Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. Dezember 2008, Az. 2 U 63/08
Die Berufung gegen das am 17.06.2008 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
III.
Der Streitwert wird auf 1.000.000,– Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig; in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass das streitbefangene Farbregister-Kamerasystem A wortsinngemäß von der technischen Lehre des Verfügungspatents Gebrauch macht, weswegen der Antragstellerin aus dem Gesichtspunkt der Patentverletzung ein Anspruch darauf zusteht, dass die Antragsgegnerin den weiteren Vertrieb unterlässt. Zu Recht ist das Landgericht ferner zu der Überzeugung gelangt, dass es bei Abwägung der beiderseitigen Interessen notwendig ist, den besagten Unterlassungsanspruch im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchzusetzen.
1.
Das Verfügungspatent betrifft ein Farbregistersystem für eine Druckmaschine.
Im Bereich des Bahn-Offset-Drucks ist es bekannt, zur Herstellung mehrfarbiger Zeitschriften hintereinander geschaltete Druckeinheiten einzusetzen, die jeweils mit einer andersfarbigen Druckplatte bestückt sind. Maximal werden 4 Druckplatten benötigt, und zwar jeweils eine für die Druckfarben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz. Indem einzelne oder mehrere dieser Grundfarben (mittels der aufeinanderfolgenden Druckeinheiten) übereinander gedruckt werden, ist es möglich, praktisch alle erwünschten Farbtöne im Druckbild zu erzeugen. Voraussetzung für ein einwandfreies Druckergebnis ist freilich, dass die jeweiligen Druckfarben passgenau übereinander liegen, was in der Druckereitechnik mit dem Begriff „Farbregister“ bezeichnet wird.
Da sich im laufenden Druckbetrieb, bedingt durch die unterschiedlichsten Faktoren, ein Versatz einstellen kann, der zur Folge hat, dass die als zweite, dritte oder vierte aufgebrachte Farbe nicht mehr exakt über der oder den zuvor aufgetragenen Farben liegt, besteht die Notwendigkeit, die Druckereinheiten bei Bedarf neu auszurichten. Damit solches geschehen kann, muss wiederum ein Fehlersignal generiert werden, das Auskunft darüber gibt, ob die Passgenauigkeit der übereinander gedruckten Farben noch gegeben ist oder nicht.
Nach den Erläuterungen der Verfügungspatentschrift ist es aus der US-PS 4 887 503 bekannt, außerhalb des gedruckten Bildes Ausrichtmarkierungen vorzusehen, die jeweils einer Farbe des Druckbildes zugeordnet sind. Mit Hilfe eines optischen Abtasters sowie eines daran angeschlossenen Steuersystems wird die räumliche Beziehung der Ausrichtmarkierungen bestimmt, um die Druckeinheiten so zu steuern, dass die Ausrichtung der Druckfarben in der gebotenen Weise korrigiert wird.
Als nachteilig bemängelt die Verfügungspatentschrift hieran, dass die Ausrichtmarkierungen außerhalb des zu druckenden Bildes vorgesehen sind, womit ein zusätzlicher Papierbedarf verbunden ist und sich die Notwendigkeit ergibt, den betreffenden Rand nachträglich abzutrennen. Außerdem gebe es Druckmaterialien, die keinen zusätzlichen Bereich zum Positionieren der Ausrichtmarkierungen erlauben.
Als weiteren Stand der Technik erörtert die Verfügungspatentschrift die US-PS 4 736 680, deren Figur 1 nachstehend eingeblendet ist.
Hierzu heißt es, dass ein Ausricht-Steuersystem mit einer Kamera benutzt werde, um einen ausgewählten Bereich eines Bildes abzutasten und einen schwarzen Punkt in dem Bild zu lokalisieren. Zusätzlich taste das System den Bereich um den schwarzen Punkt herum ab, um gelb-, magenta- und cyanfarbige Punkte zu lokalisieren. Aufgrund der bekannten Beziehung zwischen dem schwarzen Fleck und den gelb-, magenta- und cyanfarbigen Punkten errechne das System Korrekturwerte für die x- und y-Koordinaten, die sich aus dem Abstand zwischen dem theoretischen Ort der Punkte und deren elektronisch beobachteten tatsächlichen Positionen ergeben. Letztlich würden mithin Punkte des gedruckten Bildes benutzt, um Fehlausrichtungen der Farben eines Druckbildes zu bestimmen.
Die besagte Technik eignet sich nach der Würdigung der Verfügungspatentschrift zwar für Halbtonabbilder. Sie sei jedoch nicht in der Lage, eine Ausrichtung bei Volltonbildern zu schaffen, die sich dadurch auszeichnen, dass es an (schwarzen) Punkten fehle, auf die für die Ausrichtung zurückgegriffen werden könne.
Die Verfügungspatentschrift bezeichnet es demgemäß als Aufgabe der Erfindung, ein Farb/Farb-Ausrichtsystem zu schaffen, das fähig ist, eine Ausrichtung aufgrund eines Abschnitts eines Druckbildes zu erzeugen, und zwar gleichgültig, ob es sich um einen Halbton- oder Volltondruck handelt.
Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt Patentanspruch 1 des Verfügungspatentes die Kombination folgender Merkmale vor:
(1) System zum Erzeugen eines Signals, das für Farbenausrichtungs-Versatz zwischen mindestens ersten und zweiten Farben eines auf eine Bahn (12) aufgedruckten Bildes repräsentativ ist.
(2) Das System umfasst
(a) einen Speicher (33),
(b) ein Abbildungsgerät (36),
(c) eine Wandlerschaltung (48) und
(d) eine Verarbeitungsschaltung (32).
(3) Der Speicher (33)
(a) ist zum Speichern einer ersten Referenzanordnung digitaler Daten und zum Speichern einer zweiten Referenzanordnung digitaler Daten angeordnet;
(b) die digitalen Daten der ersten Referenzanordnung sind für die erste Farbe mindestens eines Abschnitts des Bildes repräsentativ,
(c) die digitalen Daten der zweiten Referenzanordnung sind für die zweite Farbe des Bildabschnitts repräsentativ.
(4) Das Abbildungsgerät (36)
(a) steht in optischer Verbindung mit der Bahn (12);
(b) ist dazu vorgesehen, ein erstes und ein zweites Analogsignal zu erzeugen,
(c) wobei
• das erste Analogsignal für die erste Farbe des Abschnitts des Bildes repräsentativ ist und
• das zweite Analogsignal für die zweite Farbe des Bildabschnittes repräsentativ ist.
(5) Die Wandlerschaltung (48)
(a) ist wirksam dem Abbildungsgerät (36) zugeordnet;
(b) wandelt das erste Analogsignal in ein erstes digitales Farbsignal und das zweite Analogsignal in ein zweites digitales Farbsignal um.
(6) Die Verarbeitungsschaltung (32)
(a) steht in Austauschverbindung mit der Wandlerschaltung (48) und dem Speicher (33);
(b) speichert in dem Speicher (33)
• eine erste Anordnung von Farbdaten bei Druck, die von dem ersten digitalen Farbsignal erzeugt wurde, und
• eine zweite Anordnung von Farbdaten bei Druck, die von dem zweiten digitalen Farbsignal erzeugt wurde;
(c) vergleicht
• die erste Referenzanordnung mit der ersten Anordnung von Farbdaten bei Druck und
• die zweite Referenzanordnung mit der zweiten Anordnung von Farbdaten bei Druck,
• um einen Ausrichtversatz zwischen der ersten und der zweiten Farbe zu bestimmen;
e) erzeugt
• ein Signal, das für den Ausrichtversatz zwischen den Farben repräsentativ ist.
Die Erfindung stellt mithin einen Anwendungsfall der Regelungstechnik dar, indem zunächst für mindestens zwei übereinander zu druckende Farben innerhalb des gesamten Druckbildes oder eines Abschnitts hiervon digitale Sollwerte ermittelt und gespeichert werden, sodann anhand des tatsächlichen Druckergebnisses korrespondierende Ist-Werte generiert und anschließend die Soll- mit den Ist-Werten verglichen werden, um Aufschluss darüber zu gewinnen, ob der Ist-Zustand dem Soll-Zustand entspricht oder hiervon abweicht, so dass ein Fehlersignal gegeben wird, anhand dessen der eingetretene Versatz korrigiert werden kann.
2.
Nach dem gesamten Inhalt der Verhandlung (§ 286 Abs. 1 ZPO) macht die angegriffene Ausführungsform der Antragsgegnerin dem Wortsinn nach von der vorbeschriebenen Merkmalskombination Gebrauch. In tatsächlicher Hinsicht kann dabei unterstellt werden, dass das streitbefangene A-System in der Weise ausgestaltet ist und so funktioniert, wie die Antragsgegnerin dies im Berufungsrechtszug vorgetragen hat.
a)
Unstreitig dient der A-Scanner zum Erzeugen eines Signals, das für Farbenausrichtungs-Versatz zwischen mindestens ersten und zweiten Farben eines auf eine Bahn aufgedruckten Bildes repräsentativ ist (Merkmal 1). Der A-Scanner umfasst ferner
– im Sinne des Merkmals (2) – einen Speicher, ein Abbildungsgerät (CCD-Kamera mit RGB-Mosaikfilter des Typs Sony B), einen Analog/Digitalwandler auf der Rückseite der CCD-Platine sowie eine Verarbeitungsschaltung (Bild-Analyse-Platine mit leistungsstarken Prozessoren).
b)
Ausweislich der Berufungsbegründung (S. 19, GA 176) wird das zu erstellende mehrfarbige Druckbild zunächst als PDF-Datei gespeichert, die Informationen über sämtliche Farben der Vorlage enthält. Durch bestimmte rechnerische Operationen wird die PDF-Datei in digitale (1-bit-Tiff-) Dateien für die jeweiligen Grundfarben umgewandelt, so dass bei Verwendung von 4 Druckplatten (Cyan, Magenta, Gelb, Schwarz) 4 Tiff-Dateien vorliegen, von denen jede eine der genannten Farben betrifft. In diesen digitalen Dateien wird mit Hilfe des RAS-Systems nach markanten Bereichen in der Vorlage gesucht, die zur Ausrichtung geeignet sind. Wie die Antragsgegnerin im Verhandlungstermin vom 11.12.2008 erläutert hat, handelt es sich hierbei insbesondere um scharfe Kontrastübergange (Hell-Dunkel), die deshalb bevorzugt ausgewählt werden, weil sich der dunkle Bereich dadurch auszeichnet, dass alle 4 Grundfarben in relativ großer Intensität übereinander gedruckt sind. Der Ort des Kontrastübergangs bildet von daher naturgemäß einen signifikanten Anhalt für die Ausrichtung aller 4 Grundfarben. Die gegebenen Erläuterungen decken sich inhaltlich mit den Ausführungen der Antragsgegnerin in der Berufungsbegründung (S. 28, GA 185), wo es heißt:
„Erkennbar hat das RAS-System im Bild Orte herausgesucht, die scharfe Kontraste aufweisen, wie etwa dunkle Schrift vor hellem Grund oder die Ränder einer hellen Jacke vor dunklerem Hintergrund. Dabei ist die schwarze Schrift dadurch gekennzeichnet, dass bei ihr alle 4 Farben in relativ großer Intensität übereinander gedruckt werden. … Für den beigen Hintergrund der Schrift werden die Farben jedoch in wesentlich geringerer Intensität gedruckt. Am Rand der Schrift besteht somit ein scharfer Übergang von hoher Farbintensität zu niedriger Farbintensität. Der Ort des Übergangs von Schrift zu Hintergrund ist dabei bei einem exakt gedruckten Bild für alle 4 Farben gleich.“
Da die Suche nach ausrichtungsgeeigneten Farbübergängen nach der eigenen Einlassung der Antragsgegnerin (Berufungsbegründung S. 19, GA 176) dazu dient, eine etwaige Abweichung im Farbregister zu messen, und die Positionen der für geeignet befundenen Bereiche als x- und y-Koordinaten erfasst und an den A-Scanner übermittelt werden, versteht es sich von selbst, dass in dem Scanner-Speicher nicht nur der „schachbrettartige“ Bereich abgelegt wird, in dem sich der Kontrastübergang vollzieht, sondern dass die genaue Position des Kontrastübergangs Eingang in den Speicher des A-Scanners findet. Denn nur bei einer in diesem Sinne exakten Verortung des als charakteristisch erkannten Farbverlaufs wird ein Anhaltspunkt gewonnen, anhand dessen das spätere Druckerzeugnis daraufhin überprüft werden kann, ob bei ihm die übereinanderliegenden Farben noch ordnungsgemäß ausgerichtet sind.
Die anhand der Druckvorlage ermittelte Position des Übergangs der 4 Grundfarben zu benachbarten Bereichen niedriger Farbintensität stellt nichts anderes als Sollwerte dar, die Aufschluss darüber geben, an welchem geometrischen Ort innerhalb eines korrekten Druckerzeugnisses die Farben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz zu verlaufen haben. Im Sprachgebrauch des Verfügungspatents handelt es sich bei den in digitaler Form gespeicherten x- und y-Koordinaten des Kontrastübergangs innerhalb der Druckvorlage somit um Referenzanordnungen für die zum Druck vorgesehenen Farben. Dass sich der zur Ausrichtung geeignete Kontrastübergang für sämtliche Farben an demselben Ort befindet, ist unerheblich, wie sich dem Durchschnittsfachmann unschwer aus dem nachstehend eingeblendeten Teilausschnitt der Figur 2 B ergibt, der mit der Bezeichnung „CMYK“ solche Bereiche ausweist, die sowohl für Cyan als auch für Magenta, Gelb und Schwarz ausrichtungsgeeignet sind (vgl. Verfügungspatentschrift, deutsche Übersetzung S. 9 unten).
Nachdem der A-Scanner die Koordinaten der Kontrastübergänge als zur Ausrichtung geeignete Orte für 4 Grundfarben enthält, ist ohne Weiteres festzustellen, dass in digitaler Form zwei Referenzanordnungen abgespeichert werden, wobei jede der beiden Referenzanordnungen für eine andere Farbe repräsentativ ist, die innerhalb eines Bildabschnitts vorkommt (Merkmal 3).
c)
Wie bereits ausgeführt, besitzt die angegriffene Ausführungsform in Gestalt der CCD-Kamera ein Abbildungsgerät, das in optischer Verbindung mit der Druckbahn steht (Merkmal 4a). Im Verhandlungstermin vom 11.12.2008 hat die Antragsgegnerin selbst darauf hingewiesen, dass die Kamera gezielt an den Ort des Druckerzeugnisses bewegt wird, der durch diejenigen x- und y-Koordinaten ausgewiesen ist, die anhand der Druckvorlage als ausrichtungsgeeignete Positionen (z.B. eines kontrastreichen Farbübergangs) ausgewählt worden sind. Bei dieser Sachlage ist unbestreitbar, dass der CCD-Sensor dazu vorgesehen ist, an demjenigen Ort (Bildausschnitt), auf den sich die im Scanner-Speicher hinterlegten Sollwerte beziehen, den Ist-Zustand des Farbverlaufs für eine erste und eine zweite Farbe festzustellen.
Es mag sein, dass die CCD-Kamera lediglich mit einem einzigen Chip versehen ist, so dass das Farbbild nicht wie bei einem 3 CCD-Sensor in seine einzelnen Farbbestandteile aufgetrennt wird, sondern das Ausgangssignal der Kamera für alle aufgenommenen Farben repräsentativ ist. Die Antragsgegnerin weist jedoch selbst darauf hin (Berufungsbegründung S. 13, GA 170), dass auch bei einem einzigen CCD-Chip eine Selektion nach den Farben des verwendeten Filters (RGB – rot, grün, blau) stattfindet. Nach den unwidersprochenen Darlegungen der Antragsgegnerin geschieht dies in der Weise, dass vor den Pixeln Filter angeordnet sind, die nur Licht einer einzigen Farbe passieren lassen. In einer möglichen Ausführungsform sind beispielsweise in den ungeraden Reihen jeweils abwechselnd grün- und rotsensitive Pixel angeordnet, während sich in den geraden Reihen blau- und grünsensitive Pixel abwechseln. Die Auflösung des von dem Druckerzeugnis genommenen Kamerabildes ist aufgrund dessen zwangsläufig geringer. Ungeachtet dessen ist jedoch festzustellen, dass am Ausgang des CCD-Sensors Signale darüber vorliegen, ob an der betrachteten Position die Farben rot, grün und blau vorhanden sind. Die diesbezügliche Signalschärfe mag systembedingt – im Vergleich zu einer 3 CCD-Kamera – nicht optimal sein; die Antragsgegnerin legt jedoch selbst nicht substantiiert dar, dass die Ausführbarkeit der Erfindung davon abhängt, dass die erste und die zweite Farbe bei Druck mit größtmöglicher Auflösung optisch erfasst werden. Auch die Verfügungspatentschrift bietet für eine dahingehende Interpretation keinen Anhalt. Im Gegenteil weist die Antragstellerin zurecht darauf hin, dass der Beschreibungstext (deutsche Übersetzung S. 6 Mitte) als mögliche Ausführungsform der Erfindung ausdrücklich eine Anordnung erwähnt, bei der eine einzige Farbkamera mit RGB-Filter verwendet wird. Soweit am angegebenen Ort auch ein Infrarot-Filter angesprochen wird, ist dies ohne Belang. Der Fachmann erkennt ohne weiteres, dass dessen Erwähnung allein der Tatsache geschuldet ist, dass die Farbkamera als Abwandlung zu der unmittelbar vorher beschriebenen Anordnung erörtert wird, bei der vier Kameras zum Einsatz kommen, um die Druckbahn nach den Farben rot (R), grün (G), blau (B) und infrarot (I) abzutasten (Verfügungspatentschrift, deutsche Übersetzung S. 5/6).
Soweit das Verfügungspatent zur Feststellung des Ist-Zustandes der Druckbahn ein erstes und ein zweites Analogsignal fordert, kommt es deswegen bei der gebotenen funktionsorientierten Auslegung nicht entscheidend darauf an, ob in den exakten Kategorien der Elektrotechnik zwei separate Signale vorhanden sind. Da das Abbildungsgerät eine zum Vergleich mit den hinterlegten Sollwerten geeignete Aussage über die Anwesenheit einer ersten und einer zweiten Farbe im Druckerzeugnis liefern soll, ist vielmehr maßgeblich, ob am Ausgang des Abbildungsgerätes ein elektrisches Signal mit eben diesem Aussagewert ansteht. Letzteres ist – wie ausgeführt – auch bei einer CCD-Kamera mit nur einem Chip zu bejahen.
d)
Vor dem Hintergrund des unter c) Gesagten ergibt sich unmittelbar, dass der A-Scanner der Antragsgegnerin in Gestalt des Analog-Digitalwandlers auf der Rückseite der CCD-Platine eine der Kamera zugeordnete Wandlerschaltung besitzt, welche die analogen Signale in korrespondierende digitale Farbsignale umwandelt (Merkmal 5).
e)
Mit der Bild-Analyse-Platine, die leistungsstarke Prozessoren umfasst, verfügt die angegriffene Ausführungsform schließlich auch über eine patentgemäße Verarbeitungsschaltung (Merkmal 6). Sie steht einerseits mit der Wandlerschaltung in Austauschverbindung, weil sie von dort die digitalen ersten und zweiten Farbsignale empfängt (Berufungsbegründung S. 24, 2. Abs., GA 181), und sie korrespondiert andererseits mit dem Speicher, in dem – wie oben unter b) dargestellt – in digitaler Form die erste und zweite Referenzanordnung hinterlegt sind (Merkmal 6a). Zur Art des Zusammenwirkens mit dem Speicher trägt die Antragsgegnerin selbst vor, dass die Bild-Analyse-Platine die von der Analog/Digital-Wandlereinrichtung erhaltenen Informationen zu den drei Farben des RGB-Bildes (rot, grün, blau) in die komplementären Farben der Druckmaschine (cyan, magenta, gelb; vgl. Berufungserwiderung S. 15 oben, GA 232) umsetzt (Berufungsbegründung S. 24, 3. Abs.; GA 181). Anhand der so gewonnenen Daten untersucht die Bild-Analyse-Platine die einfarbigen, aus dem RGB-Signal der CCD-Kamera gewonnenen Bilder mit dem Ziel festzustellen, ob der Übergang von hoher Farbintensität zu niedriger Farbintensität an der vorgesehenen Stelle feststellbar ist oder ob eine unerwünschte Passerdifferenz vorliegt. Letztere wird in Form einer Zeichenkette ausgegeben, die für jede der vier Druckfarben (cyan, magenta, gelb, schwarz) den Versatz in der x- und in der y-Richtung ausweist (Berufungsbegründung S. 28 unten, GA 185).
Aus diesem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin folgt, dass unter Heranziehung der für das Druckerzeugnis am ausrichtungsrelevanten Ort ermittelten RGB-Daten die zugehörigen Druckfarben (cyan, magenta, gelb) generiert werden. Am Ende der hierzu erforderlichen Operationen liegt deshalb – im Sinne des Merkmals (6b) – eine erste Anordnung von Farbdaten bei Druck (z.B. cyan) vor, die von dem ersten digitalen Farbsignal der CCD-Kamera erzeugt wurde (z.B. rot), sowie eine zweite Anordnung von Farbdaten bei Druck (z.B. magenta), die von dem zweiten digitalen Farbsignal des CCD-Sensors erzeugt wurde (z.B. grün). Damit der von der Antragsgegnerin eingeräumte Vergleich mit den für die betreffenden Druckfarben hinterlegten Sollwerten stattfinden kann, die sich im Speicher des A-Scanners befinden, ist es notwendig, dass die Ist-Farbdaten, die aus den Signalen der CCD-Kamera gewonnen wurden, ebenfalls in demselben Speicher abgelegt werden. Dass derartiges nicht geschieht, macht auch die Antragsgegnerin nicht geltend. Sie räumt demgegenüber ein, dass zur Prüfung des Vorliegens einer Passerdifferenz festgestellt wird, ob bei dem Druckerzeugnis der Kontrastübergang (Hell-Dunkel) an der vorgesehenen Stelle, d.h. dort liegt, wo er sich nach Maßgabe der mittels des RAS-Systems untersuchten Druckvorlage befinden soll. Ein derartiger Abgleich ist nur dadurch vorstellbar, dass die anhand der CCD-Kamera-Daten gewonnenen Erkenntnisse („Anordnung von Farbdaten bei Druck“) mit den Soll-Werten der Druckvorlage („Referenzanordnung“) in Beziehung gesetzt werden, wie dies im Merkmal (6c) des Verfügungspatents beansprucht ist. Dass derartiges bei der angegriffenen Ausführungsform geschieht, wird nicht zuletzt dadurch belegt, dass nach der eigenen Einlassung der Antragsgegnerin im Falle eines Farbversatzes von der Bild-Analyse-Platine für jede der vier Druckfarben eine Abweichung in x-Richtung und in y-Richtung berechnet wird. Wenn die Antragsgegnerin in ihrer Berufungsbegründung (S. 28 unten, GA 185) folgendes Beispiel gibt:
cyan: x = + 0,01 mm; y = – 0,04 mm
magenta: x = + 0,06 mm ; y = – 0,02 mm
gelb : x = – 0,01 mm ; y = + 0,05 mm
schwarz : x = – 0,08 mm ; y = – 0,02 mm
so ergibt sich – wie die Antragstellerin zu Recht geltend macht – hieraus zwingend, dass nicht nur ein relativer Versatz der Farben untereinander festgestellt wird, sondern dass die Abweichung der einzelnen Farben von einem festen Ausgangspunkt ermittelt wird. Es handelt sich hierbei um die x- und y-Koordinaten des für die Druckvorlage ausgewählten Kontrastübergangs, der – wie unter b) ausgeführt – für alle vier Druckfarben einen ausrichtungsgeeigneten Ort festgelegt, in Bezug auf den die Abweichungen jeder einzelnen Grundfarbe im fertigen Druckerzeugnis bestimmt werden. Dass das Vergleichsergebnis zwischen den Soll-Werten der Druckvorlage und den Ist-Daten der gedruckten Bahn zur Erzeugung eines Signals verwertet wird, das für den Ausrichtungsversatz zwischen den betrachteten Farben repräsentativ ist, stellt die Antragsgegnerin mit Recht nicht in Abrede.
Nach allem steht fest, dass die Antragsgegnerin mit dem Angebot und Vertrieb ihres A-Farbregistersystems widerrechtlich von der technischen Lehre des Verfügungspatents Gebrauch gemacht hat. Gemäß Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG ist sie der Antragstellerin deshalb in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang zur Unterlassung verpflichtet.
III.
Zutreffend ist das Landgericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Erlass einer einstweiligen Untersagungsverfügung nach Abwägung der beiderseitigen Interessen notwendig ist.
Neben der Tatsache, dass der Verletzungstatbestand (vgl. II.) eindeutig festzustellen ist, fällt insoweit ins Gewicht, dass die von der Antragsgegnerin gegen den deutschen Teil des Verfügungspatents erhobene Nichtigkeitsklage ohne Aussicht auf Erfolg ist. In hinreichend substantiierter Form bezieht sich die Antragsgegnerin allein auf die US-PS 4 736 680, die in der Verfügungspatentschrift eingehend gewürdigt und nach fachkundiger Prüfung durch das Europäische Patentamt als nicht patenthindernd beurteilt worden ist. Auch vor dem Hintergrund der mit der Nichtigkeitsklage vorgebrachten Einwände teilt der Senat vollständig die Beurteilung der Erteilungsbehörde, dass die US-PS 4 736 680 keinerlei Anregung für die Erfindung des Verfügungspatents geben kann, weil ein etwaiger Versatz der gedruckten Farben mit Hilfe von im Druckbild vorhandenen Ausrichtmarkierungen in Form schwarzer Punkte festgestellt wird, die zu benachbarten gelb-, magenta- und cyanfarbigen Punkten einen vorgegebenen Abstand haben, dessen Einhaltung im Druckerzeugnis überprüft wird. Der genannte Offenbarungsgehalt ergibt sich unzweifelhaft aus den nachfolgend zitierten Beschreibungsstellen der US-PS 4 736 680:
„Figur 1 illustriert eine vergrößerte Ansicht eines typischen gedruckten Bildes mit Farben, dargestellt in korrekter relativer Ausrichtung. Das Bild wird gedruckt durch eine Kombination aus mehreren Farben, die einzeln aufgetragen werden. Das ausgewählte Beispiel zeigt drei Farben: schwarz, gelb, magenta und cyan, gedruckt in Abhängigkeit zueinander. …“
„Eine konventionelle Festkörperabbildungseinheit mit angeschlossenen Elektroniken bestimmt dann einen schwarzen Punkt und tastet dann systematisch den Bereich um diesen Punkt ab, um die gelb-, magenta- und cyan-Farbpunkte zu lokalisieren (siehe Figur 1). …
Die zuvor erwähnten Elektroniken beinhalten bevorzugt Computer oder Prozessoren von konventionellem Design. Die Aufgabe des Prozessors ist dann, die Lokalisierung der Punkte mit ihren gewünschten Positionen zu vergleichen und x und y festzulegen, welche seitliche und umlaufende Korrekturen darstellen, die benötigt werden, die Punkte in die richtige Ausrichtung zu bringen. …
Diese Korrekturwerte werden nur in Abhängigkeit zur jeweiligen Referenzfarbe gemacht, in diesem Fall den schwarzen Punkten. Die Korrekturen sind dabei einfach die Distanz zwischen der theoretischen Position und der elektronisch überwachten Position.“
„Der Prozessor 42 ist schematisch dargestellt, geteilt in eine Referenzsektion 44 und eine Vergleichssektion 46. Wie vorher angedeutet, ist die Aufgabe des Prozessors, die Positionen der Punkte zu vergleichen, wie sie elektronisch von der Abbildungseinheit 40 wiedergegeben werden, mit einem Referenzwert, der in dem Referenzblock 44 der Figur 4 gespeichert ist. Wie ebenfalls schon vorher angedeutet, gibt es Korrektursignale über die Verbindungen 48 und 50, auf die sich … als x-Korrektur und als y-Korrektur bezogen wird. Diese Korrekturwerte werden, wie zuvor angedeutet, nur in Abhängigkeit zu einer Referenzfarbe angegeben, wie z.B. schwarz in dem Beispiel in Figur 1. Dabei sieht der Prozessor 42 die Position eines schwarzen Punktes, wiedergegeben durch eine x- und eine y-Koordinate, und vergleicht diese Adresse mit einer Adresse für z. B. der eines Cyan-Punktes, der ebenso digital wiedergegeben wird. Wenn bei der Erstellung dieses Vergleichs festgestellt wird, dass die Punkte nicht in der gewünschten Position, wie von der Referenz 44 vorgegeben sind, dann werden die zuvor erwähnten Korrektursignale erzeugt.“
Als Resultat bleibt damit festzuhalten, dass das Verfügungspatent offensichtlich rechtsbeständig ist und dass die Antragsgegnerin dessen technische Lehre widerrechtlich benutzt. Bei dieser Sachlage kann die Antragsgegnerin schlechterdings kein berechtigtes Interesse daran geltend machen, dass die Antragstellerin – trotz eindeutig zu ihren Gunsten sprechender Rechtslage – weitere Verletzungshandlungen duldet. Das Landgericht hat es unter diesen Umständen völlig zu Recht abgelehnt, zu Lasten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass sie erfindungsgemäße Produkte nicht selbst anbietet. Der genannte Gesichtspunkt mag den Ausschlag geben, wenn der Verletzungstatbestand Zweifeln unterliegt und/oder der Rechtsbestand des Verfügungspatents Bedenken begegnet. Eine derartige Konstellation ist im Streitfall jedoch nicht gegeben.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.