2 U 59/07 – Flexibler Transportbehälter

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1065

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 20. November 2008, Az. 2 U 59/07

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 22. Mai 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechtigung an dem deutschen Gebrauchsmuster 298 18 XXX (Anlage CBH 5) und an dem dessen Priorität in Anspruch nehmenden US-Patent 6,206,YYY (Anlage CBH 6), die einen flexiblen Transportbehälter betreffen.

Der Kläger war von 1989 bis zum 19. Februar 2003 bei der Beklagten beziehungsweise deren Rechtsvorgängerin als Maschinenbauer angestellt. Er hatte zuletzt die Funktion des technischen Leiters inne und war unmittelbar dem damaligen technischen Geschäftsführer, dem Zeugen A unterstellt. Der Kläger war im Rahmen seiner Tätigkeit an der Entwicklung mehrerer Produkte beteiligt, darunter befindet sich auch der den streitgegenständlichen Schutzrechtsanmeldungen zugrunde liegende flexible Transportbehälter.

Das deutsche Gebrauchsmuster 298 18 XXX ist im. November 2008 angemeldet und im. Mai 1999 für die Rechtsvorgängerin der Beklagten, B GmbH, eingetragen worden; die Bekanntmachung ist im. Juni 1999 erfolgt. Die Schutzansprüche des Gebrauchsmusters lauten wie folgt:

1. Flexibler Transportbehälter (100), insbesondere für Schüttgüter, mit einem zylinder- oder quaderförmigen Tragbeutel (2) aus einem Gewebe aus Kunstfasern oder Kunststofffäden, wobei der Transportbehälter (100) im Bereich einer Seitenwandoberkante (4) des Tragbeutels (2) mit einem Deckelabschnitt (5) versehen ist,

d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass der Deckelabschnitt (5) über wenigstens einen Teil seines Umfangs mittels eines Reißverschlusses (7) mit dem Tragbeutel (2) zu verbinden ist.

2. Transportbehälter (100) nach Anspruch 1, dass der Deckelabschnitt (5) entlang des gesamten Umfangs einen Reißverschluss (7) aufweist und vom Tragbeutel (2) abnehmbar ist.

3. Transportbehälter (100) nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelabschnitt (5) eine mit einer Zugkordel (12) verschließbare Füllöffnung (9) aufweist.

4. Transportbehälter (100) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Füllöffnung (9) mit einem Siegelverschluss abgedeckt ist.

5. Deckelabschnitt (5) für einen Transportbehälter (100) gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelabschnitt (5) mit einem in der Füllöffnung (9) mündenden Innensack, insbesondere bestehend aus einem Kunststofffolienmaterial, versehen ist.

Die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung stammt aus der Gebrauchsmusterschrift 298 18 XXX und zeigt einen quaderförmigen Transportbehälter gemäß Anspruch 1 mit einer mittels einer Zugkordel verschließbaren Füllöffnung gemäß Unteranspruch 3:

Das unter Inanspruchnahme der Priorität des Gebrauchsmusters am Juli 1999 angemeldete und am. März 2001 für die Rechtsvorgängerin der Beklagten eingetragene US-Patent 6,206,YYY schützt ebenfalls den vorbeschriebenen Transportbehälter, wobei allerdings die Merkmale gemäß den Unteransprüchen 3. bis 5. hier Teil des Hauptanspruchs sind. Die Patentansprüche lauten in deutscher Übersetzung wie folgt:

1. Flexibler Transportbehälter, insbesondere für Schüttgut, mit einem aus Kunstfasern oder Kunststofffadengewebe hergestellten Tragbeutel in Form eines Zylinders oder rechtwinkligen Quaders, wobei der besagte Transportbehälter einen mit einer Seitenwandoberkante des Tragbeutels verbundenen Deckelabschnitt aufweist,

wobei die Neuerung darin besteht, dass der Deckelabschnitt auf wenigstens einen Teil der Länge des Deckelumfangs mittels eines Reißverschlusses mit dem Tragbeutel verbunden ist, wobei der Deckelabschnitt eine teilweise mit einer Zugkordel verschließbare Füllöffnung aufweist; besagter Transportbehälter umfasst ferner einen in die Einfüllöffnung (9) mündenden Innensack und eine unterhalb der Einfüllöffnung angebrachte Versieglungslasche, um das Ausfließen von Schüttgut aus der Einfüllöffnung während des Einsatzes des Transportbehälters zu verhindern.

2. Transportbehälter gemäß Anspruch 1, wobei der Innensack aus Kunststofffolienmaterial hergestellt ist.

3. Transportbehälter gemäß Anspruch 1, wobei der Deckelabschnitt entlang seines gesamten Umfangs mit einen Reißverschluss ausgestattet ist, so dass er vollständig von dem Tragbeutel abgenommen werden kann.

Streitig zwischen den Parteien ist, ob der geschützte Transportbehälter, der auch als „C“ bezeichnet wird, vom Kläger aufgrund eigenschöpferischer Leistung entwickelt worden ist oder ob sich dessen Beitrag auf die rein handwerkliche Umsetzung einer fertigen Konzeption beschränkt hat. Das Gebrauchsmuster nennt keinen, die US-Patentschrift den Zeugen A als Erfinder. Eine schriftliche Erfindungsmeldung existiert nicht.

Nach dem Ausscheiden des Klägers wandte sich die Beklagte mit Schreiben ihrer Patentanwälte vom 4. März 2003 an ihn, in dem sie erklärte, er – der Kläger – werde in einer Reihe von Schutzrechten als Erfinder genannt, diese Diensterfindungen nehme sie uneingeschränkt in Anspruch. In der dem Schreiben beigefügten Auflistung wird auch das deutsche Gebrauchsmuster 298 18 XXX genannt. Mit Schreiben vom 22. April 2003 wurde die um hier nicht streitgegenständliche Schutzrechte ergänzte Auflistung nochmals übersandt. Wegen der Formulierung im Einzelnen wird auf die als Anlagen CHB 12 und CHB 14 vorgelegten Schreiben Bezug genommen.

Der Kläger hat die Beklagte auf Auskunft, Schadensersatz und Übertragung der Schutzrechte, hilfsweise auf Zahlung einer angemessenen Arbeitnehmererfindervergütung in Anspruch genommen. Er hat vorgetragen, Alleinerfinder des flexiblen Transportbehälters zu sein, die Reißverschlusslösung habe er erdacht. Diese seine Erfindung sei auch frei geworden, da die Inanspruchnahmeerklärung nicht rechtzeitig erfolgt sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Das Landgericht hat über die Behauptung des Klägers, die technische Lehre der Schutzrechte stamme von ihm, Beweis erhoben und die Klage danach abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Durchführung der Beweisaufnahme stehe nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger die streitgegenständliche technische Lehre allein oder mit erfunden habe. Der Zeuge A habe glaubhaft und übereinstimmend mit dem Zeugen D bekundet, es sei letzterer gewesen, der während der Fahrt zur Firma G die Idee gehabt habe, wie beim E-Sack einen Reißverschluss zu verwenden. Demgegenüber habe die Zeugin F zur Entstehung der Idee nichts beitragen können. Sie habe die Muster zwar in Zusammenarbeit mit dem Kläger genäht, ob der Kläger aber auch die Idee gehabt habe, habe sie nicht zu sagen vermocht. Der Einfall, einen Reißverschluss zu verwenden, sei der wesentliche Erfindungsgedanke gewesen, auf die Unterschiede zwischen dem E-Sack und dem von den Schutzrechten gelehrten Behälter komme es nicht an. Die Beweisaufnahme habe auch keinen Beitrag des Klägers in Bezug auf die Unteransprüche ergeben. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung.

Der Kläger erachtet die Schlussfolgerung des Landgerichts für unzutreffend. Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen trägt er vor, die angeblich vom Zeugen D stammende Idee der Verwendung eines Reißverschlusses sei Stand der Technik gewesen und könne schon deshalb nicht als alleiniger Erfindungsgedanke angesehen werden. Als schöpferisch könne nur die konkrete Ausgestaltung des Transportbehälters angesehen werden, die ausschließlich von ihm stamme. Es komme nicht auf die Verwendung eines Reißverschlusses an sich, sondern auf seine Anordnung im Zusammenspiel mit der Ausgestaltung des Transportbehälters an. Die Konzeption des E-Hüllsacks habe sich nicht übertragen lassen. Der E-Hüllsack sei kein Tragbeutel. Bei ihm seien Vorder- und Oberfläche mit Reißverschlüssen befestigt, für Tragbelastungen sei er folglich nicht geeignet. Für den von ihm geschaffenen, aus Boden und vier Vertikalwänden bestehenden und mit Tragschlaufen versehenen stabilen Korpus gebe er nichts her. Es sei auch nicht damit getan gewesen, die beim G-Sack zuvor verwandten Klettbänder durch Reißverschlüsse zu ersetzen. Ein einfaches Ersetzen der Klettbänder hätte zu einem Transportbehälter mit neun Reißverschlüssen geführt, was wirtschaftlich völlig indiskutabel gewesen wäre. Zudem stammten die vollständige Abnehmbarkeit des Deckels gemäß Unteranspruch 2, und die separate Einfüllöffnung innerhalb des Deckelabschnitts gemäß Unteranspruch 3 von ihm.

Die folglich insgesamt von ihm stammende Erfindung sei in Ermangelung einer Inanspruchnahme durch die Beklagte frei geworden und stehe daher allein ihm zu. Die Erklärung der Inanspruchnahme der Erfindung im März 2003 sei nicht rechtzeitig erfolgt. Auf das Fehlen einer schriftlichen Erfindungsmeldung könne sich die Beklagte nicht berufen, weil auf schriftliche Meldungen bei der Beklagten generell verzichtet worden sei und zudem die Schutzrechtsanmeldung zeige, dass die Beklagte im Besitz aller erforderlichen Informationen gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Teils des Urteils nach seinen erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen, nämlich

I. die Beklagte zu verurteilen, ihm darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welcher Art und in welchem Umfang sie und/oder ihr organisatorisch bzw. wirtschaftlich verbundene Unternehmen im In- und Ausland seit dem 13. November 1998 die dem deutschen Gebrauchsmuster DE 298 18 XXX und seit dem 12. Juli 1999 die dem korrespondierenden Patent US 6,206,YYY zu Grunde liegende Erfindung, nämlich

a) flexibler Transportbehälter, insbesondere für Schüttgüter, mit einem zylinder- oder quaderförmigen Tragbeutel aus einem Gewebe aus Kunstfasern oder Kunststofffäden, wobei der Transportbehälter im Bereich einer Seitenwandoberkante des Tragbeutels mit einem Deckelabschnitt versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelabschnitt über wenigstens einen Teil seines Umfangs mittels eines Reißverschlusses mit dem Tragbeutel zu verbinden ist;

b) Transportbehälter nach Anspruch lit. a), dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelabschnitt entlang des gesamten Umfangs einen Reißverschluss aufweist und vom Tragbeutel abnehmbar ist;

c) Transportbehälter nach Anspruch lit a) oder b), dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelabschnitt eine mit einer Zugkordel verschließbare Füllöffnung aufweist;

d) Transportbehälter nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Füllöffnung mit einem Siegelverschluss abgedeckt ist;

e) Deckelabschnitt für einen Transportbehälter gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Deckelabschnitt mit einem in der Füllöffnung mündenden Innensack, insbesondere bestehend aus einem Kunststofffolienmaterial, versehen ist;

benutzt haben, dadurch, dass sie erfindungsgemäße Produkte gewerbsmäßig hergestellt, angeboten, in Verkehr gebracht haben und/oder haben herstellen oder vertreiben lassen und/oder Lizenzen an Dritte vergeben haben und hieraus entgeltliche Vorteile gezogen haben und/oder Einnahmen aus Kauf- und Austauschverträgen oder sonstige durch die Erfindung erzielte Vermögensvorteile erzielt haben,

und zwar unter Angabe
– der Herstellungsmengen und -zeiten,
– der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer,
– der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
– der Namen und Anschriften der Lizenznehmer, der erzielten Lizenzeinnahmen bzw. fällig gewordenen Lizenzansprüche, aufgeschlüsselt nach den vertraglichen Abrechnungszeitpunkten oder Kalenderjahren sowie der sonstigen entgeltlichen Vorteile aus der Lizenzvergabe;

I. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1. dem Kläger Wertersatz zu leisten für die Benutzungshandlungen, die die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin durch die vorstehend unter Ziff. I. bezeichneten Handlungen vorgenommen hat und künftig noch vornehmen wird, und zwar bezüglich des deutschen Gebrauchsmusters DE 298 18 XXX und des parallelen US-Patents US 6,206,YYY seit dem Tag der Schutzrechtsanmeldung am. November 1998 bis zum. Juni 1999 für Deutschland und bis zum. März 2001 für die USA;

2. dem Kläger alle Schäden zu ersetzen, die diesem durch die vorstehend unter Ziff. I bezeichneten Handlungen entstanden sind und künftig noch entstehen werden, und zwar bezüglich des deutschen Gebrauchsmusters DE 298 18 XXX und des parallelen US-Patents US 6,206,YYY seit dem Tag der Schutzrechtserteilung am. Juni 1999 für Deutschland und seit dem. März 2001 für die USA;

jeweils zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. des Basiszinssatzes seit Rechtshängigkeit;

hilfsweise zu II.,

nach erfolgter Rechnungslegung an den Kläger eine vom Gericht zu bestimmende angemessene Vergütung für die Benutzungshandlungen zu Ziff. I. für die DE 298 18 XXX und die US 6,206,YYY zu zahlen, zuzüglich 3,5 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank bzw. des Basiszinssatzes jeweils seit den betriebsüblichen Abrechnungszeitpunkten der Beklagten für Arbeitnehmererfindervergütungen für die im Vorjahreszeitraum auf die Benutzungs-handlungen angefallene Vergütung, in Ermangelung solcher betrieblicher Abrechnungszeitpunkte seit dem 1. Februar eines jeden auf das Nutzungsjahr folgenden Jahres zu zahlen;

III. die Beklagte zu verurteilen,

1. durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Marken-amt die Umschreibung des deutschen Gebrauchsmusters DE 298 18 XXX betreffend einen „flexiblen Transportbehälter“ sowie

2. durch Erklärung gegenüber dem US Patent and Trademark Office die Umschreibung des US-Patents US 6,206,YYY betreffend einen „flexible shipping container“

auf den Kläger zu bewilligen.

hilfsweise zu III.,

1. durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Patent- und Marken-amt seine Eintragung als Mitinhaber des deutschen Gebrauchsmusters DE 298 18 XXX betreffend einen „flexiblen Transportbehälter“ sowie

2. durch Erklärung gegenüber dem US Patent and Trademark Office seine Eintragung als Mitinhaber des US-Patents US 6,206,YYY betreffend einen flexible shipping container“

zu bewilligen;

weiter hilfsweise, ihm Vollstreckungsschutz zu gewähren.

Die Beklagte beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen trägt sie vor, mit Ausnahme der Verbindung von Deckelabschnitt und Transportbehälter mittels eines Reißverschlusses seien alle Bestandteile der technischen Lehre vorbekannt gewesen. Schon von daher könne allein der vom Zeugen D stammenden Idee der Verwendung eines Reißverschlusses schöpferischer Gehalt zukommen.

Im Übrigen sei sie selbst bei der Annahme einer Miterfinderstellung des Klägers Inhaberin der Schutzrechte, weil sie diese wirksam in Anspruch genommen habe. Eine schriftliche Erfindungsmeldung sei vorliegend schon deshalb erforderlich gewesen, weil ihr jedenfalls die Information zur Erfinderstellung des Klägers gefehlt hätte.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger die Feststellung des Landgerichts, die Idee zur Verwendung des Reißverschlusses stamme vom Zeugen D, nicht mehr in Abrede gestellt, meint aber, entscheidend sei nicht der Gedanke, überhaupt einen Reißverschluss zu verwenden, sondern die von ihm gewählte konkrete Ausgestaltung, die der seinerzeit verwandte G-Sack gerade nicht nahegelegt habe. Die Beklagte hat zum Hintergrund der Inanspruchnahmeschreiben vorgetragen, nach dem Ausscheiden des Klägers hätten ihre Patentanwälte rein vorsorglich alle Erfindungen in Anspruch genommen, an denen der Kläger irgendwie beteiligt gewesen sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die auf Auskunft, Schadensersatz und Übertragung der Schutzrechte, hilfsweise auf Zahlung einer angemessenen Arbeitnehmererfindervergütung gerichtete Klage abgewiesen, weil ein schöpferischer Beitrag des Klägers zu der durch die streitgegenständlichen Schutzrechte vermittelten Lehre zum technischen Handeln nicht festzustellen ist.

I.

Das deutsche Gebrauchsmuster 298 18 XXX und das dessen Priorität in Anspruch nehmende US-Patent 6,206,YYY betreffen einen flexiblen Transportbehälter.

In der Gebrauchsmusterschrift wird zur Erläuterung des Standes der Technik ausgeführt, dass ein gattungsbildender Transportbehälter aus der DE-PS 28 00 736 bekannt sei. Bei diesem würden Zuschnitte aus einem Gewebe, insbesondere aus einem Kunststoffbändchen-Gewebe, zu einem zylinder- oder quaderförmigen Tragbeutel durch Nähen oder Kleben verbunden. Vorteilhaft sei bei diesem Transportbehälter das große Fassungsvermögen bei großer Tragkraft und geringem Eigengewicht.

Die nachfolgend wiedergegebene Abbildung ist dem am 9. Januar 1978 angemeldeten deutschen Patent 28 00 736 entnommen:

Bekannt sei weiterhin, den Tragbeutel an der Ober- und/oder Unterseite mit einem Deckelabschnitt zu versehen, um das Überfließen von Schüttgütern, beispielsweise Kunststoffgranulat, über die Seitenwand-Oberkante hinüber zu verhindern. Das Befüllen solcher Behälter mit einem Deckelabschnitt, wie sie in der DE 92 13 812 U1 gezeigt seien, geschehe üblicherweise über eine Füllöffnung, die sich in einem Einfüllstutzen fortsetzen könne. Die Öffnung oder der Stutzen würden nach dem Befüllen des Behälters beispielsweise mit einer Kordel zusammengebunden, so dass ein Ausfließen von Schüttgut aus dem Füllstutzen verhindert werde.

Die nachfolgend wiedergegebene Abbildung ist dem am 13. Oktober 1992 angemeldeten deutschen Gebrauchsmuster 92 13 812 U1 entnommen:

Unteranspruch 4 lehrt die Verbindung des Deckels mit den als Mantel bezeichneten Seitenwänden des Korpus mittels einer Kantennaht.

Bei Schüttgütern mit einer sehr kleinen Partikelgröße sei es auch bekannt, einen Innensack aus einem Kunststofffolienmaterial vorzusehen, der in der Füllöffnung münde. Nachteilig sei hierbei, dass bei der Wiederverwendung des Transportbehälters ein neuer Innensack nur unter erheblichem Arbeitsaufwand einzuziehen sei, weil der vorhandene Innensack durch die schmale Einfüllöffnung hindurch entnommen und auf demselben Weg ein neuer Innensack eingeführt werden müsse.

Versuche, den Deckelabschnitt mittels Klettbändern an den Seitenwänden des Transportbehälters zu befestigen, hätten unbefriedigende Ergebnisse geliefert, da die Belastbarkeit einer Klettverbindung gering sei und durch zunehmende Verschmutzung weiter abnehme.

Nach den Angaben in der Gebrauchsmusterschrift liegt der Erfindung die „Aufgabe“ zugrunde, einen Transportbehälter der eingangs geschilderten Art so weiter zu entwickeln, dass eine schnell lösbare und wiederverschließbare Verbindung des Deckelteils mit dem Tragbeutel herstellbar ist, wobei die Verbindung auch zur Aufnahme der während des Gebrauchs auftretenden hohen Zugkräfte im Deckelbereich geeignet ist.

Das soll durch folgende Anordnung erreicht werden:

1. Flexibler Transportbehälter, insbesondere für Schüttgüter,

2. mit einem zylinder- oder quaderförmigen Tragbeutel aus einem Gewebe aus Kunstfasern oder Kunststofffäden,

3. der im Bereich einer Seitenwandoberkante des Tragbeutels mit einem Deckelabschnitt versehen ist;

4. der Deckelabschnitt ist über wenigstens einen Teil seines Umfangs mittels eines Reißverschlusses mit dem Tragbeutel zu verbinden.

Unteranspruch 2 enthält das weitere Merkmal:
Der Deckelabschnitt weist entlang des gesamten Umfangs einen Reißverschluss auf und ist vom Tragbeutel abnehmbar.

Unteranspruch 3 enthält das weitere Merkmal:
Der Deckelabschnitt weist eine mit einer Zugkordel verschließbare Füllöffnung auf.

Unteranspruch 4 enthält das weitere Merkmal:
Die Füllöffnung ist mit einem Siegelverschluss abgedeckt.

Unteranspruch 5 enthält das weitere Merkmal:
Der Deckelabschnitt ist mit einem in der Füllöffnung mündenden Innensack, insbesondere bestehend aus einem Kunststofffolienmaterial, versehen.

II.

Ein schöpferischer Beitrag des Klägers zu dieser Lehre ist nicht festzustellen.

Das Patentgesetz und das Gebrauchsmustergesetz enthalten keine Regelung der Voraussetzungen der Miterfinderschaft. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist derjenige Miterfinder, der einen schöpferischen Beitrag zu der gemeinschaftlichen Erfindung geleistet hat (RG, GRUR 1938, 256, 262; GRUR 1940, 339, 341; GRUR 1944, 80, 81; BGH, GRUR 1969, 133, 135 – Luftfilter). Hingegen reicht konstruktive Mithilfe an der Erfindung nicht aus. Der Beitrag des Miterfinders braucht allerdings nicht selbständig erfinderisch zu sein; es ist nicht erforderlich, dass er für sich allein betrachtet alle Voraussetzungen einer patentfähigen Erfindung erfüllt. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Einzelbeitrag die erfinderische Gesamtleistung mitbeeinflusst hat, also nicht unwesentlich in Bezug auf die Lösung ist (BGH, GRUR 1966, 558, 559 – Spanplatten; BGH, GRUR 1978, 583, 585 – Motorkettensäge; NJW-RR 1995, 696 – Gummielastische Masse; GRUR 2001, 226, 227 – Rollenantriebseinheit; GRUR 2004, 50, 51 – Verkranzungsverfahren).

Dabei kann ein schöpferischer Beitrag begriffsnotwendig überhaupt nur in einem solchen Beitrag liegen, der über den Stand der Technik hinausweist. Schon der Begriff „Schöpfung“ impliziert, dass etwas Neues entsteht. Den technischen Schutzrechten liegt dabei ein absoluter Neuheitsbegriff zugrunde. Dem Nachvollziehen des Standes der Technik wohnt folglich nichts Schöpferisches inne, das Nacharbeiten vorhandener Erkenntnisse muss demzufolge – gleichgültig, ob sie dem an der Entwicklung Beteiligten bekannt waren oder nicht – dem Bereich des rein Handwerklichen zugeordnet werden.

Die Feststellung des Landgerichts, die Idee, auch für den „G-Sack“ einen Reißverschluss zu verwenden, habe der Zeuge D gehabt, zweifelt der Kläger nicht an. Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, er verstehe seinen Vortrag im Berufungsverfahren dahingehend, dass er die Zuordnung der Idee zur Verwendung eines Reißverschlusses zum Zeugen D nicht in Abrede stellen wolle. Dem hat der Kläger nicht widersprochen. Diese Tatsache ist demzufolge unstreitig.

Entgegen der Auffassung des Klägers erschöpft sich die den streitgegenständlichen Schutzrechten zugrunde liegende erfinderische Leistung vollständig in diesem Einfall. Alle weiteren Elemente der in den Schutzrechten verkörperten Lehre zum technischen Handeln lassen sich auf den vorbekannten Stand der Technik zurückführen. Ob dies auch für den Siegelverschluss gemäß Unteranspruch 4 gilt, kann dahinstehen, da der Kläger diesen Einfall selbst nicht für sich reklamiert.

Soweit der Kläger vorträgt, von ihm stamme der im Gegensatz zum E-Hüllsack stabile, aus dem Boden und den vier Vertikalwandungen geschaffene und mit Tragschlaufen versehene Korpus, die Anordnung des Reißverschlusses, die vollständige Abnehmbarkeit des Deckelabschnitts nach Unteranspruch 2, und die separate Einfüllöffnung innerhalb des Deckelabschnitts nach Unteranspruch 3, vermag dies keinen schöpferischen Beitrag zu begründen. Alle diese Elemente gehören zu dem Stand der Technik, von dem das streitgegenständliche Gebrauchmuster erklärtermaßen ausgeht.

Im Gebrauchsmuster 298 18 XXX wird als gattungsbildender Transportbehälter die deutsche Patentschrift 28 00 736 genannt. Diese schützt einen aus dem Boden und den vier Vertikalwandungen gebildeten und mit Trageschlaufen versehenen nur nach oben offenen Transportbehälter. Schon der dort in Figur 1 abgebildete Behälter unterscheidet sich von dem vom Kläger stammenden Korpus nur durch einen Überstand der Seitenwände, der vermutlich ein Verschließen ermöglichen soll. Ein vollständig abnehmbarer Deckelabschnitt, der zudem eine separate, mit einer Zugkordel verschließbare Einfüllöffnung aufweist, war aufgrund des ebenfalls genannten deutschen Gebrauchsmusters 92 13 812 vorbekannt. Der dort in Figur 4 abgebildete Transportbehälter zeigt ebenfalls einen aus Boden und den vier Vertikalwandungen gebildeten und mit Trageschlaufen versehenen Korpus und zudem einen vom Korpus abgetrennten Deckelabschnitt mit verschließbarer Einfüllöffnung. Beide Erfindungen werden im streitgegenständlichen Gebrauchsmuster ausführlich beschrieben, die große Tragkraft wird als Vorteil dieser Behältnisse ausdrücklich betont.

Vor diesem Hintergrund konnten die Schaffung eines stabilen, mit Tragschlaufen versehenen Transportbehälters, eine vollständige Abtrennbarkeit des Deckels und das Vorsehen einer separaten Einfüllöffnung bei der Anmeldung des Streitgebrauchsmusters keine schöpferischen Leistungen mehr darstellen.

Für einen schöpferischen Beitrag des Klägers war aber im Hinblick auf die Anordnung des Reißverschlusses, dessen Verwendung dem Kläger vorgegeben war, kein Raum. Die vorerwähnte Figur 4 des deutschen Gebrauchsmusters 92 13 812 zeigt einen Deckel, der in die Öffnung des Korpus passt. Über die Verbindung von Deckel und Korpus lehrt Unteranspruch 4 dieses Gebrauchsmusters, dass dieser mit einer Kantennaht mit der Seitenwand verbunden werden kann. Ein derartiger Transportbehälter unterscheidet sich von dem den streitgegenständlichen Schutzrechten gemäßen allein durch den den Deckelabschnitt mit den Seitenwänden verbindenden Reißverschluss. Dass ein solcher nur in Verlängerung der den Deckelabschnitt mit der rückwärtigen Seitenwand verbindenden Kantennaht und damit umlaufend entlang den Seitenwänden eingesetzt werden kann, versteht sich in Ansehung des deutschen Gebrauchsmusters 92 13 812 von selbst.

Es kann dahinstehen, ob der vom Kläger tatsächlich gegangene Lösungsweg weiter war, weil der zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich verwandte G-Sack bei Vorgabe, einen Reißverschluss zu verwenden, die schutzrechtsgemäße Lösung nicht nahegelegt habe, sondern bei unreflektiertem Ersatz der Klettbänder durch Reißverschlüsse zu der wirtschaftlich völlig indiskutablen Lösung mit neun Reißverschlüssen geführt hätte. Wählt der an der Entwicklung Beteiligte einen Ausgangspunkt, der sich vom Stand der Technik aus betrachtet als Fehlentwicklung darstellt, dann hat die reine Rückkehr zum Stand der Technik gleichwohl nichts Schöpferisches.

Dem Kläger hilft auch nicht, dass die Patentanwälte der Beklagten in ihren Schreiben vom 4. März und 22. April 2008 erklärt haben, er – der Kläger – werde in einer Reihe von Schutzrechten als Erfinder benannt, diese nehme sie in Anspruch. Es kann dahinstehen, ob diese Inanspruchnahme rein vorsorglich erfolgt ist oder ob der Beklagten entsprechende Informationen vorlagen. Solche Informationen können auf unrichtigen Tatsachen oder unzutreffenden Schlussfolgerungen beruhen. Ein Anerkenntnis einer Erfinderstellung in Bezug auf die vorliegend streitgegenständlichen Schutzrechte beinhalten die Schreiben jedenfalls nicht. Die ergibt sich bereits aus der Formulierung, der Kläger werde in den Schutzrechten als Erfinder benannt. Abgesehen davon, dass dies für das deutsche Gebrauchsmuster 298 18 XXX und das US-Patent 6,206,YYY, unzutreffend ist, stellt die Formulierung klar, dass es sich um vorgefundene Informationen handelt, bezüglich deren Richtigkeit sich der Verfasser nicht festlegen will. Im Übrigen behauptet auch der Kläger selbst ein solches Anerkenntnis nicht. Ob den Schreiben im Rahmen einer Beweiswürdigung indizielle Bedeutung zukommen könnte, kann dahinstehen, da ein schöpferischer Beitrag des Klägers selbst bei Zugrundelegung seines eigenen Vortrags nicht festzustellen war.

Soweit der Kläger einwendet, die vom Zeugen D stammende Idee der Verwendung eines Reißverschlusses sei Stand der Technik gewesen und könne einen schöpferischen Beitrag nicht begründen, ist nicht ersichtlich, wie dies sein Begehren stützen soll. Im Gegensatz zu den Beiträgen des Klägers war die Idee, den bisher nur beim sogenannten E-Hüllsack gebräuchlichen Reißverschluss nunmehr auch bei dem flexiblen Transportbehälter einzusetzen, zumindest neu. Der Kläger selbst betont den Unterschied der Behältnisse, der einer unveränderten Übertragung der Erkenntnisse entgegensteht. Doch selbst wenn man dieser Neuerung die notwendige Erfindungshöhe absprechen würde, könnte dies eine Mitberechtigung des Klägers, der noch nicht einmal etwas Neues beigetragen hat, jedenfalls nicht begründen.

III.

In Ermangelung einer Erfinderstellung des Klägers stellt sich die Frage einer rechtzeitigen Inanspruchnahme der Erfindungen nicht.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO ist – entgegen dem Hilfsantrag des Klägers – nicht anzuordnen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen weder dargetan noch glaubhaft gemacht worden sind.

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 70.000,00 Euro festgesetzt.