Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 15. September 2008, Az. 2 U 28/08
Vorinstanz: 4b O 215/07
I.
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 13. März 2008 verkündete Urteil der 4b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.
II.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Antragsgegnerin 80 % und die Antragstellerin 20 % zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird für die Zeit bis zum
21. August 2008 auf 250.000,– Euro, wovon auf die Berufung 200.000,– Euro und auf die Anschlussberufung 50.000,– Euro entfallen, und für die Zeit danach auf 200.000,– Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Antragstellerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters
200 09 XXX (Verfügungsgebrauchsmuster, Anlage L 1), das einen Kindersportwagen betrifft. Aus diesem Schutzrecht nimmt sie die Antragsgegnerin im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.
Das Verfügungsgebrauchsmuster wurde 2000 unter Inanspruchnahme einer niederländischen Priorität vom 3. Juni 1999 angemeldet und 2000 eingetragen. Die Bekanntmachung der Eintragung im Patentblatt erfolgte 2000
Die im vorliegenden Verfahren in erster Linie interessierenden Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters haben folgenden Wortlaut:
„1.
Kindersportwagen, umfassend einen Rahmen, der auf Laufrädern ruht, welcher durch Muskelkraft bewegt werden muss, wobei die Drehachsen von zwei Laufrädern, die an jeder Seite des Rahmens angeordnet sind, zumindest im wesentlichen auf einer Linie liegen und wobei jedes der zwei Räder mit einem Bremsmechanismus ausgestattet ist, wobei diese Bremsmechanismen miteinander verbunden sind, wodurch die zwei Bremsmechanismen im wesentlichen gleichzeitig in Eingriff gelangen oder gelöst werden, dadurch gekennzeichnet, dass ein Betätigungselement nahe jedem Rad für den diesem zugeordneten Bremsmechanismus geschaffen wird, wobei die Betätigungselemente miteinander und mit den Bremsmechanismen auf solch eine Weise verbunden sind, dass beide Bremsmechanismen in Eingriff gelangen, wenn ein Betätigungselement betätigt wird, und beide Bremsmechanismen aus dem Eingriff gelöst werden, wenn das andere Betätigungselement betätigt wird.“
2.
Kindersportwagen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Betätigungselemente in solch einer Weise miteinander verbunden sind, dass die Betätigungselemente sich in entgegen gesetzte Richtungen in bezug auf den Rahmen bewegen, wenn sie betätigt werden.“
4.
Kindersportwagen nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Betätigungselemente mittels eines biegsamen Verbindungselements miteinander verbunden sind.“
Wegen des Wortlauts der nur „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 5 und 8 wird auf die Verfügungsgebrauchsmusterschrift Bezug genommen.
Die nachfolgend wiedergegebenen Figuren erläutern die Erfindung anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels, wobei Figur 1 schematisch einen Teil eines Rahmens eines Kindersportwagens mit Laufrädern zeigt. Figur 3 zeigt ein Laufrad, welches auf einer Seite des Rahmens des Kindersportwagens angeordnet ist, in der Position, in welcher der Bremsmechanismus das Laufrad gegen Rotation sperrt. Figur 5 zeigt das auf der anderen Seite des Rahmens angeordnete Laufrad in dieser Position. Figur 4 zeigt eine der Figur 3 entsprechende Ansicht, in welcher der Bremsmechanismus in der Position gezeigt wird, in der er das Laufrad nicht sperrt, und Figur 6 zeigt das auf der anderen Seite des Rahmens angeordnete Laufrad in dieser Position.
Die Antragsgegnerin vertreibt u.a. Kindersportwagen. Sie war Ausstellerin auf der Messe „A“ in Köln, welche September 2007 stattfand. Zu ihren Ausstellungsgegenständen gehörte ein Kindersportwagen, dessen grundsätzliche Ausgestaltung aus denen von der Antragstellerin als Anlage L 8 überreichten Lichtbildern ergibt, auf die Bezug genommen wird.
Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung des Verfügungsgebrauchsmusters. Mit ihrem auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag vom 14. September 2007 hat sie in erster Linie eine Verletzung der Kombination der Schutzansprüche 1 und 2 des Verfügungsgebrauchsmusters geltend gemacht. Die Unteransprüche 4, 5 und 8 hat sie „insbesondere“ geltend gemacht.
Durch Beschlussverfügung vom 14. September 2007 hat das Landgericht der Antragsgegnerin sinngemäß untersagt, Kindersportwagen, welche die technische Lehre der kombinierten Ansprüche 1 und 2 des Verfügungsgebrauchsmusters verwirklichen, anzubieten und zu vertreiben. Hiergegen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14. Januar 2008 Widerspruch eingelegt. Die Antragstellerin hat daraufhin beantragt, die einstweilige Verfügung vom
14. September 2007 aufrechtzuerhalten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Verfügungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen. Sie hat geltend gemacht, dass das Verfügungsgebrauchsmuster sowohl in der von der Antragstellerin mit dem Hauptantrag als auch in der mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Fassung mangels Neuheit, jedenfalls aber mangels eines erfinderischen Schrittes nicht schutzfähig sei.
Durch Urteil vom 13. März 2008 hat das Landgericht die einstweilige Verfügung vom 14. September 2007 teilweise aufrechterhalten und den Hauptsacheausspruch wie folgt neu gefasst:
Der Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, untersagt,
Kindersportwagen, umfassend einen Rahmen, der auf Laufrädern ruht, welcher durch Muskelkraft bewegt werden muss, wobei die Drehachsen von zwei Laufrädern, die an jeder Seite des Rahmens angeordnet sind, zumindest im wesentlichen auf einer Linie liegen und wobei jedes der zwei Räder mit einem Bremsmechanismus ausgestattet ist, wobei diese Bremsmechanismen miteinander verbunden sind, wodurch die zwei Bremsmechanismen im wesentlichen gleichzeitig in Eingriff gelangen oder gelöst werden,
anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
bei denen ein Betätigungselement nahe jedem Rad für den diesem zugeordneten Bremsmechanismus geschaffen wird, wobei die Betätigungselemente miteinander und mit den Bremsmechanismen auf solch eine Weise verbunden sind, dass beide Bremsmechanismen in Eingriff gelangen, wenn ein Betätigungselement betätigt wird, und beide Bremsmechanismen aus dem Eingriff gelöst werden, wenn das andere Betätigungselement betätigt wird, und die Betätigungselemente in solch einer Weise miteinander verbunden sind, dass die Betätigungselemente sich in entgegen gesetzte Richtungen in bezug auf den Rahmen bewegen, wenn sie betätigt werden, und die Betätigungselemente mittels eines biegsamen Verbindungselementes miteinander verbunden sind.
Im Übrigen hat das Landgericht die einstweilige Verfügung aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die einstweilige Verfügung vom 14. September 2007 sei im eingeschränkten Umfang zu bestätigen und im Übrigen aufzuheben, weil das Verfügungsgebrauchsmuster in der dem Hauptantrag zugrundeliegenden Fassung (Kombination seiner Ansprüche 1 und 2) nicht schutzfähig sei, jedoch der Hilfsantrag, mit dem die Antragstellerin einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung der kombinierten Ansprüche 1, 2 und 4 geltend mache, begründet sei. Die in den Ansprüchen 1 und 2 des Verfügungsgebrauchsmusters enthaltene technische Lehre sei durch die EP 0 621 167 B1 (Anlage A 1) in neuheitsschädlicher Weise vorweggenommen. Begründet sei jedoch der den Unteranspruch 4 einbeziehende Hilfsantrag. Das Verfügungsgebrauchsmuster sei in dieser Kombination schutzfähig. Die gegenüber den Schutzansprüchen 1 und 2 weitergehende Voraussetzung des Unteranspruchs 4, wonach die Betätigungselemente mittels eines biegsamen Verbindungselements miteinander verbunden seien, werde in der EP 0 621 167 B1 nicht offenbart. Da die Antragsgegnerin weitere Einwendungen gegen die Neuheit der durch die Kombination der Ansprüche 1, 2 und 4 zum Ausdruck kommenden technischen Lehre nicht vorgebracht habe und solche auch nicht ersichtlich seien, sei der Gegenstand der hilfsweise in Kombination geltend gemachten Schutzansprüche 1, 2 und 4 neu. Die Antragsgegnerin habe auch nicht glaubhaft zu machen vermocht, dass die in dieser Anspruchskombination enthaltene technische Lehre nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale der Schutzansprüche 1, 2 und 4 wortsinngemäß verwirkliche, sei unstreitig.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin hat gegen das Urteil des Landgerichts Anschlussberufung eingelegt. Diese hat sie im Verhandlungstermin am 21. August 2008 jedoch zurückgenommen.
Mit der Berufung verfolgt die Antragsgegnerin ihr Zurückweisungsbegehren weiter. Unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend, dass das Verfügungsgebrauchsmuster nicht schutzfähig sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 14. September 2007 insgesamt aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag insgesamt zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen,
hilfsweise, das Urteil des Landgerichts nach Maßgabe der Schutzansprüche 1, 2, 4 und 5 des Verfügungsgebrauchsmusters aufrecht zu erhalten, insbesondere wenn die Merkmale des Unteranspruchs 8 erfüllt sind.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung und Ergänzungen ihres erstinstanzlichen Vortrags als richtig, soweit das Landgericht ihrem Verfügungsbegehren zugesprochen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Antragsgegnerin ist zulässig, aber unbegründet. Die technische Lehre gemäß der noch geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters ist schutzfähig. Mit der angegriffenen Ausführungsform macht die Antragsgegnerin von dieser Lehre wortsinngemäß Gebrauch.
A.
Das Verfügungsgebrauchsmuster betrifft einen Kindersportwagen, umfassend einen Rahmen, der auf Laufrädern ruht, welcher durch Muskelkraft bewegt werden muss, wobei die Drehachsen von zwei Laufrädern, die an jeder Seite des Rahmens angeordnet sind, zumindest im Wesentlichen auf einer Linie liegen und wobei jedes der zwei Räder mit einem Bremsmechanismus ausgestattet ist, wobei diese Bremsmechanismen miteinander verbunden sind, wodurch die zwei Bremsmechanismen im wesentlichen gleichzeitig in Eingriff gelangen oder gelöst werden.
Kindersportwagen dieser Art ruhen im Wesentlichen auf drei oder mehr zueinander in Abstand stehenden Rädern, von denen ein Rad oder mehrere Räder selbstausrichtend sind (Anlage L 1, Seite 1 2. Absatz).
Die Verfügungsgebrauchsmusterschrift bezeichnet es in ihrer Einleitung als wünschenswert, dass bei derartigen Kindersportwagen zumindest zwei beabstandete Räder gebremst sind, weil andernfalls – wenn nur ein Rad gebremst wäre – die Gefahr besteht, dass sich der Kindersportwagen um den Aufstandspunkt des einzig gebremsten Rads auf dem Boden dreht. Weiterhin ist es nach den einleitenden Angaben der Verfügungsgebrauchsmusterschrift wünschenswert, die Betätigung der Bremsmechanismen so einfach wie möglich zu machen, um sicherzustellen, dass die Bremsmechanismen tatsächlich in Eingriff geraten (Anlage L 1, Seite 1 3. Absatz).
Als nächstliegenden Stand der Technik betrachtet das Verfügungsgebrauchsmuster die US-A-4 567 964 (Anlage L 4; deutsche Übersetzung Anlage B 2), aus welcher ein Kinderwagen mit einem Bremsmechanismus bekannt ist, der ein Betätigungselement umfasst, mittels dessen die nahe der zwei Räder angeordneten Bremsmechanismen ein- oder ausgerückt werden. Dabei wird das Betätigungselement mittels eines Kabels mit einem Übertragungsmechanismus verbunden, der mit dem anderen Bremsmechanismus zusammenarbeitet. Zur Verdeutlichung dieses Standes der Technik werden nachfolgend die Figuren 5 und 15 der US-A- 4 567 964 eingeblendet.
Figur 5 zeigt die Umgebungen um das untere Ende des linken hinteren und des rechten hinteren „Beins“ des Kinderwagens und die Verbindung zwischen der linken (2a) und der rechten (2) Radbremsvorrichtung. Auf der mit dem rechten hinteren Rahmenteil (3) verbundenen Seite ist ein Betätigungshebel (25) angebracht. Die rechte (2) und die linke (2a) Radbremsvorrichtung sind durch einen mittels des Betätigungshebels (25) betätigbaren Draht (26) miteinander verbunden (vgl. Anlage B 2, Seite 8 Zeilen 24 ff.). Die – in der unteren Hälfte von Figur 5 gezeigte – linke Radbremsvorrichtung (2a) ist hingegen nicht mit einem Betätigungshebel oder entsprechenden Teil ausgerüstet (vgl. Anlage B 2, Seite 10 Zeilen 13 bis 15). Um vom Zustand der frei drehbaren Räder in den Zustand mit gebremsten Rädern zu kommen, muss der Benutzer mit dem Fuß die Oberseite des Betätigungshebels (25) berühren und diesen leicht nach hinten bewegen. Anschließend muss der Betätigungshebel nach oben losgelassen werden (vgl. Anlage L 4, Seite 11, Zeilen 12 ff.). Um vom Zustand mit gebremsten Rädern in den Zustand mit frei drehbaren Rädern umzuschalten, muss der Betätigungshebel (25) nach unten gedrückt werden (vgl. Anlage L 4, Seite 12, Zeilen 4 bis 7).
An diesem Stand der Technik kritisiert die Verfügungsgebrauchsmusterschrift, dass das vorgesehene Betätigungselement relativ kompliziert konstruiert ist (Anlage L 1, Seite 2 1. Absatz). Außerdem bemängelt sie als nachteilig, dass für das Eingreifen des Bremsmechanismus und für das Lösen desselben jeweils unterschiedliche Betätigungen erforderlich sind, weil dies zur Verwirrung des Benutzers führen könne Anlage L 1, Seite 2 erster Absatz).
Hiervon ausgehend hat es sich das Verfügungsgebrauchsmuster zur Aufgabe gemacht, einen Kindersportwagen zu schaffen, bei dem beide Bremsmechanismen im Wesentlichen gleichzeitig auf einfache Weise eingerückt und ausgerückt werden können (Anlage L 1, Seite 2 zweiter Absatz).
Zur Lösung dieser Problemstellung schlägt die geltend gemachte Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:
1. Kindersportwagen, umfassend einen Rahmen, der auf Laufrädern ruht, welcher durch Muskelkraft bewegt werden muss.
2. Die Drehachsen von zwei Laufrädern, die an jeder Seite des Rahmens angeordnet sind, liegen im Wesentlichen auf einer Linie.
3. Jedes der zwei Räder ist mit einem Bremsmechanismus ausgestattet.
4. Die Bremsmechanismen sind derart miteinander verbunden, dass die zwei Bremsmechanismen im Wesentlichen gleichzeitig in Eingriff gelangen oder gelöst werden.
5. Ein Betätigungselement ist nahe jedem Rad für den diesem Rad zugeordneten Bremsmechanismus vorgesehen.
6. Die Betätigungselemente sind miteinander und mit den Bremsmechanismen auf solch eine Weise verbunden, dass beide Bremsmechanismen in Eingriff gelangen, wenn ein Betätigungselement betätigt wird, und beide Bremsmechanismen aus dem Eingriff gelöst werden, wenn das andere Betätigungselement betätigt wird.
7. Die Betätigungselemente sind in solch einer Weise miteinander verbunden, dass die Betätigungselemente sich in entgegen gesetzte Richtungen in Bezug auf den Rahmen bewegen, wenn sie betätigt werden.
8. Die Betätigungselemente sind mittels eines biegsamen Verbindungselements miteinander verbunden.
Nach der Lehre des Verfügungsgebrauchsmusters ist danach jedes der zwei Räder mit einem Bremsmechanismus ausgestattet (Merkmal 3). Die beiden Bremsmechanismen sind miteinander verbunden, und zwar derart, dass sie im Wesentlichen gleichzeitig in Eingriff gelangen oder gelöst werden (Merkmal 4). Nahe jedem Rad ist ein Betätigungselement für den diesem Rad zugeordneten Bremsmechanismus vorgesehen (Merkmal 5). Im Unterschied zu dem in der Verfügungsgebrauchsmusterschrift gewürdigten Stand der Technik gemäß der US-A- 4 567 964 sind damit zwei Betätigungselemente vorgesehen. Diese sind derart miteinander und mit den Bremsmechanismen verbunden (Merkmal 6), dass beide Bremsmechanismen in Eingriff gelangen, wenn ein Betätigungselement betätigt wird (Merkmal 6.1), und beide Bremsmechanismen aus dem Eingriff gelöst werden, wenn das andere Betätigungselement betätigt wird (Merkmal 6.2). Das bedeutet, dass das eine Betätigungselement zur Feststellung der Bremsmechanismen dient, wohingegen das andere Betätigungselement dem Lösen der Bremsmechanismen dient. In Schutzanspruch 1 heißt es insoweit nicht, dass die Betätigungselemente miteinander und mit den Bremsmechanismen derart verbunden sind, dass beide Bremsmechanismen in Eingriff gelangen, wenn ein Betätigungselement betätigt wird, und beide Bremsmechanismen aus dem Eingriff gelöst werden, wenn ein Betätigungselement betätigt wird. Auch heißt es dort nicht, dass die Betätigungselemente miteinander und mit den Bremsmechanismen auf solch eine Weise verbunden sind, dass beide Bremsmechanismen in Eingriff gelangen, wenn das eine oder andere Betätigungselement betätigt wird, und beide Bremsmechanismen aus dem Eingriff gelöst werden, wenn das eine oder andere Betätigungselement betätigt wird. Vielmehr stellt der Anspruchswortlaut hinsichtlich des Einrückens der Bremsmechanismen auf das eine Betätigungselement und hinsichtlich des Ausrückens der Bremsmechanismen auf das andere Bremselement ab. Das „andere Bremselement“ kann aber nicht das zuvor angesprochene „eine Bremselement“ sein, wie auch umgekehrt. Aus dem Wortlaut des Schutzanspruchs 1 folgt deshalb, dass den beiden Betätigungselementen unterschiedliche Funktionen zugewiesen sind. Exakt so verhält es sich auch bei dem Ausführungsbeispiel des Verfügungsgebrauchsmusters. Bei diesem muss – wie die Verfügungsgebrauchsmusterschrift auf Seite 10, zweiter Absatz, zusammenfasst – das Betätigungselement in der Form des Fußpedals 17 betätigt werden, um die Bremsmechanismen der Räder aus dem Eingriff auszurücken, wohingegen das andere Betätigungselement in der Form des Fußpedals 18 betätigt werden muss, um die Bremsmechanismen der Räder in den Eingriff einzurücken (vgl. auch Anlage L 1, Seite 7 letzter Absatz, Seite 9 erster Absatz und Seite 9 zweiter Absatz bis Seite 10 oben). Hingegen ist es nicht möglich, die Bremsmechanismen durch Betätigung des Fußpedals 18 aus dem Eingriff auszurücken oder die Bremsmechanismen durch Betätigung des Fußpedals 17 in den Eingriff einzurücken. In diesem Sinne ist auch der Anspruchswortlaut zu verstehen.
Die Betätigungselemente sind nach der Lehre des Verfügungsgebrauchsmusters ferner in solch einer Weise miteinander verbunden, dass sie sich in entgegen gesetzte Richtungen in Bezug auf den Rahmen bewegen, wenn sie betätigt werden (Merkmal 7). Bezugspunkt ist hierbei der Rahmen als solcher. In Bezug auf diesen müssen sich die Betätigungselemente in entgegen gesetzte Richtungen bewegen, also z. B. das eine Betätigungselement nach oben und das andere nach unten oder umgekehrt. Miteinander verbunden sind die Betätigungselemente mittels eines biegsamen Verbindungselements (Merkmal 8), welches z. B. ein Kabel sein kann (Anlage L 1, Seite 3 unten bis Seite 4 oben). Hierdurch ist es möglich, den Kindersportwagen mit einem zusammenklappbaren Rahmen auszurüsten (vgl. Anlage L 1, Seite 4 oben).
B.
Das Verfügungsgebrauchsmuster erfüllt in der geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 die in § 1 Abs. 1 GebrMG niedergelegten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Gebrauchsmusterschutzes. Neben der unstreitig gegebenen gewerblichen Anwendbarkeit ist die vorstehend gekennzeichnete Lehre der kombinierten Schutzansprüche 1, 2 und 4 gegenüber dem entgegengehaltenen Stand der Technik neu und beruht auch auf einem erfinderischen Schritt, § 1 Abs. 1 GebrMG.
1.
Der Gegenstand der in Kombination geltend gemachten Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters ist neu.
a)
Die EP 0 621 167 B1 (Anlage A 1), deren Figur 1 nachfolgend wiedergegeben wird, steht der Neuheit der technischen Lehre des Verfügungsgebrauchsmusters in der geltend gemachten Fassung nicht entgegen.
Diese Druckschrift offenbart eine Brems- bzw. Feststelleinrichtung für einen Kinderwagen, die über ein Gehäuse (12) verfügt, in dem zwei Bremsstangen (14) angeordnet sind. An dem im Inneren des Gehäuses befindlichen Endabschnitt (18) der beiden Bremsstangen (14) ist jeweils ein Schieberorgan (20) befestigt, das in einem Zentralraum (22) linear beweglich geführt ist. Zwischen der den Zentralraum (22) auf der einen Seite begrenzenden Innenwand (24) des Gehäuses und der dieser Innenwand zugewandten Rückenwand (26) des entsprechenden Schieberorgans (20) ist jeweils ein Federelement (28) vorgesehen, durch welche sich die Bremsstange (14) hindurch erstreckt. Die beiden Federelemente (28) sind so dimensioniert, dass sie die beiden Schieberorgane (20) in der in Figur 1 gezeigten Ruhestellung der Bremseinrichtung mit einer definierten Kraft gegeneinander zwängen. Die Schieberorgane (20) sind an ihrer Stirnfläche (30) jeweils mit einer Keilfläche (32) und mit einer sich hieran anschließenden Rastausnehmung (34) versehen, wobei die Keilflächen eine V-förmige Rinne bilden. In diese Rinne steht ein Keil (36) eines ersten Betätigungsorgans (38) hinein, welches mit entsprechenden Keil- bzw. Schrägflächen (40) ausgebildet ist, an die sich Rastnasen (42) anschließen. Das erste Betätigungsorgan (38) weist einen Betätigungs- bzw. Druckknopf (44) auf, der in einer Öffnung (46) im Gehäuse linear beweglich geführt ist. Auf der anderen (rechten) Seite des Gehäuses ist eine zweite Öffnung (48) vorgesehen, in welcher ein zweites Betätigungsorgan (50) mit einem Betätigungsknopf (52) beweglich geführt ist. Die beiden Betätigungsorgane (38 und 50) sind mittels eines Verbindungshebels (54) miteinander verbunden. Dieser ist derart abgewickelt, dass jeweils nur eines der beiden Betätigungsorgane (38 bzw. 50) aus dem Gehäuse (12) hervorsteht, so dass eine gleichzeitige Bedienung oder Fehlbedienung ausgeschlossen ist (vgl. Anlage A 1, Spalte 3 Zeile 52 bis Spalte 5 Zeile 8). Um die Einrichtung von der in Figur 1 gezeigten Ruhestellung zu verstellen, muss der Bediener auf den Betätigungsknopf (44) des ersten Betätigungsorgans (38) drücken. Hierbei bewirkt der Keil (30) des ersten Betätigungsorgans (38) eine Auseinanderbewegung der beiden Schieberorgane (20). Gleichzeitig werden die beiden Bremsstangen (14) auseinander und gegen – in der Figur 1 nicht eingezeichnete – Räder bewegt. Dabei werden die beiden Federeinrichtungen (28) gespannt. Die beiden Rastnasen (42) des ersten Betätigungsorgans (38) rasten in die entsprechenden Rastausnehmungen (34) in den Schieberorganen (20) ein. Hierdurch ergibt sich eine Arretierung des ersten Betätigungsorgans (38), wobei gleichzeitig über den Verbindungshebel (54) das zweite Betätigungsorgan aus dem Gehäuse heraus bewegt und in dieser Position fixiert wird. Um die so erreichte Bremsposition wieder in die Ruhe- bzw. Freistellposition umzustellen, muss das zweite Betätigungsorgan betätigt werden, wodurch die beiden Rastnasen (42) wieder aus den Rastausnehmungen (34) herausbewegt werden. Die Federeinrichtungen (28) können sich dann wieder entspannen und das erste Betätigungsorgan (38) wird wieder nach oben aus dem Gehäuse herausbewegt (vgl. Anlage A 1, Spalte 5 Zeile 39 bis Spalte 6 Zeile 18).
Die entgegengehaltene EP 0 621 167 B1 offenbart zwar, wie das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, die Merkmale 1 bis 7. Unstreitig nicht offenbart ist jedoch das Merkmal 8, wonach die Betätigungselemente mittels eines biegsamen Verbindungselements miteinander verbunden sind. Diese Maßnahme wird in der EP 0 621 167 B1 an keiner Stelle offenbart. Vielmehr sind bei der von dieser vorgeschlagenen Brems- bzw. Feststelleinrichtung die beiden Betätigungsorgane (38 und 50) mittels eines starren, abgewinkelten Verbindungshebels (54) miteinander verbunden.
b)
Die GB-A-2 281 110 (Anlage B 3, deutsche Übersetzung Anlage B 4), deren Figuren 1 und 2 nachfolgend wiedergegeben werden, steht der Neuheit des Gegenstands der geltend gemachten Anspruchskombination entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ebenfalls nicht entgegen.
Diese Entgegenhaltung offenbart allgemein einen Radbremsmechanismus für einen faltbaren Rollsitz („pushchair“), der eine so genannte primäre Bremseinrichtung („primary brake“), die auf ein erstes Rad wirkt, und eine „untergeordnete“ Bremseinrichtung bzw. Zusatzbremseinrichtung („subsidiary brake“), welche auf das andere Rad wirkt, umfasst. Die primäre Bremseinrichtung („primary brake“) ist mit der „untergeordneten“ Bremseinrichtung („subsidiary brake“) über eine Kopplungseinrichtung funktional verbunden, wobei diese funktionale Verbindung unabhängig vom Faltzustand besteht, was u. a. dadurch erreicht wird, dass sie flexibel ist. Beide Bremseinrichtungen werden durch die Kopplung gleichzeitig betätigt. Als bevorzugt wird es hierbei angesehen, wenn beide Bremsen auf das jeweilige Rad in dieselbe Richtung einwirken. Als alternative Möglichkeiten, die Kopplungseinrichtung auszugestalten, offenbart die GB-A-2 281 110 die Verwendung eines Bowdenzugs mit Umkehrmechanismus oder eines doppelten Bowdenzugs. Bei der ersten Form der Kopplungseinrichtung ist als Verbindung zwischen der primären Bremseinrichtung und der „subsidiary brake“ ein Bowdenzug vorgesehen, dessen eines Ende an der primären Bremseinrichtung befestigt ist und dessen anderes Ende mit der „subsidiary brake“ verbunden ist. Vorzugsweise sieht diese erste Ausführungsform einen so genannten Umkehrmechanismus vor (vgl. Figur 3 der GB-A-2 281 110), der bewirkt, dass beide Bremsen in die gleiche Richtung auf das Rad einwirken. Ausweislich der Beschreibung der GB-A-2 281 110 weist der in Figur 2 gezeigte Kinderwagen vorzugsweise eine pedalähnliche Verlängerung am primären Bremselement 8 („pedal like extension to the primary braking element“) auf (Anlage B 4 Seite 8 zweiter Absatz), über welche die primäre Bremseinrichtung („primary brake“) – und damit zugleich die zweite Bremseinrichtung in Gestalt der „subsidiary brake“ – betätigt wird.
Die GB-A-2 281 110 offenbart danach die Merkmale 1 bis 4 des Verfügungsgebrauchsmusters. Zugunsten der Antragsgegnerin kann ferner davon ausgegangen werden, dass der Fachmann der GB-A-2 281 110 entnimmt, dass auch die „subsidiary brake“ mit einem Betätigungselement versehen werden kann, und damit auch das Merkmal 5 offenbart ist. Dafür spricht, dass der Anspruch 5 der GB-A-2 281 110 (Anlage B 4, Seite 12) eine besondere Ausgestaltung lehrt, bei welcher jede Bremseinrichtung so ausgeführt ist, um selektiv sowohl als primäre als auch als untergeordnete Bremseinrichtung („subsidiary brake“) zu wirken. Auch wenn hiernach – wie zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt wird – ein Betätigungselement für jeden Bremsmechanismus vorgesehen sein kann, offenbart die GB-A-2 281 110 jedoch nicht das Merkmal 6. Sie beschreibt dann zwar eine Lösung, bei der die Betätigungselemente miteinander und mit den Bremsmechanismen auf solch eine Weise verbunden sind, dass beide Bremsmechanismen in Eingriff gelangen, wenn das eine oder andere Betätigungselement betätigt wird, und beide Bremsmechanismen aus dem Eingriff gelöst werden, wenn das eine oder andere Betätigungselement betätigt wird. Die beiden Betätigungselemente haben beim Gegenstand der GB-A-2 281 110 aber keine unterschiedlichen Funktionen. Es ist also – anders als beim Gegenstand des Verfügungsgebrauchsmusters – nicht ein Betätigungselement nur zum Feststellen der Bremsen und ein anderes Betätigungselement nur zum Lösen der Bremsen vorgesehen.
Nicht offenbart ist darüber hinaus das Merkmal 7, wonach die Betätigungselemente in solch einer Weise miteinander verbunden sind, dass die Betätigungselemente sich in entgegen gesetzte Richtungen „in Bezug auf den Rahmen“ bewegen, wenn sie betätigt werden. Klar ist, dass die Bremselemente mit ihren Bremsnasen bei Betätigung eines der beiden Betätigungselemente zum Lösen der Bremse wieder von den Rädern wegbewegt werden und hierdurch der Kontakt mit dem Rad aufgehoben wird. Wie sich die Bremselemente hierbei bewegen, wird in der GB-A-2 281 110 nicht erläutert. Die Antragsgegnerin macht hierzu geltend, dass die primäre Bremse und die sekundäre Bremse über einen Bowdenzug miteinander verbunden seien, der geeignet sei, einen Längsversatz der primären Bremse in eine entsprechende Längsbewegung der Zusatzbremse zu versetzen, wobei aber die Längsbewegungen der beiden Bremsen in verschiedene Richtungen wirkten. Durch die Verwendung des Bowdenzugs werde zugleich mit der Betätigung der primären Bremse am rechten Rad in Figur 2 die Betätigung der Zusatzbremse am linken Rad bewirkt. Unter Bezugnahme auf Figur 2, in der die an dem drehbaren Bremselement 8 angeordnete Bremsnase 9 in das Rad 6 eingreife und somit eine Bremssituation zeige, liege die pedalähnliche Verlängerung des Bremselements 8 jeweils am linken Rad 6 des jeweiligen Radpaares an. Um die Bremsnase 9 aus der Verrastung mit dem Rad 6 zu lösen, sei eine Bewegung des Bremselementes 8 im Uhrzeigersinn um eine senkrecht zur Zeichenebene verlaufende Achse notwendig. Dadurch rasteten die Bremsnasen 9 jeweils aus den Rädern 6 aus und gäben diese frei. Figur 2 sei des Weiteren zu entnehmen, dass die gestrichelt dargestellten pedalähnlichen Verlängerungen zum oberen Ende hin spitz zuliefen, so dass eine Schwenkbewegung nach rechts ermöglicht werde. Beim Lösen der Bremse werde damit der rechte Bremsmechanismus, bezogen auf den Rahmen noch außen bewegt, während das linke Bremselement bezogen auf den Rahmen noch innen bewegt werde. Dies entspricht aber nicht den Vorgaben des Merkmals 7. Die Antragsgegnerin stellt bei ihrer Betrachtung jeweils auf das rechte und das linke Rahmenteil ab. Bezugselement ist nach Merkmal 7 aber „der Rahmen“ als solcher und nicht das einzelne Rahmenteil. Stellt man – zutreffend – auf den Rahmen und damit auf den Kinderwagen als solchen ab, bewegen sich beide Betätigungselemente in dieselbe Richtung, nämlich jeweils nach rechts.
c)
Die GB-A-2 293 420 (Anlage L 5, deutsche Übersetzung Anlage B 1), deren Figuren 1 und 3 nachfolgend eingeblendet werden, offenbart einen Kindersportwagen, dessen beide hintere Laufräder („wheel sets“ 3, 4) jeweils mit einem Bremsmechanismus („braking mechanism“ 10, 11) ausgestattet sind.
Die Bremsmechanismen sind miteinander verbunden, und zwar bei der Ausführungsform gemäß Figur 3 durch ein erstes und ein zweites Spannseil 16 und 16 a (vgl. Anlage B 1, Seite 8 Zeilen 16 bis 18). Gemäß Anspruch 2 der GB-A-2 293 420 kann das Verbindungsmittel auch nur ein Spannseil umfassen (Anlage B 1, Seite 13 Zeilen 25 bis 28). Durch die Koppelung gelangen die beiden Bremsmechanismen im Wesentlichen gleichzeitig in Eingriff bzw. werden die beiden Bremsmechanismen im Wesentlichen gleichzeitig gelöst. Wie insbesondere den Figuren der GB-A-2 293 420 zu entnehmen ist, ist ein Betätigungselement in Gestalt eines Hebels („lever“ 12) nahe jedem Rad („wheel sets“ 3, 4) für den diesem Rad zugeordneten Bremsmechanismus („braking mechanism“ 10, 11) vorgesehen.
Die GB-A-2 293 420 offenbart damit einen Kindersportwagen mit den Merkmalen 1 bis 5. Nicht anders als die zuvor behandelte GB-A-2 281 110 (Anlage B 3) offenbart allerdings auch sie das Merkmal 6 nicht. Zwar sind auch beim Gegenstand der GB-A-2 293 420 die Betätigungselemente miteinander und mit den Bremsmechanismen verbunden. Beide Betätigungselemente („lever“ 12) dienen aber, wie sich eindeutig aus der Beschreibung ergibt (Anlage B 1, Seite 10 Zeile 5 bis Seite 11 Zeile 20) demselben Zweck, nämlich sowohl dem Feststellen als auch dem Lösen der beiden Bremsmechanismen. Bei der aus der GB-A-2 293 420 bekannten Vorrichtung ist also wiederum – entgegen der Lehre des Verfügungsgebrauchsmusters – nicht ein Betätigungselement nur zum Feststellen der Bremsmechanismen und ein anderes Betätigungselement nur zum Lösen der Bremsmechanismen vorgesehen. Vielmehr können die Bremsmechanismen sowohl durch das eine Betätigungselement als auch durch das andere Bremselement festgestellt und gelöst werden.
Die GB-A-2 293 420 offenbart darüber hinaus das Merkmal 7 nicht. Wie sich ebenfalls aus der Beschreibung der GB-A-2 293 420 (Anlage B 1, Seite 11 Zeilen 15 bis 20) ergibt, bewirkt das Niederdrücken des einen Hebels, dass auch der andere Hebel niedergedrückt wird, und umgekehrt führt das Anheben des einen Hebels dazu, dass auch der andere Hebel angehoben wird. Die Betätigungselemente bewegen sich damit in Bezug auf den Rahmen in dieselbe Richtung.
Damit steht auch die GB-A-2 293 420 der Neuheit der technischen Lehre der geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters nicht entgegen.
d)
Gleiches gilt für die GB-A 2 283 791 (Anlage A 2), deren Figur 1 nachstehend eingeblendet wird.
Diese Druckschrift, von der die Antragsgegnerin auch in zweiter Instanz keine deutsche Übersetzung vorgelegt hat, schlägt – soweit ersichtlich – ein Bremssystem für einen Kindersportwagen vor, bei dem durch Betätigung nur einer von zwei Bremsen beide gleichzeitig bewegt werden. Zwar offenbart diese Entgegenhaltung die Merkmale 1 bis 4. Nicht offenbart ist jedoch bereits das Merkmal 5. Denn bei dem Gegenstand der GB-A 2 283 791 ist lediglich ein (einziges) Betätigungselement vorgesehen, das an der als „main control“ bezeichneten Bremse angeordnet ist. Durch dieses Betätigungselement wird sowohl die als „main control“ bezeichnete Bremse als auch über ein Kabel die als „secundary control“ bezeichnete weitere Bremse betätigt (vgl. Anlage A 2, Seite 1 Zeilen 30 bis 34). Dies geht auch aus der Figur 1 der GB-A 2 283 791 hervor, die auf der rechten Seite die „main control component“ (1) und auf der linken Seite die „secondary control component“ (2) zeigt. Während die „main control component“ (1) einen zur Betätigung der Bremse vorgesehenen Fußhebel („lever“) aufweist, verfügt die „secundary control component“ über keine solche Verlängerung, sondern nur über eine mit dem Kabel (8) verbundene Feder. Die Betätigung der Bremsmechanismen verdeutlichen die Figuren 4 und 5 der GB-A 2 283 791. Zum Feststellen der Bremsen wird der Fußhebel der „main control component“ (1) niedergedrückt, wobei die Krafteinwirkung F auf das Betätigungselement („lever“ der „main control“ 1) über das Kabel (8) auf die „secundary control component“ (2) übertragen wird (vgl. Anlage A 2, Seite 4 Zeilen 4 bis 6). Zum Lösen der Bremse wird dasselbe Betätigungselement („lever“ der „main control“ 1) nach oben gedrückt, also die Kraft F auf dasselbe Betätigungselement ausgeübt (vgl. Anlage A 2, Seite 4 Zeilen 33 – 35). Damit fehlt das Merkmal 5. Hieraus folgt zugleich, dass die GB-A 2 283 791 auch die Merkmale 6, 7 und 8 nicht offenbart.
e)
Die JP 58-104770 (Anlage A 6) steht der Neuheit des Gegenstands des Verfügungsgebrauchsmusters ebenfalls nicht entgegen. Selbst wenn man zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt, dass diese japanische Druckschrift, von welcher die Antragsgegnerin eine deutsche Übersetzung nicht vorgelegt hat, neben den unstreitig offenbarten Merkmalen 1 und 2 auch die Merkmale 3 bis 5 offenbart, ist jedenfalls nicht feststellbar, dass das Merkmal 6 mit seiner Funktionsaufteilung offenbart ist. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, offenbart die JP 58-104770 zudem das Merkmal 7 nicht. Ersichtlich entspricht der aus dieser Entgegenhaltung bekannte Kindersportwagen auch nicht den Vorgaben des Merkmals 8, weil er über ein Gestänge (9, 10) verfügt.
f)
Entsprechendes gilt für den angeblich vorbenutzten „B“-Kinderwagen (Anlage A 4), der nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin in technischer Hinsicht mit der vorerörterten JP 58-104770 (Anlage A 6) übereinstimmen soll. Dass dieser Kinderwagen in Deutschland vorbenutzt worden ist, ist im Übrigen nicht schlüssig dargetan. Der Stand der Technik umfasst gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 GebrMG nur Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche Beschreibung oder durch eine im Geltungsbereich des Gebrauchsmustergesetzes erfolgte Benutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.
g)
Auch die DE-A-94 11 371 (Anlage A 5) steht der Neuheit des Gegenstands der geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 nicht entgegen. Diese Druckschrift betrifft eine Feststellbremse für Kinderwagen, die ähnlich wie die aus der EP 0 621 167 B1 (Anlage A 1) bekannte Vorrichtung funktioniert. Wie diese Entgegenhaltung offenbart auch die DE-A-94 11 371 das Merkmal 8 nicht, wonach die Betätigungselemente mittels eines biegsamen Verbindungselements miteinander verbunden sind.
h)
Schließlich fehlt dem Gegenstand des Verfügungsgebrauchsmusters auch nicht im Hinblick auf die bereits in der Verfügungsgebrauchsmusterschrift gewürdigte US-A-4 567 964 (Anlage L 4; deutsche Übersetzung Anlage B 2) die Neuheit. Diese Druckschrift offenbart die Merkmale 5 bis 8 nicht, weil der aus ihr bekannte Kinderwagen lediglich ein Betätigungselement aufweist.
2.
Die Lehre zum technischen Handeln gemäß der hier geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters beruht gegenüber dem Stand der Technik auch auf einem erfinderischen Schritt.
Ob ein erfinderischer Schritt vorliegt, ist allerdings kein quantitatives, sondern ein qualitatives Kriterium ist (BGH, GRUR 2006, 842 – Demonstrationsschrank). Die Beurteilung des „erfinderischen Schrittes“ im Gebrauchsmusterrecht ist wie die „erfinderische Tätigkeit“ im Patentrecht das Ergebnis einer Wertung. Dabei gelten für die Beurteilung des „erfinderischen Schrittes“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 GebrMG) die gleichen Maßstäbe wie für das Beruhen auf einer „erfinderischen Tätigkeit“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Pat. Da nach § 4 PatG eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gilt, liegt somit ein „erfinderischer Schritt“ nur vor, wenn sich die Erfindung, die Gegenstand des Gebrauchsmusters ist, für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Dass sich der Gegenstand der hier geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergab, ist aber weder schlüssig dargetan noch ersichtlich.
a)
Der Senat kann insbesondere nicht feststellen, dass sich der Gegenstand der geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 für den Fachmann am Prioritätstag des Verfügungsgebrauchsmusters in naheliegender Weise aus einer Kombination der EP 0 621 167 B1 (Anlage A 1) mit der GB-A-2 293 420 (Anlage L 5) ergab.
Die EP 0 621 167 B1 offenbart – wie bereits ausgeführt – die Merkmale 1 bis 7, nicht aber das Merkmal 8, wonach die Betätigungselemente mittels eines biegsamen Verbindungselements miteinander verbunden sind. Denn bei dem Gegenstand der EP 0 621 167 B1 sind die Betätigungselemente über einen starren Verbindungshebel miteinander verbunden.
Der Fachmann erkennt zwar, dass sich ein Kinderwagen mit der aus der EP 0 621 167 B1 bekannten Brems- bzw. Feststelleinrichtung mit ihrem langen Gehäuse (12), in welchem ein starrer Verbindungshebel (54) und zwei längliche Bremsstangen (14) angeordnet sind, von welchen die eine (rechte) Stange fast von der einen Seite zur anderen Seite des Kinderwagens verläuft, nicht dreidimensional falten lässt. Naheliegend ist es auch, den für nicht faltbare Kinderwagen gelungenen, vorteilhaften Schaltmechanismus für faltbare Kindersportwagen nutzbar zu machen. Ausgehend von der EP 0 621 167 B1 stellt sich insoweit für den Fachmann das Problem, eine Bremseinrichtung zu schaffen, die sich auch für einen dreidimensional faltbaren Kinderwagen eignet. Hiervon ausgehend stößt der Fachmann auch unweigerlich auf die GB-A-2 293 420, die es sich bereits zur Aufgabe gemacht hat, eine Bremsvorrichtung für einen zusammenklappbaren Wagen mit Rädern an ersten und zweiten voneinander beabstandeten Positionen bereitzustellen (Anlage B 1, Seite 2 Zeilen 29 bis 32). Diese Druckschrift offenbart – wie bereits ausgeführt – einen Kindersportwagen mit den Merkmalen 1 bis 5, wobei zur Kopplung der Bremsmechanismen („braking mechanism“ 10, 11) ein biegsames Verbindungselement (Merkmal 7) in Gestalt von Spannseilen (16 und 16a) vorgesehen ist. Die Betätigungselemente sind hierbei miteinander und mit den Bremsmechanismen derart verbunden sind, dass beide Bremsmechanismen in Eingriff gelangen, wenn eines der beiden Betätigungselemente („lever“ 12) betätigt wird, und beide Bremsmechanismen aus dem Eingriff gelöst werden, wenn eines der beiden Betätigungselemente betätigt wird. Dem Fachmann ist es damit aus der GB-A-2 293 420 bekannt ist, die Betätigungselemente von zwei Bremsmechanismen mittels eines biegsamen Verbindungselementes zu verbinden.
Dass der Fachmann hiervon ausgehend in naheliegender Weise zum Gegenstand des Verfügungsgebrauchsmusters in der hier geltend gemachten Anspruchskombination gelangen konnte, ist aber nicht feststellbar. Die aus der GB-A-2 293 420 und der EP 0 621 167 B1 bekannten Vorrichtungen sind völlig unterschiedlich konstruiert, wobei ihre konstruktiven Elemente nicht beliebig ausgetauscht werden können. Soweit die Antragsgegnerin geltend macht, es sei für den Fachmann keine Schwierigkeit, den in der EP 0 621 167 B1 eingesetzten Verbindungshebel (54) durch das aus der GB-A-2 293 420 bekannte biegsame Verbindungselement (Spannseil) zu ersetzen, etwa durch Verbindung des jeweiligen Endes der Betätigungsorgane (38 und 50) der EP 0 621 167 B1 mit einem Bowdenzug, mag dies zutreffen. Sollte der Fachmann auf diesen Gedanken kommen, weil er den aus der EP 0 621 167 B1 bekannten Mechanismus für einen faltbaren Kindersportwagen nutzbar machen will, wird er einen solchen Austausch aber sofort wieder verwerfen. Denn er erkennt, dass sich durch diese Maßnahme allein eine für einen dreidimensional faltbaren Kinderwagen geeignete Bremseinrichtung nicht schaffen lässt. Zwar entfällt der starre Verbindungshebel (54). Es bleibt jedoch das lange Gehäuse (12) mit den darin angeordneten starren Bremsstangen (14), von denen die rechte Bremsstange beinahe von der einen Radseite zur anderen Radseite über die gesamte Breite des Kinderwagens verläuft. Die verbleibende Konstruktion ist damit für einen dreidimensional faltbaren Kinderwagen weiterhin nicht geeignet. Der von der Antragsgegnerin vorgeschlagene „Austausch“ des starren Verbindungshebels führt somit nicht zur Lösung des genannten Problems (Bereitstellung einer für einen dreidimensional faltbaren Kinderwagen geeigneten Bremseinrichtung). Hierfür müsste der aus der EP 0 621 167 B1 bekannte Gegenstand mit seinen auf das starre Bremsgestänge abgestimmten Konstruktionsdetails vielmehr weiter abgeändert und umkonstruiert werden. Dass dies dem Fachmann ohne Schwierigkeiten möglich wäre und wie der Fachmann hierbei im Einzelnen vorgehen würde, zeigt die Antragsgegnerin – worauf der Senat im Verhandlungstermin ausdrücklich hingewiesen hat – allerdings nicht ansatzweise auf. Es fehlt insoweit an jeglichem Sachvortrag dazu, wie der Fachmann die Idee, den für nicht faltbare Kinderwagen geeigneten Schaltmechanismus der EP 0 621 167 B1 bei Verwendung eines biegsamen Verbindungselements, wie es ihm z. B. aus der GB-A-2 293 420 bekannt ist, für faltbare Kindersportwagen nutzbar zu machen, tatsächlich umsetzen könnte. Dies vermag der Senat auch nicht zu erkennen. Sieht der Fachmann eine solche Umsetzungsmöglichkeit aber nicht, besteht auch kein Anlass für eine Kombination der EP 0 621 167 B1 mit der GB-A-2 293 420. Denn die EP 0 621 167 B1 offenbart bereits eine für nicht dreidimensional faltbare Kindersportwagen gelungene Bremseinrichtung. Es besteht kein Grund, diese Bremseinrichtung, wenn sie weiter für nicht faltbare Kinderwagen verwendet werden soll, abzuändern und ihren starren Verbindungshebel durch einen mit dem jeweiligen Ende der beiden Betätigungsorgane zu verbindenden Bowdenzug zu ersetzen. Dagegen spricht bereits, dass das Verbindungselement aus dem Gehäuse ausgelagert werden müsste, was weder vorteilhaft noch sinnvoll ist.
b)
Entsprechende Erwägungen gelten für die von der Antragsgegnerin ferner angeführte Kombination der EP 0 621 167 B1 (Anlage A 1) mit der US-A-4 567 964 (Anlage L 4) oder mit der GB-A 2 283 791 (Anlage A 2) oder mit der GB-A-2 281 110 (Anlage B 3) sowie für eine Kombination der DE-A-94 11 371 (Anlage A 5) mit der GB-A-2 293 420 (Anlage L 5) oder einer anderen der vorgenannten Entgegenhaltungen.
c)
Nimmt der Fachmann umgekehrt z. B. die GB-A-2 293 420 (Anlage L 5), die – wie bereits ausgeführt – die Merkmale 6 und 7 nicht offenbart, zum Ausgangspunkt, ist nicht erkennbar, weshalb er deren Gegenstand mit dem Gegenstand der EP 0 621 167 B1 (Anlage A 1) und dessen starrem Bremsgestänge kombinieren sollte. Die GB-A-2 293 420 schlägt bereits eine brauchbare Lösung für einen faltbaren Kindersportwagen vor. Sie gibt dem Fachmann keinen Anlass, die Bremseinrichtung abzuändern. Es ist nicht ersichtlich, was den Fachmann dazu bewegen sollte, die GB-A-2 293 420 so abzuwandeln, dass ein Betätigungselement nur zum Feststellen der Bremsmechanismen und ein anderes Betätigungselement nur zum Lösen der Bremsmechanismen geschaffen wird (Merkmal 6), und die Betätigungselemente hierbei derart miteinander zu verbinden, dass sie sich in entgegengesetzte Richtungen in Bezug auf den Rahmen des Kindersportwagens bewegen, wenn sie betätigt werden (Merkmal 7). Diese Merkmale sind zwar für sich genommen aus der EP 0 621 167 B1 bekannt. Ein Fachmann, der von der GB-A-2 293 420 ausgeht, die bereits eine für einen dreidimensional faltbaren Kinderwagen geeignete Bremsvorrichtung offenbart, wird allerdings nicht auf den Stand der Technik gemäß der EP 0 621 167 B1 mit seinem starren Bremsgestänge und seinen hierauf abgestimmten, relativ aufwendigen Konstruktionsdetails zurückgreifen. Denn die EP 0 621 167 B1 will sich gerade von Bremsvorrichtungen mit Gestängen, die ein Zusammenklappen des Kinderwagens verhindern, abgrenzen (Anlage B 1, Seite 1 Zeilen 12 bis 32) und auf Lösungen, die einen komplizierten Mechanismus, insbesondere einen komplexen rücktreibenden Federmechanismus, aufweisen, verzichten (Anlage B 1, Seite 2 Zeilen 13 bis 22).
Dass die Gesamtkombination, wie sie das Verfügungsgebrauchsmusters in der hier geltend gemachten Anspruchskombination lehrt, ausschließlich Merkmale enthält, die für sich genommen bereits im Stand der Technik vorhanden waren, spricht nicht gegen das Vorliegen eines erfinderischen Schritts. Ein solches Vorhandensein von Einzelmerkmalen begründet für sich nicht das Naheliegen ihrer Kombination (BGH, GRUR 1999, 145, 148 – Stoßwellen-Lithotripter; GRUR 2003, 223, 225 – Kupplungsvorrichtung II).
d)
Die von der Antragsgegnerin in erster Instanz außerdem ins Spiel gebrachte Kombination des angeblich vorbenutzten „B“-Kinderwagens (Anlage A 4) bzw. der JP 58-104770 (Anlage A 6) mit der DE-A-94 11 371 (Anlage A 5) kann von vornherein nicht zum Gegenstand der hier geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters führen, weil keine dieser Entgegenhaltungen eine Verbindung der Betätigungselemente mittels eines biegsamen Verbindungssystems offenbart.
e)
Damit ist der Gegenstand der hier geltend gemachten Kombination der Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters dem Fachmann durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahe gelegt, weshalb er schutzfähig ist.
C.
Mit der angegriffenen Ausführungsform macht die Antragsgegnerin von der technischen Lehre der in Kombination geltend gemachten Schutzansprüche 1, 2 und 4 des Verfügungsgebrauchsmusters wortsinngemäß Gebrauch. Zwischen den Parteien steht auch in der Berufungsinstanz außer Streit, dass die angegriffene Ausführungsform die Merkmale 1 bis 8 der obigen Merkmalsgliederung wortsinngemäß verwirklicht.
D.
Da die Antragsgegnerin den Gegenstand des Verfügungsgebrauchsmusters, das im Umfange seiner Schutzansprüche 1, 2 und 4 schutzfähig ist, rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Antragstellerin zur Unterlassung verpflichtet, § 24 Abs. 1 GebrMG.
E.
Dass ein Verfügungsgrund (§§ 935, 940 ZPO) zugunsten der Antragstellerin besteht, hat das Landgericht unangegriffen und auch zutreffend festgestellt.
Der Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte setzt voraus, dass die begehrte Regelung gemäß § 940 ZPO zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin nötig erscheint. Dies verlangt nicht nur eine „Dringlichkeit“ in einem rein zeitlichen Sinne, sondern darüber hinaus eine materielle Rechtfertigung des vorläufigen Unterlassungsgebotes aus den dem Schutzrechtsinhaber ohne das gerichtliche Eingreifen drohenden Nachteilen, welche gegen die Interessen des als Verletzer in Anspruch genommenen Antragsgegners abgewogen werden müssen. Anders als im Wettbewerbsrecht wird das Vorliegen eines Verfügungsgrundes in Patent- oder Gebrauchsmusterverletzungsstreitigkeiten nicht vermutet. § 12 UWG ist wegen der besonderen Komplexität der Sach- und Rechtslage nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar (vgl. zum Ganzen Senat, GRUR 1983, 79, 80 – AHF-Konzentrat; Mitt 1982, 230 – Warmhaltekanne; GRUR 1994, 508; Mitt 1996, 87, 88 – Captopril; Mitt. 2008, 327, 329 – Olanzapin). Ist jedoch der Verletzungstatbestand glaubhaft gemacht und bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Schutzrechts, haben grundsätzlich die Interessen des Verletzten Vorrang, auch wenn die einstweilige Verfügung mit einschneidenden Folgen für den Verletzer verbunden ist. Sie beruhen auf dem Ausschließlichkeitsrecht und sind für sich kein Grund, die Interessen des Verletzten zurücktreten zu lassen, für den in der Regel bereits die Tatsache einen erheblichen Nachteil darstellt, daß er ohne die begehrte einstweilige Verfügung sein zeitlich befristetes Recht bis zum Erlass eines Urteils im Hauptsacheverfahren nicht durchsetzen kann und damit für diesen Zeitraum endgültig verliert.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Antragstellerin der vorläufige Rechtsschutz nicht versagt werden. Zwar ist bei einem ungeprüftem Schutzrecht, wie dem Verfügungsgebrauchsmuster, grundsätzlich Zurückhaltung geboten. Allerdings handelt es sich hier noch um einen technisch relativ einfach gelagerten Sachverhalt auf einem Gebiet, das beide Parteien in ihren Einzelheiten kennen. Durchgreifende Zweifel an der Schutzfähigkeit bestehen nicht. Einen Löschungsantrag hat die Antragsgegnerin nicht gestellt. Vor diesem Hintergrund ist entsprechend den dargelegten Grundsätze den Interessen der Schutzrechtsinhaberin der Vorrang einzuräumen, und sie ist jedenfalls dann nicht auf die ungewissen Realisierungsmöglichkeiten von Schadensersatzansprüchen zu verweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO
Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit war nicht zu treffen, weil das vorliegende Urteil als zweitinstanzliche Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Verfügung einem Rechtsmittel nicht mehr unterliegt (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und daher ohne besonderen Ausspruch nicht nur vorläufig, sondern endgültig vollstreckbar ist .