4b O 43/07 – Kalibrierstation II

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 923

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 29. Mai 2008, Az. 4b O 43/07

Rechtsmittelinstanz: 2 U 52/08

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

IV. Der Streitwert wird auf 2.000.000,00 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist Mitinhaberin des Europäischen Patents 1 115 xxx B 1 (fortan: Klagepatent, Anlage K 1), welches mit einer deutschen Priorität vom 22.09.1998 am 24.08.1999 angemeldet wurde. Die Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung erfolgte am 16.04.2003. Weitere Mitinhaberin des Klagepatents ist die A GmbH & Co.KG, welche aufgrund einer mit der Klägerin getroffenen Aufteilungsvereinbarung Alleininhaberin des deutschen Teils des Klagepatents ist.

Mit Schriftsatz vom 14.05.2007 reichte die Beklagte die aus der Anlage B&B 1 ersichtliche Nichtigkeitsklage ein. Darauf erwiderte die A GmbH & Co.KG mit Schriftsatz vom 21.06.2007 (Anlage B&B 2), in dem sie teilweise auf das Klagepatent verzichtete und einen veränderten Anspruch 1 einreichte.

Der für den vorliegenden Rechtsstreit allein interessierende Patentanspruch 1 des Klagepatents hat nunmehr folgenden Wortlaut:

„Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren mit einem Extruder, einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf und einer Kalibrierstation, die Kalibrierwerkzeuge aufweist, die der Außenwandung des Rohres anliegen, wobei als Kalibrierwerkzeuge eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres aufeinanderfolgend im Abstand voneinander angeordnet sind, wobei auch in Produktionsrichtung des Rohres gesehen eine Vielzahl solcher Lamellenkränze vorgesehen sind, deren jeweilige Lamellen auf Lücke zu den Lamellen des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind, wobei ein sich in Produktionsrichtung gesehen an die Kalibrierstation anschließendes Vakuum-Kalibrierbad vorgesehen ist, in dem das Auskühlen und Aushärten des Kunststoffrohres erfolgt, und eine Vakuumabdichtung vorgesehen ist, durch die das Rohr das Vakuum-Kalibrierbad verlässt, die sich entweder selbständig auf den Rohrdurchmesser einstellt oder in Abhängigkeit der eingestellten Rohrdimensionen in der Kalibrierstation und/oder im Vakuum-Kalibrierbad eingestellt wird.“

Nachfolgend eingeblendet sind die Figuren 1 und 2 des Klagepatents. Die Figur 1 enthält eine Gesamtansicht zu einer Produktionseinrichtung gemäß dem Klagepatent. Die Figur 2 zeigt einen Schnitt durch einen klagepatentgemäßen Kalibrierkopf.

Die Beklagte entwickelte ihrerseits eine Kalibrierhülse, für welche ihr unter anderem das deutsche Patent 10 2005 002 820 B3 (Anlage B&B 10) erteilt wurde. In ihrer Internetwerbung bietet die Beklagte das Produkt „Advantage“ an. Hinsichtlich der Konstruktionsweise des Produktes der Beklagten (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform) wird auf die Anlagen K 7 – K 9 sowie auf das nachfolgend eingeblendete Lichtbild (Seite 1 der Anlage K 5) verwiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die angegriffene Ausführungsform mache wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. Sie nimmt die Beklagte daher unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren und mittelbaren Patentverletzung auf Unterlassung des Vertriebs, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung in Anspruch. Hinsichtlich ihrer Aktivlegitimation trägt die Klägerin vor, die A GmbH & Co.KG. habe ihr eine ausschließliche Lizenz erteilt.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

a) in der Bundesrepublik Deutschland Personen, die zur Nutzung des deutschen Teils des EP 1 115 550 B1 nicht berechtigt sind, eine verstellbare Kalibrierhülse für Vorrichtungen zur Herstellung von Kunststoffrohren mit einem Extruder und einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf anzubieten oder zu liefern, bei der im Einlaufbereich eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres aufeinanderfolgend im Abstand voneinander angeordnet sind, wobei auch in Produktionsrichtung des Rohres gesehen eine Vielzahl solcher Lamellenkränze vorgesehen sind, deren jeweilige Lamellen auf Lücke zu den Lamellen des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind;
b) Vorrichtungen zur Herstellung von Kunststoffrohren mit einem Extruder, einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf und einer Kalibrierstation, die Kalibrierwerkzeuge aufweist, die der Außenwandung des Rohres anliegen, wobei als Kalibrierwerkzeuge eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres aufeinanderfolgend im Abstand voneinander angeordnet sind, wobei auch in Produktionsrichtung des Rohres gesehen eine Vielzahl solcher Lamellenkränze vorgesehen sind, deren jeweilige Lamellen auf Lücke zu den Lamellen des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind, wobei ein sich in Produktionsrichtung gesehen an die Kalibrierstation anschließendes Vakuum-Kalibrierbad vorgesehen ist, in dem das Auskühlen und Aushärten des Kunststoffrohres erfolgt, und eine Vakuumabdichtung vorgesehen ist, durch die das Rohr das Vakuum-Kalibrierbad verlässt, die sich entweder selbständig auf den Rohrdurchmesser einstellt oder in Abhängigkeit der eingestellten Rohrdimensionen in der Kalibrierstation und/oder im Vakuum-Kalibrierbad eingestellt wird,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten und/oder zu vertreiben;

2.
der Klägerin Auskunft zu erteilen über alle Handlungen gem. Ziffer 1. a) und b), die seit dem 01.06.2003 begangen wurden, und zwar durch Vorlage je eines chronologischen Verzeichnisses, dem zu entnehmen sind:
a) alle Angebote und Lieferungen von Kalibrierhülsen, unter jeweiliger Angabe des Zeitpunktes der Angebote/Lieferungen, des Angebots-/Lieferpreises und der Empfänger der Angebote bzw. Lieferungen, sowie der jeweils erzielten Gewinne, unter exakter Aufschlüsselung aller der Verletzungshandlung unmittelbar zurechenbaren Gestehungskosten;

b) alle angebotenen und ausgeführten Aufträge zur Herstellung von Vorrichtungen gemäß Ziffer 1. b), wiederum
unter jeweiliger Angabe des Zeitpunktes der Angebote bzw. Leistungen, des Angebots-/Leistungspreises und der Empfänger der Angebote bzw. Leistungen sowie des damit erzielten Gewinns unter exakter Aufschlüsselung der der Verletzungshandlung jeweils unmittelbar zurechenbaren Gestehungskosten;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gem. Ziffer I. 1., die seit dem 01.06.2003 begangen wurden, entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage abzuweisen;
2. hilfsweise, den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihre gegen das Klagepatent gerichtete Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Beklagte meint, die angegriffene Ausführungsform verletze das Klagepatent nicht. Die Kalibrierstation der angegriffenen Ausführungsform weise keine Kalibrierwerkzeuge auf, die der Außenwandung des zu kalibrierenden Rohres anlägen. Die Kalibrierwerkzeuge der angegriffenen Ausführungsform verfügten nicht über eine Vielzahl von Lamellen, die über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres verteilt angeordnet seien. In Produktionsrichtung gesehen sei bei der angegriffenen Ausführungsform kein an die Kalibrierstation anschließendes Vakuum-Kalibrierbad vorgesehen.

Ihren hilfsweise gestellten Aussetzungsantrag begründet die Beklagte damit, dass auch der eingeschränkte Anspruch 1 des Klagepatents wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit und unzureichender Offenbarung vernichtet werde.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung bestehen nicht, weil die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent nicht verletzt.

I.

Das Klagepatent betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren.

In seinen einleitenden Bemerkungen bezeichnet das Klagepatent es als ein grundsätzliches Problem hinsichtlich Kunststoffrohre produzierender Einrichtungen, dass Rohre unterschiedlicher Außendurchmesser mit gleichzeitig unterschiedlichen Wanddicken hergestellt werden müssen. Im Stand der Technik sei es insoweit erforderlich gewesen, dass entsprechend dem Außendurchmesser des Rohres und der gewünschten, üblicherweise in Abhängigkeit des Außendurchmessers genormten Wanddicke des Rohres entsprechende Werkzeuge ausgewechselt werden mussten. Daran kritisiert das Klagepatent die Notwendigkeit eines Stillsetzens der Maschine, einen hohen Arbeitsaufwand für das Auswechseln der Werkzeuge und den Verlust an Kunststoffmaterial, bis ein neues Rohr wieder gezogen werden konnte.

Als gattungsbildendes Schutzrecht erwähnt das Klagepatent die DE 24 12 818, bei der in Produktionsrichtung des Rohres gesehen Kalibrierlamellen aufeinanderfolgend angeordnet sind. Als nachteilig erwähnt das Klagepatent in diesem Zusammenhang die nicht mögliche Variation des Rohrdurchmessers während des laufenden Produktionsverfahrens.

Als weiteren Stand der Technik nennt das Klagepatent unter anderem die WO 96/36 457, nach der bekannt ist, geringfügige Kalibriereinstellungen in einer Kalibrierstation dadurch vorzunehmen, dass durch eine Keilwirkung einzelne Kalibrierringe geringfügig in ihrem Durchmesser verändert werden können. An dieser Lösung kritisiert das Klagepatent, dass mit einer solchen Anordnung eine Variation der Rohraußendimension nicht möglich sei, sondern so lediglich dem Schrumpfverhalten entgegengewirkt werden könne.

Vor diesem technischen Hintergrund formuliert das Klagepatent die Aufgabe, eine Vorrichtung zu schaffen, um während der Produktionsphase des Rohres ohne Unterbrechung des Produktionsganges eine vollautomatisch gesteuerte Umstellung zwischen mehreren Kunststoffrohrdimensionen im kontinuierlichen Extrusionsprozess zu erreichen, wobei der Außendurchmesser und die Rohrwanddicke entsprechend den Kundenwünschen bzw. der Normung aufeinander abgestimmt sind.

Zur Lösung dieses technischen Problems sieht der (eingeschränkte) Anspruch 1 des Klagepatents eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren

1.1 mit einem Extruder,

1.2 einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf (1)

1.3 und einer Kalibrierstation (3).

2. Die Kalibrierstation weist Kalibrierwerkzeuge auf, die der Außenwandung des Rohres anliegen.

3. Als Kalibrierwerkzeuge sind eine Vielzahl von Lamellen (40)

3.1 über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres (10) verteilt angeordnet, und zwar

3.2 aufeinanderfolgend im Abstand voneinander.

4. In Produktionsrichtung des Rohres gesehen ist eine Vielzahl solcher Lamellenkränze (42, 43) vorgesehen,

5. deren jeweilige Lamellen (40) auf Lücke zu den Lamellen (40) des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind.

6. In Produktionsrichtung gesehen ist ein an die Kalibrierstation anschließendes Vakuum-Kalibrierbad (4) vorgesehen, in dem das Auskühlen und Aushärten des Kunststoffrohres (durch Sprühwasser) erfolgt.

7. Es ist weiter eine Vakuumabdichtung (9) vorgesehen,

7.1 durch die das Rohr das Vakuum-Kalibrierbad (4) verlässt,

7.2 die sich entweder selbständig auf den Rohrdurchmesser einstellt
oder in Abhängigkeit der eingestellten Rohrdimensionen in der Kalibrierstation (3) und/oder im Vakuum-Kalibrierbad (4) eingestellt wird.

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Anspruchs 1 des Klagepatents keinen Gebrauch. Es fehlt jedenfalls an einer (wortsinngemäßen) Verwirklichung der Merkmalsgruppe 3 .

1)
Die Merkmalsgruppe 3 setzt voraus, dass als Kalibrierwerkzeuge der Vorrichtung eine Vielzahl von Lamellen über den Umfang des zu kalibrierenden Rohres verteilt angeordnet sind, und zwar aufeinander folgend im Abstand voneinander.

a)
Mit Kalibrierwerkzeugen sind offenkundig solche Vorrichtungsteile gemeint, die der Kalibrierung des Rohrdurchmessers dienen. Der Wortlaut des Anspruchs 1 differenziert – siehe die Merkmale 1, 1.1., 1.2 und 1.3 – zwischen folgenden Elementen der Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren:

– Extruder,
– einem sich in Produktionsrichtung anschließenden Rohrkopf und
– einer Kalibrierstation.

Dieser Differenzierung entnimmt der Fachmann im Umkehrschluss, dass der sich in Produktionsrichtung an den Extruder anschließende Rohrkopf noch nicht zur Kalibrierstation gehört. Der – in Produktionsrichtung gesehene – Beginn der Kalibrierstation liegt demnach jedenfalls hinter dem Rohrkopf.

Dem Anspruchswortlaut lässt sich sodann entnehmen, dass das Vakuum-Kalibrierbad nicht mehr Bestandteil der Kalibrierstation im Sinne des Klagepatents ist. Denn in Merkmal 6 heißt es dazu, dass sich das Vakuum-Kalibrierbad in Produktionsrichtung an die Kalibrierstation anschließt. Damit liegt das Ende der Kalibrierstation jedenfalls vor dem Vakuum-Kalibrierbad.

Die Merkmale 2 bis 5 beschreiben den Inhalt der Kalibrierstation näher und erfordern zusammengefasst, dass an der Außenwandung des Rohres anliegende Kalibrierwerkzeuge vorhanden sind, und zwar in Form einer Vielzahl von Lamellen, die in Produktionsrichtung wiederum eine Vielzahl von Lamellenkränzen bilden, deren jeweilige Lamellen auf Lücke zu denjenigen des vorhergehenden Lamellenkranzes angeordnet sind.

In Abschnitt [0010] des Klagepatents erfährt der Fachmann, dass der Massestrang ggf. schon vordimensioniert sein kann, bevor er in die patentgemäße Kalibrierstation, in der unterschiedliche Rohrdimensionen einstellbar sind, eintritt. In der Kalibrierstation soll die klagepatentgemäße Aufgabe gelöst werden: Während der Produktionsphase soll ohne Unterbrechung des Produktionsganges eine vollautomatisch gesteuerte Umstellung zwischen mehreren Kunststoffrohrdimensionen im kontinuierlichen Extrusionsprozess erreicht werden, wobei der Außendurchmesser und die Rohrwanddicke entsprechend den Kundenwünschen bzw. der Normung aufeinander abgestimmt sein sollen (Abschnitt [0007] des Klagepatents).

Nach dem Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 des Klagepatents (Abschnitte [0017 ff.] des Klagepatents) schließt sich an den Rohrkopf (1) noch eine Vakuum-Saugglocke (2) an, die ebenfalls noch nicht zur Kalibrierstation (3) gehört. In der Kalibrierstation (3) erfolgt durch eine mechanische Zentralverstellung das genaue Kalibrieren des Außendurchmessers des Schmelzstranges und des schon teilweise ausgehärteten Rohres (Abschnitt [0018] des Klagepatents). Die innere Ausgestaltung einer klagepatentgemäßen Kalibrierstation wird im Beschreibungstext zu Fig. 2 und Fig. 3 näher beschrieben ([0020] des Klagepatents).

Wie Abschnitt [0004] des Klagepatents nahe legt, übernimmt das Klagepatent das bereits im Stand der Technik vorhandene Verständnis von einer „Kalibrierstation“, ohne insoweit Kritik am Stand der Technik zu üben.

All dem entnimmt der Fachmann, dass das Klagepatent unter der Kalibrierstation den Bereich der Vorrichtung versteht, welcher – in Produktionsrichtung gesehen – hinter dem Rohrkopf und einer etwaigen Vakuumglocke, aber vor dem Vakuum-Kalibrierbad liegt, und in welchem der Außendurchmesser des Rohres und die Rohrwanddicke mittels Kalibrierwerkzeugen endgültig, maßgenau und dauerhaft festgelegt wird.

Soweit die Klägerin meint, in der Kalibrierstation müsse der Durchmesser noch nicht dauerhaft festgelegt werden, vermag dies nicht zu überzeugen. Dass das Rohr erst im Vakuum-Kalibrierbad endgültig auskühlt und aushärtet, ist für den Durchmesser des zu produzierenden Rohres nicht von näherer Bedeutung. So geht die Klägerin ja auch selbst davon aus (vgl. Schriftsatz vom 02.04.2008, S. 2), dass der wichtigste Bereich der Kalibrierung stets der Beginn der Kalibrierstrecke sei, wo die Schmelze auf jeden Fall noch weich ist und auf den gewünschten Rohrdurchmesser gebracht wird, welcher hernach nur noch aufrecht erhalten wird.

b)
Vor diesem Hintergrund kann die Kammer nicht tatrichterlich feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform über Kalibrierwerkzeuge im Sinne von Merkmal 3 des Klagepatents verfügt.

Unstreitig verfügt zwar der sog. Einlauf der angegriffenen Ausführungsform über eine Vielzahl von Lamellen im Sinne des Klagepatents, die auch entsprechend den Anforderungen gemäß Merkmalen 3 – 5 ausgestaltet sind.
Allerdings gehört der sog. Einlauf noch nicht zur Kalibrierstation im Sinne des Klagepatents. Als Kalibrierwerkzeuge im Sinne des Klagepatents fungieren bei der angegriffenen Ausführungsform vielmehr allein die flexiblen Bänderlagen, welche einen Hohlzylinder bilden, der auf den gewünschten Rohrdurchmesser eingestellt werden kann. Dabei bedarf die Frage, ob die Lamellen einer (bloßen) Vordimensionierung im Sinne von Abschnitt [0010] des Klagepatents dienen, keiner abschließenden Entscheidung.

Jedenfalls ist der sog. Einlauf der angegriffenen Ausführungsform nicht Bestandteil der klagepatentgemäßen Kalibrierstation. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass es im Anspruch 1 des Patentes der Beklagten (Anlage B&B 10) heißt: „… Kalibrierhülse mit einem Einlaufkopf (12) …“. Auch übersieht die Kammer nicht, dass nach Abschnitt [0007] dieses Patents der Beklagten die radial verstellbaren Segmente eine exakte Einstellung des Einlaufs auf den zu kalibrierenden Rohrdurchmesser gestatten, wobei die Segmente und die beiden Bänderlagen koordiniert und gleichzeitig auf den zu kalibrierenden Durchmesser eingestellt werden.

Allerdings besteht zwischen dem Einlauf und dem Kalibrierkorb der angegriffenen Ausführungsform ein „Durchmessersprung“, der anhand des nachfolgend eingeblendeten Lichtbildes ersichtlich ist.

Die Beklagte hat im Haupttermin unwidersprochen vorgetragen, dass der Enddurchmesser der von der angegriffenen Ausführungsform kalibrierten Rohre eine Abweichung von 3% gegenüber dem zunächst im Einlauf festgelegten Durchmesser aufweise.

Den weiteren im Haupttermin erfolgten Vortrag der Beklagten, wonach sie – die Beklagte – die angegriffene Ausführungsform nicht detailgetreu nach der aus der Anlage B&B 10 ersichtlichen technischen Lehre produziere, hat die Klägerin in nicht erheblicher Weise mit Nichtwissen bestritten, weshalb dieser Sachvortrag der Beklagten gem. §§ 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Es hätte der Klägerin oblegen, konkret zu den entsprechenden tatsächlichen Verhältnissen bei der angegriffenen Ausführungsform vorzutragen, da sie die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen einer Verletzung des Klagepatents hat. Dies gilt vor allem im Hinblick darauf, dass ein Durchmesservorsprung im Beschreibungstext des aus der Anlage B&B 10 ersichtlichen Schutzrechtes der Beklagten nicht erwähnt ist und der Vortrag der Beklagten vor diesem Hintergrund bezüglich einer Abweichung von der in diesem Schutzrecht gelehrten Produktionsweise durchaus Plausibilität erfährt.

Auf dieser Tatsachengrundlage ergibt sich, dass im sog. Einlauf der angegriffenen Ausführungsform noch nicht die für die Annahme einer Kalibrierung erforderliche dauerhafte Festlegung des Rohrdurchmessers erfolgt. Eine derartige Abweichung ist auch nicht etwa als bloße Fertigungstoleranz zu werten, da es nach den für die Rohrextrusion geltenden DIN-Normen – auch dies hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt – bereits auf Größenabweichungen im Bereich von Zehntel-Millimetern ankommt und entsprechende Abweichungen als „Ausschussware“ gelten. Schließlich lässt sich der Durchmessersprung von einem derartigen Ausmaß auch nicht damit erklären, dass im Bereich des Übergangs vom Einlauf zum Kalibrierkorb ein Anstoßen des noch nicht gehärteten Rohres am Eingang des Kalibrierkorbes verhindert werden müsse. Dafür bedürfte es nämlich nicht einer Differenz im Umfang von 3% zwischen dem Durchmesser im Einlauf und demjenigen im Kalibrierkorb.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, Satz 1, 1. Hs. ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Die nach ordnungsgemäßer Schließung der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze der Parteien vom 28.04.2008 und 09.05.2008 gaben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung
(§§ 296a, 156 ZPO).