4a O 261/07 – Elektrische Heizeinrichtung für Kraftfahrzeuge IV

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1010

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 25. November 2008, Az. 4a O 261/07

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, letztere zu vollziehen an den Geschäftsführern ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen,
elektrische Heizvorrichtungen, insbesondere als elektrische Zusatzheizung für Kraftfahrzeuge, mit:
mehreren zu einem Heizblock zusammengesetzten Heizelementen, wobei der Heizblock in einem rechteckigen Rahmen gehalten ist, und
einer Steuervorrichtung zur Ansteuerung der Heizelemente, wobei die Steuervorrichtung mit dem in dem Rahmen gehaltenen Heizblock eine bauliche Einheit bildet und auf einer Platine angeordnete Leistungstransistoren aufweist, die jeweils die den einzelnen Heizelementen zuzuführende Strommenge einstellen,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen und/oder anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen und/oder zu gebrauchen und/oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, wenn
die Steuervorrichtung eine Stromschiene zur Stromzuführung von einem Anschlussbolzen zu den einzelnen Leistungstransistoren umfasst und
wobei die Platine der Steuervorrichtung nur einseitig mit Bauelementen bestückt ist und senkrecht zur Rahmenebene angeordnet und im Wesentlichen mit der Länge des Seitenholms ausgebildet ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der in Ziffer 1. bezeichneten Handlungen Rechnung zu legen und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses unter Beifügung der entsprechenden Belege (Rechnungen und Lieferscheine) unter Angabe
a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Mengen der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie im Hinblick auf erhaltene Lieferungen der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, und -preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen, Artikelnummern sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote unter Einschluss der Angebotsmengen, Typenbezeichnungen, Artikelnummern, Angebotszeiten, Angebotspreise sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und -gebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten sowie des erzielten Gewinns,
wobei die Angaben zu a) bis d) nur für die Zeit seit dem 30.11.2002 zu machen sind und
wobei die Angaben zu e) und die geforderten Belege nur für die Zeit seit dem 21.01.2006 zu machen und vorzulegen sind,
wobei der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und Empfänger von Angeboten statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte Lieferung, ein bestimmter Abnehmer, ein bestimmtes Angebot oder ein bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder ihrem Eigentum befindlichen unter vorstehend Ziffer 1. beschriebenen Erzeugnisse zu vernichten.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,
– der Klägerin für die zu Ziffer 1. bezeichneten und in der Zeit vom 30.11.2002 bis zum 20.01.2006 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
– der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr (der Klägerin) durch die zu Ziffer 1. bezeichneten, seit dem 21.01.2006 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 EUR. Die Sicherheit kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils des europäischen Patents 1 253 xxx (Klagepatent) auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Schadensersatz- und Entschädigungspflicht in Anspruch. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des Klagepatents, das am 23.05.2000 in deutscher Verfahrenssprache angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde am 30.10.2002 offengelegt. Der Hinweis auf die Erteilung des Klagepatents wurde am 21.12.2005 veröffentlicht. Das Patent steht in Kraft. Die Beklagte erhob mit Schriftsatz vom 17.03.2008 beim Bundespatentgericht (BPatG) Nichtigkeitsklage hinsichtlich des Klagepatents, über die bislang nicht entschieden wurde.

Das Klagepatent bezieht sich auf eine elektrische Heizvorrichtung, insbesondere für den Einsatz in Kraftfahrzeugen. Die von der Klägerin geltend gemachten Patentansprüche 1, 5 und 6 des Klagepatents lauten wie folgt:

1. Elektrische Heizvorrichtung, insbesondere als elektrische Zusatzheizung für Kraftfahrzeuge, mit:
mehreren zu einem Heizblock zusammengesetzten Heizelementen (2), wobei der Heizblock in einem rechteckigen Rahmen (3, 4, 5) gehalten ist, und
einer Steuervorrichtung zur Ansteuerung der Heizelemente (2), wobei die Steuervorrichtung mit dem in dem Rahmen (3, 4, 5) gehaltenen Heizblock eine bauliche Einheit bildet und auf einer Platine (10) angeordnete Leistungstransistoren (11) aufweist, die jeweils die den einzelnen Heizelementen (2) zuzuführende Strommenge einstellen,
dadurch gekennzeichnet, dass die Steuervorrichtung eine Stromschiene (13) zur Stromzuführung von einem Anschlussbolzen (8b) zu den einzelnen Leistungstransistoren (11) umfasst.

5. Elektrische Heizvorrichtung nach Anspruch 1, wobei die Platine (10) der Steuervorrichtung nur einseitig mit Bauelementen bestückt ist.

6. Elektrische Heizvorrichtung nach Anspruch 5, wobei die Platine (10) senkrecht zur Rahmenebene angeordnet und im Wesentlichen mit der Länge des Seitenholms (5) ausgebildet ist.

Nachfolgend werden in leicht verkleinerter Form aus der Klagepatentschrift stammende zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung abgebildet. Die Figuren 1a und 1b zeigen eine Aufsicht und eine Seitenansicht einer erfindungsgemäßen elektrischen Heizvorrichtung. In der Figur 2 ist eine Detailansicht der mit Bauelementen bestückten Platine der Steuervorrichtung zu sehen. Figur 4 zeigt eine Detailansicht des kastenförmigen Seitenholms und der darin einsetzbaren Steuervorrichtung.

Die Beklagte stellt her und vertreibt in der Bundesrepublik Deutschland Zusatzheizer für den A Z1. Die Zusatzheizung wird nachfolgend als angegriffene Ausführungsform bezeichnet. Abbildungen einer angegriffenen Ausführungsform sind nachstehend aufgeführt. Die Bezugsziffern stammen von der Klägerin. Bei der Akte befindet sich als Anlage B16 ein Muster einer beanstandeten Zusatzheizung, auf die Bezug genommen wird.

Bereits im Jahr 1996 konzipierte die Beklagte für die B AG im Rahmen des Projekts „C“ einen Luft-Heizer mit elektronischer Steuerung (nachfolgend als „B-Heizung“ bezeichnet). In den Jahren 1998 und 1999 stellte die Beklagte über 30.000 Zusatzheizungen her, die in den Modellen B X1und B X2 zum Einsatz kamen. Ersatzteile werden noch heute geliefert. Die B-Heizung entspricht dem Ausführungsbeispiel der EP 0 901 xxx A2 (Anlage ROKH 1). Abbildungen und Konstruktionszeichnungen der B-Heizung liegen als Anlagen ROKH 3.1, 3.2 und 4 vor. Zudem hat die Beklagte eine B-Heizung als Anlage ROKH 7 zur Akte gereicht. Auf diese Anlagen wird Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatentanspruchs 1 wortsinngemäß Gebrauch. Auf ein Vorbenutzungsrecht durch Herstellung und Vertrieb der B-Heizung könne sich die Beklagte nicht berufen. Die Beklagte habe keinen Erfindungsbesitz, weil der vorbenutzte Gegenstand keine Stromschiene und keine Anschlussbolzen im Sinne der Lehre des Klagepatentanspruchs aufweise. Abgesehen davon weise die angegriffene Ausführungsform im Vergleich zum vorbenutzten Gegenstand Abwandlungen auf, die nicht mehr vom Vorbenutzungsrecht gedeckt seien. Die Stromschiene stehe nicht mehr senkrecht auf der Platine, sondern sei flach auf ihr montiert worden. Zudem würden die Leistungstransistoren der angegriffenen Ausführungsform durch die Stromschiene unmittelbar kontaktiert und nicht mittelbar über Leiterbahnen der Platine. Ebenso seien die Anschlussbolzen verändert worden. Die angegriffene Ausführungsform weise zudem eine nur einseitig mit Bauteilen bestückte Platine auf. Die Kühlelemente seien durch eine Bohrung in der Platine mit den Leistungstransistoren thermisch verbunden.

Ursprünglich hat die Klägerin lediglich den Klagepatentanspruch 1 geltend gemacht und dementsprechend Anträge auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung und Feststellung der Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht gestellt. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klageanträge teilweise geändert, indem sie nunmehr eine Kombination der Klagepatentansprüche 1, 5 und 6 geltend gemacht.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt zu entscheiden,

hilfsweise ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft) abzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss der gegen das Klagepatent anhängigen Nichtigkeitsklage auszusetzen,

hilfsweise der Beklagten zu gestatten, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung, die auch in Form einer Bankbürgschaft erbracht werden kann, ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.

Die Klägerin tritt dem Aussetzungsantrag entgegen.

Die Beklagte ist der Auffassung, ihr stehe aufgrund der B-Heizung ein Vorbenutzungsrecht zu. Die Lehre des Klagepatentanspruchs enthalte für die Gestaltung der Stromschiene und der Anschlussbolzen keine gestalterischen Einschränkungen. Die vorbenutzte B-Heizung weise diese erfindungsgemäßen Bauteile auf. Die Abwandlung der angegriffenen Ausführungsform hinsichtlich des vorbenutzten Gegenstands sei vom Umfang des Vorbenutzungsrechts umfasst, weil sie in der Klagepatentschrift keinen Niederschlag gefunden habe. Im Übrigen habe der vorbenutzte Gegenstand ebenfalls eine Platine, die nur einseitig mit Bauteilen bestückt gewesen sei.

Weiterhin ist die Beklagte der Ansicht, das Klagepatent werde sich als nicht rechtsbeständig erweisen, weil es auf einer unzulässigen Erweiterung beruhe und die technische Lehre aufgrund der Vorbenutzung nicht mehr neu sei. Im Übrigen fehle es an einer erfinderischen Tätigkeit.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 11.11.2008 hat die Beklagte vorgetragen, ihr stehe aufgrund einer elektrischen Heizvorrichtung in Form einer PTC-Heizung D X5 ein Vorbenutzungsrecht zu. Von der Zusatzheizung „X5“ gebe es eine viersträngige Benzin- und eine siebensträngige Diesel-Variante. Sie – die Beklagte – habe die Heizung bereits im Oktober 1999 fertig entwickelt und im Rahmen von Vorserienlieferungen ab dem Jahr 2000 vertrieben. Unter anderem sei unter dem Titel „Zusatzheizkörper ZSB“ eine technische Zeichnung, die die „X5“ mit sieben PCT-Strängen abbildet, am 21.09.1999 erstellt und am 29.10.1999 freigegeben worden. Eine weitere technische Zeichnung der „X5“ stamme vom 29.07.1999. Der Entwurf eines Lastenheftes zur Zusatzheizung „X5“ sei am 13.07.1999 angefertigt worden. Die Serienwerkzeuge für die Serienfertigung der „X5“ seien beginnend mit dem 21.02.2000 erstellt worden. Vorserienmuster seien bereits im Dezember 1999 ausgeliefert worden. Die Serienfertigung der „X5“ habe schließlich am 16.03.2002 begonnen und dauere bis heute an.

Die konstruktiven Eigenschaften der Zusatzheizung „X5“ sind aus einem Muster (Anlage ROKH 11), den technischen Zeichnungen (Anlagen ROKH 13a und 13b), dem Lastenheft (Anlage ROKH 14) und Abbildungen der „X5“ (Anlage ROKH 15) ersichtlich. Auf die soeben genannten Anlagen wird Bezug genommen. Detailaufnahmen der Zusatzheizung „X5“ sind im Folgenden abgebildet, wobei die Beschriftung von der Beklagten stammt.

Die Beklagte vertritt in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 11.11.2008 die Auffassung, die Zusatzheizung verwirkliche alle Merkmale der Klagepatentansprüche 1, 5 und 6. Unter anderem weise die „X5“ Leistungstransistoren auf, die auf die Platine gelötet seien. Eine Stromschiene führe den Strom von einem Anschlussbolzen zu den Leistungstransistoren. Außerdem sei die Platine nur einseitig mit Bauelementen bestückt und senkrecht zur Rahmenebene angeordnet. Im Übrigen werde sich auch die Kombination der geltend gemachten Patentansprüche 1, 5 und 6 nicht als rechtsbeständig erweisen. Die B-Heizung weise ebenfalls eine Platine auf, die nur einseitig mit Bauelementen bestückt sei. Die Anordnung der Platine senkrecht zur Rahmenebene richte sich allein nach den Platzverhältnissen in der Einbausituation und beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Rechnungslegung, Vernichtung, Schadensersatz und Entschädigung dem Grunde nach aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1, 140b Abs. 1 PatG, Art. 2 § 1 Abs. 1 IntPatÜG, §§ 242, 259 BGB. Die angegriffene Ausführungsform macht von der Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß Gebrauch (II.). Die Beklagte kann sich auf ein Vorbenutzungsrecht nicht berufen (III.). Für eine Aussetzung der Verhandlung besteht kein hinreichender Anlass (IV.).

I.
Das Klagepatent schützt mit den vorliegend geltend gemachten Ansprüchen 1, 5 und 6 elektrische Heizvorrichtungen zur Lufterwärmung, die sich insbesondere für den Einsatz als elektrische Zusatzheizung in Kraftfahrzeugen eignen.

In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass Heizvorrichtungen bei Kraftfahrzeugen zur Beheizung des Innenraums oder des Motors verwendet werden, solange der Motor nach dem Starten keine ausreichende Wärmeenergie zur Verfügung stellt. Außerdem machen verbrauchsoptimierte Verbrennungsmotoren den Einsatz solcher Heizvorrichtungen erforderlich.

Elektrische Heizvorrichtungen für Kraftfahrzeuge, so die Klagepatentschrift, sind im Stand der Technik aus der EP 0 901 xxx A2 bekannt. Die in dieser Druckschrift beschriebene Heizvorrichtung umfasst mehrere zu einem Heizblock zusammengesetzte Heizelemente. Der Heizblock wird zusammen mit einer Steuervorrichtung zur Ansteuerung der Heizelemente in einem gemeinsamen Rahmen gehalten. Die Steuervorrichtung umfasst eine Leistungselektronik mit elektronischen Schaltern, die Kühlkörper aufweisen. Sie ist so angeordnet, dass der Hauptteil eines zu erwärmenden Luftstroms den Heizblock durchsetzt und ein Randteil des Luftstroms die Steuervorrichtung zur Kühlung anströmt.

Nach dem Klagepatent ist es Aufgabe der Erfindung, eine elektrische Heizvorrichtung anzugeben, die hinsichtlich der Stromzuführung zu einer Leistungselektronik verbessert ist. Die Klagepatentansprüche 1, 5 und 6, mit denen diese Aufgabe gelöst werden soll, können wie folgt gegliedert werden:

1. Elektrische Heizvorrichtung, insbesondere als elektrische Zusatzheizung für Kraftfahrzeuge
2. mit einem Heizblock;
2.1 der Heizblock ist aus mehreren Heizelementen (2) zusammengesetzt;
2.2 der Heizblock ist in einem rechteckigen Rahmen (3, 4, 5) gehalten;
3. mit einer Steuervorrichtung zur Ansteuerung der Heizelemente (2);
3.1 die Steuervorrichtung bildet mit dem in dem Rahmen (3, 4, 5) gehaltenen Heizblock eine bauliche Einheit;
3.2 die Steuervorrichtung weist Leistungstransistoren (11) auf;
3.2.1 die Leistungstransistoren (11) sind auf einer Platine (10) angeordnet;
3.2.2 die Leistungstransistoren (11) stellen jeweils die den einzelnen Heizelementen (2) zuzuführende Strommenge ein;
3.3 die Steuervorrichtung umfasst eine Stromschiene (13);
3.3.1 die Stromschiene dient der Stromführung von einem Anschlussbolzen (8b) zu den einzelnen Leistungstransistoren (11);
3.4 die Platine (10) der Steuervorrichtung ist nur einseitig mit Bauelementen bestückt;
3.5 die Platine (10) ist senkrecht zur Rahmenebene angeordnet und im Wesentlichen mit der Länge des Seitenholms (5) ausgebildet.

Nach der Klagepatentschrift besteht der Vorteil, die Platine nur einseitig mit Bauelementen zu bestücken, darin, dass die Bauelemente einfacher mit Kühlluft angeströmt werden können, wenn diese zusätzlich durch die Bauelemente der Platine erwärmt werden soll. Außerdem sei die einseitige Anordnung von Bauelementen auf der Platine aus fertigungstechnischen Gründen vorteilhaft. Hinsichtlich der zur Rahmenebene senkrechten Anordnung der Platine sieht es die Klagepatentschrift als vorteilhaft an, dass die Bauelemente der Platine einfacher von der Kühlluft angeströmt werden können und die Bautiefe verringert werden könne.

II.
Zwischen den Parteien ist zu Recht unstreitig, dass die angegriffene Ausführungsform die Lehre des Klagepatentanspruchs wortsinngemäß verwirklicht. Die Beklagte ist dem schlüssigen Vortrag der Klägerin zur wortsinngemäßen Benutzung der technischen Lehre nicht weiter entgegengetreten. Aus den Abbildungen der angegriffenen Ausführungsform und dem zur Akte gereichten Muster ist ohne weiteres erkennbar, dass die angegriffene Ausführungsform alle Merkmale des Klagepatentanspruchs aufweist. Aufgrund dessen ergeben sich die nachstehenden Rechtsfolgen.

1. Da die angegriffene Ausführungsform von der Lehre des Klagepatents Gebrauch macht, ist die Beklagte gegenüber der Klägerin aus dem Klagepatent gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet.

2. Die Klägerin kann von der Beklagten eine angemessene Entschädigung gemäß Art. 2 § 1 Abs. 1 IntPatÜG verlangen. Die Beklagte hat den Gegenstand der Erfindung benutzt. Als Fachunternehmen hätte sie bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest wissen müssen, dass die Erfindung Gegenstand der europäischen Patentanmeldung ist.

3. Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 und 2 PatG. Die Beklagte hat zumindest fahrlässig gehandelt, da sie als Fachunternehmen die Schutzrechtsverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest hätte erkennen können, § 276 BGB. Da es wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, besteht ein Schadensersatzanspruch dem Grunde nach. Das für die Feststellung der Schadensersatzpflicht erforderliche Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO liegt in der drohenden Verjährung des Schadensersatzanspruchs begründet, da die Klägerin derzeit nicht in der Lage ist, den Schadensersatzanspruch zu beziffern.

4. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rechnungslegung und Auskunft aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1 PatG, §§ 242, 259 BGB. Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, ist die Beklagte dementsprechend zur Rechnungslegung und Auskunft verpflichtet.

5. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Vernichtung ergibt sich aus § 140a Abs. 1 PatG. Die Voraussetzungen des § 139 Abs. 1 PatG liegen vor. Darüber hinaus hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt, zumindest im Besitz der beanstandeten A-Heizungen zu sein. Dies liegt bereits deswegen nahe, da die Beklagte die angegriffene Ausführungsform selbst herstellt und vertreibt.

III.
Die vorstehend aufgeführten Wirkungen des Patents treten auch gegenüber der Beklagten ein. Sie kann sich nicht auf ein Vorbenutzungsrecht im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 PatG berufen. Die Beklagte hatte im Zeitpunkt der Anmeldung des Klagepatents keinen Erfindungsbesitz.

Erfindungsbesitz bedeutet, dass der Begünstigte bei Vornahme der Benutzungshandlung oder der Veranstaltung hierzu den Erfindungsgedanken der später zum Patent angemeldeten Erfindung erkannt hat. Dies muss in einer Weise geschehen, dass ihm die tatsächliche Ausführung der Erfindung möglich gewesen ist. Der Vorbenutzer muss Ursache und Wirkung der technischen Mittel erkannt haben. Ein technisches Handeln, das über das Stadium von Versuchen noch nicht hinausgegangen ist und noch nicht zu einer planmäßiges Handeln ermöglichenden Erkenntnis seiner Wirkung geführt hat, begründet keinen Erfindungsbesitz und kein Vorbenutzungsrecht. Der Erfindungsgedanke muss vielmehr subjektiv erkannt und die Erfindung objektiv fertig sein (vgl. Benkard/Rogge, PatG 10. Aufl.: § 12 Rn 5 m.w.N.). Daran fehlt es im vorliegenden Fall, weil sowohl die B-Heizung, als auch die Zusatzheizung „X5“ nicht alle Merkmale der geltend gemachten Anspruchskombination verwirklichen.

1. Die B-Heizung weist keine senkrecht zur Rahmenebene angeordnete Platine im Sinne des Klagepatentanspruchs 6 auf (Merkmal 3.5). Nachdem die Klägerin die Klageanträge geändert hat und nunmehr auch den Unteranspruch 6 des Klagepatents geltend macht, ist dies ist zwischen den Parteien zu Recht unstreitig. Die B-Heizung weist einen aus mehreren Heizelementen zusammengesetzten Heizblock auf, der in einem rechteckigen Rahmen gehalten wird. Weiterhin verfügt die B-Heizung auch über eine Steuervorrichtung zur Ansteuerung der Heizelemente, die mit dem Heizblock eine bauliche Einheit bildet. Die zur Steuervorrichtung gehörige Platine ist jedoch nicht senkrecht zur Rahmenebene angeordnet. Sie befindet sich vielmehr – horizontal ausgerichtet – in der durch den Rahmen gebildeten Ebene. Gleiches gilt für die in der EP 0 901 xxx A2 offenbarte Zusatzheizung. Nach dem Vortrag der Beklagten weist die B-Heizung die Eigenschaften des in der EP 0 901 xxx A2 beschriebenen Ausführungsbeispiels auf. Aber auch aus dieser Druckschrift ergibt sich kein Hinweis darauf, die Platine der Steuervorrichtung senkrecht zur Rahmenebene anzuordnen.

2. Auch die vorbenutzte Zusatzheizung „X5“ begründet kein Vorbenutzungsrecht. Denn sie weist entgegen der Auffassung der Beklagten keine Steuervorrichtung auf, deren Platine nur einseitig mit Bauelementen bestückt ist (Merkmal 3.4). Ob sie die weiteren Merkmale der in Kombination geltend gemachten Klagepatentansprüche 1, 5 und 6 aufweist, kann insofern dahinstehen.

a) Nach den geltend gemachten Klagepatentansprüchen ist es erforderlich, dass die Platine der Steuervorrichtung nur einseitig mit Bauelementen bestückt ist. Hinsichtlich des Begriffs „Bauelemente“ bedürfen die Klagepatentansprüche der Auslegung, zu der gemäß Art. 69 EPÜ die Beschreibung und die Zeichnungen heranzuziehen sind. Demnach können als Bauelemente nicht allein die Leistungstransistoren angesehen werden. Unter Bauelementen im Sinne der Lehre der Klagepatentansprüche 1, 5 und 6 sind vielmehr alle für den Betrieb der Zusatzheizung erforderlichen Bauteile der Leistungs- und Steuerelektronik zu verstehen, die auf der Platine angeordnet sind. Dies folgt aus dem Wortlaut der Klagepatentansprüche und der für die Auslegung der Klagepatentansprüche ebenfalls zu berücksichtigenden Beschreibung des Klagepatents.

aa) Der Unteranspruch 5 des Klagepatents enthält die Anweisung, dass die Platine der Steuervorrichtung nur einseitig mit Bauelementen bestückt ist. Bereits die Wortwahl in den kombinierten Patentansprüchen 1, 5 und 6, die zwischen Leistungstransistoren einerseits und Bauelementen andererseits unterscheidet, macht deutlich, dass der Begriff der Bauelemente nicht auf die Leistungstransistoren beschränkt ist. Im Übrigen findet aber eine Differenzierung zwischen Bauteilen der Steuerelektronik und der Leistungselektronik nicht statt, so dass auch nicht zwischen Wärme produzierenden und nicht Wärme produzierenden Bauteilen unterschieden werden kann. Eine solche explizite Unterscheidung findet sich an keiner Stelle in der Beschreibung des Klagepatents. Lediglich im Rahmen der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels heißt es, dass auf einer Platine „neben den Leistungselektronikbauelementen 11 eine Steuerelektronik 12 vorgesehen“ (Sp. 4 Z. 4-6) sei, wobei die Steuerelektronik die von den Leistungselektronikbauelementen, insbesondere den Leistungstransistoren, an das diesen jeweils zugeordnete Heizelement abzugebende Strommenge bestimme (Sp. 2 Z. 6-10). Allein aus dieser Wortwahl für die Bauteile eines Ausführungsbeispiels kann nicht gefolgert werden, dass mit „Bauelementen“ im Sinne der geltend gemachten Klagepatentansprüche lediglich die Leistungstransistoren gemeint sind. Dagegen spricht, dass eine Zusatzheizung, bei der lediglich alle Leistungstransistoren, aber nicht zwingend auch die Steuerelektronik auf einer Seite der Platine angeordnet sind, nicht die Funktionen erfüllt, die mit der einseitigen Anordnung der Bauelemente auf der Platine verbunden sind.

bb) Das Klagepatent verknüpft mit dem im Unteranspruch 5 formulierten Merkmal zwei Vorteile, die in der Klagepatentschrift genannt werden: Der eine Vorteil einer einseitigen Anordnung von Bauelementen auf der Platine besteht erfindungsgemäß darin, dass die Bauelemente besonders einfach angeströmt werden können, wenn die Kühlluft noch weiter erwärmt und daher auch über die Bauelemente der Steuervorrichtung gelenkt werden soll (Sp. 1 Z. 51-57; Textstellen ohne Bezugsangabe stammen aus der Klagepatentschrift, Anlage B6). Der andere Vorteil einer einseitigen Anordnung der Bauelemente auf der Platine liegt in fertigungstechnischen Gründen (Sp. 1 Z. 57 bis Sp. 2 Z. 1). Dazu hat die Beklagte im nachgelassenen Schriftsatz vom 10.11.2008 vorgetragen, die einseitige Bestückung von Platinen erlaube es, die Platinen in einem Lötbad oder einer Schwalllötmaschine auf der nicht-bestückten Seite zu verlöten, ohne dass das flüssige Lötzinn die Bauelemente erreichen könne, weil diese auf der anderen Seite der Platine angeordnet seien. Im Hinblick auf diese beiden Vorteile, die mit der einseitigen Anordnung der Bauelemente auf der Platine erreicht werden sollen, sind unter „Bauelementen“ im Sinne der hier geltend gemachten Klagepatentansprüche alle Bauteile der Leistungs- und Steuerelektronik zu verstehen, die auf der Platine angeordnet sind. Denn nur dann gehen mit der einseitigen Anordnung der Bauelemente auf der Platine auch die fertigungstechnischen Vorteile einher, die mit dem Merkmal 3.4 der geltend gemachten Anspruchskombination erreicht werden sollen. Nur wenn alle Bauteile der Platine auf einer Seite angeordnet werden, müssen die Platinen lediglich auf einer Seite verlötet werden. Dies kann vorteilhaft in einem Lötbad oder mit einer Schwalllötmaschine geschehen. Würden hingegen die Leistungstransistoren auf der einen Seite und die Bauelemente der Steuerelektronik auf der anderen Seite der Platine angeordnet, würde allenfalls die Steuerung der Kühlluft vereinfacht, fertigungstechnische Vorteile hätte eine solche Gestaltung hingegen nicht.

cc) Die Klagepatentschrift zwingt zu keiner anderen Auslegung. Vielmehr bestätigen die Ausführungsbeispiele die hier vertretene Auslegung der geltend gemachten Klagepatentansprüche. Denn bei der im Rahmen der Ausführungsbeispiele beschriebenen Steuervorrichtung befinden sich die Bauelemente der Leistungselektronik – sprich: die Leistungstransistoren – und die Bauelemente der Steuerelektronik auf einer Seite der Platine (vgl. Fig. 2 und Sp. 4 Z. 4-6).

b) Die Zusatzheizung „X5“ verwirklicht nicht das Merkmal 3.4. Sie weist eine Platine auf, bei der nicht alle Bauelemente auf einer Seite angeordnet sind. Aus den Abbildungen der Anlage ROKH 15 (dort Figur 24) und dem als Anlage ROKH 11 überreichten Muster der vorbenutzten Zusatzheizung „X5“ ist ersichtlich, dass die Platine auf beiden Seiten mit elektronischen Bauteilen bestückt ist. Auf der einen Seite der Platine befinden sich unter anderem die Leistungstransistoren. Diese sind auf der Platine befestigt, indem sie auf der anderen Seite der Platine verlötet sind. Auf dieser Seite der Platine, auf der sich die Lötpunkte für die Leistungstransistoren befinden, sind ebenfalls elektronische Bauteile angeordnet. Ein Erfindungsbesitz der Beklagten ist vor diesem Hintergrund zu verneinen.

IV.
Eine Aussetzung der Verhandlung gemäß § 148 ZPO ist im Hinblick auf die von der Beklagten erhobenen Nichtigkeitsklage nicht veranlasst.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer (Mitt. 1988, 91 – Nickel-Chrom-Legierung; BIPMZ 1995, 121 – Hepatitis-C-Virus), die auch vom Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR 1979, 188 – Flachdachabläufe) und vom Bundesgerichtshof (GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug) gebilligt wird, stellen ein Einspruch gegen das Klagepatent oder die Erhebung einer Nichtigkeitsklage als solche noch keinen Grund dar, den Verletzungsrechtsstreit auszusetzen, da dies faktisch darauf hinauslaufen würde, dem Angriff auf das Klagepatent eine den Patentschutz hemmende Wirkung beizumessen, die dem Gesetz fremd ist (§ 58 Abs. 1 PatG). Die Interessen der Parteien sind vielmehr gegeneinander abzuwägen, wobei grundsätzlich dem Interesse des Patentinhabers an der Durchsetzung seines erteilten Patents Vorrang gebührt. Die Aussetzung kommt daher nur in Betracht, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Widerruf oder die Vernichtung des Klagepatents zu erwarten ist. Dies kann regelmäßig dann nicht angenommen werden, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist oder wenn neuer Stand der Technik lediglich belegen soll, dass das Klagepatent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sich jedoch auch für eine Bejahung der Erfindungshöhe, die von der wertenden Beurteilung der hierfür zuständigen Instanzen abhängt, zumindest noch vernünftige Argumente finden lassen. Im vorliegenden Fall besteht keine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Klagepatent vernichtet wird.

1. Es kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Klagepatent gemäß Art. 2 § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG wegen unzulässiger Erweiterung vernichtet wird. Es bestehen nachvollziehbare Gründe dafür, dass der Gegenstand des Klagepatents nicht über den Inhalt der Stammanmeldung (Anlage WRSF2 zu ROKH 5) in der Fassung hinausgeht, in der diese ursprünglich eingereicht worden ist. Da das Klagepatent auf einer Teilanmeldung beruht, die aus der ursprünglichen Anmeldung EP 1 157 867 A1 hervorging, ist gemäß Art. 2 § 6 Abs. 1 Nr. 3 2. Alt. IntPatÜG die ursprüngliche Anmeldung – sprich die Stammanmeldung – maßgeblich.

Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der Gegenstand des erteilten Patents mit dem Inhalt der ursprünglichen Unterlagen zu vergleichen. Der Gegenstand des Patents wird durch die technische Lehre des jeweiligen Patentanspruchs bestimmt, wobei Beschreibung und Zeichnungen lediglich zur Auslegung heranzuziehen sind. Demgegenüber ist der Inhalt der ursprünglichen Anmeldung dem Gesamtinhalt der Anmeldungsunterlagen zu entnehmen, ohne ihn auf die angemeldeten Ansprüche zu beschränken. Demnach gehört zum Inhalt der ursprünglichen Anmeldung das, was der Fachmann als zur angemeldeten Erfindung gehörig entnehmen kann (vgl. zu Vorstehendem Benkard/Rogge, PatG 10. Aufl.: § 21 PatG Rn 30 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen kann eine unzulässige Erweiterung des Gegenstands des Klagepatents hinsichtlich der ursprünglichen Stammanmeldung nicht zwingend angenommen werden. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Merkmalsgruppe 3.3 in der ursprünglichen Stammanmeldung nicht als zur Erfindung gehörig offenbart worden sei. Die Patentanmeldung beschäftige sich allein mit dem Problem der inhomogenen Luftverteilung, zu dessen Lösung die Ausbildung von Fensteröffnungen gelehrt werde. In den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen werde eine Stromschiene nicht offenbart. Sie werde in der Stammanmeldung lediglich als Detail eines Ausführungsbeispiels erwähnt. Diese Umstände rechtfertigen nicht die Aussetzung der Verhandlung. Da nämlich im Beschreibungsteil der Stammanmeldung die Stromschiene, wie sie in der Merkmalsgruppe 3.3 des Klagepatents beschrieben ist, dargestellt wird, kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer unzulässigen Erweiterung ausgegangen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Patent um ein geprüftes Schutzrecht handelt und die Frage einer unzulässigen Erweiterung im Rahmen des Erteilungsverfahrens beim DPMA berücksichtigt wird. Es besteht auch eine nachvollziehbare Begründung dafür, eine unzulässige Erweiterung im vorliegenden Fall zu verneinen. Denn in der Stammanmeldung (WRSF2 zu ROKH 5) wird die Stromversorgung der Zusatzheizung, insbesondere die Gestaltung der Stromschiene und der Anschlussbolzen beschrieben. In der Stammanmeldung heißt es, die Strommenge werde der Steuerschaltung von einem der Anschlussbolzen über eine Leitungsschiene zugeführt (Sp. 4 Z. 35-40 der WRSF2 zur ROKH 5). Der Anschlussbolzen sei mit der Leitungsschiene verbunden und diene als elektrischer Massepol (Sp. 5 Z. 52-56 der WRSF2 zur ROKH 5). Er sei so ausgebildet, dass er problemlos die geforderten Heizströme leiten könne (Sp. 3 Z. 54-57 der WRSF2 zur ROKH 5). Aufgrund dieser konkreten Ausführungen zur Stromschiene und zu den Anschlussbolzen in der Stammanmeldung ist es jedenfalls vertretbar anzunehmen, dass der Gegenstand des Klagepatents, insbesondere die Merkmalsgruppe 3.3, in der Stammanmeldung hinreichend deutlich als zur Erfindung gehörig offenbart ist.

2. Die Lehre des Klagepatentanspruchs 1 ist nicht durch eine offenkundige Vorbenutzung gemäß Art. 54 Abs. 1 und 2 EPÜ neuheitsschädlich vorweggenommen worden.

a) Soweit sich die Beklagte zur Begründung einer neuheitsschädlichen Vorbenutzung auf die Herstellung und den Vertrieb der so genannten B-Heizung und die EP 0 901 xxx A2 beruft, vermag dies eine Aussetzung der Verhandlung nicht zu rechtfertigen. Denn die B-Heizung verwirklicht zumindest nicht das Merkmal 3.5, weil die Platine der zur B-Heizung gehörigen Steuervorrichtung nicht senkrecht zur Rahmenebene angeordnet ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der EP 0 901 xxx A2. Diese Druckschrift enthält keine Hinweise für die Anordnung einer Platine in Bezug auf den Rahmen einer Heizvorrichtung. Zur näheren Begründung wird auf die Ausführungen im Abschnitt III. 1. verwiesen.

b) Darüber hinaus wird die mit dem Klagepatent geschützte technische Lehre auch nicht durch die Vorbenutzung der Zusatzheizung „X5“ neuheitsschädlich vorweggenommen. Der angeblich vorbenutzte Gegenstand verwirklicht nicht das Merkmal 3.4, weil er keine Platine aufweist, die nur einseitig mit Bauelementen bestückt ist. Zur Begründung wird auf die Ausführungen im Abschnitt III. 2. verwiesen.

3. Die technische Lehre des Klagepatent beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, eine erfinderische Tätigkeit könne allein im Hinblick auf die EP 0 901 xxx A2 verneint werden, greift dies nicht durch. Die Entgegenhaltung EP 0 901 xxx A2 gehört zu dem im Prüfungsverfahren vor der Patenterteilung geprüften Stand der Technik. Nach den einleitend dargestellten Grundsätzen kommt eine Aussetzung der Verhandlung regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn der dem Klagepatent am nächsten kommende Stand der Technik bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigt worden ist. Das ist hinsichtlich der EP 0 901 xxx A2 der Fall.

4. Die erfinderische Tätigkeit kann ebenso wenig aufgrund der EP 0 901 xxx A2 in Kombination mit der US 5,239,163 verneint werden. Die Entgegenhaltung US 5,239,163 beschreibt einen Luftheizer, der insbesondere in Kraftfahrzeugen zum Einsatz kommen kann. Er weist PTC-Heizelemente, bandförmige metallische Kühlkörper und wärmeleitende Lamellen auf, die zusammen in einem Rahmen angeordnet sind. In der Entgegenhaltung wird jedoch keine Steuervorrichtung offenbart, die mit dem in dem Rahmen gehaltenen Heizblock eine bauliche Einheit bildet (Merkmal 3.1). Dementsprechend weist die Heizvorrichtung der US 5,239,163 auch nicht die Merkmalsgruppe 3.2 und die Merkmale 3.4 und 3.5 auf. Da in der EP 0 901 xxx A2 die Merkmale 3.4 und 3.5 ebenfalls nicht offenbart sind, ergibt sich die im Klagepatent beschriebene technische Lehre nicht in naheliegender Weise aus der Kombination der Entgegenhaltung EP 0 901 xxx A2 mit der US 5,239,163. Gleiches gilt für eine Kombination der EP 0 901 xxx A2 mit der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten US 4,076,975 (Anlage B56). Diese Patentschrift betrifft einen elektrischen Ofen, bei dem der elektrische Anschluss der Heizelemente über eine Stromschiene („bus-bars“) erfolgt. Es wird jedoch keine Steuervorrichtung im Sinne des Klagepatents offenbart, die mit dem im Rahmen gehaltenen Heizblock eine bauliche Einheit bildet (Merkmal 3.1). Ebenso wenig werden die Merkmale 3.4 und 3.5 beschrieben, die auch in der EP 0 901 xxx A2 nicht offenbart sind.

5. Die mit den Klagepatentansprüchen 1, 5 und 6 geschützte technische Lehre wird nicht durch die B-Heizung nahegelegt. Unstreitig ist die Platine der B-Heizung nicht senkrecht zur Rahmenebene angeordnet (Merkmal 3.5), sondern befindet sich in derselben Ebene. Für den Fachmann besteht kein Anlass, ausgehend von der vorbenutzten B-Heizung nun die Anordnung der Platine zu ändern und sie senkrecht zur Rahmenebene vorzusehen. Die Klagepatentschrift verbindet mit einer senkrecht zur Rahmenebene angeordneten Platine den Vorteil, dass die Bauelemente einfacher von der Kühlluft angeströmt werden können und die Bautiefe der elektrischen Vorrichtung verringert werden kann. Da die Platine der vorbenutzten B-Heizung und auch die Leistungstransistoren in einer Aluminiumwanne angeordnet sind und die Aluminiumwanne mit einem Vergussmaterial ausgegossen ist, werden die Bauelemente der Steuervorrichtung bei der vorbenutzten B-Heizung nicht von Kühlluft angeströmt. Vielmehr erfolgt die Kühlung der Leistungstransistoren dadurch, dass an einer Längsseite der Aluminiumwanne offene Schächte ausgebildet sind, mit denen die Leistungstransistoren wärmeleitend verbunden sind und die von Kühlluft durchströmt werden (vgl. S. 4 der Anlage ROKH 4). Der Fachmann hat daher keinen Anlass, die Anordnung der Platine zu verändern und sie senkrecht zur Rahmenebene vorzusehen, da die Bauelemente ohnehin nicht von Kühlluft angeströmt werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Veränderung der Anordnung der Platine auch nicht um eine rein bauliche Maßnahme. Vielmehr bedarf es ausgehend von der B-Heizung einer konstruktiven Umgestaltung, die durchaus als erfinderisch anzusehen ist. Denn bei der B-Heizung kommt eine andere Positionierung der Platine nicht ohne weiteres in Betracht. Wird die Anordnung der Platine einschließlich der Leistungstransistoren in der Aluminiumwanne geändert, hat dies zur Folge, dass auch die wärmeleitende Verbindung zwischen den Leistungstransistoren und den Schächten konstruktiv anders gelöst werden muss. Ausgehend von der B-Heizung hat der Fachmann keine Veranlassung, die Platine einschließlich der Leistungstransistoren um 90° zu drehen, zumal die B-Heizung keine Hinweise dafür gibt, wie dann die Anbindung der Leistungstransistoren an die Kühlschächte konstruktiv erfolgen soll. Ähnlich verhält es sich, wenn lediglich die Platine der B-Heizung senkrecht zur Rahmenebene angeordnet werden soll, die Lage der Leistungstransistoren aber unverändert bleibt. In einem solchen Fall steht der Fachmann vor der Aufgabe, die Leistungstransistoren an der Platine zu befestigen. Dies stößt auf Schwierigkeiten, weil unmittelbar hinter den Leistungstransistoren die Stromschiene angeordnet ist (vgl. S. 3-5 der Anlage ROKH 4). Eine Positionierung der Platine zwischen den Leistungstransistoren und der Stromschiene steht hingegen der Stromversorgung der Heizelemente durch die Stromschiene im Wege. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass die in den Klagepatentansprüchen 1, 5 und 6 beschriebene Lehre naheliegend war.

Dazu steht nicht im Widerspruch, dass im Klagepatent sowohl die zur Rahmenebene senkrechte als auch die parallele Anordnung der Platine erwähnt werden (Sp. 3 Z. 25-28). Allein aus der Erwähnung beider Gestaltungsmöglichkeiten im Klagepatent folgt noch nicht, dass eine zur Rahmenebene senkrechte Anordnung der Platine ausgehend vom Stand der Technik nahegelegt war. Abgesehen davon stehen die senkrechte und die parallele Anordnung der Platine nicht gleichwertig nebeneinander. Vielmehr wird die Anordnung senkrecht zur Rahmenebene ausdrücklich bevorzugt, was in den damit verbundenen Vorteilen – besseres Anströmen der Bauelemente der Platine; Verringerung der Bautiefe – seine Berechtigung findet. Die Beklagte hat nicht dargelegt, warum der Fachmann ausgehend vom Stand der Technik veranlasst sein sollte, die Platine senkrecht zur Rahmenebene anzuordnen.

V.
Für die vorliegende Entscheidung hat der Sachvortrag der Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.11.2008 keine Berücksichtigung gefunden. Hinsichtlich der geänderten Klageanträge ist lediglich der Beklagten ein Schriftsatznachlass gewährt worden, nicht aber der Klägerin. Gleichwohl war auf Grundlage des bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bestehenden Sach- und Streitstands der Klage stattzugeben.

VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO. Dem von der Beklagten hilfsweise geltend gemachten Vollstreckungsschutzantrag war nicht stattzugeben, da sie die Voraussetzungen des § 712 Abs. 1 ZPO weder dargelegt, noch gemäß § 714 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht hat.

Streitwert: 500.000,00 EUR