2 U 31/11 – Kniehebelspannvorrichtung (2)

Düsseldorfer Entscheidung Nr.:  1971

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Oktober 2012, Az. 2 U 31/11

Vorinstanz: 4b O 30/10

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 24.03.2011 abgeändert und die Klage abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e

I.
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 196 16 XXX C1 (Klagepatent), das am 25.04.1996 angemeldet und dessen Erteilung am 26.06.1997 veröffentlicht wurde. Das Patent steht in Kraft.

Das Klagepatent betrifft eine Kniehebelspannvorrichtung für den Karosseriebau. Die von der Klägerin in Kombination geltend gemachten Patentansprüche 1 und 3 des Klagepatents haben folgenden Wortlaut:

1. Kniehebelspannvorrichtung für den Karosseriebau mit einem in einem orthogonal zur Längsachse (18) der Kolbenstange (7) geführten Querschnitt rechteckförmigen Spannkopf (1), der aus zwei Gehäuseteilen (12, 13) aufgebaut ist, und mit einem sich in axialer Verlängerung an das zylinderseitige Ende des Spannkopfes (1) anschließenden Zylinder (2), in dem ein abwechselnd beidseitig durch Druckmitteldruck, insbesondere durch Luftdruck zu beaufschlagender Kolben (6) längsverschieblich und dichtend geführt ist, der mit seiner Kolbenstange (7) den Zylinder (2) und einen Hohlraum des Spannkopfes (1) axial durchgreift, wobei am freien Ende der Kolbenstange (7) eine Kniehebelgelenkanordnung (10) befestigt ist, die mit einem Spannarm gekoppelt ist, mit Endschaltern bzw. Stellungsgebern in Form von Mikroschaltern, induktiven Schaltern, Pneumatikschaltern oder Sensoren (22, 23), die in einem Raum (17) des Spannkopfes (1) integriert sind, wobei die Schalter (22, 23) relativ zueinander einstellbar sind und an einer die Abdeckung für dieselben bildenden Halterung als insgesamt austauschfähige Abfragekassette (20) in Form einer Platine im Bereich eines Schlitzes (19) in axialer Richtung des Spannkopfes (1) angeordnet und befestigt sind, wobei die Abfragekassette (20) in der Draufsicht eine „T“-förmige Gestalt mit einer Befestigungsschiene und einem Flansch (25) aufweist, an den sich ein mit seiner Längsachse parallel zur Längsachse (18) der Kolbenstange erstreckendes Profil (21) anschließt,
dadurch gekennzeichnet, dass die Abfragekassette (20) von der Rückseite des Gehäuses des Spannkopfes (1) durch einen engen, sich in Richtung der Längsachse (18) der Kolbenstange (7) erstreckenden Schlitz (19) und unter Beibehaltung der Anbaumöglichkeit der Kniehebelspannvorrichtung von allen vier Seiten, insbesondere von der Rückseite her eingesteckt ist, derart dass das Profil (21) den Schlitz (19) nach außen hin möglichst fugendicht abdichtet.

3. Kniehebelspannvorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, mit einem aus zwei schalenförmigen Gehäuseteilen (12, 13) bestehendem Spannkopf (1), die flächig in einer Ebene aufeinander auf liegen und die Kniehebelgelenkanordnung (10), die Kolbenstange (7), die Endschalter (22, 23), schmutz- und staubdicht nach außen hin abkapseln,
dadurch gekennzeichnet, dass die beiden schalenförmigen Gehäuseteile (12, 13) an der einen schmaleren Seite des im Querschnitt rechteckförmigen Spannkopfes (1) den Schlitz (19) zum Anordnen der Abfragekassette (20) aufweisen.

Die nachstehend verkleinert wiedergegebenen Figuren stammen aus der Klagepatentschrift und zeigen eine bevorzugte Ausführungsform einer Kniehebelspannvorrichtung im Axiallängsschnitt (Figur 1), einen Querschnitt nach der Linie II-II der Figur 1 (Figur 2), eine Abfragekassette in der Seitenansicht (Figur 3), in einer linken Stirnansicht (Figur 4) und in einer Draufsicht (Figur 5).

Die Beklagte stellt her und vertreibt eine Kniehebelspannvorrichtung (angegriffene Ausführungsform), deren nähere Ausgestaltung sich aus den als Anlagen B 2 und Bo 6 zur Akte gereichten Abbildungen und den als Anlagen Bo 5 und B 7 zur Akte gereichten Mustern ergibt. Zudem wird die konstruktive Gestaltung der angegriffenen Ausführungsform unstreitig in den Figuren 1 bis 4 der EP 1 878 XXY B1 wiedergegeben, die nachstehend abgebildet sind.

Die Klägerin hat hierin eine Verletzung des Klagepatents gesehen. Die angegriffene Ausführungsform verwirkliche sämtliche Merkmale der Klagepatentansprüche 1 und 3 wortsinngemäß.

Die Beklagte hat eine Verletzung des Klagepatents in Abrede gestellt. Es fehle der angegriffenen Ausführungsform an Endschaltern beziehungsweise Stellgebern im Sinne der geltend gemachten Klagepatentansprüche; jedenfalls seien diese nicht relativ zueinander einstellbar, weil dafür eine räumliche Lageveränderung erforderlich sei. Weiterhin weise die angegriffene Ausführungsform weder einen Schlitz im Sinne des Klagepatents auf, noch werde ein solcher Schlitz durch das Profil der Abfragekassette abgedichtet. Dabei werde die Abfragekassette auch nicht von der Rückseite eingesteckt, sondern von der Stirnseite des Gehäuses des Spannkopfes eingeschoben.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht in der Sache antragsgemäß

I.
die Beklagte verurteilt,

1. es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsstrafe, entweder als Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder als Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Faller wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Kniehebelspannvorrichtungen für den Karosseriebau mit einem in einem orthogonal zur Längsachse der Kolbenstange geführten Querschnitt rechteckförmigen Spannkopf, der aus zwei Gehäuseteilen aufgebaut ist, und mit einem sich in axialer Verlängerung an das zylinderseitige Ende des Spannkopfes anschließenden Zylinder, in dem ein abwechselnd beidseitig durch Druckmitteldruck, insbesondere durch Luftdruck zu beaufschlagender Kolben längsverschieblich und dichtend geführt ist, der mit seiner Kolbenstange den Zylinder und einen Hohlraum des Spannkopfes axial durchgreift, wobei am freien Ende der Kolbenstange eine Kniehebelgelenkanordnung befestigt ist, die mit einem Spannarm gekoppelt ist, mit Endschaltern bzw. Stellungsgebern in Form von Mikroschaltern, induktiven Schaltern, Pneumatikschaltern oder Sensoren, die in einem Raum des Spannkopfes integriert sind, wobei die Schalter relativ zueinander einstellbar sind und an einer die Abdeckung für dieselben bildenden Halterung als insgesamt austauschfähige Abfragekassette in Form einer Platine im Bereich eines Schlitzes in axialer Richtung des Spannkopfes angeordnet und befestigt sind, wobei die Abfragekassette in der Draufsicht eine „T“-förmige Gestalt mit einer Befestigungsschiene und einem Flansch aufweist, an den sich ein mit seiner Längsachse parallel zur Längsachse der Kolbenstange erstreckendes Profil anschließt,

herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen die Abfragekassette von der Rückseite des Gehäuses des Spannkopfes durch einen engen, sich in Richtung der Längsachse der Kolbenstange erstreckenden Schlitz und unter Beibehaltung der Anbaumöglichkeit der Kniehebelspannvorrichtung von allen vier Seiten, insbesondere von der Rückseite her eingesteckt ist, derart dass das Profil den Schlitz nach außen hin möglichst fugendicht abdichtet,

und bei denen der Spannkopf aus zwei schalenförmigen Gehäuseteilen besteht, die flächig in einer Ebene aufeinander aufliegen und die Kniehebelgelenkanordnung, die Kolbenstange und die Endschalter, schmutz- und staubdicht nach außen hin abkapseln, und die beiden schalenförmigen Gehäuseteile an der einen schmaleren Seite des im Querschnitt rechteckförmigen Spannkopfes den Schlitz zum Anordnen der Abfragekassette aufweisen;

2. ihr darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfange sie (die Beklagte) die zu I. 1. bezeichneten Handlungen seit dem 26.07.1997 begangen hat und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsstückzahlen und -zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen, Angebotsmengen, -zeiten und -preisen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und der nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.

II.
festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 26.07.1997 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Zur Begründung hat das Landgericht unter anderem ausgeführt, die angegriffene Kniehebelspannvorrichtung weise einen Schlitz im Sinne der Lehre des Klagepatents auf. Darunter verstehe der Fachmann eine längliche Vertiefung oder Eröffnung, die sich an der Rückseite des Gehäuses des Spannkopfes befinde und durch die auf den Raum des Spannkopfes zugegriffen werden könne. Ein solcher Schlitz befinde sich an der Rückseite des Gehäuses des Spannkopfes der angegriffenen Ausführungsform. Er sei auch eng im Sinne der technischen Lehre des Klagepatents. Dafür genüge es, dass neben dem Schlitz trotz eingesetzter Abfragekassette an der Rückseite des Spannkopfgehäuses ausreichend Platz zur Befestigung der Kniehebelspannvorrichtung zur Verfügung stehe. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde die Breite der Abfragekassette durch die rückseitige Gehäuseöffnung vorgegeben. Diese sei wiederum so schmal, dass daneben ausreichend Platz für Befestigungsbohrungen sei. Weiterhin seien die Sensoren der angegriffenen Ausführungsform, wie vom Klagepatent verlangt, im Bereich des Schlitzes angeordnet. Nach der technischen Lehre reiche es dafür aus, wenn die Schalter – wie bei der angegriffenen Ausführungsform – in räumlicher Nähe des Schlitzes angeordnet und befestigt seien. Soweit nach den geltend gemachten Klagepatentansprüchen die Abfragekassette in den Schlitz eingesteckt werden soll, genüge ein Einführen unter Beibehaltung der technischen Funktionen von Schlitz und Schaltern. Das sei bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall. Schließlich werde der Schlitz der angegriffenen Ausführungsform nach außen hin durch das Profil der Abfragekassette möglichst fugendicht abgedichtet. Der Fachmann verstehe mit Blick auf die Figur 1 des Klagepatents unter dem Profil jedenfalls auch den Befestigungssockel (Flansch) der Abfragekassette und nicht nur den Quersteg 21 des L-Profils. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde die rückseitige Öffnung weitgehend durch den Flansch verschlossen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vertritt sie unter anderem die Auffassung, dass die vom Landgericht vorgenommene Auslegung im Hinblick auf die Ausgestaltung und Funktion des erfindungsgemäßen Schlitzes in Widerspruch zum Wortsinn der Klagepatentansprüche stehe, aber auch zu einer vom Landgericht selbst in einem früheren Parallelverfahren vertretenen Auffassung und zum Vortrag der Klägerin in verschiedenen Nichtigkeitsverfahren. Demnach müsse der Schlitz nicht irgendeinen Zugriff auf den Raum des Spannkopfes ermöglichen, sondern durch ihn müsse die Abfragekassette von der Rückseite her in Querrichtung eingesetzt werden können. Der Schlitz müsse dafür die gleichen Längsmaße wie die Abfragekassette aufweisen. Eine kleine rechteckige Ausnehmung zur Aufnahme des Befestigungsflansches der Abfragekassette, die ausschließlich von der Stirnseite des Spannkopfes her eingeschoben werde, reiche dafür nicht aus. Zutreffend gehe das Landgericht zwar davon, dass sich im Hinblick auf das Erfordernis, dass der Schlitz eng sein solle, neben dem Schlitz eine Anbaumöglichkeit für die Kniehebelspannvorrichtung befinde. Im landgerichtlichen Urteile finde sich jedoch keine Begründung dafür, warum dies bei der angegriffenen Ausführungsform der Fall sei. Weiterhin sähen die Klagepatentansprüche ausdrücklich vor, dass das gesamte Profil der Abfragekassette den Schlitz möglichst fugendicht abdichte. Die Auslegung des Landgerichts greife daher zu kurz, wenn es als ausreichend angesehen werde, dass lediglich ein kleiner Teil der Abfragekassette, nämlich der Flansch, den Schlitz abdichte. Abgesehen davon seien weder die Schalter im Bereich des Schlitzes angeordnet, noch die Abfragekassette im Schlitz der beiden schalenförmigen Gehäuseteile.

Hinsichtlich der von der Klägerin in der Berufungsinstanz erstmals geltend gemachten äquivalenten Verletzung ist die Beklagte der Ansicht, dieses Vorbringen stelle neuen Sachvortrag dar und sei nicht zu berücksichtigen. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine Benutzung mit äquivalenten Mitteln nicht vor. Im Übrigen erhebe sie den Formstein-Einwand.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die den erfindungsgemäßen Schlitz betreffenden Merkmale der beiden Klagepatentansprüche seien bei der angegriffenen Ausführungsform verwirklicht. Der Schlitz ergebe sich als Öffnung im Gerätegehäuse aus den Abbildungen der Anlage Bo 6. Der eigentliche Schlitz, durch den die Kassette eingesteckt werde, sei ebenso schmal – sprich: eng – wie der Sensorteil der Abfragevorrichtung. Der Sensorteil reiche bis zum Ende des Befestigungsflansches, fülle den Schlitz also voll aus und dichte damit zusätzlich zum Befestigungsflansch den Schlitz möglichst fugendicht ab.

Selbst wenn eine wortsinngemäße Verwirklichung der den Schlitz betreffenden Merkmale der Klagepatentansprüche zu verneinen sein sollte, sei eine Verwirklichung mit äquivalenten Mitteln zu bejahen. Dadurch, dass nur ein Teil des Schlitzes für die Aufnahme der Abfragekassette verwendet werde, werde ebenfalls die Wirkung einer Anbaumöglichkeit von allen vier Seiten erzielt. Dies sei für den Fachmann im Prioritätszeitpunkt naheliegend gewesen, weil der Schlitz nur so lang sein müsse, dass die Kassette von der Rückseite des Gehäuses des Spannkopfes durch einen Schlitz eingesteckt werden könne. Die Überlegungen, die der Fachmann anstellen müsse, seien auch am Sinngehalt der unter Schutz gestellten Lehre orientiert. Denn bereits nach dem Wortlaut der Klagepatentansprüche müsse sich der Schlitz nicht über die gesamte Länge der Abfragekassette erstrecken. Dies ergebe sich aus der Figur 5, aus der ersichtlich sei, dass nicht das gesamte Profil der Abfragekassette den Schlitz abdichte, sondern im oberen Teil der Befestigungsflansch die Abdeckung übernehme.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Auskunft und Rechnungslegung aus §§ 139 Abs. 1 und 2, 140b Abs. 1 und 3 PatG, §§ 242, 259 BGB. Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.

1.
Das Klagepatent schützt mit den geltend gemachten Patentansprüchen 1 und 3 eine Kniehebelspannvorrichtung für den Karosseriebau.

Zum Stand der Technik wird in der Klagepatentschrift ausgeführt, dass eine dem Oberbegriff des Klagepatentanspruchs 1 entsprechende Kniehebelspannvorrichtung Gegenstand der auf die Klägerin zurückgehenden DE 93 11 132. XXZ und die inhaltsgleiche europäische Patentanmeldung 0 636 XYX bilden. Allerdings sei bei der Ausführungsform nach der Figur 1 dieser Druckschriften kein Schlitz vorgesehen, während bei der Ausführungsform nach Figur 8 die Kassette von der Seite her angebaut werde.

Weiterhin sei aus der DE 92 15 151. XYY eine Spannvorrichtung zum Festspannen von Werkstücken vorbekannt. Diese weise ein gabelförmiges Kopfstück auf, an dem der Spannarm schwenkbar gelagert sei. Dieser stehe mit dem Ende einer bewegbaren Stellstange in Verbindung, wobei neben der Stellstange im Stellwegsbereich des Endes der Stellstange mindestens ein Endstellungsabfrageschalter mit zwei Endstellungsfühlern angeordnet sei. Der Stellungsgeber werde durch einen am Ende der Stellstange verlängerten Lagerzapfen für Führungsrollen der Stellstange gebildet und rage in ein sich parallel zur Stellstange erstreckendes Langloch in den Anordnungsbereich der Endstellungsfühler. Diese seien in einer gegen den Stellwegsbereich der Stellstange und nach außen offenen Ausnehmung in der Außenflanke eines der Gabelteile des Kopfstücks angeordnet. Die Ausnehmung mit den Endstellungsabfrageschaltern sei mit einem lösbar am Kopfstück angeordneten Abdeckblech verschlossen. An diesem Stand der Technik wird in der Klagepatentschrift als nachteilig angesehen, dass die bauliche Konstruktion umständlich anzufertigende Hohlräume für die Schalter und besondere Abdeckbleche benötige. Die Anordnung dieser speziellen Hohlräume sei kostenträchtig und auch der Austausch defekter Schaltern und deren Montage sei sehr zeitaufwändig.

Aus der DE-U-90 16 7XY.Z sei eine Spannvorrichtung mit Verstellaggregat, Spannarm, Endstellungsabfrageeinrichtungen und Antriebsstellstange bekannt. Bei dieser Spannvorrichtung seien die Endstellungsabfrageelemente in einem separaten Gehäuse angeordnet, das auf der Seite des Spannarms oder der von ihm abgewandten Seite der Vorrichtung mit einer Gehäuseanschlussfläche lösbar verbunden angeordnet sei. Die Stellungsgeber befänden sich an einer Fühlerstange, die über eine Mitnehmertraverse mit der Stellstange und dem Spannarm verbunden sei.

Schließlich wird in der Klagepatentschrift noch die DE 30 22 XZX genannt, aus der ebenfalls eine Kniehebelspannvorrichtung bekannt sei. Deren Kolbenstange werde in einem Führungsstück geführt sowie über eine Flachführung am Führungsstück abgestützt. Am freien Ende des Führungsstückes sei ein Hubbegrenzungsstellelement in der Nähe der Flachführung angeordnet.

Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund die Aufgabe (das technische Problem) zu Grunde, eine Kniehebelspannvorrichtung der im Gattungsbegriff vorausgesetzten Art dahingehend auszubilden, dass sie nicht nur von der Rückseite, sondern auch von allen vier Seiten an Vorrichtungsteilen anbaubar ist unter Beibehaltung der von der Kassettentechnik her bekannten Vorteile.

Dies soll durch die in Kombination geltend gemachten Klagepatentansprüche 1 und 3 erreicht werden, deren Merkmale wie folgt gegliedert werden können:

Kniehebelspannvorrichtung für den Karosseriebau
1. mit einem Spannkopf (1),
1.1 der in einem orthogonal zur Längsachse (18) der Kolbenstange (7) geführten Querschnitt rechteckförmig ist und
1.2 der aus zwei Gehäuseteilen (12, 13) aufgebaut ist;
2. mit einem Zylinder (2), der sich in axialer Verlängerung an das zylinderseitige Ende des Spannkopfes (1) anschließt;
3. in dem Zylinder (2) ist ein abwechselnd beidseitig durch Druckmitteldruck, insbesondere durch Luftdruck zu beaufschlagender Kolben (6) längsverschieblich und dichtend geführt;
4. der Kolben (6) durchgreift mit seiner Kolbenstange (7) den Zylinder (2) und einen Hohlraum des Spannkopfes (1) axial;
5. am freien Ende der Kolbenstange (7) ist eine Kniehebelgelenkanordnung (10) befestigt, die mit einem Spannarm gekoppelt ist;
6. mit Endschaltern bzw. Stellungsgebern in Form von Mikroschaltern, induktiven Schaltern, Pneumatikschaltern oder Sensoren (22, 23);
7. die Schalter (22, 23) sind in einem Raum (17) des Spannkopfes (1) integriert;
8. die Schalter (22, 23) sind
8.1 relativ zueinander einstellbar und
8.2 an einer die Abdeckung für dieselben bildenden Halterung als insgesamt austauschfähige Abfragekassette (20) in Form einer Platine im Bereich eines Schlitzes (19) in axialer Richtung des Spannkopfes (1) angeordnet und befestigt;
9. die Abfragekassette (20) weist in der Draufsicht eine „T“-förmige Gestalt mit einer Befestigungsschiene und einem Flansch (25) auf;
10. an den Flansch (25) schließt sich ein mit seiner Längsachse parallel zur Längsachse (18) der Kolbenstange erstreckendes Profil (21) an;
11. die Abfragekassette (20) ist von der Rückseite des Gehäuses des Spannkopfes (1) durch einen Schlitz (19) eingesteckt;
12. der Schlitz (19)
12.1 ist eng und
12.2 erstreckt sich in Richtung der Längsachse (18) der Kolbenstange (7);
13. das Einstecken der Abfragekassette (20) in den Schlitz (19) geschieht unter Beibehaltung der Anbaumöglichkeit der Kniehebelspannvorrichtung von allen vier Seiten, insbesondere von der Rückseite her;
14. das Profil (21) dichtet den Schlitz (19) nach außen hin möglichst fugendicht ab;
15. der Spannkopf (1) besteht aus zwei schalenförmigen Gehäuseteilen (12, 13),
16. die flächig in einer Ebene aufeinander auf liegen und die Kniehebelgelenkanordnung (10), die Kolbenstange (7), die Endschalter (22, 23), schmutz- und staubdicht nach außen hin abkapseln;
17. die beiden schalenförmigen Gehäuseteile (12, 13) weisen an der einen schmaleren Seite des im Querschnitt rechteckförmigen Spannkopfes (1) den Schlitz (19) zum Anordnen der Abfragekassette (20) auf.

2.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Sie verwirklicht jedenfalls nicht das Merkmal 14. Denn es fehlt an einem Schlitz, durch den die Abfragekassette derart eingesteckt ist, dass das Profil den Schlitz nach außen hin möglichst fugendicht abdichtet. Ob auch die weiteren zwischen den Parteien streitigen Merkmale durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht werden, bedarf daher keiner Entscheidung.

a)
Bei einem Schlitz im Sinne der Lehre des Klagepatents handelt es sich um eine enge, das heißt schmale, sich in Richtung der Längsachse der Kolbenstange erstreckende Öffnung oder Ausnehmung im Gehäuse des Spannkopfes, durch die die Abfragekassette eingesteckt werden kann. Dieses Verständnis entspricht nicht nur dem allgemeinen Sprachgebrauch, sondern folgt auch aus den Merkmalen (11) bis (13) mit der Beschreibung des Klagepatents (Sp 3 Z 11-14 der Anlage Bo 1) und steht insoweit zwischen den Parteien zu Recht außer Streit. Inwieweit der Klagepatentanspruch mit den vorgenannten Merkmalen weitere Anforderungen an die räumlich-körperliche Gestaltung eines erfindungsgemäßen Schlitzes stellt, kann dahinstehen. Entscheidend ist, dass der Schlitz durch das Profil der Abfragekassette nach außen hin möglichst fugendicht abgedichtet werden soll (Merkmal 14).

Durch den Schlitz sollen die für die Bestimmung des Öffnungswinkels erforderlichen Endschalter beziehungsweise Stellgeber, die an der Abfragekassette angeordnet und befestigt sind (Merkmal 8.2), in einem Raum des Spannkopfes integriert werden. Der Fachmann erkennt, dass die durch den Schlitz verursachte Öffnung des Spannkopfes wieder dicht verschlossen werden muss, um die Schalter im Inneren des Spannkopfgehäuses vor Staub- und Schmutzeinwirkungen zu schützen. Dies ergibt sich aus dem Merkmal 16, wonach das Spannkopfgehäuse die Kniehebelgelenkanordnung, die Kolbenstange und die Endschalter schmutz- und staubdicht nach außen hin abkapseln soll (vgl. auch Sp. 5 Z. 15-18 der Anlage Bo 1). Das Klagepatent sieht dementsprechend vor, dass auch der Schlitz im Gehäuse des Spannkopfes nach außen hin möglichst fugendicht abgedichtet werden soll (Merkmal 14). Dies soll durch das Profil der Abfragekassette erfolgen.

Ihrer äußeren Form nach soll die Abfragekassette in der Draufsicht eine „T“-förmige Gestalt aufweisen mit einer Befestigungsschiene und einem Flansch, an dem sich ein mit seiner Längsachse parallel zur Längsachse der Kolbenstange erstreckendes Profil anschließt (Merkmale 9 und 10). Aus der Beschreibung des Klagepatents geht hervor, dass es sich bei der Draufsicht um die Ansicht der Abfragekassette handelt, die sich ergibt, wenn man bei in den Schlitz eingesteckter Abfragekassette senkrecht auf die Rückseite des Gehäuses des Spannkopfes schaut (vgl. Sp. 4 Z. 39 und Fig. 5 der Anlage Bo 1). Dabei ergibt sich die „T“-förmige Gestalt aus der räumlichen Anordnung von Flansch, Befestigungsschiene und Profil.

Entgegen dem ersten Anschein wird die T-Form nicht bereits aus den beiden im Merkmal 9 genannten Bauteilen „Flansch“ und „Befestigungsschiene“ gebildet; insbesondere stellt die Befestigungsschiene nicht den sich in axialer Richtung des Spannkopfes erstreckenden vertikalen Teil der T-förmigen Abfragekassette dar, an dem die Endschalter angeordnet und befestigt sind (vgl. Merkmal 8.2). Der Begriff der Befestigungsschiene wird zwar weder in den Klagepatentansprüchen noch in der zugehörigen Beschreibung im Einzelnen erläutert. Gleichwohl ist die Befestigungsschiene als der Teil der Abfragekassette anzusehen, der in der Draufsicht den oberen Querbalken des „T“ bildet. Dies folgt zum einen daraus, dass das Klagepatent das sich in axialer Richtung des Spannkopfes erstreckende Bauteil als „Profil“ bezeichnet (vgl. Merkmal 10). Zum anderen entnimmt der Fachmann der DE 93 11 132. XXZ, dass der Kopf des „T“ eine Befestigungsschiene (41) aufweist, während sich an der Befestigungsschiene (41) orthogonal mit seiner Längsachse (40) zur Längsachse (24) der Befestigungsschiene (41) verlaufend eine ebenflächige Montageschiene (21) anschließt (S. 9 und 12, Schutzanspruch 3 und Fig. 4 und 5 der Anlage B 1). Bei diesem Gebrauchsmuster handelt es sich um den gattungsbildenden Stand der Technik, nach dem der Oberbegriff des Klagepatentanspruchs 1 ersichtlich gebildet ist. Demzufolge bildet die Befestigungsschiene den Querbalken des „T“.

Diese Befestigungsschiene ist mit einem Flansch versehen. Üblicherweise handelt es sich bei einem Flansch um eine Auflage- oder Anlagefläche an einem Bauelement, mit dem dieses an anderen Bauelementen befestigt werden kann. So wird der Begriff auch im Klagepatent verstanden. Über die Befestigungsschiene wird die Abfragekassette am Spannkopfgehäuse befestigt, wobei der Flansch als (Auflage-)Fläche an der Befestigungsschiene der Verbindung mit dem Spannkopfgehäuse dient. Mit dem Flansch kann die Abfragekassette, die schlitzförmige Ausnehmung des Gehäuses überdeckend, an dem Gehäuse angeschraubt werden (Sp. 3 Z. 43-50 der Anlage Bo 1). Dafür weist im Ausführungsbeispiel des Klagepatents „der Flansch 25 eine Durchgangsbohrung 31 auf, durch die eine nicht dargestellte Schraube hindurchgreift, mittels derer die Abfragekassette 20 (…) auswechselbar befestigt ist“ (Sp. 6 Z. 30-34 der Anlage Bo 1). Soweit es dort heißt, dass über die Durchgangsbohrung 31 die Abfragekassette 20 an dem Profil 21 befestigt ist, steht dies im Widerspruch zur übrigen Beschreibung des Ausführungsbeispiels und den zugehörigen Figuren. Aus der Figur 5 ist unmittelbar erkennbar, dass die Abfragekassette über die Durchgangsbohrung 31 mit dem Flansch am Gehäuse befestigt werden kann.

Von der Befestigungsschiene mit dem Flansch ist das sich nach unten, parallel zur Kolbenlängsachse erstreckende Teil der Abfragekassette zu unterscheiden, den das Klagepatent als „Profil“ bezeichnet. Im Klagepatentanspruch 1 heißt es ausdrücklich, dass sich an den Flansch ein mit seiner Längsachse parallel zur Längsachse der Kolbenstange erstreckendes Profil anschließt (Merkmal 10). Damit handelt es sich bei der Befestigungsschiene mit dem Flansch einerseits und dem Profil andererseits um zwei verschiedene Bauteile, auch wenn sie einstückig ausgebildet sein können. In der Beschreibung des Klagepatents wird zum Ausführungsbeispiel entsprechend ausgeführt, dass mit dem L-förmigen Profil 21 ein Flansch 25 in geeigneter Weise einstückig verbunden sei (Sp. 6 Z. 25 f der Anlage Bo 1). Die zugehörigen Figuren weisen mit den entsprechenden Bezugsziffern und Linien den Flansch und das L-Profil ebenso als verschiedene Bauteile aus. Außerdem wird in dem Ausführungsbeispiel unterschieden, wenn es um das Einstecken der Abfragekassette in den Schlitz geht: Demnach ist aus der Figur 1 zu erkennen, dass die Abfragekassette 20 mit dem L-förmigen Profil 21 innerhalb der Konturen des Gehäuses zu liegen kommt, während der Flansch 25 außen an dem Gehäuse angeordnet ist (Sp. 6 Z. 40-46 der Anlage Bo 1).

Die Unterscheidung des Profils von der Befestigungsschiene mit dem Flansch geht mit verschiedenen Aufgaben einher. Dient die Befestigungsschiene mit dem Flansch der Befestigung der Abfragekassette am Spannkopfgehäuse und gegebenenfalls der Anordnung von Durchgangsbohrungen für Zuführungen und Kabel (Sp. 6 Z. 25-30 der Anlage Bo 1), stellt das Profil die Halterung für die Schalter dar und bildet damit für diese zugleich eine schützende Abdeckung. Dies ergibt sich aus dem Merkmal 8.2. Darüber hinaus soll das Profil den Einsteckschlitz nach außen hin möglichst fugendicht abzudichten (Merkmal 14). Mit Blick auf die letztgenannte Aufgabe, den Schlitz möglichst fugendicht abzudichten, kommt es nicht darauf an, ob irgendeine Dichtfunktion des Profils im Zuge des Einsteckvorgangs der Abfragekassette in den Schlitz im Spannkopfgehäuse gegeben ist. Maßgeblich ist die fertige Kniehebelspannvorrichtung als Gesamtvorrichtung mit all ihren Bauteilen. Diese Vorrichtung ist Gegenstand des Klagepatents. Der Klagepatentanspruch macht dies im Merkmal 11 dadurch deutlich, dass die Abfragekassette durch den Schlitz im Spannkopfgehäuse „eingesteckt ist.“

Was das Klagepatent unter einer möglichst fugendichten Abdichtung versteht, ergibt sich aus der eingangs dargestellten Funktion der Abdichtung, nach welcher die durch den Schlitz verursachte Öffnung des Spannkopfes wieder dicht verschlossen werden muss, um die Schalter im Inneren des Spannkopfgehäuses vor Staub- und Schmutzeinwirkungen zu schützen. Ausgehend vom Wortlaut des Klagepatentanspruchs, den Schlitz fugendicht abzudichten, darf zwischen dem Profil und der Schlitzwand keine Fuge mehr verbleiben, durch die Staub und Schmutz eindringen könnte. Der Zusatz „möglichst fugendicht“ schränkt insofern die Abdichtung auf das technisch Sinnvolle und Mögliche ein.

Nach der Lehre des Klagepatentanspruchs mag es nicht erforderlich sein, dass der Schlitz nach außen ausschließlich durch das Profil der Abfragekassette abgedichtet wird. Aus den Figuren 1 und 2 der Klagepatentschrift ist ersichtlich, dass es mit dem Wortlaut der Klagepatentansprüche durchaus vereinbar ist, wenn einzelne Abschnitte des Schlitzes durch andere Bauteile verschlossen werden. Diese lassen erkennen, dass in dem Ausführungsbeispiel der Schlitz in einem Abschnitt durch das Profil 21, und in einem anderen Abschnitt durch den Flansch 25 abgedichtet wird, selbst wenn es in der zugehörigen Beschreibung heißt, dass sich der Quersteg 24 des Profils über die Länge Y des Schlitzes 19 erstreckt (Sp. 23 f der Anlage Bo 1) und diesen daher – jedenfalls nach der Beschreibung des Klagepatents – ausschließlich allein abdichtet. Eine Abdichtung des Schlitzes durch andere Bauteile darf jedoch nicht zum Ergebnis haben, dass das Profil gar keine Abdichtfunktion mehr übernimmt. Der Klagepatentanspruch 1 enthält insofern die ausdrückliche Anweisung, den Schlitz durch das Profil abzudichten. Hingegen stellt es eine nicht mehr vom Gegenstand der Erfindung umfasste Unterkombination dar, wenn die Abdichtung durch beliebige andere Bauteile vorgenommen werden kann, da die Zuweisung der Dichtfunktion zum Profil in einem solchen Fall ohne Bedeutung wäre.

b)
Davon ausgehend macht die angegriffene Ausführungsform von der Lehre der Klagepatentansprüche 1 und 3 keinen Gebrauch. Der angegriffenen Ausführungsform fehlt es an einem Schlitz, der durch das Profil der Abfragekassette abgedichtet wird. Jedenfalls trägt das Profil zur Abdichtung eines solchen Schlitzes nichts bei.

Bei der angegriffenen Ausführungsform wird das Profil durch die von transparentem Kunststoff eingefasste Platine gebildet, die mit zahlreichen optischen Sensoren versehen ist. Diese Platine bildet den Längsbalken der „T“-förmigen Abfragekassette. Die Befestigungsschiene mit ihrem Flansch wird hingegen durch einen metallenen Aufbau an dem einen Ende des Profils gebildet, der das Profil zu beiden Seiten überragt und sowohl elektrische Anschlüsse beziehungsweise Zuführungen als auch Bohrungen zur Befestigung der Abfragekassette an der Rückwand des Spannkopfes aufweist. Rückseitig ist an diesen Aufbau eine Rückwand angeformt, die sich mit geringem Abstand zur Befestigungsschiene parallel zu deren rückseitiger Schmalwand erstreckt.

Nachdem die Abfragekassette eingesetzt worden ist, weist das Spannkopfgehäuse der angegriffenen Ausführungsform dort, wo sich das Profil jenseits der Befestigungsschiene und ihres Flansches erstreckt, keinen Schlitz auf. Im Erstreckungsbereich des Profils wird vielmehr die Abdichtung des Spannkopfgehäuses dadurch erreicht, dass das Spannkopfgehäuse überhaupt keine (schlitzartige) Öffnung hat, sondern geschlossen ist. Dort, wo sich hingegen eine schlitzartige Öffnung im Gehäuse befindet, nämlich unterhalb der Befestigungsschiene, erfolgt der dichtende Abschluss nicht durch das Profil, sondern durch die Befestigungsschiene mit ihrem Flansch.

Soweit die Klägerin erstinstanzlich und erneut in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf die Abbildungen 11 und 12 der Anlage Bo 6 vorgetragen hat, der Schlitz sei genau so breit wie die Schalterelemente und dichte diesen daher ab, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Aus der Abbildung 11 der Anlage Bo 6 und den vorliegenden Mustern ist ohne weiteres erkennbar, dass sich zwischen dem Profil und der Seitenwand des Schlitzes ein Spalt befindet, der auch nicht durch die an beiden Seitenwänden des Schlitzes befindlichen Führungsschienen geschlossen wird. Damit fehlt es an einer möglichst fugendichten Abdichtung durch das Profil. Die Gestaltung der Führungsschienen und der am Profil seitlich angeformten Zapfen zeigt, dass es technisch durchaus möglich ist, den Schlitz beziehungsweise das Profil so zu gestalten, dass der Spalt zwischen Schlitz und Profil abgedichtet ist. Abgesehen von einer Veränderung der Maße von Profil- oder Schlitzbreite wäre es auch denkbar, die Zapfen als durchgehende Führungsschienen auszubilden, die auf den schlitzseitigen Führungsschienen aufliegen, um den Spalt zwischen Profil und Gehäusewand abzudichten. Ein anderes Mittel wies eine frühere Ausführungsform der Beklagten auf, die Gegenstand des Verfahrens 4b O 34X/ZZ war. Dort war ein die Längswände des Profils überragender Profilquersteg vorgesehen, der zusätzlich mit einem elastischen Dichtungsmaterial versehen war, um die Dichtungswirkung zu erreichen.

Bei der angegriffenen Ausführungsform wird von solchen Dichtmitteln jedoch abgesehen, weil die durch den Schlitz eingebrachte Öffnung durch den Flansch und die Rückwand der Abfragekassette fugendicht abgedichtet wird. Bei eingesteckter Kassette ist der Flansch passgenau in einer Ausnehmung im Gehäuse des Spannkopfes angeordnet und schließt den Schlitz nach oben hin ab. Zur Stirnseite hin wird der Schlitz von der Rückwand der Abfragekassette verschlossen. Die Rückwand ist etwas breiter als der Schlitz gehalten und überdeckt dadurch die stirnseitige Öffnung des Schlitzes. Damit erfolgt die Abdichtung des Schlitzes durch die Befestigungsschiene mit dem Flansch und die rückwärtige Wand der Abfragekassette. Nach den Ausführungen zur Auslegung des Klagepatentanspruchs können diese nicht als Teil des Profils angesehen werden. Dieses leistet bei der angegriffenen Ausführungsform keinen Beitrag zur fugendichten Abdichtung des Schlitzes. Die bloße Anordnung innerhalb eines Schlitzes genügt dafür nicht.

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts mit Blick auf die Figuren 3 und 5 der Klagepatentschrift, in denen sich das Profil ähnlich wie bei der angegriffenen Ausführungsform bis unterhalb der Befestigungsschiene erstreckt, die in diesem Bereich die Abdichtfunktion übernimmt. Denn die angegriffene Ausführungsform unterscheidet sich von der im Klagepatent dargestellten Ausführungsform dadurch, dass sich jenseits der Befestigungsschiene kein Schlitz erstreckt, in dem das Profil überhaupt einmal eine dichtende Funktion ausüben könnte.

c)
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatents auch nicht mit äquivalenten Mitteln Gebrauch, da die abgewandelten Mittel nicht aufgrund von Überlegungen, die an den Sinngehalt der unter Schutz gestellten Erfindung anknüpfen, für den Fachmann mit Hilfe seiner Fachkenntnisse auffindbar waren (Gleichwertigkeit). Das Klagepatent enthält konkrete räumlich-körperliche Vorgaben für die Gestaltung des Schlitzes und die zugehörige Abfragekassette. Insbesondere soll der Schlitz durch das Profil der Abfragekassette möglichst fugendicht abgedichtet werden. Eine Ausführungsform, bei der sich im Erstreckungsbereich des Profils überhaupt kein Schlitz befindet beziehungsweise das Profil nichts zur seiner Abdichtung beiträgt, läuft diesem Erfindungsgedanken zuwider. Als Unterkombination stellt sie keine dem Erfindungsgegenstand äquivalente Lösung dar.

3.
Der nicht nachgelassene, nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 20.09.2012 gibt weder zu einer anderen Beurteilung noch zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung Anlass (§§ 296a, 156 ZPO). Der Schriftsatz enthält im Hinblick auf den Sach- und Streitstand am Schluss der mündlichen Verhandlung kein neues tatsächliches Vorbringen. Soweit die Klägerin meint, dem Merkmal 14 komme im Gesamtkontext des Klagepatents eine so untergeordnete Bedeutung zu, dass es überraschend wäre, wenn allein deswegen die Verletzung des Klagepatents in Frage gestellt würde, vermag dies eine andere Entscheidung nicht zu begründen. Der Klagepatentanspruch enthält mit dem Merkmal 14 eine räumliche-körperliche Vorgabe für den Einsteckschlitz und seine Abdichtung, von der nicht ohne Verstoß gegen die geltenden Auslegungsregeln abgesehen werden kann.

III.
Da die Berufung der Beklagten Erfolg hatte, sind von der Klägerin nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits sowohl der ersten, als auch der zweiten Instanz zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierfür in § 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz und gleichzeitig – in Abänderung der Streitwertfestsetzung im angefochtenen Urteil (§ 63 Abs. 3 GKG) – der Streitwert für den ersten Rechtszug werden entsprechend den Angaben der Klägerin im Verhandlungstermin vom 20.09.2012 auf 500.000,00 Euro festgesetzt.