2 U 28/03 – Tintenpatrone

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 303

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 9. September 2004, Az. 2 U 28/03

1.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16. Januar 2003 verkündete Urteil der 4 b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, die Beklagten hätten ihr für Benutzungshandlungen in der Zeit vom
25. Februar 1995 bis zum 10. April 1998 eine angemessene Entschädigung zu zahlen (Ausspruch zu II 1 des angefochtenen Urteils), und soweit sie von den Beklagten für Benutzungshandlungen aus der Zeit bis zum
10. April 1998 Rechnungslegung verlangt.

2.
Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 10 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 90 % zu tragen.

4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung von 5.400.000,– €, die Klägerin kann die Vollstreckung jeder der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 20.900,– € abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Insgesamt braucht die Klägerin zur Abwendung der Vollstreckung und brauchen die Beklagten zusammen zur Ermöglichung der Vollstreckung keine höhere Sicherheit als 23.600,– € zu leisten.

5.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 6 Mio. €

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten, in englischer Sprache abgefassten europäischen Patentes 0 635 373 (im Folgenden: Klagepatent), das auf einer am 13. Dezember 1993 eingegangenen und am 25. Januar 1995 offengelegten Anmeldung beruht. Veröffentlichungstag der Patenterteilung war der 11. März 1998.

Gegen den deutschen Teil des Klagepatents hat die Beklagte zu 1. im September 2002 Nichtigkeitsklage erhoben, welche das Bundespatentgericht mit Urteil vom 24. September 2003 abgewiesen hat. Über die von der Beklagten zu 1. gegen dieses Urteil eingelegte Berufung ist vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden.

Anspruch 1 des Klagepatents lautet in der in der Klagepatentschrift enthaltenen deutschen Übersetzung:

Tintenpatrone mit:

einem Tintenspeicherabschnitt mit einem porösen Element zum Speichern von Tinte;

einem Tintenzuführabschnitt zum Zuführen von Tinte vom Tintenspeicherabschnitt zur Außenseite der Tintenpatrone;

dadurch gekennzeichnet, dass

ein Tinteninduzierelement zwischen dem Tintenspeicherabschnitt und dem Tintenzuführabschnitt angeordnet ist, um das poröse Element des Tintenspeicherabschnitts so zu drücken, dass das poröse Element verformt wird;

mit einem Halteelement zum Halten des Tinteninduzierelements;

mit einem Begrenzungselement, um das Tinteninduzierelement so zu begrenzen, dass es zu dem Tintenzuführabschnitt gleitet;

wobei das Tinteninduzierelement durch das Halteelement gleitfähig gehalten wird und als ein Faserbündel ausgebildet ist, wobei jede Faser entlang einer Gleitrichtung des Tinteninduzierelements vorgesehen ist.

Die nachstehend wiedergegebene Figur 12 aus der Klagepatentschrift zeigt ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung:

Die E (International) AG mit Sitz in der Schweiz stellt dort Tintenpatronen her, die zum Einsatz in Tintenstrahldruckern bestimmt sind, welche von der Klägerin auf den Markt gebracht werden. Wegen der Ausgestaltung dieser Tintenpatronen wird auf die von der Klägerin als Anlagen K 11 bis K 25 überreichten Patronen Bezug genommen.

Zur Unternehmensgruppe E gehören auch die Beklagten, und zwar die Beklagte zu 1. als das für Deutschland zuständige nationale Vertriebsunternehmen („Nationale Vertriebsleitung und europäisches Markenmanagement“) sowie die Beklagte zu 2. als „Zentrales Logistik-Zentrum und E Servicecenter“ mit der Aufgabe der „zentralen Warenverteilung“ (so die Angaben der Unternehmensgruppe E im Internet).

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bestellte Ende Januar 2002 über einen von der Unternehmensgruppe E im Internet eingerichteten
„PQ-Shop“ die Tintenpatronen gemäß den Anlagen K 11 bis K 25, die ihm daraufhin mit einem Lieferschein und einer Rechnung der E (International) AG geliefert wurden, und zwar vom Firmensitz der Beklagten zu 2. aus. Unten auf der Rechnung war als „Ihre Vertriebsgesellschaft in Deutschland“ die Beklagte zu 1. genannt, deren Name auch unten auf dem Lieferschein aufgeführt war. In einem Begleitschreiben wurde darauf hingewiesen, für den Fall, dass der Kunde von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch machen wolle, sei die Ware an die Beklagte zu 2. („Abteilung Retouren“) zurückzusenden.

Die Klägerin hat mit der vorliegenden Klage die Beklagten hinsichtlich der Tintenpatronen gemäß den Anlagen K 11 bis K 25 wegen Verletzung des Klagepatents auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung und zum Schadensersatz in Anspruch genommen, während die Beklagten um Klageabweisung, hilfsweise um Aussetzung der Verhandlung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Beklagten zu 1. gegen den deutschen Teil des Klagepatents erhobene Nichtigkeitsklage und äußerst hilfsweise um die Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts gebeten haben.

Sie haben eingewendet:

Die Klägerin habe weder schlüssig dargelegt, dass die angegriffenen Tintenpatronen erfindungsgemäße Induzierelemente aufwiesen, noch, dass sie – die Beklagten – Patronen der angegriffenen Art angeboten, gebraucht und/oder vertrieben hätten. Im übrigen werde sich das Klagepatent als nicht schutzfähig erweisen.

Das Landgericht hat antragsgemäß

I.

die Beklagten verurteilt,

1.
es bei Meidung der (näher bezeichneten) gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,

Tintenpatronen mit einem Tintenspeicherabschnitt mit einem porösen
Element zum Speichern von Tinte und einem Tintenzuführabschnitt zum Zuführen von Tinte vom Tintenspeicherabschnitt zur Außenseite der Tintenpatrone

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen ein Tinteninduzierelement zwischen dem Tintenspeicherabschnitt und dem Tintenzuführabschnitt angeordnet ist, um das poröse
Element des Tintenspeicherabschnitts so zu drücken, dass das poröse
Element verformt wird; mit einem Halteelement zum Halten des Tinteninduzierelements; mit einem Begrenzungselement, um das Tinteninduzierelement so zu begrenzen, dass es zu dem Tintenzuführabschnitt gleitet, wobei das Tinteninduzierelement durch das Halteelement gleitfähig gehalten wird und als Faserbündel ausgebildet ist, wobei jede Faser entlang einer Gleitrichtung des Tinteninduzierelements vorgesehen ist;

wobei die Nutzungsart „Anbieten“ nur die Beklagte zu 1. betreffe;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 25. Februar 1995 begangen hätten, und zwar unter Angabe

a)
der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b)
der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c)
der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d)
der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e)
der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei diese Angaben nur für die Zeit seit dem 11. April 1998 zu machen seien;

3.
die in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen, unter 1. bezeichneten Tintenpatronen auf eigene Kosten zu vernichten.

Außerdem hat das Landgericht

II.

festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien,

1.

der Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 25. Februar 1995 bis zum 10. April 1998 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.

der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 11. April 1998 begangenen Handlungen entstanden sei und noch entstehen werde.

Auf das Urteil vom 16. Januar 2003 wird Bezug genommen.

Die Beklagten haben Berufung eingelegt, mit der sie ihren Klageabweisungs- und ihren Aussetzungsantrag weiterverfolgen, während die Klägerin um Zurückweisung des Rechtsmittels bittet.

Die Beklagten wenden sich nicht gegen die Feststellung des Landgerichts, die angegriffenen Tintenpatronen machten wortsinngemäß von allen Merkmalen des Anspruches 1 des Klagepatents Gebrauch, sondern rügen die Ansicht des Landgerichts, aus dem Klägervortrag ergebe sich ihre – der Beklagten – Verantwortlichkeit für die im Unterlassungsausspruch des angefochtenen Urteils genannten Handlungen. Insbesondere machen sie geltend, die Beklagte zu 2. bringe die angegriffenen Tintenpatronen nicht im Rechtssinne in den Verkehr, weil sie hinsichtlich der Aussonderung von Waren aus dem von ihr betriebenen Zwischenlager zum Zwecke der Versendung an bestimmte Adressaten den diesbezüglichen Weisungen der E-Gruppe unterliege und nur im internen Geschäftsverkehr dieser Gruppe tätig sei.

Darüber hinaus machen sie geltend, die Klägerin habe die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Entschädigungsanspruch (deutsche Übersetzung der Patentansprüche innerhalb der Offenlegungszeit) nicht vorgetragen.

Schließlich berufen sie sich darauf, die gegen den deutschen Teil des Klagepatents gerichtete Nichtigkeitsklage werde – nicht zuletzt aufgrund einer erst im Verfahren der Berufung gegen das Urteil des Bundespatentgerichts neu geltend gemachten Entgegenhaltung, nämlich der japanischen Offenlegungsschrift 4–176 659, Erfolg haben und zu einer Vernichtung des Klagepatents führen.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, soweit sie Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

II.

Die Berufung hat nur insoweit Erfolg, als es um die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung einer Entschädigung für Benutzungshandlungen in der Zeit zwischen der Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents und der Veröffentlichung der Patenterteilung sowie auf Rechnungslegung hinsichtlich dieser Benutzungshandlungen geht; im übrigen ist sie unbegründet.

1.
Das Klagepatent betrifft mit seinen Ansprüchen 1 bis 36 eine Tintenpatrone, die lösbar mit einem Tintenstrahlkopf verbunden werden kann und mit ihm die Aufzeichnungseinheit für eine Tintenstrahlaufzeichnungsvorrichtung (Tintenstrahl-
drucker) bildet.

Wie die Klagepatentschrift einleitend ausführt, ist aus der EP-A-0 536 980 ein Aufzeichnungskopf bekannt, der zusammen mit einem einen Schaum enthaltenden Reservoir einstückig ausgebildet ist, wobei das Reservoir in einer bestimmten (Park-)Position einen Tintenbehälter berührt, der eine Hülse aus faserförmigem Material mit einer Vielzahl von Kapillarkanälen aufweist.

Nach den weiteren Ausführungen der Klagepatentschrift sind im Stand der Technik – z.B. aus der japanischen Offenlegungsschrift 2–127 364 – auch Aufzeichnungseinheiten bekannt, bei denen sich Kopf und Patrone voneinander trennen lassen, so dass man eine leere Patrone durch eine volle ersetzen kann. Eine solche Aufzeichnungseinheit zeigen die nachstehend wiedergegebenen Figuren 2 A und 2 B aus der Klagepatentschrift:

Die dort dargestellte Aufzeichnungseinheit (4) besteht aus einem Aufzeichnungskopf (2) und einer Tintenpatrone (3), die ein poröses, z.B. aus Schwamm bestehendes Element (37) aufweist, welches Tinte speichern kann. Der Kopf (2) hat einen Einlassabschnitt (40), der in den Zuführabschnitt (39) der Tintenpatrone eingeführt werden kann und dann das poröse Element (37) eindrückt bzw. verformt, wodurch Tinte in den den Tinteneinlassabschnitt umgebenden Bereich induziert und so eine Tintenzufuhr zum Kopf (2) gefördert wird.

Die Klagepatentschrift kritisiert an diesem Stand der Technik, nach einer Trennung des Kopfes von der Patrone nehme das poröse Element wieder seine ursprüngliche Form an, wobei es, weil es nun wieder direkt der äußeren Atmosphäre ausgesetzt sei, Luft induziere, die dann bei einer erneuten Verbindung von Kopf und Patrone den Tintenfluss zum Kopf behindere. Dieser Nachteil werde auch bei der aus der japanischen Offenlegungsschrift 5–238 016 bekannten Ausführungsform nicht vermieden, bei welcher der Aufzeichnungskopf eine Faserhülse aufweise, die bei einer Verbindung des Kopfes und der Patrone mit einem Tintenabsorber des Tintenspeichers in Kontakt stehe. Diese als Filter dienende Hülse bewirke, dass in die Kammer des Aufzeichnungskopfes keine Luft gelange, könne allerdings nach einer Trennung von Aufzeichnungskopf und Tintenpatrone das Eindringen von Luft in den Tintenabsorber der Patrone nicht verhindern. Um etwas derartiges zu vermeiden, sei es zwar bekannt, einen Ventilmechanismus zum Schließen des Tintenauslasses während der Trennung vorzusehen, das führe jedoch nicht nur zu erhöhten Produktionskosten und zu zusätzlichen Teilen, sondern darüber hinaus zu einem schlechten Betriebsverhalten; auch lecke die Tinte nach der Entfernung des Aufzeichnungskopfes aus dem Tintenverbindungsabschnitt.

Die Klagepatentschrift bezeichnet es dann als Aufgabe der Erfindung, eine Tintenpatrone mit geringen Kosten und hoher Zuverlässigkeit zu schaffen, bei der nach dem Trennen und Verbinden eines Aufzeichnungskopfes und einer Tintenpatrone das Lecken von Tinte verhindert und eine beständige Tintenzufuhr sichergestellt werde.

Das so bezeichnete technische Problem soll nach Anspruch 1 des Klagepatents gelöst werden durch

1.
eine Tintenpatrone mit

a)
einem Tintenspeicherabschnitt mit einem porösen Element (37) zum Speichern von Tinte,

b)
einem Tintenzuführungsabschnitt (39) zum Zuführen von Tinte vom Tintenspeicherabschnitt zur Außenseite der Tintenpatrone.

2.
Ein Tinteninduzierelement ist zwischen dem Tintenspeicherabschnitt und dem Tintenzuführungsabschnitt (39) angeordnet, um das poröse Element (37) des Tintenspeicherabschnitts so zu drücken, dass das poröse Element (37) verformt wird.

3.
Ein Halteelement dient zum Halten des Tinteninduzierelements (47).

4.
Ein Begrenzungselement dient dazu, das Tinteninduzierelement (47) so zu begrenzen, dass es zu dem Tintenzuführungsabschnitt (39) gleitet.

5.
Das Tinteninduzierelement (47)

a)
wird durch das Halteelement gehalten,

b)
ist als Faserbündel ausgebildet, wobei jede Faser entlang einer Gleitrichtung des Tinteninduzierelements (47) vorgesehen ist.

Bei einer solchen Ausgestaltung wird das poröse Element, das die Tinte speichert, nicht von dem am Aufzeichnungskopf befindlichen Einlassabschnitt zusammengedrückt, sondern von einem in der Tintenpatrone befindlichen Tinteninduzierelement, das seinerseits beim Verbinden von Aufzeichnungskopf und Patrone von dem am Aufzeichnungskopf befindlichen Einlassabschnitt beaufschlagt wird. Das Tinteninduzierelement ist als Faserbündel ausgestaltet, dessen Fasern in der Richtung verlaufen, in der auch die Tinte fließt. Es wird von einem Halteelement (im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 12 der Klagepatentschrift von einem Lagerabschnitt mit der Bezugszahl 41) so gehalten, dass es in der Richtung gleiten kann, in welcher seine Fasern verlaufen, wobei ein Begrenzungselement (in Figur 12 ein Anschlag mit der Bezugszahl 49) verhindert, dass es über dieses Element hinaus aus dem Tintenzuführungsabschnitt (39) herausgleiten kann. Weil das Tinteninduzierelement gleitfähig ist, können auch größere Herstellungstoleranzen bei den Längenabmessungen kompensiert werden.

2.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, machen alle 15 angegriffenen Tintenpatronen von der Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. Da auch die Berufung das nicht beanstandet, bedarf es insoweit keiner weiteren Erörterung.

3.
Die Beklagten, die zu einer Benutzung der patentgeschützten Lehre nicht berechtigt sind, verletzen das Klagepatent.

a)
Die Beklagte zu 1. bietet als das für Deutschland zuständige Vertriebsunternehmen die Produkte der E-Gruppe auf dem deutschen Markt an und bringt sie hier (im Zusammenwirken mit der Beklagten zu 2.) in den Verkehr. Die Beklagte zu 1. ist auf dem Lieferschein (Anlage K 9), mit welchem dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf seine Bestellung hin die als Anlagen K 11 bis K 25 überreichten angegriffenen Tintenpatronen zugesandt worden sind, und auch auf der diese Lieferung betreffenden Rechnung (Anlage K 8) ausdrücklich als die für Deutschland zuständige Vertriebsgesellschaft bezeichnet. Dass Tintenpatronen der angegriffenen Art nicht zu ihrem Angebot gehörten und dass sie derartige
Patronen auf Bestellungen hin nicht liefere bzw. durch die Beklagte zu 2. liefern lasse, behauptet die Beklagte zu 1. selbst nicht, auch nicht, dass sie innerhalb ihres Geschäftsbetriebes zu eigenen Zwecken – Betrieb von Druckern – keine Patronen der angegriffenen Art einsetze, also gebrauche.

b)
Auch die Beklagte zu 2. bringt Tintenpatronen der angegriffenen Art im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG in den Verkehr und stellt ebenfalls nicht in Abrede, derartige
Tintenpatronen innerhalb ihres eigenen Geschäftsbetriebes auch zu eigenen
Zwecken einzusetzen, also zu gebrauchen. Auch sie verletzt daher das Klagepatent, so dass die Klägerin mit Recht neben der Beklagten zu 1. auch sie auf Unterlassung, Vernichtung, Schadensersatz und Rechnungslegung in Anspruch nimmt (Artikel 64 Abs. 1 EPÜ in Verbindung mit §§ 139, 140 a, 140 b PatG, 242, 259 BGB).

Die Beklagte zu 2. ist innerhalb der E-Unternehmensgruppe
zentral für die Warenauslieferung zuständig, und zwar gerade auch für die Auslieferung an Kunden. Ihre Tätigkeit beschränkt sich daher nicht darauf, Tintenpatronen und andere Waren lediglich auf Lager zu nehmen und an ein anderes Unternehmen der E-Gruppe (also nur unternehmensintern) auszuliefern – was für ein Inverkehrbringen noch nicht ausreichen würde, weil es dazu nämlich erforderlich ist, ein patentgeschütztes Erzeugnis tatsächlich in die Verfügungsgewalt einer anderen Person, also eines Dritten, übergehen zu lassen (vgl. dazu Benkard/C, PatG, 9. Aufl., § 9, Rdnr. 43; Busse-Keukenschrijver, PatG, 5. Aufl., § 9, Rdnr. 77; Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl., S. 785 – jeweils mit weiteren Nachweisen).

Dass die Beklagte zu 2. bei der Übergabe patentverletzender Tintenpatronen an Spediteure und Frachtführer zum Zwecke ihrer Auslieferung an Dritte, nämlich an Besteller der Waren, lediglich aufgrund von Anweisungen anderer Konzernunternehmen, z.B. der Beklagten zu 1. oder auch der E (International) AG tätig wird und dass sie bei der Einlagerung kein Eigentum an den Waren erlangt, ändert nichts daran, dass (auch) sie diese Waren in den Verkehr bringt.

Denn zum einen ist es, um ein Inverkehrbringen bejahen zu können, nicht erforderlich, dass der tatsächlich handelnden Person eine rechtliche Verfügungsmacht, z.B. Eigentum, eingeräumt wird (vgl. dazu die soeben genannten Nachweise), und zum anderen beschränkt sich die Beklagte zu 2. auch nicht darauf, patentverletzende Tintenpatronen lediglich Spediteuren oder Frachtführern zu übergeben, ohne diese zugleich auch anzuweisen, die Waren an außenstehende Personen auszuhändigen – was für ein Inverkehrbringen nicht ausreichen würde (vgl. dazu die genannten Nachweise) -, sondern die Beklagte zu 2. beauftragt die Spediteure oder Frachtführer gleichzeitig damit, die ihnen ausgehändigten – wie ausgeführt, patentverletzenden – Waren Dritten, nämlich den jeweiligen Bestellern, zu übergeben. Dass die Beklagte zu 2. bei der Auslieferung der bei ihr zwischengelagerten Waren stets aufgrund von Anweisungen tätig wird, die sie von anderen Unternehmen der E-Gruppe erhält, ist lediglich eine Folge der innerhalb der Gruppe vorgenommenen Arbeitsteilung, ändert aber nichts daran, dass auch die Beklagte zu 1. als eigenständiges Unternehmen am Inverkehrbringen der Waren beteiligt ist und diese daher ebenfalls im Rechtssinne in den Verkehr bringt.

c)
Dass und warum die Beklagten angesichts der von ihnen begangenen Patentverletzungen in dem zugesprochenen Umfang der Klägerin zur Unterlassung, zur Vernichtung, zum Schadensersatz und zur Rechnungslegung hinsichtlich der ab dem 11. April 1998 begangenen (Verletzungs-)Handlungen verpflichtet sind, hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt. Auf diese Ausführungen kann zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen
werden.

4.
Abzuändern war das landgerichtliche Urteil allerdings, soweit es um die Zahlung einer Entschädigung für Benutzungshandlungen der Beklagten in der Zeit vor dem 11. April 1998, also in der Zeit nach Offenlegung der Anmeldung des Klagepatents (Artikel II § 1 Abs. 1 IntPatÜG) geht.

Denn da die Patentanmeldung in englischer Sprache abgefasst war, könnte die Klägerin gem. Artikel II § 1 Abs. 2 IntPatÜG eine solche Entschädigung von den Beklagten nur verlangen, wenn vorher entweder das deutsche Patent- und
Markenamt eine von der Klägerin als der Anmelderin eingereichte deutsche Übersetzung der Patentansprüche veröffentlicht hätte oder wenn die Klägerin den Beklagten eine solche Übersetzung übermittelt hätte.

Dass dies geschehen sei, behauptet die Klägerin selbst nicht, so dass ihre Klage, soweit es um die Entschädigungsansprüche und die Rechnungslegungsansprüche für die Zeit vor dem 11. April 1998 geht, von vornherein unschlüssig war, so dass sie – jetzt unter Abänderung des angefochtenen Urteils – abgewiesen werden musste.

5.
Eine Aussetzung der Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des Klagepatents anhängige Nichtigkeitsklage (§ 148 ZPO) kommt nicht in Betracht.

Angesichts des Umstandes, dass ein Patent seinem Inhaber nur ein zeitlich begrenztes Ausschließlichkeitsrecht gewährt, dessen Durchsetzung durch eine Aussetzung der Verhandlung eines Verletzungsrechtsstreits – selbst dann, wenn bereits, wie hier, ein nur gegen Sicherheitsleistung des Patentinhabers vorläufig vollstreckbares erstinstanzliches Urteil vorliegt – jedenfalls erheblich erschwert würde, kommt eine Aussetzung nur in Betracht, wenn ein Widerruf oder eine Vernichtung des Klagepatents in dem gegen dieses Recht anhängigen Verfahren nicht nur möglich, sondern überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. dazu außer BGH, GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug – auch Senat, Mitt. 1997, 257 ff. – Steinknacker – sowie GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe). Dabei ist zwar, wie der Senat in
seiner „Steinknacker“-Entscheidung ausgeführt hat, bei der Prüfung der Aussetzungsfrage im Berufungsverfahren dann ein weniger strenger Maßstab anzulegen, wenn der Schutzrechtsinhaber bereits – wie hier – über einen erstinstanzlichen Titel gegen seinen Prozessgegner verfügt, aus dem er – wenn auch nur gegen Sicherheitsleistung – vorläufig vollstrecken kann; eine hinreichende Erfolgsaussicht für den Angriff auf das Klageschutzrecht ist aber auch in derartigen Fällen erforderlich. Vorliegend fehlt es jedoch an einer solchen.

Bereits das Landgericht hat im einzelnen dargelegt, warum die Entgegenhaltungen, auf die sich die Beklagte zu 1. im ersten Rechtszug des Nichtigkeitsverfahrens bezogen hat, voraussichtlich nicht zu einer Nichtigerklärung des Klagepatents führen würden. Dieser Prognose ist zuzustimmen, zumal auch das mit sachkundigen Richtern besetzte Bundespatentgericht inzwischen mit seinem Urteil vom
24. September 2003 die Nichtigkeitsklage abgewiesen hat. Dass diese Beurteilung durch das Bundespatentgericht offensichtlich unrichtig sei, ist für den Senat nicht erkennbar.

Zu einer anderen Beurteilung der Erfolgsaussichten im Nichtigkeitsverfahren gibt aber auch die von der Beklagten zu 1. inzwischen geltend gemachte weitere Entgegenhaltung, nämlich die japanische Offenlegungsschrift 4–176 659 (Anlage MBP 10), keinen Anlass, deren Figur 1 nachfolgend wiedergegeben wird:

Selbst wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird, nach dem Offenbarungsgehalt jener Entgegenhaltung könne der dort vorgesehene „Subschaum (11)“ in der Tintenkammer (10) in der Weise „locker“ aufgenommen sein, dass er in Fließrichtung der Tinte hin und her gleiten könne, außerdem liege er (in der Art einer „Presspassung“) ständig fest an dem porösen, mit Tinte getränkten Schaum (2) innerhalb des Tintengehäuses (1) an und der poröse Schaum (2) sei im Zuge des Zusammenfügens der einzelnen Teile in der Nähe der Tintenkammer (10) durch Druck verformt worden, so konnte doch jedenfalls jene Schrift dem Durchschnittsfachmann keine Anregung dazu geben, eine Tintenpatrone so auszugestalten, wie es die Merkmale 2 bis 4 des Anspruchs 1 des Klagepatents lehren, nämlich die Verformung des porösen Elements (37) gerade durch ein Tinteninduzierelement zu bewirken, das seinerseits in einem Tintenzuführungsabschnitt (39) gleiten kann.

Denn bei der in Rede stehenden Entgegenhaltung wird ein etwaiger Druck auf den porösen Schaum (2) vor allem vom oberen, in das Tintengehäuse (1) hineinragenden Rand der Tintenkammer (10) ausgeübt, die ihrerseits im Verhältnis zum Tintengehäuse (1) fest angebracht ist und daher nicht gleiten kann.

6.
Der – nicht nachgelassene – Schriftsatz der Beklagten vom 4. August 2004 gibt zu einer Wiedereröffnung der am 24. Juni 2004 geschlossenen mündlichen Verhandlung keinen Anlass. Er enthält nichts, was trotz des Fehlens einer hinreichenden Erfolgsaussicht für die gegen den deutschen Teil des Klagepatents anhängige Nichtigkeitsklage eine Aussetzung der Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits rechtfertigen könnte. Die Beklagten haben in diesem Schriftsatz lediglich eine bis zum Erlass eines Urteils im vorliegenden Berufungsverfahren befristete Unterlassungserklärung abgegeben, aber ausdrücklich betont, sie seien nicht bereit, freiwillig der Klägerin wegen der in der Vergangenheit begangenen Verletzungshandlungen Rechnung zu legen. Darüber hinaus haben sie ihre Verpflichtung zum Schadensersatz – auch nicht auflösend bedingt durch eine etwaige rechtskräftige Vernichtung des deutschen Teils des Klagepatents – nicht anerkannt. Die von den Beklagten abgegebene Erklärung genügt daher nicht den berechtigten Interessen der Klägerin, die nach wie vor einer Aussetzung widerspricht, zu welcher daher auch bei Berücksichtigung des genannten Schriftsatzes der Beklagten kein Anlass bestünde.

7.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.

Eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) kam nicht in Betracht, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht gegeben sind: Die vorliegende Rechtssache, die einen reinen Einzelfall betrifft, hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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