2 U 92/11 – Schneeschieberstecksystem

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2053

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. März 2013, Az 2 U 92/11

Vorinstanz: 4b O 177/10

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 05. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagten werden auch die Kosten des Rechtsstreits der zweiten Instanz auferlegt.

III. Dieses Urteil sowie das landgerichtliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.100,00 EUR festgesetzt.

G r ü n d e :

I.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für Gartengeräte.

Die Beklagte hält eine Lizenz an dem deutschen Patent DE 41 29 XXX C1, dessen Inhaber der Geschäftsführer der Beklagten, B, ist. Dieser erhielt am 15.01.2010 die Mitteilung P.3300 des DPMA, mit der er darauf hingewiesen wurde, dass die Jahresgebühr nicht entrichtet worden sei, diese aber einschließlich Verspätungszuschlag bis zum 01.03.2010 nachentrichtet werden könne. Eine Zahlung erfolgte nicht. Infolgedessen ist das Patent DE ‘XXY am 02.03.2010 erloschen.

Die Klägerin bot in ihrem bis zum 31.03.2011 gültigen Verkaufsprospekt für die Wintersaison 2010/2011 Wintergeräte an, darunter Schneeschieber und ein zugehöriges Umrüstset. Dabei bewarb sie allgemein Schneeschieber mit Stecksystem und ein Umrüstset für dieses Stecksystem mit der Angabe „C“ (S. 18 und 20 der Anlage K 3). Weiterhin wurden die Schneeschieber „D“, „E“, „F“, „G“ und „H“ mit der Angabe „O“ beworben (S. 19 der Anlage K 3). Außerdem enthielt der Prospekt für die Schneeschieber „I“, „J“, „K“, „L“, „M“ und „N“ die Angabe „P“ (S. 23, 27 und 31 der Anlage K 3). Ebenso bewirbt die Beklagte in ihrem Internetauftritt verschiedene Schneeschieber mit der Angabe „P“. Wegen der Einzelheiten des Verkaufsprospekts und des Internetauftritts wird auf die Anlagen K 3 und K 4 Bezug genommen.

Auf die Anfrage der Klägerin mit Schreiben vom 23.07.2010, auf welches Patent die Beklagte ihre Aussagen im Verkaufsprospekt und im Internet beziehe, verwies die Beklagte mit Schreiben vom 28.07.2010 auf das Patent DE ‘XXY und ein weiteres Patent mit der Veröffentlichungsnummer DE 10 2007 021 XXZ B4. Da das Patent DE ‘XXY erloschen war und die Klägerin nicht der Auffassung war, dass die von der Beklagten beworbenen Produkte vom Gegenstand des Patents DE 10 2007 021 XXZ B4 Gebrauch machten, mahnte die Klägerin die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 29.07.2010 ohne Erfolg ab. Wegen der Einzelheiten des Abmahnschreibens wird auf die Anlage K 8 Bezug genommen.

Mit der am 31.08.2010 eingereichten Klage hat die Klägerin die Beklagte ursprünglich auf Unterlassung der streitgegenständlichen Werbeaussagen, Auskunft über den Umfang der Werbeaussagen, Zahlung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 2.080,50 EUR, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Gestattung der Urteilsveröffentlichung in Anspruch genommen.

Nachdem B spätestens durch die außergerichtliche Korrespondenz der Parteien davon Kenntnis erhalten hatte, dass das Patent DE ‘XXY erloschen war, stellte er mit Schreiben vom 21.09.2010 beim DPMA einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, dem mit Beschluss des DPMA vom 07.10.2010 stattgegeben wurde. Der Beschluss, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage B 2), wurde am 04.01.2011 zugestellt.

Daraufhin haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsantrags, des Auskunftsantrags, soweit er sich auf Angaben zu den gewerblichen Abnehmern der Beklagten bezogen hat sowie für den Zeitraum ab dem 04.01.2011, des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht für den Zeitraum seit dem 04.01.2011 und des Antrags auf Urteilsveröffentlichung in der Hauptsache für (teilweise) erledigt erklärt.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bis zum Eintritt der Teilerledigung hätten ihr Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz dem Grunde nach und Urteilsveröffentlichung zugestanden, weil die angegriffenen Werbeaussagen tatsächlich irreführend und damit wettbewerbswidrig gewesen seien. Bei der Rückwirkung der Wiedereinsetzung handele es sich lediglich um eine materiell-rechtliche Fiktion, die aber nicht dazu diene, dem Säumigen eine dem Nicht-Säumigen vergleichbare Rechtsposition einzuräumen. Es werde durch die Wiedereinsetzung auch keine Aussage über die rechtliche Bewertung von Handlungen bis zum Zeitpunkt der Wiedereinsetzung getroffen. Maßgeblich seien die tatsächlichen Umstände im Zeitpunkt der Vornahme der angegriffenen Handlung. Die Rechtsprechung des BGH zur Frage der Rechtswidrigkeit oder Rechtmäßigkeit von Benutzungshandlungen im Zeitraum nach dem Erlöschen des Patents und vor der Wiedereinsetzung sei insofern auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die Irreführung sei zudem wettbewerbsrechtlich relevant, weil die Werbung mit einem Patent niemals unwesentlich sei und aufgrund des Zeitraums der Werbung auf eine Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise – Zwischenhändler, die Schneeschieber in der Regel im Sommer orderten – geschlossen werden könne. Die Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Anknüpfungspunkt dafür sei die Berühmung mit dem Patent, nicht aber die Säumnis hinsichtlich der Zahlung der Jahresgebühr. Der Beklagten sei insofern vorzuwerfen, sich vor der Schaltung der Werbung nicht vergewissert zu haben, ob das Patent in Kraft stehe. Jedenfalls mit der Abmahnung habe die Beklagte sogar positive Kenntnis gehabt. Die geltend gemachten Ansprüche hätten ihr – der Klägerin – bis zum 03.01.2011 zugestanden. Das gelte auch für den Antrag auf Urteilsveröffentlichung. Das berechtigte Interesse beruhe unter anderem auf dem Aufklärungsbedürfnis der Öffentlichkeit. Der irreführende Eindruck habe allein durch eine Urteilsveröffentlichung ausgeräumt werden können.

Die Beklagte hat den Vorwurf der Patentberühmung zurückgewiesen. Zwar habe das Patent DE ‘XXY kurze Zeit außer Kraft gestanden, die Regelung in § 123 PatG gehe aber von einer Rückwirkung der Wiedereinsetzung aus, nach der Rechtsnachteile als nicht eingetreten anzusehen seien, eingetretene Rechtswirkungen wieder rückgängig gemacht würden und sogar ein neuer Rechtszustand geschaffen werde. Die Rechtsprechung des BGH zur Wiedereinsetzung sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, weil es nicht um die Frage gehe, ob und inwieweit einem Dritten die vor der Wiedereinsetzung erfolgte Benutzung eines Patents nachträglich vorgeworfen werden könne, sondern ob das Verhalten des Patentinhabers vor der Wiedereinsetzung nachträglich als rechtmäßig qualifiziert werden könne. Es handele sich nicht um eine Rückwirkung zu Lasten eines Dritten. Zudem zeige die Regelung in § 123 Abs. 5 und 7 PatG, dass nur ausnahmsweise eine Rückwirkung nicht in Betracht komme. Die dafür erforderliche planwidrige Regelungslücke liege erkennbar nicht vor.

Im Übrigen fehle es jedenfalls an der wettbewerblichen Relevanz einer Irreführung durch die beanstandete Werbung. Die Erwerber der beworbenen Schneeschieber hätten ein Produkt erhalten, dem von Anfang an und bis heute Patentschutz tatsächlich zukomme. Das zwischenzeitliche Erlöschen des Patents führe allenfalls dazu, dass für kurze Zeit der Eintritt eines Sachverhaltes möglich gewesen sei, der zu einer Enttäuschung der Verkehrskreise hätte führen können. Aufgrund der Wiedereinsetzung habe sich diese Möglichkeit aber nicht verwirklicht. Sie – die Beklagte – habe daher nicht über das Bestehen von Patentschutz getäuscht, sondern allenfalls über den fortlaufenden Patentschutz. Der Eindruck eines besonderen Vorzugs der Ware sei insofern nicht enttäuscht worden. Zudem sei die Wiedereinsetzung zu einem Zeitpunkt erfolgt, als sich die Frage des Erwerbs von Schneeschiebern regelmäßig überhaupt erstmals gestellt habe.

Sie – die Beklagte – und insbesondere ihren Geschäftsführer treffe auch kein Verschulden am zwischenzeitlichen Erlöschen des Patents DE‘XXY. Die Beklagte hat dazu behauptet, B habe ihrer Buchhalterin, Q, die Mitteilung P.3300 des DPMA mit der Anweisung übergeben, die Einzahlung vorzunehmen. Bei Q handele es sich um eine äußerst zuverlässige und erfahrene Mitarbeiterin, die mit Überweisungen an das DPMA vertraut sei. Die Beklagte hat daher die Auffassung vertreten, die Fristversäumnis sei unverschuldet gewesen. Dies stelle der Wiedereinsetzungsbeschluss ausdrücklich fest. Wenn aber den Patentinhaber kein Verschulden treffe, müsse dies erst Recht für sie – die Beklagte – gelten, zumal der Patentinhaber zugleich ihr Geschäftsführer sei. Es habe keine Veranlassung bestanden, sich zu erkundigen, ob die Zahlung tatsächlich erfolgt sei. Eine entsprechende Kontrollpflicht bestehe nicht, weil eine Kontrolle bei täglich durchschnittlich 25 Überweisungen tatsächlich nicht durchführbar und daher unzumutbar sei. Schadensersatz und Auskunft könnten daher nicht verlangt werden. Es sei zudem nicht ersichtlich, inwiefern durch ihr Verhalten überhaupt ein Schaden entstanden sein solle.

Abgesehen davon stünden der Klägerin auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit keine Ansprüche zu. Ihr – der Beklagten – hätte jedenfalls eine Aufbrauchsfrist zugestanden, zumal sie vom Erlöschen des Patents keine Kenntnis gehabt habe. Im Übrigen könne es für den Eintritt der Wiedereinsetzung nicht auf die Zustellung des Beschlusses ankommen, weil ihr etwaige Verzögerungen beim DPMA nicht vorgeworfen werden könnten.

Aufgrund der Rückwirkung der Wiedereinsetzung sei zudem die Abmahnung unberechtigt gewesen und bestehe auch kein Anspruch auf Urteilsveröffentlichung. Im Übrigen fehle es insoweit an einem berechtigten Interesse der Klägerin und der Verhältnismäßigkeit.

Mit dem angefochtenen Urteil (auszugsweise veröffentlicht in InstGE 13, 193) hat das Landgericht in der Sache sinngemäß

I. die Beklagte verurteilt, der Klägerin schriftlich Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte vom 02.03.2010 bis zum 03.01.2011 mit den beanstandeten Äußerungen geworben hat, und zwar unter Angabe der Art, des Zeitpunkts und der Anzahl der Werbeaussagen;

II. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.080,50 EUR zu zahlen;

III. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin vom 02.03.2010 bis 03.01.2011 allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

Das Landgericht hat zur Begründung der Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Verurteilung zur Auskunft ausgeführt, die Beklagte habe mit den beanstandeten Werbeaussagen unwahre Angaben über Rechte des geistigen Eigentums gemacht und damit eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen. Das Patent DE ‘XXY sei am 02.03.2010 wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen. Der Wiedereinsetzung komme in dieser Hinsicht nicht die Wirkung zu, dass eine unwahre Angabe über den Patentschutz rückwirkend wahr werde. Die bisherige Rechtsprechung des BGH zur Wiedereinsetzung gemäß § 123 PatG impliziere, dass der Wiedereinsetzung keine materiell-rechtliche Wirkung dahingehend zukomme, dass das Erlöschen des Patents als unter keinen Umständen geschehen gelte. Stattdessen sei die Interessenlage der Parteien für die Beurteilung der Rückwirkung ausschlaggebend. Auch wenn es vorliegend – anders als in den Entscheidungen des BGH – um die Frage gehe, ob eine ursprünglich rechtswidrige Handlung durch die Wiedereinsetzung rückwirkend rechtmäßig werde, kämen auch hier die vom BGH aufgestellten Billigkeitserwägungen zum Tragen. Da aber das Erlöschen des Patents DE ‘XXY auf ein in der Einflusssphäre der Beklagten liegendes Ereignis zurückgehe, sei es sach- und interessengerecht, im vorliegenden Fall der Wiedereinsetzung keine Rückwirkung zuzusprechen. Denn auch die Klägerin als Wettbewerberin der Beklagten müsse darauf vertrauen können, dass ein angemahnter rechtswidriger Zustand nicht nachträglich wieder beseitigt werde mit der Folge, dass ihr unnötige Kosten entstehen. Der Irreführung durch die angegriffenen Werbeaussagen komme wettbewerbliche Relevanz zu, weil die Entscheidung für den Kauf von Schneeschiebern bei den Abnehmern der Beklagten – vornehmlich Zwischenhändlern – bereits im Frühjahr/Sommer falle. Dies werde unter anderem aus den Frühbezugskonditionen der Beklagten deutlich. Die Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt. In dieser Hinsicht entfalte der Wiedereinsetzungsbeschluss des DPMA keine Bindungswirkung. Die Sorgfaltsanforderungen an ein Fachunternehmen, das für sein Produkt mit der Angabe „patentiert“ oder „geschützt“ werben wolle, umfassten auch die Prüfung, ob im Zeitpunkt der Verbreitung der Werbung das zugrunde liegende Schutzrecht noch in Kraft stehe. Dies habe die Beklagte nicht belegen können. Im Übrigen habe sie ab dem Zeitpunkt der Abmahnung vorsätzlich gehandelt. Da nicht ausgeschlossen sei, dass auf Grund der Werbeaussagen der Beklagten ein Marktverwirrungsschaden entstanden sei, bestehe auch das für die Feststellung der Schadensersatzpflicht erforderliche Feststellungsinteresse. Der Schadensersatzanspruch und der Auskunftsanspruch bestünden für die Zeit bis zum 03.01.2011, weil der Wiedereinsetzungsbeschluss erst mit seiner Zustellung wirksam geworden sei. Die Regelung im Patentgesetz sei insofern eindeutig, auch wenn sie aus Sicht der Beklagten unbillig erscheine.

Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landgericht vollständig der Beklagten auferlegt mit der Begründung, die Beschränkung der Feststellung der Schadensersatzpflicht und des Auskunftsantrags durch die Klägerin auf die Zeit nach dem 02.03.2011 sei keine Teilklagerücknahme, sondern habe lediglich klarstellende Wirkung gehabt. Mit den weitergehenden Anträgen bezüglich Unterlassung, Schadensersatz und Auskunft hätte die Klägerin nach dem bisherigen Sach- und Streitstand obsiegt. Das wäre hinsichtlich des Antrags auf Urteilsveröffentlichung zwar nicht der Fall gewesen, aber in dieser Hinsicht seien der Beklagten die Kosten aufgrund des Rechtsgedankens des § 92 Abs. 2 ZPO aufzuerlegen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung und trägt unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor: Die Argumentation des Landgerichts zur fehlenden Rückwirkung der Wiedereinsetzung sei widersprüchlich, weil die Kammer selbst davon ausgehe, dass die Wiedereinsetzung rechtsbegründend wirke und damit materiell-rechtliche Rückwirkung habe. Daher sei die streitgegenständliche Werbung durchaus als zutreffend anzusehen. Abgesehen davon sei nicht erkennbar, warum es sach- und interessengerechter sein solle, den Patentinhaber zu belasten als die Werbung rückwirkend vom Makel der Rechtswidrigkeit zu befreien. Vielmehr müsse umgekehrt der Patentinhaber darauf vertrauen dürfen, dass durch die Wiedereinsetzung die Rechtsnachteile beseitigt würden und er entlastet werde. Der Wettbewerber müsse hingegen die Möglichkeit einer rückwirkenden Wiedereinsetzung in Betracht ziehen. Eine Abmahnung wegen irreführender Werbung erfolge – wie immer im Wettbewerbsrecht – auf eigenes Risiko. Dass der Wettbewerber auf die Wiedereinsetzung keinen Einfluss habe, sei kein taugliches Kriterium für die Beurteilung der Reichweite der Rückwirkung. Da die Billigkeitserwägungen des Landgerichts maßgeblich auf die der Klägerin durch die Abmahnung entstandenen Kosten abstellten, könnten sie allenfalls im Rahmen des Anspruchs auf Kostenerstattung Anwendung finden. Sie könnten aber nicht die Entscheidung über Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche tragen.

Was die wettbewerbliche Relevanz angehe, habe das Landgericht verkannt, dass dieses Kriterium dazu diene, dem Irreführungsverbot nur solche Handlungen zu unterstellen, die auch die Funktionen des Wettbewerbs berührten, nämlich die Wahrung schützenswerter Interessen, sei es der Endverbraucher oder der Mitbewerber. Dies sei im vorliegenden Fall aber nicht ersichtlich und sei vom Landgericht auch nicht festgestellt worden.

Auf welcher Grundlage das Landgericht zu den von ihm angenommenen Sorgfaltspflichten gekommen sei, teile es nicht mit. Jedenfalls bestehe für den bloßen Inhaber eines Nutzungsrechts eine solche Sorgfaltspflicht nicht. Zumindest in dem Fall, in dem wie vorliegend der Schutzrechtsinhaber für die rechtzeitige Zahlung der Jahresgebühr Sorge zu tragen habe, könne vom Werbenden nicht noch verlangt werden, den tatsächlichen Erfolg der Einzahlung zu überprüfen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht durch den Zugang der Abmahnung, weil sie insofern auf den Erfolg des Wiedereinsetzungsantrags und die Rückwirkung der Wiedereinsetzung habe vertrauen dürfen.

Weiterhin habe das Landgericht verkannt, dass es auf der Rechtsfolgenseite nicht auf die im Patentgesetz geregelten Bestimmungen zum Verfahren vor dem DPMA ankomme, sondern allein auf die Sachnormen des Wettbewerbsrechts. Demnach sei es aber unbillig und unverhältnismäßig, den Haftungszeitraum der Beklagten davon abhängig zu machen, wie lange das DPMA für die Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses brauche. Abgesehen davon habe das Landgericht den Vortrag zur Aufbrauchsfrist ignoriert.

Die vom Landgericht angenommene Marktverwirrung sei nicht ersichtlich. Es fehle an substanziiertem Vortrag der Klägerin und damit an der Grundlage für die Feststellung des Landgerichts, das ein Schaden zu Lasten der Klägerin möglich erscheine.

Schließlich sei auch die Kostenentscheidung unzutreffend, weil die erstinstanzlich erklärte Teilklagerücknahme nicht als kostenneutrale Klarstellung habe aufgefasst werden dürfen. Darüber hinaus hätte sie – die Beklagte – mit dem für erledigt erklärten Teil nach dem bisherigen Sach- und Streitstand aus den zuvor genannten Gründen obsiegt. Dies habe das Landgericht für den Antrag auf Urteilsveröffentlichung zwar zutreffend erkannt, der Gegenstandswert für diesen Antrag sei aber mit mindestens 15.000,00 EUR anzusetzen, so dass der in § 92 Abs. 2 ZPO normierte Rechtsgedanke keine Anwendung finden könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 05.07.2011 (4b O 177/10) abzuändern und

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend. Sie trägt ergänzend vor, für die Frage der Rückwirkung der Wiedereinsetzung komme es auf die tatsächlichen Umstände während des Erlöschenszeitraums und die Interessenlage der Parteien an. Tatsächlich sei die Patentberühmung während des Erlöschenszeitraums aber unwahr und damit irreführend gewesen. Sämtliche Umstände für die Beurteilung der Patentberühmung, das Erlöschen des Patents und die Wiedereinsetzung stammten zudem aus der Sphäre der Beklagten. Darüber hinaus könne von einer objektiv unwahren Angabe, die zu einer auch nur temporären Fehlvorstellung des Verkehrs führe, regelmäßig auf die wettbewerbliche Relevanz geschlossen werden. Der Beklagten sei auch ein Verschuldensvorwurf zu machen. Gerade weil sie nicht mit einem eigenen Schutzrecht, sondern dem eines Dritten geworben habe, hätte es der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt entsprochen, wenn sie sich vor der Schaltung der Werbung noch einmal vergewissert hätte, dass das Schutzrecht tatsächlich in Kraft stehe. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte gewusst habe, dass die erste Zahlungsfrist versäumt worden sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ändere am Verschulden nichts, da dieser Antrag weder zwangsläufig hätte erfolgreich sein müssen, noch irgendeine das Verschulden betreffende Rückwirkung habe. Zutreffend sei das Landgericht auch davon ausgegangen, dass eine Marktverwirrung eingetreten sei. Bei der Werbung mit nicht bestehendem Patentschutz handele es sich nicht um eine geringfügige Irreführung. Da die Beklagte ihre Verkaufsprospekte zudem gezielt an interessiertes (Fach-)Publikum verteilt habe, sei dieses vor dem Treffen einer Marktentscheidung Fehlvorstellungen unterlegen. Es sei auch davon auszugehen, dass sich diese zu ihren – der Klägerin – Lasten ausgewirkt habe, weil die Parteien in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis stünden und nicht auszuschließen sei, dass Kunden aufgrund ihrer Vorstellung, ein besonders innovatives, nämlich patentgeschütztes Produkt vor sich zu haben, das von der Beklagten angebotene Produkt statt dasjenige der Klägerin erworben hätten.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1.
Zu Recht hat das Landgericht die Schadensersatzpflicht der Beklagten für den Zeitraum vom 02.03.2010 bis zum 03.01.2011 wegen unlauterer geschäftlicher Handlungen gemäß §§ 3 Abs. 1, 9 S. 1 UWG festgestellt.

Gemäß § 9 S. 1 UWG ist, wer schuldhaft eine nach § 3 oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei den Parteien handelt es sich um Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, weil sie beide als Anbieter von Gartengeräten, insbesondere Schneeschiebern, in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen. Die Verwendung der streitgegenständlichen Aussagen durch die Beklagte in ihrem Verkaufsprospekt und in ihrem Internetauftritt stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar, da sie der Förderung des Absatzes der Schneeschieber dient.

Die geschäftliche Handlung war im Zeitraum vom 02.03.2010 bis zum 03.01.2011 unlauter und unzulässig im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 UWG. Zudem erfolgte sie schuldhaft und auch ein Schadenseintritt ist nicht unwahrscheinlich. Die Rechtsfolgen sind entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht unverhältnismäßig.

a)
Die Beklagte handelte unlauter im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 1 UWG, weil die Werbung mit den streitgegenständlichen Aussagen während des Zeitraums vom 02.03.2010 bis zum 03.01.2011 irreführend war. Eine geschäftliche Handlung ist dann irreführend, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 2.169 m.w.N.). Dies kann gemäß
§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 3 UWG unter anderem dadurch geschehen, dass die Werbung unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die Beschaffenheit des Produkts oder über das Vermögen des Unternehmens einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums des Unternehmers – hier der Beklagten – enthält. Das ist vorliegend der Fall.

aa)
Mit der Werbung für Schneeschieber in ihrem Verkaufsprospekt und ihrem Internetauftritt wendet sich die Beklagte an Händler und damit an Fachkreise. Denn der Verkaufsprospekt gibt lediglich die Händlereinkaufspreise ohne Mehrwertsteuer und unverbindliche Preisempfehlungen für die angebotenen Produkte an. Zudem werden die Produkte im Verkaufsprospekt oder im Internetauftritt nicht einzeln zum Erwerb angeboten, sondern nur als Verkaufseinheit von 10 Stück oder Vielfache davon. Dass sich die Werbung auch an Endverbraucher richten soll, ist nicht vorgetragen.

bb)
Bei den werblichen Angaben „C“, „O“ beziehungsweise „P“ für Schneeschieber handelt es sich vornehmlich um Angaben zur Beschaffenheit des Produkts. Darüber hinaus wird durch die Hinweise auf den Patentschutz auch die Bedeutung der Beklagten unterstrichen (Köhler/Bornkamm-Bornkamm UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 5.113). Der Hinweis macht auf die technische Neuheit eines Produkts und darauf aufmerksam, dass das Produkt nicht ohne Weiteres beim Wettbewerber erworben werden kann. Zudem werden Mitbewerber dadurch auf mögliche Abwehr- und Schadensersatzansprüche hingewiesen (vgl. Bornkamm GRUR 2009, 227). Im Allgemeinen wird der Hinweis auf ein Patentrecht dahingehend verstanden, das Produkt sei im ganzen oder in Teilen gegen Nachahmung geschützt, biete in bestimmter Beziehung Neues und weise Vorzüge auf gegenüber gleichartigen Erzeugnissen anderer Hersteller, für die ein Schutzrecht nicht besteht (vgl. BGH GRUR 1961, 241 – Socsil; GRUR 1964, 144 – Sintex; GRUR 1984, 741 – Patented; vgl. auch Senat Mitt. 1996, 355). Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen daher die Angabe „patentiert“ dahingehend, dass ein Patent tatsächlich erteilt und seine Schutzdauer noch nicht abgelaufen ist (Köhler/Bornkamm-Bornkamm UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 5.116). Auch die Angabe „geschützt“ versteht der Verkehr als Hinweis auf ein bestehendes Patent (Köhler/Bornkamm-Bornkamm UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 5.117). Allein das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des Schutzes berechtigt hingegen nicht zur Berühmung (Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 5.116).

Das gilt auch dann, wenn sich die Werbung – wie im vorliegenden Fall – an das Fachpublikum wendet. Zwar betrachten fachkundige Kreise Werbeangaben meist sorgfältiger. Sie erfassen – anders als unkritische Laien – auf Grund ihrer Vorbildung und Erfahrung den Aussageinhalt einer Angabe leichter und können zudem wegen ihrer beruflichen Verantwortung zu einer genaueren Prüfung veranlasst sein (Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 2.80). Ob für ein Produkt ganz oder zum Teil, wie in der Werbung angegeben, Patentschutz besteht, erschließt sich aber auch bei genauerer Betrachtung der Werbung nicht ohne weiteres, sondern allenfalls nach einer Anfrage beim Werbenden oder einer Patentrecherche mit anschließender sorgfältiger Prüfung, ob das Produkt vom Schutzumfang des Patents erfasst wird und das Patent noch in Kraft steht. Es kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass Abnehmer der Beklagten eine solche Prüfung vornehmen. Zu den Abnehmern von Schneeschiebern gehören regelmäßig auch Baumärkte oder Gartencenter mit einem großen Produktportfolio, für die der Aufwand für eine solche Prüfung in keinem Verhältnis zu den damit gewonnen Erkenntnissen stände. Kleineren Abnehmern wird es regelmäßig an dem für eine Prüfung des Patentschutzes erforderlichen Fachwissen fehlen; die Hinzuziehung rechts- oder patentanwaltlicher Hilfe steht bereits aufgrund des Kostenaufwands in keinem Verhältnis zum Erkenntnisgewinn. Im Allgemeinen wird sich der Abnehmer daher darauf verlassen, dass der Werbende die Richtigkeit seiner Angaben geprüft hat und der Patentschutz im behaupteten Umfang besteht.

cc)
Die Angaben „patentiert“ oder „geschützt“ in der Werbung der Beklagten für die von ihr angebotenen Schneeschieber waren im Zeitraum vom 02.03.2010 bis zum 03.01.2011 nicht wahr.

Dass die streitgegenständlichen Werbeaussagen durch das Patent DE 10 2007 021 XXZ B4 gedeckt waren, wird von der Beklagten selbst nicht behauptet. Aber auch das Patent DE ‘XXY stellte im relevanten Zeitraum keine Grundlage für die angegriffenen Angaben dar, da es am 02.03.2010 wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen war. Erst mit dem Wirksamwerden der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch die Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses gemäß § 47 PatG wurde dieser Zustand am 04.01.2011 beendet.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus, dass die Wiedereinsetzung in gewissem Umfang Rückwirkung hat. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Wiedereinsetzung nicht die Wirkung zukommt, dass eine ursprünglich unwahre Angabe über bestehenden Patentschutz rückwirkend wahr wird.

Die Wirkungen der Wiedereinsetzung sind im Gesetz – sei es in § 123 PatG, oder in § 233 ZPO – nicht abschließend geregelt (vgl. auch BGH GRUR 1956, 265, 268 – Rheinmetall-Borsig I). Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass durch die Wiedereinsetzung die versäumte und nachgeholte Handlung als rechtzeitig vorgenommen fingiert wird (BGH GRUR 1995, 333, 334 – Aluminium-Trihydroxid; BGHZ 8, 284, 285; Benkard/Schäfers, PatG 10. Aufl.: § 123 PatG Rn 69; vgl. auch BGH GRUR 1963, 519, 522 – Klebemax; GRUR 1993, 460, 464 – Wandabstreifer). Der durch die Fristversäumung eingetretene Rechtsnachteil wird rückwirkend beseitigt (BGHZ 8, 284, 285; BGH NJW 1987, 327; Benkard/Schäfers, PatG 10. Aufl.: § 123 PatG Rn 69). Zu § 233 ZPO hat der BGH in verschiedenen Entscheidungen festgestellt, dass durch die Gewährung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist selbst die Rechtsfolgen einer zunächst eingetretenen Rechtskraft entfallen (BGH NJW 1987, 327, 328 m.w.N.). Der BGH hat dazu ausgeführt, dass es für die Frage, inwieweit Rechtshandlungen Bestand haben, die im Vertrauen auf einen solchen Schein der Rechtskraft vorgenommen wurden, auf das sachliche Recht ankomme. Fehle es an einer Schutzvorschrift zugunsten dessen, der sich auf den Schein der Rechtskraft verlassen habe, sei die mit der Möglichkeit einer späteren Beseitigung dieses Rechtsscheins verbundene Rechtsunsicherheit in Kauf zu nehmen (BGHZ 8, 284, 287). Auch für § 123 Abs. 1 PatG ist anerkannt, dass eine infolge nicht fristgemäß gezahlter Jahresgebühr verfallene Patentanmeldung durch die Wiedereinsetzung rückwirkend wieder auflebt (BGH GRUR 1993, 460, 464 – Wandabstreifer; Benkard/Schäfers, PatG 10. Aufl.: § 123 PatG Rn 69) oder ein aus demselben Grund erloschenes Patent rückwirkend wieder in Kraft tritt (BGH GRUR 1956, 265 – Rheinmetall-Borsig I; Benkard/Schäfers, PatG 10. Aufl.: § 123 PatG Rn 69).

Allerdings hat der BGH zu § 123 Abs. 1 PatG auch entschieden, dass der Wiedereinsetzung, mit der ein erloschenes Patent wieder in Kraft tritt, keine Rückwirkung in dem Sinne zukommt, dass Benutzungshandlungen, die in der Zeit zwischen dem Erlöschen und dem Wiederinkrafttreten des Patents erfolgt sind, als rechtswidrig anzusehen wären (BGH GRUR 1956, 265 – Rheinmetall-Borsig I; vgl. auch BGH GRUR 1963, 519, 522 – Klebemax). Im Gesetz sei für den Schutz von Rechten Dritter, wenn vom Weiterbenutzungsrecht abgesehen werde (vgl. § 123 Abs. 5 und 7 PatG bzw. § 43 Abs. 4 PatG a.F.), zwar keine Vorsorge getroffen worden, daraus folge aber nicht, dass eine vor der Wiedereinsetzung erlaubte Handlung nachträglich infolge der Wiedereinsetzung zu einer rechtswidrigen werden müsste. Unter ausdrücklicher Ablehnung der Rechtsprechung zu § 233 ZPO hat der BGH weiter ausgeführt, die Annahme, der Gesetzgeber habe mittels einer bloßen Fiktion einen vorhandenen Zustand objektiver Rechtmäßigkeit nachträglich für rechtswidrig erklären wollen, liege rechtlich fern. Zwingende Gründe für eine solche Rückwirkung gebe es nicht. Die Regelung für das Weiterbenutzungsrecht spreche eher gegen eine solche Rückwirkung. Im Übrigen hat der BGH ausgehend von der Interessenlage der Parteien eine Rückwirkung der Wiedereinsetzung in dem Sinne verneint, dass Benutzungshandlungen während der Zeit zwischen dem Erlöschen und dem Wiederinkrafttreten des Patents nachträglich rechtswidrig werden (BGH GRUR 1956, 265, 268 – Rheinmetall-Borsig I). Auf dieser Grundlage hat der BGH in der späteren Entscheidung „Wandabstreifer“ (GRUR 1993, 460) außerdem festgestellt, dass der Patentanmelder im Fall der Wiedereinsetzung für Benutzungshandlungen in dem Zeitraum, in dem die Patentanmeldung wegen Nichtzahlung der Jahresgebühren verfallen war, keine Benutzungsentschädigung verlangen kann. In Kenntnis der Rechtsprechung zu § 233 ZPO hat er der Wiedereinsetzung gleichwohl keine weitergehende Rückwirkung beigemessen, weil andernfalls der Inhaber eines erteilten Patent schlechter stände als der Anmelder einer lediglich offengelegten Patentanmeldung (BGH GRUR 1993, 460, 464 – Wandabstreifer).

Der Beklagten ist zuzugeben, dass es im vorliegenden Fall nicht wie in den bisherigen Entscheidungen des BGH um die Frage geht, ob eine ursprünglich rechtmäßige Benutzungshandlung nachträglich zu einer rechtswidrigen wird beziehungsweise die Benutzung einer offengelegten, aber verfallenen Patentanmeldung nachträglich entschädigungspflichtig wird (BGH GRUR 1956, 265 – Rheinmetall-Borsig I; GRUR 1993, 460 – Wandabstreifer). Dies allein vermag eine Rückwirkung der Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall jedoch nicht zu begründen. Die Rechtsprechung des BGH zeigt zwar, dass durch die Fiktion einer rechtzeitigen Zahlung der Jahresgebühr die Rechtswirkungen der versäumten Zahlung rückgängig gemacht werden und das Patent oder die Patentanmeldung dadurch rückwirkend wieder in Kraft tritt. Aber nicht in allen Fällen hat dies die Wirkung, dass das für den Zeitraum vor der Wiedereinsetzung fingierte Bestehen des Patents die gleiche Wirkung hat wie sein tatsächliches Bestehen. Es geht insofern im vorliegenden Fall nicht einfach darum, ob eine ursprünglich rechtswidrige Handlung, nämlich eine irreführende Werbung, nachträglich als rechtmäßig qualifiziert werden kann. Denn das (Nicht-)Bestehen des Patents ist im vorliegenden Fall tatsächliche Voraussetzung für den Vorwurf einer irreführenden geschäftlichen Handlung. Es ist daher in erster Linie zu fragen, ob sich durch die Wiedereinsetzung auch die für das Unwerturteil maßgebliche Tatsachengrundlage rückwirkend ändert, nämlich ob unwahre Angaben nachträglich als wahr gelten sollen. Auch wenn davon die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der geschäftlichen Handlung unmittelbar abhängig ist, kann die Frage der Tatbestandswirkung der Wiedereinsetzung nicht außer Betracht bleiben.

Im vorliegenden Fall gibt es keinen zwingenden Grund, von einer Rückwirkung der Wiedereinsetzung im Hinblick auf den irreführenden Charakter der streitgegenständlichen Aussagen auszugehen. Der Wiedereinsetzung der Beklagten kommt nicht die Wirkung zu, dass die nach dem Erlöschen des Patents DE ‘XXY ursprünglich unwahren Werbeaussagen mit der Wiedereinsetzung nachträglich wahr werden. Auch wenn die Regelung in § 123 PatG nicht erkennen lässt, in welchem Umfang die Wiedereinsetzung Rückwirkung entfalten soll, lässt dies entgegen der Ansicht der Beklagten nicht die Annahme zu, dass eine umfassende Rückwirkung der Regelfall und die Beschränkung der Rückwirkung über § 123 Abs. 5 und 7 PatG hinaus die Ausnahme sei. Im Gegenteil: Ob eine werbliche Angabe wahr oder unwahr und infolgedessen irreführend ist, ist eine Tatsachenfrage. Für sie können daher allein die Umstände im Zeitpunkt der Vornahme der geschäftlichen Handlung maßgeblich sein. Der Auffassung, durch eine bloße Fiktion könne auch die Tatsachengrundlage für das (Nicht-)Bestehen lauterkeitsrechtlicher Ansprüche, die das (Nicht-)Bestehen eines Patents oder einer Patentanmeldung voraussetzen, für den Zeitraum vor der Wiedereinsetzung nachträglich geändert werden, vermag der Senat nicht beizutreten (vgl. zur Tatbestandswirkung der Wiedereinsetzung: Zöller/Greger, ZPO 29. Aufl.: § 244 Rn 6 m.w.N.). Eine solche Tatbestandswirkung kommt der Wiedereinsetzung im vorliegenden Fall nicht zu. Dies zeigt sich vor allem dann, wenn aufgrund irreführender Werbeaussagen tatsächlich eine Willensbeeinflussung der angesprochenen Verkehrskreise stattgefunden hat. Eine solche Willensbeeinflussung wird allein durch die Rückwirkung der Wiedereinsetzung nicht rückgängig gemacht. Der Vorwurf, eine unlautere geschäftliche Handlung begangen zu haben, bleibt insofern auch dann bestehen, wenn die Wiedereinsetzung erfolgreich ist.

Dies spiegelt auch die Interessenlage in der vorliegenden Fallkonstellation wieder. Denn es geht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht allein darum, ob der Werbung im Interesse des Werbenden durch die Wiedereinsetzung rückwirkend der Makel der Rechtswidrigkeit genommen werden kann. Durch die streitgegenständlichen Angaben sind vielmehr auch die Interessen Dritter betroffen. Entscheidend ist insofern der Schutz der durch die Werbung angesprochenen Verkehrskreise und der Mitbewerber vor unlauterem Wettbewerb. Diese sollen in ihrem Vertrauen auf die Richtigkeit der Werbung geschützt werden. Für sie ist nicht ohne weiteres erkennbar, ob die streitgegenständlichen Angaben wahr oder unwahr sind. Tatsächlich waren die beanstandeten Werbeäußerungen der Beklagten vor der Wiedereinsetzung irreführend, was grundsätzlich die Rechtsfolgen aus §§ 8 ff UWG nach sich zieht. Die Angaben werden durch die Wiedereinsetzung nicht nachträglich wahr. Noch weniger kann eine bereits eingetretene Willensbeeinflussung durch die Wiedereinsetzung rückwirkend korrigiert werden. Denn von einer erfolgreichen Wiedereinsetzung und ihren rechtlichen Wirkungen haben die angesprochenen Verkehrskreise in der Regel keine Kenntnis und werden sie auch nicht ohne weiteres erlangen.

Dem Werbenden – hier der Beklagten – wäre es hingegen ein Leichtes, die Vornahme einer irreführenden geschäftlichen Handlung zu vermeiden, indem er beispielsweise vor der Verbreitung der irreführenden Werbung die Richtigkeit der Angaben überprüft und von der Verbreitung absieht, wenn das zugrunde liegende Patent erloschen ist, beziehungsweise die Verbreitung zurückstellt, bis die Wiedereinsetzung erfolgt ist. Zwar geht das Erlöschen des Patents im vorliegenden Fall nicht unmittelbar auf die Beklagte zurück, da diese nur Lizenznehmerin ist. Gleichwohl geht es nicht an, die Rückwirkung der Wiedereinsetzung davon abhängig zu machen, ob das Fristversäumnis dem Patentinhaber oder seinem Lizenznehmer anzulasten ist, weil die Reichweite der Rückwirkung einer erfolgreichen Wiedereinsetzung dann vom Zufall abhinge. Da der Lizenznehmer im Lager des Patentinhabers steht, in dessen Einflusssphäre das zum Erlöschen des Patents führende Ereignis liegt, ist die Interessenlage keine andere, als wenn der Patentinhaber selbst mit bestehendem Patentschutz geworben hätte. Wenn der Patentinhaber dem Lizenznehmer nicht bereits aufgrund der lizenzvertraglichen Beziehungen mitteilt, wenn das Patent erloschen ist, kann der Lizenznehmer jedenfalls selbst ohne weiteres vor der Verbreitung der Werbung prüfen, ob das Patent noch besteht und den Patentinhaber darauf hinweisen, wenn dies nicht der Fall sein sollte.

Die soeben dargestellte Interessenlage wird vor allem dann deutlich, wenn der Mitbewerber – wie hier die Klägerin – im Vertrauen darauf, dass das Patent erloschen war, den Werbenden abmahnt. Grundsätzlich hat der Werbende die durch die Abmahnung entstandenen Kosten zu erstatten. Es ist nicht einzusehen, warum infolge einer Rückwirkung der Wiedereinsetzung nunmehr der abmahnende Mitbewerber mit den Abmahnkosten belastet werden sollte, obwohl der Anlass für die Abmahnung, nämlich die irreführende Werbung, allein in der Sphäre des Patentinhabers beziehungsweise seines Lizenzgebers lag. Vielmehr ist der Abmahnende regelmäßig in seinem Vertrauen darauf, dass das Patent erloschen ist und die Abmahnkosten erstattungsfähig sind, schutzwürdig. Denn grundsätzlich muss der Abmahnende nicht damit rechnen, dass das Patent infolge einer Wiedereinsetzung wieder in Kraft tritt. Bei der Regelung in § 123 PatG handelt es sich um einen außerordentlichen Rechtsbehelf, dessen Wesen darin besteht, das er eine verspätete Handlung zu einer rechtzeitigen macht. Im Interesse der Rechtssicherheit sind daher für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand strenge Voraussetzungen aufgestellt worden (vgl. Benkard/Schäfers, PatG 10. Aufl.: § 123 Rn 1). Ob ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt wird und die Voraussetzungen für seinen Erfolg erfüllt sind, ist für den Abmahnenden regelmäßig nicht absehbar. Ihm ist im Allgemeinen nicht bekannt, aus welchen Gründen die Jahresgebühren nicht gezahlt wurden und ob dadurch der Tatbestand einer unverschuldeten Fristversäumung im Sinne von § 123 PatG erfüllt wird. Zudem hat der Abmahnende grundsätzlich keinen Einfluss auf das Wiedereinsetzungsverfahren, wenn er denn überhaupt von dessen Einleitung erfährt.

Ob der Abmahnende im Einzelfall tatsächlich in seinem Vertrauen auf die Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten schutzwürdig ist, mag auf die Frage, ob die Abmahnung berechtigt war oder die Abmahnkosten erforderlich waren, Einfluss haben (vgl. BGH GRUR 1956, 265, 268 und 270 – Rheinmetall-Borsig I zu Ansprüchen wegen unlauterer Ausnutzung einer Fristversäumung). Dies ist aber ohne Bedeutung für die Frage, ob die Interessenlage in dem Fall, dass nach dem Erlöschen des Patents mit irreführenden Angaben zum Patentschutz geworben und anschließend die Wiedereinsetzung erfolgreich beantragt wird, es grundsätzlich rechtfertigt, dass der Irreführungstatbestand rückwirkend entfällt (vgl. BGH GRUR 1956, 265, 268 – Rheinmetall-Borsig I; GRUR 1993, 460, 464 – Wandabstreifer). Daher ist der Umstand, dass der Mitbewerber im Allgemeinen keinen Einfluss auf das Wiedereinsetzungsverfahren hat, entgegen der Auffassung der Beklagten ein durchaus zu berücksichtigendes Kriterium. Denn die vorliegende Fallkonstellation ist nicht mit der Situation vergleichbar, dass die Abmahnkosten eines Wettbewerbers aufgrund der bereits erfolgten Unterwerfung des Abgemahnten gegenüber der früheren Abmahnung eines Mitbewerbers nicht erstattungsfähig sind. Im Übrigen geht es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darum, ob im konkreten Einzelfall die Kosten der Abmahnung nötig waren oder von der Beklagten hätten vermieden werden können. Ebenso wenig ist von Bedeutung, ob sich die Beklagte beziehungsweise der Patentinhaber im vorliegenden Fall unangemessen viel Zeit gelassen hat, um den rechtswidrigen Zustand zu beenden. Maßgeblich ist stattdessen allein die objektive Interessenlage in dem Fall, dass der Patentinhaber oder sein Lizenznehmer im Zeitraum nach dem Erlöschen des Patents tatsächlich irreführend geworben hat und danach erfolgreich die Wiedereinsetzung erlangt.

Der Patentinhaber oder Lizenznehmer erleidet dadurch, dass die Wiedereinsetzung in einem solchen Fall keine Rückwirkung entfaltet, keinen unzumutbaren Nachteil. Denn es geht nicht darum, der Wiedereinsetzung jegliche Rückwirkung abzusprechen. Ebenso wenig werden die streitgegenständlichen Angaben über den Zeitpunkt der Wiedereinsetzung hinaus mit dem Verdikt der Unlauterkeit belegt. Das Patent tritt rückwirkend wieder in Kraft und die streitgegenständlichen Angaben können ab dem Zeitpunkt der Wiedereinsetzung nicht mehr als irreführend angesehen werden. Lediglich während des fraglichen Rückwirkungszeitraums war und ist es der Beklagten untersagt, mit dem Patent zu werben, da dem rückwirkenden Inkrafttreten des Patents nicht die Wirkung zukommt, dass die Werbeaussagen nachträglich als wahr gelten.

Würde man hingegen der Auffassung der Beklagten folgen, käme es zu Wertungswidersprüchen. Denn zwischen dem Erlöschen des Patents und dem Wirksamwerden des Wiedereinsetzungsbeschlusses dürfen Dritte das Patent rechtmäßig benutzen und können unter Umständen gemäß § 123 Abs. 5 und 7 PatG sogar ein Weiterbenutzungsrecht erwerben. Die streitgegenständlichen Angaben sind jedoch geeignet, Dritte gerade in diesem Zeitraum von der Benutzung des Patents oder dem Erwerb eines Weiterbenutzungsrechts abzuhalten, weil ihnen der Eindruck vermittelt wird, es bestehe wirksamer Patentschutz. Entsprechend könnten die streitgegenständlichen Angaben jedenfalls bis zur Wiedereinsetzung wegen Unlauterkeit untersagt werden. Im Fall einer umfassenden Rückwirkung der Wiedereinsetzung bliebe das Verhalten der Beklagten jedoch unbeanstandet, obwohl die Rechtmäßigkeit der von dritter Seite beabsichtigten Benutzung auch im Falle der Wiedereinsetzung nicht nachträglich in Frage gestellt wird.

Der Umstand, dass die streitgegenständlichen Angaben unrichtig waren, mithin geeignet waren, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen, endete erst mit der Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses am 03.01.2011. Über die Wiedereinsetzung wurde im vorliegenden Fall durch Beschluss entschieden. Beschlüsse des Patentamts, zu denen auch der Wiedereinsetzungsbeschluss im vorliegenden Rechtsstreit gehört, werden – sofern der Beschluss nicht verkündet wird – mit der Zustellung wirksam (Benkard/Schäfers, PatG 10. Aufl.: § 47 Rn 27). Hier trat die Wirksamkeit des Wiedereinsetzungsbeschlusses mit der Zustellung am 03.01.2011 ein. Auch wenn der Beschluss tatsächlich bereits am 07.10.2010 gefasst wurde, folgt aus dem Umstand, dass die Zustellung erst knapp drei Monate später erfolgte, kein anderes Ergebnis. Abgesehen davon, dass erst mit der Zustellung der Patentschutz tatsächlich wieder auflebte, war der Beschluss bis zur Zustellung ein bloßes Internum beim DPMA. Die Beschlussfassung am 07.10.2010 stellt daher keinen Umstand dar, der zu einer anderen Vorstellung der angesprochenen Verkehrskreise über die Bedeutung der streitgegenständliche Angaben und damit zu einer anderen Interessenlage hätte führen können. Bis zur Zustellung, mit der der Beschluss nach außen mitgeteilt wurde, deutete für die beteiligten Verkehrskreise nichts auf die bevorstehende Wiedereinsetzung hin.

dd)
Die streitgegenständlichen Äußerungen sind weiterhin geeignet, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. In der Regel kann aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung geschlossen werden (BGH GRUR 2008, 443 Rn 29 – Saugeinlagen). Eine Ausnahme kommt dann in Betracht, wenn über Umstände getäuscht worden ist, die für das Marktverhalten der Gegenseite nur eine unwesentliche Bedeutung haben (BGH GRUR 2007, 1079 – Bundesdruckerei). Durch die streitgegenständlichen Äußerungen wurde während der Zeit vom Erlöschen des Patents DE ‘XXY bis zur Wiedereinsetzung eine Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreis hervorgerufen. Typischerweise kommt der Werbung mit Hinweisen auf technische Schutzrechte daher eine erhebliche Relevanz zu (Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 5.114; Senat Mitt. 1996, 355), zumal die Äußerungen in einem Zeitraum getätigt wurden, in dem – wie auch das Landgericht zutreffend festgestellt hat – sich vor allem für die Zwischenhändler die Frage nach dem Erwerb von Schneeschiebern stellt. Auf die diesbezüglichen Feststellungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Die Beklagte hat dagegen eingewandt, die Vorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise seien durch die Werbung der Beklagten nicht enttäuscht worden, da sie ein Produkt erhalten hätten, dem von Anfang an und bis heute Patentschutz tatsächlich zukomme. Das zwischenzeitliche Erlöschen des Patents DE ‘XXY habe allenfalls dazu geführt, dass für kurze Zeit der Eintritt eines Sachverhalts möglich gewesen sei, der zu einer solchen Enttäuschung der Verkehrskreise hätte führen können. Diese Möglichkeit habe sich jedoch aufgrund der Wiedereinsetzung nicht realisiert. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Denn in der Zeit vom Ablauf der Frist zur Nachzahlung der Jahresgebühr bis zur Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses bestand tatsächlich kein Patentschutz. Dritten war es in diesem Zeitraum von etwa zehn Monaten erlaubt, die Erfindung rechtmäßig zu nutzen. Der Beklagten kam in diesem Zeitraum keine Vorzugsstellung mehr zu. Die Wiedereinsetzung hat daran nichts geändert, weil ihr insofern keine Rückwirkung zukommt. Dass der Patentschutz durch die Wiedereinsetzung wieder auflebte, führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Denn im Zeitpunkt der Vornahme der irreführenden geschäftlichen Handlung war dieser Umstand für die angesprochenen Verkehrskreise, auf deren Vorstellung es maßgeblich ankommt, nicht absehbar. Dass es in der Zeit vom Erlöschen des Patents bis zur Wirksamkeit der Wiedereinsetzung gegebenenfalls keine mit den beworbenen Produkten vergleichbaren Konkurrenzprodukte gab, die beworbenen Produkte mithin noch technische Vorzüge gegenüber den Konkurrenzprodukten aufwiesen, führt ebenso wenig zu einem anderen Ergebnis. Denn Anknüpfungspunkt für das Kriterium der wettbewerblichen Relevanz ist die Fehlvorstellung über das Bestehen von Patentschutz mit den damit verbundenen Folgerungen, von denen die technischen Vorzüge nur ein Aspekt sind. Andernfalls könnte auch nach dem Ablauf der Schutzdauer des Patents weiter mit den Angaben „patentiert“ oder „geschützt“ geworben werden, bis es vergleichbare Konkurrenzprodukte gibt. Nach dem Erlöschen eines Patents darf indes nicht mehr auf einen Patentschutz hingewiesen werden (BGH GRUR 1984, 741, 742 – Patented).

b)
Die Beklagte handelte bei der Verbreitung der streitgegenständlichen Äußerungen jedenfalls fahrlässig.

aa)
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Wiedereinsetzungsbeschluss des DPMA keine Bindungswirkung dahingehend entfaltet, dass im vorliegenden Fall verbindlich feststehe, dass es an einem Verschulden für die irreführende Werbung fehle. Es kann schon nicht davon ausgegangen werden, dass Beschlüssen des DPMA über den Entscheidungssatz hinaus auch hinsichtlich der Tatsachen und rechtlichen Gründe, die der eigentlichen Entscheidung zugrundeliegen – hier: das fehlende Verschulden –, Bindungswirkung zukommt. Daher ist der Senat, wie auch das Landgericht bereits für die erste Instanz festgestellt hat, nur insoweit an die Wiedereinsetzungsentscheidung des DPMA gebunden, als die Wiedereinsetzung mit der Wirkung erfolgte, dass die Jahresgebühr als rechtzeitig gezahlt gilt, und die Löschung des Patents aufgehoben ist. Abgesehen davon fehlt es aber auch deshalb an einer Bindungswirkung, weil der Wiedereinsetzungsbeschluss lediglich voraussetzt, dass die Frist zur Zahlung der Jahresgebühr durch den Patentinhaber unverschuldet versäumt wurde. Dies ist aber keine Vorfrage im Hinblick auf das Verschuldenserfordernis im vorliegenden Fall. Zum einen steht hier das Verschulden der Beklagten und nicht das des Patentinhabers im Streit. Zum anderen ist vorliegend zu klären, ob der Beklagten ein Verschuldensvorwurf für die Verbreitung der streitgegenständlichen Angaben gemacht werden kann, nicht aber ob ihr die Fristversäumnis vorzuwerfen ist. Entsprechend unterscheidet sich auch der Sorgfaltsmaßstab, der sich in dem einen Fall nach den Sorgfaltsanforderungen bei Werbemaßnahmen richtet und im anderen Fall bei der Einhaltung von Zahlungsfristen.

bb)
Fahrlässigkeit bedeutet Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt,
§ 276 Abs. 2 BGB. An die Sorgfaltsplicht ist im Lauterkeitsrechts grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen (BGH GRUR 1999, 923, 928 – Tele-Info-CD; GRUR 2002, 248, 252 – Spiegel-CD-ROM; GRUR 2002, 622, 626 – shell.de; GRUR 2002, 706, 708 – vossius.de). Insbesondere muss im Fall von Werbemaßnahmen der Werbende alles in seiner Macht Stehende tun, damit es bei der Durchführung der Werbemaßnahmen zu keinen Wettbewerbsverstößen kommt (Köhler/Bornkamm-Köhler, UWG 31. Aufl.: § 9 Rn 1.20). In Fällen, in denen der Werbende mit dem Hinweis wirbt, dass sein Produkt ganz oder zum Teil „patentiert“ oder „geschützt“ sei, setzt dies regelmäßig voraus, dass er sich vor der Verbreitung der Werbemaßnahme vergewissert, dass der Patentschutz tatsächlich besteht. Gerade weil sich die von der Werbung mit dem Hinweis auf Patentschutz angesprochenen Verkehrskreise – wie auch im vorliegenden Fall – regelmäßig darauf verlassen, dass der Werbende die Richtigkeit seiner Angaben geprüft hat und der Patentschutz im behaupteten Umfang besteht, bedarf es seitens des Werbenden vor der Verbreitung der Werbung einer solchen Prüfung. Stellt der Werbende fest, dass der Patentschutz tatsächlich nicht besteht, muss er von der Verbreitung der Werbung Abstand nehmen oder diese jedenfalls solange zurückstellen, bis der Patentschutz erstmalig oder erneut begründet ist.

Diese Sorgfaltspflichten trafen im vorliegenden Fall auch die Beklagte. Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Geschäftsführer der Beklagten, B, zugleich Inhaber des Patents DE ‘XXY ist. Der Beklagten ist insofern das Wissen ihres Geschäftsführers in der Funktion als Patentinhaber und damit auch das Wissen um die Abwicklung der Zahlungen an das DPMA zuzurechnen. Daher wird eine Sorgfaltspflichtverletzung bereits dadurch begründet, dass der Beklagten die Versäumung der ersten Frist zur zuschlagsfreien Zahlung der Jahresgebühr bekannt war und sie diesen Umstand gleichwohl nicht zum Anlass nahm, sich vor der Verbreitung der beanstandeten Werbeäußerung zu vergewissern, ob der behauptete Patentschutz tatsächlich noch bestand.

Es kann dahinstehen, welche Anforderungen an die Organisation und Überwachung der Zahlung der Jahresgebühr innerhalb der zuschlagsfreien Zahlungsfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit zu stellen sind. Da ein Patent nicht unmittelbar mit Ablauf dieser Frist erlischt, sondern erst dann, wenn die Gebühr einschließlich eines Verspätungszuschlages auch sechs Monate nach Fälligkeit noch nicht gezahlt wurde (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG 8. Aufl.: § 8 Rn 23), mag der Beklagten zuzugestehen sein, vor der Verbreitung von Hinweisen der streitgegenständlichen Art von einer Prüfung des bestehenden Patentschutzes abzusehen, wenn sie aufgrund der Organisation des Zahlungsverkehrs des Patentinhabers begründetermaßen davon ausgehen darf, dass die erste Frist zur zuschlagsfreien Zahlung der Jahresgebühren eingehalten wurde, und auch sonst keine Anhaltspunkte für ein Erlöschen des Patentschutzes bestehen. Dies bedarf vorliegend letztlich aber keiner Entscheidung. Denn dem Geschäftsführer der Beklagten und damit der Beklagten selbst war bekannt, dass die Jahresgebühr innerhalb der zuschlagsfreien Zahlungsfrist nicht gezahlt worden war. Darauf und auf die Möglichkeit der Nachentrichtung einschließlich des Verspätungszuschlags bis zum 01.03.2010 wurde der Geschäftsführer der Beklagten in seiner Eigenschaft als Patentinhaber vom DPMA mit der Mitteilung P.3300 ausdrücklich hingewiesen. Damit stand aber nunmehr konkret zu erwarten, dass das Patent DE ‘XXY unmittelbar erlischt, wenn auch die weitere Frist zur Nachzahlung der Jahresgebühr versäumt werden sollte. Vor diesem Hintergrund oblag es der Beklagten sicherzustellen, dass im Zeitpunkt der Verbreitung der beanstandeten Äußerungen der Patentschutz weiterhin bestand, oder von den beanstandeten Äußerungen abzusehen.

Die Beklagte hat behauptet, ihr Geschäftsführer habe eine Mitarbeiterin der Beklagten, Q, mündlich angewiesen, die Nachzahlung der Jahresgebühr einschließlich des Verspätungszuschlags vorzunehmen. Auch wenn dieser Vortrag zutreffen sollte und es sich bei Q um eine zuverlässige und mit Zahlungsvorgängen geübte Mitarbeiterin der Beklagten handelte, durfte sich die Beklagte im Hinblick auf die ihr obliegenden Sorgfaltsanforderungen bei der Verbreitung von Werbung mit Angaben zu bestehendem Patentschutz nicht darauf verlassen, dass allein die mündliche Anweisung ausreichte, um sicherzustellen, dass die Nachzahlung der Jahresgebühr einschließlich des Verspätungszuschlags nunmehr fristgerecht erfolgen werde. Gerade weil die erste Frist zur Zahlung der Jahresgebühr bereits versäumt war und die konkrete Gefahr bestand, dass das Patent nunmehr erlischt, wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, sich zu vergewissern, ob der Patentschutz weiterhin besteht.

Ob die Beklagte insofern persönlich verpflichtet war, durch ihren Geschäftsführer die Ausführung der angewiesenen Zahlung durch Q zu überprüfen, oder ob es ausgereicht hätte, den Patentinhaber zu einer Überprüfung der Zahlung zu veranlassen, läuft aufgrund der Personenidentität von Geschäftsführer und Patentinhaber auf dasselbe hinaus und kann letztlich dahinstehen. Dass solche Maßnahmen erfolgten, um eine fristgerechte Nachzahlung sicherzustellen, ist nicht dargelegt. Eine solche Überprüfung eines Zahlungsvorgangs ist entgegen der Auffassung der Beklagten durchaus zumutbar. Denn es geht nicht darum, den gesamten Zahlungsverkehr, den Q für die Beklagte abwickelt, zu überprüfen. Es ist vielmehr nur verlangt, dass anlässlich der konkreten Werbemaßnahme vorab sichergestellt wird, dass der Patentschutz weiterhin besteht. Dafür hätte es allein der Überprüfung eines einzelnen Zahlungsvorgangs bedurft, die aber nicht erfolgte. Ebenso wenig ist vorgetragen, dass sich die Beklagte vor der Verbreitung der beanstandeten Äußerungen anderweitig vergewisserte, ob der Patentschutz noch besteht. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, auf ihrer Seite könne man sich nicht erinnern, ob Erkundigungen über den Patentschutz erfolgten. Aber selbst wenn solche Erkundigungen eingeholt worden sein sollten, ist der Beklagten der Vorwurf zu machen, in dem Wissen, dass das Patent erloschen war, gleichwohl die streitgegenständlichen Angaben verbreitet zu haben. Damit hat die Beklagte nicht die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten bei der Verbreitung der angegriffenen Äußerungen erfüllt.

cc)
Auch wenn der Vortrag der Beklagten zutreffen sollte, dass sie erst mit dem Zugang der Abmahnung vom Erlöschen des Patents DE ‘XXY Kenntnis erlangte und damit erstmals die Möglichkeit hatte, einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen, ändert dies ebenso wenig wie der Wiedereinsetzungsantrag selbst etwas am Verschuldensvorwurf. Abgesehen davon, dass die Beklagte, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht darauf vertrauen durfte, dass der Wiedereinsetzungsantrag überhaupt Erfolg hat, durfte sie auch nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die erfolgreiche Wiedereinsetzung Rückwirkung entfaltet mit der Folge, dass die ursprünglich unwahren Angaben nachträglich als wahr anzusehen sind. Ein Rechtsirrtum schließt nur dann ein Verschulden aus, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung der Gerichte nicht zu rechnen brauchte (BGH GRUR 1999, 923 – Tele-Info-CD). Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verletzer soll das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage nicht dem Verletzten zuschieben können (BGH GRUR 1999, 923, 928 – Tele-Info-CD). Er handelt daher fahrlässig, wenn er sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der Zulässigkeit seines Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH GRUR 1999, 923, 928 – Tele-Info-CD; GRUR 1999, 1011, 1014 – Werbebeilage; GRUR 2010, 123 – Scannertarif; GRUR 2010, 632 – Restwertbörse). Das ist der Fall, wenn er bei erkennbar unklarer oder zweifelhafter, das heißt durch die höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht geklärter Rechtslage die ihm günstigere Beurteilung aufgreift (BGH GRUR 1999, 492, 495 – Altberliner; GRUR 2002, 248, 252 – SPIEGEL-CD-ROM). Erst recht gilt dies, wenn sich aus der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung Anhaltspunkte für die Bedenklichkeit seines Handelns ergeben (BGH GRUR 1971, 223, 225 – Clix-Mann; GRUR 1981, 286, 288 – Goldene Karte I). Im vorliegenden Fall kam es entscheidend auf die Frage an, in welchem Umfang die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 123 PatG Rückwirkung entfaltet. Es gab und gibt keine höchstrichterliche Rechtsprechung dazu, ob durch eine Wiedereinsetzung nachträglich auch die Tatsachengrundlage für den Tatbestand der irreführenden Werbung – hier das Bestehen von Patentschutz im Zeitpunkt der geschäftlichen Handlung – entfällt. Allerdings hat der BGH – wie ausgeführt – in zwei Entscheidungen festgestellt, dass rechtmäßige Benutzungshandlungen im Zeitraum bis zum Wiederinkrafttreten des Patentschutzes nicht nachträglich als rechtswidrig angesehen werden können und für nach dem Verfall einer Patentanmeldung vorgenommene Benutzungshandlungen nicht nachträglich Entschädigung verlangt werden kann (vgl. BGH GRUR 1956, 265 – Rheinmetall-Borsig I; GRUR 1993, 460 – Wandabstreifer). Dies hätte auch die Beklagte – jedenfalls nach der erforderlichen Einholung von Rechtsrat – zum Anlass nehmen müssen, ihr Verhalten zu überdenken und die weitere Verbreitung der Werbung einzustellen, da hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass eine erfolgreiche Wiedereinsetzung auch in der vorliegenden Fallkonstellation keine umfassende Rückwirkung entfalten würde.

dd)
Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg unter Verweis auf die Zuverlässigkeit von Q exkulpieren. Ob Q als Verrichtungsgehilfe im Sinne von § 831 BGB anzusehen ist, weil sie als Mitarbeiterin der Beklagten nach den tatsächlichen Umständen von der Beklagten zur Nachzahlung der Jahresgebühren bestellt wurde, kann dahinstehen. Der Schadensersatzanspruch ergibt sich vorliegend nicht aus
§ 831 BGB mit der Möglichkeit der Exkulpation, sondern aus § 9 UWG. Schadensersatzbegründend war die Verbreitung der streitgegenständlichen Angaben. Der Beklagten wird insofern das Verhalten ihres Geschäftsführers gemäß § 31 BGB zugerechnet. Seine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene und zum Schadensersatz verpflichtende Handlung besteht darin, die streitgegenständlichen Angaben verbreitet zu haben, ohne sich zuvor über das tatsächliche Bestehen des Patentschutzes vergewissert zu haben. Daran hat Q nicht mitgewirkt. Die angeblich von ihr zu vertretene Versäumung der Zahlungsfrist begründete hingegen keine Schadensersatzpflicht. Sie führte lediglich zum (zeitweisen) Erlöschen des Patents. Entsprechend können die Umstände der Fristversäumung allenfalls für die Frage Bedeutung gewinnen, ob die Kenntnis von diesen Umständen veränderte Sorgfaltsanforderungen der Beklagten bei der Verbreitung der angegriffenen Äußerungen begründet, was – wie gezeigt – nicht der Fall ist.

c)
Der Eintritt eines Schadens auf Seiten der Klägerin durch die irreführende Werbung der Beklagten ist hinreichend wahrscheinlich.

Die Begründetheit des Antrags auf Feststellung der Schadensersatzpflicht und somit auch der Auskunftsantrag setzen eine solche Wahrscheinlichkeit voraus. Dafür genügt nicht eine entfernt liegende, also nur theoretische Möglichkeit des Schadenseintritts (BGH GRUR 1995, 744, 749 – Feuer, Eis & Dynamit I; GRUR 2001, 849, 850 – Remailing-Angebot). Andererseits ist ein tatsächlicher Schadenseintritt nicht erforderlich. Es genügt, dass nach der Lebenserfahrung der Eintritt eines Schadens zumindest denkbar und möglich ist, wobei ein großzügiger Maßstab anzulegen ist (BGH GRUR 2001, 849, 850 – Remailing-Angebot; GRUR 2012, 193, 201 – Sportwetten im Internet II). In der Regel bedarf es daher keiner detaillierten Darlegungen zum Schadenseintritt. Liegt aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein Schaden fern, wie etwa bei einer geringfügigen Irreführung oder bei einer unberechtigten Abmahnung, muss der Kläger näher darlegen, aus welchen besonderen Umständen sich gleichwohl ein Schaden ergeben könnte, indem er beispielsweise darlegt, in welchem Umfang die Parteien dieselben Kunden ansprechen und wie sich Werbeaktionen des in Rede stehenden Wettbewerbers üblicherweise auf seine Umsätze auswirken (BGH GRUR 1995, 744, 749 – Feuer, Eis & Dynamit I; GRUR 2001, 78, 79 – Falsche Herstellerpreisempfehlung).

An die Darlegungslast sind im vorliegenden Fall keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Denn der Werbung mit der unzutreffenden Angabe, dass die beworbenen Produkte patentgeschützt seien, kommt eine erhebliche Relevanz zu (Köhler/Bornkamm-Bornkamm UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 5.114). Sie wird allgemein als besonders zugkräftig angesehen (Benkard/Ullmann, PatG 10. Aufl.: § 146 Rn 23 m.w.N.) Die Werbung mit einem Alleinstellungsmerkmal, wie es der Patentschutz begründet, stellt regelmäßig einen nicht unerheblichen Faktor dar, die Kaufentscheidung potentieller Abnehmer zu beeinflussen. Es ist schließlich auch nicht fernliegend, dass die Fehlvorstellungen der angesprochenen Verkehrskreise über den Patentschutz Kaufentscheidungen zugunsten der Beklagten und zum Nachteil der Klägerin beeinflussten. Denn die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen hat, dass die Beklagte ihre Verkaufsprospekte gezielt an interessiertes (Fach-)Publikum verteilt habe und es sich bei den Parteien um unmittelbare Wettbewerber handele. Dies genügt zur Darlegung der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts. Damit ist zugleich das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für die Feststellung der Schadensersatzpflicht gegeben.

d)
Der Einwand der Beklagten, die Feststellung einer Schadensersatzpflicht für den Zeitraum bis zum 03.01.2011 sei unverhältnismäßig, hat keinen Erfolg. Die Beklagte ist der Auffassung, es komme auf der Rechtsfolgenseite nicht auf die im Patentgesetz geregelten Bestimmungen zum Verfahren vor dem DPMA an, sondern auf die Regelungen zum Wettbewerbsrecht. Nach diesen sei es jedoch unbillig und unverhältnismäßig, den Haftungszeitraum der Beklagten davon abhängig zu machen, wie lange das DPMA benötige, um eine Zustellung auszuführen. Die Rechtsfolge eines vermeintlich wettbewerbswidrigen Verhaltens dürfe nicht von einem jeglichen Einfluss der Parteien entzogenen Verhalten eines Dritten abhängen. Die Beklagte verkennt, dass der zur Feststellung der Schadensersatzpflicht führende Verstoß gegen das Irreführungsverbot bereits mit der Verbreitung der streitgegenständlichen Äußerungen und damit vor dem Zeitpunkt, in dem der Wiedereinsetzungsantrag überhaupt gestellt war, eingetreten ist. Gerade der Vorwurf fahrlässigen Verhaltens macht deutlich, dass es der Beklagten bei der Einhaltung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt möglich gewesen wäre, den Wettbewerbsverstoß zu vermeiden. Es lag allein in ihrer Hand, sich vor der Verbreitung der irreführenden Angaben zu vergewissern, ob das Patent DE ‘XXY noch besteht und danach die Verbreitung der beanstandeten Werbemaßnahme auszurichten. Mitnichten ist daher die Rechtsfolge allein vom Verhalten des DPMA abhängig. Im Gegenteil, die Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses ermöglicht erst die erneute Werbung ohne Verstoß gegen das Irreführungsverbot. Die Konstellation ist vergleichbar mit dem Fall, dass ein Patent nur angemeldet ist und der Patentanmelder mit der Werbung den Eindruck erweckt, das Patent sei bereits erteilt (vgl. Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG 31. Aufl.: § 5 Rn 5.120; Benkard/Ullmann, PatG 10. Aufl.: § 146 Rn 28). Auch in einem solchen Fall wird man nicht ernsthaft verlangen können, von den Rechtsfolgen des wettbewerbswidrigen Verhaltens abzusehen, weil es nicht in der Hand des Patentanmelders liege, wann das Patent erteilt werde.

Ebenso wenig überzeugt das Argument der Beklagten zur Aufbrauchsfrist. Teilweise wird verlangt, eine Aufbrauchsfrist für den Absatz von vorher im normalen Geschäftsablauf hergestellter und mit einem dauerhaften Hinweis auf das Patent versehener Waren zuzulassen. Für mit einem solchen Hinweis versehene Werbedrucksachen soll die Aufbrauchsfrist danach zu bemessen sein, ob es sich um Werbematerialien kurzer oder langer Lebensdauer handele (Haedicke/Timmann-Verhauwen: Hb. d. PatR, § 12 Rn 130; vgl. Benkard/Ullmann, PatG 10. Aufl.: § 146 Rn 28). Bei der Aufbrauchsfrist handelt es sich jedoch um eine materiell-rechtliche Einschränkung des Unterlassungsanspruchs; sie betrifft nicht die Tatbestandsseite des Verbots, sondern nur die Rechtsfolge. Die Gewährung der Aufbrauchsfrist ändert daher nichts daran, dass es sich um ein rechtswidriges Verhalten handelt, das auch einen Schadensersatzanspruch nach sich ziehen kann (BGH GRUR 1960, 563, 567 – Alterswerbung; GRUR 1974, 735, 737 – Pharmamedan; GRUR 1982, 420, 423 – BBC/DDC). Abgesehen davon sind vorliegend aber auch nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufbrauchsfrist erfüllt. Dafür ist erforderlich, dass dem Schuldner durch ein unbefristetes Verbot unverhältnismäßige Nachteile entstünden und die Belange sowohl des Gläubigers als auch der Allgemeinheit durch eine befristete Fortsetzung des wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht unzumutbar beeinträchtigt werden (BGH GRUR 1974, 474, 476 – Großhandelshaus; GRUR 1982, 425, 431 – Brillen-Selbstabgabestellen; GRUR 1990, 522, 528 – HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz; Senat InstGE 8, 1). Dies setzt eine Abwägung der Interessen des Schuldners auf der einen sowie des Gläubigers und der Allgemeinheit auf der anderen Seite voraus.

Auf der Seite der Beklagten ist insoweit zunächst von Bedeutung, wie schwer ihr Verschulden wiegt (Köhler/Bornkamm, UWG 31. Aufl.: § 8 Rn 1.62). Insofern mag zugunsten der Beklagten zu werten sein, dass ihr das Erlöschen des Patents DE ‘XXY nicht bekannt war und ihr insofern nur einfache Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann. Allerdings behauptet die Beklagte selbst nicht und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass ihr durch den sofortigen Vollzug eines Verbots der beanstandeten Äußerungen schwere Nachteile entstanden wären. Im Gegenteil: In den von den beanstandeten Äußerungen betroffenen Prospekten hätten die jeweiligen Äußerungen ohne größeren zeitlichen und wirtschaftlichen Aufwand beispielsweise durch Schwärzen oder Überkleben unkenntlich gemacht werden können, so dass die Prospekte im Übrigen unmittelbar hätten weiter verwendet werden können. Hingegen hätte eine Aufbrauchsfrist den Wettbewerb durch die Mitbewerber empfindlich getroffen, weil es sich bei Schneeschiebern um Saisonartikel handelt und auch eine ab dem Zeitpunkt der Abmahnung kurz bemessene Aufbrauchsfrist genau in die Zeit des Jahres gefallen wäre, in der ein Großteil der Zwischenhändler die Ware ordert (vgl. Anlage K 3a). Die Gewährung einer Aufbrauchsfrist hätte daher der Beklagten die Vorteile der irreführenden Werbung für den überwiegenden Teil des Jahresgeschäfts gesichert, ohne dass dem entsprechende Nachteile im Falle eines Verbots der Werbung gegenüberständen.

Der Senat vermag auch nicht der Auffassung der Beklagten zu folgen, wenn schon demjenigen, der trotz Kenntnis von dem endgültigen Erlöschen des Patents die weitere Verwendung des Hinweises auf den Patentschutz vorübergehend gewährt werde, müsse dies erst Recht gelten, wenn das Patent nur zeitweise erloschen sei. Denn der Erfolg der Wiedereinsetzung war bis zur Zustellung des Wiedereinsetzungsbeschlusses nicht absehbar. Dass das Patent DE ‘XXY nur „vorübergehend“ erloschen war, ist daher ebenfalls nicht mit einer im Zeitpunkt der Vornahme der geschäftlichen Handlung absehbaren Aufbrauchsfrist vergleichbar.

2.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus §§ 242, 259 BGB auch ein Anspruch auf Auskunft in dem vom Landgericht tenorierten Umfang zu.

Die Beklagte hat gegen die erstinstanzliche Verurteilung zur Auskunft lediglich eingewandt, dass eine Auskunftspflicht nicht bestehe, weil sie auch nicht zum Schadensersatz verpflichtet sei. Dem vermag der Senat aus den vorstehenden Gründen nicht zu folgen. Die Beklagte ist der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet. Da der Klägerin Art und Umfang der angegriffenen Werbemaßnahmen nicht bekannt sind und sie sich die notwendigen Auskünfte zur Vorbereitung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann, ist ihr die Beklagte zur Auskunft verpflichtet. Die Beklagte vermag die Auskünfte unschwer zu geben. Weitere Einwendungen gegen die Auskunftspflicht hat die Beklagte zu Recht nicht erhoben.

3.
Ebenso erweist sich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der Abmahnkosten in Höhe von 2.080,50 EUR aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG als zutreffend.

Der Einwand der Beklagten, aufgrund der Rückwirkung der Wiedereinsetzung sei die Abmahnung von Anfang an unbegründet gewesen, greift nicht durch. Die Abmahnung war, wie auch das Landgericht zutreffend festgestellt hat, im Zeitpunkt ihres Zugangs berechtigt. Daran ändert sich auch nichts durch die spätere Wiedereinsetzung der Beklagten in den vorigen Stand. Denn die Wiedereinsetzung entfaltet entgegen der Auffassung der Beklagten keine Rückwirkung in der Weise, dass eine berechtigte Abmahnung nachträglich unberechtigt wird. Ihre Berechtigung erlangt die Abmahnung dadurch, dass die Beklagte durch die Verbreitung der streitgegenständlichen Angaben eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen hat. Wie bereits zum Schadensersatzanspruch im Einzelnen ausgeführt worden ist, entfällt der Irreführungstatbestand nicht nachträglich dadurch, dass das Patent, mit dessen Schutz geworben wurde, rückwirkend wieder in Kraft tritt.

Der Antrag auf Zahlung der Abmahnkosten erweist sich auch unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Abmahnung beziehungsweise des Rechtsmissbrauchs nicht als unbegründet. Dies wäre allenfalls dann zu erwägen, wenn der Klägerin im Zeitpunkt der Abmahnung bekannt gewesen wäre, dass die Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und mit einer Wiedereinsetzung sicher zu rechnen war. Daran fehlt es hier aber. Die Wiedereinsetzung wurde erst beantragt, nachdem die Klägerin bereits Klage eingereicht hatte. Es gab für die Klägerin auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte beabsichtigte, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen. Der Klägerin waren die Umstände, die zur Nichtzahlung der Jahresgebühr und damit zum Erlöschen des Patents DE ‘XXY führten, unbekannt.

4.
Zu Recht hat das Landgericht der Beklagten auch die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 91, 91a ZPO auferlegt.

a)
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass es sich bei der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärten Teilklagerücknahme lediglich um eine Klarstellung der Anträge auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht handelte, die keine Auswirkungen auf die Kostenentscheidung hatte.

Nach dem Wortlaut der Klageanträge in der Klageschrift hat die Klägerin ursprünglich zwar Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht für unbeschränkte Zeit, mithin für die Vergangenheit und die Zukunft begehrt. Allerdings hat die Klägerin bereits in der Klagebegründung vorgetragen, eine Überprüfung der Angaben der Beklagten zum Patentschutz der beworbenen Produkte habe ergeben, dass diese tatsächlich nicht patentgeschützt gewesen seien. Das Patent DE ‘XXY sei am 02.03.2010 erloschen und vom Gegenstand des DE 10 2007 021 XXZ B4 machten die beworbenen Produkte keinen Gebrauch (S. 11 der Klageschrift). An anderer Stelle hat sie ebenfalls ausgeführt, dass das Patent DE ‘XXY ausweislich des Rollenauszugs bereits am 02.03.2010 wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen sei. Nach dem Erlöschen eines Patents dürfte aber auch auf einen Patentschutz nicht mehr hingewiesen werden (S. 12-13 der Klageschrift). Damit hat die Klägerin bereits in der Klageschrift deutlich zu erkennen gegeben, dass Anlass für die Klage lediglich die Verbreitung der angegriffenen Äußerungen in dem Zeitraum nach dem Erlöschen des Patents DE ‘XXY sein sollte. Entsprechend ist das ursprüngliche Klagebegehren im Lichte der Klagebegründung dahingehend zu verstehen gewesen, dass die Auskunft und die Feststellung der Schadensersatzpflicht erst für die Zeit ab dem 02.03.2010 verlangt werden. Nichts anderes ergibt sich aus der Replik, mit der die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt hat. Die Teilerledigungserklärung zeigt gerade, dass sich die Klägerin bewusst gewesen ist, dass ihr die geltend gemachten Ansprüche nicht zustehen, soweit das Patent DE ‘XXY in Kraft steht. Entsprechend streiten die Parteien im vorliegenden Fall auch über die Reichweite der Rückwirkung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Vor diesem Hintergrund wäre es fernliegend anzunehmen, die Klägerin habe trotz dieser Problematik Auskunft und Schadensersatz auch für die Zeit vor dem 02.03.2010 verlangen wollen.

b)
Dass das Landgericht der Beklagten auch die Kosten im Hinblick auf den für erledigt erklärten Teil auferlegt hat, begegnet keinen Bedenken.

aa)
Soweit die Beklagte eine abweichende Kostenentscheidung lediglich damit begründet, dass das Landgericht in der Sache fehlerhaft erkannt habe und daher die Beklagte nach dem bisherigen Sach- und Streitstand auch mit dem für erledigt erklärten Teil obsiegt hätte, greift dies nicht durch. Ohne die erfolgreiche Wiedereinsetzung waren die streitgegenständlichen Werbeäußerungen unabhängig von allen Erwägungen zu einer etwaigen Rückwirkung einer Wiedereinsetzung irreführend, weil das Patent DE ‘XXY erloschen war. Entsprechend hätten der Klägerin die Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz ohne weiteres zugestanden.

bb)
Darüber hinaus hat das Landgericht im Rahmen seiner Billigkeitserwägungen im Hinblick auf den ebenfalls für erledigt erklärten Antrag auf Gestattung der Urteilsbekanntmachung zu Recht auch den Rechtsgedanken aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Anwendung gebracht. Zwar wäre die Klägerin mit diesem Antrag, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, auch ohne das erledigende Ereignis unterlegen. Diese ursprüngliche Zuvielforderung war jedoch verhältnismäßig geringfügig und hat allenfalls geringfügig höhere Kosten veranlasst.

Da die ursprünglichen Klageanträge mit Ausnahme des Antrags auf Zahlung der Abmahnkosten unbeziffert sind, ist für die Beurteilung einer Zuvielforderung der Streitwert des Antrags auf Urteilsbekanntmachung und der übrigen Anträge von Bedeutung. Die Bemessung des Streitwerts richtet sich nach § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Maßgebend ist ausschließlich das wirtschaftliche Klägerinteresse an der Anspruchsverwirklichung (BGH GRUR 1990, 1052, 1053 – Streitwertbemessung). Das Landgericht hat den Wert der ursprünglichen Klageanträge mit 150.000,00 EUR veranschlagt. Dies begegnet keinen Bedenken. Davon entfallen auf den Unterlassungsantrag mindestens 100.000,00 EUR. Werden wie im vorliegenden Fall unter anderem Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche sowie ein Anspruch auf Urteilsbekanntmachung geltend gemacht, liegt das wesentliche wirtschaftliche Interesse des Klägers regelmäßig und so auch hier auf dem Unterlassungsantrag. Das Begehren der Klägerin ist vornehmlich darauf gerichtet gewesen, die weitere irreführende Werbung durch die Beklagte zu verhindern. Die wirtschaftliche Bedeutung der übrigen Anträge tritt dahinter zurück.

Was den Antrag auf Gestattung der Urteilsbekanntmachung betrifft, hält der Senat einen Streitwert von nicht mehr als 10.000,00 EUR für angemessen. Mit der Urteilsbekanntmachung wird regelmäßig die Beseitigung fortdauernder Beeinträchtigungen auf Grund eines Wettbewerbsverstoßes bezweckt. Auch die Klägerin hat den Antrag auf Gestattung der Urteilsbekanntmachung im Wesentlichen damit begründet, dass ein Rückruf der bereits verteilten Prospekte, um die irreführenden Angaben zu tilgen, nicht verlangt werden könne und daher die Urteilsbekanntmachung ein wirksames alternatives Mittel darstelle, um einer Marktverwirrung entgegen zu treten. Allerdings dient die Bekanntmachung des Urteils im Wesentlichen dazu, eine bereits eingetretene Störung zu beseitigen. Das wirtschaftliche Interesse an der Urteilsbekanntmachung bleibt daher regelmäßig und so auch im vorliegenden Fall hinter dem wirtschaftlichen Interesse an der in die Zukunft gerichteten Unterlassung des unlauteren Verhaltens zurück. Dies rechtfertigt es, den Gegenstandswert des Veröffentlichungsantrags mit höchstens 10 % des Wertes des Unterlassungsantrags zu bemessen.

Im Verhältnis zum Gesamtstreitwert von 150.000,00,00 EUR stellt sich eine Zuvielforderung von höchstens 10.000,00 EUR jedoch als geringfügig im Sinne von
§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dar. Dass durch eine solche Zuvielforderung ein Gebührensprung verursacht wurde, ist unbeachtlich. Regelmäßig sind die durch ein Überschreiten einer Gebührenstufe veranlassten Mehrkosten als geringfügig anzusehen (vgl. BR-Drucks. 536/00 S. 190), jedenfalls aber dann, wenn die Mehrkosten unterhalb von 10 % der ohne die Zuvielforderung zu erwartenden Kosten liegen (Zöller/Herget, ZPO 29. Aufl.: § 92 Rn 10). Das ist hier der Fall (vgl. die einfache Gebühr von 1.056,00 EUR [GKG] bzw. 1.508,00 EUR [RVG] bei einem Streitwert von 140.000,00 EUR statt 1.156 EUR [GKG] bzw. 1.585,00 EUR [RVG] bei einem Streitwert von 150.000,00 EUR).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die grundsätzlichen Fragen zum Umfang der Rückwirkung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 123 ZPO geklärt. Ansonsten wirft die Rechtssache als reine Einzelfallentscheidung weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch solche auf, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht erfordern.