2 U 72/11 – Notlaschenverbinder

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 2073

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 4. April 2013, Az 2 U 72/11

Vorinstanz: 4a O 45/10

I.
Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.06.2011 verkündete Urteil der 4a. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass

1. die Passage am Ende von Ziffer I.1.a) des landgerichtlichen Urteils abweichend wie folgt lautet: „es sei denn, diese Handlungen erfolgen für Lieferungen der Beklagten zu 1) unmittelbar an die D. N. A. oder an von der D. N. A. beauftragte Unternehmen im Rahmen der Freigabeerklärung der D. B. A. vom 01.03.2005.“;

2. sich die Verurteilung gemäß Ziffer I.1.c) des landgerichtlichen Urteils allein auf die Beklagte zu 1) bezieht.

II.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 15 % und die Beklagten 85 % zu tragen.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zwangsweise beizutreibenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 85.000 abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

V.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 100.000 EUR festgesetzt.

G r ü n d e :

A.

Die Klägerin und die D. N. A. sind eingetragene Inhaber des Gebrauchsmusters DE 2 (Anlage K 2, nachfolgend: „Klagegebrauchsmuster“), das am 21.07.2003 angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 25.09.2003 im Register eingetragen und am 30.10.2003 im Patentblatt bekannt gemacht. Nachdem die Klägerin ursprünglich als alleinige Inhaberin des Klagegebrauchsmusters im Register eingetragen war, waren seit dem 30.08.2004 zunächst neben der Klägerin auch die D. B. A. sowie statt letzterer seit dem 23.11.2004 auch die D. N. A. im Register eingetragen. Die D. N. A., deren Anteile zu 100 % von der Deutsche B. A. gehalten werden, ist ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, das das Schienennetz der D. B. A. betreibt.

Das Klagegebrauchsmuster betrifft einen Notlaschenverbinder für einen Schienenstoß. Die im vorliegenden Rechtsstreit von der Klägerin in Kombination geltend gemachten Schutzansprüche 1 bis 4 des Gebrauchsmusters haben folgenden Wortlaut:

„1.
Notlaschenverbinder für das Halten zweier einen Schienenstoß überdeckenden Laschen zwischen zwei sich gegenüberliegenden Stempeln, wobei ein erster Stempel an einem den Schienenstoß untergreifenden Bügel festgelegt ist und der zweite Stempel auf einer Achse einer Schraube angeordnet und durch Drehen der Schraube gegenüber dem Bügel verstellbar ist,

dadurch gekennzeichnet, dass der Bügel (2) von einem Kopf (14) der Schraube (13) und dem zweiten Stempel (7) eingefasst ist und dass der Kopf (14) formschlüssig und verdrehsicher in einer Ausnehmung (16) einer an dem Bügel (2) festlegbaren Sicherungsplatte (17) gefangen ist.

2.
Notlaschenverbinder nach Anspruch 1,

dadurch gekennzeichnet, dass von einem geschlossenen umlaufenden Rand der Ausnehmung (16) der Kopf (14) vollständig umschlossen wird.

3.
Notlaschenverbinder nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet, dass die Sicherungsplatte (17) zwei vorstehende Schenkel (18, 19) aufweist, die bei aufgesetzter Sicherungsplatte (17) den Bügel (2) zwischen sich einfassen.

4.
Notlaschenverbinder nach einem oder mehreren der vorangehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet, dass die freien Enden (20, 21) der Schenkel (18, 19) dem Bügel (2) vorstehen und fluchtende Durchbrechungen (22, 23) aufweisen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens (24)“.

Die nachfolgend aus der Klagegebrauchsmusterschrift stammenden, verkleinerten zeichnerischen Darstellungen zeigen eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung in verschiedenen Ansichten (Figur 1: Ansicht in der Längserstreckung eines Gleisprofils; Figur 2: Ansicht gemäß Pfeil II in Figur 1 ohne Schienenprofil; Figur 3: Draufsicht gemäß Pfeil III in Figur 1 auf einen Sicherungsschieber).

Die Richtlinie 824.6010 („Schienenbrüche und –fehler baulich sichern und beseitigen“), welche zumindest für das Schienennetz der D. B. A. Geltung beansprucht, schreibt zur Sicherung eines einfachen Querbruchs einer Schiene eine Notlaschenverbindung vor. Insoweit sind nach der Richtlinie in Betriebsgleisen der D. B. A. nur bestimmte Notlaschensicherungen und Notlaschen zur Sicherung von Schienenbrüchen und -fehlern erlaubt, und zwar unter anderem eine Universalschraubzwinge mit Spindelbolzen, Sicherung und Federstecker gemäß der nachstehend wiedergegebenen Zeichnung Nr. . Der Zeitpunkt des Inkraftretens dieser Richtlinie ist zwischen den Parteien umstritten. Ab dem Jahre 2004 wurden nur noch solche Zwingen als Notlaschenverbinder von der D. N. A. akzeptiert.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, liefert – unter anderem an die D. N. A. und die D. B. A. – Produkte für den Gleis- und Weichenbau, den Oberleitungsbau, die Instandhaltung und den Rückbau. Sie stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland unter anderem Notlaschenverbinder für einen Schienenstoß.

Am 17.12.2004 beantragte die Beklagte zu 1) bei der D. B. A. eine Anwenderfreigabe für eine modifizierte Universalschraubzwinge gemäß oben eingeblendeter Zeichnung Nr. . Mit Schreiben vom 01.03.2005 gab die D. B.n A. die aus Anlage K 6 ersichtliche Freigabeerklärung ab, in der es unter anderem heißt:

„…Die D. B., D. Systemtechnik Abt. erteilt der Fa. C. die Freigabe der modifizierten Universalschraubzwinge mit folgenden Einschränkungen:

1. Die Freigabe gilt nur für den Einsatz im Netz der D. N. A.
2. Für eine Lieferung/ Verkauf an Dritte ist die Zustimmung der Fa. V. E. erforderlich. …“.

Im Januar 2006 bezog die Beklagte zu 1) von der Klägerin 500 Stück Umrüstsätze, um die bislang verwendeten Notlaschenverbinder an die neue Bauform (= Universalschraubzwinge gemäß der Zeichnung Nr. ) anpassen zu können.

Die Beklagte zu 1) veräußerte am 02.12.2009 mehrere Notlaschenverbinder gemäß der Zeichnung Nr. („angegriffene Ausführungsform“) an die S.-Schienentechnik G. in Duisburg. Ferner veräußerte sie die angegriffene Ausführungsform am 23.11.2009 an die L. & T. G. in Bochum.

Die nachfolgend eingeblendeten Abbildungen zeigen Aufnahmen der angegriffenen Ausführungsform nebst Sicherungsplatte.

Die Klägerin hat vor dem Landgericht im Wesentlichen geltend gemacht: Die Freigabeerklärung gestatte es der Beklagten zu 1) lediglich, erfindungsgemäße Notlaschenverbinder an die D. N. A. – also nicht an Dritte – zu liefern. Die Beklagte zu 1) habe die ihr gelieferten Umrüstsätze auch zur Nachrüstung von Schienensicherungen alter Bauart verwenden und im Rahmen der Freigabeerklärung veräußern dürfen. Das Klagegebrauchsmuster sei schutzfähig.

Die Klägerin hat, nachdem sie ihren ursprünglich auch auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung für den Zeitraum vom 21.07.2003 bis zum 30.10.2003 gerichteten Antrag in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. wie vom Landgericht erkannt (siehe unten),
2. hilfsweise zur mit dem Hauptantrag begehrten Feststellung, festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung als Gesamtschuldner dasjenige herauszugeben, was sie durch entsprechende seit dem 21.07.2003 begangene Handlungen erlangt haben oder noch erlangen werden.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben sich vor dem Landgericht im Wesentlichen wie folgt gegen die Klage verteidigt: Die technische Lehre des Klagegebrauchsmuster sei infolge einer offenkundigen Vorbenutzung aus dem Jahre 2002 nicht neu; wegen der Einzelheiten der diesbezüglichen Behauptungen der Beklagten wird auf des landgerichtlichen Urteils (S. 10 bis S. 11 vorletzter Absatz) verwiesen.

Die Lieferungen von Notlaschenverbindern an die S Schienentechnik G. und an die L. & T. G. seien durch die Beklagte zu 1) als Unterauftragnehmerin erfolgt. Beide Abnehmer hätten ihrerseits einen Auftrag von der D. N. A. erhalten. Letztere könnten sich auf die Benutzungsbefugnis der D. N. A. als Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters berufen: Die Beklagte zu 1) habe als „verlängerte Werkbank“ für die D N. A. gehandelt. Da sie bei der Lieferung der Notlaschenverbinder die Richtlinie habe einhalten müssen, sei die Herstellung in der konkreten Form sogar entsprechend der ausdrücklichen und verbindlichen Weisung der D. N. A. erfolgt. Zudem beziehe sich die Freigabeerklärung der Deutsche Bahn AG vom 01.03.2005 auf das gesamte Schienennetz der D. N. A., so dass „Dritte“ im Sinne dieser Freigabeerklärung nur solche Unternehmen seien, die ein anderes Schienennetz betrieben. Jedenfalls seien die Rechte der Klägerin hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform erschöpft, weil die Beklagte zu 1) die Notlaschenverbinder mit Zustimmung der D. N. A. in den Verkehr gebracht habe. Erschöpfung sei auch deshalb eingetreten, weil die Klägerin selbst der Beklagten zu 1) Umrüstsätze für die angegriffene Ausführungsform geliefert habe. Weiterhin stelle es eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung dar, wenn die eine Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters – die D. N A. – die Nutzung außerhalb des D-N. verbiete und die andere Mitinhaberin die Unterlassungsansprüche geltend mache. Die Klägerin sei verpflichtet, die kostenlose Nutzung des Klagegebrauchsmusters außerhalb des D-N. hinzunehmen, wenn die D. N. A. die kostenlose Nutzung für ihr eigenes Schienennetz gestatte. Die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stelle im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot dar.

Durch Urteil vom 16.06.2011 hat das Landgericht dem Klagebegehren nach den zuletzt gestellten Anträgen entsprochen, wobei es wie folgt erkannt hat:

„1. Die Beklagten werden verurteilt,

a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

Notlaschenverbinder für das Halten zweier einen Schienenstoß überdeckenden Laschen zwischen zwei sich gegenüberliegenden Stempeln, wobei ein erster Stempel an einem den Schienenstoß untergreifenden Bügel festgelegt ist und der zweite Stempel auf einer Achse einer Schraube angeordnet und durch Drehen der Schraube gegenüber dem Bügel verstellbar ist,

wobei der Bügel von einem Kopf der Schraube und dem zweiten Stempel eingefasst ist und wobei der Kopf formschlüssig und verdrehsicher in einer Ausnehmung einer an dem Bügel festlegbaren Sicherungsplatte gefangen ist, wobei von einem geschlossenen umlaufenden Rand der Ausnehmung der Kopf vollständig umschlossen wird, wobei die Sicherungsplatte zwei vorstehende Schenkel aufweist, die bei aufgesetzter Sicherungsplatte den Bügel zwischen sich einfassen, wobei die freien Enden der Schenkel dem Bügel vorstehen und fluchtende Durchbrechungen aufweisen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens,

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

es sei denn, diese Handlungen erfolgen für Lieferungen der Beklagten zu 1) unmittelbar an die D N. A. im Rahmen der Freigabeerklärung der D. B. A. vom 01.03.2005.

b) für die Zeit vom 01.12.2003 bis zum 29.08.2004 der Klägerin, für die Zeit vom 30.08.2004 bis zum 22.11.2004 der Klägerin und der Deutsche Bahn AG gemeinsam und seit dem 23.11.2004 der Klägerin und der D N. A gemeinsam über den Umfang der vorstehend beschriebenen und seit dem 01.12.2003 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Vorlage eines Verzeichnisses mit der Angabe der Herstellungsmengen und -zeiten sowie der einzelnen Lieferungen unter Nennung

(1) der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Lieferzeiten, Lieferpreise und Namen und Anschriften der Abnehmer,

(2) der Gestehungskosten unter Angabe der einzelnen Kostenfaktoren sowie des erzielten Gewinns und

(3) unter Angabe der einzelnen Angebote und der Werbung unter Nennung

(a) der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten und Angebotspreise sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

(b) der einzelnen Werbeträger, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger und nicht gewerblichen Abnehmer statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Nachfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

c) die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse entsprechend vorstehender Ausführungen zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von der Klägerin zu bezeichnenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre Kosten herauszugeben.

2. Es wird festgestellt,

dass die Beklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner für die Zeit vom 01.12.2003 bis zum 29.08.2004 der Klägerin, für die Zeit vom 30.08.2004 bis zum 22.11.2004 der Klägerin und der Deutsche Bahn AG gemeinsam und seit dem 23.11.2004 der Klägerin und der D. N. A. gemeinsam allen Schaden zu ersetzen, der ihr/ihnen durch die vorstehend bezeichneten und seit dem 01.12.2003 begangenen Handlungen entstanden ist und zukünftig entstehen wird….“

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt: Das Klagegebrauchsmuster sei schutzfähig. Die Klägerin könne gegen die Neuheit des mit dem Klagegebrauchsmuster geschützten Gegenstands insbesondere nicht mit Erfolg einwenden, dass Herr S., ein Mitarbeiter der D. N. A., bereits Ende 2002 dem Beklagten zu 2) den Erfindungsgegenstand erläutert habe. Dem Erfolg der ebenfalls eingewandten offenkundigen Vorbenutzung im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 GebrMG stehe entgegen, dass der Fachmann auf Grund der Vorbenutzung den Anmeldegegenstand nicht ohne dessen Kenntnis zu erkennen vermöge: Erhalte der Fachmann – wie hier – nicht allein durch die Benutzung, sondern erst zusammen mit einer mündlichen Erläuterung die Kenntnis vom Erfindungsgegenstand, handele es sich nicht um eine offenkundige Vorbenutzung im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 2 GebrMG. Im Übrigen habe die vorgeführte Sicherungsplatte keine fluchtenden Durchbrechungen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens aufgewiesen. Die – unstreitigen – Benutzungshandlungen seien nicht mit Blick auf die Freigabeerklärung der D. B. A. vom 01.03.2005 gerechtfertigt gewesen. Die Freigabeerklärung habe nicht sämtliche Lieferungen von Notlaschenverbindern umfasst, soweit sie im Netz der D. N. A. zum Einsatz kämen, insbesondere nicht Lieferungen an Dritte wie die S.-Schienentechnik G. und die L. & T. G.. Lieferungen für den Einsatz außerhalb des Netzes der D. N. A. seien nicht Gegenstand der Freigabeerklärung gewesen. Die Freigabeerklärung könne auch nicht so weit verstanden werden, dass lediglich die Lieferungen an Dritte ins Ausland noch unter dem Zustimmungsvorbehalt der Klägerin gestanden hätten. Die Beklagten könnten sich auch nicht mit Erfolg auf die Richtlinie zur Sicherung und Beseitigung von Schienenbrüchen und -fehlern (Anlage N 18, dort Abschnitt 3, Absatz (8)) berufen, weil sich diese allein auf eine technische Freigabe beziehe. Den Beklagten sei auch darin zu widersprechen, dass mit Blick auf die Berechtigung der D N A als Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters zur Benutzung der streitgegenständlichen Erfindung auch die Beklagte zu 1) zur Lieferung an deren Auftragnehmer berechtigt sei; dem einzelnen Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft könne nicht das Recht zustehen, Dritten Lizenzen an dem gemeinsamen Recht vergeben zu können, weil dies eine mit dem Nutzungsrecht als solchem nicht mehr zu verbindende Beeinträchtigung und Einschränkung der Rechte der übrigen Teilhaber enthalte. Dass die Klägerin den Lieferungen der Beklagten zu 1) an die S.-Schienentechnik G. und die L. & T. G. zugestimmt habe, sei nicht dargelegt. Abgesehen davon hätten die Beklagten ihre Behauptung, die S. Schienentechnik G. und die L. & T. G. seien Auftragnehmer der D. N. A. und die Lieferungen von Notlaschenverbindern an diese beiden Unternehmen seien durch die Beklagte zu 1) als deren Unterauftragnehmerin erfolgt, weder näher konkretisiert, noch unter Beweis gestellt. Auch fehle es an einer Zustimmung der D. N. A. für Lieferungen an Dritte. Auf eine Erschöpfung der Rechte der Klägerin aus dem Klagegebrauchsmuster könnten die Beklagten sich nicht mit Erfolg berufen: Die von den Beklagten als Beleg für eine solche Lieferung angeführte Rechnung vom 31.01.2006 (Anlage N 20) beziehe sich nicht auf die angegriffene Ausführungsform, sondern auf Umrüstsätze, mit denen die bislang verwendeten Notlaschenverbinder auf die aktuelle, das heißt erfindungsgemäße Form umgerüstet werden könnten. Eine ausdrückliche oder konkludente Zustimmung der Klägerin, aus den vorhandenen nicht-erfindungsgemäßen Notlaschenverbinder mit Hilfe der Umrüstsätze die angegriffene Ausführungsform herzustellen und anschließend in den Verkehr bringen zu dürfen, sei nicht ersichtlich. Die Beklagten könnten gegen die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin schließlich nicht mit Erfolg den kartellrechtlichen Missbrauchseinwand aus § 242 BGB erheben, weil es am erforderlichen Angebot der Beklagten fehle. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen (Blatt 80 ff. GA).

Mit ihrer Berufung wenden die Beklagten unter (teilweiser) Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen ein: Das Landgericht habe die Reichweite der Freigabeerklärung der D. B. A., mit der der Schutzbereich des Klagegebrauchsmusters eingeschränkt worden sei, falsch bestimmt: Richtigerweise müsse diese so ausgelegt werden, dass die Beklagte zu 1) zu jeglichen Lieferungen der angegriffenen Ausführungsform berechtigt sei, soweit diese im Netz der D. N. A. eingesetzt würden. Die Ziffer 1. der Freigabeerklärung lege nur den maßgeblichen „Einsatzort“ fest. Die Ziffer 2. der Freigabeerklärung könne sich bei systematischer Auslegung nur auf Lieferungen beziehen, die in anderen Netzen als jenem der D. N. A. eingesetzt werden sollten. Allein dieses Verständnis ergebe vor dem – unstreitigen – Hintergrund, dass die D. N. A. als Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters ohnehin zu einer eigenen Nutzung, und zwar auch außerhalb ihres eigenen Netzes, berechtigt sei, einen Sinn. Die D. N. A. habe es weder ändern wollen noch ändern können, dass eine Lieferung an Dritte ohne Zustimmung der Inhaber grundsätzlich unzulässig ist. Ihre – der Beklagten – Auslegung werde auch durch Ziffer (8) der Richtlinie 824.6010 bestätigt: Dort finde sich ebenfalls eine auf die Gleise der D. A. bezogene Freigabeerklärung. Wegen der Freigabeerklärung könne die Klägerin von den Beklagten allenfalls Unterlassung von Lieferungen der angegriffenen Ausführungsform verlangen, die außerhalb des Netzes der D. N. A. eingesetzt werden sollten, wobei unbeachtlich sei, an wen die angegriffene Ausführungsform geliefert werde.

Ferner habe das Landgericht die Reichweite des Benutzungsrechts bzw. die rechtliche Befugnis der Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters fehlerhaft gewürdigt: Der Unterlassungsanspruch der Klägerin erstrecke sich nicht auf Sachverhalte, bei denen die Beklagte zu 1) die angegriffene Ausführungsform an Unternehmen liefere, die von der D. N. A. beauftragt worden seien. Die in § 743 Abs.2 BGB genannte Grenze für den Gebrauch eines gemeinschaftlichen Gegenstandes werde erst überschritten, wenn der Gebrauch des einen Teilhabers die Gebrauchsbefugnis und den hierauf gestützten tatsächlichen Mitgebrauch der übrigen Teilhaber beeinträchtige. Das sei mit Blick auf die Lieferung der angegriffenen Ausführungsform an Drittunternehmen, die ihrerseits Auftragnehmer der Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters seien, nicht der Fall, da der Klägerin hierdurch weder der Mitgebrauch verweigert, noch deren Nutzung gestört werde. Eine Differenzierung zwischen unmittelbaren Auftragnehmern und Unterauftragnehmern der D. N. A. sei nicht gerechtfertigt. Es obliege entgegen der Annahme des Landgerichts der Klägerin, zu beweisen, dass die streitgegenständlichen Lieferungen der angegriffenen Ausführungsform an die Unternehmen S.-Schienentechnik G. und L. & T. G. außerhalb des Netzes der D. N. A. eingesetzt worden seien, weil es sich insoweit um anspruchsbegründende Tatsachen handele.

Unabhängig von der Würdigung der Freigabeerklärung stellten die Aufträge der D. N. A. an Subunternehmer eine eigene Nutzungshandlung der D. N. A. dar, die von deren Nutzungsbefugnis als Mitinhaber gedeckt sei. Die Freigabeerklärung sei im Verhältnis zu den jeweiligen Auftragnehmern der D. N. A. unbeachtlich.

Für die Bestimmung der Reichweite des Unterlassungsanspruchs der Klägerin sei allein maßgeblich, dass Lieferungen an von der D. N. A. beauftragte Dritte abstrakt zulässig seien. Der Klägerin könnten demnach die geltend gemachten Ansprüche allein dann zustehen, wenn – wie nicht – ein Einsatz der angegriffenen Ausführungsform außerhalb des Schienennetzes der D. N. A. erfolgt wäre. Solches habe die Klägerin weder dargetan noch bewiesen.

Die Zurückweisung des kartellrechtlichen Missbrauchseinwands durch das Landgericht beruhe auf der verfehlten Annahme, dass ein Angebot der Beklagten auf Abschluss eines Lizenzvertrages notwendig gewesen sei. Letzteres ei entbehrlich gewesen, weil die D. N. A. für die Nutzung der Erfindung keine Lizenzzahlungen verlange.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des LG Düsseldorf vom 16.06.2011 (Az. 4a O 45/10) abzuändern und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, es den Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, wobei sie im Termin zur mündlichen Verhand- lung vom 07.03.2013 die Klage insoweit zurückgenommen hat, als ur- sprünglich auch ein Vernichtungsanspruch gegen den Beklagten zu 2) geltend gemacht worden ist.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages erster Instanz wie folgt: Die von den Beklagten vorgenommene Auslegung der Freigabeerklärung reiße die Systematik der Ziffern 1. und 2. bewusst auseinander. Der von den Beklagten mit Blick auf den Umfang des Schienennetzes der D. N. A. gezogene Schluss, dass automatisch jede Lieferung der Beklagten an Dritte auch eine solche Lieferung an Unterauftragnehmer der D. N. A. sei, verfange nicht. Es habe ausgeschlossen werden sollen, dass die Beklagten sich auf irgendwelche Subunternehmerverhältnisse und verlängerte Werkbank-Geschäfte berufen könnten, die einer Nachprüfung durch sie – die Klägerin – entzogen seien. Die Beweislast in Bezug auf die Berechtigung zur Benutzung der Erfindung habe das Landgericht zu Recht den Beklagten zugewiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist ganz überwiegend unbegründet.

Im Ergebnis hat das Landgericht die Beklagten zu Recht wegen Verletzung des Klagegebrauchsmusters zur Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung verurteilt sowie deren Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt. Allerdings war die landgerichtliche Fassung der Verurteilung zur Unterlassung (dortige Ziffer I.1.a) zu ergänzen (siehe im Einzelnen den Tenor zu Ziffer I.1. des vorliegenden Urteils). Ferner war wegen der im Verhandlungstermin vor dem Senat erfolgten teilweisen Klagerücknahme klarzustellen, dass die Verurteilung zur Vernichtung allein die Beklagte zu 1) betrifft.

I.
Das Klagegebrauchsmuster lehrt einen sog. Notlaschenverbinder, mit dem zwei einen Schienenstoß überdeckende Laschen gehalten werden können.

Nach den einleitenden Bemerkungen des Klagegebrauchsmusters waren schraubzwingenartige Notlaschenverbinder im Stand der Technik bekannt. Diese fänden paarweise bei Gleismontagearbeiten oder bei Schienenbrüchen Verwendung, um zwei Schienenenden zu verbinden, ohne dass diese selbst verschraubt oder verschweißt werden müssten. Derartig verbundene Schienenstöße könnten von Zügen mit einer maximalen Geschwindigkeit von 160 km/h überfahren werden.

Es ist nach den weiteren Ausführungen in der Gebrauchsmusterschrift üblich, dass die beiden den Schienenstoß überdeckenden Laschen zwischen zwei sich gegenüberliegenden Stempeln gehalten werden, wobei ein erster Stempel an einem den Schienenstoß untergreifenden Bügel festgelegt werde und ein zweiter Stempel auf einer Achse einer Schraube angeordnet und durch Drehen dieser Schraube verstellbar sei. Der Notlaschenverbinder verfüge über verstellbare Schraubspindel, um die beiden Laschen über den Schienenstoß hinaus verspannen zu können. Die Schraubspindel sei an einem Ende in dem Bügel festgelegt und trage an ihrem anderen Ende den zweiten Stempel. Ein zwischen dem Auflager und Bügel befindlicher Sechskant erlaube es, den Abstand zwischen den beiden Stempeln zu verstellen. Dadurch könnten die Laschen mittels eines an dem Sechskant angesetzten Maulschlüssels gegen die Schienenprofile verspannt werden.

Das Klagegebrauchsmuster kritisiert den Stand der Technik wie folgt: Bei Verwendung eines Maulschlüssels bestehe grundsätzlich die Gefahr einer Beschädigung des Sechskants und damit der Schraubspindel mit der Folge, dass deren Gebrauchstüchtigkeit verloren gehen könne. Zudem sei die Handhabung eines mittels eines Sicherungsbügels gesicherten Notlaschenverbinders umständlich, da bei geöffnetem Sicherungsbügel mittels des Maulschlüssels in dem schon ohnehin beengten Raum zwischen der am Schienenprofil anliegenden Lasche die Verstellung des Abstandes der Stempel erfolge. Als besonders großen Nachteil hebt das Klagegebrauchsmuster hervor, dass sich die Spindel nach längerem Gebrauch gleichwohl verstelle und damit die Stempel die den Schienenstoß überdeckenden Laschen freigeben könnten.

Angesichts dieses technischen Hintergrundes liegt dem Klagegebrauchsmuster die (objektive) Aufgabe (das technische Problem) zugrunde, einen Notlaschenverbinder zur Verfügung zu stellen, der in einfacher Weise und bequem handhabbar ist und bei dem insbesondere eine Freigabe der den Schienenstoß überdeckenden Laschen sicher ausgeschlossen ist.

Insoweit lehren die von der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit kombiniert geltend gemachten Schutzansprüche 1 bis 4 einen Notlaschenverbinder mit folgenden Merkmalen:

1. Notlaschenverbinder für das Halten zweier einen Schienenstoß überdeckenden Laschen zwischen zwei Stempeln;

2. der Notlaschenverbinder weist einen den Schienenstoß untergreifenden Bügel auf;

3. die Stempel liegen sich gegenüber, wobei

3.1 ein erster Stempel am Bügel festgelegt ist und
3.2 der zweite Stempel auf einer Achse einer Schraube angeordnet und durch Drehen der Schraube gegenüber dem Bügel verstellbar ist;

4. der Bügel (2) ist von einem Kopf (14) der Schraube (13) und dem zweiten Stempel (7) eingefasst;

5. der Kopf (14) der Schraube

5.1 ist formschlüssig und verdrehsicher in einer Ausnehmung (16) einer an dem Bügel (2) festlegbaren Sicherungsplatte (17) gefangen und

5.2 wird von einem geschlossenen umlaufenden Rand der Ausnehmung (16) vollständig umschlossen;

6. die Sicherungsplatte (17) weist zwei vorstehende Schenkel (18, 19) auf,

6.1 die bei aufgesetzter Sicherungsplatte (17) den Bügel (2) zwischen sich einfassen und

6.2 deren freie Enden (20, 21) dem Bügel (2) vorstehen und fluchtende Durchbrechungen (22, 23) aufweisen für ein Eindringen eines Sicherungsbolzens (24).

II.

Die Kammer hat unter Ziffer III. des angefochtenen Urteils unter Berücksichtigung der erstinstanzlichen Einwendungen der Beklagten im Einzelnen die Schutzfähigkeit des Klagegebrauchsmusters bejaht und begründet. Diese überzeugenden Ausführungen, welche keinen Rechtsfehler erkennen lassen und mit der Berufung nicht gesondert angegriffen werden, macht sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zu Eigen.

Entsprechendes gilt, soweit die Kammer unter Ziffer IV. des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die Beklagten durch den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform in wortsinngemäßer Weise von der technischen Lehre der Schutzansprüche 1 bis 4 Gebrauch machen (§ 11 Abs. 1 GebrMG), und soweit sie unter Ziffer V.3. ausgeführt hat, dass keine Erschöpfung eingetreten ist.

III.

Zu Recht ist das Landgericht ferner zu dem Ergebnis gekommen, dass die Benutzung der technischen Lehre des Klagegebrauchsmusters durch die Beklagten erfolgte, ohne dass diese dazu berechtigt waren.

1.
Eine Berechtigung der Beklagten zu den streitgegenständlichen Lieferungen der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich nicht aus dem Inhalt der Freigabeerklärung vom 01.03.2005 (Anlage K 6).

a)
Zwar gehen die Parteien übereinstimmend davon aus, dass die von der Deutsche Bahn AG abgegebene Freigabeerklärung rechtswirksam ist, obwohl schon zu diesem Zeitpunkt allein die Klägerin und die D. N. A. (100%ige Tochter der D. B. A.) eingetragene Inhaber des Klagegebrauchsmusters waren. Gleichwohl hat das Landgericht im Ergebnis zu Recht den auf die Freigabeerklärung (Anlage K 6) bezogenen Einwand der Beklagten zurückgewiesen.

Allerdings vermag sich der Senat insoweit nicht der Auslegung des Landgerichts, wonach die Freigabeerklärung nicht sämtliche Notlaschenverbinder, die im Netz der D. N. A. zum Einsatz kommen, erfasse, sondern nur Lieferungen unmittelbar an die D. N. A. erlaube, anzuschließen.

Nach § 133 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille der Erklärenden zu erforschen. Dabei ist trotz des in § 133 BGB enthaltenen Verbots der Buchstabeninterpretation vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (BGH, NJW-RR 2000, 1002; NJW 1995, 1212; BGHZ 124, 39, 45; BGHZ 121, 13, 16; Palandt/Heinrichs, BGB, 71. Auflage, § 133 Rn. 14). Bei der Willenserforschung hat das Gericht auch den mit der Erklärung verfolgten Zweck, die Interessenlage und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, die den Sinngehalt der Erklärung erhellen können (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 683 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 133 Rn. 15 und 18). Dabei sind empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. BGHZ 36, 30, 33; BGHZ 103, 275, 280; BGH, NJW 2009, 774; BGH MDR 2010, 650).

Dies vorausgeschickt ist die Freigabeerklärung vom 01.03.2005 so zu verstehen, dass „Dritte“ im Sinne der Ziffer 2. nur solche Unternehmen sind, die ein anderes Schienennetz als das von der D. N. A. unterhaltene betreiben.

aa)
In diesem Zusammenhang ist es von wesentlicher Bedeutung, dass sich die D. B. A.G im Rahmen ihrer Entscheidung ausdrücklich „patentrechtlichen Vorgaben unterworfen“ sah (vgl. den 1. Absatz der Freigabeerklärung gemäß Anlage K 6) und in ihrer betreffenden Begründung darauf abstellte, dass „die modifizierte Universalschraubzwinge in Zusammenarbeit zwischen der Fa. V. (Anmerkung: also der Klägerin) und der D. B. weiterentwickelt und mit einer Gebrauchsmustersicherung (DE ) versehen“ wurde. Somit wollte die D. B. A. sich im Rahmen ihrer Freigabeerklärung an die gebrauchsmusterrechtlichen Grenzen, die sich mit Blick auf die Mitberechtigung der Klägerin am Klagegebrauchsmuster ergeben, halten. Deshalb ist die Freigabeerklärung unter Berücksichtigung dieser Interessenlage, welche nachfolgend näher erläutert wird, auszulegen.

aaa)
Das GebrMG enthält in § 13 Abs. 3 GebrMG i.V.m. § 6 PatG weder eine Regelung der Rechtsbeziehung der Mitinhaber untereinander, noch zu der Frage, wie die Mitinhaber ihre Rechte gegenüber Dritten ausüben können (vgl. Haedicke, GRUR 2007, 23, 25). Demgemäß ist anerkannt, dass insoweit auf die Regelungen der §§ 741 ff. BGB über die Bruchteilsgemeinschaft zurückzugreifen ist (BGH, GRUR 2001, 226, 227 – Rollenantriebseinheit; BGH, GRUR 2003, 702, 704 – Gehäusekonstruktion; BGHZ 162, 342 = GRUR 2005, 663 – gummielastische Masse II; Senat, GRUR-RR 2012, 319, 320 – Einstieghilfe für Kanalöffnungen; Benkard/Melullis, PatG, 10. Auflage, § 6 Rn. 34).

Auch im vorliegenden Falle ist daher auf die §§ 741 ff. BGB abzustellen, weil die Klägerin und die D. N. A. im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Lieferungen der angegriffenen Ausführungsform eingetragene Mitinhaber des Klagegebrauchsmusters waren und zwischen ihnen keine abweichende Regelung über ihre Rechtsbeziehungen als Mitinhaber getroffen worden war. Soweit die Klägerin erstmals auf Seite 3 der Berufungsduplik (Blatt 177 GA) von einer Vereinbarung der Mitinhaber spricht, liegt dem ein Missverständnis zugrunde: Die Klägerin stellt insoweit ersichtlich auf die Freigabeerklärung gemäß Anlage K 6 ab, die jedoch allein das Verhältnis zwischen der D. B. A. und der Beklagten zu 1) betrifft und damit gerade keine Vereinbarung zwischen den Mitinhabern des Klagegebrauchsmusters, nämlich der Klägerin und der D. N. A., enthält. Dass die Klägerin sich insoweit auf die Anlage K 6 stützt, ergibt sich auch daraus, dass die betreffende Vereinbarung laut Klägerin vom Landgericht festgestellt worden sein soll – erstinstanzlich war aber nie von einer Vereinbarung der Mitinhaber die Rede, sondern allein die Freigabeerklärung gemäß Anlage K 6 Gegenstand der Erörterungen.

Nach § 741 BGB steht den Mitinhabern das Recht an der Erfindung gemeinsam zu, wobei jeder Teilhaber einen ideellen Anteil an dem ganzen Recht hat, und zwar selbst dann, wenn sich die Beiträge voneinander abgrenzen ließen, also teilbar wären (Senat, GRUR-RR 2012, 319, 320 – Einstiegshilfe für Kanalöffnungen; Kraßer, § 19 V b 1, S. 348). Im Zweifel steht den Mitinhabern – wie mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auch hier – das Recht zu gleichen Teilen zu (§ 742 BGB). Gemäß § 747 S. 2 BGB können die Bruchteilsberechtigten nur gemeinschaftlich über die Erfindung im Ganzen verfügen. Eine Verfügung in diesem Sinne ist jedes Rechtsgeschäft, durch das der betroffene Gegenstand mit unmittelbarer Wirkung übertragen, belastet, aufgehoben oder inhaltlich verändert wird (statt aller Palandt/Sprau, BGB, 71. Auflage, 2012, § 747 Rn 1). Darunter fällt nach der Rechtsprechung des Senats auch eine Lizenzerteilung (GRUR-RR 2012, 319, 320 m.w.N.): Für die Erteilung einer Lizenz, die das gemeinschaftliche Schutzrecht als Ganzes betreffen würde, enthält das Gesetz keine dem § 743 Abs. 2 BGB vergleichbare Sonderregelung. Die Einräumung einer Benutzungsgestattung zu Gunsten eines Dritten stellt eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstandes dar, die nach § 744 Abs. 1 BGB den Teilhabern nur gemeinschaftlich zusteht. Zur „Verwaltung“ gehören nämlich alle Maßnahmen, die das gemeinschaftliche Interesse aller Teilhaber innerhalb der ungeteilten Gemeinschaft betreffen, insbesondere die Erhaltung bzw. Veränderung des gemeinschaftlichen Gegenstands und seine Verwendung, d. h. die Bestimmung über die Art der Nutzung und Benutzung (Palandt/Sprau, BGB, 71. Aufl., 2012, § 744 Rn 2). In diesem Sinne beinhaltet die Lizenzerteilung an einen Dritten eine Regelung über die Benutzung des gemeinschaftlichen Patents, weswegen sie im patentrechtlichen Schrifttum (Benkard, PatG, 10. Aufl. [2006], § 6 PatG Rdnr. 35 e; Busse, PatG, 6. Aufl. [2003], § 6 PatG Rdnr. 42; Kraßer, PatentR, 6. Aufl. [2009], S. 357 f.) zu Recht einhellig als eine Maßnahme begriffen wird, die nur nach Maßgabe des § 745 BGB in Betracht kommen kann, d. h. bei Stimmenmehrheit (Abs. 1) oder wenn auf die Zustimmung zur Lizenzerteilung deshalb ein Anspruch des einzelnen die Lizenz erteilenden Teilhabers besteht, weil sie nach billigem Ermessen auch dem Interesse der anderen Teilhaber entspricht (Abs. 2).

Aus § 743 Abs. 2 BGB ergibt sich allerdings, dass jeder Mitinhaber für sich befugt ist, das gemeinschaftliche Patent / Gebrauchsmuster zu benutzen. Dieses eigene Benutzungsrecht schließt selbstverständlich auch die Einschaltung von Hilfspersonen (wie Zulieferern) ein, denen sich der Benutzungsberechtigte bedient, um – mangels eigener Herstellungs- oder Vertriebskapazitäten – sein Benutzungsrecht ausüben zu können (Senat, GRUR-RR 2012, 319, 320 – Einstiegshilfe für Kanalöffnungen). Solche Hilfspersonen wären in ihrem Recht zur Benutzung der Erfindung strikt an den Inhaber gebunden, der die Hilfsperson hinzugezogen hat, so dass z. B. ein Zulieferer ausschließlich den Auftrag gebenden Mitinhaber des Klagepatents mit Notlaschenverbindern versorgen dürfte. Das schließt es aber auch ein, dass die Hilfspersonen wiederum Erfüllungsgehilfen einschalten, solange am Ende ein Eigengebrauch des Mitinhabers steht. Nach der Rechtsprechung des BGH hält sich der Eigengebrauch regelmäßig innerhalb der Grenze des § 743 Abs. 2 BGB, solange der Mitgebrauch nicht verweigert oder gestört wird; der Eigengebrauch ist nicht einmal ausgleichspflichtig (BGH, GRUR 2006, 401 – Zylinderrohr).

bbb)
Wenn dem aber so ist, dann bedarf die D. N. A. für die Herstellung von durch das Klagegebrauchsmuster geschützten Notlaschenverbindern zu Zwecken des Eigengebrauchs a priori nicht der Zustimmung der Klägerin. Ebenso wenig bedarf es der klägerischen Zustimmung, wenn die D. N. A. sich die Notlaschenverbinder von Dritten herstellen und liefern lässt, und zwar unabhängig davon, ob die Dritten sich hierbei weiterer Unterauftragnehmer bedienen oder nicht. Die Dritten und deren etwaige Unterauftragnehmer leiten ihre Berechtigung im Sinne von § 11 GebrMG dann aus der Mitinhaberberechtigung der D. N. A. ab und handeln demnach in Erfüllung der Aufträge der D. N. A. ebenfalls als „Berechtigte“. Selbst die Klägerin räumt demgemäß im Rahmen des Berufungsverfahrens zu Recht ein (vgl. Seite 5, ab 2. Absatz des Schriftsatzes vom 30.03.2012, Blatt 167 GA; Seite 6, 2. Absatz, Blatt 168 GA), dass die D. N. A als Mitinhaberin „sich auf direktem Wege durch die Beklagten versorgen darf“.

Eine nachvollziehbare Begründung, warum allein „unmittelbare“ Lieferungen von der Beklagten zu 1) an die D. N. A. erlaubt, ein „Streckengeschäft“ hingegen verboten sein sollte, vermag die Klägerin nicht anzugeben. Insbesondere verfängt ihr Hinweis, wonach es ausgeschlossen werden sollte, dass die Beklagten sich auf „irgendwelche Subunternehmerverhältnisse und verlängerte Werkbank-Geschäfte berufen könnten, die ihrer Nachprüfung faktisch entzogen wären“, nicht. Wie die Klägerin nämlich selbst richtig annimmt, trifft die Beklagten die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass an Dritte gelieferte angegriffene Ausführungsformen für den Einsatz im Netz der D. N. A. bestimmt sind und der Hauptauftrag an den Dritten von der D. N. A. erfolgte. Durch diese – unten näher erläuterte – Verteilung der Darlegungs- und Beweislast wird die Klägerin angemessen und wirksam vor entsprechenden bloßen Schutzbehauptungen geschützt.

Ein Grund, ausschließlich direkte Lieferungen Dritter an die D. N. A. als erlaubt anzusehen, könnte nur dann gegeben sein, wenn aufgrund der Einschaltung von Vierten (als Subunternehmern der Dritten) eine „Beeinträchtigung“ der Klägerin im Sinne von § 743 Abs. 2 BGB anzunehmen wäre. Solches kann aber ausgeschlossen werden: Die Beeinträchtigung der Klägerin wird nicht dadurch größer, dass nicht direkt von einem Dritten an die D. N. A. geliefert wird, sondern ein weiteres Unternehmen zwischengeschaltet wird. Insbesondere entgeht der der Klägerin dadurch nicht ein (weiterer) eigener Auftrag im Vergleich zur Situation, dass unmittelbar an die D. N. A. geliefert würde. Als Kontrollüberlegung kann hier auch dienen, dass es der D. N. A. unbenommen gewesen wäre, den Vierten (statt oder sogar neben dem Dritten) unmittelbar zu beauftragen.

bb)
Im Rahmen der Auslegung der Freigabeerklärung muss man sich ferner vergegenwärtigen, dass die D. B. A. – über ihre 100%ige Tochter D. N. A. – zwar 96,6 % des gesamten deutschen Schienennetzes unterhält. Jedoch folgt daraus im Umkehrschluss, dass es auf deutschem Gebiet zumindest noch ein anderes Schienennetz gibt. Ferner ist zu beachten, dass das Klagegebrauchsmuster auch Lieferungen von Deutschland ins Ausland und eine Herstellung in Deutschland zu diesem Zweck verbietet (vgl. Senat, Urteil vom 23.2.2012 – I-2 U 134/10). Dem trägt die Ziffer 1. der Freigabeerklärung Rechnung, indem die Gültigkeit der Freigabeerklärung auf den Einsatz im Schienennetz der D. N. A. beschränkt wird. Damit wird klargestellt, dass Ziffer 1. der Freigabe die Beklagte zu 1) a priori nur insoweit zur Herstellung pp. der modifizierten Universalschraubzwinge berechtigt, als es um den Einsatz im Netz der D. A. als Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters und nicht etwa in einem anderen bzw. in anderen deutschen Schienennetz(en) geht. Die Ziffer 2. bestimmt alsdann, dass für eine Lieferung /Verkauf an Dritte die Zustimmung der Klägerin erforderlich ist. Hierbei legt die Ziffer 2. nicht ausdrücklich fest, ob sie ebenfalls (d.h. wie die Ziffer 1.) auf das Netz der D. A. oder auf ein anderes bzw. andere Netze bezogen ist. Vor dem unter Ziffer aa) erläuterten Hintergrund ergibt allerdings nur die letztgenannte Alternative einen wirklichen Sinn, so dass die Beklagte zu 1) die Freigabeerklärung auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben so verstehen durfte, dass es der Zustimmung der Klägerin über die von der D. B. A. erfolgte Freigabeerklärung hinaus a priori nur dann bedürfe, wenn die angegriffene Ausführungsform für den Einsatz außerhalb des Schienennetzes der D. N. A. eingesetzt werden soll. Demnach ist die Ziffer 1. – ebenso wie die Ziffer 2. – in einem „räumlichen“ Sinne zu verstehen: Die eine Ziffer betrifft das Schienennetz der D. N. A., die andere das bzw. die übrige(n) deutsche(n) Schienennetze sowie ausländische Schienennetze. Allein in Bezug auf das Gebiet der übrigen Schienennetze sieht die Ziffer 2. vor, dass auch noch die Zustimmung der Klägerin erforderlich sein kann.

cc)
Das hiesige Verständnis findet seinen Niederschlag auch in unterschiedlichen Formulierungsweisen in beiden Ziffern: Ziffer 1. spricht von einem „Einsatz in …“, ist also auf ein spezielles Einsatzgebiet bezogen. Demgegenüber wählt Ziffer 2 den Ansatz, dass Lieferungen an bestimmte Personen von der Freigabe ausgeschlossen werden, ohne dass (ausdrücklich) nach Gebieten differenziert wird. Ziffer 1 enthält eine umfassende Freigabe für das Gebiet der D. N. A..

Insofern gibt ein „räumliches“ Verständnis der Ziffer 1 der Freigabeerklärung durchaus Sinn. Zugleich folgt dann aber aus diesem „räumlichen“ Verständnis der Ziffer 1., dass die Ziffer 2. ihrerseits nicht auf das in Ziffer 1. abschließend geregelte Schienennetz der D. N. A. bezogen sein kann, sondern für das übrige bzw. die übrigen deutschen Schienennetze gelten muss. „Dritte“ im Sinne der Ziffer 2. sind also die Inhaber des/der anderen Schienennetze(s) bzw. deren Lieferanten (sowie deren etwaige Unterauftragnehmer). Keine „Dritten“ im Sinne von Ziffer 2. sind demnach Unternehmen, die die D. N. A. mit Notlaschenverbindern (für deren eigenes Netz) beliefern.

dd)
Der vom Landgericht gesehene Widerspruch, der sich durch die hier vertretene Auslegung ergeben soll, besteht nicht:

Die Kammer nimmt noch richtig an, dass sich Ziffer 1. nur auf das Netz der D. N. A. bezieht. Nicht nachvollziehbar ist aber die Annahme, dass Ziffer 2. sich infolge dessen auch nur auf das Netz der D. N. A. beziehen könne. Diese Schlussfolgerung ist schon deshalb nicht zwingend, weil es neben dem Schienennetz der D. A. unstreitig mindestens noch ein anderes deutsches Schienennetz sowie ausländische Schienennetze gibt, für deren Gebiet sich genauso die Frage der Berechtigung der Beklagten zu 1) stellt. Die Ziffer 2. muss also keineswegs logisch auf Ziffer 1. zurückbezogen sein. Die Ziffer 2. bringt vielmehr zum Ausdruck: Von „mir“ aus (D. B. A.) darfst „Du“ (Beklagte zu 1) sogar Notlaschenverbinder gemäß Klagegebrauchsmuster an andere Netzbetreiber in Deutschland und von Deutschland aus ins Ausland liefern, allerdings brauchst „Du“ dann zusätzlich noch die Zustimmung der Klägerin als Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters. Eine (auch die Klägerin bindende) Freigabe liegt also nur für das Netz der D. N. A. vor. Die Freigabe für andere Netze hängt – soweit es zu Lieferungen an Dritte kommen soll – von der zusätzlichen Zustimmung der Klägerin ab. Die Deutsche Bahn erteilt also keine umfassende Freigabe (die sie außerhalb des eigenen Netzes in Bezug auf Lieferungen an Dritte nicht allein erteilen will bzw. kann), wohl aber ihre – insoweit allein nicht ausreichende – Zustimmung.

Soweit die Kammer an der hier vertretenen Auslegung bemängelt, es fehle dann an einer Regelung des Falles, dass an die D. N. A. für den Einsatz in fremden Netzen geliefert werde, verfängt dies nicht. Dies verkennt, dass die D. N. A. als Mitinhaberin ohnehin zu einem umfassenden Eigengebrauch berechtigt ist: Zum Eigengebrauch der D. N. A. gehört es aber auch, klagegebrauchsmustergemäße Notlaschenverbinder an Dritte zu Zwecken des Einsatzes in D.-fremdem Netzen zu liefern. Insofern spricht dieser Umstand nicht gegen die hier vorgenommene Auslegung, weil dieser Fall keiner ausdrücklichen Regelung bedarf. Lieferungen an die D. N. A. sind nie Lieferungen an „Dritte“, egal in welchem Netz die betreffenden Notlaschenverbinder zum Einsatz kommen sollen.

Im Übrigen vermag die Auslegung der Kammer auch deshalb nicht zu überzeugen, weil es nach ihrem Verständnis an jeglicher Regelung zu Lieferungen zwecks eines Einsatzes in fremden Netzen fehlen würde. Letztere Frage war aber für die vorausgegangene Beantwortung der Anfrage der Beklagten ebenfalls von Interesse.

ee)
Soweit die Klägerin hinsichtlich der Freigabeerklärung Zeugenbeweisantritt angeboten hat (siehe S. 6 des Schriftsatzes vom 28.01.2011, Blatt 55 GA; vgl. S. 6 des Schriftsatzes vom 30.03.2012, Blatt 166 GA), war dem nicht nachzugehen. Für die Auslegung kommt es – wie oben erläutert – auf das Verständnis des Empfängers der Willenserklärung an. Es ist nicht dargetan, dass vor der Erteilung der Freigabeerklärung Gespräche zwischen der D. B. A. und der Klägerin stattgefunden hätten, aus deren Inhalt sich ein abweichendes Verständnis ergeben könnte. Ebenso ist nicht dargetan, dass die D. B. A den Inhalt der Freigabeerklärung nachträglich in einem abweichenden Sinne erläutert habe. Die Klägerin trägt nicht einmal vor, dass die D. B. A. ihr erläutert habe, was mit der Freigabeerklärung gemeint gewesen sei.

ff)
Obwohl den Beklagten nach alledem in ihrem Verständnis vom Inhalt der Freigabeerklärung zu folgen ist, hat ihr Berufen auf die Freigabeerklärung gleichwohl keinen Erfolg, weil nicht feststellbar ist, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der Freigabeerklärung erfüllt sind.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Kammer angenommen, dass die Beklagten es darzutun und zu beweisen haben, dass die S. Schienentechnik G. und die L. & T. G. Auftragnehmer der D. N. A. seien und ihre Lieferungen von Notlaschenverbindern an diese beiden Unternehmen durch die Beklagte zu 1) als Unterauftragnehmerin erfolgt seien.

Verfehlt sehen die Beklagten in den maßgeblichen Tatsachen anspruchsbegründende Voraussetzungen für die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche der Klägerin. Die Beklagten verkennen, dass die Klägerin als Mitinhaberin des Klagegebrauchsmusters Inhaberin eines Verbotsrechts ist (§ 11 Abs. 1 GbMG), aus dem unter anderem ein Unterlassungsanspruch folgt (§ 24 Abs. 1 GbmG). Der Grundsatz ist demnach, dass es den Beklagten verboten ist, klagegebrauchsmustergemäße Vorrichtungen herzustellen und zu vertreiben. Demgemäß ist es ihnen grundsätzlich auch verboten gewesen, die S. Schienentechnik G. und die L. & T.l G. entsprechend zu beliefern, es sei denn, dass sie ausnahmsweise (entweder kraft der Freigabeerklärung oder kraft eines von der D. N. A. abgeleiteten Mitbenutzungsrechts) dazu berechtigt gewesen wären. Das Berufen des Beklagten auf eine vermeintliche Einwilligung des Patentinhabers stellt eine Einwendung dar (Benkard/Scharen, PatG, 10. A., § 9, Rn. 60). Solche Umstände, welche die Rechtswidrigkeit der Benutzung eines technischen Schutzrechts ausschließen, gehören aber zur Darlegungs- und Beweislast des Anspruchsgegners (vgl. BGH, GRUR 1976, 581 – Tylosin; vgl. BGH, GRUR 1965, 411 – Lacktränkeeinrichtung; Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. A., § 139 Rn. 114 m.w.N.; Voß, in: Fitzner/Lutz/Bodewig, PatG, 2012, vor §§ 139 ff. Rn. 120).

Die Beklagten haben jedoch auch in zweiter Instanz keinen Beweis für ihre entsprechenden Behauptungen angeboten, obwohl das Landgericht in seinem Urteil (ab S. 21 unten) zumindest im Rahmen einer Hilfsbegründung erläutert hat, warum es eines entsprechenden Beweisantrittes der Beklagten bedurft hätte. Ungeachtet der Frage, ob das Landgericht die Beklagten vorher auf deren Beweislast hätte hinwiesen müssen, würde das landgerichtliche Urteil auf diesem vermeintlichen Verfahrensfehler in Form eines Verstoßes gegen die richterliche Hinweispflicht nach § 139 ZPO nur beruhen (vgl. nur BGH, GRUR 2008, 1126), wenn die Beklagten dargetan hätten, was denn auf entsprechenden Hinweis der Kammer hin vorgetragen worden wäre. Daran fehlt es jedoch.

IV.

Schließlich hat das Landgericht auch den Zwangslizenzeinwand der Beklagten mit zutreffender Begründung zurückgewiesen.

Es dürfte vorliegend keine Aussetzung des Rechtsstreits mit Blick auf eine kürzlich ergangene Mitteilung der Kommission (Pressemitteilung vom 21.12.2012) nach § 148 ZPO (analog) geboten sein.

In der betreffenden Pressemitteilung hat die Kommission – zusammengefasst – zum Ausdruck gebracht, dass „Unterlassungsverfügungen“ mit Blick auf Art. 102 AEUV Bedenken begegnen, soweit der Anspruchsgegner verhandlungsbereit ist, eine F.-Lizenz an einem Schutzrecht zu nehmen, welches einem zentralen Industrie-Standard unterfällt.

Ob Art. 102 AEUV überhaupt einschlägig sein kann, obwohl nur das deutsche Schienennetz betroffen ist, kann offen bleiben. Denn die Beklagten sind ersichtlich nicht verhandlungsbereit in Bezug auf die Vereinbarung einer F-Lizenz. Was auch immer „verhandlungsbereit“ im Sinne der Presseerklärung der Kommission sein mag, kann jedenfalls nicht gemeint sein, dass der Anspruchsgegner sich – wie hier die Beklagten – auf eine Freilizenz beruft: Sie meinen nämlich, keinerlei Lizenzgebühren zu schulden, weil die D. N. A. keine Lizenzgebühren verlange.

Soweit die Beklagten mit der Berufung rügen, die Entscheidung des Landgerichts sei verfehlt, weil die D. N. A. keine Lizenzzahlungen verlange, ist dies aber ersichtlich unbegründet. Die D. N. A. ist alleine gar nicht zur Erteilung von Lizenzen, erst recht nicht von Freilizenzen am Klagegebrauchsmuster berechtigt (vgl. oben). Eine Diskriminierung der Beklagten ist schon vor diesem Hintergrund ausgeschlossen. Insofern wären die Beklagten nach den Grundsätzen der Orange-Book-Entscheidung (BGH, GRUR 2009, 694 – Orange-Book-Standard) verpflichtet gewesen, ein (beziffertes) Lizenzangebot zu machen und entsprechende Lizenzgebühren zu hinterlegen.

V.

Die aus der Verletzung des Klagegebrauchsmusters resultierenden Rechtsfolgen hat das Landgericht im Wesentlichen zutreffend erkannt.

1.
Zu ergänzen ist insoweit lediglich, dass die Klägerin gemäß § 1011 BGB analog selbständig Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz gerichtlich durchsetzen kann (Kühnen, a.a.O, Rn 822 m.w.N.). Die Klägerin und die D. B. A bzw. D N. A. sind für die Dauer der Eintragung als Mitinhaber des Klagegebrauchsmusters Gesamtgläubiger (vgl. Senat, Urteil v. 26.04.2012 – I 2 U 39/09). Die Klägerin kann – wie im LG-Tenor berücksichtigt – nur Leistung an alle Mitinhaber verlangen; insoweit hat sie nämlich nicht vorgetragen, dass die D. N. A. mit einer Leistung der Beklagten an die Klägerin allein einverstanden sei (vgl. dazu Kühnen, a.a.O., Rn 822).

2.
Weil die Freigabeerklärung aus oben erläuterten Gründen nicht nur Lieferungen Dritter unmittelbar an die D. N. A. erlaubt, war der landgerichtliche Unterlassungstenor zu ergänzen, wie dies aus Ziffer I.1. des vorliegenden Tenors im Einzelnen ersichtlich ist.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Sie berücksichtigt insbesondere, dass die Klägerin mit ihrem Unterlassungsbegehren nicht voll durchgedrungen ist.

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für einen weitergehenden Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO sind nicht dargetan (Senat, GRUR 1991, 189 ff; InstGE 8, 117, 120 f. – Fahrbare Betonpumpe).

Anlass zur Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) besteht nicht. Die vorliegende Rechtssache wirft als reine Einzelfallentscheidung weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch solche auf, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht erfordern.