4a O 133/06 – Isonitril IV

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 605

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 19. April 2007, Az. 4a O 133/06

I. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt,

1. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie in der Bundesrepublik Deutschland vom 7. Januar 1992 bis zum 20. Dezember 2006

ether-substitutiertes Isonitril der Formel CN-A-O-R, in der A eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkylen-Gruppe ist und R eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkylgruppe ist, mit der Maßgabe, dass die Gesamtzahl der Kohlenstoff-Atome in A plus R 4 bis 6 ist, weiterhin mit der Maßgabe, dass dann, wenn die Gesamtzahl der Kohlenstoff-Atome in A plus R 6 ist, das Kohlenstoff-Atom in der α-Stellung zu der Isonitril-Gruppe ein quarternäres Kohlenstoff-Atom ist und noch weiterhin der Maßgabe, dass A nicht (CH2)3 ist,

angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht haben oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen zu haben,

und zwar jeweils unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungs-kosten und des erzielten Gewinns,

wobei der Beklagten zu 1. vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte zu 1. dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

2. die vor dem 20. Dezember 2006 in unmittelbarem oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten zu 1. befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I. 1. zu vernichten.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I. 1. bezeichneten und ab dem 7. Januar 1992 bis zum 20. Dezember 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Die Klägerin trägt die Kosten der Beklagten zu 2. sowie 50 % der Gerichtskosten und ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten. Im Übrigen trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Beklagte zu 1. Die Beklagte zu 1. trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

V. Das Urteil ist für die Beklagte zu 2. im Hinblick auf deren Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Klägerin ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,- Eur vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer im Gebiet der Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelassenen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d :

Die Klägerin ist unter ihrer gegenwärtigen Unternehmensbezeichnung seit dem 20. Januar 2003 eingetragene Inhaberin des europäischen Patentes 0 233 xxx B1 (Anlage K 4, nachfolgend Klagepatent), das am 20. Dezember 1986 unter Inanspruchnahme der Prioritäten der US 812 xxx vom 23. Dezember 1985 und US 925 xxx vom 6. November 1998 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 25. Juli 1991. Die Verfahrensprache des Klagepatentes ist englisch. Eine deutschsprachige Fassung des Klagepatentes überreichte die Klägerin in Form der österreichischen Patentschrift E 54 xxx als Anlage K 4a. Das Klagepatent betrifft Ether-Isonitirile und ihre radiomarkierten Komplexe.

Das Klagepatent war – neben dem EP 0 211 xxx – ursprünglich Gegenstand des Rechtsstreits 4a O 42/06 vor der angerufenen Kammer. Mit Beschluss vom 6. April 2006 wurde das Klagepatent abgetrennt.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Patentanspruch 1 des Klagepatentes hat folgenden Wortlaut:

Ether-substitutiertes Isonitril der Formel CN-A-O-R, in der A eine geradekettige oder kettenverzweigte Alkylen-Gruppe ist und R eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkyl-Gruppe ist, mit der Maßgabe, dass die Gesamtzahl der Kohlenstoff-Atome in A plus R 4 bis 6 ist, weiterhin mit der Maßgabe, dass dann, wenn die Gesamtzahl der Kohlenstoff-Atome in A plus R 6 ist, das Kohlenstoff-Atom in der α-Stellung zu der Isonitril-Gruppe ein quaternäres Kohlenstoff-Atom ist und noch weiterhin mit der Maßgabe, dass A nicht (CH2)3 ist.

Wegen des Wortlauts der lediglich „insbesondere“ geltend gemachten Patentansprüche 3 und 5 wird auf die Klagepatentschrift verwiesen.

Die Beklagte zu 1. ist ein pharmazeutisches Unternehmen, die Beklagte zu 2. hat ihren Sitz in Ungarn. Beide Unternehmen vertreiben radioaktive Diagnostika. Die Beklagte zu 1. vertreibt u.a. das Arzneimittel mit der Bezeichnung „XY“ (nachfolgend angegriffene Ausführungsform) in der Bundesrepublik Deutschland, welches die Beklagte zu 2. in Ungarn nach den zu ihren Gunsten erteilten ungarischen Patenten HU 203 xxx und HU 202 xxx (Anlage B 1 und B 2) herstellt.

Die angegriffene Ausführungsform wird in der als Anlage K 8 vorgelegten englischsprachigen Packungsbeilage als „Kit for use in preparation of Technetium Tc-99m Methoxy-isobutyl-isonitrile (MIBI) Injection“ bezeichnet; MIBI steht für Methoxyisobutylisonitiril. Die angegriffene Ausführungsform enthält 0,06 mg Cu(MIBI)4BF4, einen Komplex aus Kupfer, MIBI sowie Fluorborat. Wird MIBI mit 99mTc vermischt, entsteht nach Reduktion des Technetiums der Koordinationskomplex 99mTc-MIBI. In der Anlage K 8 wird im Einzelnen beschrieben, wie und unter welchen Bedingungen eine Vermischung der in dem Arzneimittel enthaltenen Substanz mit 99mTc vorzunehmen ist. Die angegriffene Ausführungsform verfügt in der Bundesrepublik Deutschland nicht über eine arzneimittelrechtliche Zulassung; ein Import erfolgt über § 73 Abs. 3 AMG (vgl. Anlage K 7).

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass das angegriffene Kit von der Lehre nach dem Klagepatent wortsinngemäßen Gebrauch mache. Beide Beklagten seien passivlegitimiert, da die Beklagte zu 1. die angegriffene Verletzungsform von der Beklagten zu 2. als Herstellerin beziehe. In der als Anlage K 9 vorgelegten englischsprachigen Packungsbeilage der angegriffenen Verletzungsform werde die Beklagte zu 2. – unstreitig – als Herstellerin („manufacturer“) benannt. Sie habe daher auch Kenntnis von einem Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland.
Sie selbst sei aktivlegitimiert hinsichtlich der ab dem 7. Januar 1992 entstandenen Ansprüche. Aus dem Registerauszug auf Seite 2 der Anlage K 5 ergebe sich, dass die A and Co. das Klagepatent am 20. Dezember 1986 zum Patent angemeldet habe. Diese habe das Klagepatent sowie sämtliche damit im Zusammenhang stehenden Rechte am 1. August 1991 auf die B Pharmaceutical Co. übertragen (Anlage K 10). Die B Pharmaceutical Co. habe schließlich ihren Namen in D Pharmaceuticals Co. geändert. Dies sei die dritte im Rollenauszug nach Anlage K 5 eingetragene Gesellschaft. Hierbei habe es sich lediglich um eine Firmenänderung gehandelt, wie sich aus Anlage K 11, einer Kopie eines Handelsregisterauszuges der Handelskammer des Staates X, USA, ergebe. Durch eine weitere Firmenänderung habe die D Pharmaceuticals den Namen der Klägerin erhalten, entsprechend der Kopie der bei der Handelskammer X, USA, eingereichten Firmenregistrierung.

Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 13. März 2007 den Unterlassungsantrag im Hinblick auf den Ablauf des Schutzes des Klagepatentes am 20. Dezember 2006 unter Stellung wechselseitiger Kostenanträge übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr, nachdem sie erklärt hat, die Ansprüche auf Rechnungslegung sowie Schadenersatzfeststellung nicht ab dem 8. Juni 1991, sondern erst ab dem 7. Januar 1992 geltend machen zu wollen und die Beklagten der Teilklagerücknahme zugestimmt haben,

I. die Beklagten insgesamt zu verurteilen,

1. der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie in der Bundesrepublik Deutschland vom 7. Januar 1992 bis zum 20. Dezember 2006

ether-substitutiertes Isonitril der Formel CN-A-O-R, in der A eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkylen-Gruppe ist und R eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkylgruppe ist, mit der Maßgabe, dass die Gesamtzahl der Kohlenstoff-Atome in A plus R 4 bis 6 ist, weiterhin mit der Maßgabe, dass dann, wenn die Gesamtzahl der Kohlenstoff-Atome in A plus R 6 ist, das Kohlenstoff-Atom in der α-Stellung zu der Isonitril-Gruppe ein quarternäres Kohlenstoff-Atom ist und noch weiterhin der Maßgabe, dass A nicht (CH2)3 ist,

angeboten, in den Verkehr gebracht oder gebraucht haben oder zu den genannten Zwecken eingeführt oder besessen haben,

und zwar jeweils unter Angabe

a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (und gegebenenfalls Typenbezeichnungen) sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

2. die vor dem 20. Dezember 2006 in unmittelbarem oder mittelbaren Besitz oder Eigentum der Beklagten zu 1. befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1. zu vernichten.

II. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu Ziffer I.1. bezeichneten und ab dem 7. Januar 1992 bis zum 20. Dezember 2006 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten, welche – unstreitig – die Einrede der Verjährung erhoben haben, stellen die Aktivlegitimation der Klägerin für vor dem 20. Januar 2003 entstandene Ansprüche in Abrede. Aus der als Anlage K 9 vorgelegten Erklärung ergebe sich keine Abtretung von in der Vergangenheit entstandenen Ansprüchen auf Auskunft, Rechnungslegung und Schadenersatz. Der Erklärung lasse sich lediglich eine Patentübertragung entnehmen. Weiterhin ergebe sich aus den von der Klägerin vorgelegten Dokumenten lediglich ein behaupteter Übergang von Ansprüchen auf eine E Pharma Company. Die Klägerin bezeichne sich jedoch selbst als E Pharma Co.. Auch sei die Beklagte zu 2. nicht passivlegitimiert. Sie nehme keine patentverletzenden Benutzungshandlungen in der Bundesrepublik Deutschland vor und habe auch keine Kenntnis von einem Import des angegriffenen Arzneimittels in die Bundesrepublik Deutschland gehabt.
Im Übrigen mache die angegriffene Verletzungsform von der Lehre nach dem Klagepatent keinen Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform beinhalte keine ether-substituiertes Isonitril der Formel CN-A-OR, wobei A eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkylen-Gruppe sei. Das Klagepatent verstehe unter einer Alkylen-Gruppe eine ungesättigte Alkylverbindung, d.h. eine Verbindung mit einer C=C-Doppelbindung. Die Gruppe A der angegriffenen Ausführungsform stelle hingegen eine gesättigte Kohlenstoffverbindung dar.

Die Klägerin tritt dem Vorbringen vollumfänglich entgegen. Unter einer Alkylen-Gruppe sei ein Alkan mit zwei Substituenten zu verstehen, welche die angegriffene Ausführungsform aufweise. Der eine Substituent sei die Isonitrilgruppe (CN) und der andere die Methoxygruppe (-OCH3). Die Gruppe A sei dann -CH2C(CH3)2-, welche die beiden Substituenten miteinander verknüpfe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Klage ist im Hinblick auf die Beklagte zu 2. unbegründet und im Übrigen begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Vernichtung, Rechnungslegung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadenersatzverpflichtung im zuletzt geltend gemachten Umfang gegenüber der Beklagten zu 1. zu.

I.
Die Klägerin hat ihre Aktivlegitimation betreffend die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung sowie Feststellung der Schadenersatzverpflichtung für den zuletzt geltend gemachten Zeitraum vom 7. Januar 1992 bis zum 20. Dezember 2006 schlüssig dargetan.

Sie ist jedenfalls seit dem 7. Januar 1992 eingetragene Inhaberin des Klagepatentes, wie sich aus dem als Anlage K 5 vorgelegten Rollenauszug ergibt. Ursprüngliche Anmelderin des Klagepatentes war die A and Company. Diese will das Klagepatent auf die B Pharmaceutical Co. übertragen haben, worauf es jedoch vor dem Hintergrund der Beschränkung der Anträge durch die Klägerin auf die Zeit ab dem 7. Januar 1992 bis zum Ablauf des Klagepatentes, nicht ankommt. Bei der B Pharmaceutical Co. handelt es sich um die Klägerin unter einer anderen Firmenbezeichnung. Die B Pharmaceutical Co. wurde am 7. Januar 1992 in das Patentregister eingetragen. Die B Pharmaceutical Co. hat ihren Namen in D Pharmaceuticals Co. geändert, wie sich aus dem als Anlage K 10 vorgelegten Zertifikat der Handelskammer des Staates X ergibt. Die entsprechende Änderung wurde am 6. Juli 2000 im Patent- und Gebrauchsmusterregister vermerkt. Durch eine weitere Firmenänderung hat die D Pharmaceuticals Co. unter dem 2. Oktober 2001 die Firmenbezeichnung E Pharma Company erhalten, wie sich aus dem Verzeichnis der Handelsnamen, Partnerschaften und Gesellschaften ergibt (Anlage K 12). Hierbei handelt es sich trotz der unterschiedlichen Sitzbezeichnung zu dem im Rubrum angegebenen Firmensitz der Klägerin, nämlich …, um die Klägerin. Aus der Anlage K 26 ergibt sich, dass die Klägerin ihren Unternehmenssitz von der in der Anlage K 12 genannten Firmenanschrift in … geändert hat. Die entsprechende Postfachanschrift entspricht derjenigen wie sie im Rubrum zur Klageschrift angegeben ist sowie derjenigen im Rollenauszug nach Anlage K 5. Unerheblich ist auch, dass in der Anlage K 12 die Firmenänderung einer D Pharmaceutical Co. beschrieben wird, also einem Unternehmen ohne „s“ bei „Pharmaceuticals“. Es handelt sich hierbei um dieselbe Gesellschaft, wie sich aus der Anlage K 26 ergibt. Der Buchstabe „s“ wurde in dem Verzeichnis der Handelsnamen, Partnerschaften und Gesellschaften versehentlich weggelassen.

II.
Der Klagepatentschrift zufolge betrifft die Erfindung neue ether-substituierte Isonitrile, radioaktiv markierte Komplexe dieser Isonitrile und Verfahren zur Verwendung der radioaktiv markierten Komplexe zur myokardialen Abbildung, also zur Abbildung des Herzmuskels (Seite 1 Abs. 1).

Im Stand der Technik sind Isonitril-Komplexe verschiedener Radionuklide und ihre Verwendung als abbildende Mittel aus der Druckschrift US 4 452 774 bekannt. Die Klagepatentschrift nennt als Nachteil der in der genannten Patentschrift patentierten technischen Lehre, dass es zu einer frühen Konzentration des darin beschriebenen Radionuklids in der Lunge kommt. Dadurch wird die Abbildung des Herzens verzögert; bevor brauchbare Myokard-Bilder erhalten werden könnten, müsse zunächst die Lungenaktivität abklingen. Ferner wird ausgeführt, dass die hohe Konzentration des Radionuklids in der Leber, den Nachweis von Durchblutungsstörungen im apikalen Bereich des Myokards erschwert, also im oberen Bereich des Herzmuskels. Daher bestehe eindeutig Bedarf an einem selektiveren Mittel zur myokardialen Abbildung (Seite 3 Abs. 1).

Vor diesem Hintergrund hat es sich die Erfindung nach dem Klagepatent zur Aufgabe gemacht – ohne dies ausdrücklich zu formulieren – neue ether-substituierte Isonitrile und diagnostische Kits derselben, radiomarkierte Komplexe dieser Isonitrile und diagnostische Methoden unter Verwendung dieser radiomarkierten Komplexe zur Verfügung zu stellen. Hierzu schlägt das Klagepatent in seinem Anspruch 1 folgende Verbindung vor:

1. ether-substituiertes Isonitril der Formel CN-A-O-R, in der

2. A eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkylen-Gruppe ist und

3. R eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkyl-Gruppe ist,

4. mit der Maßgabe, dass die Gesamtzahl der Kohlenstoff-Atome in A plus R 4 bis 6 ist,

5. weiterhin mit der Maßgabe, dass dann, wenn die Gesamtzahl der Kohlenstoff-Atome in A plus R 6 ist, das Kohlenstoff-Atom in der α-Stellung zu der Isonitril-Gruppe ein quarternäres Kohlenstoff-Atom ist und

6. noch weiterhin mit der Maßgabe, dass A nicht (CH2)3 ist.

III.
Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre nach dem Patentanspruch 1 des Klagepatentes wortsinngemäßen Gebrauch. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht das Merkmal 2, welches besagt, dass A in dem ether-substituierten Isonitril der Formel CN-A-O-R (Merkmal 1) eine geradkettige oder kettenverzweigte Alkylen-Gruppe ist. Bei der angegriffenen Ausführungsform besteht die Gruppe A aus der Isobutylverbindung -CH2C(CH3)2, einer gesättigten Alkylverbindung, welche – mit den beiden Substituenten CN- und -OCH3 – eine kettenverzweigte Alkylen-Gruppe im Sinne des Merkmals 2 darstellt.

Das Klagepatent selbst macht in seinem für den vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Patentanspruch 1 zu der Frage, was unter der Alkylen-Gruppe zu verstehen ist, keine konkreten Angaben. Im Merkmal 6 wird lediglich bestimmt, dass A nicht -(CH2)3 sein soll, d.h. eine Propylgruppe, die für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich, nicht über C=C-Doppelbindungen verfügt, wie die nachfolgende Formel mit den Substituenten CN- und –OR zeigt.

CN – CH2 – CH2 – CH2 – O – R

Da Kohlenstoff im Regelfall lediglich „vierbindig“ ist, schließt die Angabe im Merkmal 6, dass A nicht -(CH2)3 sein soll, das Vorhandensein einer Doppelbindung aus.

Die Auslegung des Begriffs der „Alkylen-Gruppe“ unter Berücksichtigung der weiteren Angaben in den Patentansprüchen sowie der Beschreibung führt zu der von der Klägerin vertretenen Auffassung, dass es sich bei der im Merkmal 2 unter Schutz gestellten geradkettigen oder kettenverzweigten Gruppe A um eine gesättigte Alkylverbindung mit zwei Substituenten handelt und nicht – wie die Beklagten meinen – um eine (ungesättigte) Olefinverbindung. Unteranspruch 3, der auf den Patentanspruch 1 rückbezogen ist, definiert als bevorzugtes erfindungsgemäßes ether-substituiertes Isonitril die Verbindung CNCH2C(CH3)2OCH3. Da CN- für Isonitril steht und -OCH3 für die Methoxygruppe, wird A bei dieser bevorzugten Ausführung durch die Verbindung-CH2C(CH3)2 beschrieben, d.h. eine Isobutylgruppe, welche keine ungesättigte Alkylverbindung darstellt. Da auf beiden „Seiten“ des Molekülbestandteiles Nicht-Kohlenstoffverbindungen verbunden sind, handelt es sich insoweit um eine Alkylverbindung, die an jeder „Seite“ mit einem Substituenten – CN- und -OCH3 – verbunden ist. Danach ist unter einer Alkylen-Gruppe im Sinne des Klagepatentes eine Alkylverbindung mit zwei Substituenten zu verstehen.

Für dieses Verständnis des Begriffes Alkylen-Gruppe sprechen auch die weiteren im Unteranspruch 3 als bevorzugte Ausführungsformen unter Schutz gestellten Isonitrile, welche auf Seite 6 der Klagepatentschrift genannt werden. Auch hierbei handelt es sich durchgängig um gesättigte Alkylverbindung, die auf der einen Seite mit dem Stickstoff der Isonitril-Verbindung CN und auf der anderen Seite mit dem Sauerstoff der Etherverbindung (OCH3) verbunden sind.

Aus den in der Klagepatentschrift genannten Beispielen im Rahmen der „ausführlichen Beschreibung der Erfindung“ wird diese Auslegung bestätigt. Die auf Seite 4 gezeigten Verbindungen II, III und I zeigen jeweils eine Gruppe A, die mit N- und O- substitutiert ist. Die ab Seite 6 beschriebenen Beispiele für die Herstellung ether-substituierter Isonitrile beinhalten keine Verbindungen, die eine ungesättigte Alkylverbindung in Position A aufweisen. Dort wird vielmehr die Synthese der auf Seite 6 beschriebenen ethersubstituierten Isonitrile beschrieben, die bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung zeigen und in Unteranspruch 3 unter Schutz gestellt sind.

Entsprechend der vorstehenden Ausführungen gibt die Klagepatentschrift mithin keinen Anhalt für die von den Beklagten vertretene Ansicht. Diesen ist zwar zuzugeben, dass der Begriff der Alkylen-Gruppe in der Chemie tatsächlich für Olefin-Verbindungen verwendet wird bzw. wurde, wie auch die von der Beklagten zu 1. vorgelegten Auszüge aus „School-Scout“ (Anlage B 1) bzw. „Römpp Chemie-Lexikon“ zeigen. Diese Auszüge stehen dem vorstehend beschriebenen Verständnis des erfindungsgemäßen Begriffs der Alkylen-Gruppe aber nicht entgegen. Denn im „Römpp-Lexikon“ wird selbst ausgeführt, dass es sich bei Ethylen, Propylen und Butylen mit dem Sammelbegriff Alkylen um ältere Bezeichnungen handelt, der in Chemiebüchern, die aus dem Ende der 80er bzw. Anfang der 90er Jahre stammen, auch nicht mehr verwendet wird. Dementsprechend wird unter dem Begriff „Alkylen“ im „IUPAC Compendium of Chemical Terminology“ (Anlage K 15) ausgeführt, dass es sich bei dem Begriff „Alkylen“ um einen alten Begriff für „Alkene“ handelt, der nicht empfohlen wird. Weiter wird unter Ziffer 2. angegeben, dass es sich hierbei um einen alten Begriff für Alkendiyl-Gruppen handelt, einem Alkan mit zwei Resten, entsprechend dem vorstehenden Verständnis des Begriffs der „Alkylen-Gruppe“ im Sinne des Klagepatentes.

Für dieses Verständnis spricht des weiteren die sachverständige Äußerung des Prüfers des Europäischen Patentamtes vom 9. Februar 1989 (Anlage K 12), der handschriftlich als Ergebnis der telephonischen Rücksprache mit den patentanwaltlichen Vertretern der Anmelderin notierte, dass der ursprünglich verwendete Begriff „alkyl“ im Anspruch 1 durch „alkylen“ zu ersetzen sei, da A für einen divalenten Rest stehe. Unter divalenten Resten sind nach Anlage K 13 Atome oder Radikalgruppen zu verstehen, welche eine Valenz von zwei aufweisen oder welche mit zwei oder mehr verschiedenen Atomen oder Molekülen verbunden werden können. Der Prüfer sah in der Verwendung des Begriffes Alkylen im Patentanspruch 1 offensichtlich kein Problem hinsichtlich des in der Chemie verwandten Begriff der Alkylene und änderte den Patentanspruch 1 ab.

Vorstehende Auslegung des Begriffs der Alkylen-Gruppe zugrundelegend macht die angegriffene Ausführungsform von dem Merkmal 2 wortsinngemäßen Gebrauch. Sie weist ein ether-substitutiertes Isonitril auf. Das ethersubstituierte Isonitiril der angegriffenen Ausführungsform stellt das Methoxyisobutylisonitril (MIBI) dar, welches nachfolgend mit Kupfer (Cu) als Zentralion und BF4 als Anion in seiner Strukturformel abgebildet ist, entsprechend der Darstellung der Beklagten zu 2. auf Seite 8 des Schriftsatzes vom 24. Juli 2006 (Bl. 77 d.A.).

Die Verbindung enthält eine Alkylgruppe, nämlich die Isobutyl-Gruppe, welche zweifach substituiert ist. Diese ist auf der einen „Seite“ mit der Methoxy-Gruppe (-OCH3) und auf der anderen „Seite“ mit der Isonitiril-Gruppe (CN-) verknüpft. Auch die weiteren Merkmale des Anspruchs werden durch MIBI als Isonitril verwirklicht. Die Gesamtzahl der Kohlenstoffatome in A plus R beträgt 5 (Merkmal 4), da R die Methylgruppe (–CH3) ist und A nicht (CH2)3.

Im Übrigen ergibt sich eine Verwirklichung des Patentanspruches 1 auch auf Grund des Umstandes, dass das ether-substituierte Isonitril MIBI der im Unteranspruch 3 an erster Stelle genannten Verbindung entspricht.

IV.
Aus der Verletzung des Klagepatentes ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

1.
Zu Lasten der Beklagten zu 1. vermag die Kammer festzustellen, dass sie den Gegenstand des Klagepatentes unter Verstoß gegen § 9 Nr. 1 PatG benutzt hat. Die Beklagte zu 1. hat gegen die entsprechende Behauptung der Klägerin, dass sie die angegriffene Ausführungsform in der Bundesrepublik Deutschland vertreibe, keine Einwendungen erhoben.

Hinsichtlich der Beklagten zu 2. hat die Klägerin hingegen nicht zur Überzeugung der Kammer dargetan, dass die Beklagte zu 2. Benutzungshandlungen in Deutschland selbst vorgenommen oder mit Wissen und Wollen Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. unterstützt hat. Die Beklagte zu 2. hat dieses in Abrede gestellt.

In Bezug auf eigene Benutzungshandlungen hat die Klägerin lediglich pauschal behauptet, dass die Beklagte zu 1. die von der Beklagten zu 2. bezogene angegriffene Verletzungsform vertreibe. Tatsachen aus denen sich dieser Umstand ergeben soll, wurden nicht konkret vorgetragen.
Aus der als Anlage K 7 vorgelegten Liste mit der Überschrift „Markierungskit für TC99m, Abgabe nur gemäß § 73.3 AMG“ kann dies nicht hergeleitet werden. Als viertes Arzneimittel wird mit der Bezeichnung „XYZ“ die angegriffene Ausführungsform genannt. Die Liste trägt als Urheber weder die Beklagte zu 1. noch die Beklagte zu 2.
Auch anhand der von der Klägerin als Anlage K 8 vorgelegten englischsprachigen Packungsbeilage der angegriffenen Ausführungsform kann eine Täterschaft der Beklagten zu 2. nicht begründet werden. Die Packungsbeilage nennt als „Manufacturer“ zwar die Beklagte zu 2. Sie lässt jedoch nicht erkennen, wo ein Produkt mit einer solchen Packungsbeilage tatsächlich vertrieben wird, insbesondere, dass ein solcher Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland geschieht. Auch die Klägerin selbst hat trotz Hinweises der Beklagten zu 2. nicht vorgetragen, wo sie die Packungsbeilage – nebst Inhalt – erworben hat, so dass nicht aufgeklärt werden konnte, ob ein Vertrieb des angegriffenen Arzneimittels in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist. Vielmehr spricht gerade die in englischer Sprache abgefasste Packungsbeilage dafür, dass dieses Produkt gerade nicht für den Vertrieb in Deutschland bestimmt war. Etwas anderes ergibt sich auch nicht vor dem Hintergrund des Vorbringens der Klägerin in dem Rechtsstreit 4a O 43/06. Dort legte die Klägerin als Anlage K 15 einen Lieferschein vor, anhand welchem sich ergibt, dass das angegriffene Arzneimittel über die dortige Beklagte zu 1. durch das Kreiskrankenhaus Altötting bezogen wurde. Hieraus kann vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 2. eine unmittelbare Belieferung der dortigen Beklagten zu 1. bestritten hat, noch nicht auf eine aktive Vertriebshandlung der Beklagten zu 2. geschlossen werden. Denn – wie nachfolgend noch ausgeführt werden wird – muss die Beklagte zu 1. des Verfahrens 4a O 43/06 das angegriffene Arzneimittel nicht über die Beklagte zu 2. bezogen haben, so dass der Schluss auf eine direkte Mitwirkung der Beklagten zu 2. nicht gezogen werden kann. Die Klägerin selbst hat nicht vorgetragen, dass ein Bezug des angegriffenen Arzneimittels durch das Kreiskrankenhaus X auf unmittelbare Anforderung bei der Beklagten zu 2. erfolgte.
Ebenso wenig begründet der Umstand, dass die Beklagte zu 2. die ungarische Zulassungsinhaberin mit der Zulassungsnummer Ri-188 sowie Inhaberin der Marktzulassung („holder of the marketing authorisation“) ist (Anlage B 4), das Vorliegen einer patentverletzenden Benutzung des angegriffenen Arzneimittels in Deutschland. Denn die Inhaberschaft an einer „außerdeutschen“ Markt- bzw. arzneimittelrechtlichen Zulassung stellt für sich noch keine Handlung dar, die eine Patentverletzung in sich birgt. Es sind mithin keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eigene Benutzungshandlungen der Beklagten zu 2. begründen könnten.

Dem Vortrag der Klägerin kann auch nicht mit entnommen werden, dass die Beklagte zu 2. mit Wissen und Wollen an Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. teilgenommen hat (vgl. BGH GRUR 2002, 599 – Funkuhr; LG Düsseldorf InstGE 3, 174 – Herzkranzgefäß-Dilationskatheter). In Betracht kommt vorliegend lediglich eine Kooperation mit der Beklagten zu 1. auf Grund des Umstandes, dass ein Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Deutschland lediglich unter den engen Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 AMG erfolgen kann. Nach § 73 Abs. 3 AMG dürfen Fertigarzneimittel – wie die angegriffene Ausführungsform -, die nicht in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen sind, nach Deutschland verbracht werden, wenn sie in dem Staat in Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden, und von Apotheken bestellt sind. Satz 2 des § 73 Abs. 3 AMG regelt dann die weiteren Voraussetzungen unter denen Apotheken solche Arzneimittel beziehen dürfen. Bereits dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass ein Bezug für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland durch einen inländischen Apotheker nur aus dem Land erfolgen kann, in welchem das Arzneimittel ursprünglich zugelassen worden ist, vorliegend Ungarn. Die Vorschrift lässt demgegenüber auch einen Bezug aus Drittländern zu, in welche das Arzneimittel zulässigerweise exportiert wurde. Die angegriffene Ausführungsform ist, wie der von der Beklagten zu 2. in der mündlichen Handlung vorgelegten Liste entnommen werden kann, in Russland, der Türkei, Tschechien, Slowakei, Rumänien, Bulgarien, Zypern, Slowenien und Kroatien registriert. Entsprechend geht die Kammer – mangels entgegenstehenden Vortrages – davon aus, dass aus diesen Ländern auch die angegriffene Ausführungsform bezogen werden kann, ein Bezug der angegriffenen Ausführungsform daher nicht unmittelbar über den Sitz der Beklagten zu 2. erfolgen muss. Hiermit korrelierend ist der Umstand, dass die angegriffene Ausführungsform entsprechend der weiteren von der Beklagten zu 2. in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Liste, auch in genauer bezeichnete arabische und asiatische Länder geliefert wird, so dass ein Bezug über diese Länder per se auch nicht ausgeschlossen werden kann. Dementsprechend muss der ausländische Hersteller des Arzneimittels nicht notwendigerweise Kenntnis von einem Vertrieb des Arzneimittels in ein bestimmtes Land besitzen, da eine Bestellung nicht zwingend über ihn erfolgen muss, sondern auch über eine Apotheke oder einen Großhändler in einem Drittland. Dabei mag der ausländische Hersteller zwar über die allgemeine Kenntnis verfügen, dass sein Arzneimittel beispielsweise auch durch einen Apotheker in der Bundesrepublik Deutschland bezogen werden kann. Die grundsätzliche Möglichkeit, dass ein Export des Arzneimittels in ein bestimmtes Land erfolgen kann, genügt jedoch als wissent- und willentliche Mitverursachung im Sinne des Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (a.a.O. – Funkuhr) nicht.

Auch die in § 94 AMG geregelte Verpflichtung des Bestehens einer Deckungsvorsorge lässt nicht den Schluss auf eine wissent- und willentliche Mitverursachung der Beklagten zu 2. zu. Die Deckungsvorsorge dient der Sicherstellung der wirtschaftlichen Voraussetzung zur Erfüllung von Schadenersatzansprüchen auf Grund des § 84 AMG durch Abschluss einer Haftpflichtversicherung oder durch eine Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung eines Kreditinstituts. Eine solche hat der pharmazeutische Unternehmer, vorliegend die Beklagte zu 2., zu leisten, wenn Arzneimittel unter anderem in ein anderes Land verbracht werden. § 73 Abs. 4 Satz 2 AMG sieht jedoch vor, dass die Vorschriften des AMG mit Ausnahme der genannten Regelungen keine Anwendung finden. § 94 AMG findet sich in der Aufzählung der anwendbaren Vorschriften nicht.

Entgegen der Auffassung der Klägerin begründet auch der Umstand, dass nach § 9 Abs. 1 AMG das Arzneimittel den Namen oder die Firma und die Anschrift des pharmazeutische Unternehmens zu tragen hat, der für das Inverkehrbringen in Deutschland verantwortlich ist, keine entsprechende Kenntnis des Inverkehrbringens. Denn gerade die englischsprachige Angabe „manufacturer“ in der Packungsbeilage zeigt, dass das Arzneimittel nicht explizit für den deutschen Verkehr bestimmt war, da ansonsten der Begriff „Hersteller“ verwendet worden wäre. Die Verwendung einer englischsprachigen Packungsbeilage sowie des Begriffs „manufacturer“ lässt vielmehr den Schluss zu, dass die angegriffene Ausführungsform in zahlreiche Länder verbracht wird, wie auch die von der Beklagten zu 2. in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Liste zeigt, ein Export nach Deutschland entsprechend nicht konkret vorgesehen ist.

Auch das weitere Vorbringen der Klägerin, dass in den Fachkreisen bekannt sei, dass das Produkt der Beklagten zu 2. auf dem deutschen Markt erhältlich sei, wie sich anhand des wissenschaftlichen Artikels aus der Zeitschrift „Annals of Nuclear Medicine“ (Anlage K 25) ergebe, begründet weder eine eigene noch eine wissent- und willentliche Mitwirkungshandlung der Beklagten zu 2. Denn der wissenschaftliche Artikel stammt aus Dezember 2006, mithin einer Zeit nach Ablauf der Schutzzeit des Klagepatentes.

Der Umstand, dass die Beklagte zu 2. Inhaberin eines mittlerweile abgelaufenen Patentes für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist (Anlage B 3), welches in seinem Beispiel 19 ausdrücklich die Herstellung eines Diagnose-Reagenzsatzes, das ein Kupfer-MIBI Addukt enthält, beschreibt, stellt kein Indiz für eigene Benutzungshandlungen der Beklagten zu 2. noch eine Teilnahme an Handlungen Dritter dar. Das Patent ist nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten zu 2. bereits im Jahre 1994 mangels Nichtzahlung der Jahresgebühr abgelaufen. Die bewusste Nichtaufrechterhaltung des patentrechtlichen Schutzes lässt daher eher den Schluss auf ein mangelndes Vertriebsinteresse in Deutschland zu. Jedenfalls kann hiermit kein willentlicher Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform begründet werden.

Da entsprechend der vorstehenden Ausführungen die Klägerin weder eigene Benutzungshandlungen noch eine Teilnahme an Benutzungshandlungen der Beklagten zu 1. zur Überzeugung der Kammer vorgetragen hat, kann die Beklagte zu 2. für das Vorliegen der Patentverletzung nicht verantwortlich gemacht werden. Die Klägerin kann dementsprechend lediglich von der Beklagten zu 1. nach Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG Schadensersatz verlangen. Denn die Beklagte zu 1. hätte die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen nicht im Einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO.

Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, ist die Beklagte zu 1. ihr gegenüber zur Rechnungslegung verpflichtet, §§ 242, 259 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte zu 1. wird durch die von ihr verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet.

Gemäß § 140 b PatG hat die Beklagte zu 1. ferner über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.1. mit den Angaben zusammengefasst, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind.

Der gegenüber der Beklagten zu 1. geltend gemachte Vernichtungsanspruch ist nach § 140 a PatG begründet.

V.
Die unter anderem von der Beklagten zu 1. erhobene Einrede der Verjährung ist unbegründet. § 141 PatG, der auf Ansprüche wegen Verletzung des Patentrechts Anwendung findet, setzt, mit Verweis auf die Vorschriften des BGB, Kenntnis von patentverletzenden Handlungen voraus. Die Beklagte zu 1. hat ungeachtet der Frage des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen nicht vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt die Klägerin von den patentverletzenden Handlungen und der Person des Verletzers Kenntnis erlangt hat.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 91 a, 269 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
• bis zum 13. März 2007: 500.000,- Eur
• danach: 200.000,- Eur