2 U 117/07 – Tabletten-Testgerät

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1055

Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil vom 18. Dezember 2008, Az. 2 U 117/07

Vorinstanz: 4b O 70/07

I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6. November 2007 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf abgeändert; die Klage wird abgewiesen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte wie zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 250.000,– €.

G r ü n d e

I.

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des u.a. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 361 xxx (Klagepatent, Anlage K 1), dessen in deutscher Verfahrenssprache erfolgte Erteilung am 20. Juli 2005 bekannt gemacht wurde und das eine Vorrichtung zum Ausrichten von Tabletten betrifft. Patentanspruch 1 lautet wie folgt:

„Vorrichtung zum Ausrichten von Tabletten (5) an einer Mess-Station eines Tablettenprüfgerätes, mit einem ebenen Transfertisch (7) gekennzeichnet durch

– zwei in der Auflageebene des Transfertisches (7) vorgesehene, parallel nebeneinander angeordnete Rollen (8, 9), wobei die oberen Mantellinien der Rollen (8, 9) mit der genannten Auflageebene bündig sind oder leicht über diese vorstehen, und

– eine Antriebsvorrichtung (10), welche beim Betrieb der Vorrichtung die beiden Rollen (8, 9) so gegenläufig antreibt, dass die linke Rolle im Uhrzeigersinn und die rechte Rolle gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden, so dass sich eine auf die beiden Rollen (8, 9) transferierte Testtablette (5) automatisch nach den beiden Achsen der beiden Rollen (8, 9) ausrichtet.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 1, 2 und 4 der Klagepatentschrift) zeigen ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung, wobei Figur 1 eine perspektivische Teilansicht einer patentgemäßen Vorrichtung, Figur 2 eine Draufsicht auf die Vorrichtung und Figur 3 eine Schnittansicht zeigen.

Die Beklagte stellt her und vertreibt Testgeräte für die pharmazeutische Industrie. Zu ihrem Sortiment gehört ein sogenanntes „APTool“, welches für die Bruchfestigkeits- und Kombinationstester-Serien „A“ und „B“ angeboten wird. Nachfolgende Abbildung (Anlage K 11) zeigt das „APTool“.

Die Klägerin sieht hierdurch ihre Rechte aus dem Klagepatent verletzt und nimmt die Beklagte deshalb auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht in Anspruch.

Durch Urteil vom 6. November 2007 hat das Landgericht dem Klageantrag entsprochen und wie folgt erkannt:

„I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,

eine Vorrichtung zum Ausrichten von Tabletten an einer Mess-Station eines Tablettenprüfgeräts mit einem ebenen Transfertisch

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

wobei in der Auflageebene des Transfertisches zwei parallel nebeneinander angeordnete Rollen vorgesehen sind, die oberen Mantellinien der Rollen mit der genannten Auflagenebene bündig sind oder über diese leicht hervorstehen, eine Antriebsvorrichtung die beiden Rollen beim Betrieb der Vorrichtung so gegenläufig antreibt, dass die linke Rolle im Uhrzeigersinn und die rechte Rolle gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden, und wobei eine auf beiden Rollen transferierte Testtablette sich automatisch nach den Achsen der beiden Rollen ausrichtet;

2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12.12.2003 begangen hat, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und –zeiten,

b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Abnehmer,

c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und –preisen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei die Gemeinkosten nur abgezogen werden dürfen, wenn und soweit sie ausnahmsweise den unter 1. bezeichneten Gegenständen unmittelbar zugeordnet werden können,

w o b e i

– die Angaben zu e) nur für die Zeit ab dem 20.08.2005 zu machen sind;

– hinsichtlich der Angaben zu a) und b) die zugehörigen Einkaufs- und Verkaufsbelege vorzulegen sind, wobei Daten, auf die sich die geschuldete Auskunft und Rechnungslegung nicht bezieht und hinsichtlich derer ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse der Beklagten besteht, abgedeckt oder geschwärzt werden können;

– der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und ihrer Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist.

II.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist,

1.
der Klägerin für die zu I. 1. bezeichneten, in der Zeit vom 12.12.2003 bis 19.08.2005 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;

2.
der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 20.08.2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.“

Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung verfolgt die Beklagte ihr erstinstanzlich erfolglos gebliebenes Klageabweisungsbegehren weiter. Sie macht unter Bezugnahme und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend, die angegriffene Vorrichtung verfüge, wie die nachfolgend wiedergegebene Skizze (Anlage BK 5) verdeutliche, über keinen ebenen Transfertisch.

Auch verfüge die angegriffene Ausführungsform nicht über Rollen, die in einer Auflagenebene eines Transfertisches parallel nebeneinander angeordnet sind. Davon, dass eine auf die beiden Rollen transferierte Tablette sich automatisch nach den Achsen der beiden Rollen ausrichte, könne dementsprechend ebenfalls keine Rede sein.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Transfertisch müsse nicht dazu geeignet sein, Testtabletten von ihm auf die Rollen zu transportieren. Auch müsse der Transfertisch nicht horizontal ausgerichtet sein. Sofern man deshalb nicht schon die bei der angegriffenen Ausführungsform seitlich von den Rollen schräg abfallenden Flächen als Transfertisch ansieht, werde der erfindungsgemäße Transfertisch zumindest durch die jeweils unmittelbar neben den Rollen gebildeten horizontalen Abschnitte gebildet. Schließlich verfüge die angegriffene Ausführungsform auch über parallel nebeneinander angeordnete Rollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Entgegen der Beurteilung durch das Landgericht stehen der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadensersatz nicht zu, weil die angegriffene Vorrichtung von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht.

1.
Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zum Ausrichten von Tabletten, wie sie für eine Mess-Station eines Tablettenprüfgeräts benötigt wird.

Tablettenprüfgeräte dienen der Klagepatentschrift zufolge der Qualitätskontrolle und Produktcharakterisierung. Insbesondere wird Gewicht, Dicke und Härte der Tabletten untersucht. Zu diesem Zwecke weisen bekannte Prüfgeräte mehrere Teststationen auf. Nach Bewertung der Klagepatentschrift sind die meisten Prüfgeräte jedoch für Oblong-Tabletten und ähnlich geformte Prüflinge, die in Draufsicht eine im Wesentlichen ovale Form, einen flachen Steg an ihrem Umfang sowie eine gewölbte Ober- und Unterseite aufweisen, wenig geeignet, da sie sich in den verschiedenen Teststationen – insbesondere und vor allem in der Station zur Bruchhärteprüfung – nicht immer in der erforderlichen Art und Weise optimal ausrichten lassen. Als Beispiel für ein Tablettenprüfgerät, das grundsätzlich zum Positionieren von Oblong-Tabletten geeignet ist, verweist die Klagepatentschrift auf die DE-OS 197 33 436 (Anlage K 3), deren Figuren 1 und 2 nachfolgend abgebildet sind.

Die Vorrichtung verfügt über eine Zufuhreinrichtung, die die einzelnen Tabletten an eine Waage weiter fördert, deren Waagschale einen in Transportrichtung geneigten Boden in Form einer Rinne aufweist. Eine Transporteinrichtung unterhalb der Waagschale, auf die die Prüflinge von der Waagschale mit ihrer Längsachse parallel zur Längsrichtung der Rinne abgelegt werden, befördert die Prüflinge in der besagten Ausrichtung zu den Teststationen. Diese Vorrichtung erlaubt nach der Würdigung der Klagepatentschrift jedoch keine optimale Ausrichtung der Testtabletten, was beispielsweise bei der dem Härtetest dienenden Station immer wieder zu Fehlmessungen und Störungen des Prüfgeräts führen kann.

Zur Härteprüfung der Tabletten führt die Klagepatentschrift aus, dass diese üblicherweise mit Hilfe einer Kraftmessdose erfolgt, die einen feststehenden Anschlag und einen beweglichen Pressbacken besitzt. Der Tablettenprüfling wird in den Bereich zwischen Anschlag und Pressbacken befördert, wobei der Prüfling vorzugsweise den Anschlag berührt. Der bewegliche Pressbacken wird mittels eines Schrittmotors gegen den Anschlag und den vor diesem liegenden Prüfling gefahren. Die vom Pressbacken mit jedem Schritt des Motors ausgeübte Kraft wird gemessen und aufgezeichnet, bis der Prüfling bricht. Damit die Bruchhärteprüfung ordnungsgemäß stattfinden kann, muss ein oval ausgebildeter Tablettenprüfling entlang seiner eigenen Körperlängsachse ausgerichtet sein, d.h. mit seinen schmalen Seiten am Anschlag sowie am Pressbacken anliegen. In diesem Zusammenhang verweist die Klagepatentschrift auf ein aus der DE-PS 100 24 970 (Anlage K 4) vorbekanntes Prüfgerät, das speziell dem Härtetest dient. Wie die nachfolgend wiedergegebene Figur 3 der Druckschrift veranschaulicht,

vollzieht der Pressbacken fortlaufend eine Vor- und Zurückbewegung, infolge derer die Prüftablette jeweils in ihre Ruhelage zurückschwingt, bevor der Pressbacken erneut zum Schub in Richtung des feststehenden Anschlags ansetzt. Auch an dieser Konstruktion bemängelt die Klagepatentschrift eine nicht störungsfreie Bruchhärtemessung von Oblong-Tabletten. Schließlich verweist die Klagepatentschrift auf ein aus der US-PS 6 260 419 (Anlage K 5) vorbekanntes Härteprüfgerät, bei der nicht die Testtablette, sondern Pressbacken und Anschlag entsprechend der Lage der Testtablette ausgerichtet werden. Das beanstandet die Klagepatentschrift als außerordentlich aufwendig.

Vor diesem Hintergrund formuliert die Klagepatentschrift als Aufgabe der Erfindung, eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die ein manuelles, halbautomatisches oder automatisches Ausrichten von in eine Mess-Station eines Tablettenprüfgeräts eingebrachten Tabletten erlaubt, wobei die Messung mit ausreichender Genauigkeit kontrolliert, in verhältnismäßig kurzen Zeitabständen mit neuen Testtabletten wiederholt werden kann und gleichzeitig die Nachteile der in vorbekannten Prüfgeräten eingesetzten Ausrichtungsmittel vermieden werden. Zur Lösung dieser Aufgabe sieht Patentanspruch 1 die Kombination folgender Merkmale vor:

1. Vorrichtung zum Ausrichten von Tabletten (5) an einer Mess-Station eines Tablettenprüfgerätes.
2. Die Ausrichtvorrichtung besitzt einen ebenen Transfertisch (7).
3. In der Auflageebene des Transfertisches (7) sind zwei parallel nebeneinander angeordnete Rollen (8, 9) vorgesehen.
4. Die oberen Mantellinien der Rollen (8, 9) sind mit der genannten Auflageebene bündig oder stehen leicht über diese hervor.
5. Eine Antriebsvorrichtung (10) treibt die beiden Rollen (8, 9) beim Betrieb der Vorrichtung so gegenläufig an, dass die linke Rolle im Uhrzeigersinn und die rechte Rolle gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden.
6. Eine auf die beiden Rollen (8, 9) transferierte Testtablette (5) richtet sich automatisch nach den Achsen der beiden Rollen (8, 9) aus.

Als Vorteil der Erfindung stellt die Klagepatentschrift heraus, unter Verzicht auf horizontale Ausrichtungselemente auch Oblong-Tabletten absolut genau und automatisch entlang ihrer eigenen Körperlängsachse ausrichten zu können, sobald sie auf das Rollenpaar der patentgemäßen Vorrichtung zu liegen kommen. Die der Ausrichtung dienenden horizontalen Rollen sind darüber hinaus weniger störanfällig als verschiebbare mechanische Elemente, weshalb sich der patentgemäße Gegenstand gut für die Verwendung bei einer automatischen, halbautomatischen oder manuellen Härteprüfung von Tabletten eignet.

2.
Entgegen der Beurteilung des Landgerichts macht die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch. Sie verfügt über keinen ebenen Transfertisch im Sinne des Merkmals 2.

a)
Dass der Transfertisch eben ist, hat – wie sich aus der durch Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre unmittelbar ergibt – den technischen Sinn, eine Auflageebene zu definieren, in der die parallel nebeneinander angeordneten Rollen vorgesehen sind (Merkmal 3) und zu der die oberen Mantellinien der Rollen bündig sind oder leicht über sie hervorstehen (Merkmal 4). Diese geometrische Voraussetzung erfüllen die bei der angegriffenen Ausführungsform vorhandenen jeweils seitlich nach unten abfallenden Flächen nicht. Weder befinden sich beide Rollen in einer der beiden schrägen Ebenen noch sind die oberen Mantellinien der beiden Rollen bündig zu einer der schrägen Ebenen oder stehen leicht über sie hervor. Als patentgemäßer Transfertisch kommt daher allein die vor dem schrägen Abfallen vorhandene ebene (horizontale) Fläche in Betracht, die sich wenige Millimeter jeweils neben den beiden Rollen erstreckt.

b)
Wie bereits dem Anspruchswortlaut zu entnehmen ist, dient der Tisch dem Transfer, d.h. dem Transport, in der Auflagenebene. Gegenstand des Transfers ist die Testtablette. Sie wird auf die Rollen transferiert (Merkmal 6). In Übereinstimmung damit heißt es in der Patentschrift, dass der Transfertisch der Tablettenzuführung dient (Abs. 0016) und die Testtablette vom Transfertisch auf die sich drehenden Rollen gelangt (Abs. 0019). Allein vor dem Hintergrund dieses Verständnisses erhält auch die Anweisung in Merkmal 4 ihren technischen Sinn, die oberen Mantellinien der Rollen bündig oder leicht überstehend zur Auflagenebene (= Transfertischebene) anzuordnen. Hierdurch wird – wie für den Durchschnittsfachmann offenkundig ist – erreicht, dass die Testtablette in einfacher Weise (z.B. durch Schieben) vom Transfertisch auf die Rollen verbracht werden kann. Denkt man diesen Transfer hinweg, kommt dem Merkmal hingegen kein vernünftiger technischer Sinn zu. Dieser kann entgegen der Auffassung des Landgerichts (Urteilsumdruck S. 15) insbesondere nicht daran erblickt werden, die Testtablette auszurichten. Denn ausgerichtet wird die Tablette nicht mit Hilfe des Transfertisches, sondern durch das sich gegenläufig drehende Rollenpaar (vgl. Merkmal 6; Abs. 0013 und Abs. 0019 der Beschreibung). Dass der Transfertisch Teil der patentgemäßen Gesamtvorrichtung zum Ausrichten von Tabletten ist, heißt nicht, dass der Tisch an dem eigentlichen – technisch allein den Rollen vorbehaltenen – Ausrichtvorgang beteiligt ist. Auch bietet die technische Lehre des Klagepatents entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht keinen Anhaltspunkt dafür, dass dem Transfertisch allenfalls die Funktion zukommt, eine auf dem Rollenpaar befindliche Testtablette (seitlich) zu stützen. Dagegen spricht bereits, dass die oberen Mantellinien der Rollen gemäß Merkmal 4 leicht über die Auflageebene (= Transfertischebene) überstehen können. Ein seitliches Abstützen ist in diesem Fall ausgeschlossen. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hervorgehobene Beschreibungsstelle (Abs. 0020), nach der im Rahmen einer bevorzugten Ausführungsvariante die Rollenpaare zurückgefahren werden können, so dass Tablettenbruchstücke hinunterfallen und dadurch die Ebene des Transfertisches automatisch gereinigt wird, besagt schließlich ebenfalls nicht, dass der Transfertisch nicht die Eignung zum Tablettentransport aufweisen muss.

Dazu, welche konkrete räumliche Ausdehnung der Transfertisch aufweisen muss, verhält sich Patentanspruch 1 nicht. Bei der gebotenen technischen Betrachtung muss der Tisch allerdings seiner Größe nach geeignet sein, seiner Funktion, Tabletten von ihm auf die Rollen zu transferieren, gerecht zu werden. Das ist jedenfalls dann nicht mehr der Fall, wenn die Fläche zu klein ist, um Tabletten für ihren weiteren Transfer auf die Rollen überhaupt aufzunehmen. Dagegen spricht nicht, dass die patentgemäße Vorrichtung nicht nur bei automatischer oder halbautomatischer, sondern auch bei einer manuellen Härteprüfung eingesetzt können werden soll (vgl. Abs. 0013 der Beschreibung). Denn dass bei einer manuellen Prüfung die Tabletten ohne Umweg über den Transfertisch direkt auf die Rollen gesetzt werden können, ändert nichts daran, dass die patentgemäße Vorrichtung zusätzlich einen Transfertisch und damit jedenfalls die Eignung zum Transfer der Tablette vom Tisch auf die Rollen aufweisen muss. Anderenfalls würde der Schutzbereich des Klagepatents auf eine Unterkombination ohne Transfertisch erweitert. Der Schutzbereich eines Patents umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (GRUR 2007, 1059 – Zerfallszeitmessgerät) aber keine Unterkombination der Merkmale der beanspruchten technischen Lehre.

Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der Aufgabenstellung des Klagepatents. Im Gegenteil: Nach ihr soll zwar ein manuelles, halbautomatisches oder automatisches „Ausrichten von in einer Mess-Station eines Tablettenprüfgeräts eingebrachten Tabletten“ ermöglicht werden. Da der Ausrichtvorgang als solcher allein mit Hilfe der sich drehenden Rollen erfolgt, können sich – wie für den Durchschnittsfachmann offenkundig ist – die Begriffe „manuell“, „halbautomatisch“ und „automatisch“ jedoch nur auf den Transfer der Testtabletten auf die Rolle beziehen. Mittel für diesen Transfer ist nach der technischen Lehre des Klagepatents aber der ebene Transfertisch. Er muss die Eignung aufweisen, den manuellen, halbautomatischen oder automatischen Transfer der Testtablette auf die Rollen zu ermöglichen.

c.
Merkmal 2 ist danach bei der angegriffenen Ausführungsform nicht verwirklicht. Denn bei ihr sind die sich jeweils unmittelbar neben den Rollen erstreckenden ebenen Flächen nur wenige Millimeter breit und unstreitig zu klein, um Tabletten für einen Transfer aufzunehmen.

III.

Als unterlegenen Partei waren die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO der Klägerin aufzuerlegen; die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 Abs. 1 ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen nicht gegeben sind. Als Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung noch fordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung.