über die Hand gestreift wird (vgl. deutsche Übersetzung der Klagepatentbeschreibung, Seite 12, Zeilen 23 und 24). Diese Aussage relativiert das bereits erwähnte Problem des mangelnden Empfindens des Stockes über den Faustriemen durch die Handschuhe (vgl. deutsche Übersetzung Seite 2 Zeilen 8 und 9), das sich nur auf Ausführungsformen bezieht, bei denen die Kraftübertragungseinrichtungen bzw. das durch sie gebildete Gurtsystem tatsächlich im Inneren eines Handschuhs integriert sind, der so ausgebildet ist, dass man die in der Patentbeschreibung angesprochene zusätzliche Umhüllung zum Schutz der Haut gegen Kälte nicht benötigt.

Die Vorgabe des Merkmals c, die Umhüllung und den Handgriff jeweils mit Befestigungseinrichtungen zu versehen, die sich für die Verbindung der Umhüllung mit dem Handgriff ergänzen, besagt nach ihrem Wortlaut für den Durchschnittsfachmann nur, dass Umhüllung und Handgriff mit sich ergänzenden, komplementären Befestigungseinrichtungen ausgerüstet sein müssen, damit zwischen beiden Teilen eine Verbindung geschaffen werden kann, die eine Übertragung der Kräfte ermöglicht und ein undefiniertes Hin- und Hergleiten der beiden Teile zueinander und einen Verlust des Skistockes ausschließt. Wie das „Sich-Ergänzen“ der beiden Teile konstruktiv umgesetzt wird, überlässt die geltend gemachte Anspruchskombination dem Durchschnittsfachmann. Es kann sich um eine trennbare Verbindung handeln, die mit Hilfe einer Verriegelungseinrichtung sogar auslösbar ist, wie dies in Unteranspruch 8 und in der Patentbeschreibung (deutsche Übersetzung Seite 6 Zeilen 17 bis Seite 7 Zeile 4) beschrieben wird. Eine solche Ausgestaltung mit auslösbarer Verbindung ist zwar sinnvoll, wenn die Befestigungseinrichtungen in einen Handschuh herkömmlicher Art integriert sind, wie dies etwa in der US-Patentschrift 3 232 632 (Anl. B 1) gezeigt wird. Sie ist aber nicht Gegenstand der von der Klägerin im Berufungsrechtszug geltend gemachten aufrechterhaltenen Anspruchs- bzw. Merkmalskombination, und den Ausführungen des Bundespatentgerichts sind keine Hinweise darauf zu entnehmen, dass diese Kombination auch die Merkmale des Anspruches 8 umfassen muss. Zwar hat das Bundespatentgericht (Anl. B 23, Seite 18 Abschnitt III) ausgeführt, im Ergebnis entspreche die Teilvernichtung des Klagepatentes dem Hilfsantrag 3, der ausweislich der von der Beklagten überreichten Anl. B 31 auch die Merkmale des Anspruches 8 umfasste, das ändert aber nichts daran, dass der deutsche Teil des Klagepatentes nach Ziffer I. der Entscheidungsformel des Nichtigkeitsurteils nur im Umfang seiner Patentansprüche 1 bis 11 für nichtig erklärt worden ist und deshalb bereits für die Kombination der Ansprüche 1 und 12 Schutz beansprucht werden kann, wobei Anspruch 12 der Sache nach den erteilten Anspruch 9 weiterbildet. Die Verbindung kann auch fest sein, wenn die Befestigungseinrichtungen Teil eines „Geschirrs“ sind, unter dem man zum Schutz der Haut vor Kälte und anderen Einflüssen einen herkömmlichen Handschuh tragen kann, was die Klagepatentschrift, wie bereits erwähnt (deutsche Übersetzung Seite 12, Zeilen 23 und 24), ausdrücklich vorsieht. Zwar werden, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, im Stand der Technik, aus dem das Merkmal c abgeleitet worden ist, überwiegend trennbare Verbindungen zwischen Umhüllung und Stock vorgeschlagen. Der ebenfalls zum einleitend erörterten Stand der Technik gehörende traditionelle Faustriemen ist allerdings vom Skistock nicht trennbar, und das wird in der Klagepatentbeschreibung auch nicht kritisiert, weil man den Faustriemen ohne weiteres von außen über den Handschuh ziehen und auch ebenso leicht wieder abstreifen kann und deshalb keine trennbare Verbindung des Faustriemens zum Stock benötigt. Ebensowenig benötigt man eine trennbare Verbindung zwischen einer als Geschirr ausgebildeten Umhüllung und dem Skistock. Auch wenn diese Verbindung nicht trenn- oder lösbar ist, lassen sich alle genannten Vorteile erreichen, auf die die Klagepatentbeschreibung (deutsche Übersetzung Seite 3 Zeilen 10-29) entscheidend abstellt. Den Ausführungen des Bundespatentgerichts (Anl. B 23, Seite 9 Abs. 4.a) lässt sich eine derartige – auch in keinem der verbliebenen Patentansprüche niedergelegte Vorgabe – nicht entnehmen. Die dortigen Ausführungen

„unter einer Gesamtheit Handschuh/Skistock sind dabei aus der Sicht des Fachmanns – … – zwei Gegenstände zu verstehen, die sich während des Skifahrens zusammenwirkend ergänzen und so eine Gesamtheit bilden. Vor oder nach dem Skilaufen können diese Gegenstände getrennt sein und sind insoweit funktionell zum einen als Handschuh oder Umhüllung und zum anderen als (gurtloser) Skistock mit Handgriff (…) zu verstehen“

besagen nur, dass beide Teile der Gesamtheit während des Skifahrens miteinander verbunden sein müssen, um so die Gesamteinheit zu bilden; ob sie vor oder nach dem Skilaufen voneinander trennbar sind, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil das Klagepatent sich mit einer Verwendung außerhalb des Skilaufens nicht befasst. Außerhalb der Erläuterungen zu Anspruch 8 findet sich in der Klagepatentbeschreibung keinerlei Hinweis darauf, dass Umhüllung bzw. Handschuh und Stock voneinander trennbar sein müssen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kann der bereits erwähnten Aussage der Klagepatentbeschreibung (deutsche Übersetzung Seite 3 Zeilen 10-14) nicht entnommen werden, das Klagepatent setze voraus, zunächst die Umhüllung überzustreifen und sie dann erst in einem zweiten Schritt mit dem Stockgriff zu verbinden. Dagegen spricht bereits die Aussage in der Klagepatentbeschreibung, allein das Überstreifen der Umhüllung führe zu einer korrekten Positionierung (deutsche Übersetzung Seite 3 Zeilen 20-24).

Merkmal d soll bewirken, dass die beiden komplementären Befestigungseinrichtungen so angeordnet sind, dass sie beim Skilaufen stets das Drehzentrum des Stockes bezüglich der Hand bilden. Das vermeidet ein relatives Gleiten von Hand und Stock insbesondere beim Langlauf und hierdurch hervorgerufene Blasenbildungen. Auch wenn der Skistock beim Rückholen nur locker gehalten oder sogar versehentlich losgelassen wird, dreht er in der Rückholphase gleichsam wieder in die richtige Griffposition. Es liegt für den Durchschnittsfachmann ohne weiteres auf der Hand, dass die komplementären Befestigungseinrichtungen zwischen Umhüllung und Handgriff des Stockes kein zu großes Spiel erlauben dürfen (vgl. Bundespatentgericht, Anl. B 23, Seite 11/12) und die Befestigungseinrichtungen der Umhüllung so angeordnet sein müssen, wie dies Unteranspruch 2 angibt; die Befestigungseinrichtungen des Handgriffes müssen in einer Höhe angebracht werden, dass die Hand den Griff voll umfassen kann. Weitere konstruktive Vorgaben, insbesondere auf welche Weise und an welchem Ort die Befestigungseinrichtungen angebracht werden müssen, enthält die geltend gemachte Anspruchskombination nicht.

II.

Die angegriffenen Vorrichtungen der Beklagten machen in allen fünf Ausführungsformen von der Lehre des Klagepatentes wortsinngemäß Gebrauch.

1. Erfolglos stellt die Beklagte bei allen Ausführungsformen die Verwirklichung des Merkmals a der vorstehenden Merkmalsgliederung mit der Begründung in Abrede, die angegriffenen Vorrichtungen seien nicht mit einem Handschuh ausgerüstet. Wie sich aus den Ausführungen im vorstehenden Abschnitt I. ergibt, meint das Klagepatent mit Handschuh eine Umhüllung, die nur über die Hand übergestreift werden muss und dann automatisch einen sicheren Sitz der Hand in bezug auf den Stock erreicht, so dass die bei Verwendung herkömmlicher Faustriemen bestehende Gefahr einer Fehlpositionierung beseitigt ist. Das ist auch mit einem Gurtsystem möglich, wie es die angegriffenen Vorrichtungen anstelle eines herkömmlich ausgebildeten Handschuhs besitzen. Auch hier genügt das Überstreifen des Gurtsystems, um eine korrekte Positionierung der Hand herbeizuführen. Ein falsches Hineingreifen wie bei einem herkömmlichen Faustriemen ist nicht möglich. Dass die angegriffenen Vorrichtungen in allen fünf Ausführungsformen ein Gurtsystem aufweisen, das den vom Klagepatent an die Umhüllung gestellten Anforderungen in vollem Umfang gerecht wird, stellt auch die Beklagte nicht in Abrede.

2. Dass die Ausführungsform II sämtliche weiteren Merkmale der geltend gemachten Anspruchskombination wortsinngemäß aufweist, ist zwischen den Parteien – zu Recht – unstreitig und bedarf deshalb keiner weitergehenden Erörterungen mehr.

Nichts anderes gilt für die Ausführungsform I. Ihren erstinstanzlich vorgetragenen Einwand, das Merkmal g der vorstehenden Merkmalsgliederung sei bei der Ausführungsform I nicht verwirklicht, weil das Handgelenk des Skifahrers nicht in Pulshöhe von einem eine Manschette bildenden Gurtteil umgeben und auf diese Weise fixiert und gegen ein „Wegkippen“ geschützt sei, hat die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht mehr aufrechterhalten, so dass – ebenfalls zu Recht – auch die Verwirklichung des Merkmals g durch die angegriffene Ausführungsform I zwischen den Parteien unstreitig ist.

3. Dass die Ausführungsformen III bis V auch das Merkmal c der vorstehenden Merkmalsgliederung wortsinngemäß erfüllen, lässt sich entgegen der Ansicht der Beklagten nicht mit Erfolg mit dem Hinweis in Abrede stellen, die im Handgriff des Skistockes befestigten Schlaufen der angegriffenen Gurtsysteme seien keine sich ergänzenden Befestigungseinrichtungen, weil die Umhüllung vom Griff nicht trennbar sei und am Gurt keine besonderen sich mit den Befestigungseinrichtungen des Handgriffes ergänzenden Funktionsteile vorgesehen seien. Wie bereits im vorstehenden Abschnitt I. ausgeführt wurde, besagt die Vorgabe des Merkmals c für den Durchschnittsfachmann nur, dass die Befestigungseinrichtungen von Umhüllung und Handgriff so beschaffen sein müssen, dass eine Verbindung zwischen beiden Teilen geschaffen werden kann, die eine Übertragung der Kräfte ermöglicht und ein undefiniertes Hin- und Hergleiten der beiden Teile zueinander und einen Verlust des Skistockes ausschließt. Bei den Ausführungsformen III und IV wird die Verbindung dadurch hergestellt, dass die in den Hohlraum des Griffes hineinragende Schlaufe des Gurtsystems um einen Stift herum geschlungen wird, der zu einem Deckelteil gehört, wobei dieser Deckelteil bei der Ausführungsform IV zusätzlich mit einer nur mittels eines Werkzeuges lösbaren Rastverbindung auf dem oberen Ende des Stockhandgriffes befestigt ist (vgl. die im Tatbestand wiedergegebene Zeichnung gemäß Anl. B 19). Um um diesen Stift geschlungen werden zu können, braucht die in den Griff hineinragende Gurtschlaufe keine besondere Ausbildung aufzuweisen; es genügt nach der Lehre des Klagepatentes, dass sie sich der Umfangsform des Stiftes anpasst und mit ihr so zusammenwirkt, dass sie während des Skifahrens von der Umfangsfläche des Stiftes nicht ungewollt abgezogen werden kann.

Bei der Ausführungsform V ist zusätzlich zu der bei den Ausführungsformen III und IV vorgesehenen Befestigungsart eine weitere Gurtschlaufe durch den Innenraum des Stockhandgriffes und an dessen oberem Ende aus diesem wieder herausgeführt, die mit Hilfe eines Keiles an den Innenwänden des Griff-Hohlraumes festgeklemmt wird, wobei in das Gurtmaterial eingreifende spitze Zapfen des Keils sicherstellen, dass im Befestigungszustand eine Relativbewegung zwischen der Gurtschlaufe und dem Keil ausgeschlossen ist. Auch das sind komplementäre sich ergänzende Befestigungseinrichtungen. Die Klemmflächen vom Griff und Keil einerseits und die eingeklemmten Zonen der Gurtschlaufe andererseits ergänzen sich zu Befestigungseinrichtungen für die Verbindung der Umhüllung mit dem Handgriff. Die Befestigungseinrichtungen des Handgriffes sind die genannten den Gurt zwischen sich einschließenden bzw. einklemmenden Flächen des Handgriffs und des Verriegelungskeils, die Befestigungseinrichtungen des Gurtsystems bzw. der Umhüllung werden durch den Teil gebildet, der in das Innere des Handgriffes hineinragt und dort um den Stift herum geführt wird oder zwischen den beiden Flächen am oberen Ende des Handgriffes verkeilt wird. Bei allen drei Ausführungsformen entsteht eine feste Verbindung, die dafür sorgt, dass der Stock nicht verloren gehen kann und die Hand gegenüber dem Stock stets so positioniert wird, dass Relativbewegungen des Stockes zur Hand in Längsrichtung des Stockes ausgeschlossen sind.

Die angegriffenen Ausführungsformen III bis V verwirklichen auch das Merkmal d. Auch bei ihnen sind die komplementären Befestigungseinrichtungen der Umhüllung und des Handgriffs so angeordnet, dass sie beim Skifahren das Drehzentrum des Stockes bezüglich der Hand bilden. Ob die Befestigungseinrichtungen innerhalb oder außerhalb des Skistock-Handgriffes angeordnet sind, ist für die Verwirklichung des Merkmals d ohne Bedeutung; der Klagepatentschrift ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass die Befestigungseinrichtungen, wie im Ausführungsbeispiel gezeigt, außerhalb des Handgriffes liegen müssen. Wie bereits im vorstehenden Abschnitt I. ausgeführt wurde, soll das Merkmal d sicherstellen, dass die Befestigungseinrichtungen beim Skilaufen stets das Drehzentrum des Stockes bezüglich der Hand bilden. Da die Positionierung des Stockes zur Hand während seiner Drehbewegung nicht verändert werden, sondern nur die Drehbewegung um unerwünschte Gleitbewegungen „bereinigt“ werden soll, müssen die Befestigungseinrichtungen etwa auf der Höhe liegen, auf der sich das Drehzentrum befindet, wobei das Merkmal d ungeachtet seiner allgemeineren Fassung keinen weitergehenden Inhalt hat als die konstruktiven Vorgaben in Unteranspruch 2. (BPatG, Anl. B 23, Seite 10 Abs. 2). Liegen die Befestigungseinrichtungen – wie bei den Ausführungsformen III bis V – innerhalb des Handgriffes, kommt es darauf an, an welcher Stelle die zur Umhüllung gehörenden Befestigungsmittel aus dem Handgriff nach außen geführt werden, weil der Stock beim Loslassen gewissermaßen an der Umhüllung aufgehängt ist und mit dieser Aufhängung um die Austrittsstelle herumschwenkt. Befindet sich diese Austrittsstelle auf dem im Merkmal d beschriebenen Niveau, reicht das aus, um die Lehre des Klagepatentes zu verwirklichen. Dass dies bei den drei genannten angegriffenen Ausführungsformen der Fall ist, lässt sich anhand der Musterstücke ohne weiteres feststellen. Bei allen drei Ausführungsformen liegt die Austrittsstelle im Schnittbereich zwischen Daumen und Zeigefinger; es besteht sehr wenig Spiel, so dass der Handgriff beim Loslassen praktisch keine in Längsrichtung verlaufenden Relativbewegungen zur Hand, sondern nur die Drehbewegung zwischen Abstütz- und Rückholphase ausführen kann, wie sie auch in den Figuren 4 und 5 der Klagepatentschrift dargestellt ist, so dass der Stock beim Wiederergreifen nach dem Loslassen automatisch wieder in die richtige Position gegenüber der Hand gebracht wird und auch in der Abstützphase praktisch keine Gleitbewegung stattfindet.

Ohne Erfolg bleibt auch der erstmals im Verhandlungstermin vorgetragene Einwand der Beklagten, der Ausführungsform V fehle das Merkmal h, weil der sich längs des Handrückens erstreckende Teil der Befestigungseinrichtungen – sofern man ihn in dem Gurt 9 (Bezugszeichen entsprechen den im Tatbestand wiedergegeben Abbildungen) sehen wolle – nicht mit der Manschette verbunden sei und, sofern man ihn in dem Gurt 4 sehen wolle, zwar mit der Manschette verbunden sei, aber nicht mit den Befestigungsmitteln, und auch nicht längs des Handrückens verlaufe, sondern von außen nach innen um den Daumen herum. Auf welche Weise der längs des Handrückens verlaufende Teil die Befestigungseinrichtungen mit der Manschette verbindet, stellt das Klagepatent in das Belieben des Durchschnittsfachmanns. Wesentlich ist nur, dass die Verbindung so beschaffen ist, dass der Stock in der Rückholphase festgehalten wird und in der Abstützphase – gegebenenfalls zusammen mit einem durch die Hand-Innenfläche verlaufenden Schlaufenelement – eine Kraftübertragung auf den Stock möglich ist. Ob diese Verbindung ein- oder mehrteilig ist, ist für die Lehre des Klagepatents unerheblich. Geht man hiervon aus, ist der Gurtteil 9, der unstreitig mit den Befestigungseinrichtungen verbunden, nämlich um den Zapfen bzw. Stift im Inneren des Keiles geschlungen ist, auch mit dem eine Manschette bildenden Teil verbunden, und zwar über die dreieckförmige Verlängerung des eine Manschette bildenden Teils, an der er mit Hilfe eines Klettverschlusses hinreichend sicher befestigt werden kann; ist diese Verbindung hergestellt, leistet der Gurtteil 9 alles, was der in Merkmal h beschriebene sich längs des Handrückens erstreckende Teil patentgemäß leisten soll. Auch er hält infolge der untrennbaren Verbindung der Schlaufenenden mit dem Stift im Inneren des Befestigungskeils den Skistock beim Loslassen an der Hand fest und wirkt zusammen mit dem außen um den Daumen herumlaufenden Gurt 4 und der durch die Innenfläche der Hand verlaufenden Schlaufe 5 an der Kraftübertragung beim Abstützen bzw. Abstoßen mit.

III.

Dass die Beklagte, nachdem sie im Geltungsbereich des Klagepatentes rechtswidrig und schuldhaft Vorrichtungen vertrieben hat, die von der Lehre des Klagepatentes Gebrauch machen, zur Unterlassung, zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verpflichtet ist, hat das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt. Auf diese Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Sie gelten nicht nur für die vom Landgericht ausgeurteilten Ausführungsformen I bis IV, sondern auch für die erstmals im Berufungsrechtszug angegriffene Ausführungsform V.

IV.

Es bestand keine Veranlassung, die Verhandlung im Verletzungsrechtsstreit nach § 148 ZPO auszusetzen und die Entscheidung des Bundesgerichtshofes im Nichtigkeitsverfahren gegen den deutschen Teil des Klagepatents abzuwarten. Die Beklagte zeigt im Berufungsverfahren keinen weiteren Stand der Technik auf, der nicht im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Bundespatentgericht bereits erörtert worden ist; offensichtliche Fehler des Bundespatentgerichts, insbesondere bei der Würdigung der entgegengehaltenen deutschen Offenlegungsschriften 21 19 453 (Anl. B 13) und der norwegischen Offenlegungsschrift 160 116 (Anlage 14 zur Nichtigkeitsklage) sind nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte erstmals im Nichtigkeits-Berufungsverfahren geltend macht, die deutsche Offenlegungsschrift 21 19 453 (Anl. B 13) nehme dem Gegenstand des Klagepatentes auch in dessen aufrechterhaltenen Umfang neuheitsschädlich vorweg, hat das keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Die Entgegenhaltung befasst sich mit der Problemstellung, einen Skihandschuh zu schaffen, der die Anpassung der Faustriemenlänge an die Hand des jeweiligen Skiläufers entbehrlich macht, und schlägt zur Lösung dieses Problems in Anspruch 1 vor, im Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger ein Teil eines lösbaren Befestigungsmittels vorzusehen, das in ein am Skistockgriff angeordnetes Gegenstück einhängbar ist. Das Klagepatent lehrt demgegenüber in seiner aufrechterhaltenen Fassung, bestimmte Funktionsteile zum Übertragen der vom Skifahrer erzeugten Kräfte vorzusehen, nämlich eine Manschette, um das Handgelenk des Benutzers zu umgeben, und einen längs des Handrückens verlaufenden Teil, der die Befestigungseinrichtungen mit dem eine Manschette bildenden Teil verbindet. Wie die Kraftübertragung bei der entgegengehaltenen Vorrichtung vor sich gehen soll, wird in der entsprechenden Druckschrift nicht näher beschrieben. Ausgegangen werden kann nur davon, dass die Kräfte im Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger durch einen herkömmlichen Handschuh in die Befestigungseinrichtungen geleitet werden, der dort entsprechend verstärkt werden kann. Hierzu sieht das Klagepatent gerade keinen „klassischen“ Handschuh vor. Nur bei rückschauender Betrachtungsweise in Kenntnis der Erfindung wird der Fachmann auf den Gedanken kommen, einen aus durchgehenden Flächen gebildeten Handschuh in abgegrenzte „Funktionszonen“ entsprechend der Lehre des Klagepatentes einzuteilen, zumal der Entgegenhaltung keine Ausführungen darüber zu entnehmen sind, durch welche Bereiche bzw. Zonen des Handschuhs die Kraftübertragung erfolgen soll, und erst recht nicht, dass diese Zonen dort liegen, wo sich nach der Lehre des Klagepatentes Manschette und Handrückenteil befinden sollen.

Für die Zuerkennung der Erfindungshöhe spricht im übrigen auch der Umstand, dass die deutsche Offenlegungsschrift gemäß Anl. B 13 am Prioritätstag des Klagepatentes bereits nahezu 16 Jahre der Öffentlichkeit zugänglich war und in der weniger als zwei Jahre vor dem Prioritätstag des Klagepatentes angemeldeten norwegischen Auslegeschrift 160 116 ein gänzlich anderer Weg beschritten worden ist, nämlich den Handgriff des Skistockes klappbar auszubilden und mit zwei Handriemen zu versehen.

V.

Da die Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, hat sie nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens

zu tragen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 709, 108 Abs. 1 S. 1 ZPO.

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