Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 24. Juni 2010, Az. 2 U 12/08
Vorinstanz: 4a O 317/06
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.12.2007 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 4a O 317/06) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage wird die Klägerin zu 1) verurteilt, an die Beklagte zu 1) 6.631,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2007 zu zahlen.
Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.
II. Die Anschlussberufung der Klägerin zu 2) wird zurückgewiesen.
III. Die Klägerin zu 1) wird des eingelegten Rechtsmittels der Anschlussberufung für verlustig erklärt.
IV. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits gilt folgende Verteilung:
1. Für die 1.Instanz:
Die Gerichtskosten werden der Klägerin zu 1) zu 48,7 %, der Klägerin zu 2) zu 47,8 % und der Beklagten zu 1) zu 3,5 % auferlegt.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2), 3) und 4) haben die Klägerinnen je zur Hälfte zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) werden der Klägerin zu 1) zu 48,7 % und der Klägerin zu 2) zu 47,8 % auferlegt.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) hat die Beklagte zu 1) zu 3,5 % zu tragen.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
2. Für die Berufung:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) und 2) werden den Klägerinnen je zur Hälfte auferlegt.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerinnen können die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Beklagte zu 1) darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin zu 1) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin zu 1) ist eingetragene Inhaberin des (inzwischen durch Zeitablauf erloschenen) Gebrauchsmusters DE 92 18 XXX (Klagegebrauchsmuster), das eine Tintentankpatrone mit folgenden Merkmalen betrifft:
1. Tintentankpatrone
1.1. für eine Tintenstrahlaufzeichnungsvorrichtung, welche über eine auf einem Aufzeichnungsvorrichtungskörper angeordnete Tintenzufuhrnadel (14, 90) verfügt, die Durchgangslöcher (36, 94) aufweist,
1.2. die abnehmbar auf der Tintenzufuhrnadel (14, 90) anbringbar ist.
2. Die Patrone umfasst
2.1. ein Gehäuse (11, 50);
2.2. einen Tintenzufuhrkanal (15, 53, 71), der von einer Bodenfläche des Gehäuses nach innen vorsteht,
und
2.3. ein in dem Gehäuse untergebrachtes poröses Element (21, 64), das mit Tinte durchtränkt ist.
3. Das poröse Element liegt elastisch über dem Filter (17, 55) an dem Tintenzufuhrkanal an, und zwar derart,
3.1. dass es in einem Bereich nahe des Tintenzufuhrkanals zusammengedrückt ist
und
3.2. die Porengröße in diesem Bereich kleiner als in dem anderen Bereich des porösen Elements ist, so dass die Kapillarkraft im Verhältnis zu dem anderen Bereich groß ist.
4. Es ist ein Füllmittel (19, 57, 73) vorgesehen, das
4.1. elastisch an dem äußeren Rand der Tintenzufuhrnadel der Aufzeichnungsvorrichtung anliegt,
4.2. einen elastischen Ring aufweist
und
4.3. an dem Tintenzufuhrkanal (115, 53, 71) zwischen dem Filter (17, 55) und dem Dichtungsmittel (20, 60, 77) angeordnet ist.
5. Es sind Mittel (20, 60, 77) zum Abdichten einer Endöffnung des Tintenzufuhrkanals vorhanden, wobei die Tintenzufuhrnadel durch das Dichtungsmittel dringen kann.
Durch Patentlizenzvertrag vom 01.01.1993 (Anlage L 12) hat die Klägerin zu 1) der Klägerin zu 2) am Klagegebrauchsmuster sowie anderen Schutzrechten eine ausschließliche Lizenz für die Bundesrepublik Deutschland eingeräumt. Als Gegenleistung für die ausschließliche Lizenzierung ist in Ziffer 3 des Vertrages vorgesehen, dass die Klägerin zu 2) von der Klägerin zu 1) und/oder von mit ihr verbundenen Unternehmen erhebliche Mengen der A-Tintenpatronenprodukte für den Gebrauch in A-Druckern erwirbt und sich nach besten Kräften bemüht, diese Produkte in Deutschland anzubieten und zu vermarkten.
Die Beklagte zu 1), die in unterschiedlichen Zeitabschnitten von den Beklagten zu 2) bis 4) als Geschäftsführern vertreten worden ist, vertreibt u.a. Tintentankpatronen. Durch rechtskräftiges Urteil vom 07.12.2000 – Az: 4 O 3/98 – hat das Landgericht Düsseldorf festgestellt, dass die Beklagten den Klägerinnen wegen Verletzung des Klagegebrauchsmusters durch Angebot und Vertrieb schwarzer Tintenpatronen für B 800/1000, schwarzer Tintenpatronen für B color und farbiger Tintenpatronen für B color dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet sind. In zeitlicher Hinsicht ist die Haftungsfeststellung für den Beklagten zu 2) auf die Zeit bis zum 09.04.1998 und für die Beklagten zu 3) und 4) auf die Zeit seit dem 09.04.1998 beschränkt.
Gegenstand des vorliegenden Höheverfahrens ist das Verlangen der Klägerinnen auf Herausgabe des durch die Verletzungshandlungen erzielten Gewinns der Beklagten. Zwischen den Parteien steht insofern außer Streit, dass schadenersatzpflichtige Tintentankpatronen nur bis zum 13.06.1997 angeboten und vertrieben worden sind.
Nachdem die Beklagten den Klägerinnen nach Einleitung eines Zwangsmittelverfahrens mit Schreiben vom 25.04.2001 (Anlage HE 3) Rechnung gelegt hatten, haben sich die Klägerinnen die dortigen Angaben – mit Ausnahme eines vorgenommenen Abzugs der Positionen Logistik-, Vertriebs-, Verwaltungs- und Finanzierungskosten – zu eigen gemacht und auf der Grundlage des sich danach ergebenden Verletzergewinns von 1.356.148,32 € die Hälfte, nämlich einen Betrag von 678.074,16 €, begehrt. Sie haben die näher begründete Auffassung vertreten, der Anteil des Klagegebrauchsmusters am Verletzergewinn sei mit mindestens 50 % zu bemessen. Der herauszugebende Gewinn sei ab Schadenseintritt zu verzinsen, für die Zeit ab dem 29.05.2005 aufgrund der Mahnung vom 30.03.2005 (Anlage HE 4) aus Gründen des Schuldnerverzuges. Als Folgeschaden haben die Klägerinnen vorprozessuale Anwaltskosten in Höhe von 11.187,60 € nebst Zinsen geltend gemacht. Die ursprünglich auch gegen die Beklagten zu 3) und 4) erhobene Klage haben die Klägerinnen mit Rücksicht auf deren Haftungsbeginn (09.04.1998) und dem unstreitigen Ende des Verletzungszeitraumes (13.06.1997) in erster Instanz zurückgenommen.
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, die Klägerinnen seien – jedenfalls aus Gründen des sonstigen Rechtsmissbrauchs – an die vorgerichtliche Rechnungslegung gemäß Anlage HE 3 in ihrer Gesamtheit, somit auch an den Abzug der Positionen Logistik-, Vertriebs-, Verwaltungs- und Finanzierungskosten gebunden. Deren Berücksichtigung sei zudem sachlich gerechtfertigt, weil die genannten Positionen den Verletzungsprodukten unmittelbar zuzuordnen seien. Die Rechnungslegung nach Anlage HE 3 könne nur insoweit nicht zugrunde gelegt werden, als dort aus nicht mehr rekonstruierbaren Gründen zu niedrige Einkaufspreise angegeben worden seien. Die Beklagten haben behauptet, tatsächlich sei mit den Verletzungsprodukten ein Verlust erwirtschaftet worden. Jedenfalls beruhe der Verletzergewinn aus verschiedenen, von ihnen näher dargelegten Gründen nicht oder allenfalls zu einem vernachlässigbar geringen Anteil auf der durch das Klagegebrauchsmuster geschützten Lehre. Sie haben die Ansicht vertreten, die Klägerin zu 1) sei nicht aktivlegitimiert, da aufgrund des Lizenzvertrages allenfalls der Klägerin zu 2) ein Schaden entstanden sei. Der Beklagte zu 2) sei nicht passivlegitimiert, weil er an den Gewinnen der Beklagten zu 1) nicht partizipiert habe.
Widerklagend hat die Beklagte zu 1) begehrt, die Klägerin zu 1) zur Zahlung von 31.363,65 € vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen zu verurteilen, die zur Abwehr des unberechtigten Schadenersatzverlangens entstanden seien. Gegenüber den von der Klägerin zu 2) geltend gemachten Ansprüchen hat die Beklagte zu 1) mit einem ihr von den Beklagten zu 3) und 4) abgetretenen Erstattungsanspruch von 15.681,83 € in konkret vorgegebener Reihenfolge hilfsweise die Aufrechnung erklärt.
Durch Urteil vom 18.12.2007 (InstGE 8, 257 – Tintentankpatrone) hat das Landgericht der Klage und der Widerklage jeweils teilweise stattgegeben und wie folgt erkannt:
I.
Die Beklagten zu1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 2) 198.917,72 € nebst Zinsen nach folgender Aufstellung zu zahlen:
01.01.1995 – 31.12.1995 5,00 % p.a. aus 23.402,08 €
01.01.1996 – 31.12.1996 5,00 % p.a. aus 93.608,34 €
01.01.1997 – 13.06.1997 5,00 % p.a. aus 163.814,59 €
14.06.1997 – 28.04.2005 5,00 % p.a. aus 198.917,72 €
29.04.2005 – 30.06.2005 6,21 % p.a. aus 198.917,72 €
01.07.2005 – 31.12.2005 6,17 % p.a. aus 198.917,72 €
01.01.2006 – 30.06.2006 6,37 % p.a. aus 198.917,72 €
01.07.2006 – 31.12.2006 6,95 % p.a. aus 198.917,72 €
01.01.2007 – 30.06.2007 7,70 % p.a. aus 198.917,72 €
01.07.2007 – 31.12.2007 8,19 % p.a. aus 198.917,72 €
01.01.2008 – 30.06.2008 8,32 % p.a. aus 198.917,72 €
seit 01.07.2008 8,19 % p.a. aus 198.917,72 €.
II.
Des Weiteren werden die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 2) 672,50 € nebst Zinsen nach folgender Aufstellung zu zahlen:
29.04.2005 – 30.06.2005 6,21 % p.a.,
01.07.2005 – 31.12.2005 6,17 % p.a.,
01.01.2006 – 30.06.2006 6,35 % p.a.,
01.07.2006 – 31.12.2006 6,95 % p.a.,
01.01.2007 – 30.06.2007 7,70 % p.a.,
seit 01.07.2007 8,19 % p.a..
III.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV.
Auf die Widerklage wird die Klägerin zu 1) verurteilt, an die Beklagte zu 1) 6.631,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2007 zu zahlen.
V.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Aktivlegitimiert sei nur die Klägerin zu 2), nicht auch die Klägerin zu 1). Selbst wenn man letztere als generell aktivlegitimiert ansehen würde, habe sie jedenfalls ihren Anteil an dem durch die Schutzrechtsverletzung entgangenen Gewinn nicht schlüssig dargetan. Der beim Herausgabeverlangen zugrunde zu legende Verletzergewinn der Beklagten zu 1), für den auch der Beklagte zu 2) hafte, betrage 1.326.118,12 €. Relevant sei insoweit die von den Beklagten selbst im Rahmen der Rechnungslegung vorgelegte Aufstellung gemäß Anlage HE 3. Abzüge von den dort ausgewiesenen Brutto-Beträgen seien nicht gerechtfertigt. Auch könnten nachträglich keine höheren Einkaufspreise als von den Beklagten in der Rechnungslegung nach Anlage HE 3 angegeben zugrunde gelegt werden. Der Kausalanteil des Klagegebrauchsmusters am Verletzergewinn sei auf 15 % zu beziffern. Es sei davon auszugehen, dass der Verletzungszeitraum 34 Monate betrage und die Monate September 1994 und Juni 1997 jeweils als volle Monate in Ansatz zu bringen seien. Verwendungszinsen stünden der Klägerin zu 2) in analoger Anwendung von § 668 BGB bis zum 28.04.2005 zu. Der Zinssatz betrage insoweit gemäß § 352 HGB 5 %. Die gegen diesen Anspruch erhobene Verjährungseinrede greife nicht durch, da der Verwendungszinsanspruch nicht eigenständig, sondern akzessorisch zum Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns verjähre. Für die Zeit ab dem 29.04.2005 stünden der Klägerin zu 2) aufgrund ihres anwaltlichen Schreibens vom 30.03.2005 Verzugszinsen zu. Schließlich könne die Klägerin zu 2) Erstattung vorprozessualer Kosten in Höhe von 7.304,- € verlangen, wobei der betreffende Anspruch aufgrund der Hilfsaufrechnung der Beklagen zu 1) in Höhe von 6.631,50 € erloschen sei und damit nur noch in Höhe eines Restbetrages von 672,50 € fortbestehe und zu verzinsen sei. Der Beklagten zu 1) stehe aus abgetretenem Recht der Beklagten zu 3) und 4) ein Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Kosten in Höhe von insgesamt 13.263,- € zu, der in Höhe von 6.631,50 € durch die erklärte Hilfsaufrechnung erledigt sei, so dass noch ein auszuurteilender Betrag von 6.631,50 € verbleibe.
Gegen das landgerichtliche Urteil wenden sich die Parteien durch Berufung und Anschlussberufung in unterschiedlichem Maße.
Nachdem die Beklagten zu 1) und 2) zunächst vollumfänglich Berufung eingelegt hatten, hat die Beklagte zu 1) mit der Berufungsbegründung das gegen die Teilabweisung ihrer Widerklage gerichtete Rechtsmittel zurückgenommen.
Die Klägerin zu 1) hat in der Sitzung vom 28.05.2009 die Rücknahme ihrer Anschlussberufung erklärt, mit der sie eine dem Antrag der Klägerin zu 2) entsprechende Verurteilung der Beklagten auch zu ihren Gunsten hatte erreichen wollen.
Die Beklagten zu 1) und 2) wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere vertreten sie im Hinblick auf die Rücknahme der Anschlussberufung seitens der Klägerin zu 1) unter Berufung auf die BGH-Entscheidung „Tintenpatrone“ (GRUR 2008, 896) die Auffassung, die Klägerin zu 2) müsse nunmehr ihren Anteil am klägerischen Schaden beziffern. Dass allein der Klägerin zu 2) ein Schaden entstanden sei, sei nicht substantiiert dargelegt, so dass ihr allein nicht der Schadensersatzanspruch in voller zuerkannter Höhe zustehe.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18.12.2007 (Az.: 4a O 317/06) teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen sowie das Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18.12.2007 (Az.: 4a O 317/06) auf ihre Anschlussberufung teilweise abzuändern und wie folgt neu zu fassen:
1.
Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 2) 397.835,44 € nebst Zinsen nach folgender Aufstellung zu zahlen:
01.01.1995 – 31.12.1995 5 % p.a. aus 46.804,16 €,
01.01.1996 – 31.12.1996 5 % p.a. aus 187.216,64 €,
01.01.1997 – 13.06.1997 5 % p.a. aus 327.629,12 €,
14.06.1997 – 28.04.2005 5 % p.a. aus 397.835,44 €,
29.04.2005 – 30.06.2005 6,21 % p.a. aus 397.835,44 €,
01.07.2005 – 31.12.2005 6,17 % p.a. aus 397.835,44 €,
01.01.2006 – 30.06.2006 6,37 % p.a. aus 397.835,44 €,
01.07.2006 – 31.12.2006 6,95 % p.a. aus 397.835,44 €,
01.01.2007 – 30.06.2007 7,70 % p.a. aus 397.835,44 €,
01.07.2007 – 31.12.2007 8,19 % p.a. aus 397.835,44 €,
01.01.2008 – 30.06.2008 8,32 % p.a. aus 397.835,44 €,
01.07.2008- 31.12.2008 8,19 % p.a. aus 397.835,44 €,
seit 01.01.2009 6,62 p.a. aus 397.835,44 €.
2.
Des Weiteren werden die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin zu 2) 12.192,- € nebst Zinsen nach folgender Aufstellung zu zahlen:
29.04.2005 – 30.06.2005 6,21 % p.a.,
01.07.2005 – 31.12.2005 6,17 % p.a.,
01.01.2006 – 30.06.2006 6,37 % p.a.,
01.07.2006 – 31.12.2006 6,95 % p.a.,
01.01.2007 – 30.06.2007 7,70 % p.a.,
01.07.2007 – 31.12.2007 8,19 % p.a.,
01.01.2008 – 30.06.2008 8,32 % p.a.,
01.07.2008- 31.12.2008 8,19 % p.a.,
seit 01.01.2009 6,62 % p.a..
3.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagten beantragen,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Klägerin zu 2) wiederholt und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie macht geltend, das Landgericht habe den Kausalanteil des Klagegebrauchsmusters am Verletzergewinn zu niedrig bemessen. Dieser betrage mindestens 30 %. Außerdem ist die Klägerin zu 2) der Ansicht, auch in Ansehung der Entscheidung „Tintenpatrone“ nicht gehalten zu sein, ihren Anteil am Gesamtschaden konkret zu beziffern. Die entsprechenden Ausführungen des BGH, die ohnehin nur ein „obiter dictum“ darstellten, seien auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da die Beklagten nicht schutzwürdig seien. Nach der rechtskräftigen Abweisung der Klage der Klägerin zu 1) drohe ihnen keine Inanspruchnahme in Höhe von mehr als 100 % des Verletzergewinns. Die Klägerin zu 2) behauptet, nicht in der Lage zu sein, ihren Anteil am Schaden im Verhältnis zur Klägerin zu 1) zu beziffern. Auch als Schätzungsgrundlage geeignete Daten stünden ihr weder für den zurückliegenden Verletzungszeitraum noch für die Gegenwart zur Verfügung. Desweiteren sehe sie keine Möglichkeit, den seit dem Ende des Verletzungszeitraumes eingetretenen Wandel der Marktverhältnisse belastbar darzustellen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
1.
Nachdem die Klägerin zu 1) ihre zunächst eingelegte Anschlussberufung zurückgenommen hat, ist von Amts wegen ein Verlustigkeitsbeschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO zu erlassen.
2.
Die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) ist ebenso zulässig wie die Anschlussberufung der Klägerin zu 2). In der Sache hat jedoch allein die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) Erfolg, weil die Klage der Klägerin zu 2) in vollem Umfang unbegründet ist. Die Klägerin zu 2) ist nicht berechtigt, die Herausgabe des vollständigen Verletzergewinns an sich zu beanspruchen. Wie hoch ihr Anteil an dem durch die Beklagten zu 1) und 2) verursachten Schaden im Verhältnis zur Klägerin zu 1) ist, lässt sich nicht – auch nicht im Wege der Schätzung eines Mindestschadens – feststellen, so dass der Klage der Klägerin zu 2) auch nicht zum Teil stattgegeben werden kann.
Nach der Rechtsprechung des BGH (GRUR 2008, 896 – Tintenpatrone) kann der Patentinhaber nach Vergabe einer umfassenden ausschließlichen Lizenz Schadenersatz in Form der Herausgabe des Verletzergewinns verlangen, wenn er den Lizenznehmer aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Pflicht mit den Lizenzgegenständen beliefert, wie dies hier der Fall ist. Allerdings sind der Patentinhaber und sein ausschließlicher Lizenznehmer keine Mitgläubiger. Für sie bestehen drei Möglichkeiten zur Schadensliquidation:
o Sie klagen gemeinsam auf Herausgabe des gesamten Verletzergewinns (und teilen den Betrag anschließend unter sich auf).
o Stattdessen kann einer von beiden aus eigenem Recht und zugleich aus abgetretenem Recht des anderen den gesamten Verletzergewinn herausverlangen (wobei die Verteilung der Klagesumme untereinander wiederum der anschließenden internen Regelung vorbehalten bleibt).
o Schließlich kann jeder – der Schutzrechtsinhaber und sein ausschließlicher Lizenznehmer – separat Herausgabe des auf ihn entfallenden Anteils des Verletzergewinns beanspruchen.
a)
Die erste der genannten Alternativen scheidet vorliegend aus, weil die Klägerin zu 1) nicht (mehr) als Rechtsmittelführerin am Berufungsverfahren beteiligt ist und der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns somit nicht (mehr) von der Schutzrechtsinhaberin und ihrer ausschließlichen Lizenznehmerin gemeinsam verfolgt wird.
b)
Für die zweite Alternative fehlt es an einem durchsetzbaren Anspruch der Klägerin zu 1) auf einen Anteil am Verletzergewinn, der im Wege der Abtretung auf die allein prozessierende Klägerin zu 2) übergegangen sein könnte. Das Landgericht hat den von der Klägerin zu 1) geltend gemachten Schadenersatzanspruch als unbegründet abgewiesen, weil ihr Sachvortrag nicht erkennen lasse, welchen Schaden sie (die Klägerin zu 1) durch die Verletzungshandlungen der Beklagten zu 1) und 2) erlitten habe und welcher interne Anteil an dem von den Beklagten zu 1) und 2) herauszugebenden Verletzergewinn deshalb ihr (der Klägerin zu 1) gebühre. Die Klageabweisung wegen Unschlüssigkeit ist rechtskräftig, nachdem die Klägerin zu 1) ihre zunächst eingelegte Anschlussberufung gegen das landgerichtliche Urteil im Verhandlungstermin vom 28.05.2009 zurückgenommen hat. Der Eintritt materieller Rechtskraft hat zur Folge, dass der vom Landgericht aberkannte Schadenersatzanspruch – auch mit ergänzendem, nunmehr schlüssigem Vorbringen – von der Klägerin zu 1) weder abermals gerichtlich geltend gemacht noch von demselben oder einem anderen Gericht zuerkannt werden kann. Dieses Hindernis entfaltet Wirkung nicht nur für den Kläger des Erstprozesses (die Klägerin zu 1), sondern gleichermaßen für den (z.B. aufgrund erfolgter Abtretung an dessen Stelle getretenen) Rechtsnachfolger (§§ 322, 325 ZPO).
c)
Es verbleibt für die Klägerin zu 2) mithin nur die dritte Alternative einer Klage auf ihren eigenen Anteil am Verletzergewinn der Beklagten zu 1) und 2).
(1)
Für diese Art der Rechtsverfolgung hätte die Klägerin zu 2) indessen den auf sie entfallenden Anteil am Schaden beziffern müssen, was trotz mehrfachen Hinweises des Senats nicht geschehen ist.
Mit Beschluss vom 18.06.2009 ist die Klägerin zu 2) ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die infrage stehende Art der Rechtsverfolgung voraussetzt, dass darlegt wird, welcher Anteil des konkreten Gesamtschadens auf sie (und welcher – verbleibende – Schadensanteil dementsprechend auf die Klägerin zu 1) entfallen ist, wobei maßgeblich für die Schadensaufteilung sein dürfe, welche der Klägerinnen aus dem durch die Verletzungshandlungen der Beklagten zu 1) und 2) gestörten Verkauf von Originalpatronen der gebrauchsmustergeschützten Art den größeren wirtschaftlichen Vorteil erzielt hat – die Klägerin zu 1) aus dem Verkauf an die Klägerin zu 2) nach Maßgabe der im Lizenzvertrag vereinbarten Bezugspflicht oder die Klägerin zu 2) aus dem anschließenden (Weiter-)Vertrieb im deutschen Markt. Mit Beschluss vom 30.11.2009 hat der Senat die Klägerin desweiteren sinngemäß aufgefordert, zumindest Schätzungsgrundlagen mitzuteilen, was im Verhandlungstermin vom 29.04.2010 dahingehend erläutert worden ist, dass ggf. auch aktuelle Geschäftsdaten genügen, wenn ergänzend zu etwaigen Veränderungen der Marktverhältnisse seit dem Verletzungszeitraum vorgetragen wird. Trotz der zur Verfügung stehenden Zeit von fast einem Jahr hat die Klägerin zu 2) jegliche Angaben verweigert, die dem Senat wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens erlaubt hätten. Nicht einmal die internen Verrechnungspreise für die der Klägerin zu 2) zugelieferten Tintentankpatronen sind benannt worden. Die Klägerin zu 2) hat dies damit begründet, dass ihr solche Informationen nicht mehr zur Verfügung stünden, da alle Unterlagen nach Ablauf der in Deutschland und Japan geltenden steuer-, handels- und gesellschaftsrechtlichen Aufbewahrungspflichten vernichtet worden seien. Selbst wenn diese Einlassung den Tatsachen entsprechen sollte, ginge ein solches Verhalten zu Lasten der Klägerin zu 2). Sie hatte die Beklagten zu 1) und 2) bei Ablauf der Fristen bereits gerichtlich in Anspruch genommen und hätte sich deswegen darauf vorbereiten müssen, zur Konkretisierung des erlittenen Schadens ggf. entsprechende Angaben zur internen Schadensverteilung machen zu können. Eine obergerichtliche Rechtsprechung, dass eine Konkretisierung der Schadensquote bei gemeinschaftlicher Klage von Patentinhaber und ausschließlichem Lizenznehmer entbehrlich ist, gab es zum damaligen Zeitpunkt noch nicht. Die Entscheidung „Tintenpatrone“ des BGH ist erst im Mai 2008 und damit nach Beendigung der ersten Instanz des vorliegenden Höheverfahrens ergangen. Ungeachtet dessen ist es der Klägerin zu 2) in jedem Fall aber möglich, zu den von ihr aktuell zu entrichtenden Bezugskosten, den von ihr aktuell erzielten Verkaufspreisen sowie dazu vorzutragen, ob es sich bei den Originalpatronen aktuell um in der Herstellung aufwändige Produkte handelt und ob das Verhältnis der Bezugsgrößen zueinander im Laufe der Zeit Schwankungen unterlag. Dass die Klägerin zu 2) zu entsprechenden Angaben nicht in der Lage sein soll, ist zur sicheren Überzeugung des Senats vorgeschoben. Jeder Unternehmer verfügt schon aus Gründen der eigenen betriebswirtschaftlichen Planung und wegen der ihn treffenden handels- und steuerrechtlichen Dokumentations- und Aufbewahrungsfristen über Geschäftsdaten, die Aufschluss über den Erfolg oder Misserfolg seiner Produkte geben. In diesem Sinne hält auch die Klägerin zu 2) mindestens zu aktuellen Tintenpatronen Geschäftsdaten vor, die so weit den gebrauchsmustergeschützten Gegenständen vergleichbar sind, dass auf ihrer Grundlage eine gerichtliche Schätzung (nötigenfalls mit Sicherheitsabschlägen) hätte vorgenommen werden können. Dass die Klägerin zu 2) jedwede Einlassung zur internen Schadensverteilung verweigert, hat seinen Grund ersichtlich allein in der Tatsache, dass sie den Beklagten zu 1) und 2) als Verletzern und Konkurrenten keine Betriebsinterna offenbaren will. Es erscheint indessen bereits zweifelhaft, ob wirklich alle für eine Schadensschätzung hilfreichen Angaben (gleichermaßen) geheimhaltungsbedürftig sind oder ob es der Klägerin zu 2) nicht selbst unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen möglich gewesen wäre, bestimmte Tatsachen, an denen sich eine Schätzung hätte orientieren können, kundzutun. Dass diese Möglichkeit nicht bestand, gibt der Sachvortrag der Klägerin zu 2) jedenfalls nicht her. Abgesehen davon gilt, dass das Bemühen der Klägerin zu 2) um den Schutz betriebsinterner Daten aus betriebswirtschaftlicher Sicht verständlich sein mag, dass es rechtlich jedoch unbeachtlich ist, weil der Bundesgerichtshof es demjenigen Schutzrechtsinhaber oder Lizenznehmer, der seinen Anteil am Verletzergewinn separat einklagt, nun einmal zur Pflicht macht, zu derartigen (regelmäßig sensiblen) Geschäftsdaten auch gegenüber einem Wettbewerber (welcher der Verletzer vielfach sein wird) vorzutragen.
Bei der gegebenen Sachlage kommt auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Vorbereitung einer Schadensschätzung nicht in Betracht. Zwar kann ausnahmsweise dem Sachverständigen die Feststellung streitiger Anschlusstatsachen übertragen werden (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 402 Rdnr.5 m.w.N.). Dies setzt aber voraus, dass überhaupt Anknüpfungstatsachen von den Parteien vorgetragen sind, was im Hinblick auf den Schadensanteil der Klägerin zu 2) gerade nicht der Fall ist. Im Übrigen lässt die Weigerung der Klägerin zu 2), schätzungsrelevante Geschäftsdaten zu offenbaren, sicher erwarten, dass sie auch einem etwaigen Sachverständigen keinen Einblick in ihre geschäftlichen Unterlagen gestatten würde.
Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Klägerin zu 2) im Innenverhältnis die Einzige ist, die durch das Verhalten der Beklagten zu 1) und 2) geschädigt worden ist. Angesichts der im Gegenzug für die ausschließliche Lizenzierung eingegangenen Bezugsverpflichtung der Klägerin zu 2) ist es im Gegenteil vollkommen offen, ob durch das schutzrechtsverletzende Verhalten der Beklagten zu 1) und 2) der Klägerin zu 1) oder der Klägerin zu 2) der größere Schaden entstanden ist, was – wie bereits ausgeführt – davon abhängt, ob der größere wirtschaftliche Vorteil aus dem Verkauf von Originalpatronen der fraglichen Art von der Klägerin zu 1) oder der Klägerin zu 2) erzielt wurde/wird. Ist der von der Klägerin zu 2) an die Klägerin zu 1) oder ein ihr verbundenes Unternehmen zu zahlende Kaufpreis für die bezogenen Originalpatronen im Vergleich zu deren Herstellungskosten hoch, ist der von der Klägerin zu 2) durch den Weiterverkauf erzielte Gewinn vergleichsweise niedrig. Der wirtschaftliche Vorteil der Klägerin zu 1) wäre höher als der der Klägerin zu 2). Ist es umgekehrt, d.h. bezieht die Klägerin zu 2) die Originalpatronen zu vergleichsweise niedrigen Preisen, ist der von ihr durch den Weiterverkauf erzielte Gewinn und damit auch ihr wirtschaftlicher Vorteil hoch, während der der Klägerin zu 1) niedrig ist. Beides ist nach dem Lizenzvertrag möglich. Dass sich der Lizenznehmer darin zu dem Bemühen verpflichtet, die bezogenen Produkte im gesamten Vertragsgebiet anzubieten und zu vermarkten, sowie anerkennt, dass ein erheblicher Absatz der Produkte im Vertragsgebiet ein wesentlicher Erwägungsgrund des Lizenzgebers für das Eingehen des Vertrages ist (Ziffer 3 S. 1 2. Hs. und S. 2, Anlage L 12), lässt zwar darauf schließen, dass die Klägerin zu 1) ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran hat, dass die Klägerin zu 2) möglichst viele Originalpatronen auf dem Markt absetzt, gibt aber keinen konkreten Anhaltspunkt für eine Bezifferung der jeweiligen Anteile.
Nach allem bleibt festzuhalten, dass die Klägerin zu 2) dem Senat jegliche Informationen vorenthält, die eine wenigstens näherungsweise Bemessung ihrer internen Schadensquote durch Schätzung erlauben könnten. Die Klägerin zu 2) hat damit auch diejenigen prozessualen Konsequenzen einer Klageabweisung zu tragen, die nach den Regeln des Parteiprozesses mit der Verweigerung möglichen anspruchsbegründenden Sachvortrages verbunden sind.
(2)
Eine andere Beurteilung ist vorliegend nicht wegen des regelmäßigen Zwecks der objektiven Schadensberechnungsmethoden gerechtfertigt. Diese sollen dem Verletzten grundsätzlich einen Schadensausgleich ermöglichen, ohne dass er seine konkrete Gewinnsituation im Einzelnen offenbaren muss. Das ist interessengerecht und bei nur einem Geschädigten auch unproblematisch. Es hilft jedoch nicht darüber hinweg, dass im Falle der Lizenzvergabe zwei potentiell Geschädigte (scil.: Lizenzgeber und ausschließlicher Lizenznehmer) vorhanden sind, die nach der Rechtsprechung des BGH keine Mitgläubiger sind. Dass es der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Tintenpatrone“ zulässt, dass bei gemeinschaftlicher Klage von Lizenzgeber und Lizenznehmer die internen Anteile im Verfahren gegen den Verletzer ungeklärt bleiben und die Aufteilung der beiden gemeinschaftlich klagenden Gläubiger zugesprochenen Schadenersatzsumme anderweitig erfolgen muss, kann damit gerechtfertigt werden, dass der jeweilige Beklagte im Falle seiner Verurteilung keinesfalls mehr erstatten muss, als wenn keine Lizenz erteilt worden wäre, und er die Möglichkeit hat, durch Hinterlegung unter Ausschluss der Rücknahme schuldbefreiend zu leisten (§§ 372, 378 BGB). Letzteres ist von Bedeutung, wenn sich Lizenznehmer und Lizenzgeber nicht auf einen internen Verteilungsschlüssel einigen können und/oder beide durch verschiedene Rechtsanwälte vertreten werden, so dass der Schuldner keine gemeinschaftliche Zahlstelle vorfindet, sondern schon bei der Zahlung eine Aufteilung auf zwei Beträge vornehmen muss. Klagen Lizenzgeber und Lizenznehmer hingegen in getrennten Verfahren auf Schadensersatz, was ihnen nach der BGH-Rechtsprechung nicht verwehrt ist, führt das Fehlen von Mitgläubigerschaft dazu, dass nicht einer auf Leistung – in Form der Erstattung des Gesamtschadens – an alle klagen kann (§ 428 Abs. 1 S. 1 BGB), sondern jeder auf Ausgleich des eigenen Schadens antragen muss, was im Übrigen bei jeder unerlaubten Handlung mit mehreren Verletzten die Regel ist (so schon RGZ 56, 271). Sowohl im Verfahren des Lizenzgebers als auch im Verfahren des Lizenznehmers gegen den Schutzrechtsverletzer ist daher der Anteil des jeweiligen Klägers am Gesamtschaden konkret festzustellen, bevor für diesen Anteil der dem jeweiligen Kläger zustehende Schadensersatz nach einer der zur Verfügung stehenden Ausgleichsmethoden berechnet werden kann (BGH, a.a.O. Rdnr. 39). Nur so kann bei selbständiger Klage des Schutzrechtsinhabers und/oder seines ausschließlichen Lizenznehmers verhindert werden, dass der Schutzrechtsverletzer insgesamt mehr als 100 % des Schadens auszugleichen hat.
(3)
Der Ansicht der Klägerin zu 2), eine konkrete Bezifferung ihres Anteils am Gesamtschaden sei jedenfalls unter den besonderen Umständen des Streitfalles entbehrlich, weil rechtskräftig festgestellt sei, dass der Klägerin zu 1) kein Anspruch auf einen Anteil am Verletzergewinn zusteht, weswegen auch ohne interne Schadensaufteilung eine übermäßige Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) und 2) ausgeschlossen sei, kann nicht gefolgt werden.
(a)
Zum einen wirkt ein rechtskräftiges Urteil gemäß § 325 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nur für und gegen die Parteien des Rechtsstreits und Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Ein gesetzlich geregelter Fall der Rechtskrafterstreckung auf Dritte, wie ihn z.B. § 183 Abs. 1 InsO vorsieht, ist vorliegend nicht gegeben. Die rechtskräftige Abweisung der Klage der Klägerin zu 1) durch das Landgericht entfaltet Rechtskraft daher nur im Verhältnis der Klägerin zu 1) zu den Beklagten zu 1) und 2). Dass beide Klägerinnen gemeinsam Klage erhoben haben, ändert daran nichts, da sich die Rechtskraft auch nicht auf einfache Streitgenossen der Partei erstreckt (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 325 Rdnr. 4). Allein eine solche einfache Streitgenossenschaft i.S.v. §§ 59 ff. ZPO verbindet beide Klägerinnen. Die Voraussetzungen einer notwendigen Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO) liegen nicht vor, da bzgl. beider nicht notwendig eine einheitliche Entscheidung zu ergehen hat.
Zum anderen erfasst die materielle Rechtskraft eines Urteils nur den Streitgegenstand, also die Frage, ob die vom jeweiligen Kläger aufgestellte Rechtsfolgenbehauptung zutreffend war oder nicht. Nicht in Rechtskraft erwachsen die zur Beantwortung dieser Frage zu klärenden Vorfragen, es sei denn, sie betreffen den schuldrechtlichen Anspruch einer Leistungsklage und dienen damit der Individualisierung oder sie werden gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zum Gegenstand einer Zwischenfeststellungs(wider)klage gemacht (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., vor § 322 Rdnr. 34 m.w.N.). Auf den vorliegenden Fall angewandt bedeutet dies:
In Rechtskraft erwachsen ist allein die vom Landgericht getroffene Feststellung, dass die Klägerin zu 1) die eingeklagte Summe von den Beklagten zu 1) und 2) aufgrund der dem Grunde nach rechtskräftig festgestellten Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) und 2) nicht verlangen kann. Denn allein die umgekehrte Behauptung war Gegenstand des von der Klägerin zu 1) gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) betriebenen Höheverfahrens. Nicht in Rechtskraft erwachsen ist die der Klageabweisung zugrunde liegende Begründung des Landgerichts, die Voraussetzungen einer Aktivlegitimation der Klägerin zu 1) seien nicht schlüssig dargelegt, die Höhe des Schadensanteils könne nicht festgestellt werden.
(b)
Allein der Umstand, dass aufgrund der Abweisung der Klage der Klägerin zu 1) eine Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) und 2) in Höhe von mehr als 100 % des Schadens ausgeschlossen ist, rechtfertigt es nicht, der Klägerin zu 2) ohne weitere Prüfung diese 100 % zuzusprechen. Sie kann nur ihren Schaden geltend machen. Dieser wird nicht dadurch größer, dass die Klägerin zu 1) – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage war, ihrer Höheklage gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) zum Erfolg zu verhelfen. Es existiert keine Rechtsgrundlage dafür, dass der erfolglos geltend gemachte Schadenersatzanspruch des einen Gläubigers von selbst dem anderen Gläubiger zuwächst.
Vorliegend beruht die Abweisung der Schadenersatzklage der Klägerin zu 1) zwar auf einer im Lichte der späteren BGH-Entscheidung „Tintenpatrone“ unzutreffenden Erwägung, weil der Patentinhaber und sein ausschließlicher Lizenznehmer den gesamten Verletzungsschaden gemeinsam ohne Angaben zur internen Schadensverteilung beanspruchen können, so dass die Klage der Klägerin zu 1) nicht mit der vom Landgericht gegebenen Begründung hätte abgewiesen werden dürfen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landgerichts (18.12.2007) war das der BGH-Entscheidung „Tintenpatrone“ zugrunde liegende Revisionsverfahren allerdings bereits – unter Beteiligung der Klägerinnen zu 1) und 2) – anhängig. Es war deshalb eine höchstrichterliche Klärung der vorliegend streitentscheidenden Rechtsfragen zu erwarten, was es für die Klägerin zu 1) nahelegen musste, ein selbständiges Rechtsmittel gegen die landgerichtliche Klageabweisung einzulegen, um prozessual auf die bevorstehende Rechtsprechung des BGH reagieren zu können. Anlass dazu bestand umso mehr, als die Entscheidung des Landgerichts ersichtlich inkonsistent insofern ist, als mit der gegebenen Begründung (mangelnder Substantiierung des eigenen Schadenanteils) nicht nur – wie geschehen – die Klage der Klägerin zu 1), sondern gleichermaßen die Klage der Klägerin zu 2) hätte abgewiesen werden müssen. Nachdem die Klägerin zu 1) die Abweisung ihrer Schadenersatzklage hat rechtskräftig werden lassen, hat sie die Folgen der Rechtskraft hinzunehmen.
Dem gefundenen Ergebnis lässt sich nicht entgegen halten, dass die Beklagten zu 1) und 2) als verurteilte Schutzrechtsverletzer zu Unrecht von der unübersichtlichen Rechtslage profitieren. Zum einen kommt die rechtskräftige Abweisung einer Klage zwangsläufig immer dem in Anspruch genommenen Schuldner zugute. Das gilt selbstverständlich nicht nur, wenn der eingeklagte Anspruch im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde, sondern in gleicher Weise (und erst recht) dann, wenn die Abweisung materiell zu Unrecht erfolgt ist. Wollte man sie im Streitfall außer Acht lassen, müsste dasselbe auch gelten, wenn beide Klägerinnen ihre jeweiligen Schadenersatzansprüche von vornherein bei unterschiedlichen Gerichten verfolgt hätten und die Klage der einen Klägerin rechtskräftig abgewiesen worden wäre. Der Prozesserfolg der Beklagten zu 1) und 2) kann in einem solchen Fall nicht dadurch zunichte gemacht werden, dass es der anderen Klägerin gestattet wird, nunmehr ihrerseits den Anspruch des abgewiesenen Gläubigers mit geltend zu machen. Im Streitfall führt dies zwar zu der Konsequenz, dass die Beklagten zu 1) und 2) überhaupt keinen Schadenersatz zu leisten haben, obwohl nach dem vorliegenden Zahlenwerk offensichtlich ist, dass sie durch die schutzrechtsverletzenden Handlungen einen beträchtlichen Gewinn erzielt haben. Der Grund für die vollständige Erfolglosigkeit des (sachlich an sich gerechtfertigten) Anspruchsbegehrens liegt jedoch im eigenen Fehlverhalten der Klägerinnen, nämlich darin begründet, dass die Klägerin zu 1) die Abweisung ihrer Klage durch das Landgericht vorschnell hingenommen hat und die Klägerin zu 2) sich beharrlich weigert, irgendwelche Tatsachen vorzutragen, die eine gerichtliche Schätzung ihres Schadensanteils möglich machen würden.
3.
Aus dem Gesagten folgt, dass der Klägerin zu 2) auch kein Anspruch auf Erstattung vorprozessualer, im Rahmen der Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe des Verletzergewinns entstandener Anwaltskosten zusteht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt für die erste Instanz aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO und für die zweite Instanz aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711, 110 ZPO.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung, die keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen aufwirft, deren Beantwortung durch den Bundesgerichtshof zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich wäre.
IV.
Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
1. Erste Instanz:
für die Gerichtskosten auf 709.437,81 €
(678.074,16 € (Klage Antrag zu I) + 31.363,65 € (Widerklage, § 45 Abs. 1 S. 1 GKG)
im Verhältnis der Klägerin zu 1) zur Beklagten zu 1) auf 709.437,81 €
(678.074,16 € (Klage Antrag zu I) + 31.363,65 € (Widerklage, § 45 Abs. 1 S. 1 GKG)
im Verhältnis der Klägerin zu 2) zur Beklagten zu 1) auf 678.074,16 €
im Verhältnis beider Klägerinnen zum Beklagten zu 2) auf 678.074,16 €
im Verhältnis beider Klägerinnen zu den Beklagten zu 3) und 4) bis zum 11.01.2007 auf 678.074,16 €
2. Berufung
für die Gerichtskosten:
• für die Zeit vom 08.02.2008 bis zum 12.06.2008 auf 223.649,87 €
(198.917,72 € (Berufung gegen Verurteilung) + 24.732,15 € (Berufung gegen Teilabweisung Widerklage))
• für die Zeit vom 13.06.2008 bis zum 26.11.2008 auf 198.917,72 € (Berufung gegen Verurteilung)
• für die Zeit vom 27.11.2008 bis zum 28.05.2009 auf 404.466,94 €
(397.835,- € (die Gegenstände der Berufung und Anschlussberufung der Klägerin zu 2) auf der einen Seite und der Anschlussberufung der Klägerin zu 1) gegen die Abweisung der Klage auf der anderen Seite sind identisch, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG) + 6.631,50 € (Anschlussberufung gegen Verurteilung auf Widerklage))
• für die Zeit ab dem 29.05.2009 auf 397.835,44 €
im Verhältnis der Klägerin zu 1) zur Beklagten zu 1)
• für die Zeit vom 08.02.2008 bis zum 12.06.2008 auf 24.732,15 €
(Berufung gegen Teilabweisung Widerklage)
• für die Zeit vom 27.11.2008 bis zum 28.05.2009 auf 404.466,94 €
(397.835,44 € (Anschlussberufung gegen Abweisung Klage) + 6.631,50 € (Anschlussberufung gegen Verurteilung Widerklage))
im Verhältnis der Klägerin zu 1) zum Beklagten zu 2) für die Zeit vom 27.11.2008 bis zum 28.05.2009 auf 397.835,44 €
im Verhältnis der Klägerin zu 2) zu beiden Beklagten auf jeweils 397.835,44 €
(198.917,72 € (Berufung gegen Verurteilung) + 198.917,72 € (Anschlussberufung gegen teilweise Klageabweisung))