Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Juni 2010, Az. 2 U 51/09
Auf die Berufung des Klägers wird das am 31.03.2009 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Kläger wird auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte 4.102,00°€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 13.09.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger und seine Ehefrau sind Inhaber der Firma A. Sie waren zudem eingetragene Inhaber von – inzwischen gelöschten – Gebrauchsmustern, die Ehefrau des Klägers Inhaberin des am 27.05.2004 eingetragenen Gebrauchsmusters DE 20 2004 001 YYY ein Geschicklichkeitsspielzeug für Hunde betreffend, der Kläger Inhaber des am 30.12.2004 eingetragenen Gebrauchsmusters DE 20 2004 015 XXX ein Hundegeschirr betreffend.
Weil die Beklagte im Internet ein „Interaktives Holzspielzeug – 9 – E“ (Anlage K 2, „angegriffene Ausführungsform I“) und die Hundegeschirre „C“ und „1-2-3 D“ (Anlage K 2, „angegriffene Ausführungsform II) anbot, mahnten die Klägervertreter sie mit Schreiben vom 28.02.2007 (Anlage K 1) im Namen der Firma A wegen des Anbietens, Herstellens und Inverkehrbringens der angegriffenen Ausführungsformen unter Geltendmachung von Abmahnkosten i.H.v. 899,40 € ab. Daraufhin sandte die Beklagte mit Schreiben vom 07.03.2007 (Anlage K 5) zwar eine unterschriebene Unterlassungserklärung zurück, die Abmahnkosten beglich sie jedoch nicht.
Nachdem der Kläger deshalb im eigenen Namen Klage auf Zahlung der Abmahnkosten erhoben hatte, bestellten sich mit Schreiben vom 17.08.2007 die Prozessbevollmächtigen der Beklagten. Gleichzeitig kam es zu einem außergerichtlichen Schriftwechsel. Dabei äußerte sich für die Beklagte zunächst ein Patentanwalt mit einem an die Klägervertreter gerichteten Schreiben vom 17.08.2007 (Anlage B 12), in dem er nähere Ausführungen dazu machte, weshalb die Klagegebrauchsmuster nicht schutzfähig seien, und bis zum 28.08.2007 die Abgabe einer Verpflichtungserklärung des Inhalts forderte, gegenüber dem DPMA auf beide Klagegebrauchsmuster zu verzichten, keine Rechte aus ihnen geltend zu machen, der Beklagten allen Schaden einschließlich näher bezifferter Abmahnkosten zu ersetzen und die Klage zurückzunehmen. Zur Abgabe der gleichen Erklärung forderten auch die Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit an die Klägervertreter gerichtetem Schreiben vom 20.08.2007 (Anlage B 13) unter Fristsetzung bis zum 28.08.2007 und Hinweis auf das patentanwaltliche Schreiben vom 17.08.2007 auf. Gleichzeitig kündigten sie für den Fall der nicht fristgemäßen Abgabe der Erklärung die klageweise Geltendmachung konkret formulierter Anträge an.
Nach ergebnislosem Fristablauf erhob die Beklagte mit folgenden, den angekündigten Begehren entsprechenden Anträgen Widerklage:
1. Es wird festgestellt, dass das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2004 001 YYY,8 „Geschicklichkeitsspielzeug für Hunde“ nicht bestandskräftig, sondern löschungsreif ist.
2. Es wird festgestellt, dass das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2004 015 XXX,4 „Hundegeschirr“ nicht bestandskräftig, sondern löschungsreif ist.
3. Es wird festgestellt, dass die von der Beklagten gegenüber der Klägerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht abgegebene „Unterlassungserklärung“ vom 07.03.2007 wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegenstandslos ist.
4. Es wird festgestellt, dass die Klägerin der Beklagten jeglichen Schaden zu ersetzen hat, der ihr adäquat kausal aus der unberechtigten Abmahnung der Klägerin vom 28.02.200 durch die Rechtsanwälte F entstanden ist und noch entstehen wird, insbesondere soweit die Beklagte der Abmahnung nachkam aufgrund der formal eingetragenen Gebrauchsmusterrechte der Klägerin.
5. Die Klägerin wird verurteilt, an die Beklagte 4.102,- € plus 5 % Zinsen über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit für die vorgerichtlich entstandenen Anwaltsgebühren zu bezahlen.
Nachdem sie beim DPMA Löschungsverfahren in Bezug auf beide Klagegebrauchsmuster anhängig gemacht hatte, „konkretisierte“ die Beklagte die Widerklageanträge zu 1) und 2) wie folgt:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2004 001 YYY,8 „Geschicklichkeitsspielzeug für Hunde“ nicht verletzt hat und bei einer Fortsetzung des Vertriebes des von dem Kläger angegriffenen Geschicklichkeitsspielzeug auch nicht verletzt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte das deutsche Gebrauchsmuster DE 20 2004 015 XXX,4 „Hundegeschirr“ nicht verletzt hat und bei einer Fortsetzung des Vertriebes des von dem Kläger angegriffenen Geschicklichkeitsspielzeug auch nicht verletzt.
Nachdem am 29.09.2008 die Gebrauchsmuster gelöscht worden waren, nahm der Kläger mit Zustimmung der Beklagten die Klage zurück. Die Beklagte erklärte mit Zustimmung des Klägers die Widerklageanträge zu 1), 2) und 4) für erledigt, ihrer Erledigungserklärung bzgl. des Widerklageantrages zu 3) stimmte der Kläger nicht zu. Außerdem kündigte die Beklagte mit Schriftsatz vom 09.12.2008 den Unterwerfungsvertrag, nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 01.12.2008 erklärt hatte, nach der Löschung der Gebrauchsmuster halte er nicht mehr an der geforderten Erstattung der Abmahnkosten fest, die Beklagte sei nicht an ihre Unterlassungserklärung gebunden.
Der Kläger hat behauptet, ihm sei von seiner Ehefrau eine ausschließliche Lizenz an dem Gebrauchsmuster DE 20 2004 001 YYY erteilt worden. Er hat die Auffassung vertreten, den Widerklageanträgen zu 1) und 2) in der ursprünglichen Fassung habe das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, da ein Löschungsverfahren nach §§ 15 ff GebrMG vorrangig und für die Beklagte einfacher und kostengünstiger gewesen sei. Durch die Erledigungserklärung in Bezug auf die ursprünglichen Widerklageanträge zu 1) und 2) habe die Beklagte dieser Ansicht zugestimmt, da sonst kein Anlass für eine Erledigungserklärung bestanden habe. Mit der Änderung dieser Anträge sei nicht lediglich die Präzisierung eines falsch gestellten Antrags erfolgt, sondern ein völlig anderer Streitgegenstand in den Prozess eingeführt worden. Auch bzgl. der neuen Widerklageanträge zu 1) und 2) fehle im Hinblick auf die Löschungsverfahren das Rechtsschutzbedürfnis. Gleiches gelte für den Widerklageantrag zu 3). Nach der Löschung der Klagegebrauchsmuster sei die Beklagte an ihre Unterwerfungserklärung nicht mehr gebunden. Den mit dem Antrag zu 5) geltend gemachten Abmahnkosten sei ein zu hoher Streitwert zugrunde gelegt. Auch die in Ansatz gebrachte Gebühr von 1,5 sei zu hoch. Aus Gründen des Mitverschuldens seien jedenfalls die Kosten des Patentanwalts von der Beklagten zu tragen. Des Weiteren hat der Kläger im Hinblick auf seine Einkommensverhältnisse eine Streitwertherabsetzung beantragt.
Die Beklagte hat die Schutzfähigkeit der Klagegebrauchsmuster in Abrede gestellt und bestritten, dass die angegriffene Ausführungsform II von der technischen Lehre des entsprechenden Klageschutzrechts Gebrauch macht.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Erledigung des Widerklageantrags zu 3) festgestellt, den Kläger zur Zahlung von Abmahnkosten i.H.v. 4.102,- € nebst Zinsen verurteilt und ihm die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die mit dem Widerklageantrag zu 3) geltend gemachte Feststellungsklage sei zulässig und begründet gewesen. Insbesondere habe ein Feststellungsinteresse bestanden, da zum Zeitpunkt der Erhebung der Widerklage der Unterwerfungsvertrag noch Gültigkeit besessen und der Kläger sich auf diese Rechtsposition berufen habe. Mit der Löschung der Klagegebrauchsmuster und der Erklärung des Klägers vom 01.12.2008 sei kein Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses der Beklagten, aber eine Erledigung des Widerklageantrages zu 3) eingetreten. Die Widerklage auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten sei ebenfalls begründet. Das vorgerichtliche Schreiben vom 17.08.2007 (Anlage B 12) stelle eine Gegenabmahnung dar, die veranlasst gewesen sei, weil dem Kläger hierin in den Klagegebrauchsmustern nicht genannter Stand der Technik mitgeteilt worden sei und die Beklagte sich auf ein Vorbenutzungsrecht berufen habe. Hiervon vor Erhebung einer negativen Feststellungsklage Kenntnis zu erlangen, sei im mutmaßlichen Interesse der A gewesen und habe damit dem Willen des Klägers entsprochen. Auch stehe der Beklagten ein Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB wegen rechtswidrigen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu. Bei der Gegenabmahnung sei sowohl die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts als auch die eines Patentanwalts zulässig gewesen. Die von beiden in Ansatz gebrachte 1,5 fache Gebühr sei nicht zu beanstanden. Der zugrunde zu legende Streitwert betrage – wie von den Beklagtenvertretern in Ansatz gebracht – 100.000,- €, da er mit dem Streitwert der negativen Feststellungsklage übereinstimme, der wiederum dem Streitwert einer positiven Leistungsklage umgekehrten Rubrums entspreche. Aufgrund der Zahl der streitigen Gebrauchsmuster, ihrer Laufzeit und der Zahl der angegriffenen Ausführungsformen erscheine der Betrag von 100.000,- € angemessen. Die Kosten des Verfahrens habe auch im Hinblick auf den übereinstimmend für erledigt erklärten Teil der Kläger zu tragen. Die ursprünglich gestellten Widerklageanträge zu 1) und 2) seien zulässig gewesen, da die Beklagte bei gehöriger Auslegung nicht nur die Schutzunfähigkeit, sondern auch festgestellt wissen wollte, dass die angegriffenen Ausführungsformen die Klagegebrauchsmuster nicht verletzen. Dieses Ziel sei im Löschungsverfahren nicht zu erreichen und im Rahmen der Klage nur inzident zu prüfen gewesen. Auch seien die Anträge zu 1), 2) und 4) begründet gewesen, da der Kläger schuldhaft gehandelt habe. Dass er die Klagegebrauchsmuster vor der Abmahnung sorgfältig geprüft habe, sei nicht ersichtlich. Eine wirtschaftliche Gefährdung des Klägers durch die Belastung mit den Prozesskosten sei nicht glaubhaft gemacht.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, durch die er eine Abweisung der Widerklage bei vollständiger Kostenlast der Beklagten erreichen möchte. Er macht im Wesentlichen geltend, das Landgericht habe weite Teile seines Vortrags übergangen und ihm kein rechtliches Gehör zu der Ansicht gewährt, die Beklagte habe eine Gegenabmahnung ausgesprochen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 31.03.2009 – Az.: 4b O 234/07 – abzuändern, die Widerklage abzuweisen und die Kosten beider Rechtszüge der Beklagten aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung, mit der der Kläger sowohl seine Verurteilung in der Sache als auch die Kostenentscheidung des Landgerichts nach § 91 a ZPO angreift, ist zulässig. Nach überwiegender Meinung (vgl. Lindacher in MüKo-ZPO, 2. Aufl., § 91 a Rdnr. 120 m.w.N.), der sich der Senat anschließt, kann das eine Kostenmischentscheidung enthaltende Urteil insgesamt, d.h. einschließlich der Kostenentscheidung zum erledigten Teil, mit dem gegen die Hauptsacheentscheidung gegebenen Rechtsmittel der Berufung angegriffen werden. Ob die Berufung die Prüfungskompetenz bzgl. der auf § 91 a ZPO gestützten Kostenentscheidung auch dann eröffnet, wenn bei Einlegung der Berufung die zweiwöchige Beschwerdefrist des § 577 Abs. 2 ZPO bereits verstrichen ist, was streitig ist, kann dahinstehen, da die Berufung vorliegend binnen 2 Wochen nach Zustellung des Urteils eingelegt worden ist.
In der Sache hat die Berufung zum Teil Erfolg.
Die Widerklage ist bzgl. des mit dem Widerklageantrag zu 5) geltend gemachten Begehrens begründet, mit dem mit dem Widerklageantrag zu 3) geltend gemachten Anspruch hingegen nicht. Die Kostenentscheidung zum erledigten Teil ist nicht zu beanstanden.
1.)
Soweit die Beklagte hinsichtlich des Widerklageantrages zu 3) die Feststellung der Erledigung beantragt hat, war die Klage entgegen der Ansicht des Landgerichts unzulässig. Das gilt schon deshalb, weil im Verhältnis zum Kläger kein Rechtsschutzbedürfnis bestand, die Bindungswirkung der gegenüber der A abgegebenen Unterwerfungserklärung feststellen zu lassen. Von dieser und nicht vom Kläger persönlich war die Beklagte abgemahnt worden. Zwar ist die Abmahnung vom 28.02.2007 (Anlage K 1) durch die Klägervertreter unter der Parteienbezeichnung „G ./. H“ verfasst worden. Auch ist in dem Schreiben weiter von „unseren Mandanten“ die Rede. Die Klägervertreter zeigen jedoch ausdrücklich die Vertretung der rechtlichen Interessen der „Firma A, vertreten durch ihre Inhaber Herbert und Brigitta G“ an. Auch sollte sich die Beklagte durch die diesem Schreiben beigefügte Unterlassungserklärung verpflichten, im Falle der Zuwiderhandlung an die Firma A eine Vertragsstrafe zu zahlen. Beides zusammen ließ aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers – und nur auf einen solchen kommt es bei der Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen an (vgl. statt vieler: BGH NJW 1990, 3206 m.w.N.) – nur den Rückschluss zu, dass Abmahnender die Firma A war. Soweit die Beklagte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 27.05.2010 behauptet, sie habe die Unterlassungsverpflichtung jedenfalls auch als eine solche gegenüber dem Kläger persönlich verstanden, in diesem Verständnis hätten die Parteien übereingestimmt, ist dies nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt und damit gem. § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Es gab auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO wiederzueröffnen. Die Parteien sind im Termin am 20.05.2010 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Abmahnung vom 28.02.2007 nach den allgemeinen Auslegungsregeln als solche der A zu verstehen ist. Anschließend sind beide ausdrücklich gefragt worden, ob sie sich dazu erklären möchten. Dies wurde auch von der Beklagtenseite verneint. Ein Grund, weshalb es der Beklagten nicht möglich war, den tatsächlichen Inhalt des Schriftsatzes vom 27.05.2010 bereits im Termin am 20.05.2010 zum Gegenstand ihres Vortrags zu machen, ist weder ersichtlich noch von ihr dargelegt. Lediglich ergänzend sei ausgeführt, dass die jetzige Behauptung der Beklagten, sie habe das Schreiben vom 28.02.2007 als Abmahnung des Klägers verstanden, im Widerspruch zum Inhalt ihres Schreibens vom 20.08.2007 steht. Darin ist ausdrücklich von einer unberechtigten Abmahnung „der Klägerin“ mit Schreiben vom 28.02.2007, einer daraus resultierenden Schadensersatzpflicht „der Klägerin“ und einer Unwirksamkeit der gegenüber „der Klägerin“ abgegebenen Unterwerfungserklärung die Rede, was nur den Schluss zulässt, dass auch die Beklagte die Abmahnung allein als solche der A verstanden und lediglich übersehen hatte, dass nicht die A das Verfahren auf Zahlung der Abmahnkosten betrieb.
Ob das Unternehmen der A nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb i.S.v. § 1 Abs. 2 HGB erfordert und die A damit eine offene Handelsgesellschaft i.S.v. § 105 HGB bestehend aus dem Kläger und seiner Ehefrau darstellt oder ob sie mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 HGB eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts i.S.v. § 705 BGB bestehend aus dem Kläger und seiner Ehefrau ist, kann im Ergebnis offen bleiben, da die Rechtwirkungen in beiden Fällen gleich sind. Weil im Rechtsverkehr auftretend, wäre die A auch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts als sog. Außengesellschaft rechtsfähig, wobei für die Haftung der Gesellschafter § 128 HGB und die hierzu entwickelten Grundsätze analoge Anwendung fänden. Daraus folgt, dass in beiden Fällen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern zu unterscheiden ist. Da Rechtskraft gem. § 325 ZPO nur im Verhältnis der Parteien des Rechtsstreits eintritt und ein im Prozess des Gesellschaftsgläubigers gegen den Gesellschafter ergangenes Urteil weder für noch gegen die Gesellschaft wirkt (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 128 Rdrn. 63), hat die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gegenüber einem Gesellschafter keine Bindungswirkung gegenüber der Gesellschaft. Um dies zu erreichen, hätte es der Erhebung einer Drittwiderklage bedurft. Der Widerklageantrag zu 3) war auch nicht als Zwischenfeststellungsklage gem. § 256 Abs. 2 2. Alternative ZPO zulässig, da die Frage der Wirksamkeit der von der Beklagten abgegebenen Unterwerfungserklärung nicht inzident im Rahmen des mit der Klage verfolgten Begehrens auf Zahlung von Abmahnkosten zu prüfen gewesen wäre.
2.)
Die Verurteilung des Klägers zur Zahlung von 4.102,00 € nebst Zinsen auf den Widerklageantrag zu 5) ist hingegen zu Recht erfolgt. Diesen Betrag schuldet die A der Beklagten aus den vom Landgericht ausgeführten Gründen. Für diese Gesellschaftsverbindlichkeit haftet der Kläger als Gesellschafter gem. § 128 HGB (analog) persönlich, unmittelbar, primär und ohne betragsmäßige Einschränkung.
Die Einwendungen des Klägers in der Berufungsinstanz führen zu keiner anderen Beurteilung. Soweit der Kläger eine Verletzung rechtlichen Gehörs beanstandet, ist dies schon deshalb unerheblich, weil er auch jetzt nicht mitteilt, welche neuen Tatsachen er – bei früherer Kenntnis der Ausführungen im landgerichtlichen Urteil – im Hinblick auf die jeweiligen Streitpunkte vorgetragen hätte.
Zutreffend ist das Landgericht von einer Gegenabmahnung durch die Beklagte ausgegangen, also einer Abmahnung gegenüber der A. Zwar ist der Wortlaut der Schreiben vom 17.08.2007 und 20.08.2007 insoweit nicht eindeutig. Einerseits wird unter der Parteienbezeichung G ./. H auf das vom Kläger (im eigenen Namen) eingeleitete Verfahren Bezug genommen. Andererseits stellen die Schreiben eine Reaktion auf die im Namen der A ausgesprochene Abmahnung dar, was im Schreiben vom 17.08.2007 (Anlage B 12, dort 2. Absatz) auch ausdrücklich zum Ausdruck gebracht wird. Im anwaltlichen Schreiben vom 20.08.2007 werden zudem (Wider-)Klageanträge überwiegend gegenüber „der Klägerin“ angekündigt. Aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers stellten sich die Schreiben nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte damit als gegen die A gerichtet dar.
Die Gegenabmahnung war veranlasst, weil sie die A erstmals in Kenntnis der Ansicht der Beklagten zum Rechtsbestand der Klagegebrauchsmuster setzte. Der Kläger bestreitet auch in der Berufung nicht, dass die ebenfalls von der A bevollmächtigten klägerischen Prozessbevollmächtigten (siehe Abmahnung vom 28.02.2007, Anlage K 1) das Schreiben des Patentanwalts der Beklagten vom 17.08.2007 (Anlage B 12) und das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 20.08.2007 (Anlage B 13) erhalten haben. Sein Bestreiten bezieht sich allein auf die – offensichtlich auf einem Schreibfehler beruhenden – Feststellungen im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, „mit Schreiben vom 17.08.2007 (Anlage B 13)“ habe die Beklagte eine Verletzung der Klagegebrauchsmuster in Abrede gestellt. An diese, angesichts der vorliegenden Anlagen offensichtlich unrichtige Feststellung ist der Senat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht gebunden. Entgegen der Auffassung des Klägers stellt das anwaltliche Schreiben vom 20.08.2007 (Anlage B 13) eine berechtigte vorprozessuale Handlung dar, die durch den mit der unberechtigten Abmahnung seitens der A verbundenen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verursacht war. Um ein sofortiges Anerkenntnis bzgl. des mit der Widerklage geltend gemachten Begehrens mit der Folge einer entsprechenden Kostenlast nach § 93 ZPO zu ihren Lasten zu vermeiden, musste die Beklagte die A vor Erhebung einer entsprechenden Klage von ihren Ansichten zu Rechtsbestand und Vorbenutzung der Klagegebrauchsmuster in Kenntnis setzen, wie durch die Schreiben vom 17.08.2007 und 20.08.2007 geschehen. Auf die Formulierung einer strafbewährten Unterlassungserklärung kam es deshalb nicht an. Dass die Beklagte sodann nicht die A, sondern – durch Anhängigmachen der angekündigten Anträge im vorliegenden Verfahren – den Kläger verklagt hat, ändert nichts daran, dass die zu diesem Zeitpunkt schon entstandenen Gebühren für die Abmahnung eine Gesellschaftsverbindlichkeit der A darstellen.
Die Einschaltung eines Patent- und eines Rechtsanwalts, der Ansatz von 1,5 fachen Gebühren für beide und die Berechnung der Gebühren aufgrund eines Streitwertes von 100.000,- € sind aus den zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils, denen nichts hinzuzufügen ist, gerechtfertigt.
3.)
Die Kostenentscheidung des Landgerichts nach § 91a ZPO bzgl. der Widerklageanträge zu 1), 2) und 4) ist ebenfalls zutreffend.
a) Widerklageanträge zu 1) und 2) in der ursprünglichen Fassung
Das Landgericht hat die Anträge in der Fassung aus der Widerklageschrift vom 03.09.2007 (Bl. 25 f GA) dahingehend ausgelegt, dass die Beklagte – über den Wortlaut hinaus – nicht nur die Schutzunfähigkeit der Klagegebrauchsmuster festgestellt wissen wollte, sondern auch die Feststellung begehrte, dass die angegriffenen Ausführungsformen die Klagegebrauchsmuster nicht verletzen. Diese Auslegung ist zwar angesichts des eindeutigen Wortlauts zu weitgehend. Die Anträge waren in der ursprünglichen Fassung aber bereits deshalb zulässig, da der Bestand der Klagegebrauchsmuster im Rahmen der Berechtigung der mit der Klage geltend gemachten Abmahnkosten inzidenter zu prüfen gewesen wäre und damit die Zwischenfeststellungswiderklage nach § 256 Abs. 2 ZPO eröffnet war. § 256 Abs. 2 ZPO ermöglicht es einem Kläger, durch neben oder nach der Hauptklage erhobene Zwischenfeststellungsklage, und einem Beklagten, durch Zwischenfeststellungswiderklage einen rechtskräftigen Ausspruch auch über alle für die Hauptklage vorgreiflichen Rechtsverhältnisse herbeizuführen, wodurch auch die den Leistungsbefehl tragenden Rechtsgründe in Rechtskraft erwachsen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Gericht seine Entscheidung notwendig auch auf diese Gründe stützen muss. Sowohl die Bestandskraft der Klagegebrauchsmuster als auch bejahendenfalls die Frage, ob die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre der Klagegebrauchsmuster Gebrauch gemacht haben, hätten im Rahmen der Klage inzident geprüft werden müssen. Der Zulässigkeit der Zwischenfeststellungswiderklage stand auch nicht die Möglichkeit entgegen, Löschungsantrag zu stellen (vgl. BGH GRUR 2003, 867 – Momentanpol). Wie sich bereits aus der Existenz des § 19 GebrMG ergibt, ist das Gericht auch bei Stellung eines Löschungsantrags nicht von der Verpflichtung befreit, über die (mangelnde) Schutzfähigkeit (selbständig) zu entscheiden. Um widersprechende Entscheidungen über die Rechtsbeständigkeit des Gebrauchsmusters zu vermeiden, gibt die Vorschrift dem Gericht jedoch die Möglichkeit der Aussetzung und schreibt sie für den Fall, dass das Gericht die Eintragung für unwirksam hält, sogar vor.
Da die Gebrauchsmuster – wie inzwischen rechtskräftig feststeht – nicht schutzfähig waren, war die Feststellungsklage in der ursprünglichen Fassung der Anträge zu 1) und 2) auch begründet.
Das Landgericht ist ausweislich seiner Darstellung im Tatbestand davon ausgegangen, dass die Beklagte die Anträge in der ursprünglichen Fassung durch Schriftsatz vom 14.04.2008 (Bl. 92 GA) für erledigt erklärt hat. Die Beklagte stellt das in der Berufung zu Recht in Abrede (Bl. 246 GA). Denn eine Auslegung der Erklärungen der Beklagten im Schriftsatz vom 14.04.2008 als Erledigungserklärung würde voraussetzen, dass die Beklagte mit der neuen Fassung nur noch die Frage geklärt wissen wollte, ob die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre der Klagegebrauchsmuster Gebrauch machen. Das steht jedoch in Widerspruch zu den Ausführungen der Beklagten auf S.18 f des Schriftsatzes vom 14.04.2008 (Bl. 92 f GA), wonach die Bestandskraft weiter im vorliegenden Verfahren geklärt werden soll. Im Übrigen war der Widerspruch gegen die Löschung seinerzeit noch nicht zurückgenommen. Dies geschah ausweislich der Anlage B 38 erst am 23.09.2008. Die Anträge zu 1) und 2) sind somit durch den Schriftsatz vom 14.04.2008 erweitert worden, bisheriger Streitgegenstand wurde nicht fallen gelassen.
b) Anträge zu 1) und 2) in der Fassung vom 14.04.2008
Auch diese Anträge waren gem. § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie waren zudem begründet, da die Klagegebrauchsmuster nicht schutzfähig waren. Das Vorliegen eines erledigenden Ereignisses ist aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht zu prüfen.
c) Widerklageantrag zu 4)
Dieser – unstreitig zulässige – Antrag war ebenfalls ursprünglich begründet, da der Kläger gem. § 128 HGB (analog) für die Schadensersatzpflicht der A wegen unberechtigter Abmahnung der Beklagten einzustehen hat.
III.
Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus §§ 92 Abs. 2 Nr.1, 269 Abs. 3, 281 Abs. 3 S. 2, 344 ZPO und für die Berufung aus § 92 II Nr.1 ZPO. Das Unterliegen der Beklagten ist geringfügig und hat keine besonderen Kosten verursacht.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.
Streitwert für die erste Instanz:
bis zum 03.09.2007: 899,40 € (Klage)
vom 04.09.2007 bis zum 25.09.2008: 108.399,40 €
(899,40 € (Klage)
+
107.500,- € (Widerklage)
(Antrag zu 1): 50.000,- €
Antrag zu 2): 50.000,- €
Antrag zu 3): 2.500,- €
Antrag zu 4): 5.000,- €
Antrag zu 5): —–, § 4 ZPO))
vom 26.09.2008 bis zum 02.12.2008: 107.500,- € (Widerklage)
ab dem 03.12.2008: 144,13 €
(Antrag zu 1): —*
Antrag zu 2): —*
Antrag zu 3): 144,13 € **
Antrag zu 4): —*
Antrag zu 5): —***
* nicht mehr streitwertrelevant, da übereinstimmend für erledigt erklärt
** Wert der in Bezug auf den ursprünglichen Antrag zu 3) angefallenen Gerichts- und Parteikosten (vgl. BGH WuM 2008, 35)
*** Es bleibt bei der Anwendung von § 4 ZPO, da mit der einseitigen Erledigungsklärung des mit dem Antrag zu 3) verfolgten Begehrens ein Teil der Hauptsache rechtshängig geblieben ist.
Streitwert für die Berufung: Kosteninteresse erster Instanz
Eine Streitwertherabsetzung nach § 26 GebrMG kam nicht in Betracht, da die Voraussetzungen dieser Norm nicht glaubhaft gemacht sind. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass eine Gefährdung der wirtschaftlichen Lage nicht allein durch Vorlage eines Steuerbescheides dargelegt werden kann. Angaben des Klägers zu Grundbesitz o.ä. fehlen, obwohl die Beklagte auf Grundeigentum im Ausland (Schweden) hingewiesen hat.