4b O 272/07 – Endabdichtung für Extrusionsanlagen

Düsseldorfer Entscheidung Nr.: 918

Landgericht Düsseldorf
Urteil vom 22. Juli 2008, Az. 4b O 272/07

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

IV. Der Streitwert wird auf 500.000,00 EUR festgesetzt.

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist Inhaberin des deutschen Patents DE 102 06 xxx (Klagepatent, Anlage K 21), welches am 15.02.2002 angemeldet wurde. Die Patenterteilung wurde am 14.07.2005 veröffentlicht. Das Klagepatent betrifft eine sich auf den Rohrdurchmesser einstellende Endabdichtung eines Unterdruck-Kalibrierbades.

Ansprüche 1 und 3 des Klagepatents lauten:

„1. Sich auf den Rohrdurchmesser einstellende Endabdichtung eines Unterdruck-Kalibrierbades bei einer Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren, gekennzeichnet durch eine Lamellendichtung (9), bestehend aus einzelnen, senkrecht zu der Rohrlängsachse beweglichen Dichtsegmenten (12, 14, 15, 16), die an ihrem mit der Rohraußenwand in Kontakt kommenden Seiten abgerundet ausgebildet sind und über den Umfang des Rohres (10) gesehen in einer Ebene quer zur Rohrlängsachse aneinander anliegend das Rohr (10) umschließen. […]

3. Endabdichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Dichtsegmente (12, 14, 15, 16) gegen die Rückstellkraft von Federelementen (17, 18, 19, 20) beweglich sind.“

Die nachstehend abgebildeten Zeichnungen, die dem Klagepatent entnommen sind, zeigen zum einen den generellen Aufbau einer Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren im Überblick (Figur 1) sowie eine in einer solchen Vorrichtung verwendete Endabdichtung gemäß der Erfindung des Klagepatents (Figur 2):

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. und 3. sind, stellt her und bietet an Extrusionsanlagen verschiedener Typen, jeweils unter der Bezeichnung „A“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsform). Dabei handelt es sich um Vorrichtungen zur Herstellung von Kunststoffrohren, welche – was die Beklagte zu 1. ebenfalls anbietet – an bestehende Extrusionsanlagen angeschlossen werden können. Bei der angegriffenen Ausführungsform weist der Abschluss des Kalibrierbades eine Endabdichtung auf, die – was zwischen den Parteien unstreitig ist – wie aus nachstehender Abbildung ersichtlich ausgebildet ist:

Die Klägerin behauptet, die Beklagten verletzten das Klagepatent wortsinngemäß, indem die Beklagte zu 1. das System „A“ herstellt und anbietet.

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagten zu verurteilen

1. bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu 2 Jahren,
es ab sofort zu unterlassen

1.4. sich auf den Rohrdurchmesser einstellende Endabdichtungen eines Unterdruck-Kalibrierbades bei einer Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren, die gekennzeichnet sind durch eine Lamellendichtung, bestehend aus einzelnen, senkrecht zu der Rohrlängsachse beweglichen Dichtsegmenten, die an ihren mit der Rohraußenwand in Kontakt kommenden Seiten abgerundet ausgebildet sind und über den Umfang des Rohres gesehen in einer Ebene quer zur Rohrlängsachse aneinander anliegend das Rohr umschließen,

insbesondere, wenn die Dichtsegmente der Endabdichtung gegen die Rückstellkraft von Federelementen beweglich sind,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

2. der Klägerin bezogen auf den vorstehenden Antrag I.1.4 für die Zeit ab dem 20.10.2000 Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der vorstehend unter I.1.4 beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, und zwar unter Angabe der Namen und Anschriften des Lieferanten und/oder anderer Vorbesitzer der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber,

3. der Klägerin Rechnung darüber zu legen – und zwar unter Vorlage eines geordneten Verzeichnisses und unter Beifügung der Belege –, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß vorstehendem Antrag zu I.1.4 seit dem 20.10.2000 vorgenommen haben,

und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen und -zeiten,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betrieblichen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten den unter I.1.4 bezeichneten Erzeugnissen unmittelbar zugeordnet werden;

II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin als Gesamtschuldner allen Schaden zu ersetzen, den die Klägerin durch die unter Ziffer I.1.4 genannten Handlungen seit dem 14.08.2005 erlitten hat oder noch erleiden wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten, dass die angegriffene Ausführungsform von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch mache. Bei der angegriffenen Ausführungsform verfüge die Vakuumkammer entgegen der Lehre des Patents nicht über eine Endabdichtung aus einzelnen aneinander anliegenden und abgerundet ausgebildeten Dichtsegmenten. Vielmehr verfolge die angegriffene Ausführungsform eine andere technische Lösung. Die Endabdichtung werde über eine einzige und einstückige elastische Dichtscheibe in Form einer Faltenmanschette gebildet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze und Anlagen ergänzend Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte nicht die klageweise geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung. Die Klägerin hat nicht darzulegen vermocht, dass die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent verletzt.

I.

Das Klagepatent betrifft – soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Bedeutung – eine sich auf den Rohrdurchmesser einstellende Endabdichtung eines Unterdruck-Kalibrierbades.

Aus dem Stand der Technik sind gemäß der gattungsbildenden DE 198 42 xxx Endabdichtungen von Unterdruck-Kalibrierbädern zur Verwendung in Vorrichtungen zur Herstellung von Kunststoffrohren mit einem Extruder bekannt, mit denen ohne Unterbrechung des Produktionsprozesses eine Umstellung zwischen verschiedenen Dimensionen des Kunststoffrohres erreicht werden kann. Solche Vorrichtungen weisen den Vorteil auf, dass bei ihnen ein Wechsel der Dimensionierung der herzustellenden, nämlich zu extrudierenden, Kunststoffrohre nach Außenwanddurchmesser und Wanddicke mit geringem Aufwand möglich ist: der Produktionsprozess wird nicht angehalten, der Kunststoff läuft kontinuierlich weiter durch die Vorrichtung, während die Dimensionierung des Rohres verändert wird. Dies ermöglicht eine wirtschaftliche Herstellung von Rohren in geringen Auftragslosen, wenn also Kunden eine Vielzahl verschiedener Rohrdimensionen mit jeweils nur geringen Stückzahlen in der einzelnen Rohrdimension bestellen.

In diesen Vorrichtungen durchläuft das zu extrudierende Rohr eine Kalibrierstation, in der das Rohr kalibriert wird, und sodann ein Vakuum-Kalibrierbad, in dem das Rohr durch Sprühwasser ausgekühlt und ausgehärtet wird. Um das Rohr kalibrieren und sodann in der endgültigen Form aushärten zu können, muss sowohl in der Kalibrierstation als auch im Vakuum-Kalibrierbad ein Vakuum herrschen. Um das Vakuum aufrechtzuerhalten, muss das Kalibrierbad am Ende (wiederum in Produktionsrichtung gesehen) eine Endabdichtung aufweisen, die das Rohr durchläuft, die aber das Kalibrierbad gegen eindringende Umgebungsluft abdichtet. Bei einer Vorrichtung, die es ermöglicht, während des Produktionsprozesses die Dimensionierung des Rohres zu verändern, muss die Endabdichtung in der Weise flexibel sein, dass der Durchtritt der Endabdichtung dem Kaliber des Rohres angepasst wird. Endabdichtungen, die dieser Anforderung entsprechen, sind aus dem Stand nicht bekannt.

Vor diesem technischen Hintergrund ist es Aufgabe der Erfindung (Anlage K 21, Abschnitt [0004]), eine Endabdichtung vorzuschlagen, die es neben der gesteuerten oder selbsttätigen Umstellung auf unterschiedliche Rohrdimensionen zugleich ermöglicht, das hindurchlaufende Rohr zu zentrieren und (sc.: seinen Außendurchmesser) zu messen.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht das Klagepatent nach seinem Hauptanspruch zunächst eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen vor:

1. sich auf den Rohrdurchmesser einstellende Endabdichtung eines Unterdruck-Kalibrierbades bei einer Vorrichtung zur Herstellung von Kunststoffrohren,
2. zur Endabdichtung kommt eine Lammellendichtung (9) zum Einsatz,
3. die aus einzelnen, senkrecht zur Rohrlängsachse beweglichen Dichtsegmenten (12, 14, 15, 16) besteht,
4. welche an ihren mit der Rohraußenwand in Kontakt kommenden Seiten abgerundet ausgebildet sind und
5. über den Umfang des Rohres (10) gesehen in einer Ebene quer zur Rohrlängsachse aneinanderliegend das Rohr (10) umschließen.

II.

Die angegriffene Ausführungsform macht von der technischen Lehre des Anspruchs 1 Klagepatents keinen Gebrauch. Sie verwirklicht jedenfalls die Merkmale 3 und 5 des (Haupt-)Anspruchs 1 des Klagepatents nicht.

1.

Merkmal 3. des Anspruchs 1 des Klagepatents ist durch die angegriffene Ausführungsform nicht erfüllt. Die Endabdichtung der angegriffenen Ausführungsform weist keine Dichtsegmente auf, die jeweils einzeln im Sinne von mehrstückig in mehreren Bauteilen ausgeführt sind, und die als einzelne Bauteile jeweils senkrecht zur Rohrlängsachse beweglich sind.

a)

Merkmale 3. setzt voraus, dass die Dichtsegmente der Endabdichtung einerseits jeweils einzeln im Sinne von mehrstückig in mehreren Bauteilen ausgeführt sind, und die die als einzelne Bauteile ausgeführten Dichtsegmente jeweils senkrecht zur Rohrlängsachse beweglich sind.

aa)

Nach Merkmal 3. des Anspruchs 1 müssen die Dichtsegmente der Endabdichtung als einzelne, voneinander getrennte Bauteile, mithin mehrstückig ausgeführt sein.

Diesen Wortsinn entnimmt der Fachmann zunächst aus dem gewählten Wortlaut des Anspruchs. Der Anspruch fordert insoweit die Bildung der Endabdichtung „aus einzelnen, senkrecht zur Rohrlängsachse beweglichen Dichtsegmenten“. Der Begriff „einzeln“ ist adjektivisch gebraucht und bezieht sich auf das Hauptwort „Dichtsegmente“. Dadurch kommt, für den Fachmann verständlich, zum Ausdruck, dass die Dichtsegmente nicht Teil einer einstückig ausgeführten Endabdichtung sein können, sondern mehrstückig als separate, miteinander nicht zusammenhängende Bauteile ausgeführt sein müssen. Zwar kann ein Segment nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch ein Ausschnitt aus einer Einheit sein, etwa ein Ausschnitt oder Abschnitt einer einheitlichen Fläche. Jedoch steht für den Fachmann die adjektivische Verwendung des Begriffs „einzeln“ im Patentanspruch entgegen: Das Hauptwort „Dichtsegmente“ ist bereits im Plural verwendet, eine Vielzahl von Segmenten wird hierdurch bereits zum Ausdruck gebracht. Die Verwendung des Adjektivs „einzeln“ als Attribut hierzu drückt deshalb nicht nur aus, dass das Klagepatent eine Vielzahl von Segmenten fordert, sondern hat einen darüber hinausgehenden semantischen Wert. Die Segmente gemäß dem Klagepatent sind „einzelne“ in dem Sinne, dass sie voneinander separiert, nämlich als selbständige Bauteile voneinander getrennt und nicht Teil eines einheitlichen Bauteils sind.

Der Fachmann versteht diesen semantischen Wert des Begriffs „einzeln“ und misst dem Bedeutung bei. Er kann nicht davon ausgehen, dass das Klagepatent insoweit eine überflüssige Anweisung enthält, die ignoriert werden könnte.

Auch die gebotene funktionsorientierte Auslegung des Klagepatents führt den Fachmann zu diesem Verständnis. Das Klagepatent bezeichnet es als Aufgabe der patentgemäßen Erfindung (Anlage K 21, [Abschnitt 0004]), dass die Endabdichtung das Rohr immer in abdichtender Weise umschließt, unabhängig davon, welchen Außendurchmesser (innerhalb einer bestimmten, aber nicht unerheblichen Spanne) das Rohr hat. Die Funktion der Endabdichtung besteht demnach darin, das Umschließen des Rohres immer in der Weise zu gewährleisten, dass es nicht auf den konkreten Außendurchmesser des Rohres ankommt und die Abdichtung des im Kalibrierbad herrschenden Vakuum dennoch gewährleistet ist.

Dazu, wie das Klagepatent gemäß seinem Hauptanspruch diese Aufgabe löst, lehrt es (Anlage K 21, [Abschnitt 0007]), dass die Dichtsegmente im Falle ihrer Anwendung, wenn sie also in abdichtender Weise am Rohr anliegen und es umschließen, aneinander anschließen. Daraus erfährt der Fachmann, dass die Dichtsegmente nicht in jedem Fall aneinander anschließen, sondern nur dann, wenn sie erfindungsgemäß am Rohr anliegen. Dichtsegmente, die nicht voneinander separat und mehrstückig ausgeführt, sondern bloße Abschnitte eines einheitlichen Bauteils sind, schließen, weil das Bauteil einheitlich ist, immer aneinander an. Das Klagepatent führt den Fachmann demnach zu dem Verständnis, dass nur solche Dichtsegmente erfindungsgemäß sind, die nicht immer aneinander anliegen und deshalb mehrstückig als einzelne, voneinander separate Bauteile ausgeführt sind.

Schließlich stützen auch sämtliche Ausführungsbeispiele des Klagepatents den Fachmann in diesem Verständnis. Das Klagepatent erörtert in Abschnitt [0008] zwar lediglich ein Ausführungsbeispiel, da es dort die Verwendung einer Führungsnut zur Aufnahme der Dichtsegmente schildert, und eine Führungsnut in den (Haupt-)Anspruch 1 nicht aufgenommen worden ist. Dennoch wird der Fachmann durch dieses Ausführungsbeispiel, welches den Schutzbereich des Klagepatents freilich nicht einschränkend bestimmten kann, im dargestellten Verständnis von Merkmal 3 bestärkt. Ein Segment kann nur dann in einer Nut liegen und von dieser geführt werden, wenn es räumlich getrennt von den übrigen Segmenten ausgebildet ist. Es stößt ja an wenigstens einer Kante nicht unmittelbar an ein weiteres Segment, sondern an die Führungsnut. Eine einheitliche, als einstückiges Bauteil ausgeführte Endabdichtung kann zwischen den Segmenten keine Nut aufweisen, an der sich die Segmente bewegen.

bb)

Ferner fordert Merkmal 3., dass die Dichtsegmente sich jeweils senkrecht zur Rohrlängsachse bewegen.

Auch dieses Verständnis vom Wortsinn des Merkmals 3. folgt für den Fachmann zunächst schon aus dem Wortlaut des Anspruchs. Das Klagepatent bezeichnet ausdrücklich und in eindeutiger Weise „senkrecht zur Rohrachse bewegliche Dichtsegmente“ als erfindungsgemäß. Dies ist eine für den Fachmann unmissverständliche Positions- und Bewegungsangabe, die er wiederum versteht und ihr eine Bedeutung beimisst, die es nicht erlaubt, diese Anforderung zu ignorieren.

Ferner folgt das dargelegte Verständnis auch aus der funktionsorientierten Auslegung des Klagepatents. Das Klagepatent lehrt (Anlage K 21, [Abschnitt 0007]), dass die formulierte Aufgabe der Abdichtung des Vakuums bei unterschiedlichen Außenwanddurchmessern der herzustellenden Rohre dadurch erfüllt, wird, dass sich die Dichtsegmente senkrecht zur Rohrlängsachse bewegen und in senkrechter Stellung am Rohr angreifen und es vollständig, somit in abdichtender Weise, umschließen.

b)

Hiernach ist Merkmal 3. durch die angegriffene Ausführungsform nicht erfüllt.

aa)

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien weist die angegriffene Ausführungsform eine Endabdichtung auf, die einstückig aus einem einzelnen Bauteil gebildet ist. Diese Endabdichtung weist anders als vom Klagepatent gefordert damit gerade nicht voneinander separierte Segmente auf, weil sie nicht mehrstückig ausgeführt ist.

Die hiergegen eingewandte Betrachtungsweise der Klägerin, wonach bei der angegriffene Ausführungsform mehrere Dichtsegmente der Endabdichtung darin zu sehen seien, dass sich in der flexibeln und/oder elastischen Scheibe radiale Wellen bilden, die mehrere Ringkreissegmente ausbilden, lässt sich mit der technischen Lehre des Klagepatents nicht in Übereinstimmung bringen. Die Ausbildung der Wellen auf der in der angegriffenen Ausführungsform vorhandenen Scheibe führt nicht dazu, dass die Segmente der Scheibe, wie vom Klagepatent gelehrt, in dem Sinne einzelne Segmente sind, dass sie als einzelne Bauteile nicht miteinander zusammenhängen. Der Fachmann versteht die technische Anweisung zur Funktionsweise der Erfindung in der Weise, dass die Segmente der Endabdichtung derart am Rohr angreifen und es umschließen, dass sie aneinander anschließen (Anlage K 21, [Abschnitt 0007]). Die Endabdichtung der angegriffenen Ausführungsform umschließt das Rohr dagegen dadurch, dass sie sich stülpt bzw. faltet und hierdurch an jedem Punkt des Außenwanddurchmessers angreift.

bb)

Ebenso wenig sind die Dichtsegmente der in der angegriffenen Ausführungsform vorhandenen Endabdichtung senkrecht zur Rohrachse beweglich. Die – nur gedachten, nicht baulich voneinander getrennten – Segmente der Endabdichtung der angegriffenen Ausführungsform bewegen sich, über den Umfang des Rohres betrachtet, nicht (nur) senkrecht, sondern in einer Stülpbewegung nach vorne und hinten über den Umfang hinaus. Dies verdeutlichen die nachstehend wiedergegebenen Lichtbilder, welche – unstreitig – schematisch die Endabdichtung der angegriffenen Ausführungsform bei der Anwendung an Rohren verschiedener Außendurchmesser zeigt:

Je geringer der Rohrdurchmesser ist, um so mehr stülpt sich die Endabdichtung der angegriffenen Ausführungsform nach vorne und hinten über den Umfang des Rohres. Beim größten möglichen Rohdurchmesser ist die Öffnung der Endabdichtung so weit wie möglich geöffnet, die Endabdichtung greift überall am Umfang des Rohres senkrecht an. Je kleiner der Rohrdurchmesser wird, um so weiter greifen einige der Segmente der Endabdichtung vor und hinter dem Umfang des Rohres an. Die Endabdichtung stülpt sich zunehmend, so dass die Kämme und Täler der radial sich ausbildenden Wellen in der Endabdichtung zunehmend stärker ausgebildet werden. Die stülpende Bewegung der Endabdichtung ist ein anderer Bewegungsablauf als eine senkrechte Bewegung der Dichtsegmente: Beim Übergang von einem Außenwanddurchmesser zu einem anderen bewegen sich einige der Segmente nicht (nur) senkrecht, sondern (auch) in Längsrichtung des Rohres nach vorne und nach hinten.

Das ist nach dem Klagepatent nicht erfindungsgemäß. Die Endabdichtung in der angegriffenen Ausführungsform greift nicht durch eine senkrechte Bewegung über den Umfang des Rohres gesehen am Rohr an, um es vollständig und in einer gegen den Luftdruckunterschied innerhalb und außerhalb des Vakuumkalibrierbades abdichtenden Weise zu umschließen.

2.

Auch Merkmal 5. des Anspruchs 1 des Klagepatents wird durch die angegriffene Ausführungsform nicht verwirklicht.

a)

Nach diesem Merkmal liegen die Dichtsegmente einer patentgemäßen Endabdichtung in einer Ebenen über den Umfang des Rohres gesehen quer zur Rohrlängsachse.

Dies ergibt sich für den Fachmann erstens aus dem eindeutigen Wortlaut des Patentanspruchs. Dieser enthält eine klare Positionsangabe zur Anordnung des Rohres und der das Rohr umschließenden Dichtsegmente zueinander. Einer solchen Positionsangabe misst der Fachmann wenigstens die Bedeutung zu, dass er sie nicht als überflüssige, für die Bewältigung der dem Patent zugrunde liegenden Aufgabe unerhebliche Angabe missachtet.

Zudem wird der Fachmann in diesem dem allgemeinen Sprachgebrauch folgenden Verständnis durch die Ermittlung der funktionsorientierten Auslegung des Merkmals gestützt. Wiederum rekurriert der Fachmann darauf, in welcher Weise die Aufgabe des Klagepatents gelöst werden kann. Das Klagepatent lehrt hierzu (Anlage K 21, [Abschnitt 0007]), dass die Dichtsegmente der Endabdichtung das Rohr in einer gegen das Vakuum des Kalibrierbades abdichtenden Weise dadurch umschließen, dass sie alle in einer Ebene liegen. Dies steht aus Sicht des Fachmannes im Zusammenhang damit, dass sich die einzelnen Segmente alle senkrecht über den Umfang des Rohres gesehen bewegen und dadurch die abdichtende Umschließung des Rohres bewirken. Die vollständig senkrechte Bewegung aller Dichtsegmente findet aufgrund des geometrischen Zusammenhangs dann in einer einzigen Ebene statt, nämlich derjenigen, die senkrecht zur Rohrlängsachse an dem Punkt steht, an dem die Endabdichtung angreift.

b)

Auf dieser Grundlage lässt sich nicht feststellen, dass die angegriffene Ausführungsform Merkmal 5. verwirklicht. Betrachtet man die Endabdichtung der angegriffenen Ausführungsform in der Weise, dass die als Bauteil einheitlich ausgeführte Endabdichtung in mehrere – gedachte – radiale Segmente unterteilt wird, so liegen diese Segmente nicht innerhalb einer Ebene. Dies wird aus den obenstehenden schematischen Darstellungen der Endabdichtung deutlich: Über den Umfang des Rohres betrachtet greifen die Segmente wellenförmig am Rohr an. Die Welle durchläuft eine mittlere Ebene senkrecht zur Rohrlängsachse. Von den Segmenten der Endabdichtung liegen einige vor dieser Ebene, nämlich die Teile der Endabdichtung, die sich nach vorne stülpen. Andere Segmente liegen hinter dieser Ebene, und zwar diejenigen, die sich im Bild nach hinten stülpen. Wieder andere Segmente liegen so, dass sie die mittlere Ebene schneiden. Je mehr man die Betrachtung auf immer kleinere gedachte Segmente der Endabdichtung beschränkt, um so mehr Ebenen, innerhalb derer die Segmente liegen, ergeben sich.

Auch wenn die Segmente so gefasst werden, wie dies der klägerischen Betrachtungsweise entspricht, dass nämlich jedes Ringkreissegment durch die in der Stülpbewegung ausgebildeten Wellen begrenzt wird, liegen diese Segment nicht innerhalb derselben Ebene. Auf der Vorderseite der Welle liegt das Segment in einer Ebene, die die Rohrlängsachse in einem anderen (nicht orthogonalen) Winkel schneidet als die Ebene, in der das Segment auf der Rückseite der Welle liegt.

Somit ist auch Merkmal 5. des Patentanspruchs nicht verwirklicht.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.