4b O 87/08 – Lithographische Druckplatte

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 1383

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 21. April 2009, Az. 4b O 87/08

Rechtsmittelinstanz: 2 U 68/09

I.
Die Beklagten werden verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, zu unterlassen,

lithographische Druckplatten, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden können, wobei die Platte eine erste Schicht, eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht und ein unter der zweiten Schicht liegendes Sub- strat aufweist, die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist und die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des europäischen Patents 0 580 XXX B1 anzubieten und/oder in Verkehr zu bringen,

wenn die Platten ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweisen;

2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die vorstehend zu 1. begangenen Handlungen seitens der Beklagten zu 1) seit dem 6. Oktober 2000 und seitens der Beklagten zu 2) und 3) seit dem 1. Januar 2008 begangen worden sind, und zwar unter Angabe
a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und –preisen (ggf. Typenbezeichnungen) sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, jeweils unter Vorlage von Rechnungen,
b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen (ggf. Typenbezeichnungen),
c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach ihrer Art, Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiert,
d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

II. Es wird festgestellt, dass

1. die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend zu I. 1. bezeichneten, seit dem 6. Oktober 2000 begangenen Handlungen entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird;
2. die Beklagten zu 2) und 3) gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1) verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der durch die vorstehend zu I.1. bezeichneten, durch die Beklagten zu 2) und zu 3) seit dem 1. Januar 2008 begangenen Handlungen entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird.

III.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 1.000.000,00 vorläufig vollstreckbar.

V.
Der Streitwert wird auf EUR 1.000.000,00 festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene und ausschließliche Inhaberin des in englischer Verfahrenssprache abgefassten europäischen Patents 0 580 XXX B1 (Anlage K 2, nachfolgend: „Klagepatent“). Das unter anderem mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilte Klagepatent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Registernummer DE 693 XXX 65 T2 geführt (Anlage K 1). Das Klagepatent, welches Unionsprioritäten vom 20. Juli 1992 (US 917XXX) und vom 13. Mai 1993 (US 62XXX) in Anspruch nimmt, wurde am 20. Juli 1993 angemeldet. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 6. September 2000 veröffentlicht.

Mit Schriftsatz vom 7. August 2008 reichte die Beklagte zu 1) die aus der Anlage B 6 ersichtliche Nichtigkeitsklage gegen den deutschen Teil des Klagepatents beim Bundespatentgericht ein, über die bislang keine Entscheidung ergangen ist.

Der im vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 8 hat in deutscher Übersetzung ohne Bezugszeichen folgenden Wortlaut:

„Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann, wobei die Platte aufweist:
eine erste Schicht;
eine unter der ersten Schicht liegende zweite Schicht; und
ein unter der zweiten Schicht liegendes Substrat, wobei
die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar ist; und
wobei die erste Schicht und das Substrat unterschiedliche Affinitäten zu Druckfarbe und/oder einem farbabweisenden Fluid aufweisen, dadurch gekennzeichnet, dass die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist.“

Die nachfolgenden Abbildungen (Figuren 13 A, 13 B und 13 C des Klagepatents) verdeutlichen den Gegenstand des Klagepatents anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele.

Die Beklagte ist ein in Israel ansässiges Unternehmen, das über das Internet (www.A.com) weltweit lithographische Druckplatten anbietet. Die Beklagte zu 1) vertreibt unter anderem in der Bundesrepublik Deutschland Druckplatten, welche mittlerweile als „B“ und „C“ (nachfolgend: „angegriffene Ausführungsform“) bezeichnet werden. Die Beklagte zu 2) hat ab dem Jahre 2008 den Alleinvertrieb unter anderem für die angegriffene Ausführungsform der Beklagten zu 1) im Land Nordrhein-Westfalen übernommen. Der Beklagte zu 3) ist der Geschäftsführer der Beklagten zu 2).

Nachfolgend ist ein Auszug der Webseite der Beklagten zu 1) wiedergegeben, aus welchem sich der grundsätzliche Aufbau der angegriffenen Ausführungsform ergibt:

Die Klägerin behauptet, die zweite Schicht der angegriffenen Ausführungsform weise eine Durchlässigkeit im Bereich von 11 bis 14 % der auf sie treffenden Infrarotlicht-Strahlung (nachfolgend: „IR-Strahlung“) auf. Sie meint, die zweite Schicht der angegriffenen Ausführungsform sei „teilweise durchlässig“ im Sinne des Klagepatents. Ferner weise die Platte eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden IR-Strahlung in die zweite Schicht auf. Ferner behauptet die Klägerin, dass – insoweit unstreitig – 90 % der IR-Strahlung, welche durch die zweite Schicht durchgehe, wieder in die zweite Schicht zurückgestrahlt werde. Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagten deshalb auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin beantragt,

im Wesentlichen wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

1. die Klage abzuweisen,
2. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die von der Beklagten zu 1) erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen,
3. äußerst hilfsweise Vollstreckungsschutz.

Die Beklagten behaupten, die zweite Schicht der angegriffenen Ausführungsform weise eine Durchlässigkeit für IR-Strahlung lediglich in einem Bereich von durchschnittlich unter 5 % auf. Das – insoweit unstreitig – im Substrat vorhandene Bariumsulfat werde nur aus rein optischen Gründen zum Bestandteil der Druckplatte gemacht. Damit sei jedenfalls keine Zurückstrahlung in die zweite Schicht beabsichtigt. Die absorptive Funktion werde schon durch den von der zweiten Schicht selbst absorbierten Strahlungsanteil erfüllt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die angegriffene Ausführungsform macht in wortsinngemäßer Weise von der technischen Lehre des Anspruchs 8 des Klagepatents Gebrauch. Die Beklagten sind der Klägerin daher zur Unterlassung, zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie zum Schadensersatz verpflichtet. Anlass, den Verletzungsrechtsstreit bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung über die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents im Nichtigkeitsverfahren auszusetzen, besteht nicht.

I.

Das Klagepatent betrifft lithographische Druckplatten, die durch Laserentladung direkt bebildert werden können.

Zu den herkömmlichen Verfahren zum Aufbringen eines Druckbildes auf ein Aufzeichnungsmaterial gehören Buchdruck, Tiefdruck und Offsetlithographie. Alle diese Druckverfahren erfordern eine Platte, die gewöhnlich der Effizienz wegen auf einen Plattenzylinder einer Rotationsdruckmaschine geladen wird, um Druckfarbe in der Struktur des Bildes zu übertragen.

Im Falle der Offsetlithographie ist das Bild auf einer Platte oder Matrize als Muster bzw. Struktur von oleophilen und oleophoben Oberflächenbereichen vorhanden. Bei einem Trockendrucksystem wird einfach Farbe auf die Platte aufgetragen und das Bild wird auf ein Aufzeichnungsmaterial umgedruckt. In einem Nass-Lithographiesystem sind die Bildräume bzw. nichtdruckenden Stellen hydrophil, und die notwendige Farbabweisung wird erreicht, indem vor dem Farbauftrag zunächst ein Feuchtmittel auf die Platte aufgebracht wird. Die Platten für eine Offset-Druckmaschine werden lithographisch hergestellt. Zur Herstellung einer Nassplatte mit Hilfe eines typischen subtraktiven Negativverfahrens wird das Originaldokument fotographiert, um ein fotographisches Negativ herzustellen. Dieses Negativ wird auf eine Aluminumplatte mit einer wasserannehmenden Oxydoberfläche aufgelegt, die mit einem Photopolymer beschichtet ist. Dieses Negativ wird auf eine Aluminumplatte mit einer wasserannehmenden Oxydoberfläche aufgelegt, die mit einem Photopolymer beschichtet ist. Nach Bestrahlen mit Licht oder einer anderen Strahlung durch das Negativ härten die Flächen der Schicht, die Strahlung empfangen haben zu einem haltbaren oleophilen Zustand aus. Anschließend werden nicht ausgehärtete Flächen der Schicht entfernt und die hydrophile Oberfläche der Aluminiumplatte wird freigelegt.
Photografische Plattenkopierverfahren sind gewöhnlich zeitraubend und erfordern angemessene Einrichtungen und Ausrüstungen zur Unterstützung der notwendigen chemischen Verfahren. Dafür sind im Stand der Technik elektronische Alternativen zum Bebildern von Platten entwickelt worden. Bei diesen Systemen verändern digital gesteuerte Vorrichtungen die Farbaufnahmefähigkeit von Plattenrohlingen in einer Struktur, die das zu druckende Bild darstellt. Zu diesen Abbildungsvorrichtungen gehören Quellen für elektromagnetische Strahlungsimpulse, die durch eine oder mehrere Laserquellen erzeugt werden, die chemische Veränderungen auf Plattenrohlingen hervorrufen, wodurch die Notwendigkeit eines fotografischen Negativs entfällt. In frühen Beispielen wurden Laser eingesetzt, um Material von einem Plattenrohling wegzuätzen und eine Tiefdruck- oder Buchdruckstruktur auszubilden. An derartigen Systemen kritisiert das Klagepatent, dass diese im allgemeinen Hochleistungslaser, welche teuer und langsam sind, erfordern.

Ein anderes Verfahren zur Laserbebilderung ist mit der Verwendung von Thermoumdruckmaterialien verbunden. Dabei wird eine Polymerfolie, die für vom Laser imitierte Strahlung durchlässig ist, mit einem übertragbaren bzw. umdruckfähigen Material beschichtet. Während des Betriebs wird die Umdruckseite dieser Konstruktion in Kontakt mit einem Empfängerbogen gebracht und das Umdruckmaterial wird durch die zulässige Schicht selektiv bestrahlt. Die Bestrahlung bewirkt, dass das Umdruckmaterial bevorzugt an dem Empfängerbogen haftet. Die Umdruck- und Empfängermaterialen weisen unterschiedliche Affinitäten zu Feuchtmittel und/oder Druckfarbe auf, so dass nach Entfernen der durchlässigen Schicht zusammen mit dem unbestrahlten Umdruckmaterial eine geeignete bebilderte, fertige Platte zurückbleibt. Insoweit bemängelt das Klagepatent, dass Platten, die mit Systemen vom Umdrucktyp hergestellt sind, wegen der begrenzten Materialmenge, die effektiv übertragen werden kann, gewöhnlich kurze Lebensdauern aufweisen.

Schließlich erwähnt das Klagepatent als bekannt, Laser zum Belichten eines lichtempfindlichen Rohlings für die herkömmliche chemische Bearbeitung zu verwenden. U.a. wird insoweit ein Laser benutzt, um in einer bildartigen Struktur eine undurchsichtige Schicht, die über einem lichtempfindlichen Plattenrohling liegt, selektiv zu entfernen. Die Platte wird dann einer Strahlungsquelle ausgesetzt, wobei das lichtentfernte Material als Maske wirkt, die verhindert, dass die Strahlung darunter liegende Teile der Platte erreicht. Insoweit kritisiert das Klagepatent, dass derartige Bilderverfahren die beschwerliche chemische Verarbeitung erfordern, die mit der herkömmlichen, nicht digitalen Plattenherstellung verbunden ist.

Das Klagepatent formuliert nicht ausdrücklich eine Aufgabe. Jedoch ergibt sich die dem Klagepatent zugrundeliegende objektive Aufgabe anhand seiner oben erwähnten Kritik am Stand der Technik sowie anhand der nachfolgend wiedergegebenen Vorteilsangaben (Anlage K 1, Seite 4, Zeilen 7 bis 18):

„Die lithographischen Druckplatten, welche die vorliegende Erfindung verkörpern, können mit Hilfe einer relativ billigen Lasereinrichtung hergestellt werden, die bei niedrigen bis mäßigen Leistungsniveaus arbeitet. Die hierin beschriebenen Bebilderungsverfahren können in Verbindung mit den verschiedensten Plattenrohlingskonstruktionen angewandt werden, welche die Herstellung von „Nassplatten“ mit Verwendung eines Feuchtmittels beim Drucken oder von „Trockenplatten“ ermöglicht, auf die Druckfarbe direkt aufgetragen wird.

In Ausführungsform der vorliegenden Erfindung können Materialien eingesetzt werden, welche die Abtragungs- bzw. Erosionsausbeute des Laserstrahls erhöhen. Substanzen, die sich nicht schnell erwärmen und erhebliche Strahlungsmengen absorbieren, werden nicht abgetragen, wenn sie nicht über relativ lange Zeitspannen bestrahlt werden und/oder Hochleistungsimpulse empfangen; solche physikalische Beschränkungen sind gewöhnlich mit Lithographieplattenmaterialien verbunden und erklären das Vorherrschen von Hochleistungslasern in der bekannten Technik“.

Vor diesem Hintergrund liegt dem Klagepatent die objektive Aufgabe zugrunde, eine lithographische Druckplatte bereitzustellen, die mit preisgünstigen Lasern auf niedrigerem Leistungsniveau bebildert werden kann.

Zur Lösung dieses technischen Problems schlägt der Hauptanspruch 8 des Klagepatents die Kombination der folgenden Merkmale vor:

1. Lithographische Druckplatte, die mittels Laserentladung direkt bebildert werden kann.

2. Die Platte weist auf

2.1 eine erste Schicht (408),

2.2 eine zweite Schicht (404), die unter der ersten Schicht (408) liegt, und

2.3 ein Substrat (400), das unter der zweiten Schicht (404) liegt.

3. Die zweite Schicht (404) ist

3.1 für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und

3.2 durch deren Absorption abtragbar.

4. Die erste Schicht (408) und das Substrat (400) weisen unterschiedliche Affinitäten zur Druckfarbe und/oder einen farbabweisenden Fluid auf.

5. Die Platte weist ferner eine Einrichtung (400) zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht auf.

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 8 in wortsinngemäßer Weise Gebrauch. Hinsichtlich des Merkmals 1, der Merkmalsgruppe 2, des Merkmals 3.2 und des Merkmals 4 ist dies zwischen den Parteien zu Recht unstreitig, so dass insofern keine weitergehenden Ausführungen der Kammer erforderlich sind. Allerdings sind auch die Merkmale 3.1 und 5 wortsinngemäß verwirklicht.

1)
Das Merkmal 3.1 verlangt, dass die zweite Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig ist.

a)
Der Anspruchswortlaut lässt insoweit die konkrete Menge des durch die zweite Schicht hindurchgehenden Lichts offen. Eine Zahl- oder Maßangabe ist nicht vorhanden. Der Anspruch ist insoweit erkennbar offen formuliert, was dafür spricht, den Anspruch so zu verstehen, dass jedwede Durchlässigkeit für IR-Strahlung, die nicht durch bloße Fertigungstoleranzen bedingt ist, ausreichend ist.

Eine systematische Zusammenschau mit dem Merkmal 5 bestätigt, dass die zweite Schicht „etwas“ durchlässt, und damit in der zweiten Schicht keine hundertprozentige Absorption bzw. Energieaufnahme stattfindet. Wenn kein IR-Licht durchkäme, würde das Vorsehen einer reflektierenden Einrichtung im Substrat keinen technischen Sinn ergeben. Denn dann bedürfte es keiner „wesentlichen Erhöhung“ des „effektiven Strahlungsschutz“ in der zweiten Schicht (vgl. K 1, Seite 5, dritter Absatz). Es ergeben sich unter diesem Gesichtspunkt indes keine bezifferbaren Mindestmengen für die durch die zweite Schicht gelangenden IR-Strahlen. Der Fachmann erkennt ins- besondere, dass aus der Vorgabe des Merkmals 5, wonach die dortige Einrichtung einen „wesentlichen Teil“ der ankommenden IR-Strahlung reflektieren müsse, kein Umkehrschluss auf den Anteil der IR-Strahlen, der durch die zweite Schicht hindurchgeht, zulässig ist. Denn insoweit handelt es sich um eine reine Verhältnisangabe. Bei der demnach gebotenen relativen Betrachtungsweise kann auch von einer noch so geringen Menge an IR-Licht, welche die zweite Schicht durchdringt, ein „wesentlicher Teil“ zurückgestrahlt werden.

b)
Im Rahmen der gebotenen funktionsorientierten Auslegung ergibt sich kein davon abweichendes Verständnis des Merkmals 3.1. Die zweite Schicht hat (zunächst) einmal den technischen Sinn, zur Ausbildung der Bildpunkte beizutragen. Dieser Funktion hat sie dadurch nachzukommen, dass sie IR-Strahlung absorbiert, also deren Energie aufnimmt, sich erhitzt, so dass die Verankerung zur ersten Schicht gelöst und so die erste Schicht geschwächt wird. Wie das Merkmal 3.2 in diesem Zusammenhang ausdrücklich vorgibt, muss die zweite Schicht durch Absorption abtragbar sein.

Der Fachmann erkennt in diesem Zusammenhang, dass es in Bezug auf den damit zu erreichenden Zweck – Schwächung der ersten Schicht, Bildpunktbildung – unerheblich ist, ob diese Absorption direkt bei der Laserbestrahlung erreicht wird oder – letztlich – erst durch das Zurückstrahlen der zunächst hindurchgelangten Strahlen. Eine technisch vorgegebene Notwendigkeit, nur eine bestimmte Menge an IR-Strahlung (zunächst) durchzulassen, ist insoweit nicht zu erkennen. Es gibt keinen (positiven) technischen Grund zu sagen, es müsse auf jeden Fall zuerst eine bestimmte Menge an IR-Strahlung durch die zweite Schicht durchgelassen werden, weil es sinnvoller bzw. effektiver wäre, dass die Absorption erst mittels Reflexion erfolgt. Vielmehr erkennt der Fachmann, dass die Absorption direkter IR-Strahlung und diejenige einer zurückgestrahlten IR-Strahlung für sich genommen gleichermaßen effektiv ist. In beiden Fällen wird die zweite Schicht gleichermaßen effektiv abgetragen. Namentlich haben zurückreflektierte Strahlen für sich genommen keinen besseren „Abtragungswert“. Der Fachmann entnimmt der objektiv formulierten Aufgabe des Klagepatents, dass das Erfordernis, wonach die zweite Schicht „teilweise durchlässig“ ist bzw. sein muss, dem Umstand geschuldet ist, dass preisgünstigere Laser genutzt werden können, welche auch nicht über ein hohes Leistungsniveau verfügen. Beim Einsatz derartiger Laser kommt es in der Regel nicht zu einem effektiven Strahlungsfluss in die zweite Schicht, so dass diese nicht ausreichend abgetragen wird. Denn entweder werden sie nicht von der zweiten Schicht reflektiert und nicht absorbiert (wenn keine Durchlässigkeit gegeben ist) oder die IR-Strahlen durchdringen sie ungenutzt. Um eben diesen Nachteil zu beseitigen – und aufgabengemäß eine Druckplatte für die preisgünstigen Laser bereitzustellen – ist die „teilweise Durchlässigkeit“ gemäß Merkmal 3.1 und die Zurückstrahlung durch die Einrichtung gemäß Merkmal 5 vorgesehen. Darin ist der „Witz“ der Erfindung begründet. Wenn die IR-Strahlung durch die zweite Schicht durchgeht, sollen diese Strahlen zurückgestrahlt werden, so dass der effektive Strahlungsfluss in der zweiten Schicht wesentlich erhöht wird. Die Zunahme des effektiven Strahlungsschutzes verbessert deshalb die Abbildungsleistung und reduziert die Energie, die zum Abtragen der zweiten Schicht notwendig ist (vgl. Anlage K 1, Seite 5, dritter Absatz).

Mit dieser Auslegung korrespondiert der Umstand, dass sich auch im allgemeinen Teil der Beschreibung des Klagepatents keine „Legaldefinition“ im Sinne der Vorgabe einer Mindestmenge bzw. eines Grenzwertes in Bezug auf die Anforderung „teilweise durchlässig“ findet.

c)
Eine andere Auslegung ist auch nicht aufgrund der von den Beklagten zitierten Passagen des besonderen Teils der Beschreibung des Klagepatents geboten.

aa)
Dies gilt zunächst für die Passage auf Seite 20, Zeile 36 bis 39:

„Die IR-Absorption wird durch Hinzufügen einer IR-reflektierenden Fläche unterhalb der IR-absorbierenden Schicht (welche die Schicht 400 oder die Schicht 416 sein kann) weiterverbessert. Dieses Verfahren bietet eine maximale Verbesserung zur Ausführungsform, bei dem die absorbierende Schicht teilweise durchlässig ist und daher keinen ausreichenden Anteil der einfallenden Energie absorbiert.“

Dies lässt den von den Beklagten gezogenen Schluss, dass „teilweise durchlässig“ bedeute, dass kein ausreichender Anteil der einfallenden Energie in der zweiten Schicht absorbiert werde, nicht zu. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass faktisch diese Passage nur ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel für die technische Lehre des Klagepatents betrifft. Ausführungsbeispiele erläutern den Gegenstand eines Patents jedoch nur exemplarisch, aber nicht abschließend (siehe nur BGH, GRUR 2008, 779 – Mehrgangnabe). Es heißt dort, dass auf die genannte Weise eine „maximale Verbesserung“ erzielt werde. Das aber zeigt dem Fachmann, dass die Ausgestaltung in der dort gelehrten Weise erfolgen kann, dies jedoch nicht generell so sein muss. Schließlich ist insoweit zu bemerken, dass die betreffende Passage ihrerseits wiederum nur eine relative Angabe enthält, indem es heißt, dass „kein ausreichender Anteil“ absorbiert werde. Auch daraus lässt sich wiederum kein bezifferbarer Mindestwert entnehmen.

bb)
Auch die Ausführungen des Klagepatents auf Seite 22, Zeilen 24 ff. der Anlage K 1 bilden keine ausreichende Grundlage für die gegenteilige Auslegung der Beklagten. Es heißt dort:

„Wir haben außerdem festgestellt, dass eine Metallschicht, die so angeordnet ist, wie in Figur 13 D dargestellt, wenn sie dünn genug ausgeführt ist, die Bebilderung unterstützen kann, indem sie IR-Strahlung absorbiert, statt sie zu reflektieren. Dieses Verfahren ist nützlich in Fällen, wo die Schicht 416 IR-Strahlen absorbiert (wie in Figur 13 D betrachtet) oder für diese Strahlung durchlässig ist. Im ersten Fall bietet die sehr dünne Metallschicht einen zusätzllch Absorbtionsvermögen (statt die Strahlung in die Schicht 416 zurückzureflektieren); im letzteren Fall funktioniert diese Schicht ebenso wie die Schicht 404 in Figur 13 A.

Um ein Absorbieren der Funktion zu erfüllen, sollte die Metallschicht 418 einen hohen Anteil von 70 % (mindestens von 5 %) der darauf auffallenden IR-Strahlung durchlassen; bei ungenügender Durchlässigkeit reflektiert die Schicht Strahlung, statt sie zu absorbieren, während zu hohe Durchlässigkeitswerte anscheinend mit ungenügender Absorption verbunden sind. Geeignete Aluminiumschichten sind merklich dünner als die Dicke von 20 bis Nanometer (300 bis 700 Ångström), die bei einer voll reflektierenden Schicht verwendbar ist.“

Dort wird dem Fachmann erläutert, dass es zur Absorption erforderlich sei, dass ein „hoher Anteil“ von 70 % (mindestens 5 %) der auf die zweite Schicht fallenden IR-Strahlung durchzulassen ist. Dies zeigt dem Fachmann, dass es sich dabei um eine weit formulierte Spannbreite handelt. Auch wenn ihm anhand dessen klar wird, dass solche Durchlasswerte jedenfalls klagepatentgemäß sind und ihm darüber hinaus erklärt wird, dass ein zu geringer Durchlasswert zu unerwünschten Reflexionen der IR-Strahlung schon in bzw. von der zweiten Schicht führt, ist nicht erkennbar, dass dieses – ebenfalls nur bevorzugte – Ausführungsbeispiel (ausnahmsweise) den deutlich offener formulierten Schutzanspruch zu beschränken vermag. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass diese Mindestangabe zur Durchlässigkeit Aufnahme in den Anspruch gefunden hat oder aber die Erfindung technisch ausschließlich dann zu realisieren ist, wenn grundsätzlich mindestens 5 % IR-Strahlung durch die zweite Schicht hindurch gelangen. Insofern kann die Angabe „mindestens 5 %“ nicht damit gleichgesetzt werden, bei allen darunterliegenden Werten sei wegen der unerwünschten Reflexion der Strahlung durch die zweite Schicht keine Absorption mehr möglich.

cc)
Für die hier vertretene Auslegung spricht des Weiteren, dass die zweite Schicht im Sinne von Merkmal 5 in den Unteransprüchen allein dahingehend konkretisiert wird, dass es sich um eine Metalloxydschicht handeln kann (Unteranspruch 14). Es werden also auch in den Unteransprüchen keine konkreten bezifferten Prozentangaben gemacht – ganz im Gegensatz zum Unteranspruch 16, der im Hinblick auf den „wesentlichen Teil“ der zurückgestrahlten IR-Strahlen eine derartige bezifferte Angabe in Prozentpunkten macht, indem er insoweit die Mindestangabe von 99% aufstellt.

d)
Soweit die Beklagten versuchen, ihre Auslegung durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der Erteilungsakte zum Klagepatent zu untermauern, bleibt auch dies ohne Erfolg.

Zu Recht verweisen die Beklagten selbst darauf hin, dass der Inhalt der Erteilungsakte bei der Auslegung grundsätzlich außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BGHZ 150, 161, 162 f. – Kunststoffrohrteil).

Zum anderen ist den von den Beklagten vorgelegten Auszügen aus der Erteilungsakte nicht zu entnehmen, dass „teilweise durchlässig“ dort in ihrem hier geltend gemachten Sinne verstanden wurde, so dass dem nicht einmal ein Indiz für das Verständnis des Fachmanns zu entnehmen ist (vgl. dazu Benkard/Scharen, PatG, 10. Auflage, § 14 Rn 34 m.w.N.). Insbesondere lässt sich der von den Beklagten insoweit in Bezug genommenen Anlage B 3 (Anlage D 6 im Erteilungsverfahren) keine nähere oder gar bezifferte Konkretisierung dieses Begriffs entnehmen. Insofern ist für die Verletzungsfrage nicht zu klären, ob schon das Dokument B 3 eine teilweise durchlässige zweite Schicht offenbart.

Ebenso wenig muss sich die Klägerin nach § 242 BGB daran festhalten lassen, dass sie sich – so die Ansicht der Beklagten – im Erteilungsverfahren mit dem aus Anlage B 4 ersichtlichen Schreiben darauf festgelegt habe, keine Druckplatten zu beanspruchen, deren zweite Schicht nur einen geringen Teil der IR-Strahlung durchlasse. In der Rechtsprechung (BGH, GRUR 1997, 3377 – Weichvorrichtung II) ist es zwar anerkannt, dass Äußerungen eines Patentinhabers im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren, wonach er für bestimmte Ausführungsformen keinen Patentschutz begehre, über § 242 BGB Bedeutung für die Auslegung im Verletzungsprozess mit umgekehrtem Rubrum haben können. Auf das nichtöffentliche Erteilungsverfahren ist dieser Rechtsgrundsatz allerdings schon im Ansatz nicht übertragbar, weil hier schlechthin kein Raum für einen Vertrauensschutz zugunsten eines am Erteilungsverfahren unbeteiligten Dritten ist.

e)
Unzutreffend ist das Argument der Beklagten, die hier vertretene Auslegung führe zwangsläufig dazu, dass ihnen damit der Vertrieb von Druckplatten entsprechend dem vorbekannten Stand der Technik versagt sei. Sie verkennt, dass es in ihr Belieben gestellt ist, ob sie zusätzlich zu einer „teilweise durchlässigen“ zweiten Schicht auch vom kennzeichnenden Teil des Anspruchs 8 Gebrauch machen will oder nicht.

f)
Auf der Grundlage dieses technischen Sinngehalts des Merkmals 3.1 erweist sich die angegriffene Ausführungsform als wortsinngemäße Verwirklichung desselben, und zwar bereits auf der Basis der von den Beklagten selbst genannten Zahlen zur Durchlässigkeit der zweiten Schicht für IR-Strahlung. Die Beklagten behaupten insoweit unter Verweis auf das Privatgutachten gemäß Anlage B 7, B 7a, dass die Durchlässigkeit der MMO-Schicht für infrarote Abbildungsstrahlung im Durchschnitt weniger als 5 % betrage. Es kann hier dahinstehen, ob dieser Anteil sogar – wie die Klägerin geltend macht – im Bereich von 11 – 14 % liegt.

Auch ein durchgehender Strahlungsanteil von „unter 5 %“ stellt eine „teilweise Durchlässigkeit“ im Sinne von Merkmal 3.1 dar. Wie im Rahmen der Ausführungen zum technischen Sinngehalt dieses Merkmals ausgeführt, gibt das Klagepatent keinen Mindestwert für die Durchlässigkeit vor. Soweit die Beklagten behaupten, der von ihnen ermittelte Durchlasswert der zweiten Schicht der angegriffenen Ausführungsform sei allein technisch bedingten Fertigungstoleranzen geschuldet, haben sie diese Behauptung selbst dadurch widerlegt, dass sie einräumen, die Fertigungstoleranz sei bei Verlangsamung des Herstellungsprozesses um bis zu 5% reduzierbar, wenn man zugleich eine Senkung des wirtschaftlichen Ertrags um 80 % in Kauf nehme.
Soweit die Beklagten behaupten, das vom Substrat der angegriffenen Ausführungsform zurückgestrahlte IR-Licht trage bei der Verwendung von in der Praxis üblichen Standardlasergeräten zur Abtragung der zweiten Schicht nichts bei, da der Abbau schon durch das direkt von der zweiten Schicht absorbierte Licht bewerkstelligt werde, ist dies patentrechtlich unerheblich. Es steht der wortsinngemäßen Verwirklichung des Vorrichtungsanspruchs 8 nicht entgegen, dass – nach der Behauptung der Beklagten – die objektiv möglichen Vorteile und Wirkungen des Anspruchs 8 des Klagepatents nicht erreicht werden (vgl. BGH, GRUR, 2006, 399 – Rangierkatze). Entspricht eine angegriffene Ausführungsform in sämtlichen Merkmalen dem Wortsinn eines Patentanspruchs, ist es egal, ob die mit ihm erfindungsgemäßen Wirkungen überhaupt oder vollständig eintreten – allein aufgrund der wortsinngemäßen Übereinstimmung handelt es sich dann um eine Patentverletzung (BGH, GRUR 1991, 436, 441 f. – Befestigungsvorrichtung II). Insofern muss die tatsächliche Richtigkeit dieser Behauptung nicht aufgeklärt werden.

Schließlich ist darauf zu verweisen, dass der Privatgutachter D der Beklagten im Rahmen seiner Messungen zum Teil Einzelwerte – und zwar unter Verwendung einer nach seinen eigenen Angaben zu den Berechnungen der Klägerin äquivalenten Formel – ermittelte, die eine Durchlässigkeit der MMO von mehr als 5 % ergaben (vgl. den Anhang II zur Anlage B7, 7a). Derartige Werte unterfallen sogar dem oben bereits abgehandelten Ausführungsbeispiel gem. Seite 23, Zeilen 3 ff. der Anlage K 1, so dass insoweit erst recht eine Verletzung zu bejahen ist.

2)
Die angegriffene Ausführungsform macht auch von dem Merkmal 5 in wortsinngemäßer Weise Gebrauch. Das Merkmal 5 lehrt, dass die Platte ferner eine Einrichtung zum Zurückstrahlen eines wesentlichen Teils der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlung in die zweite Schicht aufweist. Wie die Unteransprüche 9 und 10 ergeben, kann auch die Substratschicht als derartige Einrichtung gebildet sein, indem sie mit einem Pigment versehen wird.

Entgegen der Ansicht der Beklagten bezieht sich das Wort „darauf“ in Merkmal 5 nicht auf die gesamte Druckplatte, sondern (allein) auf die dort gelehrte „Einrichtung“. Nur dieses Verständnis wird dem systematischen Zusammenhang mit dem Merkmal 3.1 gerecht. Das Merkmal 5 will sich gerade dem Kern der Erfindung widmen, wonach zunächst durch die zweite Schicht gelangtes IR-Licht nach der Zurückstrahlung wieder für einen Absorptionseffekt in der zweiten Schicht zur Verfügung stehen soll.

Auch im Zusammenhang mit dem Merkmal 5 realisiert der Fachmann, dass der Anspruch keine Zahlen oder Maßangaben, sondern wiederum lediglich eine reine Verhältnisangabe enthält. Wie bereits zum Merkmal 3.1 ausgeführt, kann auch bei Durchlasswerten der zweiten Schicht von bis zu 5 % der „wesentliche“ Teil zurückgestrahlt werden. Insbesondere kann auch dann eine Absorption der zweiten Schicht noch gesteigert werden.
Der technische Sinn der im Merkmal 5 erwähnten Einrichtung liegt in der Verbesserung der Effektivität des Strahlungsflusses in der zweiten Schicht. Um die Wirkung zu verbessern und die Absorption bei Benutzung leistungsarmer Laser zu gewährleisten, soll eine Reflexion durch das Substrat erfolgen.
Im Umkehrschluss zum Unteranspruch 16, der insoweit bevorzugt einen Wert von 99 % des durch die zweite Schicht durchgelassenen IR-Lichts vorgibt, ergibt sich, dass der einen breiteren Patentschutz vermittelnde Hauptanspruch 8 durchaus auch eine darunterliegende Rückstrahlung umfasst. Wie die Klägerin unwidersprochen vorge- bracht hat, liegt die Reflexionswirkung des Substrats der angegriffenen Ausführungsform, welches das im Klagepatent als bevorzugten Bestandteil des Substrats erwähnte „Bariumsulfat“ aufweist, in Bereich von ca. 90 %. Einen solchen Rückstrahlungsanteil wird der Fachmann im Vergleich zum bevorzugten Ausführungsbeispiel gemäß Unteranspruch 16 ohne Weiteres als „wesentlichen Teil“ im Sinne von Merkmal 5 verstehen, da dessen grundsätzliche Eignung, zum Abtragen der zweiten Schicht beizutragen, nicht in Frage stehen kann. In diesem Zusammenhang ist wiederum unter Verweis auf den Charakter des Anspruchs 8 als Vorrichtungsanspruch zu beachten, dass die Behauptung der Beklagten, die zweite Schicht der angegriffenen Ausführungsform werde schon allein durch die Absorption der IR-Strahlung durch die zweite Schicht abgebaut und eine Zurückstrahlung des IR-Lichts durch das Substrat sei deshalb von ihr gar nicht erst beabsichtigt, für die Frage der wortsinngemäßen Patentverletzung irrelevant ist. Insofern kann auch dahinstehen, ob die Verwendung des Bariumsulfats – so die Beklagten – lediglich der Erzielung eines hochwertigen, hellen Erscheinungsbildes dient.

III.

Da die Beklagten entgegen § 9 Nr. 1 Patentgesetz die technische Lehre des Klagepatents benutzen, kann die Klägerin sie nach Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 1 Patentgesetz auf Unterlassung in Anspruch nehmen.
Nach Art. 64 EPÜ in Verbindung mit § 139 Abs. 2 Patentgesetz haben die Beklagten der Klägerin außerdem den aus dem Tenor näher ersichtlichen zeitlichen Umfang einen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die schutzrechtsverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Das insoweit erforderliche schuldhafte Handeln der Beklagten liegt vor. Sie hätten jeweils erkennen können, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch macht. Als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 2) hat der Beklagte zu 3) für die begangene Patentverletzung persönlich einzustehen, weil er kraft seiner Stellung im Unternehmen für die Beachtung absoluter Rechte Dritter Sorge zu tragen und das Handeln der Beklagten zu 2) im Geschäftsverkehr zu bestimmen hat. Soweit die Beklagten vorbringen, die Beklagte zu 1) habe die Herstellerin angewiesen, nur solche Platten mit einer zweiten Schicht, welche 100 % des IR-Lichts absorbiere, zu liefern, ist nicht dargetan, dass die Beklagten die Umsetzung dieser angeblichen Vorgabe zumindest stichprobenartig kontrolliert hätten.

Die Klägerin hat auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendiges Feststellungsinteresse daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz zunächst nur dem Grunde nach feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen. Die Entstehung eines Schadens aufgrund der patentverletzenden Handlung der Beklagten erscheint hinreichend wahrscheinlich; beziffern kann die Klägerin die ihr daraus erwachsenen Ansprüche jedoch erst, wenn die Beklagte über den Umfang der von ihr begangenen angegriffenen Handlungen Rechnung gelegt hat. Damit die Klägerin die ihr zustehenden Schadensersatzansprüche berechnen und etwaige weitere Verletzer aufspüren kann, sind die Beklagten nach §§ 242 BGB, 140 b Patentgesetz verpflichtet, der Klägerin unter Angabe der im Urteilsanspruch aufgeführten Einzeldaten über den Umfang ihrer schutzrechtsverletzenden Handlungen Rechnung zu legen. Die Klägerin kennt die zur Bezifferung ihrer Ansprüche notwendigen Einzeldaten ohne eigenes Verschulden nicht; demgegenüber werden die Beklagten durch die Erteilung der ihnen abverlangten Auskünfte nicht unverhältnismäßig belastet und können sie auch ohne Schwierigkeiten erteilen.

IV.

Den auf die Nichtigkeitsklage der Beklagten zu 1) gestützten Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits bis zur (rechtskräftigen) Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren war nicht zu entsprechen. Die Voraussetzungen des § 148 ZPO liegen nicht vor.

Die Entscheidung über die Aussetzung steht im Ermessen des Verletzungsgerichts, wobei dieses anhand des ihm vorgelegten Sachverhalts zum Nichtigkeitsverfahren die Erfolgsaussichten der Nichtigkeitsklage überprüft. Aufgrund der Tatsache, dass die Aussetzung für den Kläger wegen der langen Verfahrensdauer von Einsprüchen und Nichtigkeitsklagen einen erheblichen Einschnitt in seine Rechte, vor allem den zeitlich begrenzten Unterlassungsanspruch bedeutet und außerdem ein Missbrauch des Beklagten vermieden werden soll, kommt eine Aussetzung in der Regel nach der derzeitig gültigen Rechtsprechung in der ersten Instanz nur dann in Betracht, wenn es in hohem Maße wahrscheinlich erscheint, dass das Klagepatent aufgrund des Einspruchs und der Nichtigkeitsklage widerrufen oder vernichtet wird (BGH, GRUR 1987, 284 – Transportfahrzeug). Eine derartige Sachlage besteht hier keineswegs.

1)
Dass das Bundespatentgericht zu dem Ergebnis gelangen wird, dass der Gegen- stand des Anspruchs 8 des Klagepatents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung (Anlage NK 1 b) hinausgehe, ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Es sprechen vielmehr gewichtige Gründe dafür, dass bereits die ursprünglich eingereichten Unterlagen offenbaren, dass die Reflexionseinrichtung „einen wesentlichen Teil“ der darauf auffallenden infraroten Abbildungsstrahlungen zurückstrahlt, und dass die zweite Schicht (Absorptionsschicht) für die infrarote Abbildungsstrahlung „teilweise durchlässig ist, aber trotzdem durch deren Absorption abtragbar ist“.

Auf Seite 33 der Anlage K 1b wird – beginnend mit dem dritten Absatz – die von der ursprünglichen Anmeldung enthaltene technische Lehre erläutert. Insbesondere wird dort offenbart, dass die Absorption der infraroten Strahlung verbessert werden kann, wenn unter der Absorptionsschicht eine Reflexionsschicht angeordnet wird. Dies wird mit folgenden Worten der ursprünglichen Anmeldung in der Originalsprache hervorgehoben:

„IR absorption can be further improved by adding an IR-reflective surface below the IR-absorbing layer (which may be layer 404 or layer 416)“.

Der betreffende Klammerzusatz erhält erkennbar nur Ausführungsbeispiele.

Des Weiteren erläutert die ursprüngliche Anmeldung, dass die Anordnung der Reflexionsschicht insbesondere dann vorteilhaft ist, wenn die Absorptionsschicht für infrarote Strahlung teilweise durchlässig ist und daher die einfallende Energie nicht ausreichend absorbiert wird. Dies ergibt sich aus folgenden Worten der Originalformulierung der ursprünglichen Anmeldung:

„This approach provides maximum improvements to embodiments in which the absorbing layer is partially transmissive, and therefore fails to absorb a sufficient proportion of incident energy“.

Dieser Passage kann der Fachmann den Kern der technischen Lehre des Klagepatents entnehmen – dieser besteht nämlich in der Anordnung einer Reflexionsschicht unter einer Absorptionsschicht, die aufgrund ihrer Materialeigenschaft die infrarote Strahlung des angestrebten schwächeren Lasers nicht ausreichend absorbiert und daher durch die Reflexion der nicht absorbierten Strahlung an der darunterliegenden Reflexionsschicht erneut an der gleichen Stelle bestrahlt wird. Bereits die ursprüngliche Anmeldung lehrt damit, die Absorptionsschicht (zweite Schicht) für infrarote Abbildungsstrahlung teilweise durchlässig und durch deren Absorption abtragbar zu machen.

Zugleich erhellt dies dem Fachmann, dass ein wesentlicher Teil der zunächst hindurchgelassenen Strahlung reflektiert werden soll. Dies ergibt sich für ihn zum Einen daraus, dass eine unzureichende Absorption durch Rückstrahlung ausgeglichen werden muss. Zudem wird er in dieser Annahme auch ganz konkret dadurch bestärkt, dass es in diesem Zusammenhang heißt:

„Layer 418 should reflect almost all radiation incident thereon.“

Dass in diesem Zusammenhang konkret die Schicht 418 genannt wird, hindert den Fachmann nicht in der Annahme, dass es sich dabei um eine allgemeingültig beschriebene Anordnung einer Reflexionsschicht unter einer nur teilweise absorbierenden Absorptionsschicht handele. Er wird dies vielmehr als allgemeingültigen Vorschlag des Klagepatents betrachten, wie man einer unzureichenden Absorption der zweiten Schicht im Hinblick auf durchgehende IR-Strahlung begegnen kann.

2)
Ohne Erfolg machen die Beklagten auch fehlende Neuheit des Patentanspruchs 8 geltend.

a)
Die Entgegenhaltung NK 4 des Nichtigkeitsverfahrens ist nicht neuheitsschädlich.

Zunächst ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass die NK 4 im Klagepatent gewürdigter Stand der Technik ist (vgl. Seite 3, Zeile 18 in der Anlage K 1). Eine Aussetzung könnte auf diese Entgegenhaltung folglich nur dann gestützt werden, wenn der Erteilungsakt evident fehlerhaft wäre. Derartiges ist hier aber gerade nicht feststellbar.

Es ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die NK 4 nicht die Merkmale 3.1 und 3.2 des Patentanspruchs 8 offenbare. Dass die Zwischenschicht der Druckplatte gemäß der NK 4 ein Polymer ist, steht dem nicht entgegen. Das gilt schon mit Rücksicht darauf, dass „Polymer“ ein Gattungsbegriff für Stoffe ist, deren Moleküle aus verketteten Monomereinheiten bestehen. Monomere können in einer Vielzahl von Ausführungsformen und mit unterschiedlichen Eigenschaften erzeugt werden. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass es eine inhärente Eigenschaft eines jeden Polymers sei, eine teilweise Absorption von infraroter Strahlung und eine teilweise Durchlässigkeit hiervon zu bewirken.

b)
Die technische Lehre des Anspruchs 8 des Klagepatents wird auch nicht durch die Veröffentlichung gemäß Anlage NK 5 des Nichtigkeitsverfahrens in neuheitsschädlicher Weise vorweggenommen.

Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob diese Veröffentlichung überhaupt zum Stand der Technik zu zählen ist. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, wie der Fachmann dieser Veröffentlichung die technische Lehre des Merkmals 5 entnehmen sollte. Der zweite Absatz der Seite 141 der Entgegenhaltung NK 5 beschreibt einen Bebilderungsprozess mittels des Einsatzes eines Lasers näher. Zwar ist dort offenbart, dass die Energie des Lasers zunächst an der Oberfläche der lichtundurchlässigen Wachs- und Zwischenschicht absorbiert wird, wodurch an dieser Stelle die Temperatur stark ansteigt; ferner heißt es dort, dass die Verdampfungstemperatur erreicht werde; dies mag dem Fachmann zeigen, dass die thermische Energie hierfür von „außerhalb“ durch das Metallsubstrat zu der bestrahlten Stelle geleitet wird. Jedoch hat der Fachmann keinen Anhaltspunkt dafür, den betreffenden Effekt gerade auf den Eintritt einer Reflexion zurückzuführen.

V.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 100 Abs. 4 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.

Den Beklagten war kein Vollstreckungsschutz nach § 712 ZPO zu gewähren, weil sie die betreffenden Voraussetzungen nicht dargetan haben.
Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzung des § 712 Abs. 1 ZPO, wonach die Vollstreckung des Urteils dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen muss, allein im Hinblick auf den titulierten Unterlassungsanspruch denkbar ist (vgl. OLG Düsseldorf, InstGE 8, 117 – fahrbare Betonpumpe). Im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch reicht aber die bloße Einstellung der Produktion und des Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform nicht, weil es sich insoweit um die normale Folge einer jeden Unterlassungsvollstreckung handelt.
Soweit die Beklagten im Zusammenhang mit ihrem Vollstreckungsschutzantrag auf etwaige wettbewerbsrechtliche Verstöße der Klägerin verweisen (vgl. das als Anlage B 12 überreichte Urteil des OLG Düsseldorf), stellt dies evident keinen nach § 712 ZPO berücksichtigungsfähigen Umstand dar.